Theodora (Mysteriendrama)

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Theodora ist eine Gestalt aus den Mysteriendramen Rudolf Steiners und tritt hier als Seherin, die noch über alte mediale Fähigkeiten verfügt, in Erscheinung. Bei ihr ist das Willens-Element in naives Sehertum umgewandelt. In Goethes Märchen, das den Ausgangspunkt für Steiners Mysteriendramen bildete, entspricht ihr der Habicht, der, hoch im Himmel fliegend, schon früh die aufgehende Sonne verkündigt. Im ersten Bild in "Die Pforte der Einweihung" hat sie eine Vision von der Wiederkehr des Christus im Ätherischen.

Im 1. Bild der «Pforte der Einweihung» charakterisiert Maria ihr Wesen so:

MARIA:
Die Freundin hat es oft uns dargestellt,
Wie sonderbar es ihr ergangen.
Sie fühlte eines Tages sich wie umgewandelt.
Und nirgends konnte sie Verständnis finden.
Ihr Wesen wirkte überall Befremden nur,
Bis sie in unsre Kreise trat.
Nicht daß wir selbst begreifen könnten,
Was sie mit keinem Menschen teilt;
Doch wir erwerben uns durch unsre Denkungsart
Die volle Anteilnahme auch für Ungewohntes,
Wir lassen jede Art
Des Menschenwesens gelten.
Für unsre Freundin gab es
Im Leben einen Augenblick,
Da sie verschwinden fühlte alles,
Was ihrem eignen Lebenslaufe angehört.
Vergangnes war wie ausgelöscht in ihrer Seele.
Und seit sich diese Wandlung eingestellt,
Erneuert immer wieder sich die Seelenstimmung.
Sie dauert jedesmal nur kurze Zeit.
Im andern Leben ist sie so wie alle Menschen.
Wenn sie in jenen Zustand fällt,
Ermangelt sie fast ganz
Der Gabe der Erinnerung.
Es ist ihr auch des Auges Kraft genommen,
Sie fühlt dann mehr, was sie umgibt.
Sie sieht es nicht.
Dabei erglimmen ihre Augen
In eigenartigem Licht.
Dafür erscheinen ihr Gebilde,
Die anfangs traumhaft waren,
Die jetzt so klar doch sind,
Daß sie als Vorverkündung spätrer Zukunft
Nur zu verstehen sind.
Wir haben dieses oft gesehn.

(Lit.: GA 014, S. 34f)

Theodoras unbewusstes "naives" Sehertum ist ein Nachklang des Bilderbewusstseins des alten Mondes:

"Ich habe versucht, die verschiedenen Typen der Menschen in den Mysteriendramen darzustellen, und auch eine solche Gestalt zu zeichnen, die in das Mondenhafte zurückfällt, die also auf dem physischen Plan unintelligent ist und doch richtige Dinge offenbaren kann, die also unter dem Niveau des normalen irdischen Menschen steht: das ist die Theodora. Die Theodora ist eine Gestalt, bei der gerade gemeint ist, daß sie ein Rückfall in das Mondenbewußtsein ist. Das ist ja sehr klar. Ich möchte sagen, es ist sehr klar dort darauf hingewiesen, wie das ist, indem gesagt ist an der einen Stelle, wo die Theodora auftritt: «Theodora, eine Seherin. Bei ihr ist das Willenselement in naives Sehertum umgewandelt.» Naives Sehertum heißt eben Mondensehertum, selbstverständlich. Es ist ein naives Sehertum, und so ist der Charakter auch durchgeführt. Und aus diesem Grund ist es auch, daß im letzten Mysterium ja nicht mehr die Theodora selbst auftreten kann, sondern nur ihre Seele, weil sie gewisse Dinge nicht mitmachen kann. Gerade diese Mysteriendramen sollten sehr, sehr genau genommen werden." (Lit.: GA 164, S. 60)

Im zweiten Drama, "Die Prüfung der Seele", wird ihre vorige Inkarnation zur Zeit des Spätmittelalters geschildert, in der sie als Cäcilia, genannt Cilli, die Pflegetochter Joseph Kühnes, der vorigen Inkarnation Felix Baldes, war.

In "Der Hüter der Schwelle" ist Theodora bereits seit 7 Jahren die Gattin Doktor Straders, der schon im ersten Drama trotz seiner skeptischen Haltung gegenüber aller geistigen Erkenntnis von ihrer Vision tief beeindruckt war.

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Vier Mysteriendramen, GA 14 (1998), ISBN 3-7274-0140-0
  2. Rudolf Steiner: Der Wert des Denkens für eine den Menschen befriedigende Erkenntnis, GA 164 (1984), ISBN 3-7274-1640-8 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
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