Die Pforte der Einweihung und Persephone: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Bild:Mysteriendramensiegel1.gif|thumb|Von [[Rudolf Steiner]] entworfenes Siegelbild zu seinem ersten Mysteriendrama]]
[[Bild:Meyers_b12_s0862.png|thumb|right|350px|Persephone und Hades (Abzeichnung eines Reliefs im Vatikan aus Meyers Konversationslexikon)]]
== Die Pforte der Einweihung (Initiation) ==
=== Ein Rosenkreuzermysterium ===
ist das erste von [[Rudolf Steiner]] verfasste [[Mysteriendrama]]. Die Uraufführung fand am [[Wikipedia:15. August|15. August]] [[Wikipedia:1910|1910]] im ''Schauspielhaus'' [[Wikipedia:München|München]] statt.


== Personen ==
'''Persephone''' ([[Wikipedia:Griechische Sprache|griechisch]] Περσεφόνη, älteste Form Περσόφαττα mit der Bedeutung die, „welche [beim Dreschen] die Garben schlägt“) ist in der [[Wikipedia:Griechische Mythologie|griechischen Mythologie]] eine [[Wikipedia:Totengott|Toten]]-, Unterwelt- und [[Wikipedia:Fruchtbarkeitsgottheit|Fruchtbarkeitsgöttin]]. In der [[Wikipedia:Römische Mythologie|römischen Mythologie]] wird sie als '''[[Proserpina]]''' aus dem unterworfenen Griechenland zusammen mit den Sklaven importiert, nachdem ihre ursprüngliche Identität mit der altrömischen [[Wikipedia:Ceres (Mythologie)|Ceres]] nicht deutlich ist. In [[christlich]] erneuerte Form wurde sie als [[Göttin Natura]] bis zum Ende des [[Wikipedia:Mittelalter|Mittelalter]]s besungen, namentlich von den Vertretern der [[Schule von Chartres]], etwa in «De mundi universitate» von [[Bernardus Silvestris]], oder auch in «De planctu naturae» und im «Anticlaudianus» des [[Alanus ab Insulis]]. In [[Dante]]s «[[Göttliche Komödie|Göttlicher Komödie]]» erscheint sie in Gestalt der [[Matelda]].
   
=== DES VORSPIELES UND ZWISCHENSPIELES ===
* Sophia
* Estella
* Zwei Kinder


=== DES MYSTERIUMS ===
Persephone ist die Tochter des [[Zeus]] und seiner Schwester [[Demeter]] und trägt oft den Namen '''Kore''' (Κόρη, „Mädchen“).
*Johannes Thomasius
*Maria
*Benedictus
*Theodosius, dessen Urbild im Verlaufe als Geist der Liebe sich offenbart
*Romanus, dessen Urbild im Verlaufe als Geist der Tatkraft sich offenbart
*Retardus, nur als Geist wirksam
*German, dessen Urbild im Verlaufe als Geist des Erdgehirns sich offenbart
<table><tr><td width="150px">
*Philia
*Astrid
*Luna
</td><td>
Freundinnen Marias, deren Urbilder<br>
im Verlaufe als Geister von<br>
Marias Seelenkräften sich offenbaren
</td></tr></table>
*Helena, deren Urbild im Verlaufe als Lucifer sich offenbart
*Professor Capesius
*Doktor Strader
*Felix Balde, der sich als ein Träger des Naturgeistes offenbart
*Frau Balde
*Die andre Maria, deren Urbild im Verlaufe sich als Seele der Liebe offenbart
*Theodora, Seherin
*Ahriman, nur als Seele wirksam gedacht
*Der Geist der Elemente, nur als Geist wirksam gedacht
*Ein Kind, dessen Urbild im Verlaufe als junge Seele sich offenbart


== Inhalt ==
== Mythos ==
=== Vorspiel ===
''Ein Zimmer der Sophia''


Das Vorspiel beginnt mit einem einfachen Kinderlied, das allerdings bei aller Schlichtheit schon die Gesinnung andeutet, aus der das Geschehen des eigentlich dramatischen Teils aufgefasst werden soll, nämlich mit einer gewissen vorurteilslosen kindlichen, nicht durch den Intellekt getrübten Offenheit:  
Ihr eigener Vater Zeus verliebte sich in Kore, in der Gestalt einer Schlange kroch er in sie und befruchtete seine Tochter, sie gebar [[Zagreus]], der Zeus' Nachfolger werden sollte. Nachdem nun Zeus seinen Willen bekommen hatte, zeigte er kein Interesse mehr an Kore. Sein Bruder [[Wikipedia:Hades|Hades]], der Gott der Unterwelt, verliebte sich in sie. Hades bat Zeus um Kore. Wissend, dass Kore nicht freiwillig in die sonnenlose Unterwelt gehen würde, stimmte Zeus weder zu, noch lehnte er ab. Hades interpretierte dies als Zustimmung. Als Kore in der [[Wikipedia:Nysa (Mythos)|Nysa]]-Ebene Blumen pflückte, stieg Hades aus der Unterwelt empor und entführte Kore auf seiner Kutsche. Ihre Hilfeschreie wurden von Zeus ignoriert. Kore fügte sich, nun als Persephone bezeichnet, in ihr Schicksal.


