imported>Joachim Stiller |
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| Das Wort [[Idee]] ([[Griechische Sprache|griech.]]: {{polytonisch|εἶδος}} (''eidos'') / {{polytonisch|ἰδέα}} (''idea'') = „[[Vorstellung]], [[Bild]], Musterbild, '''Vorbild''' oder '''Urbild''', Idee“) wird erstmals von Platon in [[Philosophie|philosophischen]] Zusammenhängen gebraucht, um das [[Was]] der Dinge, ihr [[Wesen]], ihr [[An sich]], zu bezeichnen und leitet sich vom griechischen Wort für „sehen, erblicken, erkennen“ (''idein'')<ref>vgl. z.B. [[Wikipedia:Pierre Chantraine|Pierre Chantraine]]: ''Dictionnaire étymologique de la langue grecque. Histoire des mots'', Paris 2009, S. 438;<br /> [[Wikipedia:Hjalmar Frisk|Hjalmar Frisk]]: ''Griechisches etymologisches Wörterbuch'', Band 1, Heidelberg 1960, S. 708.</ref> her und bedeutet demnach: das Gesehene. Die Idee bezeichnet dabei zunächst ganz allgemein eine [[Geist|geistige]] [[Vorstellung]], einen [[Gedanke]]n bzw. [[Begriff]].
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| {{GZ|Ideen sind qualitativ von Begriffen nicht verschieden. Sie sind nur inhaltsvollere, gesättigtere und umfangreichere Begriffe.|4|57}}
| | [[Kategorie:Pädagoge]] |
| | | [[Kategorie:Pädagogik]] |
| Ideen erfassen das [[Allgemeines|Allgemeine]], die [[Universalien]], im Gegensatz zu dem sinnlich erscheinenden [[Einzelnes|Einzelnen]]. Im Sinne der platonischen [[Ideenlehre]] könnte man also sagen: Immer wenn wir sehen, ''idealisieren'' wir - und nur dadurch erkennen wir die Dinge als das, was sie sind, d.h. wir heben in unserem [[Bewusstsein]] durch '''Idealisierung''' aus der gegebenen [[Realität]] deren eigentliches [[Wesen]] heraus. Im [[Geist|Geiste]] geben wir den [[Chaos|chaotischen]] Sinnesdaten eine ideale [[Gestalt]], durch die sich erst ihre [[Wahrheit|wahre]], [[geist]]ige [[Wirklichkeit]] kundgibt, dergegenüber die bloße [[Sinnenwelt]] nur schattenhaft anmutet. Platon hat darüber in seiner «[[Politeia]]» in dem berühmten [[Höhlengleichnis]] ausführlich gesprochen. Dem [[Philosophieren]] liege eine geistiges „Sehen“, eine übersinnliche „Schau“ der reinen Ideen, eine '''Ideenschau''', zugrunde. Die urbildhaften Ideen existieren unabhängig von den sinnlich fassbaren Dingen, die ihr [[Sein]] und [[Wesen]] nur der [[Teilhabe]] (''[[methexis]]'') an den unwandelbaren ewigen Ideen verdanken; sie sind nur eine vergängliche [[Nachahmung]] (''[[mimesis]]'') ihrer unvergänglichen geistigen Urbilder. Nach [[Aristoteles]] ist das menschliche [[Erkenntnis]]vermögen allerdings so begrenzt, dass die weitaus meisten Ideen nur in bzw. an den vielfältigen sinnlichen Dingen erfahren und daraus durch [[Abstraktion]] herausgehoben werden können. Nur die obersten und allgemeinsten Ideen, etwa die der [[Mathematik]], können rein geistig erfasst werden. [[Thomas von Aquin]] unterschied später die vor allen Einzeldingen in der göttlichen Vernuft lebenden [[universalia ante rem]] von den in den [[Ding]]en wirkenden [[universalia in re]] und den als [[Begriff]]e im [[Verstand]] des Menschen gebildeten [[universalia post rem]].
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| {{LZ|Was man Idee nennt: das, was immer zur Erscheinung kommt und daher als Gesetz aller Erscheinungen uns entgegentritt.|[[Goethe]]: ''Maximen und Reflexionen''<ref>Goethe-BA Bd. 18, S. 642</ref>}}
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| == Die Ideenwelt ==
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| Ideen werden wie [[Begriff]]e durch das [[Denken]] gebildet, wobei [[Rudolf Steiner]] umfangreichere Begriffe als Ideen bezeichnet. Das Insgesamt aller Ideen bildet die '''Ideenwelt''' bzw. '''Gedankenwelt'''.
