Gerechtigkeit und Psychoanalyse: Unterschied zwischen den Seiten

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Die '''Gerechtigkeit''' ([[Wikipedia:Griechische Sprache|griech.]] δικαιοσύνη, ''dikaiosýne'', [[Latein|lat.]] ''iustitia'', [[Wikipedia:Englische Sprache|engl.]] und [[Wikipedia:Französische Sprache|franz.]] ''justice'') ist eine der vier von [[Platon]] genannten [[Kardinaltugend]]en. Nach seiner Auffassung ist sie die herausragende [[Tugend]], der gemäß jeder nur das erfüllt, was seine Aufgabe ist (→ [[Idiopragieformel]]) und durch die er die drei [[Seele]]nteile, nämlich das ''Begehrende'', das ''Muthafte'' und das ''Vernünftige'', im rechten Gleichgewicht hält<ref>Platon: [[Wikipedia:Politeia|Politeia]] 443d</ref>. Gerechtigkeit ist derart der Ausdruck der [[Ich-Kraft]], die die [[Seelenkräfte]] des [[Denken]]s, [[Fühlen]]s und [[Wollen]]s in ein ausgewogenes Verhältnis zueinander bringt. Diese innere Ausgewogenheit ist die notwendige Voraussetzung, um auch im äußeren Leben den anderen Menschen gegenüber Gerechtigkeit walten zu lassen. Die Gerechtigkeit ist darüber hinaus ein Maß dafür, wie wir mit dem Göttlichen zusammenhängen. Insofern die [[Aufrichtekraft]] des Menschen ebenfalls Ausdruck seines [[Ich]]s ist, hängt die Gerechtigkeit auch mit dieser zusammen - nur der ''aufrechte'' Mensch kann gerecht sein. Insofern sich der Mensch nur auf der Grundlage des festen Erdbodens aufrichten kann, hängt die Gerechtigkeit auch mit dem [[Erdelement]] bzw. mit der Verdichtung des [[Materie|Materiellen]] zusammen. Für viele [[Kabbala|Kabbalisten]] ist sogar das [[Gott|göttliche]] [[Din|Gericht]], mit seiner Kraft zu trennen und zu scheiden, die eigentliche Ursache für die [[Schöpfung]] der äußeren materiellen Welt, zugleich aber eben dadurch auch die Wurzel des [[Das Böse|Bösen]], der [[Finsternis|Verfinsterung]] des [[Geist]]igen durch die [[Materie]]. Der [[Zaddik]] ({{HeS|צדיק}}), d.h. ein „Rechtschaffener“ oder „Gerechter“, ein als heilig oder moralisch herausragend geachteten Mann im [[Chassidismus]], ist auch in dieser Finsternis ein sicherer Führer zum geistigen [[Licht]]. Von ihm heißt es: ''„Wenn der Sturm daherbraust, ist der Frevler verloren, der Gerechte ist fest gegründet für immer.“'' {{Bibel|Spr|10|25}}
[[Datei:AmaliaFreud.jpg|thumb|Der junge Sigmund Freud mit seiner Mutter Amalie]]
Die '''Psychoanalyse''' (von {{grS|ψυχή}} ''psyche'' ‚Seele‘ und ἀνάλυσις ''analysis'' ‚Zerlegung‘, im Sinne von „Untersuchung, Enträtselung der [[Seele]]“) ist eine [[Psychologie|psychologische]] Theorie, die um 1890 von dem Wiener [[Neurologe]]n [[Sigmund Freud]] begründet wurde. Aus der Psychoanalyse heraus haben sich später die verschiedenen Schulen der [[Tiefenpsychologie]] entwickelt.
 
Der Begriff „Psychoanalyse“ steht sowohl für das auf Freuds Theorien über die [[Psychodynamik]] des [[Unbewusstes|Unbewussten]] gegründete Beschreibungs- und Erklärungsmodell der menschlichen [[Psyche]] als auch für die ''psychoanalytischen Therapien'' – eine Gruppe von Verfahren zur Behandlung innerer und zwischenmenschlicher Konflikte – sowie für die ''psychoanalytische Methodik'', die sich auch mit der Untersuchung [[kultur]]eller Phänomene beschäftigt. In allen drei Aspekten wird die Psychoanalyse bis heute von Klinikern und Forschern weiterentwickelt und verändert; so ist die moderne Psychoanalyse durch einen theoretischen, methodischen und therapeutischen Pluralismus charakterisiert.
 
== Anerkennenswertes ==


[[Datei:GA170_078.gif|thumb|300px|Die 4 [[Kardinaltugend]]en ([[GA 170]], S 78)]]
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"Dieselbe Kraft,
"Diese Psychoanalyse hat wenigstens die Menschen aufmerksam gemacht darauf, dass Seelisches als Seelisches zu nehmen ist." {{Lit|{{G|178|144}}}}
die wir gebrauchen als Kind, wenn wir uns vom kriechenden Wesen
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aufrichten, lebt in uns, wenn wir die Tugend der Gerechtigkeit, die
vierte der von Plato angeführten, haben.


