Alchemie

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Alchemistisches Laboratorium (Detail), Abbildung aus Heinrich Khunrath: Amphitheatrum sapientiae aeternae (Amphitheater der Ewigen Weisheit), Hamburg 1595

Die Alchemie (auch Alchimie oder Alchymie), von den Alchemisten auch als Königliche Kunst bezeichnet, dient, wo sie ihrem ursprünglichen Sinn treu bleibt, der geistgemäßen Verwandlung der Stoffeswelt, die zugleich zu einer inneren geistigen Wandlung des Alchemisten beitragen soll.

Herkunft des Wortes «Alchemie»

Albertus Magnus (Fresko (1352), Treviso, Italien) war ein bedeutender Alchemist und beschrieb um 1250 erstmals die Herstellung von Arsen durch Reduktion von Arsenik (Arsen(III)-oxid, As2O3) mit Kohle.

Vermutlich leitet sich das Wort Alchemie vom arabischen الخيمياء (al-ḫīmiyāʾ) oder الكيمياء (al-kīmiyāʾ) bzw. vom griechischen "χυμεία" (chymeia) ab. Ersteres ist jener Name, mit dem die alten Ägypter selbst ihr Land bezeichneten, d.h. Alchemie wird hier als "Kunst der Ägypter" verstanden, im Sinne des Letzteren als "Lehre des Gießens". Tatsächlich scheinen beide Ausdrücke die gleiche Wurzel zu haben. Die alten Ägypter nannten ihr Land Kemet (Km.t), das bedeutet "Schwarzes Land" bzw. "Schwarze Erde" und bezieht sich auf die fruchtbaren Böden des Niltals - im Gegensatz zum "Roten Land" der angrenzenden Wüsten, dem Descheret (Dšr.t). Im Koptischen wurde daraus Kīmi oder Kīmə und im Altgriechischen schließlich Kymeía. Diese Etymologie deutet auf die Ursprünge der Alchemie im alten Ägypten und im (hellenistischen) Griechenland. Karl Christoph Schmieder überliefert auch noch: „Als Plutarch nach der Bedeutung dieses Wortes fragte, zeigte man ihm das Schwarze im Auge. Es war eine witzige Hieroglyphe für »Dunkel, schwer einzusehen«, d.h. Geheimnis.“ (Schmieder, S 52)

Alchemie und Astralwelt

Nach Rudolf Steiner ist das Geheimnis der Alchemie das dritte der sogenannten sieben Lebensgeheimnisse und wird geleitet vom Gesetz der Wahlverwandtschaft, das gleichsam auch die Sympathie und Antipathie der Stoffe zueinander bestimmt. In der chemischen Affinität der Stoffe zeigt sich ein physischer Abglanz dieser Gesetze. Dieses dritte Lebensgeheimnis hatte seinen Ursprung bereits auf der dritten planetarischen Verkörperung unserer Erde, dem alten Mond. Damals wurde der Astralleib des Menschen ausgebildet.

"Auf dem dritten Planeten entwickelte sich ein Drittes zu der Zahl hinzu: das Gesetz der Wahlverwandtschaft. Es besteht darin, daß die Menschen Sympathie und Antipathie füreinander entwickeln. Man findet dieses Gesetz in allen Reichen, zum Beispiel in der Chemie, im Mineralreich. Damit war zugleich die Möglichkeit gegeben, daß sich ein neues Reich bildete. Es bildete sich das Tierreich, das Pflanzenreich, das Mineralreich. Der Mensch, den man heute sieht, existierte damals noch nicht. Er war damals noch eine Art Tier, auf der kamischen Stufe. Der Geist war noch nicht in den Körper eingezogen." (Lit.: GA 89, S. 144ff)

Sympathie und Antipathie sind die beiden Grundkräfte der Astralwelt und den wahren Hintergrund aller echt alchemistischen Bestrebungen bildet die Umwandlung und Läuterung der astralen Kräfte, die der Stoffeswelt zugrunde liegen, begleitet von der gleichzeitigen allmähliche Umwandlung des menschlichen Astralleibs zum Geistselbst.

Die Entwicklung der Alchemie im Laufe der Kulturepochen

Ägyptisch-Chaldäische Kultur

Theophrast von Hohenheim, genannt Paracelsus entwickelte die Lehre der Tria Principia.

Als menschliche Kunstfertigkeit hatte die Alchemie ihren Ursprung in Ägypten und wurzelt in dem praktischen handwerklichen Umgehen mit den Stoffen, das die Ägypter bereits in der Frühzeit der Ägyptisch-Chaldäischen Kultur meisterhaft beherrschten, geleitet durch die hohen Eingeweihten, die durch ihre geistige Schulung die in der Stoffeswelt wirkenden Elementarwesen noch hellsichtig zu schauen vermochten. Als ihr erster und oberster Lehrer und Inaugurator der ägyptischen Kultur gilt Hermes Trismegistos, der laut Steiner in einer früheren Inkarnation Schüler des Zarathustra gewesen war. Die bekannteste Schrift, die unmittelbar Hermes zugeschrieben wird, obgleich sich ihre äußere historische Spur gesichert nur bis ins Mittelalter zurückverfolgen läßt, ist die Tabula Smaragdina, die den Alchemisten vielfach als der Schlüssel zur Bereitung des Steins der Weisen gilt.

Griechisch-Lateinische Kultur

Mit dem Aufkommen der Philosophie in der Griechisch-Lateinischen Zeit wurde die Alchemie zu einem Zweig der mehr spekulativen antiken Naturphilosophie. Besondere Beachtung fand die Vier-Elemente-Lehre und die zentralen Lehren des Aristoteles: das erstmals von ihm begrifflich gefasste fünfte Element (die Quintessenz), die ebenfalls von ihm charakterisierte prima materia und sein Hylemorphismus (als philosophischer Begriff für seine Lehre allerdings erst seit dem späten 19. Jh. gebräuchlich → Neuscholastik), nach dem alle endlichen Substanzen aus zwei verschiedenen Prinzipien bestehen: dem Stoff oder der Materie (griech. hýlē) und der Form (griech. morphḗ).

