Handeln

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Menschliches Handeln und Tun im eigentlichen Sinn ist ein intentionaler, d.h. zielgerichteter, von bewusst gefassten Motiven geleiteter und durch eine mehr oder weniger dauerhafte Triebfeder getragener Willensakt, der sich dadurch vom ziellosen, mehr oder weniger unbewussten Agieren unterscheidet, das nach den Lehren der Psychoanalyse Ausdruck unbewusster psychischer Konflikte ist. Die mit dem menschlichen Handeln verbundenen philosophischen Fragen werden in der philosophischen Handlungstheorie erörtert.

Die Fähigkeit zur bewussten Kontrolle der eigenen Handlungen wird auch als Agentivität (von lat. agens „das Handelnde“) bezeichnet, die von der bewussten äußeren Bewegung der Gliedmaßen über die bewusst gelenkte Aufmerksamkeit (attentionale Agentivität) bis hin zum inneren Handeln in Form des bewussten Denkens (kognitive Agentivität) reicht.

Insofern das Handeln im Rahmen einer sozialen Gemeinschaft erfolgt, handelt es sich um ein soziales Handeln (das nicht selten auch recht unsozial sein kann). Das von Motiven geprägte Handeln, das mehr ist als ein bloß reaktives Verhalten, ist Gegenstand der soziologischen Handlungstheorie.

Im rechtlichen Sinn gilt auch das Unterlassen einer Handlung, z.B. eine unterlassene Hilfeleistung, als juristisch relevanter Tatbestand. Der Urheber einer Handlung wird als Akteur (von franz. acteur „Handelnder“) bezeichnet, wobei in der Soziologie zwischen individuellen und überindividuellen (z.B. Staaten, Konzerne, Interessensgemeinschaften usw.) Akteuren unterschieden wird.

„Für den einzelnen Willensakt kommt in Betracht: das Motiv und die Triebfeder. Das Motiv ist ein begrifflicher oder vorstellungsgemäßer Faktor; die Triebfeder ist der in der menschlichen Organisation unmittelbar bedingte Faktor des Wollens. Der begriffliche Faktor oder das Motiv ist der augenblickliche Bestimmungsgrund des Wollens; die Triebfeder der bleibende Bestimmungsgrund des Individuums. Motiv des Wollens kann ein reiner Begriff oder ein Begriff mit einem bestimmten Bezug auf das Wahrnehmen sein, das ist eine Vorstellung. Allgemeine und individuelle Begriffe (Vorstellungen) werden dadurch zu Motiven des Wollens, daß sie auf das menschliche Individuum wirken und dasselbe in einer gewissen Richtung zum Handeln bestimmen.“ (Lit.: GA 4, S. 149)

Freies Handeln ist nach Rudolf Steiner möglich, wenn sowohl die Motive, als auch die Triebfedern des Handelns voll bewusst im reinen Denken erfasst werden. Denken und Wollen werden dadurch so ineinander geschoben, dass sich an ihrem Wechselspiel das Gefühl entzündet und dadurch die Handlung von reiner Liebe getragen wird. Erst dann wird es zum echten moralischen Handeln. Daraus ergibt sich die von Rudolf Steiner formulierte Grundmaxime der freien Menschen:

„Leben in der Liebe zum Handeln und Lebenlassen im Verständnisse des fremden Wollens ist die Grundmaxime der freien Menschen.“ (Lit.:GA 4, S. 130)

„Der Mensch handelt, wenn er die Antriebe zu seinem Handeln in Geboten sucht, nach Gesetzen, deren Begründung nicht von ihm abhängt; er denkt sich eine Norm, die von außen seinem Handeln vorgeschrieben ist. Er handelt aus Pflicht. Von Pflicht zu reden, hat nur bei dieser Auffassung Sinn. Wir müssen den Antrieb von außen empfinden und die Notwendigkeit anerkennen, ihm zu folgen, dann handeln wir aus Pflicht. Unsere Erkenntnistheorie kann ein solches Handeln, da wo der Mensch in seiner sittlichen Vollendung auftritt, nicht gelten lassen. Wir wissen daß die Ideenwelt die unendliche Vollkommenheit selbst ist; wir wissen, daß mit ihr die Antriebe unseres Handelns in uns liegen; und wir müssen demzufolge nur ein solches Handeln als ethisch gelten lassen, bei dem die Tat nur aus der in uns liegenden Idee derselben fließt. Der Mensch vollbringt von diesem Gesichtspunkte aus nur deshalb eine Handlung, weil deren Wirklichkeit für ihn Bedürfnis ist. Er handelt, weil ein innerer (eigener) Drang, nicht eine äußere Macht, ihn treibt. Das Objekt seines Handelns, sobald er sich einen Begriff davon macht, erfüllt ihn so, daß er es zu verwirklichen strebt. In dem Bedürfnis nach Verwirklichung einer Idee, in dem Drange nach der Ausgestaltung einer Absicht soll auch der einzige Antrieb unseres Handelns sein. In der Idee soll sich alles ausleben, was uns zum Tun drangt. Wir handeln dann nicht aus Pflicht, wir handeln nicht einem Triebe folgend, wir handeln aus Liebe zu dem Objekt, auf das unsere Handlung sich erstrecken soll.“ (Lit.:GA 4, S. 201f)

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.