Wer wirklich die Tugend der Gerechtigkeit übt, stellt ein jedes
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Ding, ein jedes Wesen an den richtigen Platz hin, geht aus sich heraus
"Also immerhin sicher ein Weg, auf dem die Leute suchen, aus dem bloßen Materialismus herauszukommen und das Seelische ins Auge zu fassen." {{Lit|{{G|178|135}}}}
und in die andern hinein. Das heißt, in der allumfassenden Gerechtigkeit
leben. In der Weisheit leben, heißt, die besten Früchte ziehen aus
den Kräften, die wir in früheren Inkarnationen aufgespeichert haben.
Und wenn wir da schon hinweisen mußten auf dasjenige, was uns in
den früheren Inkarnationen zuteil war, wo noch göttliche Kräfte uns
durchzogen, müssen wir bei der Gerechtigkeit noch mehr darauf hinweisen:
Wir stammen aus dem Kosmos. Gerechtigkeit üben wir,
wenn wir die Kräfte entfalten, durch die wir mit dem ganzen Kosmos,
aber in geistiger Beziehung, zusammenhängen. Die Gerechtigkeit
stellt das Maß dazu dar, wie ein Mensch mit dem Göttlichen zusammenhängt.
Die Ungerechtigkeit ist, praktisch, gleich dem Gottlosen,
gleich dem, der seinen göttlichen Ursprung verloren hat, und wir
lästern Gott, den Gott, von dem wir abstammen, wenn wir irgendeinem
Menschen Unrecht tun." {{Lit|{{G|159|23}}}}
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Mit der Gerechtigkeit strömt die [[Moral]]ität unmittelbar bis in den [[Physischer Leib|physischen Leib]]:
Werden die Beobachtungen aus der Psychoanalyse richtig interpretiert, können sie für den Geisteswissenschaftler durchaus interessant sein.<ref>{{G|309|98}}</ref>
 
Auch die lindernde Wirkung, durch die Möglichkeit {{"|sich über das auszusprechen, was  einen drückt}}<ref>{{G|130|143}} </ref>, hebt [[Rudolf Steiner]] als positiven Aspekt hervor.
 
== Geistiger Hintergrund ==
 
Die geistige Hintergrund der Erkrankungen, auf deren Heilung die Psychoanalyse abzielt, ist nach [[Rudolf Steiner]] darin zu sehen, dass gegenwärtig der obere, bewusstere Teil des [[Astralleib]]s immer kleiner wird, während der untere, unbewusste Teil immer mehr anwächst. Diese Tendenz wird sich weiter fortsetzen. Dadurch bilden sich im [[Unterbewusstsein]] vermehrt krankheitsbildende «verborgene Seelenprovinzen», die die Psychoanalyse ins [[Bewusstsein]] zu heben versucht, um die durch sie bedingte seelische Verletzung zu heilen.
 
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„Sehen Sie, da finden
Sie heute, indem die naturwissenschaftlich-medizinischen Anschauungen
über den Menschen erweitert werden, daß es Menschen
gibt, die im späteren Leben irgendwie in nervöse Zustände
bekommen, die sich bis in die physische Konstitution des Menschen
hineinerstrecken können, die zu wirklichen Krankheitsbildern
führen. Da sieht dann die gegenwärtige Medizin, wie sie ohnmächtig
ist, diese Krankheitsbilder in irgendeiner Weise anschaulich
zu beherrschen, eine Pathologie bis zur Therapie zu treiben.
Ich war selber ein unmittelbarer Zeitgenosse, als der ausgezeichnete
Wiener Arzt, der Internist Breuer, einmal vor einem solchen Fall
stand, wo etwas auftrat an einer Persönlichkeit, das aus physischer
Forschungsmethode nicht mehr pathologisch zu fassen war. Da
wurde zu der damals ja immer beliebter werdenden Hypnose Zuflucht
genommen. Da versetzte man die Persönlichkeit in eine
Hypnose. Man kam tatsächlich durch das Erforschen des hypnotisehen
Zustandes darauf, wie ein furchtbar schockierendes, ein
furchtbar schreckmachendes Lebensereignis in einer früheren Lebensepoche
da war. Dieses Lebensereignis war gewissermaßen, so
konnte man sich es dazumal nur erklären, hinuntergezogen in die
untere Region des menschlichen Lebens, wo das Unterbewußte,
das Unbewußte lagert. Da bildete es gewissermaßen eine «verborgene
Seelenprovinz». Aber wenn der Mensch auch von so etwas
nichts weiß, so ist es doch da in seinem Leben. Und es kann sogar
krankheitserzeugend da sein. Dann hat man etwas in dem Menschen
drinnen, was nur ein seelisches Erlebnis war, was nachwirkt,
nachrumort, was gewissermaßen eine isolierte Provinz im Seelenleben
ist, deren sich der Mensch nicht bewußt ist.
 
Man kam darauf: Wenn man den Menschen daran erinnert,
wenn man so etwas heraufbringt ins Bewußtsein, so daß er es bewußt
ergreift, so kann es zur Heilung führen.
 
Solche Tatsachen wird man aber im gegenwärtigen Erdenleben
immer mehr und mehr finden. Aber man wird wissen müssen,
wenn man verstehen will, warum die Menschheit befallen wird von
solchen Zuständen - und immer mehr und mehr wird sie davon
befallen werden -, man wird wissen müssen aus einer geistigen
Erkenntnis heraus, wie es mit dem Immer-Kleinerwerden des oberen
Teiles des astralischen Leibes wird, und wie in dem immer
größerwerdenden unteren Teil des astralischen Leibes eine Tendenz
besteht zur Ansammlung von solchen unterbewußten Seelenprovinzen.
Man wird aufsteigen müssen von der seelenhaften Erkenntnis
des Menschen zu der historischen Geist-Erkenntnis, zu
der kosmischen Geist-Erkenntnis, um überhaupt solche Erscheinungen
erklären zu können. Breuer war eine tiefere Natur - ich
kannte ihn sehr gut - und ließ, weil er empfand, daß man in dieser
Weise nicht weitergehen kann mit dem bloßen Wissen der Gegenwart,
sozusagen den Faden der Forschung fallen. Dann nahmen ihn
andere auf, Freud vor allen Dingen und seine Nachfolger, und es
wurde dasjenige daraus, was gegenwärtig als Psychoanalyse überall
funktioniert. Die beruht auf etwas durchaus Wahrem, denn die
Erscheinungen sind da. Man ist genötigt, dasjenige, was sich physisch
ausdrückt, im Seelenhaften zu suchen. Der Gedanke ist richtig;
aber man hat nicht die Wissenschaft, um das zu beherrschen,
denn diese Wissenschaft würde erst die Geisteswissenschaft sein.
Und so tritt diese Psychoanalyse, die auf der ganz natürlichen,
historisch vor sich gehenden Defektheit des oberen astralischen
Leibes des Menschen beruht, mit diesen Tatsachen auf bei Leuten,
die erstens Dilettanten sind in der Seelenforschung, in der Geistesforschung,
aber die auch Dilettanten sind in der Leibesforschung,
in der Körperforschung, denn sie wissen nicht dem Geist in den
Leib hinein zu folgen. So kommen zwei Dilettantismen zusammen,
die wirklich einander gleich sind, denn diese Leute wissen wirklich
so wenig vom wirklichen Seelen- und Geistesleben des Menschen
wie vom physischen und ätherischen Leben. Diese zwei Größen
kommen zusammen, und wenn zwei gleiche Größen aufeinander
wirken, so multiplizieren sie sich: a x a = a<sup>2</sup> oder D x D = D<sup>2</sup>,
Dilettantismus multipliziert mit Dilettantismus ist Dilettantismus
zum Quadrat. Es ist tatsächlich so, daß ein Richtiges, etwas, was
auf ganz richtigen Unterlagen beruht, durch die Ohnmacht der
Forschung in der Gegenwart eben als Dilettantismus sich darstellt.
Aber man sieht in so etwas das Streben nach dem Richtigen. Man
darf so etwas wie Psychoanalyse nicht wiederum hinstellen als etwas,
was des Teufels ist, sondern als etwas, worin sich zeigt, daß
unsere Zeit das will, was sie eben nicht kann, daher so etwas, wie
das, was in der Psychoanalyse auftritt, erst in sein richtiges Fahrwasser
eintreten wird, wenn es in die Geistesforschung mündet.“ {{GZ||227|292ff}}
</div>
 