Zur Zeitenwende war Alexandria das vorherrschende Zentrum der Alchemie. In die Alchemie floss viel von dem handwerklichen Wissen und Können zur Herstellung von Farben, Düften, Ölen, Arzneien und Kosmetika ein, das nur mündlich von Frau zu Frau weitergegeben wurde, weshalb die alchimistische Arbeit auch gelegentlich als opus mulierum ("Frauenwerk") bezeichnet wurde. Auch wurde die Materie als mater oder matrix, als Mutter oder gar Gebärmutter, angesehen, als mütterliches irdisches Element, das im Zuge der alchemistischen Operationen durch den kosmischen, männlich empfundenen Geist befruchtet wird und ihm die Möglichkeit zur irdischen Verkörperung und zur irdischen Wirksamkeit gibt.

Die ältesten überlieferten alchemistischen Schriften stammen bezeichnenderweise von einer Frau. Sie wurden von der legendären jüdischen Alchemistin Maria etwa im 1. Jahrhundert n. Chr. verfasst. Zosimos aus Panopolis (ca. 350 - 420), einer der ersten historisch greifbaren Alchemisten, zitiert sie häufig. Maria lebte und wirkte in Alexandria, sonst ist über ihr Leben praktisch nichts bekannt. In ihren Schriften beschreibt sie verschiedenste grundlegende Arbeitsmethoden, alchemistische Öfen und Destillationsapparate und berichtet bereits vom Opus Magnum zur Bereitung des Steins der Weisen.

Bewusstseinsseelenzeitalter

Zu Beginn des Bewusstseinsseelenzeitalters etablierte Paracelsus (1493 - 1541) die Lehre der Tria Principia Sulfur, Mercur und Sal, die eng verbunden ist mit der dreigliedrigen Natur des Menschen und sich als sehr fruchtbar für das Verständnis der Heilungsprozesse und die Heilmittelzubereitung erwies. Es handelt sich bei den Tria Principa aber nicht um Stoffe, sondern um Prozesse, also um den Schwefelprozess, den Quecksilberprozess und den Salzprozess, deren materielle Träger verschiedene Stoffe sein können.

Im 17./18. Jahrhundert wurde die Alchemie schließlich sukzessive von der modernen Chemie und Pharmakologie abgelöst, die nur mehr die physische Außenseite der Stoffe beachten.

Aufgabengebiete und Errungenschaften

Durch die alchemistischen Prozeduren des Opus Magnum sollte der grüne Löwe, die ungeläuterte prima materia, in den roten Löwen, den Stein der Weisen, verwandelt werden.
Der geflügelte Mercurius in einem Glaskolben.
Von den Alchemisten wurden die in der stofflichen Natur waltenden Kräfte noch wesenhaft als astralische Erscheinung erlebt. Auch der Homunculus ist eine derart erlebte astrale Wesenheit.
Quelle: Cabala Mineralis
Goethes Faust I: Wagner erschafft den Homunkulus, Kupferstich 19. Jh.
Der Athanor, ein Ofen, in dem der Stein der Weisen zubereitet wird.

Das Opus Magnum - Der Stein der Weisen

Hauptartikel: Stein der Weisen

Als Opus Magnum, als Meisterwerk der Alchemie, galt die Zubereitung des Steins der Weisen aus der prima materia, mit dessen Hilfe unter anderem unedle Metalle durch Transmutation zu Gold verwandelt werden sollten. Durch das Opus minus, das Kleine Werk, das viele Verfahrensschritte mit dem Opus Magnum gemein hat, wurde der silbermachende Stein gewonnen.

Rosenkreuzer-Schulungsweg

Hauptartikel: Rosenkreuzer-Schulungsweg

Auf dem Rosenkreuzer-Schulungsweg bildet, allerdings in ganz anderer Form, die Bereitung des Steins der Weisen die 4. Stufe, die hier vor allem durch eine Regulation des Atemprozesses, eine durchgende Rhythmisierung des Lebens und das Sichhineinleben in die geistige Umgebung durch Intuition gefördert wird, die zu einer allmählichen Vergeistigung des physischen Leibes zu Atma (Geistesmensch) führt.

„Der Geistesschüler bemerkt das daran, daß er allmählich gewisse Äußerungen des physischen Leibes, die vorher ganz ohne sein Bewußtsein erfolgten, in seine Gewalt bekommt. Er bemerkt es auch daran, daß er für kurze Zeit das Bedürfnis empfindet, zum Beispiel das Atmen (oder dergleichen) so einzurichten, daß es in eine Art Einklang oder Harmonie mit dem kommt, was in den Übungen oder sonst in der inneren Versenkung die Seele verrichtet. Das Ideal der Entwickelung ist, daß durch den physischen Leib selbst gar keine Übungen, auch nicht solche Atemübungen gemacht würden, sondern daß alles, was mit ihm zu geschehen hat, sich nur als eine Folge der reinen Intuitionsübungen einstellte.“ (Lit.:GA 13, S. 275)

Die sieben Planetenmetalle

Hauptartikel: Planetenmetalle und Metalle

Die sieben Planetenmetalle - Silber (), Quecksilber (), Kupfer (), Gold (), Eisen (), Zinn () und Blei () - haben urbildhaften Charakter. Aus geistiger Sicht lassen sich alle anderen Metalle mehr oder weniger als Modifikationen bzw. Kombinationen dieser sieben archetypischen Metallitäten begreifen. Die Alchemisten gingen noch weiter und sahen das Quecksilber, den Mercurius, allerdings weniger als materielle Substanz, sondern als ätherisch-geistiges Prinzip, als den Urgrund aller Metalle an. In allen Metallen ist nach ihrer Ansicht der Mercurius in einer ganz spezifischen Weise tätig und in dem man in geeigneter Weise in diesen Prozess eingreift, können alle Metalle ineinander und letzlich in Gold transmutiert (s.u.) werden. Dass den Alchemisten derartige Transmutationen tatsächlich gelungen sind, wird allerdings heute wissenschaftlich stark angezweifelt und das auf diesem Gebiet viele Betrügereien vorgekommen sind, steht außer Frage. Alexander von Bernus, der große Alchemist des 20. Jahrhunderts geht allerdings davon aus, dass einzelnen Alchemisten tatsächlich die Umwandlung unedler Metalle zu Gold gelungen sei und dass sie auch alle analytischen Mittel zur Hand gehabt hätten, echtes von falschem Gold zu unterscheiden:

„Eine spätere Zeit - und sie liegt vielleicht nicht einmal allzu ferne - wird zu einem anderen Urteil kommen. Tatsächlich liegen einwandfrei beglaubigte Zeugnisse von Transmutationen aus dem 16., 17. und 18. Jahrhundert vor, und überdies braucht man gar nicht einmal so weit zurückgreifen; es finden solche auch noch heute vereinzelt statt, so wie sie früher stattgefunden haben.“ (Lit.: Bernus 1994)

Transmutation - die Kunst des Goldmachens

Hauptartikel: Transmutation und Aurum nostrum

Durch die Transmutation (lat. transmutatio metallorum) wird ein Ding in Substanz und Qualität verändert. In der Alchemie verstand man darunter die Umwandlung unedler Metalle wie Blei oder Quecksilber in Edelmetalle, namentlich in Gold oder Silber. Die Transmutation wurde durch Tingierung des unedlen Metalls mit dem Stein der Weisen erzielt. Wesentlicher als die bloß äußere Umwandlung des Stoffes erschien dem wahren Alchemisten allerdings die mit dieser Prozedur zugleich verbundene innere Läuterung und Verwandlung der Seele.

