Sterbehilfe

Aus AnthroWiki

Sterbehilfe (manchmal Euthanasie genannt) bezeichnet Handlungen, die von der Hilfe und Unterstützung im Sterben – dem Übergang vom Leben zum Tod – bis hin zur aktiven Tötung sterbender oder schwerstkranker Menschen reichen. Sterbehilfe kann auch in Situationen erfolgen, bei denen der Sterbeprozess bereits begonnen hat und unumkehrbar ist.

In Deutschland wird die Bezeichnung Euthanasie wegen des euphemistischen Gebrauchs dieses Wortes durch die Nationalsozialisten weitgehend vermieden. Sie bezeichneten damit die Morde im Rahmen der sogenannten Rassenhygiene.

Begriffserklärung

Sterbehilfe bedeutet im allgemeinen Sprachgebrauch, den Tod eines Menschen durch Unterlassen lebensverlängernder Maßnahmen nicht hinauszuzögern, ihn durch fachkundige Behandlungen zu erleichtern oder herbeizuführen. Als Sterbehilfe werden vielfach nicht nur Handlungen bezeichnet, die an unheilbar Kranken im Endstadium wie beispielsweise Krebspatienten vorgenommen werden, sondern auch solche an schwer Behinderten, Menschen im Wachkoma, Patienten mit Alzheimer-Krankheit im fortgeschrittenen Stadium oder Patienten im Locked-in-Syndrom, die sich nicht selbst zu einem Sterbewunsch geäußert haben. Dieser Artikel behandelt auch diesen erweiterten Sterbehilfe-Begriff. Siehe dazu auch die Artikel über Palliativmedizin (Schmerzbekämpfung bei Sterbenden) und Sterbebegleitung im Sinne von Pflege und Betreuung (insbesondere in Hospizen). Die Beihilfe zum Suizid, beispielsweise das Besorgen oder Bereitstellen tödlicher Medikamente, ist in Deutschland mangels Vorliegens einer fremden, rechtswidrigen Haupttat nicht strafbar. Es kann aber eine Ordnungswidrigkeit (Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz) vorliegen. Dies bezieht sich jedoch auf die Beihilfe im juristischen Sinne und ist zu unterscheiden von einer aktiven Hilfestellung bei der Selbsttötung, die als Beteiligung nach Täterschaftsgrundsätzen strafbar sein kann.

Abgrenzung zu den Euthanasieprogrammen des Nationalsozialismus

Der in anderen Ländern synonym gebrauchte Terminus Euthanasie wird in Deutschland konsequent durch Sterbehilfe ersetzt, um Assoziationen mit der sogenannten Rassenhygiene und den als „Euthanasieprogramm“ bezeichneten Patientenmorden im Nationalsozialismus (Aktion T4, Aktion Brandt und Kinder-„Euthanasie“) zu vermeiden.


In Deutschland wird der Begriff Euthanasie nur innerhalb der Veterinärmedizin verwendet.[1]

Gesetzliche Regelungen

  • Aktive Sterbehilfe erlaubt
  • Beihilfe zur Selbsttötung (assistierter Suizid) erlaubt
  • Passive bzw. indirekte Sterbehilfe erlaubt
  • Keine Form der Sterbehilfe legal / Jede Form der Sterbehilfe gesetzlich verboten
  • Unklare Gesetzeslage
  • Deutschland

    In Deutschland gibt es bislang (2015) kein spezielles Gesetz, welches das Sterben durch Sterbehilfe bei unheilbaren Krankheiten regelt.

    1986 legte eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe einen „Alternativentwurf eines Gesetzes über Sterbehilfe“ vor.[2] Bis etwa 2006 verlief die Diskussion fast ausschließlich auf theoretischer Ebene im rechtswissenschaftlichen Bereich, wo 2008 auch ein Vorschlag eines umfassenden Sterbehilfegesetzes veröffentlicht wurde, das den Lebensschutz in den Vordergrund stellt und auch Details einer möglichen gesetzlichen Regelung berücksichtigt,[3] Kritiker warfen diesem Entwurf jedoch zu penible Regelungen vor.[4]

    Der 66. Deutsche Juristentag hat sich am 20. September 2006 mit großer Mehrheit für eine gesetzliche Regelung der Sterbehilfe und der Verbindlichkeit von Patientenverfügungen ausgesprochen. Das bedeutet, dass Behandlungsabbrüche und das Unterlassen lebenserhaltender Maßnahmen auch schon vor der Sterbephase rechtlich erlaubt sein sollen. Im Strafgesetzbuch solle ausdrücklich klargestellt werden, dass sich Ärzte in solchen Fällen nicht strafbar machen. Daran entzündete sich in der Öffentlichkeit eine kontroverse Debatte. Schließlich wurden auch im Bundestag im Frühjahr 2007 zwei fraktionsübergreifende Gruppenanträge eingereicht. Sie unterscheiden sich vor allem in einem Punkt: Der Antrag von Bosbach, Röspel, Winkler, Fricke et al. sieht im Gegensatz zu dem anderen Antrag keine Verbindlichkeit der Patientenverfügung für den Fall vor, dass die Befolgung der Patientenverfügung zum Tod führen würde, obwohl die Erkrankung noch keinen unumkehrbaren tödlichen Verlauf genommen hat.

    Ein Unterlassen medizinischer Eingriffe auf der Grundlage einer vom Betroffenen verfassten Patientenverfügung oder einer sonstigen beachtenswerten Willensäußerung stellt keine aktive, sondern passive Sterbehilfe dar.[5] Eine Behandlung gegen den Willen des Patienten, also das Missachten einer Patientenverfügung, erfüllt in Deutschland den Straftatbestand der Körperverletzung. Das Sterbenlassen einer Person durch Unterlassen medizinischer Hilfeleistung entgegen Therapiewünschen des Betroffenen erfüllt den Straftatbestand der Tötung oder unterlassenen Hilfeleistung (BVerfG 2 BvR 1451/01)[6] und kann daher nicht als passive Sterbehilfe gewertet werden.

    Ausgehend von der Sterbehilfe-Diskussion wurde das Thema in der Öffentlichkeit meist unter dem Begriff „Patientenverfügung“ diskutiert, also aus der Perspektive der Betroffenen. Viele Menschen befürchteten, dass ihr vorher deutlich geäußerter Wille ignoriert werden könnte und ihnen ein langes Sterben zugemutet werden könnte, weil Ärzte – aus Überzeugung oder aus Angst vor rechtlichen Konsequenzen – entgegen diesem Willen handeln. Durch das Urteil des BGH vom 25. Juni 2010[7] werden diese Befürchtungen wohl gegenstandslos.

    Nach vielen Beratungen und Änderungen verschiedener Entwürfe stimmte der Deutsche Bundestag schließlich am 18. Juni 2009 mit 317 Ja-Stimmen bei 233 Nein-Stimmen und 5 Enthaltungen dem „Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Betreuungsrechts“ der Abgeordneten Stünker, Kauch, Jochimsen und weiterer Abgeordneter zu.[8]

    Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Grundsatzurteil vom 25. Juni 2010 (Az. 2 Str 454/09) das Selbstbestimmungsrecht des Patienten gestärkt, indem er entschied, dass (im strafrechtlichen Sinne) eine entsprechende Einwilligung des Patienten sowohl das Unterlassen weiterer lebenserhaltender Maßnahmen rechtfertige als auch die aktive Beendigung oder Verhinderung einer von dem Patienten nicht oder nicht mehr gewollten Behandlung. Die zur Straffreiheit führende Einwilligung könne bei einem nicht einwilligungsfähigen Patienten auch zuvor in einer Patientenverfügung oder sogar in einer mündlichen Äußerung gegeben worden sein.[9][10]Solche Äußerungen sind für rechtliche Betreuer und Bevollmächtigte verbindlich (§ 1901a BGB), sie binden auch das Betreuungsgericht (§ 1904 Abs. 3 BGB) und seit 26. Februar 2013 auch unmittelbar den Arzt (§ 630d BGB).

