Anschauung und Kategorie:Nebenübungen: Unterschied zwischen den Seiten

Aus AnthroWiki
(Unterschied zwischen Seiten)
imported>Odyssee
 
imported>Joachim Stiller
Keine Bearbeitungszusammenfassung
 
Zeile 1: Zeile 1:
'''Anschauung''' ist ein [[Erkenntnistheorie|erkenntnistheoretischer]] Begriff, der in seiner heutigen Verwendung meist auf [[Immanuel Kant]] bezogen ist. Mit ihm wird auf den sinnlich-rezeptiven Anteil in der [[Erkenntnis]] Bezug genommen. Der Begriff wurde allerdings auch schon vor Kant in der [[Wikipedia:Philosophie|Philosophie]] verwendet, etwa bei  [[Wikipedia:Notker III.|Notker]] ([[Wikipedia:althochdeutsch|althochdeutsch]] ''anascouunga'') und [[Wikipedia:Meister Eckhart|Meister Eckhart]] ([[Wikipedia:mittelhochdeutsch|mittelhochdeutsch]] ''anschauunge''), bei denen der Begriff primär eine religiöse Bedeutung hatte. In der heutigen Erkenntnistheorie werden jedoch meist die verwandten Begriffe „[[Wahrnehmung]]“ und „[[Erfahrung]]“ verwendet.
{{Vorlage:Seitenkategorien}}
 
[[Kategorie:Schulungsweg]]
== Emprische und reine Anschauungsformen ==
[[Kategorie:Nebenübungen|!]]
Kants in der [[Wikipedia:Kritik der reinen Vernunft|Kritik der reinen Vernunft]] entwickelte Erkenntnistheorie unterscheidet zwischen [[empirisch]]en Anschauungen, die uns durch [[Sinne]]sorgane gegeben werden, und '''reinen Anschauungen''', die [[a priori]] vor jeder Erfahrung gegeben sind. Die beiden von Kant angenommenen ''reinen Anschauungsformen'' sind [[Raum]] und [[Zeit]]. Reine Anschauungen als solche sind frei von jeglicher sinnlichen Wahrnehmung, können aber auf sinnliche Wahrnehmungen bezogen werden. Eine Anschauung im Sinne Kants ist rein, „wenn der Vorstellung keine Empfindung beigemischt ist“ (KrV B 74).
[[Kategorie:Selbsterziehung]]
[[Kategorie:Erziehung]]
Kant geht zudem davon aus, dass jede Erkenntnis auf das Zusammenspiel von Anschauungen und [[Begriff]]en angewiesen ist. „Das Mannigfaltige“, das in der Anschauung gegeben werde, brauche einer begrifflichen Ordnung, um zu Erkenntnis führen zu können. Andererseits bräuchten Begriffe Anschauungen, um nicht vollkommen leer zu sein. Begriffsverwendungen ohne Anschauungsmaterial führten zu den sinnlosen [[Wikipedia:Spekulation|Spekulation]]en der traditionellen [[Wikipedia:Metaphysik|Metaphysik]], die Kant in der [[Wikipedia:transzendentale Dialektik|transzendentalen Dialektik]] widerlegen möchte. Dennoch ist nach Kant reine apriorische Erkenntnis im Wechselspiel von reinen Anschauungen und reinen Begriffen möglich.
[[Kategorie:Pädagogik]]
 
[[Kategorie:Tugendethik|701]]
{{Zitat|Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind.|Immanuel Kant|''Kritik der reinen Vernunft'', S. B75, A51}}
[[Kategorie:Sechsgliedriger Pfad|101]]
 
== Intellektuelle Anschauung ==
 
Als '''intellektuelle Anschauung''' oder auch '''intellektuale Anschauung''' wird die Fähigkeit zur unmittelbaren Erkenntnis der [[Prinzipien]] unseres [[Wissen]]s und der [[Wirklichkeit]] bezeichnet. Der [[Begriff]] wurde vor allem im [[Wikipedia:Deutscher Idealismus|Deutschen Idealismus]], bei [[Johann Gottlieb Fichte]] und [[Friedrich Wilhelm Joseph Schelling]], zu einer zentralen Kategorie.
 
Während [[Immanuel Kant]] dem [[Mensch]]en die Fähigkeit zu einer intellektuellen Anschauung kategorisch abspricht, da für ihn die menschliche Anschauung grundsätzlich [[sinnlich]], d. h. durch einen äußeren und unabhängig vom Menschen existierenden Gegenstand hervorgerufen wird, wird der Begriff bei Fichte und Schelling zu einem wesentlichen Ausgangspunkt ihrer Philosophie. „Intellektuelle Anschauung“ bedeutet bei ihnen zunächst einmal nichts weiter als den Akt, in dem das Ich auf sich selbst reflektiert. Für Fichte und Schelling wird im Akt der Anschauung eines Gegenstandes das Ich nicht nur auf sich aufmerksam, sondern erzeugt sich selbst. Dies wird für sie zum Ausgangspunkt ihrer transzendental- idealistischen Systeme. Auch [[Goethe]] widersprach Kant energisch:
 
