Androgyn und Die Erziehung des Kindes vom Gesichtspunkte der Geisteswissenschaft: Unterschied zwischen den Seiten

Aus AnthroWiki
(Unterschied zwischen Seiten)
imported>Michael.heinen-anders
 
imported>Odyssee
Keine Bearbeitungszusammenfassung
 
Zeile 1: Zeile 1:
[[Datei:Adam Kadmon - Androgyne.jpg|mini|[[Adam Kadmon]], der himmlische Urmensch, wird manchmal in androgyner Gestalt mit männlichen und weiblichen Geschlechtsmerkmalen dargestellt.]]
'''Die Erziehung des Kindes vom Gesichtspunkte der Geisteswissenschaft''' ist der Titel eines von [[Rudolf Steiner]] [[Wikipedia:1907|1907]] verfassten Aufsatzes zu den Grundfragen der Erziehung, der bereits die wesentlichen Grundlagen der später ab [[1919]] entwickelten [[Waldorfpädagogik]] zur Darstellung bringt.
[[Datei:Leonardo da Vinci - unknown drawing of androgyn corpus with two heads.jpg|mini|[[Wikipedia:Leonardo da Vinci|Leonardo da Vinci]], Skizze einer androgyne Gestalt mit männlichem und weiblichem Kopf]]
'''Androgyn''' (von [[Wikipedia:Griechische Sprache|gr.]] ανήρ = ''Mann'' und γυνή = ''Frau''), also '''zweigeschlechtlich''', [[männlich-weiblich]] oder [[hermaphrodit]]isch, war der [[Paradies|paradiesische Urmensch]] vor der [[Geschlechtertrennung]]. Erst in der [[Lemurische Zeit|lemurischen Zeit]] wurde der Mensch als Folge des [[Sündenfall]]s und mit der Eingliederung des [[Ich]] ein ''eingeschlechtliches'' Wesen.


{{GZ|Die Geschlechtlichkeit wurde dem Menschen erst aufgedrückt während
{{GZ|Das gegenwärtige Leben stellt mancherlei in Frage, was der
der lemurischen Zeit; vorher war er ein zweigeschlechtliches Wesen, männlich und weiblich zugleich. Mit der Eingliederung des Ich
Mensch von seinen Vorfahren ererbt hat. Deshalb zeitigt es so
zerfällt der Mensch in zwei Geschlechter.|100|147f}}
viele «Zeitfragen» und «Zeitforderungen». Was für «Fragen»
durchschwirren doch heute die Welt: die soziale Frage, die
Frauenfrage, die Erziehungs- und Schulfragen, die Rechtsfragen,
die Gesundheitsfragen usw. usw. [...]


