Ich bin der Ich-Bin

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Hubert Maurer (1738-1818): Moses vor dem brennenden Dornbusch

«Ich bin der Ich-Bin» (hebr. אֶֽהְיֶ֖ה אֲשֶׁ֣ר אֶֽהְיֶ֑ה eh'jeh asher eh'jeh) ist das Wort, durch das sich Jahve-Elohim auf dem Berg Horeb im brennenden Dornbusch dem Moses als der Ich-Bin (griech. ἐγώ εἰμί ego eimi) kundgab, als der Ich-Seiende, der Bringer des Ichs, der in seinem wahren Wesen der Christus ist, das Welten-Ich, der aus der Sonnensphäre auf die Erde herabsteigt. Jahve, der Monden-Elohim, ist nach Rudolf Steiner das mondenhafte Spiegelbild des kosmischen Christus und repräsentiert zugleich das höhere Gemeinschaftbewusstsein der sieben Elohim, durch die das schöpferische Wort, also der Christus, wirkt.

"1 Mose aber weidete die Herde Jitros, seines Schwiegervaters, des Priesters von Midian. Und er trieb die Herde über die Wüste hinaus und kam an den Berg Gottes, den Horeb. 2 Da erschien ihm der Engel des HERRN in einer Feuerflamme mitten aus dem Dornbusch. Und er sah hin, und siehe, der Dornbusch brannte im Feuer, und der Dornbusch wurde nicht verzehrt. 3 Und Mose sagte sich: Ich will doch hinzutreten und diese große Erscheinung sehen, warum der Dornbusch nicht verbrennt. 4 Als aber der HERR sah, dass er herzutrat, um zu sehen, da rief ihm Gott mitten aus dem Dornbusch zu und sprach: Mose! Mose! Er antwortete: Hier bin ich. 5 Und er sprach: Tritt nicht näher heran! Zieh deine Sandalen von deinen Füßen, denn die Stätte, auf der du stehst, ist heiliger Boden! 6 Dann sprach er: Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs. Da verhüllte Mose sein Gesicht, denn er fürchtete sich, Gott anzuschauen. 7 Der HERR aber sprach: Gesehen habe ich das Elend meines Volkes in Ägypten, und sein Geschrei wegen seiner Antreiber habe ich gehört; ja, ich kenne seine Schmerzen. 8 Und ich bin herabgekommen, um es aus der Gewalt der Ägypter zu retten und es aus diesem Land hinaufzuführen in ein gutes und geräumiges Land, in ein Land, das von Milch und Honig überfließt, an den Ort der Kanaaniter, Hetiter, Amoriter, Perisiter, Hewiter und Jebusiter. 9 Und nun siehe, das Geschrei der Söhne Israel ist vor mich gekommen; und ich habe auch die Bedrängnis gesehen, mit der die Ägypter sie quälen. 10 Nun aber geh hin, denn ich will dich zum Pharao senden, damit du mein Volk, die Söhne Israel, aus Ägypten herausführst! 11 Mose aber antwortete Gott: Wer bin ich, dass ich zum Pharao gehen und die Söhne Israel aus Ägypten herausführen sollte? 12 Da sprach er: Ich werde ja mit dir sein. Und dies sei dir das Zeichen, dass ich dich gesandt habe: Wenn du das Volk aus Ägypten herausgeführt hast, werdet ihr an diesem Berg Gott dienen. 13 Mose aber antwortete Gott: Siehe, wenn ich zu den Söhnen Israel komme und ihnen sage: Der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt, und sie mich fragen: Was ist sein Name?, was soll ich dann zu ihnen sagen? 14 Da sprach Gott zu Mose: "Ich bin, der ich bin." Dann sprach er: So sollst du zu den Söhnen Israel sagen: Der "Ich bin" hat mich zu euch gesandt. 15 Und Gott sprach weiter zu Mose: So sollst du zu den Söhnen Israel sagen: Jahwe, der Gott eurer Väter, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs, hat mich zu euch gesandt. Das ist mein Name in Ewigkeit, und das ist meine Benennung von Generation zu Generation. 16 Geh hin, versammle die Ältesten Israels und sprich zu ihnen: Jahwe, der Gott eurer Väter, ist mir erschienen, der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, und hat gesagt: Ich habe genau achtgehabt auf euch und auf das, was euch in Ägypten angetan worden ist, 17 und habe gesagt: Ich will euch aus dem Elend Ägyptens hinaufführen in das Land der Kanaaniter, Hetiter, Amoriter, Perisiter, Hewiter und Jebusiter, in ein Land, das von Milch und Honig überfließt. 18 Und sie werden auf deine Stimme hören. Und du sollst zum König von Ägypten hineingehen, du und die Ältesten Israels, und ihr sollt zu ihm sagen: Jahwe, der Gott der Hebräer, ist uns begegnet. So lass uns nun drei Tagereisen weit in die Wüste ziehen, damit wir Jahwe, unserm Gott, opfern! 19 Aber ich weiß wohl, dass der König von Ägypten euch nicht ziehen lassen wird, auch nicht durch eine starke Hand gezwungen. 20 Deshalb werde ich meine Hand ausstrecken und Ägypten schlagen mit all meinen Wundern, die ich in seiner Mitte tun werde. Danach erst wird er euch ziehen lassen. 21 Und ich werde diesem Volk Gunst geben in den Augen der Ägypter, und es wird geschehen, wenn ihr auszieht, sollt ihr nicht mit leeren Händen ausziehen: 22 Jede Frau soll von ihrer Nachbarin und von ihrer Hausgenossin silberne Schmuckstücke und goldene Schmuckstücke und Kleidung fordern. Die sollt ihr euren Söhnen und Töchtern anlegen und so die Ägypter ausplündern! (2 Mos 3,1-22 ELB)

