Ding an sich und Hypostase der Archonten: Unterschied zwischen den Seiten

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Das '''Ding an sich''' ist nach der von [[Immanuel Kant]] (1724-1804) vertretenen Lehre des [[transzendental]]en [[Idealismus]] das absolute, [[für sich]] selbst bestehende [[transzendental]]e [[Sein]], das, jenseits und unabhängig von jeglicher [[Erfahrung]]smöglichkeit, als eigentliche [[Wirklichkeit]] der für den [[Mensch]]en einzig erfahrbaren [[Welt]] der [[Erscheinung]]en ([[Phänomen]]e) zugrunde liegt. Nach Kant ist die Wirklichkeit für uns nämlich nur durch die [[Anschauung]]sformen des [[Raum]]es und der [[Zeit]] und durch das [[Denken]] in [[Kategorien]] zugänglich, die aber nur in der Relation der Wirklichkeit zu dem erfahrenden [[Bewusstsein]] bestehen, aber nicht für das Sein an sich konstituierend sind. Das wahre [[Wesen]] der Wirklichkeit, das jenseits der sinnlich-kategorialen Erfahrbarkeit liegt, sei daher dem [[Mensch]]en grundsätzlich unzugänglich.  
Der unter dem Titel '''Hypostase der Archonten''' oder '''Wesen der Archonten''' bekannte Text ist Teil der [[Nag-Hammadi-Schriften]], einer 1945 in Ägypten gefundenen Sammlung vorwiegend [[Gnostizismus|gnostischer]] Texte. Dort erscheint er als vierte Schrift des Kodex II (NHC II,4).


Dieser Ansicht Kants hat [[Rudolf Steiner]] schon in seinen grundlegenden [[Erkenntnistheorie|erkenntnistheoretischen]] Schriften entschieden widersprochen. Dass das „[[An sich]]der [[Ding]]e, ihr [[Wesen]], im [[mensch]]lichen [[Bewusstsein]] ergriffen werden kann, ist das Fundament der von ihm später begründeten [[Anthroposophie|anthroposophischen Geisteswissenschaft]].
Der [[Judentum|jüdische]] Hintergrund ist aufgrund deutlicher Parallelen zum [[Wikipedia:Altes Testament|Alten Testament]] klar erkennbar. Ein [[Wikipedia:Altägyptische Religion|ägyptischer]] Einfluss wird wegen der Beschreibung von Herrschern mit Tierköpfen vermutet. Eine Parallele zur [[Apokalypse des Adam]] besteht in der Erwähnung eines „königslosen Geschlechts“ im Zusammenhang mit einem Erlöser bzw. Offenbarer. Eine Besonderheit der im Text wiedergegebenen [[Schöpfungsgeschichte]] ist die Erwähnung von [[Noreia (Gnosis)|Norea]] als Tochter [[Adam und Eva]]s. Ein großer Teil des Textes besteht aus einer Offenbarung des Engels Eleleth an Norea.  


{{GZ|Wer hinter den Dingen noch etwas sucht, das deren eigentliches
== Inhalt  ==
Wesen bedeuten soll, der hat sich nicht zum Bewusstsein
gebracht, dass alle Fragen nach dem Wesen der Dinge nur aus
einem menschlichen Bedürfnisse entspringen: das, was man
wahrnimmt, auch mit dem Gedanken zu durchdringen. Die
Dinge sprechen zu uns, und unser Inneres spricht, wenn wir die
Dinge beobachten. Diese zwei Sprachen stammen aus demselben
Urwesen, und der Mensch ist berufen, deren gegenseitiges
Verständnis zu bewirken. Darin besteht das, was man
Erkenntnis nennt. Und dies und nichts anderes sucht der, der die
Bedürfnisse der menschlichen Natur versteht. Wer zu diesem
Verständnisse nicht gelangt, dem bleiben die Dinge der
Außenwelt fremdartig. Er hört aus seinem Innern das Wesen der
Dinge nicht zu sich sprechen. Deshalb vermutet er, dass dieses
Wesen hinter den Dingen verborgen sei. Er glaubt an eine
Außenwelt noch hinter der Wahrnehmungswelt. Aber die
Dinge sind nur so lange äußere Dinge, so lange man sie bloß
beobachtet. Wenn man über sie nachdenkt, hören sie auf, außer
uns zu sein. Man verschmilzt mit ihrem inneren Wesen. Für den
Menschen besteht nur so lange der Gegensatz von objektiver
äußerer Wahrnehmung und subjektiver innerer Gedankenwelt,
als er die Zusammengehörigkeit dieser Welten nicht erkennt.
Die menschliche Innenwelt ist das Innere der Natur.|1|333|328}}


