Ahnung

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Die Ahnung ist ein der Präkognition eng verwandter, zurückgebliebener Rest des alten Hellsehens. Sie entsteht, wenn das Bewusstsein, das heute normalerweise unmittelbar im Ich zentriert ist, in den Ätherleib eintaucht. Die dabei auftretenden Erlebnisse werden aber für den heutigen Menschen durch die Erfahrung verzerrt, die er aus seinem Gegenstandsbewusstsein mitnimmt.

"Taucht er zurück in den Ätherleib, so erlebt er das, was man mit Ahnung bezeichnet. Aber hier ist es noch gefährlicher, weil dieser Bewußtseinszustand noch weiter zurückliegend ist. Da ist der Mensch hineinverwoben in alle die verschlungenen Daseinsfäden, aus denen er aufgestiegen ist zu seinem Ich-Bewußtsein, aber er kann die Fäden nicht in ihrer wahren Gestalt durchschauen. Bedenken Sie, wie wenig die Menschen die Zusammenhänge überblicken, die um sie herum sind. Über einen kleinen Ausschnitt der Welt machen sie sich Gedanken, über Ursache und Wirkung, aber sie vergessen, daß die ganze Welt mit ihrem Umkreise zusammenhängt wie in einem Netz, in dem Zusammenhänge sich hin- und herspinnen. Der Mensch ist heute herausgehoben aus alledem, er überblickt gewissermaßen eine Insel, aber diese Insel ist zusammenhängend mit dem ganzen Kosmos. Und in seinem Ätherleib hängt der Mensch innig zusammen mit dem Kosmos. Wenn er hinuntersteigen würde in seinen Ätherleib, ohne daß er etwas von dem hellen Tagesbewußtsein mitbrächte, dann würde er sehen, wie sich im Keime etwas anknüpft, was erst, sagen wir, in zehn Jahren sich ereignen wird. Nun können Sie sich denken, daß der Mensch seinen Intellekt mit herunterbringt. Er trägt seinen kleinen Intellekt, sein kleines Verstandesseelchen mit herunter. Dadurch wird das, was als Ahnung auftritt, schon verfälscht. Wenn die Ahnung auf natürlichem Wege auftaucht, hat sie meistens — wie auch die Vision — keinen großen objektiven Wert." (Lit.: GA 057, S. 410)

Ahnungen entstehen, wenn man unbewusste Tageserlebnisse unbemerkt in den leisen Schlaf hinüberträgt, der das Tagesbewusstsein ständig begleitet.

"Wenn aber der Schlaf ein ganz leiser ist, wie man ihn viel mehr hat, als man glaubt - wenn man durchs gewöhnliche Leben geht, schläft man manchmal ein bißchen, ganz ein bißchen; dies sollte man überhaupt mehr beachten, dieses Ein-bißchen- Schlafen - , wenn man so ein bißchen schläft, dann trägt man, auch ohne daß man es bemerkt, über die Schwelle das alltägliche Empfinden. Und dann entstehen jene dunklen Gefühle, als ob man irgend etwas, was in der Zukunft mit einem selbst oder mit einem anderen Menschen geschieht, innerlich merkte. Die Ahnung, sie entsteht auf diesem Wege. Während also die Vision dann entsteht, wenn man herüberträgt in das wache Tagesleben das Schlaferlebnis, indem man unbewußt herüber über die Schwelle geht mit dem Schlaferleben, so entsteht die Ahnung, wenn man im ganz leisen, unbemerkten Schlaf ist, so daß man glaubt, man sei wach, und, wiederum ignorierend den Hüter der Schwelle, dasjenige hinüberträgt, was man eigentlich schon im gewöhnlichen Tageserleben trägt. Aber es liegt das so tief unter dem Bewußtsein, daß man es nicht merkt. Man steht nämlich immer mit der ganzen Welt in Verbindung. Und würde man das heraufholen können, daß man mit der ganzen Welt in Verbindung steht, so würde man manches heraufholen können." (Lit.: GA 227, S. 163f)

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Wo und wie findet man den Geist?, GA 57 (1984), ISBN 3-7274-0570-8 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  2. Rudolf Steiner: Initiations-Erkenntnis, GA 227 (2000), ISBN 3-7274-2271-8 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
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