Entelechie und Archetypus: Unterschied zwischen den Seiten

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Unter '''Entelechie''' ({{ELSalt|ἐντελέχεια}}, ''entelecheia'') versteht man in der [[Philosophie]] etwas, das sein Ziel ([[Telos (Philosophie)|Telos]]) in sich selbst hat. Der Begriff wurde von [[Aristoteles]] in der [[Wikipedia:Metaphysik (Aristoteles)|Metaphysik]] IX, 8 eingeführt (''siehe auch'' [[Akt und Potenz]]). Der Ausdruck ''Entelechie'' ist aus drei Bestandteilen (en-tel-echeia) zusammengesetzt: ''en'' (in), ''tel'' von ''telos'' (Ziel), ''echeia'' von ''echein'' (haben/halten).
Als '''Archetypus''' oder '''Archetyp''' ([[Wikipedia:Griechische Sprache|griech.]] [[Urbild]], Mehrzahl: Archetypen) bezeichnet die [[Analytische Psychologie]] die im [[Kollektives Unbewusstes|kollektiven Unbewussten]] angesiedelten Urbilder menschlicher Vorstellungsmuster. Archetypen sind psychische Strukturdominanten, die als unbewusste Wirkfaktoren das [[Bewusstsein]] beeinflussen, dieses präfigurieren und strukturieren. Viele der Archetypen beruhen auf Ur-Erfahrungen der Menschheit wie [[Geburt]], [[Kindheit]], [[Pubertät]], ein Kind bekommen, [[Elternschaft]], das Altwerden, [[Tod]]. Das [[Tiefenpsychologie|tiefenpsychologische]] Konzept geht zurück auf den Schweizer Psychiater und Psychologen [[Carl Gustav Jung]], der die [[Analytische Psychologie]] entwickelte.


== Begriffsbedeutung ==
Ein Archetyp als solcher ist unanschaulich, eben [[unbewusst]], ist in seiner Wirkung aber in [[symbol]]ischen Bildern erfahrbar wie beispielsweise in [[Traum|Träumen]], [[Vision (Religion)|Visionen]], [[Psychose]]n, künstlerischen Erzeugnissen, [[Märchen]] und [[Mythos|Mythen]]. Carl Gustav Jung leitete das Vorkommen von Archetypen aus [[Astrologie]], vergleichender [[Religionswissenschaft]], Träumen, [[Märchen]], [[Sage]]n und Mythen ab.
Der Begriff kann auf verschiedene Weise gedeutet werden.  


=== Entelechie als Reifegestalt ===
=== Die Archetypen und die archetypischen Bilder ===
Es gibt eine begrenzte Anzahl von Archetypen oder Urfiguren, aber eine unbegrenzte Anzahl von archetypischen Bildern also Urbildern, die als [[Symbol]]e erscheinen. Ein archetypisches Symbol zeichnet sich dadurch aus, dass es ein mehrdeutiges Gebilde ist, welches [[Assoziation (Psychologie)|Assoziationen]] zu [[geist]]igen [[Idee]]n auslöst, beispielsweise das Kind, der Krieger, der Wanderer, der Beschützer, der Heilsbringer, Jugend, Alter, Armut, Angst, Früchte, Hausbau, Feuer und Brand, ein Fluss, ein See. Hierbei gibt es Grundassoziationen, die sich in vielen [[Kultur]]en stark ähneln und das kollektive Element des archetypischen Symbols ausmachen (das von vielen oder allen Menschen unbewusst mit einer Idee oder einem Prinzip assoziiert wird).


In dieser Deutung bezeichnet Entelechie ein [[Individuum]], das sein Ziel in sich hat, also ein vollendetes Einzelding, ein Individuum im Vollendungszustand. Beispielsweise ist der [[Schmetterling]] die Entelechie der [[Wikipedia:Raupe (Schmetterling)|Raupe]], da der Schmetterling im Verhältnis zur Raupe die vollendete Gestalt erreicht hat.
Beispielsweise wird ein [[Kreis (Geometrie)|Kreis]] in den meisten [[Kulturkreis]]en als Symbol der Geschlossenheit, der Ganzheit und Vollständigkeit gesehen. Ein Kreuz wird mit den vier Himmelsrichtungen, den vier Jahreszeiten oder vier Elementen und somit mit einer strukturierten Ganzheit, aber auch einem Mittelpunkt assoziiert. Da der Kreis mit den Erscheinungen der Himmelskörper verbunden ist, während das Kreuz mit der Orientierung im Raum zusammenhängt, wird in den meisten Kulturen der Kreis als himmlisch und das Kreuz beziehungsweise Quadrat als irdisch angesehen. Der Kreis ist als [[Mandala]] in vielen Kulturkreisen zu finden, beispielsweise in [[China]], [[Indien]], [[Tibet]], aber auch in [[Neolithikum|neolithischen]] Kulturen, bei den [[Platonismus|Platonikern]] und in der [[Alchemie]].