{{GZ|Der geistige Inhalt eines äußeren Dinges, der mir in meinem
Am Anfang steht ein Prolog<ref>p. 86,20-27</ref>, in dem auf den „großen Apostel“ verwiesen wird, der über die Mächte der Finsternis sagt: „Unser Kampf ist nicht gegen Fleisch und Blut, sondern gegen die Mächte der Welt und die Geistwesen des Bösen.“<ref>Vergleiche {{B|Kol|1|13}} und {{B|Eph|6|12}}</ref>. Mit dem großen Apostel ist offenbar [[Paulus von Tarsus|Paulus]] gemeint, wodurch der Text sich von vorneherein in einen christlichen Kontext stellt.
Innern aufgeht, ist nichts zu der äußeren Wahrnehmung
Hinzugedachtes. Er ist dies ebensowenig, wie der
Geist eines anderen Menschen. Ich nehme durch den inneren
Sinn diesen geistigen Inhalt ebenso wahr, wie durch
die äußeren Sinne den physischen Inhalt. Und was ich mein
Innenleben in obigem Sinne nenne, ist gar nicht, im höheren Sinne, mein Geist. Dieses Innenleben ist nur das Ergebnis
rein sinnlicher Vorgänge, gehört mir nur als ganz
individuelle Persönlichkeit an, die nichts ist als das Ergebnis
ihrer physischen Organisation. Wenn ich dieses Innere
auf die äußeren Dinge übertrage, so denke ich tatsächlich
ins Blaue hinein. Mein persönliches Seelenleben, meine Gedanken,
Erinnerungen und Gefühle sind in mir, weil ich
ein so und so organisiertes Naturwesen bin, mit einem
ganz bestimmten Sinnesapparat, mit einem ganz bestimmten
Nervensystem. Diese meine ''menschliche'' Seele darf ich
nicht auf die Dinge übertragen. Ich dürfte das nur, wenn
ich irgendwo ein ähnlich organisiertes Nervensystem fände.
Aber meine individuelle Seele ist nicht das höchste Geistige
an mir. Dieses höchste Geistige muß in mir erst durch
den inneren Sinn erweckt werden. Und dieses erweckte
Geistige in mir ist zugleich ein und dasselbe mit dem Geistigen
in allen Dingen. Vor diesem Geistigen erscheint die
Pflanze unmittelbar in ihrer eigenen Geistigkeit. Ich brauche
ihr nicht eine Geistigkeit zu verleihen, die ähnlich meiner
eigenen ist. Für ''diese'' Weltanschauung verliert alles Reden
über das unbekannte «Ding an sich» jeglichen Sinn.
Denn es ist eben das «Ding an sich», das sich dem inneren
Sinn enthüllt. Alles Reden über das unbekannte «Ding an
sich» rührt nur davon her, daß diejenigen, die so reden,
nicht imstande sind, in den geistigen Inhalten ihres Innern
die «Dinge an sich» wieder zu erkennen. Sie glauben in
ihrem Innern wesenlose Schatten und Schemen, «bloße Begriffe
und Ideen» der Dinge zu erkennen. Da sie aber doch
eine ''Ahnung'' von dem «Ding an sich» haben, so glauben sie,
daß sich dieses «Ding an sich» verberge, und daß dem
menschlichen Erkenntnisvermögen Grenzen gesteckt seien.
Man kann solchen, die in diesem Glauben befangen sind,
nicht beweisen, daß sie das «Ding an sich» in ihrem Innern
ergreifen müssen, denn sie würden dieses «Ding an sich»,
wenn man es ihnen vorwiese, doch niemals anerkennen.
Um dieses ''Anerkennen'' aber handelt es sich.|7|44ff}}