    Das Berufsrecht der Mediziner wurde der neuen Gesetzeslage und insbesondere als Reaktion auf o. g. Urteil des BGH vom 25. Juni 2010 durch neue „Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung“ vom 21. Januar 2011 angepasst.[11] Die Diskussionen auf dem 114. Deutschen Ärztetag Anfang Juni 2011 zeigen jedoch, dass auch damit das Thema für die Ärzteschaft noch lange nicht beendet ist.[12][13][14]

    Im Jahr 2014 hat Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe, CDU, einen neuen Anlauf zur gesetzlichen Regelung der Beihilfe zur Selbsttötung unternommen. Die Große Koalition aus CDU/CSU und SPD hat sich daraufhin auf einen Fahrplan für ein Gesetz zur Sterbehilfe geeinigt: Die Beratung von Gruppenanträgen im Bundestag ist im ersten Quartal 2015 vorgesehen. Im Herbst 2015 soll abschließend über die Entwürfe abgestimmt werden. Die Fraktionsdisziplin wird bei dieser Abstimmung aufgehoben.[15]

    Einen außerparlamentarischen Entwurf für ein solches Gesetz hat am 8. Mai 2014 die Deutsche Stiftung Patientenschutz der Öffentlichkeit vorgestellt.[16] Sie fordert, mit einem neuen Paragraph 217 Strafgesetzbuch das organisierte Betreiben von Suizidbeihilfe durch Einzelpersonen oder Gruppen zu verbieten.[17] Wer bei so einer Selbsttötung jedoch lediglich „Teilnehmer“ sei, ohne geschäftsmäßig zu handeln, soll nach dem Willen der Autoren Steffen Augsberg und Eugen Brysch straffrei bleiben – aber nur, sofern der Suizident „sein Angehöriger oder eine andere ihm nahestehende Person ist“. Hierzu allerdings seien „in aller Regel nicht“ Ärzte oder Pflegekräfte zu rechnen.[18]

    Österreich

    Aktive Sterbehilfe ist in Österreich strafbar und fällt entweder unter den Tatbestand des Mordes (§ 75 StGB), der Tötung auf Verlangen (§ 77 StGB) oder der Mitwirkung am Selbstmord (§ 78 StGB). Nicht strafbar ist hingegen die passive Sterbehilfe, der Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen beim Sterben, wenn ein Patient dies aktuell wünscht oder diesen Wunsch im Vorhinein mit einer gültigen Patientenverfügung zum Ausdruck gebracht hat. Erlaubt ist auch die aktive indirekte Sterbehilfe, worunter man medizinische Maßnahmen versteht, die das Leiden eines Menschen unter Einsatz aller helfenden Mittel lindern, auch wenn dadurch möglicherweise der Sterbeprozess verkürzt wird.

    Januar 2014 wurde die Gründung des Vereins „Letzte Hilfe - Verein für selbstbestimmtes Sterben“ bei der Polizeidirektion Wien beantragt. Es erfolgte die Untersagung mit Verweis auf § 78 StGB: „Wer einen anderen dazu verleitet, sich selbst zu töten, oder ihm dazu Hilfe leistet, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.“ Dagegen führten der Astrophysiker Heinz Oberhummer und Eytan Reif, die sich beide noch in der laizistischen Initiative Religion ist Privatsache engagieren, Beschwerde, die am 8. Oktober 2014 das Wiener Verwaltungsgericht beschäftigte, das eine schriftliche Entscheidung ankündigte.

    Die Proponenten wollen mit dem nicht genehmigten Verein ein „selbstbestimmtes Leben und Sterben in Würde“ ermöglichen. Die Verein will mündigen von unheilbar schwerer Krankheit ... Behinderung ... oder unerträglichen Schmerzen Betroffenen "auf ihren expliziten Wunsch beratend bezüglich eines Freitodes zur Seite stehen." Im Sinne einer Suizidbeihilfe würde man Menschen mit diesem Wunsch Kontakt zu Einrichtungen im Ausland verschaffen und sie auch dorthin begleiten. Die Initiative will eine Änderung der Gesetzeslage erreichen und sieht den Staat säumig in der Pflicht, Bürger vor Gefahren zu schützen. Der Richter schloss nicht aus, das Verfahren zu unterbrechen um gleich den Verfassungsgerichtshof zu befassen. Reif und Oberhummer schließen auch einen Gang zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EMGR) nicht aus.[19]

    Umgekehrt bestehen Bestrebungen einer Stärkung des Verbots aktiver Sterbehilfe durch Erhebung in den Verfassungsrang.[20]

    Gesetzeslage in Deutschland, Österreich und der Schweiz

    Staat Aktive Sterbehilfe Beihilfe zur Selbsttötung (assistierter Suizid) Passive Sterbehilfe Indirekte Sterbehilfe
    DeutschlandDeutschland Deutschland Nein Verboten (bis zu 5 Jahren Haftstrafe) Ja Legal, wenn der Betroffene das Mittel selbst einnimmt Ja Legal, wenn eine Willensäußerung des Betroffenen oder gültige Patientenverfügung vorliegt Ja Legal, wenn eine Willensäußerung des Betroffenen oder gültige Patientenverfügung vorliegt
    Vorlage:AUT Nein Verboten (bis zu 5 Jahren Haftstrafe) Nein Verboten (bis zu 5 Jahren Haftstrafe) Ja Legal, wenn eine Willensäußerung des Betroffenen oder gültige Patientenverfügung vorliegt Ja Legal
    Vorlage:CHE Nein Verboten Ja Legal, jedoch nur wenn keine selbstsüchtigen Beweggründe vorliegen Ja Legal Ja Legal


    In der Schweiz sind zwei Vereine in der Freitodbegleitung aktiv, Exit seit 1982 und Dignitas seit 1998.

    Andere Länder

    In Europa haben die Niederlande, Belgien, Luxemburg und die Schweiz Sterbehilfe in unterschiedlichem Ausmaß legal zugelassen.[21]

    2001 ließen die Niederlande als erstes Land der Welt die aktive Sterbehilfe zu (wet toetsing levensbeëindiging op verzoek en hulp bij zelfdoding - Gesetz zur Kontrolle der Lebensbeendigung auf Verlangen und Hilfe bei der Selbsttötung). Das Gesetz und seine Praktizierung ermöglichen es Menschen, zu Hause und im Kreis ihrer Angehörigen zu sterben. Formelle Prozeduren sollen sicherstellen, dass ein Patient wirklich für einen freiwilligen Tod bereit ist. Das lebensbeendende Handeln findet in etwa 90 Prozent der Fälle zu Hause statt (2008 wurde es in 2.083 von 2.331 Fällen vom Hausarzt durchgeführt).[22] Seit 2013 ist in den Niederlanden auch die Sterbehilfe bei todkranken Babys legal.[23]

    2002 trat in Belgien das Gesetz über die Sterbehilfe in Kraft, 2009 folgte das Gesetz über Sterbehilfe und assistierten Suizid im Großherzogtum Luxemburg. Beide ähneln dem niederländischen Sterbehilfegesetz. Im Februar 2014 stimmte das belgische Parlament mit Mehrheit für eine Gesetzesänderung, die aktive Sterbehilfe für todkranke Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren zulässt (z. B. krebskranke Minderjährige). Mediziner in Belgien erwarten etwa ein Dutzend solcher Fälle pro Jahr.[24]

    Über 2000 französische Ärzte, Schwestern und Pfleger erklärten im März 2007 öffentlich, Patienten beim Sterben geholfen zu haben. Dies wurde als ein Hilferuf an Öffentlichkeit und Gesetzgeber betrachtet.

    In vielen europäischen Ländern, zum Beispiel in den katholisch geprägten Ländern Spanien, Frankreich und Italien, wurde oder wird eine gesetzliche Regelung zur Sterbehilfe kontrovers diskutiert.

    Im angelsächsischen Rechtskreis wurde ärztliche Hilfe beim Suizid erstmals 1995 im Nordterritorium von Australien ausdrücklich – für kurze Zeit – durch den Rights of the Terminally Ill Act zugelassen. In den USA gibt es in zwei Bundesstaaten Gesetze, die die ärztliche Unterstützung bei der Selbsttötung erlauben: den seit 1997 existierenden Oregon Death with Dignity Act und den 2009 in Kraft getretenen Washington Death with Dignity Act.