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| "Durch das Denken entstehen Begriffe und Ideen. Was ein Begriff ist, kann nicht mit Worten gesagt werden. Worte können nur den Menschen darauf aufmerksam machen, dass er Begriffe habe. Wenn jemand einen Baum sieht, so reagiert sein Denken auf seine Beobachtung; zu dem Gegenstande tritt ein ideelles Gegenstück hinzu, und er betrachtet den Gegenstand und das ideelle Gegenstück als zusammengehörig. Wenn der Gegenstand aus seinem Beobachtungsfelde verschwindet, so bleibt nur das ideelle Gegenstück davon zurück. Das letztere ist der Begriff des Gegenstandes. Je mehr sich unsere Erfahrung erweitert, desto größer wird die Summe unserer Begriffe. Die Begriffe stehen aber durchaus nicht vereinzelt da. Sie schließen sich zu einem gesetzmäßigen Ganzen zusammen. Der Begriff «Organismus» schließt sich zum Beispiel an die andern: «gesetzmäßige Entwicklung, Wachstum» an. Andere an Einzeldingen gebildete Begriffe fallen völlig in eins zusammen. Alle Begriffe, die ich mir von Löwen bilde, fallen in den Gesamtbegriff «Löwe» zusammen. Auf diese Weise verbinden sich die einzelnen Begriffe zu einem geschlossenen Begriffssystem, in dem jeder seine besondere Stelle hat. Ideen sind qualitativ von Begriffen nicht verschieden. Sie sind nur inhaltsvollere, gesättigtere und umfangreichere Begriffe...
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| Der Begriff kann nicht aus der Beobachtung gewonnen werden. Das geht schon aus dem Umstande hervor, dass der heranwachsende Mensch sich langsam und allmählich erst die Begriffe zu den Gegenständen bildet, die ihn umgeben. Die Begriffe werden zu der Beobachtung hinzugefügt." {{Lit|{{G|4|57}}}}
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| Im höchsten Sinn ist die Idee ''ewig und einzig'', wie es schon [[Goethe]] ausgedrückt hat. Sie gliedert die Vielzahl der einzelnen [[Begriff]]e der unteilbaren [[Ganzheit]] der [[Kosmos|kosmischen Ordnung]] ein.
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| {{Zitat|Die Idee ist ewig und einzig; daß wir auch den Plural brauchen, ist nicht wohlgetan. Alles, was wir gewahr werden und wovon wir reden können, sind nur Manifestationen der Idee; Begriffe sprechen wir aus, und insofern ist die Idee selbst ein Begriff.|Goethe|''Maximen und Reflexionen''<ref>Goethe-BA Bd. 18, S. 528</ref>}}
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| Dass die „Ideen“ weder im [[platon]]ischen Sinn als gleichsam freischwebende, körperlose [[Entität]]en noch im [[Aristoteles|aristotelisch]]-[[Thomas von Aquin|thomistischen]] Sinn als in den Dingen wirksame Kräfte misszuverstehen sind, hat Rudolf Steiner nachdrücklich betont. Sie sind vielmehr ein freies [[schöpferisch]]es Erzeugnis des menschlichen [[Geist]]es, das nirgendwo existieren würde, wenn es nicht der Mensch durch seine Erkenntnistätigkeit in seinem [[Bewusstsein]] zur [[Erscheinung]] brächte. Nur diese „[[creatio ex nihilo]]“, das „[[Schaffen aus dem Nichts]]“ ist dem [[Geist]] angemessen, der in keiner Weise als irgendwo in der Welt vorhandenes „[[Seiendes]]“ anzusehen ist. Ganz deutlich betonte Rudolf Steiner diesen schöpferischen Charakter des Erkennens auch in dem Ausblick, mit dem seine 1900 veröffentlichen „[[Welt- und Lebensanschauungen im neunzehnten Jahrhundert]]“ ausklingen, die später zu „[[Die Rätsel der Philosophie in ihrer Geschichte als Umriss dargestellt]]“ ([[GA 18]]) erweitert wurden:
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| {{LZ|Wenn ich mit meinen Gedanken die Dinge durchdringe, so füge ich also ein seinem Wesen nach in mir Erlebtes zu den Dingen hinzu. Das Wesen der Dinge kommt mir nicht aus ihnen, sondern ich füge es zu ihnen hinzu. Ich erschaffe eine Ideenwelt, die mir als Wesen der Dinge gilt. Die Dinge erhalten durch mich ihr Wesen. Es ist also unmöglich, nach dem Wesen des Seins zu fragen. Im Erkennen der Ideen enthüllt sich mir gar nichts, was in den Dingen einen Bestand hat. Die Ideenwelt ist mein Erlebnis. Sie ist in keiner anderen Form vorhanden als in der von mir erlebten.|Rudolf Steiner: ''Welt- und Lebensanschauungen im neunzehnten Jahrhundert'', Berlin 1900, [http://www.odysseetheater.org/jump.php?url=http://www.odysseetheater.org/ftp/anthroposophie/Rudolf_Steiner/Faksimiles/GA018_1900.pdf#page=370&view=Fit S. 188]}}
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| Der Geist wirkt in allen Dingen, aber nur im Menschen tritt er durch dessen kreatives Denken als „Idee“ in Erscheinung. Die [[Wahrheit]] ist nichts fertig in der Welt „[[Vorhandenes]]“, sondern etwas [[Freiheit|frei]] und [[Individualität|individuell]] durch das [[Ich]] zu Schaffendes - diesen Standpunkt hatte [[Rudolf Steiner]] schon in seinem [[Philosophie|philosophischen]] Grundlagenwerk «[[Wahrheit und Wissenschaft]]» (1892) vertreten:
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| {{GZ|Das Resultat dieser Untersuchungen ist, dass die Wahrheit
| |
| nicht, wie man gewöhnlich annimmt, die ideelle
| |
| Abspiegelung von irgendeinem Realen ist, sondern ein freies
| |
| Erzeugnis des Menschengeistes, das überhaupt nirgends
| |
| existierte, wenn wir es nicht selbst hervorbrächten. Die
| |
| Aufgabe der Erkenntnis ist nicht: etwas schon anderwärts
| |
| Vorhandenes in begrifflicher Form zu wiederholen, sondern
| |
| die: ein ganz neues Gebiet zu schaffen, das mit der
| |
| sinnenfällig gegebenen Welt zusammen erst die volle
| |
| Wirklichkeit ergibt. Damit ist die höchste Tätigkeit des
| |
| Menschen, sein geistiges Schaffen, organisch dem
| |
| allgemeinen Weltgeschehen eingegliedert. Ohne diese
| |
| Tätigkeit wäre das Weltgeschehen gar nicht als in sich
| |
| abgeschlossene Ganzheit zu denken. Der Mensch ist dem
| |
| Weltlauf gegenüber nicht ein müßiger
| |
| Zuschauer, der innerhalb seines Geistes das bildlich
| |
| wiederholt, was sich ohne sein Zutun im Kosmos vollzieht,
| |
| sondern der tätige Mitschöpfer des Weltprozesses; und das
| |
| Erkennen ist das vollendetste Glied im Organismus des
| |
| Universums.|3|11f|11}}
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| === Subjektivität und Objektivität der Ideenwelt ===
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| Dass die ''Ideenwelt'', die der [[Mensch]] tätig durch das [[Denken]] in seinem [[Bewusstsein]] zur [[Erscheinung]] bringt, nicht nur [[subjektiv]]e Geltung hat, sondern die sich selbst tragende, [[Subjekt]] und [[Objekt]] übergreifende Grundlage der [[Welt]] bildet, hat [[Rudolf Steiner]] schon um [[Wikipedia:1886|1886]] in seinem «[[Credo. Der Einzelne und das All.]]» betont:
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| {{GZ|Die Ideenwelt ist der Urquell und das Prinzip alles Seins.
