Unvoreingenommenheit und Inneres Gleichgewicht: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Unvoreingenommenheit''', '''Vorurteilslosigkeit''' oder '''Glaube''' im okkulten Sinn ist die fünfte der sogenannten [[Nebenübungen]], die nach [[Rudolf Steiner]] eine notwendige Vorbedingung für jede [[Schulungsweg|geistige Schulung]] ist. Steiner hat gelegentlich auch die [[vierte Nebenübung]], die darauf gerichtet ist, auch noch in den schlimmsten Dingen den Funken [[Positivität]] zu finden, als ''Unvoreingenommenheit'' bezeichnet, doch nicht auf den Namen, sondern auf den Sinn der Übung ist hier vor allem zu achten. Um was es wirklich geht, ist die '''Offenheit''' für neue [[Erfahrung]]en und [[Idee]]n, wie unglaublich sie auch scheinen mögen.
'''Inneres Gleichgewicht''' zu errreichen, ist die sechste [[Nebenübung]], die nach [[Rudolf Steiner]] eine notwendige Vorbereitung für jeden [[Schulungsweg|geistigen Schulungsweg]] ist. Sie wird dadurch erreicht, dass die fünf vorangehenden Übungen abwechselnd geübt und miteinander ins Gleichgewicht gebracht werden.


{{GZ|Im fünften Monat versuche man dann in sich das Gefühl auszubilden, völlig unbefangen einer jeden neuen Erfahrung gegenüberzutreten. Was uns entgegentritt, wenn die Menschen gegenüber einem eben Gehörten und Gesehenen sagen: «Das habe ich noch nie gehört, das habe ich noch nie gesehen, das glaube ich nicht, das ist eine Täuschung», mit dieser Gesinnung muß der esoterische Schüler vollständig brechen. Er muß bereit sein, jeden Augenblick eine völlig neue Erfahrung entgegenzunehmen. Was er bisher als gesetzmäßig erkannt hat, was ihm als möglich erschienen ist, darf keine Fessel sein für die Aufnahme einer neuen Wahrheit. Es ist zwar radikal ausgesprochen, aber durchaus richtig, daß wenn jemand zu dem esoterischen Schüler kommt und ihm sagt: «Du, der Kirchturm der X-Kirche steht seit dieser Nacht völlig schief», so soll der Esoteriker sich eine Hintertür offen lassen für den möglichen Glauben, daß seine bisherige Kenntnis der Naturgesetze doch noch eine Erweiterung erfahren könne durch eine solche scheinbar unerhörte Tatsache. Wer im fünften Monat seine Aufmerksamkeit darauf lenkt, so gesinnt zu sein, der wird bemerken, daß sich ein Gefühl in seine Seele schleicht, als ob in jenem Raum, von dem bei der Übung im vierten Monat gesprochen wurde, etwas lebendig würde, als ob sich darin etwas regte. Dieses Gefühl ist außerordentlich fein und subtil. Man muß versuchen, dieses subtile Vibrieren in der Umgebung aufmerksam zu erfassen und es gleichsam einströmen zu lassen durch alle fünf Sinne, namentlich durch Auge, Ohr und durch die Haut, insofern diese letztere den Wärmesinn enthält. Weniger Aufmerksamkeit verwende man auf dieser Stufe der esoterischen Entwickelung auf die Eindrücke jener Regungen in den niederen Sinnen, des Geschmacks, Geruchs und des Tastens. Es ist auf dieser Stufe noch nicht gut möglich, die zahlreichen schlechten Einflüsse, die sich unter die auch vorhandenen guten dieses Gebiets einmischen, von diesen zu unterscheiden; daher überläßt der Schüler diese Sache einer späteren Stufe.|245|15ff}}
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"Im sechsten Monat soll man dann versuchen, systematisch in einer regelmäßigen Abwechslung alle fünf Übungen immer wieder und wieder vorzunehmen. Es bildet sich dadurch allmählich ein schönes Gleichgewicht der Seele heraus. Man wird namentlich bemerken, daß etwa vorhandene Unzufriedenheiten mit Erscheinung und Wesen der Welt vollständig verschwinden. Eine allen Erlebnissen versöhnliche Stimmung bemächtigt sich der Seele, die keineswegs Gleichgültigkeit ist, sondern im Gegenteil erst befähigt, tatsächlich bessernd und fortschrittlich in der Welt zu arbeiten. Ein ruhiges Verständnis von Dingen eröffnet sich, die früher der Seele völlig verschlossen waren. Selbst Gang und Gebärde des Menschen ändern sich unter dem Einfluß solcher Übungen, und kann der Mensch gar eines Tages bemerken, daß seine Handschrift einen anderen Charakter angenommen hat, dann darf er sich sagen, daß er eine erste Sprosse auf dem Pfade aufwärts eben im Begriffe zu erreichen ist. Noch einmal muß zweierlei eingeschärft werden:


Steiner hat gelegentlich auch die [[vierte Nebenübung]], die darauf gerichtet ist, auch noch in den schlimmsten Dingen den Funken [[Positivität]] zu finden, als ''Unvoreingenommenheit'' bezeichnet, doch nicht auf den Namen, sondern auf den Sinn der Übung ist hier vor allem zu achten. Bei der fünften Übung geht es darum, dass man sich von allen Vorurteilen befreit, dass man sogar überhaupt alles erworbene Vorwissen zunächst beiseite stellt, und danach trachtet, ein Ding oder eine Situation ganz aus sich selbst heraus zu beurteilen.
Erstens, daß die besprochenen sechs Übungen den schädlichen Einfluß, den andere okkulte Übungen haben können, paralysieren, so daß nur das Günstige vorhanden bleibt. Und zweitens, daß sie den positiven Erfolg der Meditations- und Konzentrationsarbeit eigentlich allein sichern. Selbst die bloße noch so gewissenhafte Erfüllung landläufiger Moral genügt für den Esoteriker noch nicht, denn diese Moral kann sehr egoistisch sein, wenn sich der Mensch sagt: Ich will gut sein, damit ich für gut befunden werde. - Der Esoteriker tut das Gute nicht, weil er für gut befunden werden soll, sondern weil er nach und nach erkennt, daß das Gute allein die Evolution vorwärts bringt, das Böse dagegen und das Unkluge und das Häßliche dieser Evolution Hindernisse in den Weg legen." {{Lit|GA 245 (1968), S 15 ff}}
 
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{{GZ|[[Unvoreingenommenheit|Glaube]]. Das nächste ist der Glaube. Glauben drückt im okkulten Sinne etwas anderes aus, als was man in der gewöhnlichen Sprache darunter versteht. Man soll sich niemals, wenn man in okkulter Entwickelung ist, in seinem Urteil durch seine Vergangenheit die Zukunft bestimmen lassen. Bei der okkulten Entwickelung muß man unter Umständen alles außer acht lassen, was man bisher erlebt hat, um jedem neuen Erleben mit neuem Glauben gegenüberstehen zu können. Das muß der Okkultist bewußt durchführen. Wenn einer zum Beispiel kommt und sagt: Der Turm der Kirche steht schief, er hat sich um 45 Grad geneigt - so würde jeder sagen: Das kann nicht sein. - Der Okkultist muß sich aber noch ein Hintertürchen offen lassen. Ja, er muß so weit gehen, daß er jedes in der Welt Erfolgende, was ihm entgegentritt, glauben kann, sonst verlegt er sich den Weg zu neuen Erfahrungen. Man muß sich frei machen für neue Erfahrungen; dadurch werden der physische und der Ätherleib in eine Stimmung versetzt, die sich vergleichen läßt mit der wollüstigen Stimmung eines Tierwesens, das ein anderes ausbrüten will.|95|119}}
 
Unvoreingenommenheit ist unerlässlich, um das [[Geistselbst]] ([[Manas]]) zu entwickeln und damit bewusst in die [[geistige Welt]] einzutreten.
 
{{GZ|Auf der fünften Stufe entwickeln wir Manas oder Geistselbst.
Da dürfen wir uns nicht festlegen auf dasjenige, was wir bisher
gesehen, gelernt, gehört haben. Wir müssen lernen, von alle dem
abzusehen, uns allem, was uns entgegentritt, ganz wie ausgeleert
von dem Bisherigen zu erhalten. Manas kann nur entwickelt
werden, wenn man lernt, alles, was wir uns durch Eigendenken
erworben haben, doch nur zu empfinden als etwas Minderwertiges
gegenüber dem, was wir uns erwerben können, indem wir
uns den Gedanken öffnen, die aus dem gottgewobenen Kosmos
einströmen. Aus diesen göttlichen Gedanken ist alles, was uns
umgibt, entstanden. Wir haben sie nicht durch unser bisheriges
Denken finden können. Da verbergen es uns die Dinge. Jetzt
lernen wir hinter allem wie ein verborgenes Rätsel dies Göttliche
zu erahnen. Immer mehr lernen wir in Bescheidenheit einsehen,
wie wenig wir bisher von diesen Rätseln ergründet haben. Und
wir lernen, daß wir eigentlich alles aus unserer Seele entfernen
müssen, was wir bisher gelernt haben, daß wir ganz unbefangen,
wie ein Kind, allem entgegentreten müssen — daß sich nur der
Unbefangenheit der Seele darbieten die göttlichen Rätsel, die uns
umgeben. Kindlich muß die Seele werden, um in die Reiche der
Himmel eindringen zu können. Der kindlichen Seele strömt
dann entgegen die verborgene Weisheit - Manas - wie ein Geschenk
der Gnade aus der geistigen Welt.
 