{{GZ|Die Zeiten, in die wir nunmehr
Hier soll dies für ''eine'' solche Frage gezeigt werden, für die
zurückblicken, liegen etwas vor der Mitte der Epoche,
''Erziehungsfrage''. Nicht Forderungen und Programme sollen
die in den vorhergehenden Abschnitten als die lemurische
aufgestellt, sondern die ''Kindesnatur'' soll einfach beschrieben
bezeichnet worden ist. Der Menschenleib bestand da
werden. Aus dem Wesen des werdenden Menschen heraus
noch aus weichen bildsamen Stoffen. Es waren auch die
werden sich wie von selbst die Gesichtspunkte für die Erziehung
übrigen Bildungen der Erde noch weich und bildsam.
ergeben.
Gegenüber ihrem späteren verfestigten war die Erde noch
in einem quellenden, flüssigeren Zustande. Indem die
Menschenseele damals sich im Stoffe verkörperte, konnte
sie sich diesen Stoff in einem viel höheren Grade anpassen
als später. Denn daß die Seele einen männlichen
oder weiblichen Leib annimmt, rührt davon her, daß ihr
die Entwickelung der äußeren Erdennatur den einen oder
den andern aufdrängt. Solange die Stoffe noch nicht
verfestigt waren, konnte die Seele diese Stoffe unter ihre
eigenen Gesetze zwingen. Sie machte den Leib zu einem
Abdruck ihres eigenen Wesens. Als aber der Stoff dicht
geworden war, mußte sich die Seele den Gesetzen fügen,
welche diesem Stoffe von der äußeren Erdennatur aufgeprägt
wurden. Solange die Seele noch über den Stoff
herrschen konnte, gestaltete sie ihren Leib weder männlich
noch weiblich, sondern gab ihm Eigenschaften, die
beides zugleich waren. Denn die Seele ist männlich und
weiblich zugleich. Sie trägt in sich diese beiden Naturen.
Ihr männliches Element ist dem verwandt, was man
Willen nennt, ihr weibliches dem, was als Vorstellung
bezeichnet wird. — Die äußere Erdenbildung hat dazu
geführt, daß der Leib eine einseitige Bildung angenommen
hat. Der männliche Leib hat eine Gestalt angenommen,
die aus dem Element des Willens bestimmt ist, der weibliche
hingegen trägt mehr das Gepräge der Vorstellung.
So kommt es denn, daß die zweigeschiechtliche, männlich-
weibliche Seele in einem eingeschlechtlichen, männlichen
oder weiblichen Leib wohnt. Der Leib hatte also
im Laufe der Entwickelung eine durch die äußeren Erdenkräfte
bestimmte Form angenommen, daß es fortan der
Seele nicht mehr möglich war, ihre ganze innere Kraft
in diesen Leib auszugießen. Sie mußte etwas von dieser
ihrer Kraft in ihrem Innern behalten und konnte nur
einen Teil derselben in den Leib einfließen lassen.


Verfolgt man die Akasha-Chronik, so zeigt sich folgendes.
Will man dieses Wesen des ''werdenden'' Menschen erkennen, so
In einer alten Zeit erscheinen menschliche Formen
muß man ausgehen von einer Betrachtung der ''verborgenen'' Natur
vor uns, weich, bildsam, ganz verschieden von den späteren.
des Menschen überhaupt.|34|309ff}}
Sie tragen noch die Mannes- und die Frauennatur
gleichmäßig in sich. Im Verfolg der Zeit verdichten sich
die Stoffe; der Menschenleib tritt in zwei Formen auf,
von denen die eine der späteren Mannes-, die andere der
späteren Frauenbildung ähnlich wird. Als dieser Unterschied
noch nicht aufgetreten war, konnte jeder Mensch
einen anderen aus sich hervorgehen lassen. Die Befruchtung
war kein äußerer Vorgang, sondern etwas, was sich
im Innern des Menschenleibes selbst abspielte. Dadurch,
daß der Leib männlich oder weiblich wurde, verlor er
diese Möglichkeit der Selbstbefruchtung. Er mußte mit
einem anderen Leibe zusammenwirken, um einen neuen
Menschen hervorzubringen.


Die Trennung in Geschlechter tritt auf, als die Erde
Wirkliche [[Erziehungskunst]] erfordert eine ganz klare, an den Fakten orientierte [[Erkenntnis]] der [[mensch]]lichen [[Wesenheit]] und ihrer [[Entwicklung]]. Ganz bewusst gebraucht [[Rudolf Steiner]] hier sogar den Vergleich mit der [[Maschine]]. So wie man bei dieser genau wissen muss, wie ihre Teile zusammenarbeiten müssen, damit sie gut läuft, so muss man auch beim Menschen mit klarem, geradezu nüchternen [[Verstand]] ganz konkret erkennen, wie seine [[Wesensglieder]] am besten zusammenwirken, um eine gute Entwicklung zu gewährleisten.
in einen bestimmten Zustand ihrer Verdichtung kommt.
Die Dichtigkeit des Stoffes unterbindet einen Teil der
Fortpflanzungskraft. Und derjenige Teil dieser Kraft,
der noch wirksam ist, bedarf der Ergänzung von außen,
durch die entgegengesetzte Kraft eines anderen Menschen.
Die Seele aber muß sowohl im Manne, wie in der Frau
einen Teil ihrer früheren Kraft in sich selbst behalten.
Sie kann diesen Teil nicht in der leiblichen Außenwelt
verwenden. — Dieser Kraftteil richtet sich nun nach dem
Innern des Menschen. Er kann nicht nach außen treten;
deshalb wird er für innere Organe frei. — Und hier tritt
ein wichtiger Punkt in der Menschheitsentwickelung ein.
Vorher hat das, was man Geist nennt, die Fähigkeit des
Denkens, nicht im Menschen Platz finden können. Denn
diese Fähigkeit hätte kein Organ gefunden, um sich zu
betätigen. Die Seele hatte all ihre Kraft nach außen verwendet,
um den Leib aufzubauen. Jetzt aber kann die
Seelenkraft, die nach außen hin keine Verwendung findet,
mit der Geisteskraft in Verbindung treten; und durch
diese Verbindung entwickeln sich die Organe im Leibe,
die später den Menschen zum denkenden Wesen machen.|11|74ff}}