Die entscheidende 14. Strophe lautet im hebräischen Original:

וַיֹּ֤אמֶר אֱלֹהִים֙ אֶל־ מֹשֶׁ֔ה אֶֽהְיֶ֖ה אֲשֶׁ֣ר אֶֽהְיֶ֑ה וַיֹּ֗אמֶר כֹּ֤ה תֹאמַר֙ לִבְנֵ֣י יִשְׂרָאֵ֔ל אֶֽהְיֶ֖ה שְׁלָחַ֥נִי אֲלֵיכֶֽם׃
"wajomär Elohim äl Mosheh eh'jeh asher eh'jeh wajomär koh to'mar liv'ne jisrael eh'jeh se·la·ha·ni a le'kem" [1]
"Sprachen die Elohim zu Moses: «Ich bin der Ich-Bin». Sprach: Den Söhnen Israels sage: Der «Ich-Bin» hat mich zu euch gesandt."

אֶֽהְיֶ֖ה eh'jeh ist das Imperfekt der ersten Person Singular von הֲוָיָה hayah, "sein". Da das biblische Hebräisch die Zeitformen grammatikalisch nicht unterscheidet, kann Eh'jeh gleichermaßen als "ich bin", "ich war" und "ich werde sein" gedeutet werden. אֲשֶׁ֣ר asher ist ein Relativpronomen, dessen Bedeutung vom unmittelbaren Kontext abhängt und hier als "der", "wer", "welcher", "wo" übersetzt werden kann.

„Wer die Botschaft des Christentums versteht im geistigen Sinne, der versteht auch die Worte, die ankündigen, wer die Wesenheit ist, die im Dornbusch und danach auf dem Sinai unter Blitz und Donner dem Moses erscheint und die Zehn Gebote ihm vor die Seele hinstellt. Es sagt uns der Schreiber des Evangeliums Johanni selber, daß Moses vorherverkündet hat den Christus Jesus, und der Evangelist läßt ihn gerade auf jene Stellen hinweisen, wo im brennenden Dornbusch und später im Feuer auf Sinai sich die Macht ankündigt, die später der Christus genannt worden ist. Keine andere Gottheit soll vorgestellt werden als der Christus in dem, der zu Moses von sich selbst spricht: «Ich bin der Ich-bin.» Derjenige Gott, der später im menschlichen Leibe erschienen ist und der das Mysterium von Golgatha vor die Menschheit hingestellt hat, er waltet unsichtbar, sich selber vorherverkündend im Feuerelement der Natur, im Feuer des brennenden Dornbusches und im Blitzesfeuer auf Sinai [...]

Die Angehörigen der hebräischen Mysterien haben es gewußt: den Christus haben sie verehrt; den Christus haben sie gesehen in dem, der sprach das Wort: « Sage meinem Volke: Ich bin der Ich-bin.» - Aber wenn auch alles das nicht bekannt wäre, die Tatsache, daß sich innerhalb unseres Menschheitszyklus der Gott im Feuer ankündigt, wäre für den, der hineinschaut in die tiefen Geheimnisse der Natur, maßgebend genug, um das zu erkennen, daß die Gottheit des brennenden Dornbusches und die Gottheit, die auf dem Sinai sich ankündigte, dieselbe ist, die aus geistigen Höhen herabkommt, um das Mysterium von Golgatha zu vollziehen durch den Herabstieg in den menschlichen Leib. Denn es besteht ein geheimnisvoller Zusammenhang zwischen dem Feuer, das draußen durch die Elemente der Natur entzündet wird und dem, was als Wärme durch unser Blut pulsiert. Oft wurde schon betont in unserer Geisteswissenschaft, der Mensch sei ein Mikrokosmos, der sich gegenüberstellt der großen Welt, dem Makrokosmos. Es muß daher, wenn wir in richtiger Weise zusehen, das, was im Menschen an innern Vorgängen ist, entsprechen äußeren Vorgängen im Universum. Zu jedem innern Vorgang müssen wir den entsprechenden äußeren Vorgang finden können. Wir müssen tiefe Schächte der Geisteswissenschaft betreten, wenn wir die Bedeutung davon verstehen wollen. Hier berühren wir den Rand eines tiefen Geheimnisses, einer großen Wahrheit, jener Wahrheit, die da Antwort gibt auf die Frage: Was ist es in der großen Außenwelt, was dem Geheimnis der Entstehung des menschlichen Gedankens in uns entspricht?