Sehr erhellende Einblicke darüber, wie das [[Ich]] mit dem Ding an sich zusammenhängt, gab der deutsche Philosoph [[Paul Asmus]] (1842-1877) in seinem 1873 erschienen, auch von [[Rudolf Steiner]] sehr geschätzten Büchlein über «''Das Ich und das Ding an sich''». Ausgehend von einer grundlegenden Darstellung der «Identität des Denkens und Seins» und den prinzipiellen Möglichkeiten der [[Erkenntnis]], skizziert Asmus darin die Grundzüge der Philosophien von [[Immanuel Kant]], [[w:Gottlob Ernst Schulze|Aenesidemus]], [[w:Jacob Sigismund Beck|Jacob Sigismund Beck]], [[w:Friedrich Heinrich Jacobi|Friedrich Heinrich Jacobi]], [[Johann Gottlieb Fichte]], [[Novalis]], [[w:Friedrich Schlegel|Friedrich Schlegel]], [[Friedrich Schleiermacher]], [[Friedrich Wilhelm Joseph Schelling]], [[Georg Wilhelm Friedrich Hegel]], [[Johann Friedrich Herbart]] und [[Arthur Schopenhauer]] und zeichnete damit zugleich durch das ihm eigene [[Lebendiges Denken|lebendige Denken]] ein dynamische Bild der modernen [[Bewusstsein]]sentwicklung.
Dem Prolog folgt ein einleitender Abschnitt über den Fall des höchsten [[Archonten (Gnosis)|Archonten]], der als unwissend und überheblich bezeichnet wird. Da dieser sagt „es gibt keinen Gott außer mir“, habe er sich gegen den Gott des Alls versündigt und wird deshalb [[Samael]], Gott der Blinden, genannt.<ref>p. 86,27-87,11</ref>


{{GZ|Persönlichkeiten, welche durch Sich-Versenken in die Hegelsche
Es folgt eine kurze und in einigen Elementen mit dem biblischen Buch Genesis übereinstimmende Schöpfungsgeschichte: Die Archonten erschaffen Adam (die Menschen) nach ihrem Abbild um ihnen zu dienen. Adam lebt im Paradies, anfänglich ist seine Erkenntnis höher als die seiner Schöpfer (Archonten), denn er besaß das Wissen aller Archonten. Dies stellten sie fest, nachdem sie Adam geprüft hatten, indem er den Tieren ihre Namen geben sollte, was er auch tat. Die Archonten erschaffen hiernach Eva aus der Rippe Adams. Die Schlange verführt Eva, vom [[Baum der Erkenntnis]] zu essen und Adam davon zu geben. Adam und Eva werden aus dem Paradies vertrieben. [[Kain]] wird geboren, hiernach [[Abel]]. Nach dem Brudermord von Kain an Abel wird [[Set (Bibel)|Seth]] als dritter Sohn Adam und Evas geboren und hiernach deren erste Tochter „Norea“. Die Menschen vermehren sich und die Archonten beschließen eine [[Sintflut]]. [[Noah]] wird mit dem Bau der Arche beauftragt, lässt Norea jedoch nicht in die Arche hinein, weshalb sie diese mit ihrem Hauch verbrennt. Noah erbaut dann eine zweite Arche, während Norea von den Archonten bedrängt wird. Sie bittet den Gott des Alls um Hilfe, und der Engel Eleleth erscheint ihr in weißem Gewand und mit goldenem Antlitz. Er versichert Norea, dass ihre Seele und auch die ihrer Kinder aus dem unvergänglichen Licht kommt und die Archonten der Finsternis daher keine Macht über sie besitzen. Norea fragt Eleleth, wie die dunklen Mächte entstanden sind, und dieser beschreibt ein komplexe [[Kosmogonie]]. Die Unvergänglichkeit ist zuoberst in den grenzenlosen Äonen. Ein Vorhang trennt die oberen von den unteren Äonen, wobei die Trennlinie zwischen dem siebenten und achten Himmel liegt. Als positive Mächte erscheinen Sophia und ihre Tochter Zoe. Zu den dunklen Mächten zählen Samael, der als mannweibliches Wesen mit Löwengestalt beschrieben wird, sowie Saklas ([[Jaldabaoth]]), der in die Unterwelt verbannt wurde, und Sabaoth. Letzterer bekehrte sich aber zu Zoe und Sophia und wurde von diesen als Herrscher über den siebten Himmel, also unmittelbar oberhalb der Mächte des Chaos, eingesetzt.  
Ideenart eine Sicherheit suchten für das Verhältnis
einer Vorstellung über das selbstbewußte Ich zu dem allgemeinen
Weltbilde, gibt es in der zweiten Hälfte des
neunzehnten Jahrhunderts nur wenige. Einer der Besten
ist der zu früh verstorbene ''Paul Asmus'' (1842—1876), der
1873 eine Schrift veröffentlichte «Das Ich und das Ding
an sich». Er zeigt, wie in der Art, in der Hegel das Denken
und die Ideenwelt ansah, ein Verhältnis des Menschen
zum Wesen der Dinge zu gewinnen ist. Er setzt in scharfsinniger
Weise auseinander, daß im Denken des Menschen
nicht etwas Wirklichkeitsfremdes, sondern etwas Lebensvolles,
Urwirkliches gegeben ist, in das man sich nur zu
versenken braucht, um zum Wesen des Daseins zu kommen.
Er stellte in lichtvoller Weise den Gang dar, den die
Weltanschauungsentwickelung genommen hat, um von
Kant, der das «Ding an sich» als etwas dem Menschen
Fremdes, Unzugängliches angesehen hatte, zu Hegel zu
kommen, welcher meinte, daß der Gedanke nicht nur sich
selbst als ideelle Wesenheit, sondern auch das «Ding an
sich» umspanne. Solche Stimmen fanden aber kaum Gehör.|18|472}}