<div style="margin-left:20px">
"Als ich die Kantische Lehre, wo nicht zu durchdringen, doch möglichst zu nutzen suchte, wollte mir manchmal dünken, der köstliche Mann verfahre schalkhaft ironisch, in dem er bald das Erkenntnisvermögen aufs engste einzuschränken bemüht schien, bald über die Grenzen, die er selbst gezogen hatte, mit einem Seitenwink hinausdeutete. Er mochte freilich bemerkt haben, wie anmaßend und naseweis der Mensch verfährt, wenn er behaglich, mit wenigen Erfahrungen ausgerüstet, sogleich unbesonnen abspricht und voreilig etwas festzusetzen, eine Grille, die ihm durchs Gehirn läuft, den Gegenständen aufzuheben trachtet. Deswegen beschränkt unser Meister seinen Denkenden auf eine reflektierende diskursive Urteilskraft, untersagt ihm eine bestimmende ganz und gar. Sodann aber, nachdem er uns genugsam in die Enge getrieben, ja zur Verzweiflung gebracht, entschließt er sich zu den liberalsten Äußerungen und überläßt uns, welchen Gebrauch wir von der Freiheit machen wollen, die er einigermaßen zugesteht. In diesem Sinne war mir folgende Stelle höchst bedeutend:
 
<div style="margin-left:30px; margin-right:20px">
«Wir können uns einen Verstand denken, der, weil er nicht wie der unsrige diskursiv, sondern intuitiv ist, vom synthetisch Allgemeinen, der Anschauung eines Ganzen als eines solchen, zum Besondern geht, das ist, von dem Ganzen zu den Teilen: Hierbei ist gar nicht nötig zu beweisen, daß ein solcher intellectus archetypus möglich sei, sondern nur, daß wir in der Dagegenhaltung unseres diskursiven, der Bilder bedürftigen Verstandes (intellectus ectypus) und der Zufälligkeit einer solchen Beschaffenheit auf jene Idee eines intellectus archetypus geführt werden, diese auch keinen Widerspruch enthalte.»
</div>
 
Zwar scheint der Verfasser hier auf einen göttlichen Verstand zu deuten, allein wenn wir ja im sittlichen, durch Glauben an Gott, Tugend und Unsterblichkeit uns in eine obere Region erheben und an das erste Wesen annähern sollen: so dürft' es wohl im Intellektuellen derselbe Fall sein, daß wir uns, durch das Anschauen einer immer schaffenden Natur zur geistigen Teilnahme an ihren Produktionen würdig machten. Hatte ich doch erst unbewußt und aus innerem Trieb auf jenes Urbildliche, Typische rastlos gedrungen, war es mir sogar geglückt, eine naturgemäße Darstellung aufzubauen, so konnte mich nunmehr nichts weiter verhindern, das Abenteuer der Vernunft, wie es der Alte vom Königsberge selbst nennt, mutig zu bestehen." (Goethe: ''[[Anschauende Urteilskraft]]'')
</div>
 
== Übersinnliche Anschauungsformen ==
Im [[geisteswissenschaft]]lichen Sinn muss man von höheren, [[übersinnlich]]en Anschauungsformen sprechen, etwa von der [[Spirituelles Bewusstsein|imaginativen Anschauung]].
 
<div style="margin-left:20px">
"Es ist ja so, daß, wenn der Mensch mit seinem physischen Auge hinschaut,
seine andern physischen Sinne in Regsamkeit hat und aufmerksam
wird auf dasjenige, was in seiner Weltumgebung ist, er da
wahrnimmt die physische Atmosphäre der Erde, in ihr eingebettet die
Wesenheitender verschiedenen Reiche, innerhalb dieses ganzenMilieus
sich zutragend alles dasjenige, was in Wind und Wetter im Laufe der
Jahreserscheinungen vor sich geht. Daß also der Mensch das alles vor
sich hat, das ist der äußere Tatsachenbestand, wenn der Mensch seine
Sinne der Außenwelt exponiert.
 
Aber hinter der Atmosphäre, hinter der sonnendurchleuchteten
Atmosphäre liegt, wahrnehmbar für dasjenige, was man Geistorgane
nennen kann, eben eine andere Welt, man darf sagen eine gegenüber
der Sinnenwelt höhere Welt, eine Welt, in der auch in einer Art Licht,
in einer Art geistigen Lichtes, in einer Art [[Astrallicht]]es, geistig
Wesenhaftes und geistige Tatsachen erglänzen und sich abspielen, die
wahrhaftig für das Gesamtwerden der Welt und des Menschen nicht
weniger bedeutsam sind als dasjenige, was in der äußeren Atmosphäre
auf der äußeren Erdoberfläche geschichtlich sich abspielt." {{Lit|{{G|229|9f}}}}
</div>
 
== Literatur ==
 
#Rudolf Steiner: ''Das Miterleben des Jahreslaufes in vier kosmischen Imaginationen'', [[GA 229]] (1999), ISBN 3-7274-2290-4 {{Vorträge|221}}
 
{{GA}}
 
== Weblinks ==
 
*{{Eisler|Anschauung}}
 
[[Kategorie:Philosophie]] [[Kategorie:Erkenntnistheorie]]
 
{{Wikipedia}}

Version vom 25. März 2020, 18:40 Uhr