== Die unzulänglichen Erkenntnismittel der Psychoanalyse ==
 
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"So dass man sagen kann: Psychoanalyse ist in unserer Zeit eine Erscheinung, welche die Menschen nötigt, aufmerksam zu werden auf gewisse Seelenvorgänge; auf der andern Seite aber veranlasst sie die Menschen, solche Seelenerscheinungen mit, ich möchte sagen, unzulänglichen Erkenntnismitteln zu betrachten. Und das ist ganz besonders bedeutsam, weil diese Betrachtung mit unzulänglichen Erkenntnismitteln einer Sache, die ganz augenscheinlich da ist und die menschliche Erkenntnis in der Gegenwart herausfordert, zu den mannigfaltigsten schweren Verirrungen führt und nicht ungefährlich ist für das soziale Leben, für die Fortentwickelung der Erkenntnis und den Einfluß dieser Fortentwickelung der Erkenntnis auf das soziale Leben.
 
Man kann schon sagen: Viertelswahrheiten können unter Umständen schädlicher sein als ganze Irrtümer. Und als eine Art von Viertelswahrheiten müssen schon die Dinge betrachtet werden, welche bei den psychoanalytischen Theoretikern heute zutage treten." {{Lit|{{G|178|124}}}}
</div>


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"Und als vierte umfassende Tugend, die nun in den ganzen physischen
"Die Psychoanalyse macht vor allen Dingen den Fehler, daß sie Erscheinungen isoliert betrachtet, die nur, wenn sie an andere Erscheinungsreihen angeschlossen werden, erklärbar sind. Durch diese einseitige Betrachtung entstehen Fehler." {{Lit|{{G|301|243}}}}
Leib strömt, von dem ich Ihnen gestern gezeigt habe, daß er eigentlich
unsichtbar ist, nennt Plato Dikaiosyne. Das müssen wir übersetzen mit
Gerechtigkeit, obwohl das Wort Gerechtigkeit in den modernen Sprachen
nicht vollständig damit übereinstimmt; denn Gerechtigkeit müssen
wir so nehmen: daß der Mensch sich zu richten weiß, gerecht,
richtungsgemäß, daß er einer menschlichen Richtung folgt im Leben.
Also es ist nicht das abstrakte Wort Gerechtigkeit bloß gemeint, sondern
das Sich-Richtung-Gebende, Sich-Auskennende, Sich-Orientierende
im Leben. So daß wir sagen können: Da hat die Einströmung der
Moralitätssphäre in den ganzen physischen Leib Anteil als Gerechtigkeit
(rot)." {{Lit|{{G|170|79f}}}}
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Die Gerechtigkeit wird auch in der vierten [[Seligpreisung]] der [[Bergpredigt]] angesprochen.
== Hereinwirkung der Toten in das Unterbewusstsein ==


{{Zitat|Selig sind die, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie werden satt werden.|[[Matthäusevangelium]]|{{BB|Mt|5|6}}}}
<div style="margin-left:20px">
"Würde der Materialismus
siegen, so würden die Menschen immer mehr und mehr den Glauben
haben: Alles, was vom Toten übrig ist, ist in der Urne oder im Grabe
verwesend. - Dieser Gedanke ist aber eine reale Macht. Er ist eine
Unwahrheit. Wenn der hier Zurückbleibende denkt: Der Tote ist
nicht mehr lebend, der Tote ist nicht mehr da - , so ist es ein falscher
Gedanke, aber dieser falsche Gedanke ist doch in den Seelen, die ihn
denken, real, ist doch wirklich. Diesen wirklichen Gedanken nimmt
der Tote wahr; er nimmt ihn als sehr bedeutsam für sich wahr. Und
das ist nicht einerlei, sondern im Gegenteil von grundwesentlicher
Bedeutung, ob derjenige, der hier zurückbleibt, in lebendigem innerem
Seelenleben pflegt den Gedanken an den fortlebenden Toten, an
den in der geistigen Welt befindlichen Toten, oder ob er mehr oder
weniger sich dem Jammergedanken hingibt: Der Tote ist eben tot,
verwest. - Das ist nicht nur nicht gleichgültig, sondern es ist ein
ganz wesentlicher Unterschied [...]


