Absicht

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Eine Absicht oder Intention (lat.) ist gegeben, wenn das Ziel einer Handlung bewusst und willentlich angestrebt wird und darum auch - als das eigentliche und unmittelbare Motiv dieser Handlung - in der vollen Verantwortung des Menschen liegt. Darauf gründet sich die Freiheit des Menschen.

„Wenn ich eine Wirkung wahrnehme und dazu die Ursache suche, so genügen diese zwei Wahrnehmungen keineswegs meinem Erklärungsbedürfnisse. Ich muss zu den Gesetzen zurückgehen, nach denen diese Ursache diese Wirkung hervorbringt. Beim menschlichen Handeln ist das anders. Da tritt die eine Erscheinung bedingende Gesetzlichkeit selbst in Aktion; was ein Produkt konstituiert, tritt selbst auf den Schauplatz des Wirkens. Wir haben es mit einem erscheinenden Dasein zu tun, bei dem wir stehen bleiben können, bei dem wir nicht nach den tiefer liegenden Bedingungen zu fragen brauchen. Ein Kunstwerk haben wir begriffen, wenn wir die Idee kennen, die in demselben verkörpert ist; wir brauchen nach keinem weiteren gesetzmäßigen Zusammenhang zwischen Idee (Ursache) und Werk (Wirkung) zu fragen. Das Handeln eines Staatsmannes begreifen wir, wenn wir seine Intentionen (Ideen) kennen; wir brauchen nicht weiter über das, was in die Erscheinung tritt, hinauszugehen. Dadurch also unterscheiden sich Prozesse der Natur von Handlungen des Menschen, dass bei jenen das Gesetz als der bedingende Hintergrund des erscheinenden Daseins zu betrachten ist, während bei diesen das Dasein selbst Gesetz ist und von nichts als von sich selbst bedingt erscheint. Dadurch legt sich jeder Naturprozess in ein Bedingendes und ein Bedingtes auseinander, und das letztere folgt mit Notwendigkeit aus dem ersten, während das menschliche Handeln nur sich selbst bedingt. Das aber ist das Wirken mit Freiheit. Indem die Intentionen der Natur, die hinter den Erscheinungen stehen und sie bedingen, in den Menschen einziehen, werden sie selbst zur Erscheinung; aber sie sind jetzt gleichsam rückenfrei. Wenn alle Naturprozesse nur Manifestationen der Idee sind, so ist das menschliche Tun die agierende Idee selbst.“ (Lit.:GA 1, S. 198ff)

Die Absicht ist zunächst Gedanke, Vorstellung. Indem sie als Willensentschluss in den Organismus strömt, entsteht im Stoffwechselsystem ein innerer Verbrennungsprozess.

„Wenn wir die Absicht haben, irgendeinen Willensentschluß auszuführen, dann ist das zunächst ein Gedanke, eine Vorstellung. In dem Momente, wo diese Absicht in den Organismus hineinströmt, entsteht im Organismus dasjenige, was man einen inneren Verbrennungsprozeß nennen kann. Jedesmal wird im Organismus ein Verbrennungsprozeß entstehen längs des ganzen Weges, den der Willensentschluß macht. Durch das Verbrennen von Stoffwechselprodukten, die Sie in sich haben, wird alles das bewirkt, was den Arm bewegt, um einen Willensentschluß auszuführen, so daß eigentlich ein wollender Mensch im physischen Sinne in einem verbrennungsartigen Verzehren seiner Stoffwechselprodukte sich befindet. Eigentlich müssen wir immer deshalb die Stoffwechselprodukte erneuern, weil durch den Willen diese Stoffwechselprodukte fortwährend verzehrt, verbrannt werden.“ (Lit.:GA 226, S. 61)

Das Wollen selbst bleibt dabei unbewusst. Wir wachen erst an der vollzogenen Tat wieder auf:

„Im gewöhnlichen Wachzustand, in welchem wir vom Aufwachen bis zum Einschlafen sind, entwickeln wir ein mehr oder minder klares und helles Vorstellen, ein Vorstellen, das herauswächst - wie die Blüte aus der Pflanze - aus dem Untergrund des Gefühlslebens. Dieses stellt sich gegenüber dem klaren hellen Vorstellungsleben dar wie etwas mehr oder minder halb Unbewußtes, Dunkles, innerlich Wogendes und Webendes, das niemals eigentlich ganz deutlich wird. Gewissermaßen noch tiefer als die Gefühle, die immerhin auch unser Vorstellungsleben impulsieren in einer sehr unmittelbaren Weise, viel weiter unten in unserem Wesen wogt dann das Wollen. Und ich habe es ja den Anthroposophen öfter dargestellt, wie für das Wollen der Mensch auch während des wachen Zustandes im Grunde genommen schläft. Denn was im Wollen lebt innerhalb des Menschen selbst, kommt eigentlich gar nicht in dem heutigen Wachzustande zum Bewußtsein. Wir haben eine Vorstellung, daß wir dieses oder jenes ausführen werden; darinnen liegt noch kein Wollen, darinnen liegt die in die Vorstellung gekleidete Absicht des Wollens. Dann taucht dasjenige, was in dieser Absicht liegt, in Untergründe des menschlichen Wesens hinunter, die vor dem Bewußtsein eigentlich nicht klarer stehen als der traumlose Schlaf. Und es taucht wieder herauf als Wollen, taucht auf in dem, was unsere Arme und Hände, unsere Beine, unsere Füße vollführen, was wir an den Gegenständen der Außenwelt vollbringen. Dasjenige, was wir so an unserem eigenen Leib wollend ausführen, was wir in der Außenwelt verändern durch unser Wollen, das kommt wiederum durch unser Vorstellen uns zum Bewußtsein, durch unser Vorstellen, an das sich Gefühle knüpfen. Aber wir haben für das gewöhnliche Bewußtsein nur den Anfang und das Ende des Wollens, die Absicht in dem Vorstellen, die vorstellungsgemäße Beobachtung unserer eigenen Bewegungen oder Bewegungen in der Außenwelt, die aus diesen Absichten hervorgehen. Was dazwischen liegt, wie unsere Absichten seelisch sich ergießen in unseren Organismus, wie die Seele anregt Körperwärme, Blutbewegung, Muskelbewegung und so weiter, um zum Wollen überzugehen, das bleibt so unbewußt wie die Dinge des traumlosen Schlafes. Denn es ist schon einmal so, daß derjenige, der wirklich beobachten kann die Erlebnisse, sich sagen muß: Ich wache eigentlich nur im Vorstellen, ich träume im Fühlen, ich schlafe im Wollen. - Und eigentlich ist es nicht anders mit diesem Wollen, als es ist, wenn wir des Morgens aufwachen und merken, daß unser Organismus sich in einer gewissen Weise erholt und erfrischt hat. Wir nehmen wahr die Erlebnisse des Schlafes, indem wir aufwachen, wir haben Absichten, dieses oder jenes zu wollen, wir schicken sie auch unbewußt hinunter in unseren Organismus, sie führen ein schlafendes Leben, indem sie übergehen in das Handeln, in die Tat, und wir wachen erst an der Tat wiederum auf und sehen die Ergebnisse desjenigen, was in uns verlaufen ist, was sich aber dem Bewußt sein entzieht.“ (Lit.:GA 228, S. 119f)

Siehe auch

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

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