Der Mensch ist das einzige wirklich denkende Wesen auf unserer Erde. Durch seine Gedanken erlebt der Mensch eine Welt, die ihn über diese Erde hinausführt. In der Form, in welcher sich im Menschen die Gedanken entzünden, erlebt kein anderes irdisches Wesen die Gedanken. Was entzündet in uns den Gedanken, was spielt sich in uns ab, wenn der einfachste oder herrlichste Gedanke uns durchzuckt?-Zweierlei wirkt in uns zusammen, wenn wir Gedanken durch unsere Seele ziehen lassen: unser Astralleib und unser Ich. Der physische Ausdruck für unser Ich ist das Blut; der physische Ausdruck für unseren Astralleib ist unser Nervensystem, das, was wir Leben nennen in unserem Nervensystem. Und niemals würden unsere Gedanken unsere Seele durchzucken, wenn nicht ein Zusammenwirken wäre zwischen Ich und Astralleib, welches seinen Ausdruck findet im Zusammenwirken zwischen Blut und Nervensystem. Sonderbar wird es einmal einer menschlichen Zukunftswissenschaft vorkommen, wenn die heutige Wissenschaft allein im Nervensystem die Entstehung des Gedankens sucht. Nicht in den Nerven allein ist der Ursprung des Gedankens. Nur in dem lebendigen Zusammenspiel 2wischen Blut und Nervensystem haben wir den Vorgang zu erblicken, der den Gedanken entstehen läßt.

Wenn unser Blut, unser inneres Feuer, und unser Nervensystem, unsere innere Luft, so zusammenwirken, dann durchzuckt der Gedanke die Seele. Und die Entstehung des Gedankens im Innern der Seele entspricht im Kosmos dem rollenden Donner. Wenn das Blitzesfeuer sich entzündet in den Luftmassen, wenn Feuer und Luft zusammenspielen und den Donner erzeugen, dann ist das in der großen Welt dasselbe makrokosmische Ereignis, dem entspricht der Vorgang, wenn das Feuer des Blutes und das Spiel des Nervensystems sich entladen im innern Donner, der allerdings sanft und ruhig und unvernehmbar für die Außenwelt erklingt im Gedanken. Was der Blitz in den Wolken, das ist für uns die Wärme unseres Blutes, und die Luft draußen mit allem, was sie an Elementen enthält im Universum, entspricht dem, was unser Nervensystem durchzieht. Und wie der Blitz im Widerspiel mit den Elementen den Donner erzeugt, so erzeugt das Widerspiel von Blut und Nerven den Gedanken, der die Seele durchzuckt. Wir schauen hinaus in die Welt, die uns umgibt: Wir sehen den zukkenden Blitz in den Gebilden der Luft und hören den sich entladenden, rollenden Donner. Und dann blicken wir in unsere Seele und spüren die innere Wärme, die in unserem Blute pulsiert und spüren das Leben, das unser Nervensystem durchzieht - dann fühlen wir den Gedanken uns durchzucken und sagen: Beides ist eins.

Wahrhaft und wirklich ist es so! Denn in uns denken wir, und wenn der Donner am Himmel rollt, so ist das nicht nur eine physisch-materielle Erscheinung. Das ist es nur für die materialistische Mythologie. Für den aber, der die geistigen Wesen durchweben und durchwallen sieht das materielle Dasein, für den ist es Wahrheit und Wirklichkeit, wenn der Mensch hinaufschaut und den Blitz sieht und den Donner hört und sich sagt: Jetzt denkt der Gott im Feuer, wie er sich uns verkündigen muß. Das ist der unsichtbare Gott, der das Universum durchwebt und durchwallt, der seine Wärme in dem Blitz und seine Nerven in der Luft und seine Gedanken in dem rollenden Donner hat. Der sprach zu Moses in dem brennenden Dornbusch und auf Sinai in dem Blitzesfeuer.“ (Lit.:GA 109, S. 98)

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.