Sterbebegleitung

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Die Sterbebegleitung besitzt in der anthroposophischen Pflege einen großen Stellenwert.

Hier Beispiele aus der Konzeption der Lukas-Klinik in Arlesheim (von Christoph von Dach):

"Sterbende zu pflegen, verlangt die Bereitschaft, sich auf eine intensive Nähe zum sterbenden Menschen als Ganzem einzulassen. Das bedeutet, auch unangenehme und "unsaubere" Seiten anzunehmen, da Sterbende sich oft nicht mehr selber pflegen können. Intensive Nähe bedeutet auch da zu sein, wenn schwierige innere Prozesse durchgestanden werden, wenn Menschen unzufrieden oder sogar aggressiv werden, aber auch wenn sie glücklich sind – und sie über den Tod hinaus zu begleiten.

Die Grundsätze anthroposophischer Pflege lassen sich wie folgt zusammenfassen:

• Im Mittelpunkt steht der Patient/die Patientin als Ganzheit von Körper, Seele und Geist. Sterbende zu pflegen bedeutet, alle drei Aspekte zu berücksichtigen und einzubeziehen. Dies ist eine grosse berufliche, aber ebenso persönliche Herausforderung.

• Diese Pflegehaltung umfasst professionelles „Sich Einlassen“ auf den Sterbenden (versus professionelle Abgrenzung) und, nebst dem liebevollen Versorgen des Körpers, die Berücksichtigung der Bedürfnisse der Seele und des Geistes. Das bedeutet oft, Sterbende nicht einfach ruhig zu stellen mit Schmerzmitteln und ihnen optimale Körperpflege zu bieten, sondern auch differenziert zu beobachten und subtil wahrzunehmen, was es im Moment braucht: eine Einreibung, ein Gespräch, etwas Vorlesen, einfaches Da-Sein oder jemanden alleine lassen?

• Die “Umkehrung der Werte” miterleben: Was vorher wichtig war – schön zu sein, beispielsweise – kann plötzlich unwichtig werden.

• Unsere Pflege ist getragen von der Ausrichtung darauf, dass mit dem Todeseintritt nicht alles zu Ende ist, sondern dass dieser einen Übergang in etwas Nächstes bedeutet, ähnlich dem In-den-Schlaf-Fallen am Ende eines Tages. So wird jede Minute, auch kurz vor dem Todeseintritt, wertvoll und wichtig. Entwicklung ist in der letzten Sekunde noch möglich und wirkt über den Tod hinaus.

• Begleitung der Angehörigen: Sie brauchen genauso unsere Aufmerksamkeit, damit wir sie in ihrem Prozess begleiten können. Oft kommt dann der Moment, in dem sie mehr Begleitung und Pflege brauchen als der Sterbende selbst. Auch sie durchleben Momente der Trauer, der Wut, der Freude, der Hoffnungslosigkeit und der Annahme. Das bedeutet, den Angehörigen Raum zu geben, sie in die Pflege einzubeziehen, Gespräche zu führen, sie zu unterstützen, sie allein zu lassen oder sie auch einmal für eine gewisse Zeit vom Sterbenden zu trennen.

• Neben Medikamenten wie Schmerzmittel und ihrer sorgfältigen Dosierung, haben die anthroposophischen Therapien einen hohen Stellenwert: Rhythmische Einreibungen, Wickel, Kompressen oder künstlerische Therapien und Biographiearbeit. Hilfreich sind eine Reihe anthroposophischer Heilmittel wie Olibanum comp., ein Heilmittel bestehend aus Gold, Weihrauch und Myrre, das harmonisierend wirkt auf Körper, Seele und Geist. Ein weiteres Heilmittel, das oft zusammen mit starken Schmerzmitteln gegeben wird, ist Aurum (Gold). Es hilft, unangenehme Nebenwirkungen wie z.B. Ängste, zu mildern.

• Zu den Pflegegrundsätzen gehören auch ganz einfache Rituale: Eine Kerze anzünden, aus einem Buch oder einer Zeitschrift vorlesen.

• Nachdem der Patient verstorben ist, räuchern wir das Zimmer, und das Pflegeteam trifft sich für einen Austausch. Das dient einerseits dem Verstorbenen, andererseits gehört dies zur wirksamen Burn-out-Prophylaxe für die Pflegenden selbst. Pflege von Sterbenden muss auch Selbstpflege beinhalten.

• Der Grundsatz, dass Sterbebegleitung über den Tod hinausgeht, bedeutet bei uns in der Lukas Klinik, dass Pflegende die Abschiedsrituale mitgestalten. Dies umfasst: die Versorgung des Leichnams im Aufbahrungsraum, die Begleitung der Angehörigen während der drei Tage, an denen der Leichnam aufgebahrt ist und – auf Wunsch der Pflegenden – das Lesen eines Textes im Aufbahrungsraum. Das Räuchern des Zimmers vor der Reinigung durch den Hausdienst und das Mitgestalten einer kurzen „Abschiedsfeier“ mit den involvierten Ärzten und Therapeuten gehören zu unseren Ritualen.

• Eine Woche nach dem Tod eines Patienten/einer Patientin führt das interdisziplinäre Team, bestehend aus Pflegenden, Therapeutinnen und Ärzten, in der Regel ein Treffen durch, um vom Verstorbenen Abschied zu nehmen: Die Biografie des Verstorbenen wird angeschaut, die Krankheitsgeschichte kurz erläutert und ausgetauscht, was alle Beteiligten erlebten. Als Abschluss wird ein Gedicht oder ein Text gelesen. Oft ist dieses Treffen musikalisch umrahmt von unserer Musiktherapeutin." (http://www.sterben.ch/Pflege.50.0.html )