| |
| In ihr ist unendliche Harmonie und selige Ruhe. Das
| |
| Sein, das sie mit ihrem Lichte nicht beleuchtete, wäre ein
| |
| totes, wesenloses, das keinen Teil hätte an dem Leben
| |
| des Weltganzen. Nur, was sein Dasein von der Idee
| |
| herleitet, das bedeutet etwas am Schöpfungsbaume des
| |
| Universums. Die Idee ist der in sich klare, in sich selbst
| |
| und mit sich selbst sich genügende Geist. Das Einzelne
| |
| muß den Geist in sich haben, sonst fällt es ab, wie ein
| |
| dürres Blatt von jenem Baume, und war umsonst da...|40|15}}
| |
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| In «[[Goethes Weltanschauung]]» bemerkt er dazu später ([[Wikipedia:1897|1897]]):
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| {{GZ|Wenn es dem
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| Menschen wirklich gelingt, sich zu der Idee zu erheben, und
| |
| von der Idee aus die Einzelheiten der Wahrnehmung zu
| |
| begreifen, so vollbringt er dasselbe, was die Natur vollbringt,
| |
| indem sie ihre Geschöpfe aus dem geheimnisvollen Ganzen
| |
| hervorgehen lässt. Solange der Mensch das Wirken und
| |
| Schaffen der Idee nicht
| |
| fühlt, bleibt sein Denken von der lebendigen Natur
| |
| abgesondert. Er muss das Denken als eine bloß subjektive
| |
| Tätigkeit ansehen, die ein abstraktes Bild von der Natur
| |
| entwerfen kann. Sobald er aber fühlt, wie die Idee in seinem
| |
| Innern lebt und tätig ist, betrachtet er sich und die Natur als ein
| |
| Ganzes, und was als Subjektives in seinem Innern erscheint, das
| |
| gilt ihm zugleich als objektiv; er weiß, dass er der Natur nicht
| |
| mehr als Fremder gegenübersteht, sondern er fühlt sich
| |
| verwachsen mit dem Ganzen derselben. Das Subjektive ist
| |
| objektiv geworden; das Objektive von dem Geiste ganz
| |
| durchdrungen. Goethe ist der Meinung, der Grundirrtum Kants
| |
| bestehe darin, dass dieser «das subjektive Erkenntnisvermögen
| |
| nun selbst als Objekt betrachtet und den Punkt, wo subjektiv
| |
| und objektiv zusammentreffen, zwar scharf aber nicht ganz
| |
| richtig sondert.» (Sophien-Ausgabe, 2. Abteilung, Bd. XI, S.376.)
| |
| Das Erkenntnisvermögen erscheint dem Menschen nur so lange
| |
| als subjektiv, als er nicht beachtet, dass die Natur selbst es ist,
| |
| die durch dasselbe spricht. Subjektiv und objektiv treffen
| |
| zusammen, wenn die objektive Ideenwelt im Subjekte auflebt,
| |
| und in dem Geiste des Menschen dasjenige lebt, was in der
| |
| Natur selbst tätig ist. Wenn das der Fall ist, dann hört aller
| |
| Gegensatz von subjektiv und objektiv auf. Dieser Gegensatz hat
| |
| nur eine Bedeutung, solange der Mensch ihn künstlich aufrecht
| |
| erhält, solange er die Ideen als ''seine'' Gedanken betrachtet,
| |
| durch die das Wesen der Natur abgebildet wird, in denen es
| |
| aber nicht selbst wirksam ist. [[Immanuel Kant|Kant]] und die Kantianer hatten
| |
| keine Ahnung davon, dass in den Ideen der Vernunft das
| |
| Wesen, das Ansich der Dinge unmittelbar erlebt wird. Für sie ist
| |
| alles Ideelle ein bloß Subjektives.|6|54f|48}}
| |
| | |
| Und in den «[[Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften]]» heißt es:
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| | |
| {{GZ|Wer dem Denken seine über die Sinnesauffassung
| |
| hinausgehende Wahrnehmungsfähigkeit zuerkennt, der muss
| |
| ihm notgedrungen auch Objekte zuerkennen, die über die
| |
| bloße sinnenfällige Wirklichkeit hinaus liegen. Die Objekte des
| |
| Denkens sind aber die Ideen. Indem sich das Denken der Idee
| |
| bemächtigt, verschmilzt es mit dem Urgrunde des
| |
| Weltendaseins; das, was außen wirkt, tritt in den Geist des
| |
| Menschen ein: er wird mit der objektiven Wirklichkeit auf ihrer
| |
| höchsten Potenz eins. [[Das Gewahrwerden der Idee in der Wirklichkeit ist die wahre Kommunion des Menschen]].
