Welt

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ICH BIN DIE WELT

Der Erde Dasein ist in mir begründet,
ich bin ihr Raum und bin auch ihre Zeit,
und was der Tag an Kraft in mir entzündet,
das nimmt sie auf in ihre Ewigkeit.

Ich bin die Welt, in meinem Pulsgetriebe
sagt dies mir laut und deutlich jeder Schlag,
und was mich ewig macht, das ist die Liebe,
mit der ein Gott erschuf den ersten Tag.

Alfons Petzold[1]

Welt bezeichnet alles, was ist. Der Begriff umfasst also nicht Einzelerscheinungen, sondern eine Totalität. Diese Allheit des Vielen in Einem, eine Welt, kann aufgefasst werden als Gesamtheit der bezogenen Objekte und als Ganzes der geteilten Beziehungen.

Definitionsschwierigkeiten und Begriffsgeschichte

Das große Ganze der Welt: ein Blick ins Universum (Hubble Deep Field)

Die Einschätzung, was zu diesem Begriff im Einzelnen genau gehört, ist abhängig von subjektiven und kulturellen Vorstellungen. Deshalb bestehen je nach individuellem Wissensumfang und besonders dem jeweiligen Kulturkreis unterschiedliche Ansichten darüber, was unter Welt genau zu verstehen sei. Im Laufe der Zeit haben sich sehr viele verschiedene Verwendungen des Begriffs herausgebildet.

So ist zum Beispiel im Gegensatz zum vergleichsweise exakt definierbaren Begriff der Erde im Sinne des räumlich klar definierten Planeten der Begriff Welt meist weiter gefasst und umfasst in seiner weitesten Auslegung die Gesamtheit des physikalischen Universums bzw. des Weltalls sowie alles Seiende, das sich innerhalb dieses Universums als existierend wahrnehmen oder annehmen lässt. Für die Griechen der Antike hingegen war die Welt ein Kosmos, also im Gegensatz zum Chaos ein wohlgeordnetes harmonisches Ganzes. Der Begriff Welt muss daher für eine genaue Definition immer im Kontext kultureller, religiöser, wissenschaftlicher und philosophischer Anschauungen behandelt werden.

Geschichtlich wurde der Begriff – insbesondere vor den astronomischen und geografischen Entdeckungen der Neuzeit – meist als der jeweils bekannte Teil der Erdoberfläche, des Himmels, der Natur und teilweise auch der Götter verstanden. Dieses Verständnis änderte sich in der Neuzeit, in deren Zuge stärker zwischen der Erde als einzelnem Planeten und der Welt als ganzem Universum unterschieden wurde. Andererseits meint man auch heute noch, wenn man von Weltgeschichte spricht, in erster Linie die Geschichte der menschlichen Gesellschaft, obgleich in der Formulierung Weltgeschichte, etwa in der Fassung des Weltgeists bei Hegel, eine universelle Dimension des philosophisch Absoluten mitschwingt.

Welt ist ursprünglich ein rein singulares Wort, das erst seit Ende des 16. Jahrhunderts sprachübergreifend auch im Plural Welten verwendet wird. Dabei hielt sich zum Beispiel für den Begriff Weltall der Singular, für die Weltkugel hingegen ist die Pluralbildung möglich.

Der Begriff Welt in verschiedenen Disziplinen

Geografie

Unsere Welt: die Erde
Herodots Welt (Antike)

Nach heutiger Betrachtungsweise ist der Begriff Welt in Bezug auf den naturwissenschaftlichen Erkenntnishorizont deckungsgleich mit dem uns bekannten Universum und allen seinen Bestandteilen. Doch wird die Bezeichnung „Welt“ in manchem Zusammenhang auch als ein Synonym für „Erde“ gebraucht, so beispielsweise bei Weltkarte als einer Karte der gesamten Erdoberfläche. Auch die Bezeichnung weltweit bezieht sich meist nur auf die Erde, nicht auf das Universum.

Politik

In der Politik wird Welt zum Teil für Abgrenzungen in geografischer, wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht verwendet. Man spricht zum Beispiel von der Alten Welt, der Neuen Welt, von einem Weltreich, einer Ersten, Zweiten, Dritten und Vierten Welt oder auch von einer westlichen und einer islamischen Welt, allerdings auch von der gesamten Erde, z. B. wenn von Weltpolitik die Rede ist.

Soziologie

Im Sprachgebrauch gibt es viele Ausdrücke, die das Wort Welt in Bezug auf menschliche Haltungen gegenüber der Gesamtheit des sie Umgebenden beinhalten. Meist gehört zu einem derart auf menschliche Zusammenhänge bezogenen Weltbegriff auch die Vorstellung von bestimmten Regeln, nach denen die Welt funktioniert und gewissen Glaubenssätzen, die als Grundlagen des Weltverhaltens und der Weltdeutung gelten.

Zur Welt als sozialer Kategorie gehören zum Beispiel Begriffe wie Weltanschauung und Weltbild, also die Sicht des Menschen auf die Dinge um ihn herum und seine Deutung derselben. Attribute wie weltoffen, weltgewandt oder weltfremd beziehen sich auf Welt als Synonym für Gesellschaft und Kultur, wobei ein Mensch als umso weltgewandter gilt, je mehr er sich in der Welt, d. h. auch in anderen Kulturkreisen, zurechtzufinden weiß.

