Lichtäther

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Der Lichtäther, nicht zu verwechseln mit dem hypothetischen Äther der klassischen Physik, ist auf der alten Sonne entstanden, indem sich die von der alten Saturnentwicklung herübergekommene Wärme teilweise spaltete und dabei einerseits zum Lichtäther verfeinerte, anderseits zum Luftelement verdichtete. Heute wirkt der Lichtäther gestaltend bis zum Luftelement herunter.

Das Licht an sich ist völlig unsichtbar für das Auge, darum ist auch der Sternenhimmel, abgesehen von den leuchtenden Sternen, absolut finster, obwohl er durch und durch von Sternenlicht durchflutet ist. Das Licht erscheint erst dort, wo es auf die materielle Welt auftrifft und erstrahlt dann in den unterschiedlichsten Farben, ähnlich wie der Lichtkegel einer Taschenlampe erst durch die feinen Stäubchen in der Luft sichtbar wird.

Das Auge ist nicht nur ein Sinnesorgan, das die Wirkungen des Lichtes wahrnehmen kann, es ist zugleich ein Organ, das selbst erst durch die gestaltenden Kräfte des Lichts gebildet wurde. Darauf hat schon Goethe zurecht in seiner Farbenlehre hingewiesen:

Wär nicht das Auge sonnenhaft,
Die Sonne könnt es nie erblicken;

Das Licht kann also nicht nur sinnliche Wirkungen erregen, sondern es trägt auch lebendig gestaltende Bildekräfte in sich.

Darüber hinaus ist der Lichtäther nicht nur für die äußere Wahrnehmung, sondern auch für das innere Erleben des Menschen von besonderer Bedeutung, denn im Lichtäther drückt sich das Gefühl aus. Das wird deutlich, wenn man darauf hinschaut, was das Gefühl eigentlich ist. Das Gefühl ist nämlich eng verwandt mit dem Träumen. Im Gefühl träumen wir eigentlich beständig, nur wird uns das im wachen Tagesleben meist nicht bewusst. Einer feineren Beobachtung kann das allerdings nicht entgehen, man braucht keine übersinnlichen Fähigkeiten, um das zu bemerken. In den hinwogenden Traumbildern ist der Lichtäther tätig. So wie er nach außen die sinnliche Farbenwelt hervorzaubert, so erzeugt er im inneren Seelenleben Helligkeit und Dunkelheit und hinflutende Farben, deren blassen Schattenwurf wir im Wachzustand als Gefühl erleben.

Gedanken zur Erkenntnisbildung

Die nachfolgenden Gedanken von Heinz Grill beschreiben das Phänomen des Lichtäthers und können eine Grundlage zur eigenen Erkenntnisbildung desselben geben:

Metaphysische Charakterisierung

„Der Lichtäther erscheint meist hellbläulich, sehr zart. Seine Formen sind aber, soweit man von Formen sprechen kann, ausdehnend, lang und grazil. Wenn der Lichtäther in der Natur überwiegt, muss es nicht besonders hell sein. Vielmehr gewinnt der Übende ein Gefühl, dass das Licht die Erscheinungen streichelt, zart umkleidet und die Farben und Formen sehr leicht dem Auge entgegenkommen. Lichtätherkräfte streicheln in feinster Berührung die Gegenstände dieser Welt.“[1]

Der Lichtäther öffnet den Lichtraum selbst

„Für die Erkenntniserschlüsselung des Lichtäthers, der in seiner zentriertesten Form in den Nierenorganen gespeichert ist, kann man zunächst alles Sich-in-die-Länge-Ausdehnende vorstellen. Der Lichtäther ist charakterisiert durch Ausdehnung und entgegenstrahlende Wirksamkeit. Im Lichte lebt eine Kraft, die wie expandierend wirkt oder wie eine sich selbst ausstülpende und unmittelbar öffnende Bewegtheit. Das physische Licht öffnet die irdischen Räume, erzeugt Formen und lässt die Farben erstrahlen. Der Lichtäther jedoch öffnet schließlich den Lichtraum selbst, er öffnet nicht nur den irdischen Raum, sondern bewirkt die geniale Funktion des Lichtes, das dem Menschen bis hinein in seine Augen und sogar bis in die Körperlichkeit entgegengeht.
Tetraeder
Geometrisch stelle man sich einen Tetraeder vor, dieser Tetraeder bildet eine geschlossene, plastisch räumliche Form. Nun öffnet man ihn an einer Spitze und klappt die Seitenwände nach außen aus. Es entsteht ein Sechseck oder ein regelmäßiger Kristall. Er wirkt zunächst einmal blütenförmig und wird dann ausgedehnt zur Flächenform. Dieses öffnende Prinzip vom geschlossenen Körper zur empfänglichen Weite kann annähernd das ätherische Wirken des Lichtäthers versinnbildlichen. Das Licht öffnet sich selbst und geht dem Menschen in seinem Sinnesverhalten entgegen.[2]