Sie bezieht sich laut [[Rudolf Steiner]] auf die [[Empfindungsseele]], in der bereits das [[Ich]] zu wirken beginnt:
Und jetzt beginnt das gefährliche Spiel. Da suchen nun die Psychoanalytiker
alles mögliche als isolierte, unterirdische, verborgene
Seelenprovinz, wie sie sich ausdrücken; suchen nach bei jemand,
der hysterisch in seinem dreißigsten Jahre ist, nach Verirrungen in
seinem siebenten Jahre, die dazumal nicht ausgelebt worden sind,
die man ihm wieder ins Bewußtsein bringen muß, weil dieses Ins-
Bewußtsein-Bringen heilen soll und so weiter. Es ist ein Spiel mit
außerordentlich gefährlichen Waffen! [...] Es ist wahr, in vielen Menschen spielt heute Unterbewußtes,
das nicht heraufkommt ins Bewußtsein. Aber das, was die Psychoanalytiker
herauszufinden glauben, ist in der Regel das allerwenigst
Bedeutsame; deshalb werden auch die Heilerfolge in der Regel recht
fragliche sein. Wenn man irgendeine dreißigjährige Dame findet und
eine sexuelle Verirrung in ihrem vierzehnten Jahre, die sich nicht ausgelebt
hat, und die daher fortwuchert und die Hysterie bewirkt, so
hat man noch das Allerunbeträchtlichste [...]


{{GZ|Wenn wir jetzt zu dem Ich hinauf kommen, so wissen wir, daß
Denken Sie an das, was ich schon angeführt habe. Der Gedanke an
dieses Ich arbeitet in der Empfindungsseele, in der Verstandesseele
den nicht mehr vorhandenen Toten, der lebt in der Seele, lebt irgendwie,
und in der Bewußtseinsseele. Das Ich arbeitet in der Empfindungsseele,
ohne daß die Seele eigentlich viel darüber nachdenkt, lebt bloß
das heißt, es vergeistigt die Empfindungsseele. Dadurch wird
deshalb, weil die Seele heute noch gedankenlos ist, und diese Seele ist
für den Menschen in der äußeren Welt dasjenige zu einer wichtigen
etwas empfindlich für solche gedankenlose Gedanken - dann ist der
Angelegenheit, was gerade durch das Christentum verbreitet werden
Tote durch die ewigen Weltgesetze gezwungen, mit diesen Gedanken
soll: die Allgerechtigkeit ausgießende menschliche Bruderliebe. Was
zu leben; der Tote spukt in der Seele des zurückgebliebenen Lebendigen.
sonst die Empfindungsseele nur im Physischen empfindet, Durst
Dem ist nur zu begegnen dadurch, daß man weiß, der Tote
und Hunger, das muß sie durch das Christentum in bezug auf das
lebt. Und immer mehr und mehr werden durch den Unglauben an das
Geistige zu empfinden lernen: Durst und Hunger nach der allwaltenden
Leben der Toten die Menschen auf dem physischen Plane in Seelenkrankheiten
Gerechtigkeit. Diejenigen, welche so das Zentrum des Menschen
hineingetrieben werden. Es sind in der Regel nicht
im Ich finden, werden dadurch, daß sie an sich selber arbeiten,
sexuelle Jugendverirrungen, es sind die Gedanken des Unglaubens,
befriedigt werden für ihr Verlangen in der Empfindungsseele nach
die diese Erscheinungen bewirken. Denn die Gedanken haben in
allwaltender irdischer Gerechtigkeit. Gotterfüllt werden sie sein, die
unserer Zeit den Beruf, reale Mächte zu werden, nicht nur solche
durch den Christus-Impuls lernen nach Gerechtigkeit zu dürsten
reale Mächte, die für sich wirken; für sich wirken sie, indem die Seele
und zu hungern, wie man nach physischer Nahrung hungert und
nach dem Tode immer ähnlicher wird dem, als was sie sich vorstellt
dürstet, denn durch die starke Kraft in ihrem Innern werden sie dadurch,
in dem Leibe; in höherem Sinne noch werden diese Gedanken reale
daß sie arbeiten an der Gerechtigkeit in der Welt, in sich selber
Mächte dadurch, daß sie sogar Wesen, in diesem Falle die Toten
finden die Sattheit für diese Eigenschaft!|116|89f}}
selber, in einer unrichtigen Weise verbinden mit den Lebenden. Nur
dadurch, daß man, so gut man es kann, die Gedankenverbindung mit
dem Verstorbenen aufrecht erhält als einem Fortlebenden, rettet man
auch sich davor, daß das Verhältnis zum Toten verhängnisvoll wird
für den zurückgebliebenen Lebenden, und in gewisser Beziehung
auch für den Verstorbenen selbst, der fortwährend aus einem ewigen,
weisheitsvollen Gesetze heraus in die Notwendigkeit versetzt ist, in
dem Zurückgebliebenen so zu spuken, daß dem Zurückgebliebenen
dies nicht einmal zum Bewußtsein kommt, sondern in krankhaften
Erscheinungen sich auslebt.


== Anmerkungen ==
Fragen Sie jetzt: Was wird das wirkliche Heilmittel für viele solche
Erscheinungen sein, wie sie dem Psychoanalytiker heute entgegentreten?
- Die Verbreitung der Kenntnis von der geistigen Welt. Die
ist das allgemeine Heilmittel, die allgemeine Therapie, nicht diese
individuelle Behandlung, die man einem einzelnen angedeihen läßt." {{Lit|{{G|178|111ff}}}}
</div>