=== Entelechie als Innehaben von Vollendungspotenzial ===
=== Ähnliche Archetypen, Urfiguren in allen Kulturkreisen ===
Die [[Mythologie]] der unterschiedlichen Kulturkreise weist immer wieder ähnliche oder gleiche Muster, Strukturen oder symbolische Bilder auf, was als Beleg für das Vorhandensein archetypischer Strukturen in der menschlichen Psyche angesehen wird. Beispiele sind hierfür das weltweite Vorkommen von Mythen über die [[Mutterarchetyp|große Mutter]] oder große [[Göttin]] (sog. [[Mutterarchetyp]], beispielsweise die „Große Mutter“ im Heidentum, Shakti im Hinduismus, Maria bei den Katholiken), über [[Held]]en und deren Widersacher ([[Schatten (Archetyp)|Schattenarchetyp]]), aber auch über spezielle Bilder wie den ''[[Baum des Lebens]]'' ([[Kabbala]], [[Christentum]]) oder den [[Weltenbaum]], die bei fast allen Völkern vorkommen, beispielsweise [[Yggdrasil]] in der [[Germanische Mythologie|germanischen Mythologie]], der [[Yaxche-Baum]] der [[Maya]], der Baum mit den Früchten der Unsterblichkeit (in China) oder heilige Bäume wie die [[Eiche]] der [[Druiden]], die [[Sykomore]] als Sitz der [[Göttin]] [[Hathor (Ägyptische Mythologie)|Hathor]] bei den [[Ägyptische Mythologie|Ägyptern]] und der [[Bodhibaum]] im [[Buddhismus]].


Setzt man die beiden ersten Wortbestandteile (en-tel-) als ''entelês'' (vollendet), so bedeutet Entelechie soviel wie "das Vollendete habend", also das Innehaben von vollendeten Fähigkeiten, die prinzipiell jederzeit abrufbar sind. In diesem Sinne bezeichnet Entelechie ein Vermögen eines Individuums, nicht aber das Individuum selbst. Beispielsweise besitzt der Schmetterling die Fähigkeit zu fliegen, daher ist Fliegenkönnen/Flugfähigkeit die Entelechie des Schmetterlings.
Archetypen beruhen auf einer [[Instinkt]]grundlage und stellen eine Art von „arttypischen Programmen“ dar. Sie haben sich [[evolution]]är entwickelt in dem Sinne, dass instinktives Verhalten die Kultur und Bewusstseinsentwicklung des Menschen prägte und dass bestimmte psychische Strukturelemente für das Überleben der Art von Vorteil waren, die dann als archetypische Strukturen über Jahrtausende sich entwickelten und vererbt wurden. Beispiele für ein solches instinktgeprägtes Verhalten sind verschiedene Lebensphasen wie Kindheit und Jugend oder zwischenmenschliche Beziehungen wie das Mutter-Kind-Verhältnis oder die Partnerwahl, jedoch auch das Erforschen der Umwelt, Erlernen der Sprache, Teilnahme am wirtschaftlichen Leben, Verhältnis zur [[Religion]] und die Übernahme von sozialer Verantwortlichkeit.
"[[Leibniz]] bezeichnet die [[Monade]]n als Entelechie, weil sie den Zweck ihrer eigenen Verwirklichung in sich tragen." (siehe Anton Hügli/Poul Lübcke unter Literatur).  


In dieser Bedeutung kann außerdem zwischen aktiver und passiver Entelechie unterschieden werden:
=== Der Archetypus in der Dramaturgie ===
* ''Aktive Entelechie'' ist eine Fähigkeit, die ausgeübt werden kann und somit einem Wirkpotenzial entspricht.  
In Film und Theater bieten sich Archetypen an, um die einzelnen Rollen und ihre jeweilige Funktion zu charakterisieren. Durch Archetypen kann ein Konsens zwischen Darstellern und Publikum hergestellt werden, da man beim Zuschauer die verwendeten Schablonen als bekannt voraussetzen kann. Die meisten Archetypen entwickelten sich aus den Mythologien, die ihrerseits zur Verbreitung auf dramaturgische Mittel angewiesen waren und sind. Die wichtigsten Archetypen sind der Held (und, daraus entwickelt, der Antiheld) und demgegenüber der Widersacher. Für Romanzen ist der Liebhaber zuständig, der häufig zugleich die Rolle des Helden übernimmt.
* ''Passive Entelechie'' ist die Fähigkeit, eine äußere Einwirkung zu erdulden, und entspricht einem Widerstandspotenzial, z. B. der Fähigkeit eines Materials, einem Druck standzuhalten.


== Entelechie und Energie ==
=== Archetypen als Gegenstand in verschiedenen Wissenschaftsbereichen ===
Der Entelechie-Begriff steht bei [[Aristoteles]] in engem Zusammenhang mit dem Energie-Begriff. ''[[Energeia]]'' ist ein weiteres von [[Aristoteles]] geprägtes Kunstwort aus den Wortbestandteilen ''en ergô einai'' (''im Werk sein''). Es bezeichnet die lebendige Wirksamkeit im Unterschied zur ''dynamis'', der bloßen Potenz oder Möglichkeit. Beide Begriffe, Energie und Entelechie, stellen Aspekte des Form-Begriffs dar: Die Form (''eidos'') ist erstens auch Energie, weil sie die [[Wirkursache]] in sich schließt. Die Form ist zweitens auch Entelechie, insofern sie den [[Zweck]] des Wirkens beinhaltet.
In vielen wissenschaftlichen Disziplinen wurde mittlerweile erforscht, inwiefern die menschliche Spezies von arttypischen unbewussten Strukturen geprägt wird. Solche Strukturen sind unter anderen die [[Ethologie]], die [[Anthropologie]], die [[Allgemeine Linguistik|Linguistik]], die [[Hirnforschung]], die [[Soziobiologie]], die [[Psychiatrie]], die [[Kognitionspsychologie]], die [[Evolutionspsychologie]] und die experimentelle [[Traumforschung]]. In diesen Bereichen entstanden für archetypische Strukturen Ausdrücke wie angeborene Auslösemechanismen, Verhaltenssysteme, Tiefenstrukturen, psychobiologische Reaktionsmuster, tief homologe neurale Strukturen, epigenetische Regeln und Darwinsche Algorithmen.