    Gesetzeslage in Europa

    Staat Aktive Sterbehilfe Beihilfe zur Selbsttötung (assistierter Suizid) Passive Sterbehilfe Indirekte Sterbehilfe Keine legale Form der Sterbehilfe erlaubt / Jede Form der Sterbehilfe gesetzlich verboten Unklare Gesetzeslage
    Vorlage:BEL Ja Legal für Erwachsene (seit 2002)
    Ja Legal für Kinder (seit 2014)
    Ja Legal Ja Legal Ja Legal Nein Nein
    Vorlage:DNK Nein Verboten Nein Verboten Ja Legal nicht eindeutig Keine näheren Angaben Nein Nein
    nicht eindeutig Indirekte Sterbehilfe
    Vorlage:FIN Nein Verboten nicht eindeutig Keine näheren Angaben Ja Legal Ja Legal Nein Nein
    nicht eindeutig Beihilfe zur Selbsttötung (assistierter Suizid)
    Vorlage:FRA Nein Verboten (gleichgesetzt mit fahrlässiger Tötung, bis zu 5 Jahre Haft) Nein Verboten Ja Legal, wenn eine Willensäußerung des Betroffenen oder gültige Patientenverfügung vorliegt. Ja Legal, wenn eine Willensäußerung des Betroffenen oder gültige Patientenverfügung vorliegt. Nein Nein
    Vorlage:GRC Nein Verboten (gleichgesetzt mit Mord) Nein Verboten nicht eindeutig Keine näheren Angaben Ja Legal, wenn eine Willensäußerung des Betroffenen oder gültige Patientenverfügung vorliegt. Nein Nein
    nicht eindeutig Passive Sterbehilfe
    Vorlage:ITA Nein Verboten nicht eindeutig Keine näheren Angaben nicht eindeutig Keine näheren Angaben nicht eindeutig Rechtlich unklar Nein Ja Nur die aktive Sterbehilfe ist verboten; andere Formen sind rechtlich unklar.
    Vorlage:IRL Nein Verboten (bis zu 14 Jahren Haft) Nein Verboten (bis zu 14 Jahren Haft) Ja Legal, wenn eine Willensäußerung des Betroffenen oder gültige Patientenverfügung vorliegt. Ja Legal, aber nur wenn eine Schmerzlinderung das primäre Ziel ist. Nein Nein
    Vorlage:LUX Ja Legal für Erwachsene (seit 2009) Ja Legal Ja Legal Ja Legal Nein Nein
    Vorlage:NLD Ja Legal für Erwachsene (seit 2002)
    Ja Legal für Kinder ab 12 Jahren
    Ja Legal Ja Legal, gilt als natürlicher Tod Ja Legal, gilt als natürlicher Tod Nein Nein
    Vorlage:NOR Nein Verboten Nein Verboten nicht eindeutig Rechtlich unklar Ja Legal, wenn eine Willensäußerung des Betroffenen oder gültige Patientenverfügung vorliegt. Nein Nein
    nicht eindeutig Passive Sterbehilfe
    Vorlage:POL Nein Verboten Nein Verboten Nein Verboten Nein Verboten Ja Keine legale Form der Sterbehilfe Nein Jede Form der Sterbehilfe ist gesetzlich verboten.
    Vorlage:POR Nein Verboten (bis zu 3 Jahren Haft) Nein Verboten (bis zu 3 Jahren Haft) nicht eindeutig Keine näheren Angaben nicht eindeutig Keine näheren Angaben Nein Das Gesetz verbietet nur die aktive Sterbehilfe und Beihilfe zur Selbsttötung (assistierter Suizid).
    Vorlage:SWE Nein Verboten Ja Legal, aber nur wenn der Helfer eine Privatperson ist. Ja Legal Ja Legal, wenn eine Willensäußerung des Betroffenen oder gültige Patientenverfügung vorliegt. Nein Nein
    Vorlage:SVN Nein Verboten (mindestens 5 Jahre Haft) Nein Verboten (6 Monate bis zu 5 Jahren Haft) Ja Legal, wenn eine Willensäußerung des Betroffenen oder gültige Patientenverfügung vorliegt. nicht eindeutig Keine näheren Angaben Nein Nein
    nicht eindeutig Indirekte Sterbehilfe
    Vorlage:ESP Nein Verboten Nein Verboten nicht eindeutig Rechtlich unklar Ja Legal, aber nur wenn sie medizinisch korrekt durchgeführt wird. Nein Nein
    nicht eindeutig Passive Sterbehilfe
    Vorlage:HUN Nein Verboten Nein Verboten nicht eindeutig Rechtlich unklar Ja Legal, wenn eine Willensäußerung des Betroffenen oder gültige Patientenverfügung vorliegt. Nein Nein
    nicht eindeutig Passive Sterbehilfe
    Vorlage:GBR Nein Verboten (gleichgesetzt mit Mord) Nein Verboten nicht eindeutig Keine näheren Angaben Ja Legal Nein Nein
    nicht eindeutig Passive Sterbehilfe

    Arten der Sterbehilfe

    Vorlage:Staatslastig Zu unterscheiden ist die Sterbehilfe von

    • der in Deutschland grundsätzlich straflosen Beihilfe zur Selbsttötung („[ärztlich] assistierter Suizid”); dagegen ist in den Niederlanden die Beihilfe zur Selbsttötung eine Straftat, die nur für Ärzte unter sehr eng definierten Voraussetzungen nicht strafbar ist,
    • dem ärztlichen Behandlungsabbruch auf Verlangen des betroffenen Patienten (oder gegebenenfalls einer dazu bevollmächtigten Person),
    • dem in Deutschland straflosen Ausschalten von Geräten (wie Beatmungsgeräten) oder das Unterlassen von Reanimationsversuchen nachdem der Hirntod bereits eingetreten ist,
    • der in Deutschland straflosen Hilfe im Sterbeprozess: Verabreichen von Medikamenten, die schmerzstillend sind und das Leben nicht vorsätzlich verkürzen.

    Man unterscheidet bei der Sterbehilfe zumeist grob die drei Formen aktive, indirekte und passive Sterbehilfe. Exakter spricht man von direkter aktiver Sterbehilfe, indirekter aktiver Sterbehilfe und passiver Sterbehilfe. Davon abzugrenzen ist der ärztlich assistierte Suizid.

    Zur Sterbehilfe können gehören:[25]

    • Aktive Sterbehilfe als gezieltes aktives Herbeiführen des Todes („Tötung auf Verlangen”; Österreich: unechte direkte Sterbehilfe; Schweiz: direkte aktive Sterbehilfe; Niederlande: Euthanasie; Belgien: euthanasie active),
    • Passive Sterbehilfe als Unterlassen oder Abbrechen lebensverlängernder Maßnahmen (Belgien: euthanasie passive),
    • Indirekte Sterbehilfe als Leidenslinderung bei Schwerkranken unter Inkaufnahme der Lebensverkürzung – wobei der Unterschied zur aktiven Sterbehilfe allein in der subjektiven Einstellung des Handelnden liegt (Österreich: unechte indirekte Sterbehilfe; Schweiz: indirekte aktive Sterbehilfe; Belgien: euthanasie indirecte; Niederlande: double effect).

    Aktive Sterbehilfe

    Aktive Sterbehilfe ist die gezielte Herbeiführung des Todes durch Handeln auf Grund eines tatsächlichen oder mutmaßlichen Wunsches einer Person. Aktive Sterbehilfe ist weltweit nur in den Niederlanden, Belgien, Luxemburg und im US-Bundesstaat Oregon erlaubt.

    Aktive Sterbehilfe erfolgt oft durch Verabreichung einer Überdosis eines Schmerz- und Beruhigungsmittels, Narkosemittels, Muskelrelaxans, Insulin, durch Kaliuminjektion oder einer Kombination davon.

    Ist der tatsächliche Wille der Person nicht zu ermitteln, kann eine Patientenverfügung oder der früher geäußerte Wille hierfür Anhaltspunkte geben. Eine Tötung ohne Vorliegen einer Willensäußerung des Betroffenen wird allgemein nicht als aktive Sterbehilfe, sondern als Totschlag oder Mord aufgefasst.

    Die aktive Sterbehilfe ist verboten:

    In den Niederlanden ist aktive Sterbehilfe nur strafbar (Art. 293 des Strafgesetzbuches), wenn sie vorsätzlich und nicht von einem Arzt unter Einhaltung der gesetzlichen Sorgfaltskriterien (Art. 2 des Sterbehilfegesetzes), einschließlich der erforderlichen Meldung an den Leichenbeschauer der Gemeinde mit Bericht über die Einhaltung der Sorgfaltskriterien (Art. 7 Abs. 2 des Wet op de lijkbezorging), geleistet wurde.


    Passive Sterbehilfe

    Passive Sterbehilfe ist das Unterlassen oder die Reduktion von eventuell lebensverlängernden Behandlungsmaßnahmen. Obwohl es sich dabei um einen international etablierten Begriff handelt, halten ihn viele für missverständlich und unglücklich gewählt und meinen, man solle besser und eindeutiger von „Sterbenlassen“ sprechen.[26] In einer repräsentativen Umfrage in Deutschland im Jahr 2008 äußerten 72 % der Befragten, sie seien für das Gewähren von passiver Sterbehilfe.[27]

    Indirekte Sterbehilfe

    Indirekte Sterbehilfe ist die in Kauf genommene Beschleunigung des Todeseintritts als Nebenwirkung einer Medikamentengabe, z. B. einer gezielten Schmerzbekämpfung.[28] Dies erfolgt in Krankenhäusern regelmäßig mit Morphin im Endstadium der Krebserkrankungen. Dieser Fall ist in der Strafrechtswissenschaft in Deutschland diskutiert worden. Im Ergebnis sind sich alle Meinungen einig, dass der Arzt hier straffrei bleiben muss. Eine Mindermeinung will die Tötungsrelevanz eines auf Schmerzmilderung zielenden Verhaltens bereits im Tatbestand verneinen. Die überwiegende Ansicht sieht den Arzt gerechtfertigt durch eine Mischung von Notstand und rechtfertigender Pflichtenkollision. Dadurch wird ausgeschlossen, dass der Arzt „Exzesse“ vollführen kann, sich also außerhalb der notwendigen Sorgfalt und damit des erlaubten Risikos bewegt. Nach Ansicht des höchsten deutschen Strafgerichts kann sogar die Nichtverabreichung notwendiger Schmerzmittel mit der Begründung, keinen vorzeitigen Tod herbeiführen zu wollen, als Körperverletzung (§ 223 bis § 233 Strafgesetzbuch) oder unterlassene Hilfeleistung (§ 323c Strafgesetzbuch) bestraft werden (vgl. Palliativmedizin).