<references/>
== Psychoanalyse und Karma ==
 
<div style="margin-left:20px">
"Denken Sie sich das Verhältnis des Pädagogen, der psychoanalytisch vorgehen will, zu einem Zögling oder zu einem Patienten. Indem er sich heranmacht an seinen Seeleninhalt, der in die Gefühlssphäre hineinrutscht, macht er sich nicht nur an das individuelle Leben des Menschen heran, sondern er macht sich heran an das umfassende Leben, das über das Individuelle weit hinausgeht. Für dieses umfassende Leben liegen aber zwischen den Menschen nicht Zusammenhänge vor, die sich durch bloße Vorstellungen erschöpfen lassen, sondern die führen hinein in reale Lebenszusammenhänge - das ist sehr wichtig! Denken Sie also, es würde ein solches Verhältnis des psychoanalytischen Erziehers zu dem Zögling stattfinden, so würde das, was sich da abspielt, sich nicht abspielen können bloß auf dem Vorstellungsgebiete, indem man dem Betreffenden etwas beibringt, sondern es würden sich reale karmische Beziehungen anknüpfen müssen, weil man viel mehr in das Leben hineingreift. Man würde gewissermaßen das betreffende Individuum herausreißen aus seinem Karma, würde es in seinem karmischen Verlauf ändern. Das kann nicht gehen, dass man dasjenige, was über das Individuum hinausführt, individuell behandelt, sondern das muss generell, allgemein-menschlich behandelt werden. Wir sind in einer gewissen Zeitepoche zusammengeführt, also muss wirken ein Gemeinsames, sobald man über das Individuelle hinausgeht. Das heißt, es darf nicht gegenübertreten Individuum dem Individuum und das Individuum therapeutisch oder pädagogisch so behandeln, wie es der Psychoanalytiker macht, sondern es muss etwas Allgemeines eintreten. In die Zeitkultur muss etwas hereintreten, was die Seele hinweist auf dasjenige, was sonst unterbewusst bleibt; und das, was heraufzieht, das muss nur Milieu werden, nicht eine Angelegenheit, die sich von Individuum zu Individuum abspielt.
Hier liegt der große Fehler, der gemacht wird, der von einer ungeheuren Tragweite, von einer riesigen Bedeutung ist. Statt die Bestrebung dahinzuführen, das Geistesleben zu durchdringen mit dem, was Wissen von der geistigen Welt werden kann, wie es in der Gegenwart sein muss, sperrt man diejenigen Seelen, an denen sich zeigt, wie das zurückgestaute Geistesleben krankhaft wirkt, in Sanatorien ein und behandelt einen einzelnen. Das kann niemals zu etwas anderem führen, als dass karmisch verworrene Verhältnisse sich anknüpfen, dass aus dem, was sich vollzieht zwischen den Individuen, nicht herauskommt ein wirkliches Heben des unterbewussten Seeleninhaltes, sondern dass sich karmische Beziehungen zwischen den Behandelnden und dem Behandelten anknüpfen, weil es übergreift in das Individuelle." {{Lit|{{G|178|167}}}}
</div>
 
== Siehe auch ==
 
[[Sigmund Freud]], [[Carl Gustav Jung]], [[Assoziation (Psychologie)]], [[Hypnose]]


== Literatur ==
== Literatur ==
#Rudolf Steiner: ''Individuelle Geistwesen und ihr Wirken in der Seele des Menschen'', [[GA 178]] (1992), ISBN 3-7274-1780-3 {{Vorträge|178}}
#Rudolf Steiner: ''Anthroposophische Pädagogik und ihre Voraussetzungen'', [[GA 309]] (1981), ISBN 3-7274-3090-7 {{Vorträge|309}}
#Rudolf Steiner: ''Das esoterische Christentum und die geistige Führung der Menschheit'', [[GA 130]] (1995), ISBN 3-7274-1300-X {{Vorträge|130}}
#Rudolf Steiner: ''Initiations-Erkenntnis'', [[GA 227]] (2000), ISBN 3-7274-2271-8 {{Vorträge|227}}
#Rudolf Steiner: ''Die Erneuerung der pädagogisch-didaktischen Kunst durch Geisteswissenschaft'', [[GA 301]] (1991), ISBN 3-7274-3010-9 {{Vorträge|301}}
#[[Rudy Vandercruysse]]: ''Die therapeutische Dimension des Denkens: anthroposophische Aspekte zur Psychoanalyse'', Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 1999, ISBN 3772518559
{{GA}}


#Rudolf Steiner: ''Der Christus-Impuls und die Entwickelung des Ich-Bewußtseins'', [[GA 116]] (1982), ISBN 3-7274-1160-0 {{Vorträge|116}}
== Einzelnachweise ==
#Rudolf Steiner: ''Das Geheimnis des Todes. Wesen und Bedeutung Mitteleuropas und die europäischen Volksgeister'', [[GA 159]] [GA 159/160] (1980), ISBN 3-7274-1590-8 {{Vorträge|159}}
<references />
#Rudolf Steiner: ''Das Rätsel des Menschen. Die geistigen Hintergründe der menschlichen Geschichte'', [[GA 170]] (1992), ISBN 3-7274-1700-5 {{Vorträge|170}}


{{GA}}
{{Wikipedia}}


[[Kategorie:Grundbegriffe]] [[Kategorie:Ethik]] [[Kategorie:Recht]]
[[Kategorie:Psychoanalyse|!]]

Version vom 21. August 2019, 14:43 Uhr

Der junge Sigmund Freud mit seiner Mutter Amalie

Die Psychoanalyse (von griech. ψυχή psyche ‚Seele‘ und ἀνάλυσις analysis ‚Zerlegung‘, im Sinne von „Untersuchung, Enträtselung der Seele“) ist eine psychologische Theorie, die um 1890 von dem Wiener Neurologen Sigmund Freud begründet wurde. Aus der Psychoanalyse heraus haben sich später die verschiedenen Schulen der Tiefenpsychologie entwickelt.

Der Begriff „Psychoanalyse“ steht sowohl für das auf Freuds Theorien über die Psychodynamik des Unbewussten gegründete Beschreibungs- und Erklärungsmodell der menschlichen Psyche als auch für die psychoanalytischen Therapien – eine Gruppe von Verfahren zur Behandlung innerer und zwischenmenschlicher Konflikte – sowie für die psychoanalytische Methodik, die sich auch mit der Untersuchung kultureller Phänomene beschäftigt. In allen drei Aspekten wird die Psychoanalyse bis heute von Klinikern und Forschern weiterentwickelt und verändert; so ist die moderne Psychoanalyse durch einen theoretischen, methodischen und therapeutischen Pluralismus charakterisiert.