{{GZ|Die ganze befruchtende und fruchtbringende Kraft, die einen neuen
{{GZ|Nicht allgemeine Redensarten, wie etwa «harmonische Ausbildung
Menschen hervorbringt, war früher in einem Geschlecht vereinigt.
aller Kräfte und Anlagen» und dergleichen, können
Dann wird der Mensch geteilt in männlich und weiblich. Welchem
die Grundlage einer echten Erziehungskunst sein, sondern nur
Geschlecht kommt der eigentliche Anspruch auf die Zeugungskraft
auf einer wirklichen Erkenntnis der menschlichen Wesenheit
zu? Es ist das Weibliche. Daher wird in der ältesten griechischen
kann eine solche aufgebaut werden. Es soll nicht etwa behauptet
Mythologie Zeus, der als Vater der Menschheit verehrt wurde, mit
werden, daß die angedeuteten Redensarten unrichtig wären,
einer Frauenbüste, mit einer weiblichen Büste dargestellt. Zeus als
sondern nur, daß sich mit ihnen ebensowenig anfangen läßt,
übermenschliches Wesen war dem weiblichen Geschlecht näher. Das
wie wenn man etwa einer Maschine gegenüber behaupten
weibliche Geschlecht war also das erste, das frühere, und hatte damals
wollte, man müsse alle ihre Teile harmonisch in Wirksamkeit
in sich die Kraft, das ganze menschliche Individuum hervorzubringen.
bringen. Nur wer nicht mit allgemeinen Redensarten, sondern
Diese hervorbringende Kraft war vorhanden in dem eingeschlechtlichen
mit wirklicher Kenntnis der Maschine im einzelnen an sie herantritt,
Menschen, der in seiner physischen äußeren Form sich eben
kann sie handhaben. So handelt es sich auch für die Erziehungskunst
mehr der Form des Weibes näherte. In diesem eingeschlechtlichen
um eine Kenntnis der Glieder der menschlichen
Menschen war das Befruchtende die Weisheit, das Geistige selbst,
Wesenheit und deren Entwickelung im einzelnen... Man muß
und eine spätere Wiederholung davon ist die Befruchtung des weiblichen
wissen, auf welchen Teil der menschlichen Wesenheit man in
Geistes mit inspirierter Weisheit. Dieser Mensch der eingeschlechtlichen
einem bestimmten Lebensalter einzuwirken hat, und wie solche
Zeit war das Ergebnis des im Weibe gegebenen Stoffes
Einwirkung sachgemäß geschieht. Es ist ja kein Zweifel,
und der Befruchtung mit dem göttlichen Geiste.|93|231}}
daß sich eine wirklich realistische Erziehungskunst, wie sie
hier angedeutet wird, nur langsam Bahn brechen kann. Das
liegt in der Anschauungsweise unserer Zeit, die noch lange die
Tatsachen der geistigen Welt als den Ausfluß einer tollen
Phantastik ansehen wird, während ihr allgemeine, völlig unwirkliche
Redensarten als das Ergebnis einer realistischen
Denkungsart erscheinen werden. Hier soll rückhaltlos gezeichnet
werden, was gegenwärtig von vielen als Phantasiegemälde
genommen werden wird, was aber einmal als selbstverständlich
gelten wird.|34|322f}}