    Die terminale Sedierung ist eine Form der indirekten Sterbehilfe.

    Aus medizinischer Sicht ist die „indirekte Sterbehilfe“ in der Praxis sehr selten. Die juristische Diskussion zu diesem Thema erscheint deshalb manchen Palliativmedizinern als eher akademische Debatte.

    Beihilfe zur Selbsttötung (assistierter Suizid)

    „Beihilfe“ zur Selbsttötung bedeutet die Selbsttötung mit Hilfe einer Person, die ein Mittel zur Selbsttötung bereitstellt. Eine Selbsttötung liegt aber nur dann vor, wenn der Suizident den letzten Schritt noch selbst beherrscht, also die sogenannte Tatherrschaft über das Geschehen hat. Sofern die andere Person die letzte todbringende Handlung vornimmt, ist kein Suizid mehr gegeben. In Deutschland kommt dann eine Strafbarkeit z. B. wegen § 216 StGB in Betracht.

    Die Beihilfe zur Selbsttötung ist in Deutschland grundsätzlich nicht strafbar, denn eine strafbare Beihilfe zu einer Tat setzt nach dem Prinzip der limitierten Akzessorietät eine vorsätzliche und rechtswidrige Haupttat voraus. Der Suizid richtet sich nicht gegen eine „andere“ Person und ist mithin kein Tötungsdelikt im Sinne der §§ 211 ff. StGB, sodass auch die Hilfe hierzu keine strafbare Tat darstellt. Die Rechtsprechung macht von dieser grundsätzlichen Straflosigkeit allerdings umstrittene Ausnahmen. So vertritt der Bundesgerichtshof eine Ansicht, nach der ein „Tatherrschaftswechsel“ zu einer Unterlassensstrafbarkeit des Suizidhelfers führt, sofern diesem eine Garantenpflicht für die Rechtsgüter des Suizidenten zukommt. Weiterhin kommt auch eine Strafbarkeit eines Nichtgaranten wegen unterlassener Hilfeleistung in Betracht, denn die Rechtsprechung interpretiert den Suizidversuch generell als „Unglücksfall“ im Sinne von § 323c StGB. Sofern für den Suizid Arzneimittel zur Verfügung gestellt werden, kann auch ein Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz vorliegen. Die ethisch-moralische Beurteilung des Verhaltens ist dabei von der strafrechtlichen Sicht deutlich zu trennen.

    In der Schweiz ist Hilfe zur Selbsttötung nicht strafbar, sofern kein egoistisches Motiv vorliegt (Art. 115 StGB). Die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften betont aber in ihren Richtlinien, Suizidhilfe sei nicht „Teil der ärztlichen Tätigkeit“. Es gibt auch keinen rechtlichen Anspruch auf eine Beihilfe zum Suizid.

    Bekannt sind in der Schweiz der rund 5500 Mitglieder zählende Verein Dignitas und die beiden zusammen bereits rund 90.000 Mitglieder zählenden Vereine EXIT (Romandie) und EXIT (Deutsche Schweiz), welche ihren Mitgliedern aufgrund klarer Richtlinien Hilfestellung und Ärzte vermitteln, um bei der Selbsttötung zu assistieren. Diese Vereine sind Mitglied der „World Federation of Right-to-Die-Societies“[29].

    Weitere Organisationen sind Ex International, welche sich auf Sterbewillige aus dem Ausland konzentriert,[30] sowie Life Circle.[31]

    Seit Juni 2012 gibt es die ersten durch Volksabstimmungen gefassten Gesetze in einigen Kantonen der Schweiz. So wurde im Kanton Waadt u. a. geregelt, unter welchen Vorausetzungen in einem öffentlichen Spital oder einem Pflegeheim eine Sterbehilfeorganisation Zutritt erhalten muss und Beihilfe zur Selbsttötung erfolgen kann: „So muss eine schwere und unheilbare Krankheit vorliegen und anderseits die Urteilsfähigkeit des Sterbewilligen gegeben sein. Ob die beiden Kriterien erfüllt sind, entscheidet ein Chefarzt oder Klinikleiter zusammen mit dem Pflegeteam und dem behandelnden Arzt.“[32]

    In Österreich ist die Mitwirkung am Suizid verboten und wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft (§ 78 des Strafgesetzbuches).

    In den Niederlanden ist die vorsätzliche Hilfe zur Selbsttötung verboten (Art. 294 des Strafgesetzbuches), allerdings nicht strafbar, wenn sie von einem Arzt unter Einhaltung bestimmter Sorgfaltspflichten begangen wurde und dem Leichenbeschauer Meldung erstattet wurde.

    In den US-Bundesstaaten Oregon und Washington ist der ärztlich assistierte Suizid zugelassen und im Oregon Death with Dignity Act bzw. im Washington Death with Dignity Act geregelt.

    Bekannte Fälle von Sterbehilfe

    • Emily Gilbert: Die 73-jährige US-Amerikanerin aus Fort Lauderdale (Florida) bat ihren Ehemann Roswell Gilbert im März 1985 wegen eines unheilbaren Knochenleidens um Sterbehilfe. Ihr Mann gab ihr zunächst Schmerztabletten und erschoss seine Frau mit einer Pistole. Der 76-jährige Roswell Gilbert wurde von einem Gericht zu 25 Jahren Haft verurteilt. Das Strafmaß wurde im August 1990 durch den damaligen Gouverneur Bob Martinez vermindert und Gilbert daraufhin freigelassen. Er verstarb im September 1994.[33]
    • Bob Dent: Der 66-jährige Australier war weltweit der erste, der sein Leben durch legale Sterbehilfe beendete. Der an Prostatakrebs erkrankte Zimmermann, der seine eigene Krankheit als eine „Achterbahn des Schmerzes“ bezeichnete, verlas, als er starb, einen offenen Brief mit den Worten „Wenn Sie der freiwilligen Sterbehilfe nicht zustimmen, dann machen Sie keinen Gebrauch von ihr, aber bestreiten Sie nicht mein Recht, sie zu nutzen.“[34] Dent beendete nach 5-jährigem Krebsleiden sein Leben am 22. September 1996 durch nach dem Rights of the Terminally Ill Act gewährte Sterbehilfe.
    • Ramón Sampedro: Der Spanier war 30 Jahre lang mit einem hohen Querschnitt vom Hals abwärts gelähmt. Seine Geschichte wurde in dem Film Das Meer in mir verfilmt. Dem Spanier wurde auf seinen Wunsch hin von einer Freundin ein Glas Wasser mit Zyankali so in die Nähe seines Mundes gestellt, dass er selbst mit einem Strohhalm daraus trinken konnte und daraufhin starb (1998). Mehrere seiner Freunde zeigten sich selbst der Beihilfe an, woraufhin das Verfahren eingestellt wurde.
    • Terri Schiavo: Eine US-Amerikanerin aus Saint Petersburg (Florida), die bei einem Zusammenbruch eine durch Sauerstoffmangel ausgelöste schwere Gehirnschädigung erlitten hatte und sich in der Folge von 1990 bis zu ihrem Tod 15 Jahre lang im Wachkoma befand. Terris Ehemann klagte seit 1998 durch mehrere Instanzen die Einstellung der künstlichen Ernährung ein. Dem wurde letztendlich im Februar 2005 stattgegeben.
    • Vincent Humbert: Ein Franzose, der seit September 2000 gelähmt und blind war, bat im Dezember 2002 um Sterbehilfe. Diese wurde ihm von offizieller französischer Seite nicht gewährt. Seine Mutter spritzte ihm daraufhin im September 2003 Natriumpentobarbital. Er fiel in ein Koma und von den Ärzten wurden die lebenserhaltenden Maschinen daraufhin abgeschaltet. Sein Fall führte in Frankreich zu einer Änderung der Gesetzeslage.
    • Piergiorgio Welby (* 26. Dezember 1945 in Rom; † 20. Dezember 2006 ebd.) war ein Italiener, seit seinem 18. Lebensjahr an Muskeldystrophie leidend, der im Jahr 2006 um Sterbehilfe bat. Diese Hilfe wurde ihm von dem Anästhesisten Mario Riccio am 20. Dezember 2006 gewährt, nachdem ein Gericht es abgelehnt hatte den Fall zu behandeln. Der später erhobene Mordvorwurf gegen Mario Riccio wurde von einem Gericht in Rom abgewiesen.
    • Inmaculada Echevarria war eine Spanierin, die seit ihrem elften Lebensjahr an Muskelschwund litt und die letzten zehn Jahre gelähmt im Krankenhaus verbracht hatte. Die Ärzte des Krankenhauses San Juan de Dios in Granada stellten im März 2007 das Beatmungsgerät der 51-Jährigen ab.
    • Eluana Englaro (* 25. November 1970 in Lecco; † 9. Februar 2009 in Udine) war eine Italienerin, die nach einem Autounfall am 18. Januar 1992 im Wachkoma lag. Obwohl ihr Gehirn unwiederbringlich zerstört war, konnte sie atmen und ihr Herz arbeitete aus eigener Kraft. Fast zehn Jahre lang hatte ihr Vater vor Italiens Gerichten darum gekämpft, Eluana sterben zu lassen. Im November 2008 hatte das oberste italienische Berufungsgericht in letzter Instanz entschieden, dass die künstliche Ernährung eingestellt werden könne. Der Urteilsspruch wurde aber – wegen des Verbots der aktiven und passiven Sterbehilfe in Italien – zunächst vom Regionalpräsidenten der Lombardei nicht umgesetzt und vom italienischen Gesundheitsministerium politisch blockiert. Anfang Februar 2009 wurde sie aus einer Klinik im lombardischen Lecco in ein Altersheim im friaulischen Udine verlegt, um dort zu sterben. Nach Einstellung der künstlichen Ernährung und Hydrierung am 7. Februar 2009 verstarb Eluana Englaro zwei Tage später.
    • Die Wochenzeitung Die Zeit machte im Oktober 2011 einen bis dahin wenig beachteten Fall bekannter: Ärzte ließen eine Patientin in Belgien auf deren Wunsch hin sterben, unmittelbar danach entnahmen ihr andere Mediziner Organe. Die Zeitung bezeichnete dies als „Weltpremiere“.[35]