Speziell als aurum nostrum (lat. unser Gold) wurde das von den Alchemisten künstlich hergestellte Gold bezeichnet. Viele Alchemisten geben an, dass sich das künstlich hergestellte Gold sehr wohl von dem natürlich gewonnenen, dem aurum vulgi, unterscheide. (Lit.: Biedermann, S 73 und S 360)

Von den meisten wahren Alchemisten wurde das "Goldmachen" allerdings nur als ein weniger bedeutendes Nebenwerk der Alchemie angesehen. In der Chymischen Hochzeit des Christiani Rosencreutz Anno 1459 heißt es dazu nur lapidar, dass das "wol auch ein stuck dieser Kunst, aber nit das fürnembst, nöttigst und beste ist."

Homunkulus

Hauptartikel: Homunkulus

Die von Alchemisten öfter beschriebene Herstellung künstlicher Lebewesen (Homunculus, Basilisk), zu der sich noch Anklänge in Goethes Faust-Tragödie und in Meyrinks Golem finden, wurde später meist missverstanden.

"Nur aus dem wirklichen Schöpfen aus der Geisteswissenschaft heraus kann enträtselt werden, was der Homunculus ist. Denen, die während des Mittelalters von ihm sprachen, war er nichts anderes als eine bestimmte Form des astralischen Leibes." (Lit.: GA 57, S. 347)

Es handelt sich dabei weder um physisch fassbare Lebewesen, noch um bloße Allegorien, sondern um den hellsichtig erlebten Astralleib astraler Wesenheiten, wie es auch Goethe in seinem Faust sehr sachgerecht darstellt.

Er ist, wie ich von ihm vernommen,
Gar wundersam nur halb zur Welt gekommen:
Ihm fehlt es nicht an geistigen Eigenschaften,
Doch gar zu sehr am Greiflich-Tüchtighaften.
Bis jetzt gibt ihm das Glas allein Gewicht;
Doch wär er gern zunächst verkörperlicht.
                                        (Lit.: Goethe, Faust II)

Tatsächlich wurden von den wahren Alchemisten alle Substanzen als wesenhaft angesehen.

Tria Principa

Hauptartikel: Tria Principia

Die Tria Principia (lat. die drei Prinzipien), gelegentlich auch als die drei philosophischen Elemente bezeichnet, sind ein wichtiges Grundkonzept der spätmittelalterlichen bzw. frühneuzeitlichen Alchemie, das ergänzend und erweiternd aus der Vier-Elemente-Lehre abgeleitet wurde, und in eindeutiger, ausgereifter Form erst bei Paracelsus (1493 - 1541) zu finden ist[1][2]. Die drei philosophischen Prinzipen oder Substanzen sind: Sulphur (Feuer und Luft umfassend und daher von den Alchemisten auch «Feuerluft» genannt), Mercurius (Wasser) und Sal (Erdelement). Sulphur steht für das brennbare, Mercurius für das flüchtig-flüssige und Sal für das feste, formgebende, stabile Prinzip. Genau besehen handelt es sich bei den Tria Principa nicht um Stoffe, sondern um Prozesse, also um den Schwefelprozess, den Quecksilberprozess und den Salzprozess, deren materielle Träger verschiedene Stoffe sein können.

„Nun will ich wieder auf ein Beispiel mit dem Holze zurückgreifen. Dieses Holz ist ein Körper. Wenn Du es verbrennst, so ist das, was brennt, der Schwefel, der Rauch das Quecksilber, und was zur Asche wird, ist Salz.“

Paracelsus: Opus Paramirum, Erstes Buch, Kap. 2

Errungenschaften

Wir verdanken der Alchemie unter anderem die (Wieder-)Erfindung des Porzellans und Schwarzpulvers in Europa. Berühmte Alchemisten waren z. B. Vincentius Cascariolo aus Bologna, der 1604 erstmals einen Phosphoreszenz-Farbstoff herstellte, den so genannten „Bologneser Leuchtstein” oder „Lapis Solaris”. Diese Entdeckung beförderte Diskussionen über die Natur des Lichtes und führte bereits 1652 zu ersten spektroskopischen Untersuchungen. Der Hamburger Heinrich Hennig Brand war ein weiterer wichtiger Alchemist. Er entdeckte 1669 die Chemilumineszenz des weißen Phosphors ("Phosphorus mirabilis") und damit die erste Chemilumineszenzreaktion überhaupt. Diese Chemilumineszenzreaktion fand als Mitscherlich-Probe [1] Eingang in die forensische Chemie und ist auch heute noch ein beeindruckendes Experiment.

Arbeitsmittel und -techniken

Destillationsapparatur
Syrischer Kerotakis (Sublimationsapparatur)
Symbole für die vier Elemente
1 = Feuer, 2 = Erde, 3 = Wasser, 4 = Luft
Alchemistische Symbole einiger Grundstoffe:
1 = Zinn, 2 = Blei, 3 = Gold, 4 = Schwefel, 5 = Quecksilber, 6 = Silber, 7 = Eisen

Wichtige Grundlage und sozusagen die Bibel der Alchemisten war die Tabula Smaragdina. Sie ist eine dem Hermes Trismegistos zugeschriebene, ursprünglich wohl griechische, später in lateinischer Fassung verbreitete Sammlung von wenigen, schwer verständlichen und auslegungsbedürftigen Sätzen, in denen die gesamte Weltweisheit enthalten sein sollte.