== Der Entelechie-Begriff bei Goethe und Steiner ==
=== Psychologie: Das kollektive Unbewusste mit den Archetypen von C.G. Jung ===
Nach der [[Analytische Psychologie|analytischen Psychologie]] C.G. Jungs sind die Archetypen Manifestationen des [[kollektives Unbewusstes|kollektiven Unbewußten]].


{{GZ|Das "Ganze" (die Idee) bedingt jedes Einzelne aus sich selbst, seinem eigenen Wesen gemäß. Dieses sich aus sich selbst Bestimmende kann man mit Goethe eine ''Entelechie'' nennen. Entelechie ist also die sich aus sich selbst in das Dasein rufende Kraft. Was in die Erscheinung tritt, hat auch sinnenfälliges Dasein, aber dies ist durch jenes entelechische Prinzip bestimmt.|1|59}}
Um zu verdeutlichen was er unter dem Archetypus verstand, brachte [[C.G. Jung]] gern das Beispiel
mit dem in der Mutterlauge vorhandenen, aber nicht sichtbaren Kristallgitter, das erst durch das Anschießen der Ionen und Moleküle als Kristall in Erscheinung tritt. Die so entstandenen Kristalle
basieren zwar alle auf der präformierten Strukturmatrize (dem Kristallgitter), aber treten als sichtbare Erscheinung in den unterschiedlichsten Formen auf (vergleichbar mit dem Bild des Archetypus, welches dann im Bewusstsein erscheint).  <ref>Aniela Jaffé (langjährige Mitarbeiterin C. G. Jungs): ''Der Mythus von Sinn: im Werk von C.G. Jung'', 3. Aufl., Daimon-Verlag 1983, Seite 21-22 [http://books.google.com/books?id=IHWJ5gZ0ytoC&pg=PA21&dq=%22Um+den+Unterschied+zwischen+dem+Archetypus%22&hl=de&sa=X&ei=jdgkUZyIAa3h0wGT74HIAQ&ved=0CCYQ6AEwAA#v=onepage&q=%22Um%20den%20Unterschied%20zwischen%20dem%20Archetypus%22&f=false Buch bei Google Books] </ref> 


{{GZ|Die Idee ist deshalb im Sinne Goethes als Entelechie, d. i. schon als tätiges Dasein zu fassen.|1|234}}
Jung erkannte in Träumen vier Hauptkategorien von archetypischen Symbolen:
* den ''[[Schatten_(Archetypus)|Schatten]]'', welcher der Ich-Sphäre zuzurechnen ist und unterdrückte oder verdrängte Persönlichkeitsanteile enthält, bzw. den „dunklen Doppelgänger“, der die verdrängte Seite der Persönlichkeit symbolisiert und in den Träumen den Helden oder die Heldin verfolgt als Zeichen, dass die unterdrückten Teile der Persönlichkeit bewußt werden "möchten" und integriert werden sollten
* die Sirene, Liebesgöttin oder Sophia ''[[Animus und Anima|Anima]]'' und der Liebhaber bzw. der Märchenprinz ''Animus'', die eigenen gegengeschlechtlichen psychischen Anteile der Persönlichkeit, fordern beim Auftreten im Traum jeweils zur Integration der jeweils andersgeschlechtlichen Eigenschaften im Leben auf
* den ''alten Weisen'' oder ''die alte Weise'', die Weisheitsschicht der Psyche,
* und den Archetyp des ''[[Selbst_(Archetypus)|Selbst]]'', welcher sowohl Ich als auch Unbewusstes umfasst, Zentrum und Umfang der Gesamtpsyche darstellt und die zentrale Selbststeuerungs- und Entwicklungsinstanz der Psyche ist.


{{GZ|Gegenüber
Der <<Archetypus an sich>> ist unerkennbar; er stellt eine <<hypothetische unanschauliche Vorlage>> dar.
dem Vergänglichen, das uns in den einzelnen Ereignissen, die in der
<ref>C. G. Jung: ''Archetypen des koll. Unbewußten'', GW IX 1, Seite  15. Zitiert nach: Aniela Jaffé: ''Der Mythus von Sinn: im Werk von C.G. Jung'', 3. Aufl., Daimon-Verlag 1983, Seite 22 </ref> 
menschlichen Umgebung sind, entgegentritt, stehen die ewigen Ideen.
<<Ob die seelische Struktur und ihre Elemente, eben die Archetypen, überhaupt je entstanden sind, das ist eine Frage der Metaphysik und daher nicht zu beantworten.>>
Das Stoffliche ist vergänglich, es ist nur ein Bild der ewigen Idee, die
<ref>C. G. Jung: '' Mutterarchetypus '', GW IX 1, Seite  114 f. Zitiert nach: Aniela Jaffé: ''Der Mythus von Sinn: im Werk von C.G. Jung'', 3. Aufl., Daimon-Verlag 1983, Seite 21 </ref> 
in immer aufeinanderfolgenden Metamorphosen als Ewiges durch die
zeitlich vergänglichen Erscheinungen durchgeht. So hob Plato seine
Schüler hinauf von der Betrachtung der vergänglichen äußeren sinnlichen Dinge zu den ewigen Ideen, die gewissermaßen als das Himmlische
über dem Irdischen schwebten.


