Mysterien der Geburt

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Die Mysterien der Geburt führten den Geistesschüler zu einem Erleben, wie es der Mensch sonst in der Embryonalzeit hat, ohne sich später daran erinnern zu können.

"Der Mensch, der wachend in der Welt drinnensteht, erlebt außerhalb des Schlafzustandes die äußere Sinneswelt, er erlebt seine Erinnerung, er kann durch die Erinnerung sein eigenes Leben innerlich zurückerleben, wenn auch vielleicht mit vielfachen Unterbrechungen, bis zu einem gewissen Punkt seines Lebens, der ein paar Jahre nach der Geburt liegt. Bei dem Menschen nun, der in den Mysterien durch harte Übungen gegangen war, leuchtete in sein Bewußtsein etwas ganz anderes herein als das, was er in seinem gewöhnlichen Bewußtsein haben konnte. Man drückte das in den alten Mysterien dadurch aus, daß man das, was der Mensch da erlebte, eine «Wiedergeburt» nannte. Warum nannte man das eine Wiedergeburt? Weil in der Tat bei dem Menschen dadurch ein Bewußtsein auftrat von einer Art embryonalen Erfahrens; ein Bewußtsein trat auf von der Art und Weise des Lebens, das der Mensch durchmacht während der Embryonalzeit. Nun ist es während der Embryonalzeit so, daß der Mensch innerlich nur so erlebt, wie wir sonst Gedanken erleben, während er dasjenige, was die Sinne wahrnehmen, durch den mütterlichen Leib erlebt. Dieses scheinbar mittelbare, aber eigentlich viel unmittelbarere Erleben der Welt, das wurde in dem Mysterienschüler erweckt. Ein embryonales Erleben wurde erweckt; deshalb nannte man dies die «Wiedergeburt». Man ging die Zeit des embryonalen Erlebens durch bis zur Geburt, und so, wie sonst Erinnerungen auftauchen, so tauchte durch das, was da erlebt wurde, auf, daß der Mensch sich herauskommend fühlte aus einer geistigen Welt, wie noch halb zusammenhängend mit einer geistigen Welt. Das waren die Mysterien der Geburt, und darunter verstand man in der Zeit der Blüte der Mysterien dasjenige, was der Mensch durch eine solche Einweihung erhalten konnte. Dasjenige, was er durch eine solche Einweihung erhielt, das betrachtete rnan als ein abgeschattetes Wissen von einem solchen Zustande, [in dem der Mensch war,] bevor er in die Sinneswelt heruntergefallen ist. Also durch die «Wiedergeburt» versetzte man sich in einer gewissen Weise zurück in eine sündenfreie menschliche Daseinsform. Und man nannte [in früherer Zeit] nur das Wissen «Theologie», das nicht von dieser Welt war, sondern das nur zu gewinnen war durch Zurückgehen auf ein Wissen, das der Mensch vor [dem Eintreten in] diese Welt hatte, und das korrumpiert worden ist, indem der Mensch in diese Welt eingezogen ist.

Ich schildere Ihnen diese Dinge, und wir werden sie natürlich später in bezug auf unser heutiges Bewußtsein zu betrachten haben. Theologie war [in der alten Zeit] eine Gabe Gottes, die nur erlangt werden konnte durch solche Übungen, die den Menschen aus der Welt der Sinne heraushoben, ihn wieder zurückbrachten wenigstens bis zu dem Erleben im mütterlichen Leibe, und ihn dadurch fähig machten, dasjenige [Wissen] wiederum aufzunehmen, das noch unkorrumpiert war. Aber das kann man nicht so aufnehmen, daß man es [in der Form] moderner logischer Begriffe bekommt. In den Mysterien bekamen die Leute nicht logische Begriffe im modernen Sinn, sondern sie bekamen Bilder. Alles Wissen, das auf diese Weise errungen wird, wird in Bildern, in Anschauungen errungen." (Lit.: GA 343a, S. 25f)

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Vorträge und Kurse über christlich-religiöses Wirken, II, GA 343a (1993), ISBN 3-7274-3430-9 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  2. Rudolf Steiner: Vorträge und Kurse über christlich-religiöses Wirken, II. Dokumentarische Ergänzungen GA 343bpdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
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