Geräte

  • Alembik (Destillierhelm) - ein Helmaufsatz für einen Destillierkolben
  • Aludel - ein Gefäß zur Sublimation
  • Aschenbad
  • Athanor - ein spezieller Ofentyp der Alchemisten
  • Cucurbit - ein bauchiges Glasgefäß, das als Destillationskolben in das Sandbad des Athanor eingestezt wurde
  • Kerotakis - eine Sublimationsapparatur, in der flüchtige Substanzen wie Schwefel mit verschiedenen Metallen reagieren konnten
  • Kupelle - ein aus Pflanzen- oder Knochenasche gepresstes Gefäß zur Reinigung und Abtrennung von Edelmetallen aus Legierungen
  • Marienbad (balneum mariae) - Wasserbad zur langsamen und schonenden Erhitzung empfindlicher Substanzen
  • Pelikan - eine Apparatur, die zur circulatio, d.h. zur Destillation unter Rückfluss, verwendet wurde
  • Retorte - ein Destilliergefäß
  • Sandbad - ein mit Asche oder Sand gefülltes Gefäß, das den Alchemisten zur gleichmäßigen Erhitzung verschiedenster Substanzen diente.
  • Tribikos - die älteste überlieferte Destillationsapparatur
  • venter equinum - eine von der milden Gärungswärme von Pferdemist gespeiste Wärmequelle

Manche Gefäße der Alchemisten werden nach Tieren bzw. dem Menschen benannt, so z.B. Igel oder Gans oder das Menschliche Paar.

Grundlegende Arbeitstechniken

Viele dieser Arbeitsmethoden haben auch Eingang in die moderne Chemie gefunden.

Spagyrik

Die Bezeichnung „Spagyrik“ (aus griech. spao = „trennen“ und ageiro = „vereinigen, zusammenführen“) ist ein von Paracelsus eingeführter Begriff, der von ihm synonym für Alchemie verwendet wurde. Die Aufgabe der Alchemie sah er nicht etwa in der Herstellung von Gold, sondern in der Herstellung von Arzneimitteln. Er wählte darum die Bezeichnung „Spagyrik“ zur Abgrenzung gegenüber anderen Richtungen. In der Folge wurde die Spagyrik als der medizinische Bereich der Alchemie angesehen. Spagyrika sind demnach Arzneimittel, die auf Basis der alchemistischen bzw. spagyrischen Erkenntnisse hergestellt werden. Als Ausgangsmaterial für Spagyrika kamen pflanzliche, mineralische und animalische Stoffe zur Verwendung.

Jede Substanz enthält nach Ansicht der Spagyriker ein gutes, heilsames und ein ihm widerstrebendes böses, schädliches Prinzip und sie entwickelten Methoden, um das Gute vom Bösen zu scheiden. Durch Gärung, Destillation, Veraschung, Extraktion und Filtration und ähnliche Prozeduren werden wertvolle Bestandteile zuerst von den schädlichen separiert und anschließend die heilsamen Fraktionen auf kustvolle Weise wieder vereinigt.

Die geistigen Hintergründe der Alchemie

Allerdings handelt es sich bei der Alchemie nicht nur um eine praktische Disziplin als Vorläufer der modernen Chemie. Sie hat vielmehr auch eine philosophische Dimension: die verschiedenen alchemischen Vorgänge - wie beispielsweise die Umwandlung eines bestimmten Metalls in ein anderes - stehen hier für die Entwicklung des Menschen, d.h. für inner-psychische Prozesse. Diesen psychologischen Aspekt der Alchemie betonte vor allem der schweizer Psychiater und Psychoanalytiker Carl Gustav Jung, der sich eingehend mit ihr beschäftigte und versuchte, sie für seine Analytische Psychologie fruchtbar zu machen. Doch wird auch diese rein psychologische Deutung der Alchemie ihrem wahren Wesen nicht gerecht.

Nach Jan van Helmont (1580-1644), der schon ein früher Repräsentant des Bewusstseinsseelenzeitalters war, kann man wahres Wissen nur durch gründliche Selbsterkenntnis erreichen, die durch die praktischen alchemistischen Arbeiten gefördert und durch die meditative Betrachtung der chymischen Prozesse vertieft wird. Am Ende dieses Weges gelangt man zur göttlichen Erleuchtung.

Wahre Alchemie ist weder eine rein äußerliche Experimentierkunst, noch darf sie als bloß psychologisches Geschehen angesehen werden. Sie ist vielmehr ein Einweihungsweg, der den Alchemisten zu einer tieferen Erkenntnis der geistigen Wurzeln führt, aus denen die stoffliche Welt überhaupt erst entstanden ist, und der ihm zugleich die Mittel in die Hand gibt, auf diesen geistigen Hintergrund der Welt verwandelnd einzuwirken. Der Weg der Alchemie beginnt im Menschen und endet in der Natur. Praktische Experimentierkunst und geistige Übungen sind gleichermaßen gefordert.

„Wirkliche Alchimie beruht nicht darauf, daß man so forscht, wie der heutige Chemiker, eben auch experimentiert und nachdenkt, sondern sie beruht darauf, daß man in den Naturprozessen die Naturgeister wahrnehmen kann, so daß man sich mit ihnen verständigen kann; daß einem die Naturgeister sagen, wie der Vorgang verläuft, was da eigentlich geschieht. Alchimie war in den alten Zeiten durchaus kein beobachtendes Forschen, sondern der Verkehr mit den Naturgeistern. Und wenn wir jetzt hineinschauen in das, was im Mittelalter, sagen wir, im 14., aber sogar noch im 15. Jahrhundert ein wirklich rosenkreuzerisches alchimistisches Laboratorium war, da finden wir darinnen Instrumente, die verhältnismäßig manchmal sogar schon ähnlich sehen den heutigen Instrumenten, wenigstens kann man sich nach den heutigen Instrumenten schon Vorstellungen machen was diese Instrumente der damaligen Zeit waren. Aber wenn wir dann geistig hineinschauen in diese rosenkreuzerischen Mysterien, so finden wir eigentlich überall darinnen, ich möchte schon sagen die ältere, noch ernstere und noch tiefer tragische Persönlichkeit, die dann zu dem Faust, namentlich zu dem Goetheschen Faust geworden ist. Man sieht im Grunde genommen, wenn man in diese alchimistischen Laboratorien des 8. bis 13. Jahrhunderts hineinschaut, in eine tiefe Tragik hinein. Alle diese wirklichen Forscher, die in dieser Art den Menschen und das Weltenall als Natur an der Retorte suchen, alle diese Menschen sind gesteigerte faustische Naturen in dem älteren Mittelalter, denn sie fühlen eines tief: Wenn wir experimentieren, dann sprechen die Naturgeister zu uns, die Geister der Erde, die Geister des Wassers, die Geister des Feuers, die Geister der Luft. Sie hören wir in ihrem Raunen, in ihrem Lispeln, in ihren eigentümlich verlaufenden, summend beginnenden Lauten, die dann übergehen in Harmonien und Melodien, um in sich zurückzukehren. Und lebt man sich so hinein in dieses Übergehen des Farbigen in das Tönende, dann lebt man sich auch hinein in dasjenige, was einem der Laboratoriumsvorgang über die große Natur und über den Menschen sagen kann. Dann hat man schon das Gefühl: es offenbaren die Naturdinge und Naturvorgänge noch etwas, was die Götter sprechen, sie sind Bilder des Göttlichen. Und man wendet es innerlich nutzbringed auf den Menschen an. In allen diesen Zeiten war ja noch im hohen Grade Heilkunde zum Beispiel mit dem Wissen der allgemeinen Weltanschauung innig verbunden.“ (Lit.:GA 232, S. 198ff)