Zu kurz kam bei dieser platonischen Betrachtung der Mensch selber.
Diese Aussagen Jungs machen klar, dass er nicht zu einer konkret erfahrbaren und realen Geistigkeit vorzudringen vermag. Er erkennt nur "wie sich die betreffenden Tatsachen, auf die Ebene der Imagination projiziert, abbilden." <ref>[[Hans Erhard Lauer]]: "Die Rätsel der Seele", 2. Aufl. 1964, S. 109f. (Siehe dazu auch [[Carl Gustav Jung#Analytische Psychologie und Anthroposophie im Vergleich|Analytische Psychologie und Anthroposophie im Vergleich]]) </ref>
Denn im Menschen, in dem die Idee unmittelbar lebendig und gegenständlich
Ähnlich wie Kant, der es das unerreichbare [[Ding an sich]] nennt, spricht er damit dem Menschen die Möglichkeit ab, jemals (etwa durch eine entsprechende Entwicklung, wie der [[Schulungsweg]] Rudolf Steiners) mehr als nur die Wirkungen geistiger Tatsachen zu erfahren.
wird, kann man die platonische Denkweise nicht recht anwenden:
er ist zu individuell. Bei Plato sind die Ideen sozusagen etwas
über den Dingen Schwebendes. Die Mineralien, Kristalle, Quarzkristalle
entsprechen ja dieser Idee, auch die anderen äußeren Dinge der
leblosen Sinneswelt. Bei ''Goethe'' ist es auch so, daß er die Urpflanze
verfolgt, die Typen betrachtet. Bei den Tieren kann man auch so verfahren.
Aber bei dem Menschen ist es so, daß in jeder einzelnen Menschenindividualität
die lebendige Ideenindividualität auch verfolgt
werden muß. Das hat erst ''Aristoteles'' bewirkt, nicht Plato, daß die
Idee als «Entelechie» im Menschen wirksam gesehen wurde.|236|76f}}


{{GZ|Goethe hat erst später in seinem «Faust» eingesetzt: «Faustens Unsterbliches»; zuerst hatte er im Manuskript stehen: «Faustens Entelechie» - Entelechie, diesen aristotelischen Begriff, der in einer viel intimeren Weise das Menschlich-Seelische, das durch die Pforte des Todes geht, ausdrückt, als selbst das Wort «Unsterbliches», das ein negatives Wort ist, während Entelechie ein positives Wort ist.
== Der Archetypus in der Philosophie ==
Aber Goethe hat wohl selber gefühlt, als er schrieb: «Faustens Entelechie wird von den Engeln himmelwärts getragen» -, daß die neuere Menschheit wenig Konkretes sich vorstellt bei dem Ausdruck Entelechie; daher hat er den gebräuchlicheren Ausdruck «Faustens Unsterbliches» dann an die Stelle gesetzt. Aber er hat etwas gefühlt von der Tiefe des Entelechiebegriffs.|171|12}}
Der Begriff verweist in der philosophischen Verwendung zuerst auf [[Platon]] und seinen Begriff der [[Idee]], der damit die metaphysische Wesenheit meint, an der die sinnlich wahrnehmbaren Dinge teilhaben. Nach Platon ist die Idee bzw. die abstrakte, metaphysische Gestalt das Wahre, da sie allein ewig, identisch und vollkommen ist. Solche allgemeinen Urbilder findet man heute z.&nbsp;B. in den Darstellungen der Biologiebücher als [[Urpflanze]] (Goethe) als einheitlicher Bauplan oder Typus aller Blütenpflanzen mit den Bestandteilen Wurzel, Stiel, Blätter und Blüte oder als Grundmuster eines Insekts, eines Wirbeltiers etc. Es handelt sich dabei um ein [[Idealtypus|idealtypisches]] Bild aller Insekten, aller Wirbeltiere etc., also jeweils um ein Urbild. Lebewesen (Pflanzen oder Tiere) mit gleichem Bauplan werden auch als [[Homologie (Biologie)|homolog]] bezeichnet. Jeder Bauplan stellt zwar ein formales, anatomisch bzw. histologisch nachweisbares Kriterium dar, ist aber auch an einen bestimmten spezifischen Leistungsplan gebunden.<ref>[[Otto Schmeil|Schmeil, Otto]]: ''Lehrbuch der Botanik''. Allgemeine Botanik. Band II. bearbeitet von A. Seybold, Quelle & Meyer, Heidelberg <sup>57</sup>1958, Begriff der ''Urpflanze'', Seite 43</ref> <ref>[[Alfred Kühn|Kühn, Alfred]]: ''Grundriß der allgemeinen Zoologie''. (1959) Georg Thieme, Stuttgart <sup>15</sup>1964, Begriff des Bauplans, Seiten 5, 7</ref>
 
Archetypen werden demnach als [[Noumenon]] (Verstandesding) angesehen im Gegensatz zum [[Phänomen|Phainomenon]] (Sinnesding). Archetypen sind im Allgemeinen unanschaulich, nicht empirisch und daher eher dem [[Intuition|intuitiven Denken]] zugehörig.
 