{{GZ|Weniges ist über Kant geschrieben worden, das an Wert
Eleleth verkündet Norea des Weiteren, dass sich der Same der Wahrheit bald offenbaren wird. Aus einem „königslosen Geschlecht“ wird ein Erlöser gesendet, der die Menschen belehren und mit ewigem Leben salben wird. Dann werden die Menschen den wahren Vater des Alls, den heiligen Geist und den Sohn, der über allem ist, erkennen. Mit diesem an christliche Motive erinnernden [[Heilsversprechen]] endet der Text.
dem gleich kommt, was Paul Asmus über ihn in seiner
Schrift «Das Ich und das Ding an sich» ausgeführt hat. Er
wird Kant vollkommen gerecht; aber er zeigt zugleich, wie
unmöglich es ist, bei ihm stehenzubleiben, und wie der
große Anstoß, den der Königsberger Philosoph dem deutschen
Denken gegeben hat, notwendig zu den Auffassungen
Fichtes, Schellings, Hegels, Schopenhauers und anderer hat
führen müssen. Kant hatte gezeigt, und diese Tat ist eine der
geistesgeschichtlich bedeutsamsten im modernen Denken,
daß die gewöhnlichen wissenschaftlichen Denkmethoden
niemals zu einer Erkenntnis des «Dinges an sich» führen,
sondern immer nur dazu, die Welt der dem Menschen gegebenen
''Erscheinungen'' erkennend zu beherrschen. Auf das
«Ding an sich» aber hat Kant in einer ganz eigentümlichen
Weise hingedeutet. Er nahm an, daß in dem kategorischen
Imperativ, der in dem Pflichtgebot zu dem Menschen spricht,
ein Ruf ertönt aus der Welt des «Dinges an sich». Aber dieser
Ruf liefere keine Erkenntnis des Höchsten, sondern nur
einen ''Glauben'' an dasselbe, der dem Menschen die Richtung
gibt nach dem moralischen Leben. Will der Mensch sich für
ein moralisches Wesen halten und sich in der Richtung der
Moralität immer weiter und weiter entwickeln, so muß er an
die Wirklichkeit dessen glauben, was ihm den kategorischen
Imperativ zusendet. Erkennen kann er aber nicht, was ihn so
moralisch trägt.


Nun hat Fichte versucht, diesen im Innern des Menschen
== Literatur ==
ertönenden Ruf zu untersuchen, und er kam so zu seiner
=== Textausgabe ===
«Ich-Philosophie». Im «Ich» geht, nach Fichte, dem Menschen
* Bentley Layton: ''The Hypostasis of the Archons. Critical edition and Translation.'' In: Bentley Layton (Hrsg.), ''Nag Hammadi Codex II, 2–7: Together with XIII,2*, BRIT. LIB. OR.4926(1), and P. OXY. 1, 654, 655.'' Vol. I. ''Gospel according to Thomas, Gospel according to Philip, Hypostasis of the Archons, and Indexes. '' NHS XX. (The Coptic Gnostic Library, ed. J. M. Robinson). Brill, Leiden 1989. S. 234-259, 321-336
eine höhere Welt auf, die ebenso wirklich, ja viel wirklicher
* Bernard Barc: ''L’Hypostase des archontes. Traité gnostique sur l’origine de l’homme, du monde et des archontes (NH II,4).'' BCNH 5. Presses de l'Université Laval (Québec) 1980, ISBN 2-7637-6889-X
ist, als die äußere Erscheinungswelt. Denn diese äußere
* Peter Nagel: ''Das Wesen der Archonten aus Codex II der gnostischen Bibliothek von Nag Hammadi. Koptischer Text, deutsche Übersetzung und griechische Rückübersetzung. Konkordanz und Indizes.'' Wissenschaftliche Beiträge der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg 1970,6.
Erscheinungswelt erhält erst Sinn und Bedeutung, wenn das
menschliche Ich sein eigenes Licht auf dieselbe leuchten
läßt. Diesen Hervorgang von Fichtes Denken aus dem Kantschen
stellt Paul Asmus in scharfsinniger Weise dar. Und
ebenso, wie dann Hegel und Schelling aus dem «Ich» heraus,
aus dem Menschengeiste die Antworten suchen auf die großen
Rätselfragen des Daseins, die keine äußere Sinnesanschauung
lösen kann.