Anerkennenswertes

"Diese Psychoanalyse hat wenigstens die Menschen aufmerksam gemacht darauf, dass Seelisches als Seelisches zu nehmen ist." (Lit.: GA 178, S. 144)

"Also immerhin sicher ein Weg, auf dem die Leute suchen, aus dem bloßen Materialismus herauszukommen und das Seelische ins Auge zu fassen." (Lit.: GA 178, S. 135)

Werden die Beobachtungen aus der Psychoanalyse richtig interpretiert, können sie für den Geisteswissenschaftler durchaus interessant sein.[1]

Auch die lindernde Wirkung, durch die Möglichkeit „sich über das auszusprechen, was einen drückt“[2], hebt Rudolf Steiner als positiven Aspekt hervor.

Geistiger Hintergrund

Die geistige Hintergrund der Erkrankungen, auf deren Heilung die Psychoanalyse abzielt, ist nach Rudolf Steiner darin zu sehen, dass gegenwärtig der obere, bewusstere Teil des Astralleibs immer kleiner wird, während der untere, unbewusste Teil immer mehr anwächst. Diese Tendenz wird sich weiter fortsetzen. Dadurch bilden sich im Unterbewusstsein vermehrt krankheitsbildende «verborgene Seelenprovinzen», die die Psychoanalyse ins Bewusstsein zu heben versucht, um die durch sie bedingte seelische Verletzung zu heilen.

„Sehen Sie, da finden Sie heute, indem die naturwissenschaftlich-medizinischen Anschauungen über den Menschen erweitert werden, daß es Menschen gibt, die im späteren Leben irgendwie in nervöse Zustände bekommen, die sich bis in die physische Konstitution des Menschen hineinerstrecken können, die zu wirklichen Krankheitsbildern führen. Da sieht dann die gegenwärtige Medizin, wie sie ohnmächtig ist, diese Krankheitsbilder in irgendeiner Weise anschaulich zu beherrschen, eine Pathologie bis zur Therapie zu treiben. Ich war selber ein unmittelbarer Zeitgenosse, als der ausgezeichnete Wiener Arzt, der Internist Breuer, einmal vor einem solchen Fall stand, wo etwas auftrat an einer Persönlichkeit, das aus physischer Forschungsmethode nicht mehr pathologisch zu fassen war. Da wurde zu der damals ja immer beliebter werdenden Hypnose Zuflucht genommen. Da versetzte man die Persönlichkeit in eine Hypnose. Man kam tatsächlich durch das Erforschen des hypnotisehen Zustandes darauf, wie ein furchtbar schockierendes, ein furchtbar schreckmachendes Lebensereignis in einer früheren Lebensepoche da war. Dieses Lebensereignis war gewissermaßen, so konnte man sich es dazumal nur erklären, hinuntergezogen in die untere Region des menschlichen Lebens, wo das Unterbewußte, das Unbewußte lagert. Da bildete es gewissermaßen eine «verborgene Seelenprovinz». Aber wenn der Mensch auch von so etwas nichts weiß, so ist es doch da in seinem Leben. Und es kann sogar krankheitserzeugend da sein. Dann hat man etwas in dem Menschen drinnen, was nur ein seelisches Erlebnis war, was nachwirkt, nachrumort, was gewissermaßen eine isolierte Provinz im Seelenleben ist, deren sich der Mensch nicht bewußt ist.

Man kam darauf: Wenn man den Menschen daran erinnert, wenn man so etwas heraufbringt ins Bewußtsein, so daß er es bewußt ergreift, so kann es zur Heilung führen.

Solche Tatsachen wird man aber im gegenwärtigen Erdenleben immer mehr und mehr finden. Aber man wird wissen müssen, wenn man verstehen will, warum die Menschheit befallen wird von solchen Zuständen - und immer mehr und mehr wird sie davon befallen werden -, man wird wissen müssen aus einer geistigen Erkenntnis heraus, wie es mit dem Immer-Kleinerwerden des oberen Teiles des astralischen Leibes wird, und wie in dem immer größerwerdenden unteren Teil des astralischen Leibes eine Tendenz besteht zur Ansammlung von solchen unterbewußten Seelenprovinzen. Man wird aufsteigen müssen von der seelenhaften Erkenntnis des Menschen zu der historischen Geist-Erkenntnis, zu der kosmischen Geist-Erkenntnis, um überhaupt solche Erscheinungen erklären zu können. Breuer war eine tiefere Natur - ich kannte ihn sehr gut - und ließ, weil er empfand, daß man in dieser Weise nicht weitergehen kann mit dem bloßen Wissen der Gegenwart, sozusagen den Faden der Forschung fallen. Dann nahmen ihn andere auf, Freud vor allen Dingen und seine Nachfolger, und es wurde dasjenige daraus, was gegenwärtig als Psychoanalyse überall funktioniert. Die beruht auf etwas durchaus Wahrem, denn die Erscheinungen sind da. Man ist genötigt, dasjenige, was sich physisch ausdrückt, im Seelenhaften zu suchen. Der Gedanke ist richtig; aber man hat nicht die Wissenschaft, um das zu beherrschen, denn diese Wissenschaft würde erst die Geisteswissenschaft sein. Und so tritt diese Psychoanalyse, die auf der ganz natürlichen, historisch vor sich gehenden Defektheit des oberen astralischen Leibes des Menschen beruht, mit diesen Tatsachen auf bei Leuten, die erstens Dilettanten sind in der Seelenforschung, in der Geistesforschung, aber die auch Dilettanten sind in der Leibesforschung, in der Körperforschung, denn sie wissen nicht dem Geist in den Leib hinein zu folgen. So kommen zwei Dilettantismen zusammen, die wirklich einander gleich sind, denn diese Leute wissen wirklich so wenig vom wirklichen Seelen- und Geistesleben des Menschen wie vom physischen und ätherischen Leben. Diese zwei Größen kommen zusammen, und wenn zwei gleiche Größen aufeinander wirken, so multiplizieren sie sich: a x a = a2 oder D x D = D2, Dilettantismus multipliziert mit Dilettantismus ist Dilettantismus zum Quadrat. Es ist tatsächlich so, daß ein Richtiges, etwas, was auf ganz richtigen Unterlagen beruht, durch die Ohnmacht der Forschung in der Gegenwart eben als Dilettantismus sich darstellt. Aber man sieht in so etwas das Streben nach dem Richtigen. Man darf so etwas wie Psychoanalyse nicht wiederum hinstellen als etwas, was des Teufels ist, sondern als etwas, worin sich zeigt, daß unsere Zeit das will, was sie eben nicht kann, daher so etwas, wie das, was in der Psychoanalyse auftritt, erst in sein richtiges Fahrwasser eintreten wird, wenn es in die Geistesforschung mündet.“ (Lit.:GA 227, S. 292ff)