''Archetypus'' wurde als Terminus von [[René Descartes]] und [[John Locke]] in die Philosophie eingeführt. Die Urbilder (Archetypi) sind die Grundlage für Vorstellungen.
 
Bei Locke existieren die Urbilder auch außerhalb des erkennenden Subjekts (in: Versuch über den menschlichen Verstand). Der subjektive Idealist [[George Berkeley]] dagegen erkennt den Archetypus außerhalb des erkennenden Subjekts nicht an, da man nicht beweisen kann, dass es diesen auch gibt. Die Frage ist, ob wir die Welt wahrnehmen wie sie ist, oder nur wie wir sie uns konstruieren.
 
[[Immanuel Kant]] verwendete den Begriff Archetypus im Zusammenhang mit „natura archetypa“. Er bezeichnete damit die urbildliche Natur, die der Mensch bloß in der Vernunft erkennt und deren Gegenbild in der Sinnenwelt die nachgebildete (natura ectypa) darstelle (in: ''Kritik der praktischen Vernunft''). - In der Kritik der reinen Vernunft wird der Begriff im Sinne der göttlichen Vernunft (intellectus archetypus) verwendet im Gegensatz zur menschlichen Vernunft (intellectus ectypus). Durch die göttliche Anschauung und durch das Selbstverständnis Gottes seien alle Gegenstände selbst gegeben (KrV B 68, 72, 135, 138 f., 145, 159, 723). Die menschliche Vernunft (intellectus ectypus) sei nur diskursiv ([[begrifflich]]), nicht anschauend (Prolegomena § 57). {{"|Das Ideal ''[der reinen Vernunft]'' ist ihr ''[der Vernunft]'' das Urbild (Prototypon) aller Dinge, welche insgesamt als mangelhafte Kopien (ectypa) den Stoff zu ihrer Möglichkeit daher nehmen … (B 606).}}
 
[[Friedrich Nietzsche]] hat dem entwicklungsgeschichtlichen Gesichtspunkt der archetypischen Bilder in Träumen Rechnung getragen mit dem Wort: {{"|Im Schlafe und Traume machen wir das ganze Pensum früheren Menschentums durch.|Nietzsche<ref>[[Friedrich Nietzsche|Nietzsche, Friedrich]]: ''Menschlich-Allzumenschliches''. Bd.II, Seite 27 ff.</ref>}}
 
[[Henri Bergson]] betrachtete die Archetypen als „les éternels incréés“ (die ewig Ungeschaffenen).<ref name="JJJ">[[Jolande Jacobi]]: ''Die Psychologie von C.G. Jung''. Eine Einführung in das Gesamtwerk. Mit einem Geleitwort von C.G. Jung. Fischer Taschenbuch, Frankfurt März 1987, ISBN 3-596-26365-4, Seite 50</ref>


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* [[Idee]]
* [[Schematismus (Philosophie)]]
* [[Selbstorganisation]]
* [[Participation mystique]]
* [[Individualität]]
* [[vierte (zukünftige) Hierarchie]]


== Literatur ==
== Literatur ==
*Carl Gustav Jung: ''Traum und Traumdeutung.'' Dtv 2001, ISBN 3-423-35173-X.
*Carl Gustav Jung, Lorenz Jung: ''Archetypen''. ISBN 3-423-35175-6.
*Jolande Jacobi: ''Die Psychologie von C. G. Jung''. ISBN 3-596-26365-4.
*[[Erich Neumann (Psychologe)|Erich Neumann]]: ''Die große Mutter''. ISBN 3-530-60862-9.
*Anthony Stevens: ''Vom Traum und vom Träumen''. ISBN 3-463-40293-9.
*[[Julius Schwabe]]: ''Archtypus und Tierkreis''. 1951.
*Jolande Jacobi: ''Komplex, Archetypus, Symbol''. 1957.
*R. Seifert-Hellwig: ''Bilder, Urbilder, Erscheinungsformen des Archetypus''. 1963.
== Weblinks ==
* [http://kaltric.de/mat/matphil/jung Einführung in die Archetypen des Unbewussten nach C.G. Jung]
== Einzelnachweise ==
<references />


* Anton Hügli/Poul Lübcke (Hg.): ''Philosophielexikon'', rowohlts enzyklopädie, Reinbek b. Hamburg, 6. Auflage 2005, S. 173 ISBN 3-499-55453-4
[[Kategorie:Tiefenpsychologie]]
* [[Rudolf Steiner]]: ''Goethes Naturwissenschaftliche Schriften'', (nach: [[GA 1]]), Vlg. Freies Geistesleben, Stuttgart 1962, S. 59
[[Kategorie:Ontologie]]
* [[Rudolf Steiner]]: ''Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften. Zugleich eine Grundlegung der Geisteswissenschaft (Anthroposophie) (1884-1897)'', [[GA 1]], (1987) {{Schriften|1}}
[[Kategorie:Erkenntnistheorie]]
* [[Rudolf Steiner]]: ''Innere Entwicklungsimpulse der Menschheit - Goethe und die Krisis des neunzehnten Jahrhundert'', [[GA 171]], Dornach 1984 {{Vorträge|171}}
[[Kategorie:Analytische Psychologie]]
* [[Rudolf Steiner]]: ''Esoterische Betrachtungen karmischer Zusammenhänge. Zweiter Band'', [[GA 236]] (1988), ISBN 3-7274-2360-9 {{Vorträge|236}}