<table align="center"><tr><td>
Siehe auch: [[Wikipedia:Pheneos|Pheneos]]
Der Sonne Licht durchflutet<br>
Des Raumes Weiten,<br>
Der Vögel Singen durchhallet<br>
Der Luft Gefilde,<br>
Der Pflanzen Segen entkeimet<br>
Dem Erdenwesen,<br>
Und Menschenseelen erheben<br>
In Dankgefühlen<br>
Sich zu den Geistern der Welt.
</td></tr></table>


Das Vorspiel führt nun weiter zu einem Streitgespräch zwischen Estella und Sophia. Sophia ist, wie schon der Name andeutet, die Verfechterin der Geisteswissenschaft, der Anthroposophie, in der  Estella aber nur ein müßiges Gedankenspiel sehen kann, das den Menschen von der eigentlichen Realität, von den wahren Problemen des Lebens ablenkt. Auch würden viele Vertreter der Geisteswissenschaft aus ihrem Dünkel hochmütig auf die anderen Menschen herabblicken und sich für etwas Besseres halten. Ganz verfehlt erscheint es Estella, wenn man die weltfremde Geistesschau zur Grundlage des künstlerischen Schaffens machen wollte und sieht lädt Sophia ein, mit ihr gemeinsam eine Aufführung der „Enterbten der Seele und des Leibes“ zu besuchen, wo die wahren Lebensprobleme in naturalistisch-dramatischer Form gezeigt würden. Doch Sophia lehnt ab, es kommt zu keiner Verständigung zwischen den beiden.  
== Homerischer Mythos ==
[[Bild:Proserpina.jpg|thumb|Die ''Proserpina'' von [[Wikipedia:Dante Gabriel Rossetti|Dante Gabriel Rossetti]] - Der verhängnisvolle Biss in den Granatapfel]]
[[Wikipedia:Homer|Homer]] berichtet in der ''Hymne für Demeter'', dass Persephones Mutter Demeter neun Tage nach ihrer Tochter suchte und schließlich von [[Wikipedia:Hekate|Hekate]], die Persephones Schreie gehört hatte, in Kenntnis gesetzt wurde. Sie war ob des Raubes entsetzt. Bei [[Wikipedia:Ovid|Ovid]] (in den ''Metamorphosen'') versucht die Nymphe [[Wikipedia:Cyane|Cyane]], die in der Nähe ist, vergeblich die Entführung Proserpinas abzuwenden. In ihren Tränen löst sie sich schließlich auf, in der so entstandenen Quelle findet Demeter den Gürtel ihrer Tochter.  


Rudolf Steiner reflektiert kritisch in dem Vorspiel seinen eigenen künstlerischen Ansatz und das ganze anthroposophische Streben überhaupt. Er wirft Einwände auf, die man machen kann, gibt Gegenargumente, wertet aber nicht nach der einen oder anderen Richtung, sondern überlässt dem Publikum die Entscheidung, welcher Argumentation es folgen will.  
Demeter wollte mit den Göttern nichts mehr zu tun haben und verließ den [[Wikipedia:Olymp|Olymp]]. Sie befahl den Pflanzen, nicht mehr zu sprießen, und schon bald war alles Land verödet. Die verzweifelnden Götter wandten sich nun an Zeus, er solle doch etwas unternehmen. Zeus blieb nichts anderes übrig und - da Demeter nicht verhandeln, sondern nur ihre Tochter wieder haben wollte - willigte er unter der Bedingung ein, dass Kore zurückkehren könne, wenn sie in der Unterwelt noch nichts gegessen hätte. Demeter war einverstanden. Also ging man gemeinsam in die Unterwelt und fragte sie, ob sie etwas gegessen hätte. Kore antwortete nein. Auch Hades hatte sie nichts essen sehen, somit war alles klar.


=== Erstes Bild ===
Hades war jedoch schwerst verbittert, er liebte seine Persephone, doch gegen Zeus' Willen war er machtlos. Aber plötzlich meldete sich ein Denunziant namens [[Wikipedia:Askalaphos (Unterweltsdämon)|Askalaphos]], der gesehen haben wollte, dass Persephone vier Kerne eines [[Wikipedia:Granatapfel|Granatapfel]]s gegessen hätte. Er schwor sogar den heiligen Eid beim [[Wikipedia:Styx|Styx]]. Hades bestand nun darauf, dass Persephone bleiben müsse, aber Zeus meinte, dass man vier Kerne schwerlich als ein ordentliches Essen bezeichnen könne, jedoch gegessen hatte sie wirklich etwas. Ein Kompromiss musste her. Nach langen und zähen Verhandlungen einigte man sich auf Folgendes: 4 Monate musste Persephone in der Unterwelt mit Hades leben, die restlichen 8 Monate durfte sie auf der Erde bei ihrer Mutter verbringen. Die 4 Monate in der Unterwelt stellen die unfruchtbare Zeit auf der Erde dar, ihre Mutter Demeter ist traurig, und daher blüht keine Pflanze, aber wenn ihre Tochter bei ihr ist, blüht und gedeiht alles.
''Ein Zimmer in rosenrotem Grundton''


Durch eine Tür an der rechten Seite, die zu einem Vortragssaal führt, wo offenbar soeben ein geisteswissenschaftlicher Vortrag zu Ende gegangen ist, treten nach und nach die Hauptpersonen herein, die den weiteren Fortgang des Dramas bestimmen werden.
== Kult ==
Die Bedeutung des Mythos ist eine allegorische Darstellung des Zyklus der Jahreszeiten. In den [[Wikipedia:Mysterien von Eleusis|Eleusinischen Mysterien]] wurde der Mythos als das Bild einer höheren Idee, nämlich der Unsterblichkeit der Seele, aufgefasst und jedes Jahr festlich begangen. Nach dem Orphismus sitzt sie verschleiert auf einem Stuhl im Hades und hat einen Kranz von Mohn auf dem Haupte.