Entgegenstrahlen des Lichtäthers

„Die Orange strahlt mit ihrer Farbe dem Auge des Betrachters entgegen, ...
... während Pflanzen, die weniger Lichtäther organisieren, wie beispielsweise die Tomate, das Licht förmlich zu verschlucken scheinen.“ (Heinz Grill)
„Der Lichtäther besitzt eine Kraft des Entgegengehens, Entgegenstrahlens. Je mehr Lichtäther sich beispielsweise in den menschlichen Augen befindet, desto mehr leuchten sie förmlich nach außen strahlend. Man könnte den Eindruck gewinnen, dass es funkelnde, kristall-versprühende Augen gibt, die ganz nach außen gerichtet, offen und lebendig sind. Der Lichtäther ist tatsächlich in den Augen des Menschen oftmals sichtbar. Aber nicht nur die Augen, auch die Haut und gesamte Ausstrahlung des Menschen sind in diesem Sinne durch den Lichtäther belebbar.
Warum strahlt eine Farbe ab jenem Moment nach außen, ab dem sie mit Licht beschienen wird? Sie könnte neutral bleiben, monoton ihre eigene Gleichmütigkeit verströmen. Nein, sie funkelt förmlich dem Auge entgegen, und sie ist dadurch wie ein Sternenfunkeln, das nicht nur reflektierend bleibt, sondern nahezu den Anschein erweckt, wie wenn es selbst sich als eigene Wesenheit mit ihren Kräften verströmen möchte. Es ist eine Kraft in der Farbe, und diese Kraft ist der Lichtäther und dieser kann schließlich mit ihren Ausstrahlungen bereits bei feinster Berührung mit Licht Impulse erregen und Lebendigkeit erzeugen. Das Ausstrahlende wäre nicht ein Ausstrahlendes, wenn es nicht eine Kraft im Äther, die sonnenhaft ist, geben würde.“[3]

Manche Pflanzen und Früchte organisieren den Lichtäther besonders stark, z. B. die Zitrusfrüchte oder der Lorbeer. Für den Betrachter zeigt sich das Empfinden einer besonders entgegenstrahlenden Wirkung. Andere Pflanzen wiederum besitzen nur wenig Lichtäther, beispielsweise die Kartoffel oder die Tomate. Sie kommen dem Betrachter wenig entgegen oder scheinen das Licht in sich zu absorbieren.

Zentripetale Wirkung von oben nach unten

„Der Lichtäther wirkt zentripetal, in großem Umfang vom Kosmos auf die Erde. In dieser Wirkungsrichtung, von oben nach unten, fördert er beispielsweise die gesunden Ausscheidungsprozesse. Die Gedankenbildung, die in Analogie zu der Lichtäthertätigkeit steht und wie sie in den Ausführungen dargelegt ist, bewirkt auf praktische und direkte Weise eine hervorragende Sekretion und Ausscheidung mit ihren reinigenden und gesundheitsfördernden Wirkungen. Nach dem Sanskrit entspricht diese Lichtäthertätigkeit annähernd den apāna-Strömen, den Energieverhältnissen, die im Körper beispielsweise von der oberen Verdauung nach der unteren wirken. Während der Körper auf gesunde Weise nach unten und an die Peripherie ausscheidet, bildet er an seiner Peripherie zur gleichen Zeit die Strukturierungen und Begrenzungen. Das im Yoga sehr bekannte prāṇa wirkt im Gegensatz hierzu auf die aufsteigenden Ströme und kann deshalb energiebringend auf das Aufrichtevermögen des Menschen wirken. Ein gutes apāna fördert deshalb im Gegenzug das prāṇa.“[4]

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Einzelnachweise

  1. Heinz Grill: Übungen für die Seele. 3. erweiterte Auflage. Synergia Verlag, 2022, ISBN 978-3-906873-33-6, S. 72.
  2. Heinz Grill: Das Wesensgeheimnis der Seele. 2. überarbeitete und erweiterte Auflage. Stephan Wunderlich Verlag, 2014, ISBN 978-3-9815855-5-1, S. 118-119.
  3. Heinz Grill: Kosmos und Mensch. 4. vollkommen neu überarbeitete und erweiterte Auflage. Stephan Wunderlich Verlag, 2015, ISBN 978-3-9815855-6-8 , S. 72–73.
  4. Heinz Grill: Die Heilkraft der Seele. Der Lichtäther und der Lichtseelenprozess. 3. vollständig überarbeitete Auflage. Stephan Wunderlich Verlag, 2015, ISBN 978-3-9817200-2-0, S. 85.