| |
| | |
| Das Denken hat den Ideen gegenüber dieselbe Bedeutung wie
| |
| das Auge dem Lichte, das Ohr dem Ton gegenüber. Es ist Organ
| |
| der Auffassung.|1|125f|120}}
| |
| | |
| {{GZ|Wer weiß, daß der Mensch bei jedem Gedanken einen
| |
| göttlichen Strom in sich einströmen läßt, wer sich dessen bewußt
| |
| ist, der erhält als Folgeerscheinung die Gabe der höheren Erkenntnis.
| |
| Wer weiß, daß Erkenntnis Kommunion ist, der weiß auch,
| |
| daß sie nichts anderes ist, als dasjenige, was sich symbolisiert in
| |
| dem Abendmahl.|266a|48}}
| |
| | |
| === Naturgesetze als in der Welt wirksame Ideen ===
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| | |
| {{Hauptartikel|Naturgesetz}}
| |
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| [[Naturgesetz]]e beschreiben die einseitig [[Raum|räumliche]] und [[Zeit|zeiliche]] Ordnung des [[kosmisch]]en Geschehens, die nur eine schattenhafte [[Offenbarung]] der viel umfassenderen [[geist]]igen Weltordnung ist, die auch eine [[moral]]ische Dimension mit umfasst. Beispiele elementarer Naturgesetze sind das [[Trägheitsgesetz]], das [[Gravitationsgesetz]], die [[Maxwellsche Gleichungen|Maxwellschen Gleichungen]] der [[Elektrodynamik]], die [[Relativitätstheorie]], die [[Quantentheorie]] usw.
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| | |
| Die Naturgesetze sind keineswegs abgesondert von der Natur vorhanden, sondern bilden mit dieser zusammen ein untrennbares [[Ganzes]]. Sie sind unmittelbar in der [[Physische Welt|physischen Welt]] wirksame Ideen. Es liegt nur an der Natur des [[Mensch]]en selbst, dass wir sie auf getrennten Wegen erfahren: Die ''Naturerscheinungen'' durch [[Qualität|qualitative]] [[sinnlich]]e [[Wahrnehmung]] bzw. durch [[Quantität|quantitative]] [[Messgerät|messtechnische]] Registrierung einerseits und die ''Naturgesetze'', indem wir den Zusammenhang der Erscheinungen [[denken]]d erfassen, andererseits.
| |
| | |
| {{GZ|Die Naturgesetze sind Geist, nur daß der Mensch
| |
| in der gewöhnlichen Anschauung diesen Geist nur in dem
| |
| schattenhaften Abglanz der Gedanken wahrnimmt.|52|208|}}
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| Diesen geistigen Charakter der Naturgesetze betonen auch viele [[Physik]]er. So schreibt z.B. der [[Quantenchemie|Quantenchemiker]] [[Wikipedia:Walter Heitler|Walter Heitler]]:
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| {{Zitat|Ein mathematisch formuliertes Gesetz
| |
| ist etwas Geistiges. Wir können es so nennen,
| |
| weil es menschlicher Geist ist, der es erkennt.
| |
| Der Ausdruck Geist mag heute, wo ein
| |
| überbordender Materialismus und Positivismus
| |
| seine zum Teil recht üblen Blüten treibt, nicht
| |
| sehr populär sein. Aber eben deshalb müssen
| |
| wir uns darüber klar werden, was Naturgesetz
| |
| und Naturerkenntnis ist. Die Natur folgt also
| |
| diesem nicht-materiellen geistigen Element,
| |
| dem Gesetz. Folglich sind auch geistige Elemente
| |
| in der Natur selbst verankert. Zu diesen
| |
| gehört die Mathematik, die zur Formulierung
| |
| des Gesetzes nötig ist, sogar hohe und höchste
| |
| Mathematik. Anderseits ist der Forscher der
| |
| begnadet ist, eine Entdeckung zu machen in
| |
| der Lage, eben dieses die Natur durchdringende
| |
| geistige Element zu durchdringen. Und hier zeigt
| |
| sich die Verbindung zwischen dem menschlichen,
| |
| erkennenden Geist und den in der Natur
| |
| existierenden transzendenten Elementen. Am
| |
| besten sehen wir die Sache, wenn wir uns der
| |
| Platonischen Ausdrucksweise bedienen, obwohl Plato diese Art von Naturgesetz
| |
| noch nicht kannte. Demnach wäre das Naturgesetz
| |
| ein Urbild, eine «Idee» - im Sinne des griechischen Wortes Eidea - dem die Natur folgt
| |
| und die der Mensch ''wahrnehmen'' kann. Das ist es dann, was man den Einfall nennt.