Die Alchemie der Zukunft - der Labortisch muss zum Altar werden

Alchemistisches Laboratorium, Kupferstich auf der Titelseite von Michael Maier: Tripus Aureus, 1618

„Die Erde wird von der Wissenschaft mechanisch, physisch, chemisch beschrieben. Doch jetzt stehen wir vor einer Umkehrung auf diesem Gebiete. Eine Anschauung wird heraufkommen, die die Erde nicht mehr aus lauter mineralischen Kräften, sondern aus Pflanzenkräften, das heißt ätherischen Kräften ableiten wird. Die Pflanze hat ihre Wurzeln nach dem Mittelpunkt der Erde gerichtet, ihr oberer Teil steht in einem Verhältnis zur Sonne. Das sind die Kräfte, die die Erde machen zu dem, was sie ist. Die Schwerkraft ist nur sekundär. Die Pflanzen sind vor den Mineralien da, ebenso wie die Steinkohle früher Pflanze war. Das wird man in kurzem entdecken. Die Pflanzen geben dem Erdplaneten die Gestalt und geben dann noch die Substanz ab, aus der der mineralische Boden entsteht. Die Wachstumskraft des Pflanzenreichs wird der Mensch in sich aufnehmen, dann befreit er sich von den Kräften, die ihn jetzt daran hindern, den Christus zu schauen. Geisteswissenschaft soll dazu mitarbeiten. Das ist aber unmöglich solange die Menschen meinen, daß das Aufsteigen des Physischen zum Ätherischen nichts mit dem Innern des Menschen zu tun hat. Im Laboratorium ist es gleichgültig, ob man ein moralisch hochstehender oder tiefstehender Mensch ist. Nicht aber ist das der Fall, wenn man es mit Ätherkräften zu tun hat. Die moralische Veranlagung geht dann in das Produkt über. Daher wäre es für den heutigen Menschen noch nicht möglich, diese Fähigkeit zu entwickeln, wenn er so bleibt wie er ist. Der Laboratoriumstisch muß erst zum Altar werden. Das wird schon bald kommen. Diejenigen, die werden sagen können: «Nicht ich, sondern der Christus in mir», werden die Pflanzenkräfte kombinieren können, so wie man es heute mit den mineralischen Kräften versteht. Es werden Menschen dazu kommen, den Christus zu schauen in seiner Äthergestalt; sie werden die ätherische Erde schauen, aus der die Pflanzenwelt entsprossen ist. Derjenige, der diese Wissenschaft im höchsten Maße besitzen wird, wird der Maitreya-Buddha sein, der in ungefähr 3000 Jahren kommen wird. Gelingt das nicht, dann würde die Erde in Materialismus versinken und die Menschheit müßte von neuem anfangen, entweder – nach einer großen Katastrophe – auf der Erde selber oder auf einem nächsten Planeten.“ (Lit.:GA 118, S. 90f)

Die Alchemie der Rosenkreuzer

Aus Die geheimen Figuren der Rosenkreuzer:
Der edle hochtheure Stein, Misterii Magni und Lapidis Philosophorum. In diesem Steine lieget verborgen was Gott und die Ewigkeit, darzu Himmel, Sterne und Elemente haben und vermögen. Es ist kein besserer noch köstlicher von Ewigkeit je gewesen, als eben dieser, und der wird dem Menschen von Gott aus seiner Gnadenliebe angeboten und geschenket, es mag ihn ein jeder holen, wer nur will, er ist in geringer Gestalt, und hat die Kraft der ganzen Gottheit in sich.

„Im Jahre 1785 kamen die gesammelten esoterischen Offenbarungen der Rosenkreuzer zum Ausdruck in dem Werk: «Die geheimen Figuren der Rosenkreuzer» von Hinricus Madathanus Theosophus. In dieser Publikation sind in einem gewissen beschränkten Sinne Hinweise enthalten auf das, was gewirkt hatte in den vorangegangenen hundert Jahren als Rosenkreuzerströmung und was erst dann zum Ausdruck kam in den Arbeiten, die gesammelt waren und zusammengefaßt wurden von Hinricus Madathanus Theosophus. Wieder hundert Jahre später sehen wir die Wirkung der Rosenkreuzerströmung zum Ausdruck kommen in dem Werke der H. P. Blavatsky, insbesondere in dem Buche: «Die entschleierte Isis». Manches von dem Inhalt jener Figuren ist dort in Worten niedergeschrieben. Eine Summe von abendländischer okkulter Weisheit, die noch lange nicht gehoben ist, ist darin enthalten, wenn auch die Komposition manchmal recht verworren ist. Es ist interessant, «Die geheimen Figuren der Rosenkreuzer» des Hinricus Madathanus Theosophus zu vergleichen mit dem Werke der H. P. Blavatsky. Wir müssen hauptsächlich die erste Hälfte der Publikation ins Auge fassen, die im Sinne der «Figuren» verfaßt ist. Im zweiten Teil kommt Blavatsky etwas ab von der Rosenkreuzerströmung. In ihren späteren Werken entfernte sich H. P. Blavatsky von diesem rosenkreuzerischen Geistesstrom, und wir müssen zwischen ihren ersten und den späteren Publikationen zu unterscheiden wissen, wenn zwar auch schon in die ersteren manches von dem unkritischen Geist H. P. Blavatskys hineingekommen ist. Daß dieses gesagt wird, ist der jetzt nicht verkörperten H. P. Blavatsky nur erwünscht.“ (Lit.:GA 130, S. 58)

"Der mittelalterliche Rosenkreuzer studierte die Naturvorgänge, die er als die Erdvorgänge der Natur ansah. So unterschied er zum Beispiel drei verschiedene Naturvorgänge, die er als die drei großen Prozesse der Natur ansah.