Und von hier aus fand dann Paul Asmus den Zugang zum
=== Übersetzung ===
Verständnis der Religionen, dieser mannigfaltigen Versuche
der Menschheit, aus der Tiefe des Menscheninnern heraus
die wirkenden Geistkräfte des Universums zu erfassen. Es
wird vielen nicht leicht, Paul Asmus' bedeutsamen Auseinandersetzungen
über «die indogermanischen Religionen» zu
folgen, da er sich in einer Gipfelhöhe des menschlichen Denkens
bewegt. Wer aber durch Selbstschulung seines Denkens
das Buch zu lesen lernt, der wird eine Aufklärung der reinsten
Art über die Formen menschlichen Wahrheitsstrebens
empfangen. Unser Philosoph sieht überall durch den Bildergehalt
der Religionen auf die geistigen Gedankenkerne hindurch
und zeigt den Zusammenhang und die Verwandtschaft
dieser Kerne. Sein Buch ist daher eine Auslegung ''eines''
großen ''Urgedankens'' der indogermanischen Völker. Niemand
wird es studieren, ohne davon den tiefsten Eindruck zu empfangen,
und sich darüber klar werden, was Entwickelung des
religiösen Lebens ist. Damit aber gehört Paul Asmus unter
diejenigen, die im Sinne der Theosophie die Wesenheit der
Religionen und Philosophien der Menschheit verfolgen.|34|489ff}}


{{GGZ|Daß Paul Asmus in der Ätherhöhe des reinen Denkens die
* Ursula Ulrike Kaiser: ''Die Hypostase der Archonten (NHC II,4).'' In: Hans-Martin Schenke u.a. (Hrsg.): ''Nag Hammadi deutsch.'' de Gruyter, Berlin/New York 2001/2003. Bd. 2. S. 215-233.
Geheimnisse des Daseins suchte, macht den Grundcharakter
* Gerd Lüdemann, Martina Janßen: ''Die Bibel der Häretiker.'' Radius, Stuttgart 1997. S. 173-183
seines Forschens aus. Was den Dingen als ihr Wesen zugrunde
liegt, das enthüllt sich in dem denkenden Menschen.
Diese Grundanschauung des deutschen philosophischen Idealismus
ist auch diejenige Paul Asmus'. Die ''[[Gedanke]]n'', die
sich der Mensch über den Sternenhimmel macht: sie sind
auch zugleich die Ordnung, die innere Gesetzmäßigkeit
selbst, die diesem Sternenhimmel zugrunde liegt. Wenn ich
denke, spreche nicht nur ''[[ich]]'', sondern die Dinge sprechen in
mir ihre Wesenheit, das, was sie eigentlich sind, aus. Die sinnlichen
Dinge sind gewissermaßen nur Gleichnisse ihres ideellen
Wesens; und der menschliche Gedanke ''ergreift'' dieses ihr
Wesen. In seiner Schrift «Das Ich und das Ding an sich» sagt
Paul Asmus: «Stellen wir uns ein Stück Zucker vor; es ist
rund, süß, undurchdringlich usw., dies sind lauter Eigenschaften,
die wir begreifen; nur eins dabei schwebt uns als
ein schlechthin anderes vor, das wir nicht begreifen, das so
verschieden von uns ist, daß wir nicht hineindringen können,
ohne uns selbst zu verlieren; von dessen bloßer Oberfläche
der Gedanke scheu zurückprallt. Dies eine ist der uns unbekannte
Träger aller jener Eigenschaften; das Ansich, welches
das innerste Selbst dieses Gegenstandes ausmacht. So sagt
Hegel richtig, daß der ganze Inhalt unserer Vorstellung sich
nur als Accidens zu jenem dunklen Subjekte verhalte, und
wir, ohne in seine Tiefen zu dringen, nur Bestimmungen an
dieses Ansich heften - die schließlich, weil wir es selbst nicht
kennen, auch keinen wahrhaft objektiven Wert haben, subjektiv
sind. Das begreifende Denken hingegen hat kein solch
unerkennbares Subjekt, an dem seine Bestimmungen nur Accidenzen
wären, sondern ''das gegenständliche Subjekt fällt innerhalb des Begriffes''. Begreife ich etwas, so ist es in seiner ganzen
Fülle meinem Begriffe präsent; im innersten Heiligtum seines
Wesens bin ich zu Hause, nicht deshalb, weil es kein eigenes
Ansich hätte, sondern weil es mich durch die über uns beiden
schwebende Notwendigkeit des Begriffes, der in mir subjektiv,
in ihm objektiv erscheint, zwingt, seinen Begriff ''nach''zudenken.
Durch dies ''Nach''denken offenbart sich uns, wie
Hegel sagt - ebenso wie dies unsere subjektive Tätigkeit ist-,
zugleich die wahre Natur des Gegenstandes. -»