{{GZ|Geisteswissenschaft weiß, daß die zwei höheren Wesensglieder
Eine gute Ergänzung und Vertiefung zu diesem Aufsatz bilden die [[1924]] in [[Wikipedia:Stuttgart|Stuttgart]] gehaltenen Vorträge über [[Die Methodik des Lehrens und die Lebensbedingungen des Erziehens]] ([[GA 308]]).
des Menschen, Ich und astralischer Leib, in der Nacht
heraus sind und ätherischen Leib und physischen Leib zurückgelassen
haben. So läßt eben im Schlafe der Mensch
auch seine männliche und weibliche Organisation zurück
und verweilt in einer geistigen Welt als ein Wesen, das
nichts Männliches und Weibliches mehr an sich trägt, als
geschlechtlich undifferenziertes Wesen. So also teilt jeder
Mensch schon hier sein Leben in Geschlechtliches und Ungeschlechtliches.


Hat nun das Geschlechtliche keine Bedeutung in der geistigen
== Literatur ==
Welt? Hat der Gegensatz zwischen physischem Leib
* [[Rudolf Steiner]]: ''Lucifer – Gnosis'', [[GA 34]] (1987), ISBN 3-7274-0340-3 {{Vorträge|34}}
und Ätherleib, der die Erscheinung der beiden Geschlechter
* [[Rudolf Steiner]]: ''Die Methodik des Lehrens und die Lebensbedingungen des Erziehens'', [[GA 308]] (1986), ISBN 3-7274-3080-X {{Vorträge|308}}
in dieser Welt hervorbringt, kein Gegenbild in den höheren
Welten? Nun, damit verhält es sich so, daß wir zwar das
Geschlechtliche nicht mit hinaufnehmen in die höheren Welten,
aber den Ursprung der beiden Geschlechter finden wir
in der astralischen Welt. So wie das Eis aus dem Wasser, so
ist das, was in der physischen Welt als Männliches und
Weibliches uns entgegentritt, aus dem Gegensatze höherer
Prinzipien gebildet. Dieser Gegensatz stellt sich uns am
besten dar, wenn wir ihn charakterisieren als den Gegensatz
von Leben und Form. Diese Polarität finden wir auch in
der Natur ausgedrückt. Der Baum zeigt sprießende Lebenskraft
und zugleich auch das, was in die feste Form drängt,
was das Wachstum auf staut, die sprossende Kraft zum festen
Stamme bildet. So müssen in allem Leben und Dasein zusammenwirken
Leben und Form. Und wenn wir von diesem
Gesichtspunkte aus das Wesen der Geschlechter betrachten,
so können wir sagen: Das Abbild des Lebens ist das
Männliche, das jedoch, was das Leben in eine gewisse Form
bringt, drückt sich aus im Weiblichen.|56|57f}}


{{GZ|Derjenige, der ...
{{GA}}
das imaginative Hellsehen sich errungen hat, der weiß, weil
er das schaut, daß der physische Leib des Menschen den physischen
Kehlkopf um das vierzehnte Jahr herum ändert. Dasselbe geht mit
dem Äther- oder Bildekräfteleib beim weiblichen Geschlecht vor sich.
Da zieht sich die Veränderung in den Ätherleib zurück, und der Ätherleib
des weiblichen Geschlechtes wird mit dem vierzehnten Jahre als
Ätherleib ganz gleich gestaltet dem physischen Leib des Mannes. Und
wiederum der Ätherleib des Mannes wird mit dem vierzehnten Jahre
gleich gestaltet dem physischen Leibe der Frau. So daß mit diesem
wichtigen Lebenspunkte wirklich das eintritt, so sonderbar es sich für
die heutige, ja nur am Physischen haftende Erkenntnis noch ausnimmt,
daß der Mann vom vierzehnten Lebensjahr ab die Frau ätherisiert in
sich trägt, die Frau trägt ätherisiert den Mann in sich. Das drückt sich
an den entsprechenden Symptomen in verschiedenartiger Weise aus bei
Frau und Mann.|307|80}}
 
In ferner Zukunft geht die Weltentwicklung wiederum auf ein ''androgynes'' Wesen hin. Schon gegen das 7. Jahrtausend n. Chr. soll eine geschlechtliche Fortpflanzung durch das [[Jüngerwerden der Menschheit]] nicht mehr möglich sein. Dann wird der Mensch seinesgleichen ungeschlechtlich durch den [[Kehlkopf]], durch das [[Wort]], hervorbringen.
 