| |
| Durch dieses Urbild ist der Mensch mit der Natur verbunden. Der Mensch, der es erkennen kann, die Natur, die ihm als Gesetz folgt.|Walter Heitler|Naturwissenschaft ist Geisteswissenschaft, S. 14f.}}
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| == Man muß sich der Idee erlebend gegenüberstellen können ==
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| Mit [[Abstraktion|abstrakten]] Ideen lässt sich die Wirklichkeit nicht erfassen. Lebendige Ideen entstehen aus einem konkreten künstlerisch-schöpferischen Gestaltungsprozess. Stellt man sich ihnen ''[[erleben]]d'' gegenüber und erfasst sie in ihrer unerschöpflichen Gestaltungsfähigkeit, so bleibt dabei im Denken die volle menschliche [[Freiheit]] gewahrt, während abgestorbene Ideen mit zwingender [[Notwendigkeit]] wirken.
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| <div style="margin-left:20px">
| |
| "Alle wirklichen Philosophen
| |
| waren ''Begriffskünstler''. Für sie wurden die menschlichen
| |
| Ideen zum Kunstmateriale und die wissenschaftliche
| |
| Methode zur künstlerischen Technik. Das abstrakte Denken
| |
| gewinnt dadurch konkretes, individuelles Leben. Die Ideen
| |
| werden Lebensmächte. Wir haben dann nicht bloß ein Wissen
| |
| von den Dingen, sondern wir haben das Wissen zum
| |
| realen, sich selbst beherrschenden Organismus gemacht;
| |
| unser wirkliches, tätiges Bewußtsein hat sich über ein bloß
| |
| passives Aufnehmen von Wahrheiten gestellt.
| |
| | |
| Wie sich die Philosophie als Kunst zur Freiheit des Menschen
| |
| verhält, was die letztere ist, und ob wir ihrer teilhaftig
| |
| sind oder es werden können: das ist die Hauptfrage meiner
| |
| Schrift. Alle anderen wissenschaftlichen Ausführungen stehen
| |
| hier nur, weil sie zuletzt Aufklärung geben über jene, meiner Meinung nach, den Menschen am nächsten liegenden
| |
| Fragen. Eine ''«Philosophie der Freiheit»'' soll in diesen Blättern
| |
| gegeben werden.
| |
| | |
| Alle Wissenschaft wäre nur Befriedigung müßiger Neugierde,
| |
| wenn sie nicht auf die ''Erhöhung des Daseinswertes der menschlichen Persönlichkeit'' hinstrebte. Den wahren
| |
| Wert erhalten die Wissenschaften erst durch eine Darstellung
| |
| der menschlichen Bedeutung ihrer Resultate. Nicht die
| |
| Veredlung eines einzelnen Seelenvermögens kann Endzweck
| |
| des Individuums sein, sondern die Entwicklung aller in uns
| |
| schlummernden Fähigkeiten. Das Wissen hat nur dadurch
| |
| Wert, daß es einen Beitrag liefert zur ''allseitigen'' Entfaltung
| |
| der ''ganzen'' Menschennatur.
| |
| | |
| Diese Schrift faßt deshalb die Beziehung zwischen Wissenschaft
| |
| und Leben nicht so auf, daß der Mensch sich der
| |
| Idee zu beugen hat und seine Kräfte ihrem Dienst weihen
| |
| soll, sondern in dem Sinne, daß er sich der Ideenwelt bemächtigt,
| |
| um sie zu seinen ''menschlichen'' Zielen, die über die
| |
| bloß wissenschaftlichen hinausgehen, zu gebrauchen.