Zuerst kommen Johannes Thomasius und Maria, die eigentlichen Protagonisten. Johannes ist Maler und Maria seine geliebte Freundin, die ihn durch ihre fest verwurzelte geistige Weltsicht menschlich tief inspiriert, doch zugleich, was beide nicht recht verstehen können, seine künstlerische Schaffenskraft lähmt. Unschwer erkennt man in Maria die Lilie aus Goethes Märchen wieder, die den unglücklichen Jüngling versteinert.  
Persephone steht in enger Verbindung zu ihrer Mutter Demeter, so wurde sie meist gemeinsam mit ihr außer in [[Wikipedia:Eleusis|Eleusis]] auch in [[Wikipedia:Böotien|Böotien]], im [[Wikipedia:Peloponnes|Peloponnes]] und auf [[Wikipedia:Sizilien|Sizilien]] verehrt. Bei den [[Wikipedia:Orphiker|Orphiker]]n der späteren Zeit ist Persephone eine allwaltende Naturgottheit und wird vielfach mit anderen mythischen Gottheiten, [[Hekate|Hekate]], [[Wikipedia:Gaia (Mythologie)|Gaia]], [[Wikipedia:Rhea|Rhea]], [[Isis]], vermengt. Der römische Name Proserpina scheint nur eine Latinisierung von Persephone zu sein. Dargestellt wurde Persephone und Hades (Relief im [[Wikipedia:Vatikanstadt|Vatikan]] zu Rom), Persephone entweder als leibliche Tochter der Demeter oder als strenge Gemahlin des Hades, mit königlichen Insignien und der Fackel, dem Symbol der eleusinischen Weihen (s. Abbildung). Einzelbilder sind schwer zu bestimmen, da ihr Ideal mit dem ihrer Mutter mehr oder weniger zusammenfließt; nur wird sie stets jugendlicher aufgefasst


Dann treten Capesius und Strader auf, die beiden Irrlichter aus dem Märchen. Beide sind realen Menschen nachempfunden. Capesius hat deutlich Züge von Steiners ehemaligem Hochschullehrer Karl Julius Schröer und Strader hat viel gemeinsam mit dem Philosophen Gideon Spicker, der selbst auch schon in seinen Schriften das Wort „Anthroposophie“ im Sinne von höchster Selbsterkenntnis des Menschen gebraucht hat:
== Der geistige Hintergrund ==


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„Handelt es sich aber in der Wissenschaft um die Erkenntnis der Dinge, in der Philosophie dagegen in letzter Instanz um die Erkenntnis dieser Erkenntnis, so ist das eigentliche Studium des Menschen der Mensch selbst, und der Philosophie höchstes Ziel ist Selbsterkenntnis oder Anthroposophie.{{Lit|Spicker}}
"Persephone ist in das Irdische untergetaucht, um die
Pflanzenwelt davon zu befreien, bloß vom Irdischen sich
bilden zu müssen. Das ist der Niederstieg eines göttlichgeistigen
Wesens in die Natur der Erde. Auch Persephone
hat ja eine Art «Auferstehung», aber jährlich in rhythmischer
Folge." {{Lit|{{G|026|163}}}}
</div>
</div>


Den beiden Gelehrten folgen Philia, Astrid und Luna, die sich später als Repräsentantinnen der drei seelischen Wesensglieder, der Empfindungsseele, der Verstandesseele und der Bewusstseinsseele, bzw. auch des Fühlens, Denkens und Wollens, erweisen werden.  
<div style="margin-left:20px">
Theodora, die als nächstes auftritt, ist eine junge Frau mit atavistischen hellseherischen Fähigkeiten, die sie aber nicht selbst unter Kontrolle hat. Inmitten der versammelten Menschen wird sie von einer Vision ergriffen, die auf das baldige Kommen des ätherischen Christus hinweist. Strader, der mit seinem nüchternen Verstand den geistigen Wahrheiten sehr skeptisch gegenübersteht, ist von dieser Vision tief beeindruckt.  
"Die ganze Sage hat eine tiefe Bedeutung. Die Persephone,
welche von Zeit zu Zeit in die Finsternis der Unterwelt zu
steigen hat, ist ein Sinnbild der menschlichen Seele. Diese Seele
stammt aus himmlischen Regionen und ist zur Unsterblichkeit
bestimmt. Sie ist eine Tochter der unsterblichen Erdenseele,
welche durch Demeter sinnbildlich dargestellt wird.
Aber die Menschenseele kann nicht ungeteilt ihre Unsterblichkeit
genießen. Sie muß von Zeit zu Zeit in das Reich des
Todes gehen.