Als der erste wichtige Prozeß ist folgender anzuführen: Die Salzbildung. Alles, was in der Natur aus einer Auflösung als fester Stoff sich niederschlägt, sich setzen, herausfallen kann, nannte der mittelalterliche Rosenkreuzer: Salz. Wenn aber der mittelalterliche Rosenkreuzer diese Salzbildung sah, war seine Vorstellung davon ganz verschieden von der des heutigen Menschen. Denn der Anblick eines solchen Prozesses mußte wie ein Gebet wirken in der Seele desjenigen Menschen, der ihn betrachtete, wenn er ihn als verstanden empfinden wollte. Der mittelalterliche Rosenkreuzer suchte sich deshalb klar zu machen, was in seiner eigenen Seele vorgehen müßte, wenn in ihr diese Salzbildung auch vorgehen sollte. Er dachte: Die menschliche Natur vernichtet sich fortwährend durch die Triebe und Leidenschaften. Unser Leben wäre eine fortwährende Zersetzung, ein Fäulnisprozeß, wenn wir uns nur den Begierden und Leidenschaften hingeben würden. Und wenn der Mensch sich wirklich schützen will gegen diesen Fäulnisprozeß, so muß er sich fortwährend hingeben reinen, nach dem Geistigen hintendierenden Gedanken. Es handelte sich um die Höherentwickelung seiner Gedanken. Der mittelalterliche Rosenkreuzer wußte, daß, wenn er in einer Inkarnation seine Leidenschaften nicht bekämpfte, er in die nächste Inkarnation mit Krankheitsanlagen hineingeboren werden würde, daß er aber, wenn er seine Leidenschaften läuterte, in die nächste Inkarnation mit gesunden Anlagen eintreten würde. Der Prozeß der Überwindung der zur Verwesung führenden Kräfte durch Spiritualität, das ist mikrokosmische Salzbildung. So können wir begreifen, wie ein solcher Naturvorgang für den mittelalterlichen Rosenkreuzer zum frömmsten Gebet werden konnte. Bei der Betrachtung der Salzbildung sagten sich die mittelalterlichen Rosenkreuzer mit dem Gefühl der reinsten Frömmigkeit: Hier haben göttlich-geistige Kräfte seit Tausenden von Jahren ebenso gewirkt, wie in mir reine Gedanken wirken. Ich bete an hinter der Maja der Natur die Gedanken der Götter, der göttlich-geistigen Wesenheiten. - Das wußte der mittelalterliche Rosenkreuzer und er sagte sich: Wenn ich mich durch die Natur anregen lasse, solche Empfindungen zu hegen, so mache ich mich selber dem Makrokosmos ähnlich. Betrachte ich diesen Prozeß nur äußerlich, so scheide ich mich von dem Gotte, so falle ich vom Makrokosmos ab. - So empfand der mittelalterliche Theosoph oder Rosenkreuzer.

Ein anderes Erlebnis war der Prozeß der Auflösung: ein anderer Naturprozeß, der ebenfalls den mittelalterlichen Rosenkreuzer zum Gebet führen konnte. Alles dasjenige, was etwas anderes auflösen kann, nannte der mittelalterliche Rosenkreuzer: Quecksilber oder Merkur. Nun trat wieder für den mittelalterlichen Rosenkreuzer die Frage auf: Was ist die entsprechende Eigenschaft in der menschlichen Seele? Welche Seeleneigenschaft wirkt so, wie in der Natur draußen Quecksilber oder Merkur? Der mittelalterliche Rosenkreuzer wußte, daß das, was diesem Merkur in der Seele entspricht, alle Formen der Liebe in der Seele bedeutet. Er unterschied niedere und höhere Auflösungsprozesse, wie es niedere und höhere Liebeformen gibt. Und so wurde der Anblick des Auflösungsprozesses wieder zu einem frommen Gebete, und der mittelalterliche Theosoph sagte sich: Es hat die Liebe des Gottes draußen Jahrtausende lang so gewirkt, wie in meinem Innern die Liebe wirkt.

Der dritte wichtige Naturprozeß war für den mittelalterlichen Theosophen die Verbrennung, das, was eintritt, wenn ein äußerer Stoff in Flammen sich verzehrt. Und wiederum suchte der mittelalterliche Rosenkreuzer den inneren Vorgang, der dieser Verbrennung entspricht. Er sah diesen inneren Seelenvorgang in der inbrünstigen Hingabe an die Gottheit. Und er nannte alles, was in der Flamme aufgehen kann, Schwefel oder Sulphur. Er sah in den Entwickelungsstadien der Erde den Prozeß einer allmählichen Läuterung, ähnlich einem Verbrennungsprozeß oder Schwefelprozeß. So wie er wußte, daß einmal die Erde durch das Feuer gereinigt wird, so sah er in der inbrünstigen Hingabe an die Gottheit auch einen Verbrennungsprozeß. In den Erdenprozessen sah er die Arbeit der Götter, die zu noch höheren Göttern aufschauen. Und so durchdrungen von großer Frömmigkeit und tief religiösen Gefühlen sagte er sich beim Anblick des Verbrennungsprozesses: Jetzt opfern Götter den höheren Göttern. - Und wenn dann der mittelalterliche Theosoph selbst in seinem Laboratorium den Verbrennungsprozeß hervorbrachte, dann empfand er: Ich tue, was die Götter tun, wenn sie sich höheren Göttern opfern. - Sich selber hielt er nur dann für würdig, zu einem solchen Verbrennungsprozeß in seinem Laboratorium zu schreiten, wenn er sich von solcher Opfergesinnung durchdrungen fühlte, wenn er selber in sich fühlte den Wunsch, sich opfernd den Göttern hinzugeben. Die Macht der Flamme erfüllte den mittelalterlichen Theosophen mit großen, tiefreligiösen Gefühlen, und er sagte sich: Wenn ich draußen im Makrokosmos die Flamme sehe, so sehe ich die Gedanken, die Liebe, die Opfergesinnung der Götter. Der mittelalterliche Rosenkreuzer nahm selber in seinem Laboratorium diese Prozesse vor, und dann ergab sich der Experimentierende der Betrachtung dieser Bildungen von Salz, der Auflösungen und der Verbrennungen, bei denen er sich stets tief religiösen Empfindungen hingab, und er fühlte den Zusammenhang mit allen Kräften im Makrokosmos. Diese Seelenvorgänge riefen bei ihm hervor: erstens Göttergedanken, zweitens Götterliebe, drittens Götteropferdienst. Und dann entdeckte dieser mittelalterliche Rosenkreuzer, daß, wenn er einen Salzbildungsprozeß vornahm, in ihm selber solche reinen, läuternden Gedanken aufstiegen. Bei einem Auflösungsprozeß fühlte er sich angeregt zur Liebe, wurde er von der göttlichen Liebe durchdrungen, im Verbrennungsprozeß fühlte er sich entfacht zum Opferdienst, dazu gedrängt, sich auf dem Altar der Welt zu opfern.