Die unzulänglichen Erkenntnismittel der Psychoanalyse

"So dass man sagen kann: Psychoanalyse ist in unserer Zeit eine Erscheinung, welche die Menschen nötigt, aufmerksam zu werden auf gewisse Seelenvorgänge; auf der andern Seite aber veranlasst sie die Menschen, solche Seelenerscheinungen mit, ich möchte sagen, unzulänglichen Erkenntnismitteln zu betrachten. Und das ist ganz besonders bedeutsam, weil diese Betrachtung mit unzulänglichen Erkenntnismitteln einer Sache, die ganz augenscheinlich da ist und die menschliche Erkenntnis in der Gegenwart herausfordert, zu den mannigfaltigsten schweren Verirrungen führt und nicht ungefährlich ist für das soziale Leben, für die Fortentwickelung der Erkenntnis und den Einfluß dieser Fortentwickelung der Erkenntnis auf das soziale Leben.

Man kann schon sagen: Viertelswahrheiten können unter Umständen schädlicher sein als ganze Irrtümer. Und als eine Art von Viertelswahrheiten müssen schon die Dinge betrachtet werden, welche bei den psychoanalytischen Theoretikern heute zutage treten." (Lit.: GA 178, S. 124)

"Die Psychoanalyse macht vor allen Dingen den Fehler, daß sie Erscheinungen isoliert betrachtet, die nur, wenn sie an andere Erscheinungsreihen angeschlossen werden, erklärbar sind. Durch diese einseitige Betrachtung entstehen Fehler." (Lit.: GA 301, S. 243)

Hereinwirkung der Toten in das Unterbewusstsein

"Würde der Materialismus siegen, so würden die Menschen immer mehr und mehr den Glauben haben: Alles, was vom Toten übrig ist, ist in der Urne oder im Grabe verwesend. - Dieser Gedanke ist aber eine reale Macht. Er ist eine Unwahrheit. Wenn der hier Zurückbleibende denkt: Der Tote ist nicht mehr lebend, der Tote ist nicht mehr da - , so ist es ein falscher Gedanke, aber dieser falsche Gedanke ist doch in den Seelen, die ihn denken, real, ist doch wirklich. Diesen wirklichen Gedanken nimmt der Tote wahr; er nimmt ihn als sehr bedeutsam für sich wahr. Und das ist nicht einerlei, sondern im Gegenteil von grundwesentlicher Bedeutung, ob derjenige, der hier zurückbleibt, in lebendigem innerem Seelenleben pflegt den Gedanken an den fortlebenden Toten, an den in der geistigen Welt befindlichen Toten, oder ob er mehr oder weniger sich dem Jammergedanken hingibt: Der Tote ist eben tot, verwest. - Das ist nicht nur nicht gleichgültig, sondern es ist ein ganz wesentlicher Unterschied [...]

Und jetzt beginnt das gefährliche Spiel. Da suchen nun die Psychoanalytiker alles mögliche als isolierte, unterirdische, verborgene Seelenprovinz, wie sie sich ausdrücken; suchen nach bei jemand, der hysterisch in seinem dreißigsten Jahre ist, nach Verirrungen in seinem siebenten Jahre, die dazumal nicht ausgelebt worden sind, die man ihm wieder ins Bewußtsein bringen muß, weil dieses Ins- Bewußtsein-Bringen heilen soll und so weiter. Es ist ein Spiel mit außerordentlich gefährlichen Waffen! [...] Es ist wahr, in vielen Menschen spielt heute Unterbewußtes, das nicht heraufkommt ins Bewußtsein. Aber das, was die Psychoanalytiker herauszufinden glauben, ist in der Regel das allerwenigst Bedeutsame; deshalb werden auch die Heilerfolge in der Regel recht fragliche sein. Wenn man irgendeine dreißigjährige Dame findet und eine sexuelle Verirrung in ihrem vierzehnten Jahre, die sich nicht ausgelebt hat, und die daher fortwuchert und die Hysterie bewirkt, so hat man noch das Allerunbeträchtlichste [...]