Weiter zu gehen ist für den Menschen nicht nötig, da er
durch diese fünf Stufen den Kontakt mit der geistigen Welt herstellt.
Es muß nun noch durch stete Wiederholung dieser fünf
Übungen zwischen den verschiedenen Fähigkeiten, die durch sie
erlangt werden sollen, die Harmonie des Zusammenwirkens
hergestellt werden. Das bewirkt die sechste Übung.|266c|245f}}


== Literatur ==
== Literatur ==
* [[Rudolf Steiner]]: ''Vor dem Tore der Theosophie'', [[GA 95]] (1978), Zwölfter Vortrag, Stuttgart, 2. September 1906 {{Vorträge|95}}
#Rudolf Steiner: ''Anweisungen für eine esoterische Schulung (Sonderausgabe)'', ([[GA 245]]) (1993)
* [[Rudolf Steiner]]: ''Anweisungen für eine esoterische Schulung (Sonderausgabe)'', ([[GA 245]]) (1993) [http://bdn-steiner.ru/cat/ga/245.pdf pdf] [http://archive.org/details/rudolf-steiner-ga-245 archive.org]
* [[Rudolf Steiner]]: ''Aus den Inhalten der esoterischen Stunden, Band III: 1913 und 1914; 1920 – 1923'', [[GA 266/3]] (1998), ISBN 3-7274-2663-2 {{Vorträge|266c}}


{{GA}}
{{GA}}


[[Kategorie:Schulungsweg]] [[Kategorie:Nebenübungen|206]] [[Kategorie:Sechsgliedriger Pfad|206]] [[Kategorie:Ethisches Prinzip]] [[Kategorie:Ethisches Gut]] [[Kategorie:Tugend|606]] [[Kategorie:Ethische Haltung]]
[[Kategorie:Schulungsweg]]
[[en:Open-mindedness]]

Version vom 25. März 2008, 08:46 Uhr

Inneres Gleichgewicht zu errreichen, ist die sechste Nebenübung, die nach Rudolf Steiner eine notwendige Vorbereitung für jeden geistigen Schulungsweg ist. Sie wird dadurch erreicht, dass die fünf vorangehenden Übungen abwechselnd geübt und miteinander ins Gleichgewicht gebracht werden.

"Im sechsten Monat soll man dann versuchen, systematisch in einer regelmäßigen Abwechslung alle fünf Übungen immer wieder und wieder vorzunehmen. Es bildet sich dadurch allmählich ein schönes Gleichgewicht der Seele heraus. Man wird namentlich bemerken, daß etwa vorhandene Unzufriedenheiten mit Erscheinung und Wesen der Welt vollständig verschwinden. Eine allen Erlebnissen versöhnliche Stimmung bemächtigt sich der Seele, die keineswegs Gleichgültigkeit ist, sondern im Gegenteil erst befähigt, tatsächlich bessernd und fortschrittlich in der Welt zu arbeiten. Ein ruhiges Verständnis von Dingen eröffnet sich, die früher der Seele völlig verschlossen waren. Selbst Gang und Gebärde des Menschen ändern sich unter dem Einfluß solcher Übungen, und kann der Mensch gar eines Tages bemerken, daß seine Handschrift einen anderen Charakter angenommen hat, dann darf er sich sagen, daß er eine erste Sprosse auf dem Pfade aufwärts eben im Begriffe zu erreichen ist. Noch einmal muß zweierlei eingeschärft werden:

Erstens, daß die besprochenen sechs Übungen den schädlichen Einfluß, den andere okkulte Übungen haben können, paralysieren, so daß nur das Günstige vorhanden bleibt. Und zweitens, daß sie den positiven Erfolg der Meditations- und Konzentrationsarbeit eigentlich allein sichern. Selbst die bloße noch so gewissenhafte Erfüllung landläufiger Moral genügt für den Esoteriker noch nicht, denn diese Moral kann sehr egoistisch sein, wenn sich der Mensch sagt: Ich will gut sein, damit ich für gut befunden werde. - Der Esoteriker tut das Gute nicht, weil er für gut befunden werden soll, sondern weil er nach und nach erkennt, daß das Gute allein die Evolution vorwärts bringt, das Böse dagegen und das Unkluge und das Häßliche dieser Evolution Hindernisse in den Weg legen." (Lit.: GA 245 (1968), S 15 ff)

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Anweisungen für eine esoterische Schulung (Sonderausgabe), (GA 245) (1993)
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.