| |
| | |
| '''Man muß sich der Idee erlebend gegenüberstellen können; ''sonst'' gerät man unter ihre Knechtschaft.'''" {{Lit|{{G|4|270f}}}}
| |
| </div>
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| {{LZ|Ideen sind nicht nur ein Segen, sie können ebenso eine große
| |
| Gefahr für die Entwicklung des Menschen darstellen. Sie haben
| |
| die Neigung, den Geist des Menschen einzuschläfern. Das Trügerische
| |
| ist, dass der Mensch meint, indem er bestimmten
| |
| Ideen folgt, handele er selbständig, obwohl er sich ihnen längst
| |
| untergeordnet und ihnen seine Freiheit geopfert hat. Damit
| |
| verwandeln sich die Ideen aber in eine Lüge. Jede Idee wird
| |
| zu einer Lüge, wenn der, der sie vertritt, sich ihr unterordnet.
| |
| Nicht der Mensch bestimmt mehr, sondern eine Vorstellung,
| |
| ein Gedankenfeld, das nicht von ihm stammt und das er nur
| |
| reproduziert. Damit opfert er der Idee aber gerade sein Heiligstes:
| |
| sein schöpferisches Potenzial. Jeder Idee gegenüber, sie
| |
| mag noch so wahr und überzeugend sein, muss er sich seine
| |
| Autonomie bewahren. Gerade heute, wo die Ideen eine sehr
| |
| beherrschende, geradezu magische Wirkung auf die Menschheit
| |
| ausüben, ist es entscheidend, dass der Einzelne den Ideen
| |
| gegenüber schöpferisch bleibt. Es ist unerlässlich, dass er die
| |
| Ideen, die für ihn bestimmend sein sollen, immer wieder neu
| |
| hervorbringt und prüft. Wird das vernachlässigt, verwandelt
| |
| sich jede Wahrheit unbemerkt in eine Lüge. Man kann tatsächlich
| |
| davon ausgehen, dass Ideen die Neigung haben, den Menschen
| |
| zu vereinnahmen und ihm seine Autonomie zu rauben;
| |
| sie sind für ihn deshalb sehr unangenehme Gegner, weil sich
| |
| ihre Macht oft nur schleichend bemerkbar macht. Sie haben
| |
| den Vorteil der Tauschung auf ihrer Seite, denn es geht ein
| |
| geheimnisvoller Wunsch nach Identifikation von ihnen aus, mit
| |
| dem sie den Einzelnen allzu schnell einfangen und überzeugen.
| |
| Selbst die hehrsten und tugendhaftesten Ideen sind nicht davor
| |
| gefeit, ein Gift zu entwickeln, das den Einzelnen so betört, dass
| |
| er eins mit ihnen wird und seine Kritikfähigkeit, seinen gesunden
| |
| Eigensinn fahrenlässt. Er wird zum Anhänger einer Idee,
| |
| sein Denken erstarrt, wird einseitig und intolerant.|Massei, S. 89f}}
| |
| | |
| == Die Ideen als uranfängliche Ursachen ==
| |
| | |
| [[Johannes Scottus Eriugena]] hat im [[Wikipedia:9. Jahrhundert|9. Jahrhundert]] die [[platon]]ische [[Ideenlehre]] im [[christlich]]en Sinn so gedeutet, dass der [[Vater]] die Ideen als Ur- oder Musterbilder im und durch den [[Sohn]] erschuf und durch den [[Heiliger Geist|Heiligen Geist]] verteilt und vervielfältig:
| |
| | |
| {{Zitat|Die uranfänglichen Ursachen werden, wie ich bereits
| |
| früher sagte, bei den Griechen Ideen genannt und
| |
| darunter die ewigen Arten und Formen und unveränderlichen
| |
| Gründe verstanden, nach welchen und in welchen
| |
| die sichtbare und unsichtbare Welt gebildet wird. Darum
| |
| verdienen sie bei den griechischen Weisen Ur- oder Musterbilder
| |
| genannt zu werden, welche der Vater im Sohne
| |
| schuf und durch den h. Geist in ihre Wirkungen vertheilt
| |
| und vervielfältigt. Auch werden sie Vorherbestimmungen
| |
| genannt, sofern in ihnen zugleich und auf einmal und unveränderlich
| |
| vorherbestimmt ist, was durch göttliche Klugheit
| |
| geschieht und geschehen ist und geschehen wird.