Denken Sie an das, was ich schon angeführt habe. Der Gedanke an den nicht mehr vorhandenen Toten, der lebt in der Seele, lebt irgendwie, ohne daß die Seele eigentlich viel darüber nachdenkt, lebt bloß deshalb, weil die Seele heute noch gedankenlos ist, und diese Seele ist etwas empfindlich für solche gedankenlose Gedanken - dann ist der Tote durch die ewigen Weltgesetze gezwungen, mit diesen Gedanken zu leben; der Tote spukt in der Seele des zurückgebliebenen Lebendigen. Dem ist nur zu begegnen dadurch, daß man weiß, der Tote lebt. Und immer mehr und mehr werden durch den Unglauben an das Leben der Toten die Menschen auf dem physischen Plane in Seelenkrankheiten hineingetrieben werden. Es sind in der Regel nicht sexuelle Jugendverirrungen, es sind die Gedanken des Unglaubens, die diese Erscheinungen bewirken. Denn die Gedanken haben in unserer Zeit den Beruf, reale Mächte zu werden, nicht nur solche reale Mächte, die für sich wirken; für sich wirken sie, indem die Seele nach dem Tode immer ähnlicher wird dem, als was sie sich vorstellt in dem Leibe; in höherem Sinne noch werden diese Gedanken reale Mächte dadurch, daß sie sogar Wesen, in diesem Falle die Toten selber, in einer unrichtigen Weise verbinden mit den Lebenden. Nur dadurch, daß man, so gut man es kann, die Gedankenverbindung mit dem Verstorbenen aufrecht erhält als einem Fortlebenden, rettet man auch sich davor, daß das Verhältnis zum Toten verhängnisvoll wird für den zurückgebliebenen Lebenden, und in gewisser Beziehung auch für den Verstorbenen selbst, der fortwährend aus einem ewigen, weisheitsvollen Gesetze heraus in die Notwendigkeit versetzt ist, in dem Zurückgebliebenen so zu spuken, daß dem Zurückgebliebenen dies nicht einmal zum Bewußtsein kommt, sondern in krankhaften Erscheinungen sich auslebt.

Fragen Sie jetzt: Was wird das wirkliche Heilmittel für viele solche Erscheinungen sein, wie sie dem Psychoanalytiker heute entgegentreten? - Die Verbreitung der Kenntnis von der geistigen Welt. Die ist das allgemeine Heilmittel, die allgemeine Therapie, nicht diese individuelle Behandlung, die man einem einzelnen angedeihen läßt." (Lit.: GA 178, S. 111ff)

Psychoanalyse und Karma

"Denken Sie sich das Verhältnis des Pädagogen, der psychoanalytisch vorgehen will, zu einem Zögling oder zu einem Patienten. Indem er sich heranmacht an seinen Seeleninhalt, der in die Gefühlssphäre hineinrutscht, macht er sich nicht nur an das individuelle Leben des Menschen heran, sondern er macht sich heran an das umfassende Leben, das über das Individuelle weit hinausgeht. Für dieses umfassende Leben liegen aber zwischen den Menschen nicht Zusammenhänge vor, die sich durch bloße Vorstellungen erschöpfen lassen, sondern die führen hinein in reale Lebenszusammenhänge - das ist sehr wichtig! Denken Sie also, es würde ein solches Verhältnis des psychoanalytischen Erziehers zu dem Zögling stattfinden, so würde das, was sich da abspielt, sich nicht abspielen können bloß auf dem Vorstellungsgebiete, indem man dem Betreffenden etwas beibringt, sondern es würden sich reale karmische Beziehungen anknüpfen müssen, weil man viel mehr in das Leben hineingreift. Man würde gewissermaßen das betreffende Individuum herausreißen aus seinem Karma, würde es in seinem karmischen Verlauf ändern. Das kann nicht gehen, dass man dasjenige, was über das Individuum hinausführt, individuell behandelt, sondern das muss generell, allgemein-menschlich behandelt werden. Wir sind in einer gewissen Zeitepoche zusammengeführt, also muss wirken ein Gemeinsames, sobald man über das Individuelle hinausgeht. Das heißt, es darf nicht gegenübertreten Individuum dem Individuum und das Individuum therapeutisch oder pädagogisch so behandeln, wie es der Psychoanalytiker macht, sondern es muss etwas Allgemeines eintreten. In die Zeitkultur muss etwas hereintreten, was die Seele hinweist auf dasjenige, was sonst unterbewusst bleibt; und das, was heraufzieht, das muss nur Milieu werden, nicht eine Angelegenheit, die sich von Individuum zu Individuum abspielt.

Hier liegt der große Fehler, der gemacht wird, der von einer ungeheuren Tragweite, von einer riesigen Bedeutung ist. Statt die Bestrebung dahinzuführen, das Geistesleben zu durchdringen mit dem, was Wissen von der geistigen Welt werden kann, wie es in der Gegenwart sein muss, sperrt man diejenigen Seelen, an denen sich zeigt, wie das zurückgestaute Geistesleben krankhaft wirkt, in Sanatorien ein und behandelt einen einzelnen. Das kann niemals zu etwas anderem führen, als dass karmisch verworrene Verhältnisse sich anknüpfen, dass aus dem, was sich vollzieht zwischen den Individuen, nicht herauskommt ein wirkliches Heben des unterbewussten Seeleninhaltes, sondern dass sich karmische Beziehungen zwischen den Behandelnden und dem Behandelten anknüpfen, weil es übergreift in das Individuelle." (Lit.: GA 178, S. 167)

Siehe auch

Sigmund Freud, Carl Gustav Jung, Assoziation (Psychologie), Hypnose

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Individuelle Geistwesen und ihr Wirken in der Seele des Menschen, GA 178 (1992), ISBN 3-7274-1780-3 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  2. Rudolf Steiner: Anthroposophische Pädagogik und ihre Voraussetzungen, GA 309 (1981), ISBN 3-7274-3090-7 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  3. Rudolf Steiner: Das esoterische Christentum und die geistige Führung der Menschheit, GA 130 (1995), ISBN 3-7274-1300-X pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  4. Rudolf Steiner: Initiations-Erkenntnis, GA 227 (2000), ISBN 3-7274-2271-8 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  5. Rudolf Steiner: Die Erneuerung der pädagogisch-didaktischen Kunst durch Geisteswissenschaft, GA 301 (1991), ISBN 3-7274-3010-9 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  6. Rudy Vandercruysse: Die therapeutische Dimension des Denkens: anthroposophische Aspekte zur Psychoanalyse, Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 1999, ISBN 3772518559
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
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Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

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