Geschichte

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Geschichte umfasst im weitesten Sinn alles, was im Lauf der Zeit geschehen ist. Im engeren Sinn wird darunter, im Unterschied zur Naturgeschichte, die Menschheitsgeschichte, also die historische und kulturelle Entwicklung der Menschheit verstanden.

„Dasjenige, was heute als Geschichte angesehen wird, das ist nicht viel älter als hundert Jahre. Vorher notierte man Denkwürdigkeiten, notierte man «Geschichten»; aber was man Weltgeschichte nennt, dieses Verfolgen eines Fadens durch die Menschheitsentwickelung, das ist nicht älter als ein bißchen mehr als hundert Jahre.“ (Lit.:GA 177, S. 259f)

„Früher hat man Denkwürdigkeiten beschrieben. Nicht wahr, man bezeichnet es auch nicht als Geschichte, wenn jemand seine sogenannte Familiengeschichte aufschreibt. Sogar das Wort «Geschichte» ist gar nicht alt. In andern Sprachen als in der deutschen Sprache ist das Wort überhaupt nicht vorhanden, denn «Historie» hat einen ganz andern ursprünglichen Zusammenhang. Früher sagte man in der Einzahl «das Geschieht», «das Geschieht der Apostel» zum Beispiel, das ist das, was «geschieht». Und dann hat man die Mehrzahl gebildet: «die Geschichte», was eigentlich nichts anderes ist als die Mehrzahl von «das Geschieht»; heute muß man sagen «die Geschichten». Aber «die Geschichte» bedeuteten in der Schweiz noch vor hundertfünfzig Jahren die Mehrzahl von «das Geschieht», und das hat sich dann übertragen, indem man den Artikel geändert hat in «die Geschichte» - Singular - der Plural ist also später zum weiblichen Singular geworden. Dadurch ist das Wort Geschichte entstanden. Das können Sie aus der Wortgeschichte verfolgen.

Einen Sinn wird der Begriff der Geschichte erst erhalten, wenn geistige Impulse aufgefaßt werden. Da kann man sprechen von dem, was wirklich geschieht, da kann man innerhalb gewisser Grenzen sprechen von dem, was da hinter den Kulissen vorgeht. Die Grenzen sind dadurch gegeben, daß man die Sache vergleicht mit dem, was auch in der äußeren, physischen Welt ist. Man kann sagen, wie der zukünftige Sonnenstand, sagen wir im nächsten Sommer sein wird, aber nicht, wie das Wetter bis in alle Einzelheiten hinein sein wird, das kann man nicht. So treten natürlich auch in der geistigen Welt Dinge auf, die sich so wie das zukünftige Wetter zum zukünftigen Sonnenstand verhalten. Aber im allgemeinen wird man etwas wissen können über den Gang der Menschheitsentwickelung nur aus den geistigen Impulsen heraus. Die Geschichte ist also embryonal, ist heute noch nicht das, was sie sein soll, kann erst etwas werden, wenn sie ihren hundertjährigen Bestand überleitet in die Betrachtung des geistigen Lebens, das hinter dem äußeren Geschehen in der Menschheit sich abspielt.“ (S. 261f)

Geschichtliche Symptomatologie

Um die tieferen Beweggründe des historischen Geschehens erfassen zu können, hat Rudolf Steiner eine geschichtliche Symptomatologie gefordert.

„Man muß, wenn man Geschichte studiert, einen Sinn dafür haben, Symptomatologie zu treiben, das heißt, vieles von dem, was heute als Geschichte genommen wird, nur als Symptom aufzufassen für manches, was viel tiefer dahinterliegt, was wirklich die geistige Strömung ist, die diese Symptome nur trägt. Und so kommt dasjenige, was in den Tiefen der Menschheitsentwicklung ist, tatsächlich auch symptomatisch in diesen oder jenen Zeitkrankheiten zum Vorschein.“ (Lit.:GA 73a, S. 240)

Sehr ausführlich anhand vieler Beispiele hat Rudolf Steiner zu diesem Thema in seinen Vorträgen über «Geschichtliche Symptomatologie» gesprochen.

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Fachwissenschaften und Anthroposophie, GA 73a (2005), ISBN 3-7274-0735-2 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  2. Rudolf Steiner: Die spirituellen Hintergründe der äußeren Welt. Der Sturz der Geister der Finsternis, GA 177 (1999), ISBN 3-7274-1771-4 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  3. Rudolf Steiner: Geschichtliche Symptomatologie, GA 185 (1982), ISBN 3-7274-1850-8 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
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Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.