| |
| Denn nichts in der sichtbaren und unsichtbaren Creatur
| |
| entsteht auf natürliche Weise, außer was in ihr vornämlich
| |
| und vorzeitlich im Voraus festgestellt und geordnet
| |
| ist. Auch göttliche Willensbestimmungen pflegen sie
| |
| genannt zu werden, weil Gott Alles, was er thun wollte,
| |
| in ihnen uranfänglich und ursächlich that und auch alles
| |
| noch Zukünftige in ihnen von Ewigkeit her geschehen ist.
| |
| Darum heissen sie die Anfänge von Allem, weil Alles,
| |
| was in der sichtbaren oder unsichtbaren Creatur wahrgenommen
| |
| oder gedacht wird, durch die Theilnahme an
| |
| ihnen besteht. Sie selber aber sind Theilhabungen der
| |
| Einen All-Ursache, der höchsten und heiligen Dreiheit, und
| |
| gelten darum als solche, die durch sich sind, weil zwischen
| |
| ihnen und der Einen All-Ursache keine Creatur in der
| |
| Mitte liegt.|Johannes Scottus Eriugena|''Über die Einteilung der Natur''|ref=<ref>Johannes Scotus Erigena, Ludwig Noack (Übers.): ''Über die Eintheilung der Natur'', Verlag von L. Heimann, Berlin 1870, Erste Abtheilung, S. 240 [http://www.odysseetheater.org/jump.php?url=http://www.odysseetheater.org/ftp/bibliothek/Philosophie/Johannes_Scotus_Erigena/Johannes_Scotus_Erigena_Ueber_die_Einteilung_der_Natur.pdf#page=2470&view=Fit]</ref>}}
| |
| | |
| == Literatur ==
| |
| | |
| * [[Wikipedia:Walter Heitler|Walter Heitler]]: ''Naturwissenschaft ist Geisteswissenschaft'', Die Waage, Zürich 1972
| |
| *Rudolf Steiner: ''Welt- und Lebensanschauungen im neunzehnten Jahrhundert'', Verlag Siegfried Cronbach, Berlin 1900 [http://www.odysseetheater.org/jump.php?url=http://www.odysseetheater.org/ftp/anthroposophie/Rudolf_Steiner/Faksimiles/GA018_1900.pdf pdf (1900)]
| |
| *Rudolf Steiner: ''Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften'', [[GA 1]] (1987), ISBN 3-7274-0011-0 {{Schriften|001}}
| |
| *Rudolf Steiner: ''Wahrheit und Wissenschaft'', [[GA 3]] (1980), ISBN 3-7274-0030-7
| |
| *Rudolf Steiner: ''Die Philosophie der Freiheit'', [[GA 4]] (1995), ISBN 3-7274-0040-4 {{Schriften|004}}
| |
| *Rudolf Steiner: ''Goethes Weltanschauung'', [[GA 6]] (1990), ISBN 3-7274-0060-9 {{Schriften|006}}
| |
| *Rudolf Steiner: ''Spirituelle Seelenlehre und Weltbetrachtung'', [[GA 52]] (1986), ISBN 3-7274-0520-1 {{Vorträge|052}}
| |
| *Rudolf Steiner: ''Aus den Inhalten der esoterischen Stunden, Band I: 1904 – 1909'', [[GA 266/1]] (1995), ISBN 3-7274-2661-6 {{Schule|266a}}
| |
| *Karsten Massei: ''Zwiegespräche mit der Erde: Ein innerer Erfahrungsweg'', Futurum Verlag, 2014 ISBN 978-3856362461
| |
| * Joachim Stiller: [http://joachimstiller.de/download/philosophie_platon_ideenlehre.pdf Über die Ideenlehre bei Platon] PDF
| |
| | |
| {{GA}}
| |
| | |
| == Weblinks ==
| |
| #{{Eisler|Idee}}
| |
| #{{Kirchner|Idee}}
| |
| #{{UTB-Philosophie|Thomas Blume|424|Idee}}
| |
| | |
| == Einzelnachweise ==
| |
| | |
| <references/>
| |
| | |
| [[Kategorie:Grundbegriffe]] [[Kategorie:Philosophie]] [[Kategorie:Erkenntnistheorie]] [[Kategorie:Idee|!]] [[Kategorie:Griechische Philosophie]][[Kategorie:Goetheanismus]]
| |
| [[Kategorie:Ideen bilden]] | |