Wer in solch einem Satze sein Bekenntnis ausspricht, der
=== Sekundärliteratur ===
hat sich und sein Denken in ein wahres Verhältnis zur Welt
und Wirklichkeit gesetzt. Durch ''[[Beobachtung|Beobachten]]'' lernen wir den
''Umkreis'' der Welt kennen; durch das ''[[Denken]]'' dringen wir in
ihren ''Mittelpunkt''. Die Versenkung in das eigene Innere löst
uns die Rätsel des Daseins. Der in mir aufleuchtende Gedanke
geht nicht nur mich an, sondern die Dinge, über die er
mich aufklärt. Und meine Seele ist nur der Schauplatz, auf
dem die Dinge sich über sich selbst aussprechen.


Um das zu begreifen, muß der Mensch allerdings es dahin
* Ingvild Saelid Gilhus: ''The nature of the archons. A study in the soteriology of a gnostic treatise from Nag Hammadi (CGII,4).'' Studies in oriental religions Bd. 12. Harrassowitz, Wiesbaden 1985, ISBN 3-447-02518-2
bringen, in dem Denken ein Lebenselement zu haben, etwas,
* Ursula Ulrike Kaiser: ''Die Hypostase der Archonten (Nag-Hammadi-Codex II,4). Neu herausgegeben, übersetzt und erklärt''. [[Wikipedia:Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur|Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur]] 156. de Gruyter, Berlin u.a. 2006, ISBN 978-3-11-019071-7.
das für ihn ebenso Wirklichkeit, Tatsache ist, wie für den
* Martin Krause: ''Zur Hypostase der Archonten in Codex II von Nag Hammadi.'' In: Enchoria 2 (1972). S. 1-20.
unentwickelten Menschen die Dinge eine Wirklichkeit sind,
* Hans-Martin Schenke: ''Das sethianische System nach Nag-Hammadi-Handschriften.'' In: Peter Nagel (Hrsg.): ''Studia coptica.'' Berliner byzantinistische Arbeiten 45. Akademie, Berlin 1974. S. 165-172
an denen er sich stößt, die er mit Händen greifen kann. Wer
in seinen Vorstellungen nicht anderes erfassen kann, als schemenhafte
Nachbilder dessen, was ihm die Sinne sagen, der
versteht nicht, was Denken ist. Denn, um zur Wesenheit der
Dinge vorzudringen, muß sich das Denken mit einem Inhalte
erfüllen, den kein äußerer Sinn geben kann, der aus dem
Geiste selbst fließt. Das Denken muß produktiv, intuitiv sein.
Wenn es dann nicht willkürlich in phantastischen Gebilden
lebt, sondern in der hellen Klarheit des inneren Anschauens,
dann lebt und webt in ihm das Weltgesetz selbst. Man könnte
von einem solchen Denken ganz gut sagen: die Welt denkt
sich in den Gedanken des Menschen. Notwendig ist aber dazu,
daß der Mensch in sich die ewigen Gesetze erlebt, die sich
das Denken selbst gibt. Was die Menschen gewöhnlich «Denken» nennen, ist ja nur ein wirres Vorstellen.|34|493f}}


== Literatur ==
== Weblinks ==
* [http://www.gerd-albrecht.de/Die%20Gnostischen%20Schriften/Das%20Wesen%20der%20Archonten.htm Das Wesen der Archonten] (deutsch)
* [http://web.archive.org/web/20071106114956/wwwuser.gwdg.de/~rzellwe/nhs/node89.html#SECTION000210000000000000000 Deutsche Übersetzung von Gerd Lüdemann und Martina Janßen]
* [http://www.gnosis.org/naghamm/hypostas.html Englische Übersetzung von Bentley Layton ]
 