{{GA}}


[[Kategorie: Griechische Philosophie]]
[[Kategorie: Ontologie]]
[[Kategorie: Theologie]]
[[en:Entelechy]]
{{Wikipedia}}
{{Wikipedia}}

Version vom 7. März 2013, 15:17 Uhr

Als Archetypus oder Archetyp (griech. Urbild, Mehrzahl: Archetypen) bezeichnet die Analytische Psychologie die im kollektiven Unbewussten angesiedelten Urbilder menschlicher Vorstellungsmuster. Archetypen sind psychische Strukturdominanten, die als unbewusste Wirkfaktoren das Bewusstsein beeinflussen, dieses präfigurieren und strukturieren. Viele der Archetypen beruhen auf Ur-Erfahrungen der Menschheit wie Geburt, Kindheit, Pubertät, ein Kind bekommen, Elternschaft, das Altwerden, Tod. Das tiefenpsychologische Konzept geht zurück auf den Schweizer Psychiater und Psychologen Carl Gustav Jung, der die Analytische Psychologie entwickelte.

Ein Archetyp als solcher ist unanschaulich, eben unbewusst, ist in seiner Wirkung aber in symbolischen Bildern erfahrbar wie beispielsweise in Träumen, Visionen, Psychosen, künstlerischen Erzeugnissen, Märchen und Mythen. Carl Gustav Jung leitete das Vorkommen von Archetypen aus Astrologie, vergleichender Religionswissenschaft, Träumen, Märchen, Sagen und Mythen ab.

Die Archetypen und die archetypischen Bilder

Es gibt eine begrenzte Anzahl von Archetypen oder Urfiguren, aber eine unbegrenzte Anzahl von archetypischen Bildern also Urbildern, die als Symbole erscheinen. Ein archetypisches Symbol zeichnet sich dadurch aus, dass es ein mehrdeutiges Gebilde ist, welches Assoziationen zu geistigen Ideen auslöst, beispielsweise das Kind, der Krieger, der Wanderer, der Beschützer, der Heilsbringer, Jugend, Alter, Armut, Angst, Früchte, Hausbau, Feuer und Brand, ein Fluss, ein See. Hierbei gibt es Grundassoziationen, die sich in vielen Kulturen stark ähneln und das kollektive Element des archetypischen Symbols ausmachen (das von vielen oder allen Menschen unbewusst mit einer Idee oder einem Prinzip assoziiert wird).

Beispielsweise wird ein Kreis in den meisten Kulturkreisen als Symbol der Geschlossenheit, der Ganzheit und Vollständigkeit gesehen. Ein Kreuz wird mit den vier Himmelsrichtungen, den vier Jahreszeiten oder vier Elementen und somit mit einer strukturierten Ganzheit, aber auch einem Mittelpunkt assoziiert. Da der Kreis mit den Erscheinungen der Himmelskörper verbunden ist, während das Kreuz mit der Orientierung im Raum zusammenhängt, wird in den meisten Kulturen der Kreis als himmlisch und das Kreuz beziehungsweise Quadrat als irdisch angesehen. Der Kreis ist als Mandala in vielen Kulturkreisen zu finden, beispielsweise in China, Indien, Tibet, aber auch in neolithischen Kulturen, bei den Platonikern und in der Alchemie.

Ähnliche Archetypen, Urfiguren in allen Kulturkreisen

Die Mythologie der unterschiedlichen Kulturkreise weist immer wieder ähnliche oder gleiche Muster, Strukturen oder symbolische Bilder auf, was als Beleg für das Vorhandensein archetypischer Strukturen in der menschlichen Psyche angesehen wird. Beispiele sind hierfür das weltweite Vorkommen von Mythen über die große Mutter oder große Göttin (sog. Mutterarchetyp, beispielsweise die „Große Mutter“ im Heidentum, Shakti im Hinduismus, Maria bei den Katholiken), über Helden und deren Widersacher (Schattenarchetyp), aber auch über spezielle Bilder wie den Baum des Lebens (Kabbala, Christentum) oder den Weltenbaum, die bei fast allen Völkern vorkommen, beispielsweise Yggdrasil in der germanischen Mythologie, der Yaxche-Baum der Maya, der Baum mit den Früchten der Unsterblichkeit (in China) oder heilige Bäume wie die Eiche der Druiden, die Sykomore als Sitz der Göttin Hathor bei den Ägyptern und der Bodhibaum im Buddhismus.