    Von diesen Fällen der individuellen Sterbehilfe unterscheiden muss man die einzelnen oder teilweise in Serie durchgeführten Tötungen von Patienten durch professionelle Pflegekräfte (in dem Medien oft Todesengel genannt), die im anschließenden Strafverfahren oft „Sterbehilfe“ oder „Gnadentod“ als Motiv nannten. Dabei bestand keine länger bestehende vertrauensvolle Beziehung zwischen zwei Personen; zum Teil konnten niedere Beweggründe (im juristischen Sinne) als Motiv der Handlungen vermutet oder bewiesen werden. Ein bekannter Fall ist der „Todesengel von Lainz“.

    Probleme der Sterbehilfe

    Die Abgrenzung der aktiven zur passiven Sterbehilfe oder auch der indirekten Sterbehilfe ist im Einzelfall äußerst schwierig. Die Sterbehilfe steht im Spannungsfeld zwischen

    Die stärksten Konflikte existieren bei der aktiven Sterbehilfe, und hier besonders in der unterschiedlichen Gewichtung des Willens eines schwer leidenden Menschen. Hierbei ist zu beachten, dass nicht jedes diskutierte Beispiel einer aktiven Sterbehilfe auch hierunter fällt. So ist das Vorbereiten einer Suizidsituation, die der Patient eigenständig nutzt, in Deutschland eine straflose Beihilfe zum Suizid. (Beispiel: Ein Patient schluckt selbst ein nicht verschreibungspflichtiges Gift, das ihm jemand auf Verlangen besorgt hat.)

    Sterbehilfe im Widerstreit der Meinungen

    Deutsche Geschichte

    Die Gegner der aktiven Sterbehilfe weisen warnend auf die Entwicklungen im Deutschland der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hin, die die anfänglich seriöse Erörterung der Frage genommen hat, unheilbar kranke Menschen von ihrem Leiden zu erlösen.

    Ihre Befürworter machen demgegenüber geltend, anders als damals gehe es heute bei der Sterbehilfe nicht um eine Entscheidung Fremder über das Leben einzelner Menschen, sondern ausschließlich um eine Entscheidung eines Sterbewilligen, für die er Beistand suche.

    Angst vor unerträglichen Leiden

    Die Gegner der aktiven Sterbehilfe sind der Auffassung, dass man Menschen ihre Leiden, Sorgen und Ängste vor einem qualvollen Übergang vom Leben zum Tod mit gehöriger Zuwendung und den Möglichkeiten der modernen Medizin soweit nehmen oder lindern kann, dass sie an ihren Lebensumständen nicht verzweifeln müssen. Es sei deshalb unter dem Gesichtspunkt des verfassungsmäßig verankerten Schutzes von Leben und Gesundheit die Aufgabe eines humanen Gemeinwesens, von diesen Möglichkeiten Gebrauch zu machen, nicht hingegen, sie sich zu ersparen, indem man dem Einzelnen ermögliche und ihm dabei helfe, seinem Leben selbst ein Ende zu setzen.

    Die Befürworter der Sterbehilfe machen demgegenüber geltend: Es ist durchaus nicht in allen Fällen möglich, unerträgliche Schmerzen und Beschwerden medizinisch in ein erträgliches Maß zu überführen. Ferner: Gründe, sich den Tod zu wünschen, sind vor allem auch die Sinnentleerung des Lebens als Folge einer naturgemäßen Erosion von Lebensinteressen und -zielen; die verzweifelte Scham vor der die eigene Selbstachtung verletzenden Peinlichkeit, seine intimsten Bedürfnisse nicht mehr unter Kontrolle zu haben und damit ohne Aussicht auf Änderung auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein; die oft noch sehr deutlich wahrgenommene, bedrückende Erfahrung, mit der eigenen Hinfälligkeit das Leben anderer, insbesondere der Angehörigen gravierend zu beeinträchtigen; die Frustration schließlich darüber, dass vieles im Leben Geschaffene und Erworbene, das anderen Zwecken dienen sollte, nun für die Aufrechterhaltung eines Lebens, das diese Bezeichnung nach deren Wertungen nicht mehr verdiene, vergeudet werden soll. Hier helfe keine Palliativmedizin und auch alle menschliche Zuwendung könne hierüber letztlich nicht hinweghelfen.

    Sterbehilfe als fragwürdiges Geschäft

    Die Gegner der aktiven Sterbehilfe befürchten, eine offizielle Zulassung der Sterbehilfe führe zu unannehmbaren Geschäften mit dem Sterben, da die meisten Menschen sich auf Sterbebegleitung angewiesen sähen. Prominentes Beispiel in Deutschland war 2008 Roger Kusch.

    Zweifelhaftigkeit des Sterbewunsches

    Die Gegner der aktiven Sterbehilfe verweisen auf die Erfahrungen von Ärzten, Psychologen und Seelsorgern, die darin übereinstimmen, dass die Mehrzahl der Menschen, die einen Suizid vergeblich versucht haben, in ein normales Leben zurückfinden, ihren Entschluss häufig nicht mehr verstehen, ihn rückschauend bereuen und froh sind, dass ihr Versuch gescheitert ist. Sterbehilfe würde diesen Fehlentscheidungen Vorschub leisten.

    Die Befürworter der aktiven Sterbehilfe halten dem entgegen, dass Menschen, die sich das Leben mit Erfolg genommen haben, mit der Frage, ob diese Entscheidung richtig war, nicht mehr hadern und vielleicht Versäumtem nicht nachtrauern müssen, denn sie haben im Tod ihren Frieden gefunden. Zudem gesteht das Argument jener „Mehrheit“ selber das Vorhandensein entgegenstehender Fälle ein. Zur Vorbeugung von Fehlentscheidungen wären Aufklärung und Beratungsstellen oder Therapieangebote die richtige Maßnahme, nicht aber gesetzliche Verbote nach dem Gießkannenprinzip.

    Krankhaftigkeit von Suizidentschlüssen

    Die Gegner der aktiven Sterbehilfe berufen sich auf wissenschaftliche Untersuchungen, die belegten, dass Suizide häufig ihren Grund in Depressionen haben. Sie seien als krankhaft anzusehen und in der Mehrzahl der Fälle durch ärztliche oder therapeutische Maßnahmen soweit behandelbar, dass die dem Leben zugewandten Kräfte dieser Menschen wieder die Oberhand gewinnen können. Sterbehilfe trage dazu bei, eine solche Entwicklung abzuschneiden.