== Einzelnachweise ==
<references/>


*Jens Heisterkamp: ''Gegen das Dogma vom "Ding an sich"''. In: INFO3, Februar 2017, S. 47 - 49
{{Normdaten|TYP=w|GND=7795388-5}}
*Dietrich Rapp: ''TATORT Erkenntnisgrenze: Die Kritik Rudolf Steiners an Immanuel Kant'', Menon Verlag., 2013
*[[Paul Asmus]]: ''Das Ich und das Ding an sich. Geschichte ihrer begrifflichen Entwickelung in der neuesten Philosophie'', Verlag C. E. M. Pfeffer, Halle 1873 {{MDZ|11163813-5}}
** neu herausgegeben und eingeleitet von [[Thomas Brunner]], [https://www.edition-immanente.de/alle-buecher/das-ich-und-das-ding-an-sich.html edition immanente], Berlin 2014, ISBN 978-3-942754-30-9
*Rudolf Steiner: ''Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften'', [[GA 1]] (1987), ISBN 3-7274-0011-0 {{Schriften|001}}
*Rudolf Steiner: ''Die Mystik im Aufgange des neuzeitlichen Geisteslebens und ihr Verhältnis zur modernen Weltanschauung'', [[GA 7]] (1990), ISBN 3-7274-0070-6 {{Schriften|007}}
*Rudolf Steiner: ''Die Rätsel der Philosophie in ihrer Geschichte als Umriß dargestellt'', [[GA 18]] (1985), ISBN 3-7274-0180-X {{Schriften|018}}
*Rudolf Steiner: ''Lucifer – Gnosis'', [[GA 34]] (1987), ISBN 3-7274-0340-3 {{Vorträge|034}}


{{GA}}
[[Kategorie:Nag-Hammadi-Schriften]]


[[Kategorie:Philosophie]] [[Kategorie:Kritischer Idealismus]] [[Kategorie:Erkenntnistheorie]] [[Kategorie:Kantianismus]] [[Kategorie:Kant]]
{{Wikipedia}}

Version vom 5. August 2014, 21:42 Uhr

Der unter dem Titel Hypostase der Archonten oder Wesen der Archonten bekannte Text ist Teil der Nag-Hammadi-Schriften, einer 1945 in Ägypten gefundenen Sammlung vorwiegend gnostischer Texte. Dort erscheint er als vierte Schrift des Kodex II (NHC II,4).

Der jüdische Hintergrund ist aufgrund deutlicher Parallelen zum Alten Testament klar erkennbar. Ein ägyptischer Einfluss wird wegen der Beschreibung von Herrschern mit Tierköpfen vermutet. Eine Parallele zur Apokalypse des Adam besteht in der Erwähnung eines „königslosen Geschlechts“ im Zusammenhang mit einem Erlöser bzw. Offenbarer. Eine Besonderheit der im Text wiedergegebenen Schöpfungsgeschichte ist die Erwähnung von Norea als Tochter Adam und Evas. Ein großer Teil des Textes besteht aus einer Offenbarung des Engels Eleleth an Norea.

Inhalt

Am Anfang steht ein Prolog[1], in dem auf den „großen Apostel“ verwiesen wird, der über die Mächte der Finsternis sagt: „Unser Kampf ist nicht gegen Fleisch und Blut, sondern gegen die Mächte der Welt und die Geistwesen des Bösen.“[2]. Mit dem großen Apostel ist offenbar Paulus gemeint, wodurch der Text sich von vorneherein in einen christlichen Kontext stellt.

Dem Prolog folgt ein einleitender Abschnitt über den Fall des höchsten Archonten, der als unwissend und überheblich bezeichnet wird. Da dieser sagt „es gibt keinen Gott außer mir“, habe er sich gegen den Gott des Alls versündigt und wird deshalb Samael, Gott der Blinden, genannt.[3]