Felix Balde, der gemeinsam mit seiner Frau Felicia auftritt, hat sein reales Vorbild in dem Kräutersammler [[Felix Koguzki]], der eine wichtige Rolle im Leben Rudolf Steiners gespielt hat. Felix Balde wird als einzelgängerischer Naturmensch geschildert, der eine tiefmystische Beziehung zu den vielerlei Naturwesen hat. Seine Frau Felicia ist eine begnadete Märchenerzählerin, bei der Capesius und Strader oft zu Gast sind, und dort ihre Seelen durch ihre Erzählungen erfrischen.
Der Grieche liebte die Welt; und der Tod hatte für ihn
etwas Furchtbares. Achilles, der von Odysseus in der Unterwelt
getroffen worden ist, hat bekanntlich gesagt, daß er lieber
ein Bettler sei auf der Oberwelt, als ein König im Reiche der
Schatten. Aber zu dieser gewöhnlichen griechischen Weltauffassung
sollten die Mysterien ein Gegenbild abgeben. Sie
sollten den Wert des Ewigen, Dauernden darstellen gegenüber
dem Irdisch-Vergänglichen. Und so bedeutet die Oberwelt
in der Persephonesage eigentlich die himmlischen Regionen,
in denen Persephone als unsterblich ist. Und die
Unterwelt ist ein Sinnbild der Erde. Ursprünglich stammt die
Seele aus himmlischen Regionen. Sie wird aber von Zeit zu
Zeit auf der Erde verkörpert. Sie genießt hier, auf der Erde,
von deren Früchten (Granatapfel) und muß deshalb immer
wieder zurückkehren. Das heißt, die Seele hat die Begierde
zum Irdischen, und wird dadurch zu immer neuen Verkörperungen
getrieben. Die Erdenseele (Demeter) möchte ihrer
Tochter, der Menschenseele, die Unsterblichkeit geben. Deshalb
sucht Demeter das ihr anvertraute Kind im Feuer zu
läutern, zu heilen von der Sterblichkeit.


Danach betritt wieder eine Dreiergruppe von Personen die Bühne, nämlich Theodosius, German und Romanus, die den drei Königen aus Goethes Märchen entsprechen. Sie sind in gewisser Weise auch Repräsentanten des Fühlens, Denkens und Wollens und ihre Urbilder zeigen diese Kräfte später im kosmischen Maßstab. Theodosius wird später als Geist der Liebe bezeichnet, German als Geist des Erdgehirns und Romanus als Geist der Tatkraft. Retardus, der dem vierten, dem gemischten König aus Goethes Märchen entspricht, ist nur als Geist wirksam gedacht und tritt in dieser Szene noch nicht, sondern erst viel später im fünften Bild auf, das im unterirdischen Tempel, der verborgenen Mysterienstätte der Hierophanten, spielt.
Nun wurde in Zusammenhang mit diesem Drama von der
Menschenseele das Schicksal des Gottes Dionysos gebracht.
Dionysos ist der Sohn des Zeus und einer sterblichen Mutter,
der Semele. Zeus entreißt das noch unreife Kind der vom
Blitze erschlagenen Mutter und bringt es zur Reife in der
eigenen Hüfte. Hera, die Göttermutter, reizt die Titanen
gegen das Kind auf. Sie zerstückeln es. Aber Athene rettet
das Herz des Knaben und bringt es dem Zeus. Dieser erzeugt
daraus zum zweiten Male den Dionysos. Der von Unsterblichem
und Sterblichem abstammende Dionysos ist das Sinnbild
des Menschengeistes. Und in dem Menschengeist ist ein
Teil des göttlichen Geistes selbst zu erkennen. Dieser Geist
erscheint in dem Menschen nicht rein, sondern in dem Gewände
der Leidenschaften. Die Titanen sind das Sinnbild
dieser Leidenschaften. Sie lassen in dem einzelnen Menschen
nicht den ganzen, reinen Gottesgeist wirken, sondern immer
nur ein Stück desselben. Aber trotzdem gibt es in jedem
Menschen den Quell des Göttlichen (das Herz). Dieser wird
durch die Weisheit (Athene) gerettet. Die Läuterung, die
Heilung des durch die titanischen Leidenschaften zerstörten
Gottesgeistes wird in dem Dionysosdrama dargestellt.


Die „andere Maria“, die grüne Schlange des Märchens, die danach die Szene betritt, zeigt schon durch ihren Namen ihre enge geistige Beziehung zur Figur der Maria. Ihr Urbild zeigt sich später als die Seele der Liebe und steht dadurch auch in einem Naheverhältnis zu Theodosius.  
Nimmt man nun die beiden Dramen, das Persephone- und
Dionysosdrama zusammen, so ergibt sich das menschliche
Urdrama, wie es den Griechen dargestellt wurde, die zu den
eleusinischen Mysterien zugelassen wurden. Aus Geist,und
Seele besteht der innere, der höhere Mensch. Die Seele entstammt
der unsterblichen Erdseele, der Geist dem ewigen
Gottesgeiste. Die Erdenlaufbahn stellt für die Seele eine Unterbrechung,
für den Geist eine Zerstückelung dar. Beide
müssen geläutert, gereinigt von dem Irdischen werden. Die
irdischen Leidenschaften müssen zu geistigen werden. Der
Mensch, der die beiden Dramen sah, sollte angeregt werden,
mit der eigenen Seele und dem eigenen Geiste diese Läuterung
vorzunehmen. In dem Schicksale der Persephone und
des Dionysos sollte er das eigene sehen. Die große Selbsterziehung,
welche er mit sich vorzunehmen habe, wurde ihm
in diesen Dramen vorgeführt." {{Lit|{{G|034|154ff}}}}
</div>


Benedictus, der nun auf den Plan tritt, ist offenbar ein großer Eingeweihter und der Lehrer der Geistesgemeinschaft, die sich hier versammelt hat.
=== Persephone und das alte Naturhellsehen ===


Zuletzt tritt noch Helena auf, deren Urbild sich später als Luzifer zeigt. Sie will Johannes an der Geisteswissenschaft irre machen und ihn auf einen Weg weisen, der schneller und schmerzloser ist.
Persephone ist die Lenkerin und Leiterin des alten naturhaften [[Hellsehen]]s.