Heinrich Khunrath (1560-1605)

Das war, was der Experimentierende erlebte. Und wenn man selbst als Hellseher einem solchen Experiment beigewohnt hätte, so hätte man eine Veränderung der Aura des betreffenden Menschen, der das Experiment ausführte, wahrgenommen. Die Aura, die vor dem Experiment sehr gemischt war, die vielleicht erfüllt gewesen war von Begierden, Trieben, denen sich der Betreffende hingegeben hatte, wurde durch das Experiment einfarbiger. Zuerst, bei dem Experiment der Salzbildung: kupfern - reine Gottesgedanken -, dann, bei dem Experiment der Auflösung: silbern - Götterliebe -, und endlich goldglänzend - Götteropferliebe oder Götteropferdienst - bei der Verbrennung. Und die Alchimisten sagten dann, sie hätten aus der Aura das subjektive Kupfer, das subjektive Silber und das subjektive Gold gemacht. Und die Folge davon war, daß derjenige, der so etwas durchgemacht hatte, der ein solches Experiment wirklich innerlich erlebte, von göttlicher Liebe ganz durchdrungen wurde. Also ein von Reinheit, Liebe und Opferwillen durchdrungener Mensch kam dabei heraus, und durch diesen Opferdienst bereiteten die mittelalterlichen Theosophen ein gewisses Hellsehen vor. So konnte der mittelalterliche Theosoph hineinschauen in die Art, wie hinter der Maja geistige Wesen die Dinge entstehen und wieder vergehen ließen. Und dadurch sah er dann auch ein, welche Bestrebungskräfte in der Seele in uns fördernd sind und welche nicht. Er lernte unsere eigenen Entstehungsund Verwesungskräfte kennen. Der mittelalterliche Theosoph Heinrich Khunrath nannte, in einem Augenblick der Aufklärung, diesen Prozeß das Gesetz der Entstehung und Verwesung.

Aus dem Naturanblick wurde dem mittelalterlichen Theosophen das Gesetz der Aufwärtsentwickelung und des Abstiegs klar. Die Wissenschaft, die er sich dadurch aneignete, drückte er in gewissen Zeichen, in imaginativen Bildern und Figuren aus. Es war eine Art imaginativer Erkenntnis. Was gestern charakterisiert worden ist als «Die geheimen Figuren der Rosenkreuzer», ist ein Resultat von dem eben Besprochenen.

So arbeiteten die besten Alchimisten vom vierzehnten bis ins achtzehnte und noch bis an den Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. Über diese wirklich moralische, ethische, intellektuelle Arbeit ist nichts gedruckt worden. Was über Alchimie gedruckt ist, handelt nur von rein äußeren Experimenten, ist nur von denen geschrieben, welche die Alchimie als Selbstzweck betrieben. Der falsche Alchimist ging darauf aus, Stoffe zu formen. Er sah in den Experimenten bei der Verbrennung der Stoffe nur den Gewinn des materiellen Ergebnisses. Der rechte Alchimist aber gab auf den Stoff, den er zuletzt erhielt, gar nichts. Es kam ihm nur auf die inneren Seelenerlebnisse während der Stofformung an, auf die Gedanken, die in ihm waren, die Erlebnisse, die er in sich hatte. Daher war es ein strenges Gesetz, daß der mittelalterliche Theosoph, welcher bei den Experimenten Gold und Silber erzeugte, nie einen Gewinn für sich daraus machen durfte. Er durfte die produzierten Metalle nur verschenken. Der heutige Mensch hat nicht mehr die richtige Vorstellung von diesen Experimenten. Er hat keine Ahnung von dem, was der Experimentierende erleben konnte. Der mittelalterliche Theosoph konnte ganze Seelendramen in seinem Laboratorium erleben, zum Beispiel wenn das Antimon gewonnen wurde, sahen die Experimentierenden sehr bedeutendes Moralisches in diesen Prozessen." (Lit.: GA 130, S. 72ff)

Bedeutende Alchemisten

Alchemisten des alten Ägypten, sowie der Griechischen und Römischen Antike

Chinesische Alchemisten

In China haben sich innerhalb daoistischer Strömungen solche der Inneren Wandlung Neidan und solche der äußeren Wandlung Waidan herausgebildet, die in ihren Anfängen allerdings noch nicht geschieden waren. Das mit dem Prinzip des Dao verknüpfte Streben nach Unsterblichkeit - allerdings eigentlich im Sinne der Vollendung und Einswerdung im Dao - wurde ganzheitlich auf Körper und Geist bezogen, sodass es auch einige Alchemisten innerhalb der chinesischen Geschichte gab, die ersuchten Metalle zu veredeln, dabei nebenbei das Schießpulver entdeckten und nach einem Elixier [dan] suchten, das irdische Unsterblichkeit ermögliche. Dies war aber als Ergänzung zu den inneren Arbeiten Qigong, Meditation, Fasten etc. gedacht.

Die ersten Spezialisten in den Künsten der Unsterblichkeit waren die Fangshi, die als einsiedlerische Weise in den Bergen lebten, schamanistische Praktiken anboten, von Kaisern und Adeligen besucht und gelegentlich unterstützt wurden.