Es folgt eine kurze und in einigen Elementen mit dem biblischen Buch Genesis übereinstimmende Schöpfungsgeschichte: Die Archonten erschaffen Adam (die Menschen) nach ihrem Abbild um ihnen zu dienen. Adam lebt im Paradies, anfänglich ist seine Erkenntnis höher als die seiner Schöpfer (Archonten), denn er besaß das Wissen aller Archonten. Dies stellten sie fest, nachdem sie Adam geprüft hatten, indem er den Tieren ihre Namen geben sollte, was er auch tat. Die Archonten erschaffen hiernach Eva aus der Rippe Adams. Die Schlange verführt Eva, vom Baum der Erkenntnis zu essen und Adam davon zu geben. Adam und Eva werden aus dem Paradies vertrieben. Kain wird geboren, hiernach Abel. Nach dem Brudermord von Kain an Abel wird Seth als dritter Sohn Adam und Evas geboren und hiernach deren erste Tochter „Norea“. Die Menschen vermehren sich und die Archonten beschließen eine Sintflut. Noah wird mit dem Bau der Arche beauftragt, lässt Norea jedoch nicht in die Arche hinein, weshalb sie diese mit ihrem Hauch verbrennt. Noah erbaut dann eine zweite Arche, während Norea von den Archonten bedrängt wird. Sie bittet den Gott des Alls um Hilfe, und der Engel Eleleth erscheint ihr in weißem Gewand und mit goldenem Antlitz. Er versichert Norea, dass ihre Seele und auch die ihrer Kinder aus dem unvergänglichen Licht kommt und die Archonten der Finsternis daher keine Macht über sie besitzen. Norea fragt Eleleth, wie die dunklen Mächte entstanden sind, und dieser beschreibt ein komplexe Kosmogonie. Die Unvergänglichkeit ist zuoberst in den grenzenlosen Äonen. Ein Vorhang trennt die oberen von den unteren Äonen, wobei die Trennlinie zwischen dem siebenten und achten Himmel liegt. Als positive Mächte erscheinen Sophia und ihre Tochter Zoe. Zu den dunklen Mächten zählen Samael, der als mannweibliches Wesen mit Löwengestalt beschrieben wird, sowie Saklas (Jaldabaoth), der in die Unterwelt verbannt wurde, und Sabaoth. Letzterer bekehrte sich aber zu Zoe und Sophia und wurde von diesen als Herrscher über den siebten Himmel, also unmittelbar oberhalb der Mächte des Chaos, eingesetzt.

Eleleth verkündet Norea des Weiteren, dass sich der Same der Wahrheit bald offenbaren wird. Aus einem „königslosen Geschlecht“ wird ein Erlöser gesendet, der die Menschen belehren und mit ewigem Leben salben wird. Dann werden die Menschen den wahren Vater des Alls, den heiligen Geist und den Sohn, der über allem ist, erkennen. Mit diesem an christliche Motive erinnernden Heilsversprechen endet der Text.

Literatur

Textausgabe

  • Bentley Layton: The Hypostasis of the Archons. Critical edition and Translation. In: Bentley Layton (Hrsg.), Nag Hammadi Codex II, 2–7: Together with XIII,2*, BRIT. LIB. OR.4926(1), and P. OXY. 1, 654, 655. Vol. I. Gospel according to Thomas, Gospel according to Philip, Hypostasis of the Archons, and Indexes. NHS XX. (The Coptic Gnostic Library, ed. J. M. Robinson). Brill, Leiden 1989. S. 234-259, 321-336
  • Bernard Barc: L’Hypostase des archontes. Traité gnostique sur l’origine de l’homme, du monde et des archontes (NH II,4). BCNH 5. Presses de l'Université Laval (Québec) 1980, ISBN 2-7637-6889-X
  • Peter Nagel: Das Wesen der Archonten aus Codex II der gnostischen Bibliothek von Nag Hammadi. Koptischer Text, deutsche Übersetzung und griechische Rückübersetzung. Konkordanz und Indizes. Wissenschaftliche Beiträge der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg 1970,6.

Übersetzung

  • Ursula Ulrike Kaiser: Die Hypostase der Archonten (NHC II,4). In: Hans-Martin Schenke u.a. (Hrsg.): Nag Hammadi deutsch. de Gruyter, Berlin/New York 2001/2003. Bd. 2. S. 215-233.
  • Gerd Lüdemann, Martina Janßen: Die Bibel der Häretiker. Radius, Stuttgart 1997. S. 173-183

Sekundärliteratur

  • Ingvild Saelid Gilhus: The nature of the archons. A study in the soteriology of a gnostic treatise from Nag Hammadi (CGII,4). Studies in oriental religions Bd. 12. Harrassowitz, Wiesbaden 1985, ISBN 3-447-02518-2
  • Ursula Ulrike Kaiser: Die Hypostase der Archonten (Nag-Hammadi-Codex II,4). Neu herausgegeben, übersetzt und erklärt. Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur 156. de Gruyter, Berlin u.a. 2006, ISBN 978-3-11-019071-7.
  • Martin Krause: Zur Hypostase der Archonten in Codex II von Nag Hammadi. In: Enchoria 2 (1972). S. 1-20.
  • Hans-Martin Schenke: Das sethianische System nach Nag-Hammadi-Handschriften. In: Peter Nagel (Hrsg.): Studia coptica. Berliner byzantinistische Arbeiten 45. Akademie, Berlin 1974. S. 165-172

Weblinks

Einzelnachweise

  1. p. 86,20-27
  2. Vergleiche Kol 1,13 EU und Eph 6,12 EU
  3. p. 86,27-87,11


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