=== Zweites Bild ===
<div style="margin-left:20px">
''Gegend im Freien''
Wir wissen aus diesen
geisteswissenschaftlichen Vorträgen von einem alten Hellsehen der
Menschheit, das aus der menschlichen Natur in uralten Zeiten wie
selbstverständlich heraussprudelte, so daß, wie Hunger und Durst
und Atembedürfnis, aus dieser menschlichen Seele sich die hellseherischen
Bilder herausgestalteten, in welche sich die Geheimnisse
der geistigen Welten hineinergossen. Das ist etwas, was der
Mensch einmal als Gabe uralten Hellsehens besaß und was dem
Menschen gleichsam geraubt ist von dem, was später im menschlichen
Leben Erkenntnis wurde. Teils fühlend, daß gerade in seiner
Zeit dieser Raub des alten Hellsehens durch moderne Erkenntnis
sich vollzog, teils voraussehend, wie das in künftigen Zeiten, die
jetzt die unsrigen sind, immer mehr und mehr geschehen sollte,
wandte der alte Grieche seinen Seelenblick hinauf zu derjenigen
Göttergestalt, welche die Kräfte, die zu jenem alten Hellsehen
führten, in der menschlichen Seele loslöste aus der unmittelbaren
elementarischen Natur heraus. Er sah zu jener Göttin auf, die die
Regentin des alten an die menschliche Natur gebundenen Hellsehens
war, und nannte sie Persephone. Und dann sagte sich der
alte Grieche: An die Stelle der alten Seherkultur wird immer mehr
und mehr eine andere treten, die von Menschen dirigiert wird, von
Menschen geboren wird, denen das alte Hellsehen schon verlorengegangen
ist. - In derjenigen Kultur, die der alte Grieche anknüpfte
an die Namen Agamemnon, Odysseus, Menelaos, ist das gegeben,
was wir heute als unsere äußere, nicht mehr von hellseherischen
Kräften berührte geistige Kultur erkennen." {{Lit|{{G|129|16f}}}}
</div>


Tief in Meditation versunken ringt Johannes um Selbsterkenntnis. Von allen Dingen, von allen Wesen in der Welt ruft es ihm zu: „O Mensch, erkenne dich!“ Doch das wird für ihn zu einem furchtbaren Erlebnis. Ganz in sich versenkt, fühlt er sich wie zerrissen in die ganze Welt und scheint sich selbst ganz zu verlieren. Seine Einsamkeit, in die er sich sonst zurückziehen und dort Ruhe finden konnte, ist ihm verloren. Er ist in sich selbst nicht mehr mit sich selbst allein. In alle Wesen muss er eintauchen und den Schmerz erleben, den er ihnen im Leben zugefügt hat. So begegnet ihm die Seele einer Jugendliebe, die er einst verlassen hatte, nachdem er Maria kennenlernte, und die darüber vor Gram gestorben war. Was Johannes hier widerfährt, ist ein Vorgeschmack dessen, was den Menschen nach dem [[Tod]] im [[Kamaloka]] erwartet. Doch solche Prüfungen muss der Geistesschüler durchmachen; vor allem muss ihm seine eigene niedere Natur ganz ungeschminkt entgegentreten. Johannes erscheint sie als wilder Wurm, "aus Lust und Gier geboren" und er fühlt sich daran gefesselt, fester noch, als Prometheus an den Kaukasus geschmiedet war. Maria, die ihm zuletzt in seiner Mediation erscheint, kann Johannes auch nicht weiterhelfen. Ihm ist, als hätte er sich selbst verloren.
Nachdem Persephone in unterbewussten Tiefen des [[Seelenleben]]s hinuntergezogen war, ist das alte Hellsehen erloschen. Ihre Kräfte wirken aber in den Seelentiefen und festigen dort das [[Ich]].


