Christlicher Fatalismus

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"Bedenken Sie nur, in wieviel Herzen und Seelen heute (1919) das Bewußtsein vorhanden ist, daß sie sich am liebsten überlassen möchten demjenigen, was Christus oder sonst irgendeine geistige Macht mit ihnen tut. Das ist sogar ein Vorwurf, den man sehr häufig der Anthroposophie machen hört, daß die Anthroposophie nicht großen Wert darauf legt, daß die Menschen, wie man sagt, erlöst werden durch den Christus, sondern durch sich selbst. Die Menschen möchten geführt sein, möchten geleitet sein, möchten eigentlich (in einem geistigen Infantilismus), daß der Fatalismus richtig sei. Und wieviel hat man reden hören in den letzten Unglücksjahren davon, da oder dort, daß die Leute gesagt haben: Ja, warum hilft der Gott oder der Christus nicht dieser oder jener Volksgemeinschaft? Man müßte doch glauben, daß eine göttliche Gerechtigkeit vorhanden sei. – Die Menschen möchten, daß diese göttliche Gerechtigkeit eben wie ein Fatum verhängt würde. Sie möchten nicht kommen zum wirklichen inneren Durchkraftetsein von dem Impuls der Freiheit. Eine Zivilisation, welche diesen Impuls der Freiheit nicht zu pflegen in der Lage ist, schwächt den Menschen und verurteilt sich zum Niedergang." (Lit.: GA 191, Seite 70f)

Literatur

  • Rudolf Steiner: Soziales Verständnis aus geisteswissenschaftlicher Erkenntnis, GA 191, Dornach 1989