Berufswelt oder die Welt der Politik sind stehende Begriffe für Gesamtheiten von gesellschaftlichen Teilbereichen. Weichen Denken und Handeln eines Individuums von gesellschaftlich anerkannten Normen zu stark ab, spricht man davon, dass es 'weltfremd' sei oder in einer Privatwelt, Fantasiewelt oder Scheinwelt lebe. Als 'Weltabgewandt' gilt zum Beispiel das Leben von Eremiten, Mystikern oder Asketen.

Theologie

Darstellung aus dem 15. Jahrhundert von Ptolemäus' Sicht der Erde

Im Christentum bezeichnet Welt die Gesamtheit der Menschen und natürlichen wie übernatürlichen Mächte, die dem Willen Gottes entgegenstehen. Dieses Verständnis führt daher in dem Sinne zum Bruch mit der Welt, dass Gottes Wille in allen Dingen maßgeblich wird, anderseits zu einem Eigenwert der Welt als von Gott gemachter, jedoch sündig gewordener Schöpfung. Oft wird in der Theologie auch die Formulierung weltlich gebraucht, d. h. im Sinne des zeitlich Irdischen, Säkularen, [Wikipedia:[Materie (Philosophie)|Materiellen]], Profanen im Unterschied zum Göttlichen, Heiligen und Ewigen. Als Erlöser der Welt von Sünde, Tod und Hölle ist Jesus Christus nach biblischer Lehre das Ziel der Bestimmung jedes Menschen und der ganzen Geschichte. Alle Sünden, besonders hervorgehoben der Ungehorsam gegen Gottes Weisung, die Lüge, die Habgier, der Götzendienst, der Okkultismus jeder Form, die fehlgeleitete Sexualität, zählen im Christentum zum Bereich des Weltlichen, das der Gläubige durch die Hinwendung zu Jesus Christus, das Empfangen der aus verdienstloser göttlicher Gnade geschenkten Seligkeit zu überwinden habe. Die Apokalypse ist in der christlichen Eschatologie das durch Gott während des Jüngsten Gerichts herbeigeführte Ende der Welt und der Anfang des vollendeten Gottesreiches.

Philosophie

Die beiden Tageshälften als Weltkarte

Für Kant kommt dem Begriff der Welt lediglich regulative Bedeutung zu, da ihr keine Anschauung entspricht. Anschauungen haben wir nämlich stets nur von einzelnen Objekten. Die Welt kann uns aber niemals als Einzelnes, noch als Ganzes gegeben sein. Trotzdem hat der Begriff einen gewissen Wert als Orientierungshilfe, die Idee der Welt bleibt eine regulative Idee der reinen Vernunft.

Für die Phänomenologie ist die Welt ein Horizontphänomen. Das heißt, sie ist nach Karl Jaspers für die menschliche Existenz nur in Form von Grenzsituationen erfahrbar und lässt sich gerade nicht beschreiben als die Summe alles Seienden. Die Welt ist vielmehr erst die Bedingung dafür, dass uns in ihr einzelne Dinge begegnen können. Sie geht damit jeglichem Bezug gegenüber Innerweltlichem voraus. Martin Heidegger versuchte außerdem, die Subjekt-Objekt-Spaltung durch den Begriff des In-der-Welt-Seins zu überwinden. Während der neuzeitliche Subjektivismus mit Descartes ein Auseinanderfallen von Subjekt und Objekt hervorbrachte und damit die erkenntnistheoretische Frage, wie dem weltlosen Subjekt der Zugang zur Außenwelt gelinge, ist für Heidegger dem Menschen immer schon eine Welt mitgegeben. Hinter das Phänomen der Welt kann dabei denkerisch nicht zurückgegangen werden, da die Welt eine sinnhafte Totalität ist. Sinn ist jedoch ein Emergenzphänomen, das nicht durch Zusammenstücken von zunächst sinnlosen (also beziehungslosen) Objekten rekonstruiert werden kann.

Siehe auch

Literatur

  • Christian Bermes: Welt als Thema der Philosophie. Vom metaphysischen zum natürlichen Weltbegriff. Meiner, Hamburg 2004, ISBN 3-7873-1665-5.
  • Philosophisches Wörterbuch. Hrsg. von Georgi Schischkoff. Kröner, Stuttgart 1991, S. 772.
  • Karl Löwith: Der Weltbegriff der neuzeitlichen Philosophie. Winter, Heidelberg 1960.
  • Theodor Litt: Mensch und Welt. Grundlinien einer Philosophie des Geistes. Federmann, München 1948.
  • Joachim Stiller: Aphorismen und Sinnsprüche 26 - Definitionen Weblink

Weblinks

 Wiktionary: Welt – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Wikiquote: Welt – Zitate

Einzelnachweise

  1. Alfons Petzold: Pfad aus der Dämmerung, Wien 1947
Dieser Artikel basiert (teilweise) auf dem Artikel Welt aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike. In Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.