Archetypen beruhen auf einer Instinktgrundlage und stellen eine Art von „arttypischen Programmen“ dar. Sie haben sich evolutionär entwickelt in dem Sinne, dass instinktives Verhalten die Kultur und Bewusstseinsentwicklung des Menschen prägte und dass bestimmte psychische Strukturelemente für das Überleben der Art von Vorteil waren, die dann als archetypische Strukturen über Jahrtausende sich entwickelten und vererbt wurden. Beispiele für ein solches instinktgeprägtes Verhalten sind verschiedene Lebensphasen wie Kindheit und Jugend oder zwischenmenschliche Beziehungen wie das Mutter-Kind-Verhältnis oder die Partnerwahl, jedoch auch das Erforschen der Umwelt, Erlernen der Sprache, Teilnahme am wirtschaftlichen Leben, Verhältnis zur Religion und die Übernahme von sozialer Verantwortlichkeit.

Der Archetypus in der Dramaturgie

In Film und Theater bieten sich Archetypen an, um die einzelnen Rollen und ihre jeweilige Funktion zu charakterisieren. Durch Archetypen kann ein Konsens zwischen Darstellern und Publikum hergestellt werden, da man beim Zuschauer die verwendeten Schablonen als bekannt voraussetzen kann. Die meisten Archetypen entwickelten sich aus den Mythologien, die ihrerseits zur Verbreitung auf dramaturgische Mittel angewiesen waren und sind. Die wichtigsten Archetypen sind der Held (und, daraus entwickelt, der Antiheld) und demgegenüber der Widersacher. Für Romanzen ist der Liebhaber zuständig, der häufig zugleich die Rolle des Helden übernimmt.

Archetypen als Gegenstand in verschiedenen Wissenschaftsbereichen

In vielen wissenschaftlichen Disziplinen wurde mittlerweile erforscht, inwiefern die menschliche Spezies von arttypischen unbewussten Strukturen geprägt wird. Solche Strukturen sind unter anderen die Ethologie, die Anthropologie, die Linguistik, die Hirnforschung, die Soziobiologie, die Psychiatrie, die Kognitionspsychologie, die Evolutionspsychologie und die experimentelle Traumforschung. In diesen Bereichen entstanden für archetypische Strukturen Ausdrücke wie angeborene Auslösemechanismen, Verhaltenssysteme, Tiefenstrukturen, psychobiologische Reaktionsmuster, tief homologe neurale Strukturen, epigenetische Regeln und Darwinsche Algorithmen.

Psychologie: Das kollektive Unbewusste mit den Archetypen von C.G. Jung

Nach der analytischen Psychologie C.G. Jungs sind die Archetypen Manifestationen des kollektiven Unbewußten.

Um zu verdeutlichen was er unter dem Archetypus verstand, brachte C.G. Jung gern das Beispiel mit dem in der Mutterlauge vorhandenen, aber nicht sichtbaren Kristallgitter, das erst durch das Anschießen der Ionen und Moleküle als Kristall in Erscheinung tritt. Die so entstandenen Kristalle basieren zwar alle auf der präformierten Strukturmatrize (dem Kristallgitter), aber treten als sichtbare Erscheinung in den unterschiedlichsten Formen auf (vergleichbar mit dem Bild des Archetypus, welches dann im Bewusstsein erscheint). [1]

Jung erkannte in Träumen vier Hauptkategorien von archetypischen Symbolen:

  • den Schatten, welcher der Ich-Sphäre zuzurechnen ist und unterdrückte oder verdrängte Persönlichkeitsanteile enthält, bzw. den „dunklen Doppelgänger“, der die verdrängte Seite der Persönlichkeit symbolisiert und in den Träumen den Helden oder die Heldin verfolgt als Zeichen, dass die unterdrückten Teile der Persönlichkeit bewußt werden "möchten" und integriert werden sollten
  • die Sirene, Liebesgöttin oder Sophia Anima und der Liebhaber bzw. der Märchenprinz Animus, die eigenen gegengeschlechtlichen psychischen Anteile der Persönlichkeit, fordern beim Auftreten im Traum jeweils zur Integration der jeweils andersgeschlechtlichen Eigenschaften im Leben auf
  • den alten Weisen oder die alte Weise, die Weisheitsschicht der Psyche,
  • und den Archetyp des Selbst, welcher sowohl Ich als auch Unbewusstes umfasst, Zentrum und Umfang der Gesamtpsyche darstellt und die zentrale Selbststeuerungs- und Entwicklungsinstanz der Psyche ist.

Der <<Archetypus an sich>> ist unerkennbar; er stellt eine <<hypothetische unanschauliche Vorlage>> dar. [2] <<Ob die seelische Struktur und ihre Elemente, eben die Archetypen, überhaupt je entstanden sind, das ist eine Frage der Metaphysik und daher nicht zu beantworten.>> [3]

Diese Aussagen Jungs machen klar, dass er nicht zu einer konkret erfahrbaren und realen Geistigkeit vorzudringen vermag. Er erkennt nur "wie sich die betreffenden Tatsachen, auf die Ebene der Imagination projiziert, abbilden." [4] Ähnlich wie Kant, der es das unerreichbare Ding an sich nennt, spricht er damit dem Menschen die Möglichkeit ab, jemals (etwa durch eine entsprechende Entwicklung, wie der Schulungsweg Rudolf Steiners) mehr als nur die Wirkungen geistiger Tatsachen zu erfahren.