=== Drittes Bild ===
<div style="margin-left:20px">
''Ein Meditationszimmer''
"Wohin ist denn Persephone gekommen? Was macht sie als die
Regentin der alten hellseherischen Kräfte heute in der menschlichen
Natur? Sie werden aus den ersten Ausführungen eines Buches, das
in einigen Tagen hier zu haben sein wird und das im wesentlichen
meine letzten Kopenhagener Vorträge wiedergibt, entnehmen können,
daß der ganze Umfang der menschlichen Seele weit größer ist
als das, was die menschliche Seele durch ihren Intellekt, durch ihren
Verstand weiß. Es gibt etwas, was man ein weiteres, ein umfänglicheres
Seelenleben nennen könnte, ein unterbewußtes Seelenleben,
das in uns wirkt, das aber bei der Mehrzahl der heutigen
Menschen eben nicht ins Bewußtsein herauftritt. Es ist besser, es
unterbewußtes als unbewußtes Seelenleben zu nennen. In dieses
unterbewußte Seelenleben, in das, was in dem Menschen wirkt
heute, ohne daß er mit seinem Bewußtsein sich verständige, intellektuelle
Rechenschaft gäbe, da ist Persephone, da sind die alten
hellseherischen Kräfte hinuntergezogen. Während sie in den uralten
Zeiten in der Menschenseele so wirkten, daß diese Seele hellseherisch
in geistige Welten hineinschauen konnte, wirken diese Kräfte
heute in den Untergründen der menschlichen Seele, in den Seelentiefen,
wirken mit bei der Ausbildung und Formung unseres Ich,
machen dieses Ich immer fester und fester. Haben sie sich also in
uralten Zeiten der Tätigkeit gewidmet, dem Menschen hellseherische
Kräfte zu geben, so widmen sie sich heute der Festigung, der
Konsolidierung unseres Ich, sie sind also wirklich in eine menschliche
Seelenunterwelt hinuntergezogen, diese Persephonekräfte, sie
sind umschlungen von dem, was in den Tiefen der menschlichen
Seele ruht; sie sind geraubt in einer gewissen Beziehung von den
Tiefen der menschlichen Seele. Und so hat sich im Laufe des geschichtlichen
Werdens der Menschheit dieser Raub der Persephone
vollzogen durch jene Kräfte der Menschenseele, die tief in ihren
Untergründen sitzen und äußerlich in der Natur repräsentiert werden
durch Pluto. Dieser Pluto beherrscht im Sinne der griechischen
Götterlehre das Unterirdische der Erde. Aber der Grieche war sich
bewußt, daß dieselben Kräfte, die in den Tiefen der Erde wirken,
auch in den Tiefen der menschlichen Seele wirken. Wie Persephone
von Pluto geraubt wird, so wurde im Laufe des Menschenwerdens
das alte hellseherische Vermögen durch den Pluto im eigenen Seeleninnern
geraubt. Nun ist Persephone die Tochter der Demeter,
und wir werden dadurch auf die Anschauung geführt, daß wir in
Demeter eine noch ältere Regentin sowohl der äußeren Naturkräfte
wie auch der Kräfte der menschlichen Seele zu sehen haben." {{Lit|{{G|129|34f}}}}
</div>


Auch Maria ist von Unruhe getrieben. Sie kann sich nicht erklären, warum Johannes Kräfte durch ihre Gegenwart wie gelähmt sind. Und auch ihr Pflegekind, das früh schon schöne Anlagen zeigte, scheint in ihrer Nähe seelisch zu veröden. Benedictus soll ihr dies Rätsel lösen. Jener beiden Kräfte, so erklärt Benedictus, stammen noch aus dem niederen Teil ihres Wesens und müssen, ausgelöst durch Marias geistige Nähe, notwendig dahinschmelzen, ehe neue, höhere Kräfte erwachen können. Ein Schicksalsknoten aus den Fäden, "die Karma spinnt im Weltenwerden", zeige sich hier, wie Benedictus weiter ausführt. Auch offenbart er Maria, dass sie ausersehen ist, dass ein hohes Gotteswesen auf Erden durch sie wirke, dass sich Göttertaten hier mit dem Menschenleben verschlingen. Maria ist so tief erschüttert, dass ihr geistig-seelischer Wesenskern ins [[Devachan|Geisterland]] entrückt wird. Wie es in solchen Fällen oft geschieht, wird ihre vom [[Ich]] verlassene Körperhülle von den [[Widersacher]]mächten ergriffen und aus ihrem Munde tönen bittere Vorwürfe gegen Benedictus. Auch Johannes, der während der ganzen Szene anwesend ist, wird tief ergriffen, doch weiß er das Geschehen recht zu deuten und hält stand. Dadurch wird ihm selbst der geistige Blick eröffnet. Der Inhalt seiner Geistesschau wird in den folgenden Bildern geschildert. Zum Geleit auf diesem geistigen Weg gibt ihm Benedictus noch folgenden [[Mantra|mantrischen]] Spruch:
=== Demeter und Persephone ===
<div style="margin-left:20px">
"So sagte sich ein solcher Mensch: Da draußen in der
Natur wirken Kräfte; sie ziehen durch die Nahrung, durch die
Atmung in mich ein. Was sie draußen sind, wird regiert von der
großen Demeter. - Aber die große Demeter schickt die Kräfte in
die menschliche Seele hinein. Da werden sie verarbeitet - sagen wir
es mit einem groben Ausdruck - mit der Verdauung, die geistig
war, und werden umgestaltet zum hellsichtigen Vermögen. In dem
Menschen, in der menschlichen Organisation, wird durch die Kräfte,
die Demeter als fruchtende Göttin in aller Umgebung wirkt, das
hellseherische Vermögen geboren, das repräsentiert ist durch Persephone.
So fühlte sich der Mensch hineingestellt in die Naturwunder;
er fühlte in sich das hellseherische Vermögen geboren werden
als die Geburt der Persephone und fühlte, daß er diese Geburt der
Demeter verdankt, die dieselben Kräfte ausgebreitet draußen im
weiten All entwickelt, die dann im Menschen zur hellseherischen
Kraft sich entfalten.