Aus dieser Tradition kommt Wei Boyang, Autor des ältesten chinesischen alchemistischen Traktats Thouyi cantong qi ("Über das Vereinigen der Entsprechungen"), der gemäß der Legende während des 2. Jh. u.Z gelebt haben soll. Ihm wird folgender Mythos nachgesagt: Nachdem der Hund an einem Experiment das rechte Elixier betreffend tot umfiel, sprach der Meister: "Ich habe den Weg der Welt, meine Familie und Freunde aufgegeben, um in den Bergen zu leben. Es wäre schamvoll, zurückzugehen, ohne das Dao der heiligen Unsterblichen gefunden zu haben. Durch dieses Elixier zu sterben kann nicht schlechter sein, als ohne es zu leben. So muss ich es dann zu mir nehmen." Auch er schluckte das Elixier und fiel auf der Stelle tot um. Nachdem die enttäuschten Schüler gegangen waren, erwachten Hund und Meister und schwebten zum Himmel empor, um Unsterbliche zu werden.

Ein anderer war Ge Hong (284-364 u.Z.). Sein Hauptwerk heißt Baopuzi ("Er, der den unbehauenen Klotz umarmt" oder "Der Meister, der die Schlichtheit umfaßt"). Die Shangqing-Schule nahm später einige seiner Techniken auf.

Lü Dongbin, einer der Acht Unsterblichen, soll einer der ersten gewesen sein, der sich ausschließlich der Inneren Alchemie zuwandte. Sein Schüler war Liu Haichan; von diesem soll Zhang Boduan (987-1082 u.Z.) sein Wissen erhalten haben. Er schrieb das Wuzhen pian ("Über das Begreifen der Wirklichkeit"), welches die Ausdrucksweise der äußeren Alchemie auf die inneren Wandlungen überträgt. Ziel sei die Erschaffung des shengtai ("geistiger Embryo" der Unsterblichkeit). Es begründeten sich nach seinem Tod viele Schulen des Neidan. Seine Schüler begründeten etwa den südlichen Zweig der "Schule der Vollkommenen Wirklichkeit" (wörtlich: Der Weg der Verwirklichung der Wahrheit").

Alchemisten des Islamischen Kulturkreises

Der oft als "Vater der Chemie" genannte Alchemist Dschābir ibn Hayyān (lat. Geber), nach einem Portrait aus dem 15. Jh (Codici Ashburnhamiani 1166, Biblioteca Medicea Laurenziana, Florence)

Abendländische Alchemisten

Die „alchemistischen Figuren“ des Nikolaus Flamel
Johan Baptista van Helmont (1577-1644) and Franciscus Mercurius van Helmont (1614-1699)

Siehe auch

Literatur

  • Goethes Werke. Hamburger Ausgabe in 14 Bänden. Band 3, Hamburg 1948 ff, S 249 (Klassische Walpurgisnacht - Felsbuchten des Ägäischen Meers) [2]
  • Rudolf Steiner: Bewußtsein Leben Form, GA 89 (2001)
  • Rudolf Steiner: Das Ereignis der Christus-Erscheinung in der ätherischen Welt, GA 118 (1984)
  • Rudolf Steiner: Das esoterische Christentum und die geistige Führung der Menschheit, GA 130 (1995)
  • Rudolf Steiner: Mysteriengestaltungen, GA 232 (1998)
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Quellen

  • Johann Agricola: Chymische Medicin: ein Kompendium der Bereitung und Anwendung alchemistischer Heilmittel (Originaltitel: Commentariorum, notarum, observationum & animadversionum in Johannis Poppii Chymische Medicin), Nach der Erstausgabe Leipzig, Schürer und Götze, 1638/39 herausgegeben, eingeleitet und mit einer biographischen Skizze versehen von Oliver Humberg, Elberfeld 2000 ISBN 3-9802788-5-9

Ältere Ausgaben in Neuauflage

  • Hermann Beckh: Alchymie. Vom Geheimnis der Stoffeswelt., Rudolf Geering Verlag, Goetheanum Dornach 1987
  • Alexander von Bernus: Alchymie und Heilkunst 5. Auflage Dornach 1994 ISBN 3-7235-0757-3 (1. Auflage von 1936)
  • Gottlieb Latz: Die Alchemie, das ist die Lehre von den grossen Geheim-Mitteln der Alchemisten und den Speculationen, welche man an sie Knüpfte: Ein Buch, welches zunächst für Aerzte geschrieben [ist, zugleich aber auch jedem gebildeten Denker geboten wird], 1. Auflage Bonn 1869, 2. Auflage Köln 2003 (Nachdruck) ISBN 3898363422

Spagyrik

  • Manfred M. Junius: Praktisches Handbuch der Pflanzen-Alchemie. Wie man heilkräftige Essenzen, Tinkturen und Elixiere selbst zubereitet. Ansata-Verlag, Interlaken 1982, ISBN 978-3715700557

Moderne Forschungsliteratur

Gesamtüberblick

Weblinks

Commons: Alchemie - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Kritische Weblinks

Einzelnachweise

  1. R. Hooykaas: Chemical Trichotomy before Paracelsus?, Arch. Internat. d’Hist. des Sciences, 1949, XXVIII, 1063 - 1074
  2. "A further significant example is the Tria Prima: Salt, Sulphur and Mercury which are supposed to be the principal constituents of all objects. This trichotomy is largely an original Paracelsian conception». At all events it was Paracelsus who inculcated and applied it in detail. His alchemist predecessors had preferred such dichotomic divisions as male-female, active-passive, Sulphur-Mercury. The Salia of metals had been discussed - but not in the Paracelsian sense of a third principle; they rather indicated a state of hardening which called for solution. It is also true that the Latin Geber speaks of the Tria Principia of metals, namely Sulphur, Argentum Vivum and Arsenic – but in this Arsenic occupied no position similar to that of Sal in the Paracelsian scheme.
    No chemical or alchemical predecessor of the Paracelsian scheme is therefore readily demonstrable. There is no doubt, however, that it is in accordance with neo-Platonic and Hermetic tradition. Paracelsus himself referred to Hermes who called the soul the intermediary between Spirit and Body. This soul Paracelsus identified with Sulphur : "the soul is the sulphur which reconciles two opposites and joins them together into one". Hermes rightly said, Paracelsus adds, that all seven metals, and also the "tinctures" and the Philosophers' Stone derive from three substances which he calls spirit, soul and body. These are indeed the Three Principles."
    Allen G. Debus: Alchemy and early modern chemistry: papers from Ambix, Jeremy Mills Publishing, 2004
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