{{LZ|Nach geisteswissenschaftlichen Erkenntnissen wird in einer zukünftigen, nicht mehr so physischen Erdenmenschheit, die Fortpflanzung durch den [[Kehlkopf]], das dem Fortpflanzungssystem polare Organ, stattfinden, so wie im Anfang des Johannesevangeliums das Entstehen aller Dinge aus dem Worte der Gottheit dargestellt wird. Man beachte, wie der Kehlkopf schon heute mit den Unterleibsorganen eng zusammenhängt, z.B. im Stimmwechsel während der Pubertät.
Diese zukünftige Zeugung wird wieder ungeschlechtlich sein.|Werner Christian Simonis, S. 47}}
 
{{GZ|Früher war Männliches und Weibliches in einem Individuum. Und
als diese beiden sich trennten, entstand ein Herauswinden des heutigen
Individuums. Es entstand der obere Teil. Das was [heute] oberer Teil
ist, war damals mit den Sexualorganen vereinigt. Das was heute Sexualorgan
ist, ist die Hälfte der damaligen [Hervorbringungs-]Kraft.
Daher ist auch die Kraft, die im Kehlkopf sitzt, die andere Hälfte. Die
Sprache bringt heute noch nichts hervor. Sie muß erst durchdrungen
werden von der Kainsweisheit und muß dann so hervorbringen. Wenn
der Mensch die Kraft erlangt haben wird, daß sein Kehlkopf so weit
sein wird, daß sein Wort schaffend wird, so daß er durch das Wort
seinesgleichen hervorbringen wird, dann wird die ganze produktive
Kraft übergehen auf das männliche Geschlecht. Es wird dann auf die
Menschen übergehen, was einstmals durch die Götter geschaffen
wurde.|93|223}}
 
== Literatur ==


* Gerhard Wehr: ''Der Urmensch und der Mensch der Zukunft. Das Mysterium männlich-weiblicher Ganzheit im Lichte der Anthroposophie Rudolf Steiners'', Vlg. Die Kommenden, Freiburg i. Brsg., 2. ergänzte Auflage 1979
== Weblinks ==
* Werner Christian Simonis: ''Die geistigen Hintergründe zum Entstehen und zum Wandel der Geschlechter'', J.Ch. Mellinger Vlg., Stuttgart 1977
* Wolfgang Gädeke: ''EHE - Sehnsucht - Idee - Wirklichkeit'', Urachhaus Vlg., Stuttgart 2000, S. 124ff
* Rudolf Steiner: ''Aus der Akasha-Chronik'', [[GA 11]] (1986), ISBN 3-7274-0110-9 {{Schriften|011}}
* Rudolf Steiner: ''Die Erkenntnis der Seele und des Geistes'', [[GA 56]] (1985), ISBN 3-7274-0560-0 {{Vorträge|056}}
* Rudolf Steiner: ''Die Tempellegende und die Goldene Legende '', [[GA 93]] (1991), ISBN 3-7274-0930-4 {{Vorträge|093}}
* Rudolf Steiner: ''Menschheitsentwickelung und Christus-Erkenntnis'', [[GA 100]] (1981), ISBN 3-7274-1000-0 {{Vorträge|100}}
* Rudolf Steiner: ''Gegenwärtiges Geistesleben und Erziehung'', [[GA 307]] (1986), ISBN 3-7274-3070-2 {{Vorträge|307}}


{{GA}}
* [http://anthroposophie.byu.edu/aufsaetze/a121.pdf Rudolf Steiner: ''Die Erziehung des Kindes vom Gesichtspunkte der Geisteswissenschaft''] - 1907


[[Kategorie:Erdentwicklung]] [[Kategorie:Mensch]] [[Kategorie:Sexualität]]
[[Kategorie:GA]] [[Kategorie:GA (Aufsätze)]] [[Kategorie:Gesamtausgabe]]

Version vom 24. Oktober 2020, 23:03 Uhr

Die Erziehung des Kindes vom Gesichtspunkte der Geisteswissenschaft ist der Titel eines von Rudolf Steiner 1907 verfassten Aufsatzes zu den Grundfragen der Erziehung, der bereits die wesentlichen Grundlagen der später ab 1919 entwickelten Waldorfpädagogik zur Darstellung bringt.