<table align="center"><tr><td>
So blickte der alte Mensch hinauf zur großen Demeter, und so
Des Lichtes webend Wesen, es erstrahlet<br>
hatte man im alten Griechenland noch ein Bewußtsein des Hinaufblickens
Durch Raumesweiten, <br>
zu dieser großen Demeter. Sie haben aber daraus schon
Zu füllen die Welt mit Sein.<br>
gesehen, daß sich der menschliche Organismus, die ganze Leibesorganisation
Der Liebe Segen, er erwarmet<br>
seit jenen alten Zeiten geändert hat. Unser heutiger Leib,
Die Zeitenfolgen,<br>
wie er in seinen Muskeln und Knochen organisiert ist, ist wesentlich
Zu rufen aller Welten Offenbarung.<br>
dichter, in sich konsolidierter, als es der Leib jener Menschen
Und Geistesboten, sie vermählen<br>
war, die noch Persephone in sich gebären konnten, die noch das
Des Lichtes webend Wesen<br>
alte hellseherische Vermögen hatten. Und weil dieser Leib, weil
Mit Seelenoffenbarung;<br>
unsere Organisation dichter geworden ist, kann sie auch sozusagen
Und wenn vermählen kann mit beiden<br>
die hellseherischen Kräfte im Unterirdischen der Seele festhalten.
Der Mensch sein eigen Selbst,<br>
Von dem Dichterwerden des menschlichen Leibes rührt das Gefangennehmen
Ist er in Geisteshöhen lebend.
der hellseherischen Kräfte im Innern der Menschennatur
 
her. Und indem man noch im alten Griechenlande fühlt, daß
</td></tr></table>
der alte, sagen wir symbolisch, weiche menschliche Leib in sich
 
selber dichter wird, nimmt er die Kräfte auf, die im Innern der Erde
=== Viertes Bild ===
wirksam sind, während er früher mehr von den Kräften beherrscht
''Die Seelenwelt''
war, die den Luftkreis in Anspruch nahmen und dadurch ihn
 
weicher machten. Und immer wirksamer und wirksamer auf den
Johannes ist wieder tief in Meditation versunken, die Szene zeigt, was er dabei in der Seelenwelt erlebt. Zuerst erscheinen ihm  Luzifer und Ahriman, wie Benedictus es angekündigt hat. Der eine lebt im Innern als Versucher, der andere trübt den Blick nach außen. Dann taucht aus den Erdentiefen der Geist der Elemente herauf, begleitet von Capesius und Strader. Der Geist der Elemente, der, wie er sagt, ihnen ihr Selbst gegeben hat, fordert nun seinen Lohn dafür. Doch beide können ihn nicht geben. Was sie bisher aus ihren Erkenntniskräften so stolz und hochmütig schöpfen können, erregt nur Blitz und Donner in der Seelenwelt. So verlässt sie der Geist der Elemente und will seinen Lohn von der Frau fordern, die den beiden Gelehrten ihre seelische Kraft erfrischt - von Felica Balde. Doch bleiben Strader und Capesius nicht lange allein. Als hätte der Fels sie selbst geboren, wird die andere Maria in ihrer Seelenform sichtbar und gibt sich als die niedere Schwester der großen Erdenmutter kund, aus deren Reich Strader und Capesius soeben heraufgestiegen sind. Sie, die hier als die Seelenkraft der Liebe erscheint, will die "stolzen Reden" der beiden Wissenschaftler in sich aufnehmen und so verwandeln, dass sie zu echter [[Weisheit]] werden. Ähnlich hatte die Schlange in [[Goethes Märchen]] das Gold der Irrlichter in sich aufgenommen und in inneres Licht verwandelt. Dann weist sie den beiden noch zwei Wege, die ins Reich des Geistes führen. Der erste ist der Weg der Kunst, wie ihn auch Johannes Thomasius geht, der zweite ist der Weg der nicht voll bewussten Naturmystik, der im Drama durch Felix Blade repräsentiert wird. Doch beide Wege scheinen Capesius und Strader nicht gangbar und so sind sie letztlich wieder auf sich selbst zurückgewiesen.
menschlichen Leib wird das, was im Unterirdischen der Erde wirkt,
 
was von Pluto regiert wird, so daß wir sagen können: Im Innern
=== Fünftes Bild ===
des Menschen wurde Pluto immer wirksamer, verdichtete den
''Ein unterirdischer Felsentempel''
menschlichen Leib und raubte dadurch Persephone. - Diese Verdichtung
 
der menschlichen Organisation ging bis in den physischen
In der verborgenen Mysterienstätte der [[Hierophant]]en erscheint Benedictus mit seinen beiden Geistesgefährten Theodosius und Romanus. German fehlt, dafür tritt nun Retardus erstmals auf. Johannes erlebt die ganze Szene tief in Meditation versunken mit. Benedictus hat Johannes zur ersten Geistesschau geführt, doch soll diesem voll bewusst erlebte Wahrheit werden, was er bis jetzt nur als Seelenbild sehen durfte, so muss er Johannes weiter hinauf ins Reich des Geistes leiten. Die Zeit dafür scheint Benedictus reif, doch bedarf er der Hilfe seiner beiden Gefährten, um Johannes weiterzuführen. Theodosius soll Johannes Herz mit der Weltenkraft der Liebe erfüllen und Romanus soll ihn durch die Kraft des Weltenwillens stärken. Doch Retardus macht seinem Namen alle Ehre und widerstrebt dem ganzen Unternehmen; noch scheint ihm die Zeit nicht reif, dass ein Mensch zu neuer, voll bewusster Geistesschau erwachen soll.
Leib, denn ganz anders schaute selbst in den ersten nachatlantischen
 