    Befürworter der aktiven Sterbehilfe verweisen demgegenüber darauf, dass jedenfalls bei anhaltend Kranken, vor allem aber bei alten Menschen die zunehmende Erosion des Willens zu leben ein natürlicher Prozess ist, der oft fälschlich als krankhaft gedeutet wird. Aber auch wenn man ihn als Krankheit sehe, seien Betroffene deswegen nicht unzurechnungsfähig. Wenn sie die Option, zu sterben einem Weiterleben vorzögen, so sei dieser Wunsch genauso zu respektieren wie das Recht auf Verweigerung von ärztlichen oder psychologischen Behandlungen, selbst wenn sie Aussicht auf Erfolg hätten. Vor diesem Hintergrund sei Sterbehilfe Unterstützung eines anzuerkennenden Anliegens.

    Sterbehilfe als Zumutung für die Helfer

    Die Gegner der aktiven Sterbehilfe machen geltend, dass Sterbehilfe eine schwere Zumutung sei, desto schwerer, je näher der um Hilfe Gebetene dem Sterbewilligen stehe.

    Die Befürworter der aktiven Sterbehilfe halten dem entgegen, dass mit der straffreien Ermöglichung der Sterbehilfe noch niemand gezwungen sei, diese zu leisten. Gebe es geordnete, gar institutionalisierte Formen der Sterbehilfe, müssten dem Sterbewilligen besonders nahestehende Personen nicht in Anspruch genommen werden. Diese aber könnten, an den Leiden des Sterbewilligen in besonderer Weise teilnehmend, eine mitmenschliche Motivation haben, ihnen bei der Beendigung des sie quälenden Zustandes zu helfen.

    Zweifelhafte Interessenlage von Angehörigen

    Die Gegner der aktiven Sterbehilfe sehen insbesondere nähere Angehörige als Sterbehelfer in einem problematischen Interessenkonflikt, in dem sich nicht selten wohlmeinende Beförderung eines Sterbewunsches unentwirrbar mit dem unausgesprochenen Wunsch verknoten könnte, von der fordernden, kostspieligen und das eigene Leben ausbremsenden Bürde der Unterhaltung und Pflege eines Schwerkranken befreit zu werden.

    Die Befürworter meinen demgegenüber, dieser zweifellos nicht unwahrscheinliche Konfliktfall dürfe den ausdrücklichen Sterbewunsch eines Menschen nicht unerfüllbar machen. Schließe man nahe Angehörige davon aus, Sterbehilfe zu leisten, könnte eine solche Hilfe immer noch von institutionell zugelassenen Helfern erfolgen, die kein persönliches oder materielles Interesse am Tod des Sterbewilligen haben.

    Die Gefahr eines Mobbings zum Tode

    Die Gegner der aktiven Strebehilfe haben die große Sorge, die tolerierte und ermöglichte Freiheit zum Tode könne unversehens zu einer Erwartungshaltung der Gesellschaft gegenüber dem Einzelnen mutieren, von einer solchen Freiheit auch Gebrauch zu machen. Hinter einer als Tugend erscheinenden, aus verantwortungsbewusster Einsicht getroffenen Entscheidung lauere so die Gefahr eines „Mobbings zum Tode“ derjenigen Gesellschaftsmitglieder, die der Gemeinschaft lästig werden. Hierzu dürfe kein Mensch helfend seine Hand reichen.

    Diese Sorge wird auch von den Befürwortern der aktiven Sterbehilfe geteilt. Sie verweisen aber darauf, dass ein solches Mobbing auch unter den gegenwärtig herrschenden Bedingungen keineswegs ausgeschlossen ist. Aufgabe des Staates sei es im gegenwärtig geltenden wie im anzustrebenden Recht, das Leben des Einzelnen vor dem Zugriff anderer zu schützen. Die Gesellschaft müsse – so wie bisher – allen Versuchen entschieden entgegentreten, Menschen zum Sterben zu drängen. Ihnen ihr Sterben jedoch gegen ihren erklärten Willen so zu erschweren, dass ihnen nur unsichere oder grausame und eventuell Dritte traumatisierende (z.B. Lokführer) Auswege bleiben, sei hingegen nicht die Aufgabe des Staates.

    Medizinischer Standpunkt zur Sterbehilfe

    Die Deutsche Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (DGSS) und die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) betonen, dass in der Diskussion um die aktive und passive Sterbehilfe die Alternative der Schmerztherapie und Palliativmedizin oftmals unnötig ausgeblendet wird.

    Sowohl die DGSS als auch die DGP weisen darauf hin, dass es Verfahren zur Linderung schwerster Schmerzen gibt. „Wir können fast immer die Schmerzen und Symptome sterbender Patienten lindern und ihnen ein Lebensende in Würde ermöglichen“, sagte Rolf-Detlef Treede, Präsident der DGSS.[36] Palliativmediziner würden immer wieder die Erfahrung machen, dass der Wunsch nach vorzeitiger Lebensbeendigung in dem Maße in den Hintergrund tritt, in dem es gelingt, durch eine gute palliativmedizinische Behandlung auch die letzte Lebenszeit erträglich zu gestalten.

    Christliche Standpunkte zur Sterbehilfe

    Das 5. Gebot der Bibel fordert: „Du sollst nicht morden (töten)”(Ex 20,13 EU). Manche christliche Kirchen lehnen daher die aktive Sterbehilfe ab.

    Ärztliche Beihilfe zum Suizid lehnten 1989 die katholische und die evangelische Kirche in Deutschland in einer Gemeinsamen Erklärung ab.[37]

    Römisch-katholischer Standpunkt zur aktiven Sterbehilfe

    Die römisch-katholische Kirche lehnt die aktive Sterbehilfe ab. Der Katechismus der katholischen Kirche betont die Notwendigkeit, den Kranken und behinderten Menschen eine besondere Beachtung zu schenken. Die direkte aktive Sterbehilfe, die dem Leben ein Ende setzt, wird als ein der Menschenwürde entgegenstehendes Vergehen, als Mord bezeichnet. Ferner wird das Herbeiführen des Todes als Angriff gegen den Schöpfer angesehen. Auch die Unterlassung, die zum Tod führt, ist verboten.[38]

    Die Deutsche Bischofskonferenz warnt zudem vor den Konsequenzen, die eine Legalisierung der aktiven Sterbehhilfe haben könnte. Der „innere und äußere Druck auf alle Alten, Schwerkranken und Pflegebedürftigen [könnte zunehmen], von derartigen Optionen Gebrauch zu machen.”[39] Ferner wird der Ausbau palliativmedizinischer und hospizlicher Angebote gefordert. Die Würde des Menschen folgt aus der Bejahung durch Gott und ist deshalb weder von Leistung noch von Gesundheit des Menschen abhängig. Das Leben sei daher bis zum Schluss zu schützen.

    Die Ablehnung der aktiven Sterbehilfe wird also nicht nur unter Berufung auf das Tötungsverbot der Bibel begründet. Kirchliche und theologische Positionen verweisen auf die Konsequenzen einer Legalisierung der aktiven Sterbehilfe. Dies könnte zu einem „Vertrauensverlust gegenüber dem medizinischen Pflegepersonal, alles zur möglichen Heilung tun zu wollen” führen, ferner könnte damit „Druck seitens Dritter auf die Schwerkranken” aufgebaut werden aktive Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen.[40]

    Die Niederländische Bischofskonferenz hat mit einer „Pastoralen Handreichung” gegen aktive Sterbehilfe protestiert, in der sie festschreibt:

    „Das Ersuchen um aktive Sterbehilfe ist der Versuch, den letzten Gang des Lebens vollständig in die eigene Hand zu nehmen. Dies ist nicht vereinbar mit der Übergabe seiner selbst in die liebende Hand Gottes, wie sie sich in den kirchlichen Sakramenten ausdrückt […].“
    „Euthanasie ist keine Lösung für das Leiden, sondern eine Auslöschung des leidenden Menschen.“

    Römisch-katholischer Standpunkt zur passiven Sterbehilfe

    Indirekte oder passive Sterbehilfe können unter Umständen erlaubt sein (anders als aktive Sterbehilfe). Diese Ausnahmen stellte die Kongregation für die Glaubenslehre wie folgt dar:

    „Wenn der Tod näher kommt und durch keine Therapie mehr verhindert werden kann, […] ohne daß man jedoch die normalen Hilfen unterläßt, die man in solchen Fällen einem Kranken schuldet. Dann liegt kein Grund vor, daß der Arzt Bedenken haben müßte […].“[41]

    Papst Johannes Paul II. erklärte am 24. März 2002, drei Jahre vor seinem Tod, vor Medizinern und Gesundheitsfachleuten aus aller Welt:

    „Die Komplexität des Menschen fordert bei der Verabreichung der notwendigen Heilmethoden, daß man nicht nur seinen Körper berücksichtigt, sondern auch seinen Geist. Es wäre anmaßend, allein auf die Technik zu setzen. Und in dieser Sicht würde sich eine Intensivmedizin um jeden Preis bis zum Letzten schließlich nicht nur als unnütz erweisen. Sie würde auch nicht völlig den Kranken respektieren, der nun an sein Ende gelangt ist.“

    Evangelische Stellungnahme zur Sterbehilfe

    „Den Ausgangspunkt bildet die Pflicht, jedem Menschen ein Sterben in Würde zu ermöglichen. […] Wir alle sollten Sterbenden so beistehen, dass der Wunsch, getötet zu werden oder sich selbst zu töten, gar nicht erst aufkommt.“ (Bischof Wolfgang Huber, früherer Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD): Zwischen dem Recht auf Selbstbestimmung und der Pflicht zur Lebenserhaltung: Begleitung im Sterben)[42]. Der Ratsvorsitzende der EKD lehnt aktive Sterbehilfe ab und verweist auf folgende Alternativen:

    • Jeder Mensch kann heute für die Gestaltung seiner letzten Lebenszeit Vorsorge treffen. Die Kirchen geben seit 1999 eine Patientenverfügung mit Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung – die „Christliche Patientenverfügung“ – heraus.
    • Auf der medizinischen Ebene sind vor allem die Weiterentwicklung und der Ausbau der Palliativmedizin zu fordern, die sich der Schmerztherapie und der Linderung weiterer Krankheitssymptome widmet. Die palliativmedizinische Ausbildung der Ärzte und die entsprechende Ausstattung der Krankenhäuser sollte verbessert werden.
    • Für den Gesamtbereich stationärer Pflege sind die grundlegenden Ideen und praktischen Erfahrungen der Hospizbewegung stärker zur Geltung zu bringen. Der Hospizgedanke zielt auf Sterbebegleitung im Krankenhaus ebenso wie in familiärer und nachbarschaftlicher Zuwendung und Hilfe.

    Zum Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs vom 25. Juni 2010 erklärt die EKD:

    „Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) begrüßt, dass durch das heutige Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) das Recht des Patienten auf die Umsetzung seines Willens gestärkt wird. […] Nach Auffassung der christlichen Ethik gibt es keine Verpflichtung des Menschen zur Lebensverlängerung um jeden Preis und auch kein ethisches Gebot, die therapeutischen Möglichkeiten der Medizin bis zum Letzten auszuschöpfen. Einen Menschen sterben lassen ist bei vorher verfügtem Patientenwillen nicht nur gerechtfertigt, sondern geboten. Zur Endlichkeit des Lebens gehört auch, dass man das Herannahen des Todes zulässt, wenn seine Zeit gekommen ist.

    Demgegenüber ist und bleibt die gezielte Tötung eines Menschen in der letzten Lebensphase aus christlicher Sicht ethisch nicht vertretbar, auch wenn sie auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin erfolgt. Gesetzliche Regelungen und gesellschaftliche Konventionen, die der Tötung auf Verlangen oder der Beihilfe zur Selbsttötung den Weg ebnen, sind ein Irrweg, den die christlichen Kirchen entschieden ablehnen. Sie werden sich auch in Zukunft dafür einsetzen, dass an den bestehenden gesetzlichen Regelungen zur Tötung auf Verlangen festgehalten wird und keine Lockerung erfolgt.“[43]

    In einem Positionspapier der Diakonie Deutschland (ein Werk der Evangelischen Kirche Deutschlands) vom 29. September 2014 werden vier Positionen zur aktuellen Debatte um die Beihilfe zu Selbsttötung (sog. assistierter Suizid) aufgeführt: 1) Suizidprävention, 2) Stärkung der Hospiz- und Palliativversorgung, 3) Verbot der organisierten, nicht nur gewinnorientierten/gewerblichen Beihilfe zu Suizid, 4) Beibehaltung der Verbots einer ärztlichen Mitwirkung am Suizid. [44]

    Alt-katholischer Standpunkt zur aktiven Sterbehilfe

    Die Position der alt-katholischen Kirche, die aktive Sterbehilfe ablehnt, legt exemplarisch der österreichische Bischof Bernhard Heitz dar:

    „An der Hand und im Arm des geliebten und vertrauten Menschen sterben zu dürfen, ist etwas anderes als durch die Hand eines Menschen zu sterben. Aktive Sterbehilfe lehnt die Altkatholische Kirche somit entschieden ab. Geboren werden und Sterben sind vielmehr menschliche und natürliche Grundbedingungen des Lebens und sind als solche der menschlichen Kultur unterworfen. Eine Gesellschaft, die den Tod verdrängt und verleugnet, die Tote als Entsorgungsfälle ansieht, hat ein Stück weit die mitmenschliche Solidarität verloren.“[45]

    Position des deutschen Ethikrats

    In einer Ad-hoc Empfelhung warnte der deutsche Ethikrat davor Suizidbeihilfe zu einem „Normalfall” werden zu lassen und stützt die Ablehnung der ärztlichen Beihilfe seitens der Bundesärztekammer. Der Patient solle sich darauf verlassen können, dass die Ärzte „lebensorientiert” denken. Das Verhältnis zwischen Ärzten und Patienten benötige ein besonderes Vertrauensverhältnis, weshalb Gewissensentscheidungen im Ausnahmefall akzeptiert werden können. Darüber hinaus sprach sich der Ehtikrat für den Ausbau palliativmedizinischer und hospizlicher Angebote aus. Die Suizidprävention soll ebenfalls gefördert werden.[46]

    Siehe auch

    Literatur

    • Pieter Admiraal et al.: Wege zu einem humanen, selbstbestimmten Sterben. Stiftung WOZZ, 2008, ISBN 978-90-78581-03-1.
    • Karl Beine: Sehen, Hören, Schweigen. Lambertus-Verlag, Freiburg 1998, ISBN 3-7841-1049-5 (Die erste Untersuchung der Einstellung zur aktiven Sterbehilfe bei ärztlichem und Pflegepersonal in Deutschland im Jahr 1993).
    • Udo Benzenhöfer: Der gute Tod? Geschichte der Euthanasie und Sterbehilfe. Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2009, ISBN 978-3-525-30162-3.
    • Edgar Dahl: Dem Tod zur Hand gehen. Der ärztlich-assistierte Suizid in Oregon. In: Spektrum der Wissenschaft. Juli 2006, S. 116–120.
    • Svenja Flaßpöhler: Mein Wille geschehe. Sterben in Zeiten der Freitodhilfe. Berlin 2007, ISBN 3-937989-27-7 (Preisgekrönte und vielrezensierte Erörterung zur Sterbehilfe).
    • Rainer Hegselmann/ Reinhard Merkel (Hrsg.): Zur Debatte über Euthanasie. Beiträge und Stellungnahmen. Suhrkamp, Frankfurt am Main, 2. Aufl. 1992, ISBN 3-518-28543-2 (Im Anhang die Erklärung deutscher Philosophen zur sog. „Singer-Affäre“).
    • Norbert Hoerster: Sterbehilfe im säkularen Staat. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1998, ISBN 3-518-28977-2.
    • Jörg Antoine: Aktive Sterbehilfe in der Grundrechtsordnung, Berlin, 2004 - ISBN 978-3-428-11179-4.
    • Matthias Kamannn: Todeskämpfe. Die Politik des Jenseits und der Streit um Sterbehilfe. Transcript-Verlag, Bielefeld 2009, ISBN 978-3-8376-1265-3.
    • Björn Kern: Die Erlöser AG. C. H. Beck, München 2007, ISBN 978-3-406-56374-4 (Roman, literarische Auseinandersetzung mit dem Thema).
    • Thomas Klie, Johann-Christoph Student: Sterben in Würde. Auswege aus dem Dilemma der Sterbehilfe. Herder, Freiburg i. Br. 2007, ISBN 978-3-451-29657-4.
    • Helga Kuhse, Peter Singer: Muß dieses Kind am Leben bleiben? 1993, ISBN 3-89131-110-9.
    • Michael Kubiciel: Gott, Vernunft, Paternalismus – Die Grundlagen des Sterbehilfeverbots. Juristische Arbeitsblätter 2011, S. 86–91.
    • Manfred von Lewinski: Ausharren oder gehen? – Für und wider die Freiheit zum Tode. Olzog, München 2008, ISBN 978-3-7892-8254-6.
    • Manfred von Lewinski: Freiheit zum Tode? – Annäherungen und Anstöße. Logos, Berlin 2012, ISBN 978-3-8325-2995-6.
    • Peter Singer: Praktische Ethik. Ditzingen 1994, ISBN 3-15-008033-9.
    • Wilhelm Uhlenbruck: Selbstbestimmtes Sterben. Berlin 1997, ISBN 3-926445-15-7.
    • Betty Rollin: Last Wish. Public Affairs, ISBN 1-891620-01-0 (engl.); Der letzte Wunsch. Verlag Scherz, München 1985, Neuauflage 1998, ISBN 3-502-18635-9 (dtsch.).
    • Stefanie Schardien (Hg.): Mit dem Leben am Ende. Stellungnahmen aus der kirchlichen Diskussion in Europa zur Sterbehilfe. Edition Ruprecht, Göttingen 2010, ISBN 978-3-7675-7123-5.
    • Eva Schumann: Dignitas – Voluntas – Vita. Überlegungen zur Sterbehilfe aus rechtshistorischer, interdisziplinärer und rechtsvergleichender Sicht. Göttinger Antrittsvorlesung im Januar 2006, Universitätsverlag, Göttingen 2006, ISBN 3-938616-49-0 (Volltext, PDF).
    • Oliver Tolmein: Keiner stirbt für sich allein. Sterbehilfe, Pflegenotstand und das Recht auf Selbstbestimmung. Bertelsmann, München 2006, ISBN 3-570-00897-5. Dazu Rezension von Elisabeth Wehrmann In: Die Zeit, Nr. 3, 11. Januar 2007.
    • Karsten Gaede: Durchbruch ohne Dammbruch – Rechtssichere Neuvermessung der Grenzen strafloser Sterbehilfe, NJW 40/2010, 2925
    • Roger Kusch: Sterbehilfe aus christlicher Nächstenliebe Books on Demand, Norderstedt 2011, ISBN 978-3844867596
    • Josef Girshovich: Wem gehört der Tod? Vom Recht auf Leben und Sterbehilfe. Kein & Aber, Zürich 2014, ISBN 978-3-0369-5648-0
    • Weitere Literatur, insbes. Zeitschriftenbeiträge