„Das gegenwärtige Leben stellt mancherlei in Frage, was der Mensch von seinen Vorfahren ererbt hat. Deshalb zeitigt es so viele «Zeitfragen» und «Zeitforderungen». Was für «Fragen» durchschwirren doch heute die Welt: die soziale Frage, die Frauenfrage, die Erziehungs- und Schulfragen, die Rechtsfragen, die Gesundheitsfragen usw. usw. [...]

Hier soll dies für eine solche Frage gezeigt werden, für die Erziehungsfrage. Nicht Forderungen und Programme sollen aufgestellt, sondern die Kindesnatur soll einfach beschrieben werden. Aus dem Wesen des werdenden Menschen heraus werden sich wie von selbst die Gesichtspunkte für die Erziehung ergeben.

Will man dieses Wesen des werdenden Menschen erkennen, so muß man ausgehen von einer Betrachtung der verborgenen Natur des Menschen überhaupt.“ (Lit.:GA 34, S. 309ff)

Wirkliche Erziehungskunst erfordert eine ganz klare, an den Fakten orientierte Erkenntnis der menschlichen Wesenheit und ihrer Entwicklung. Ganz bewusst gebraucht Rudolf Steiner hier sogar den Vergleich mit der Maschine. So wie man bei dieser genau wissen muss, wie ihre Teile zusammenarbeiten müssen, damit sie gut läuft, so muss man auch beim Menschen mit klarem, geradezu nüchternen Verstand ganz konkret erkennen, wie seine Wesensglieder am besten zusammenwirken, um eine gute Entwicklung zu gewährleisten.

„Nicht allgemeine Redensarten, wie etwa «harmonische Ausbildung aller Kräfte und Anlagen» und dergleichen, können die Grundlage einer echten Erziehungskunst sein, sondern nur auf einer wirklichen Erkenntnis der menschlichen Wesenheit kann eine solche aufgebaut werden. Es soll nicht etwa behauptet werden, daß die angedeuteten Redensarten unrichtig wären, sondern nur, daß sich mit ihnen ebensowenig anfangen läßt, wie wenn man etwa einer Maschine gegenüber behaupten wollte, man müsse alle ihre Teile harmonisch in Wirksamkeit bringen. Nur wer nicht mit allgemeinen Redensarten, sondern mit wirklicher Kenntnis der Maschine im einzelnen an sie herantritt, kann sie handhaben. So handelt es sich auch für die Erziehungskunst um eine Kenntnis der Glieder der menschlichen Wesenheit und deren Entwickelung im einzelnen... Man muß wissen, auf welchen Teil der menschlichen Wesenheit man in einem bestimmten Lebensalter einzuwirken hat, und wie solche Einwirkung sachgemäß geschieht. Es ist ja kein Zweifel, daß sich eine wirklich realistische Erziehungskunst, wie sie hier angedeutet wird, nur langsam Bahn brechen kann. Das liegt in der Anschauungsweise unserer Zeit, die noch lange die Tatsachen der geistigen Welt als den Ausfluß einer tollen Phantastik ansehen wird, während ihr allgemeine, völlig unwirkliche Redensarten als das Ergebnis einer realistischen Denkungsart erscheinen werden. Hier soll rückhaltlos gezeichnet werden, was gegenwärtig von vielen als Phantasiegemälde genommen werden wird, was aber einmal als selbstverständlich gelten wird.“ (Lit.:GA 34, S. 322f)

Eine gute Ergänzung und Vertiefung zu diesem Aufsatz bilden die 1924 in Stuttgart gehaltenen Vorträge über Die Methodik des Lehrens und die Lebensbedingungen des Erziehens (GA 308).

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Weblinks