Der Archetypus in der Philosophie

Der Begriff verweist in der philosophischen Verwendung zuerst auf Platon und seinen Begriff der Idee, der damit die metaphysische Wesenheit meint, an der die sinnlich wahrnehmbaren Dinge teilhaben. Nach Platon ist die Idee bzw. die abstrakte, metaphysische Gestalt das Wahre, da sie allein ewig, identisch und vollkommen ist. Solche allgemeinen Urbilder findet man heute z. B. in den Darstellungen der Biologiebücher als Urpflanze (Goethe) als einheitlicher Bauplan oder Typus aller Blütenpflanzen mit den Bestandteilen Wurzel, Stiel, Blätter und Blüte oder als Grundmuster eines Insekts, eines Wirbeltiers etc. Es handelt sich dabei um ein idealtypisches Bild aller Insekten, aller Wirbeltiere etc., also jeweils um ein Urbild. Lebewesen (Pflanzen oder Tiere) mit gleichem Bauplan werden auch als homolog bezeichnet. Jeder Bauplan stellt zwar ein formales, anatomisch bzw. histologisch nachweisbares Kriterium dar, ist aber auch an einen bestimmten spezifischen Leistungsplan gebunden.[5] [6]

Archetypen werden demnach als Noumenon (Verstandesding) angesehen im Gegensatz zum Phainomenon (Sinnesding). Archetypen sind im Allgemeinen unanschaulich, nicht empirisch und daher eher dem intuitiven Denken zugehörig.

Archetypus wurde als Terminus von René Descartes und John Locke in die Philosophie eingeführt. Die Urbilder (Archetypi) sind die Grundlage für Vorstellungen.

Bei Locke existieren die Urbilder auch außerhalb des erkennenden Subjekts (in: Versuch über den menschlichen Verstand). Der subjektive Idealist George Berkeley dagegen erkennt den Archetypus außerhalb des erkennenden Subjekts nicht an, da man nicht beweisen kann, dass es diesen auch gibt. Die Frage ist, ob wir die Welt wahrnehmen wie sie ist, oder nur wie wir sie uns konstruieren.

Immanuel Kant verwendete den Begriff Archetypus im Zusammenhang mit „natura archetypa“. Er bezeichnete damit die urbildliche Natur, die der Mensch bloß in der Vernunft erkennt und deren Gegenbild in der Sinnenwelt die nachgebildete (natura ectypa) darstelle (in: Kritik der praktischen Vernunft). - In der Kritik der reinen Vernunft wird der Begriff im Sinne der göttlichen Vernunft (intellectus archetypus) verwendet im Gegensatz zur menschlichen Vernunft (intellectus ectypus). Durch die göttliche Anschauung und durch das Selbstverständnis Gottes seien alle Gegenstände selbst gegeben (KrV B 68, 72, 135, 138 f., 145, 159, 723). Die menschliche Vernunft (intellectus ectypus) sei nur diskursiv (begrifflich), nicht anschauend (Prolegomena § 57). „Das Ideal [der reinen Vernunft] ist ihr [der Vernunft] das Urbild (Prototypon) aller Dinge, welche insgesamt als mangelhafte Kopien (ectypa) den Stoff zu ihrer Möglichkeit daher nehmen … (B 606).“

Friedrich Nietzsche hat dem entwicklungsgeschichtlichen Gesichtspunkt der archetypischen Bilder in Träumen Rechnung getragen mit dem Wort: „Im Schlafe und Traume machen wir das ganze Pensum früheren Menschentums durch.“ (Nietzsche[7])

Henri Bergson betrachtete die Archetypen als „les éternels incréés“ (die ewig Ungeschaffenen).[8]

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Aniela Jaffé (langjährige Mitarbeiterin C. G. Jungs): Der Mythus von Sinn: im Werk von C.G. Jung, 3. Aufl., Daimon-Verlag 1983, Seite 21-22 Buch bei Google Books
  2. C. G. Jung: Archetypen des koll. Unbewußten, GW IX 1, Seite 15. Zitiert nach: Aniela Jaffé: Der Mythus von Sinn: im Werk von C.G. Jung, 3. Aufl., Daimon-Verlag 1983, Seite 22
  3. C. G. Jung: Mutterarchetypus , GW IX 1, Seite 114 f. Zitiert nach: Aniela Jaffé: Der Mythus von Sinn: im Werk von C.G. Jung, 3. Aufl., Daimon-Verlag 1983, Seite 21
  4. Hans Erhard Lauer: "Die Rätsel der Seele", 2. Aufl. 1964, S. 109f. (Siehe dazu auch Analytische Psychologie und Anthroposophie im Vergleich)
  5. Schmeil, Otto: Lehrbuch der Botanik. Allgemeine Botanik. Band II. bearbeitet von A. Seybold, Quelle & Meyer, Heidelberg 571958, Begriff der Urpflanze, Seite 43
  6. Kühn, Alfred: Grundriß der allgemeinen Zoologie. (1959) Georg Thieme, Stuttgart 151964, Begriff des Bauplans, Seiten 5, 7
  7. Nietzsche, Friedrich: Menschlich-Allzumenschliches. Bd.II, Seite 27 ff.
  8. Jolande Jacobi: Die Psychologie von C.G. Jung. Eine Einführung in das Gesamtwerk. Mit einem Geleitwort von C.G. Jung. Fischer Taschenbuch, Frankfurt März 1987, ISBN 3-596-26365-4, Seite 50


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