    Weblinks

    Commons: Euthanasia - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

    Einzelnachweise

    1. Susanne Stauch: Euthanasie in der Kleintierpraxis. (Dissertation, FU Berlin 2007), Mensch & Buch Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-86664-220-1 (online)
    2. Jürgen Baumann et al.: Alternativentwurf eines Gesetzes über Sterbehilfe (AE-Sterbehilfe). Georg Thieme Verlag Stuttgart, New York 1986, ISBN 3-13-688201-6.
    3. Jörn Lorenz: Sterbehilfe – Ein Gesetzentwurf. Nomos Verlag Baden-Baden 2008, ISBN 978-3-8329-3822-2 u. Dike Verlag Zürich/St. Gallen 2008, ISBN 978-3-03751-115-2.
    4. Michael Pawlik: Woher die vielen Notare nehmen? (Neue Sachbücher). In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17. August 2009, S. 6 (auch bei FAZ.NET).
    5. Ernst-Wolfgang Böckenförde: Aktive Sterbehilfe wäre Dammbruch für Lebensschutz. aerzteblatt.de vom 29. November 2007.
    6. BVerfG 2 BvR 1451/01 (PDF; 26 kB)
    7. http://dejure.org/2010,31
    8. Deutscher Bundestag, 16. Wahlperiode, Protokoll der 227. Sitzung am 18. Juni 2009 (S. 25094–25127, PDF) (2,97 MB).
    9. Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs
    10. Urteilsbesprechung: Kubiciel, Zeitschrift für das juristische Studium 2010, S. 656–661 (PDF; 96 kB)., weitere Nachweise unter http://www.bundesanzeiger-verlag.de/betreuung/wiki/Sterbehilfe
    11. Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung (abgedruckt in: Deutsches Ärzteblatt | Jg. 108 | Heft 7 | 18. Februar 2011).
    12. vgl. nur das Beschlussprotokoll des 114. Deutschen Ärztetages zu Top II – Palliativmedizin.
    13. Vgl. auch die Kritik von Michael de Ridder in der Ausgabe 20/2011 vom 19. Mai 2011 der Zeitschrift Der Spiegel: „ETHIK: Das Gewissen der Ärzte wird gleichgeschaltet“. [1]
    14. Bericht und Bewertung der Feststellungen des 114. Dt. Ärztetages durch Winfried Kluth: Ärztlich assistierter Suizid – Kehrtwende und berufliches Ethos. In: Legal Tribune Online, 6. Juni 2011. [2]
    15. "Sterbehilfe-Gesetz kommt erst im Herbst 2015" In: aerztezeitung.de am 29. April 2014
    16. "Widerstand in der SPD gegen Sterbehilfe-Verbot" Matthias Kamann in: welt-online.de am 8. Mai 2014
    17. "Entwurf eines Gesetzes zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung" PDF 130kb, 8. Mai 2014
    18. Matthias Kamann: Widerstand in der SPD gegen Sterbehilfe-Verbot. In: Welt online vom 8. Mai 2014.
    19. http://wien.orf.at/news/stories/2672743/ Sterbehilfeverein kämpft um Legalisierung, ORF.at, 8. Oktober 2014
    20. http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/BI/BI_00048/index.shtml
    21. Deutsche Stiftung Patientenschutz: Übersicht über die Strafbarkeit der Sterbehilfe in Europa, Stand 25. Oktober 2013. PDF, 65 kB
    22. Deutsches Ärzteblatt 24. Februar 2012: [3]
    23. Deutsches Ärzteblatt (online): Niederlande legalisieren Sterbehilfe bei todkranken Babys
    24. Belgien: Sterbehilfe für schwerst leidende Minderjährige bei dw.de, 13. Februar 2014 (abgerufen am 13. Februar 2014).
    25. Thela Wernstedt: Sterbehilfe in Europa. Lang Verlag Frankfurt, Berlin, Bern 2004, S. 81, ISBN 3-631-51194-9.
    26. Stein Husebø; Eberhard Klaschik: Palliativmedizin. Grundlagen und Praxis. Springer Verlag Heidelberg 2006, ISBN 978-3-540-29888-5.
    27. Statistik: Passive Sterbehilfe, Institut für Demoskopie Allensbach, August 2008.
    28. Norbert Hoerster: Sterbehilfe im säkularen Staat; 1998; S. 11.
    29. Mitgliedsverbände der World Federation of Right to Die Societies
    30. Michael Meier. Die Sterbehelferinnen jenseits der Schlagzeilen. Tages-Anzeiger 26. Juli 2012
    31. http://www.lifecircle.ch/
    32. Swissinfo; Waadt bekommt … Gaby Ochsenbein
    33. http://articles.chicagotribune.com/1994-09-07/news/9409070271_1_murder-or-mercy-emily-gilbert-avon-park-correctional-center
    34. Legal Euthanasia. Australia Faces a Grim Reality. New York Times, 2. Februar 1997.
    35. Martina Keller: Carine, 43, lässt sich töten. In: Die Zeit Nr. 43, 20. Oktober 2011.
    36. Recht auf Sterbehilfe gefordert
    37. Gemeinsame Erklärung des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Deutschen Bischofskonferenz »Gott ist ein Freund des Lebens«.(Volltext)
    38. Katechismus der Katholischen Kirche 1992, 2276f., online abrufbar vatican.va
    39. DBK: Deutsche Bischofskonferenz: In Würde sterben - Worum geht es eigentlich? , abgerufen am 15. Dezember 2014.
    40.  Josef Schuster: 'Sterbehilfe IV. Theologisch-ethisch'. In: Walter Kasper (Hrsg.): Lexikon für Theologie und Kirche (LThK). 3. Auflage. Band 9, Herder, Freiburg im Breisgau 2000, Sp. 979f..
    41. http://www.vatican.va/roman_curia/congregations/cfaith/documents/rc_con_cfaith_doc_19800505_euthanasia_ge.html
    42. http://www.ekd.de/gesellschaft/pm137_2004_rv_kommentar_azm_sterbehilfe.html Bischof Wolfgang Huber, früherer Ratsvorsitzender der EKD: Gastbeitrag für die Allgemeine Zeitung Mainz, 10. Juli 2004.
    43. http://www.ekd.de/presse/pm134_2010_bgh_urteil_sterbehilfe.html Stellungnahme der EKD zum BGH-Urteil zur Sterbehilfe vom 25. Juni 2010.
    44. http://www.diakonie.de/media/Positionspapier_Assistierter_Suizid_140929.pdf
    45. Altkatholische Bestattung (Memento vom 13. Mai 2007 im Internet Archive) Altkatholische Bestattung
    46. Deutscher Ethikrat: Zur Regelung der Suizidbeihilfe in einer offenen Gesellschaft: Deutscher Ethikrat empfiehlt gesetzliche Stärkung der Suizidprävention AD-hoc-Empfehlung. 18. Dezember 2014, abgerufen am 20. Dezember 2014.
    Dieser Artikel basiert (teilweise) auf dem Artikel Sterbehilfe aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike. In Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.