Evidenztheorie der Wahrheit

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Vertreter einer Evidenztheorie der Wahrheit sind René Descartes, Baruch Spinoza, Franz Brentano und Edmund Husserl.

Franz Brentano

"Daß Descartes die Evidenz nicht aufgefallen sei, daß er den Unterschied zwischen Einsicht und blindem Urteil nicht bemerkt habe, kann man hienach gewiß nicht sagen. Aber er, der die Klasse des Urteils von der des Vorstellens scheidet, läßt doch den auszeichnenden Charakter der Evidenz, den die einsichtigen Urteile haben, in der Klasse des Vorstellens zurück. Sie soll in einer besonderen Auszeichnung der Perzeption, d.i. der Vorstellung, bestehn, die dem Urteil zugrunde liegt. Ja Descartes geht soweit, dieses Vorstellen geradezu ein 'cognoscere', ein 'Erkennen' zu nennen. Ein Erkennen also und doch kein Urteilen! - Das sind rudimentäre Glieder, welche uns nach dem Fortschritt, den die Lehre vom Urteil durch Descartes gemacht, an eine überwundene Stufe der Psychologie erinnern; (...) [Glieder, die] (...) in keiner Weise angepaßt, in höchstem Maße störend werden, ja alle ferneren Bemühungen Descartes' für die Erkenntnistheorie erfolglos machen. Er bleibt, um mit Leibniz zu sprechen, "im Vorzimmer der Wahrheit". Nur so wird Descartes' clara et distincta perceptio, von welcher selbst man so schwer eine deutliche und klare Vorstellung gewinnt, in ihrer eigentümlichen Zwitterhaftigkeit vollkommen verständlich. Zu helfen ist hier nur, wenn man das, was die Einsicht gegenüber anderen Urteilen auszeichnet, als innere Eigentümlichkeit in dem Akte des Einsehens selber sucht.

Freilich haben manche, die hier suchten, sie dennoch nicht gefunden." (Lit.: Wahrheit und Evidenz, S. 62, Hervh.i.Orig.)

"Bei Evidenz ist Irrtum ausgeschlossen.

Bei Evidenz ist Zweifel ausgeschlossen, aber weder Freiheit von Irrtum, noch Freiheit von Zweifel machen das Urteil zu einem evidenten Urteil, sondern eine Eigentümlichkeit, die es als richtig charakterisiert." (e.d., S. 144)

Brentano wendet gegen die schon von Aristoteles vertretene Auffassung, eine Aussage oder ein Urteil sei dann wahr, wenn es mit dem Gegenstand übereinstimme (Korrespondenztheorie), ein, daß diese Wahrheitsdefinition in einen unendlichen Regreß führen würde. Denn um die Übereinstimmung feststellen zu können, müsse der Gegenstand, und was ihm im Bewußtsein entsprechen soll, bereits erkannt sein.

"Auf die Frage, was unter Wahrheit zu verstehen sei, antwortet man sehr gewöhnlich, man verstehe darunter die Übereinstimmung des Verstandes mit der Sache ... [es kann aber] ... unmöglich eine Übereinstimmung erkannt werden, wenn nicht jedes der beiden, um deren Übereinstimmung es sich handelt, von uns erkannt ist. (...) Die wahre Garantie für die Wahrheit eines Urteils liegt in der Evidenz, die es entweder unmittelbar besitzt oder mittels des Beweises durch die Verbindung mit anderen Urteilen, welche unmittelbar evident sind, erlangt." (e.d., S. 137)

Siehe auch

Literatur

  • Franz Brentano: Wahrheit und Evidenz. Erkenntnistheoretische Abhandlungen und Briefe, Felix Meiner Verlag, 2013, ISBN 3787300201, (Verlagsauskunft: "Brentanos Reflexionen über das Verhältnis von Wahrheit und Evidenz wurden erst 1930 herausgegeben. Ihre Kenntnis ist unentbehrlich für das Verständnis seines Verhältnisses zu den an ihn anknüpfenden Denkern, insbesondere zu Husserl."), Rezension von A. v. Sybel, 1931

Weblinks


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