Zeiten die menschliche Organisation aus als die heutige." {{Lit|{{G|129|36f}}}}
Da naht Felix Balde in seiner irdischen Gestalt und die andere Maria in Seelenform. Felix Balde übt scharfe Kritik an der abstrakten naturwissenschaftlichen Weltanschauung. Als Theodosius ihn fragt, warum er nicht seine Art der Naturmystik an die Menschen heranbringe, meint Balde, dass er von den meisten Menschen doch nur als "dumpfer Tropf" angesehen würde. Die andere Maria schlägt vor, dass sie ihre Kräfte, d.h. ihre eigene hingebungsvolle Liebe und Baldes Naturweisheit, mit denen der Tempelbrüder verbinden sollten, denn so vereint könnten sie fruchtbar in Menschenseelen wirken. Dem stimmen die Tempelbrüder zu.
</div>
 
=== Sechstes Bild ===
''Die Seelenwelt''
 
Der Geist der Elemente fordert nun den Lohn, den ihm Strader und Capesius schulden, von Frau Balde. Frau Balde wehrt zunächst ab, denn die beiden hätten schon die Seele ihres Sohnes mit ihrer abstrakten Wissenschaft vergiftet, sodass sie nun nicht auch noch für deren Schulden einstehen wolle, doch der Geist der Elemente weicht nicht von seiner Forderung ab. Sie müsse sich eines ihrer Märchenbilder entringen, damit es den ihm dienenden Felsengeistern als Seelennahrung dienen könne. Und so beginnt Frau Balde von einem Wesen zu erzählen, das von Ost nach West dem Lauf der Sonne hin über Länder und Meere folgte, wo die Menschen in Liebe und Hass ihre Erdentage verbrachten, bis es endlich an des Haus eines müden, alten Mannes kam, der viel über Menschenliebe und auch Menschenhass nachgesonnen hatte. Hier verweilte das Wesen bis zum nächsten Morgen und setzte erst dann seine Reise fort. Doch als es zum zweiten Mal an die Hütte des alten Mannes kam, da war er tot. Aus Germans Mund hallt dieses Märchen jedoch ganz anders wider: Es war einmal ein Mann, der zog von Ost nach West und sah, wie die menschen lieben und hassend sich verfolgen, doch wie Hass und Liebe die Erdenwelt regieren, war in kein Gesetz zu bringen. Da traf der Mann auf seinem Weg ein Lichteswesen, dem folgte eine finstre Schattenform. "Wer seid ihr", frug der Mann. "Ich bin die Liebe", sagte das Lichteswesen. "In mir erblick den Hass", sprach das andere. Doch diese Worte hörte der Mann nicht mehr und zog fortan als tauber Forscher weiter von Ost nach West. Felicia Balde fühlt sich verspottet, doch so verzerrt müssen Felicias Worte erscheinen, wenn sie ins riesenhafte vergrößert aus dem Geist des Erdgehirns widertönen, als dessen Repräsentant sich nun German erweist.
 
=== Siebentes Bild ===
''Das Gebiet des Geistes''
 
Maria erscheint im Gebiet des Geistes, also im [[Devachan]], für das ihr [[Bewusstsein]] durch die Ereignisse des dritten Bildes geweckt wurde. Begleitet wird sie von Philia, Astrid und Luna, die sich nun als die Urbilder ihrer eigenen [[Seelenkräfte]] offenbaren. Philia, die sich mit klarstem Lichtessein erfüllt und sich belebenden Klangesstoff eratmen will, erweist sich so als Urbild der [[Empfindungsseele]]. Astrid, in der sich die [[Verstandes- oder Gemütsseele]] kundgibt, verwebt das Lich mit dämpfender Finsternis und verdichtet das Klangesleben. Luna schließlich, durch die die [[Bewusstseinsseele]] spricht, erwärmt den Seelenstoff und erhärtet den [[Lebensäther]] und gibt damit erst der geistigen Erkenntnis die tragfähige Sicherheit. Gemeinsam mit Maria bereiten sie damit Johannes den Weg, auf dem auch er bewusst in das Geisterland eintreten kann und so Maria erstmals in ihrem wahren geistigen [[Wesen]] erkennen kann.
 
Johannes, der schon seit Beginn der Szene anwesend ist, sich aber erst allmählich in den Vordergrund bewegt, rekapituliert nun  all das, was er zuvor in der Seelenwelt erlebt hat. Die Seherin Theodora, die jetzt erscheint, leitet nun  Johannes Geistesblick zu einer früheren weiblichen Inkarnation zurück, in der er Maria schon in anderer Gestalt begegnet war und  sein [[Schicksal]] eng mit dem ihren verbunden hatte. Maria, damal in einer männlichen Inkarnation, war damals, wie sie nun selbst sagt, als Christusbote aus den hybernischen Mysterien zu jenem Stamm gekommen, wo Johannes damals lebte und wo noch die Götter Odin und Baldur verehrt wurden.  


=== Zwischenspiel ===  
== Kunst ==
''Ein Zimmer der Sophia''
Persephone wird in der bildenden Kunst meist gemeinsam mit [[Wikipedia:Hades|Hades]] dargestellt, der sie raubt. Manche Abbildungen beschäftigen sich auch mit ihrem Aufstieg aus bzw. Abstieg in die [[Wikipedia:Unterwelt|Unterwelt]].


=== Achtes Bild ===
In einer Gruppe bildete sie [[Wikipedia:Praxiteles|Praxiteles]], in einem Relief (zusammen mit Pluton, Dionysos und zwei Nymphen) Kolotes. Öfters kommt sie in größeren Darstellungen vor, besonders in Schilderungen der Aussendung des Triptolemos (s. Abbildung bei [[Wikipedia:Demeter|Demeter]]), ihrer Entführung durch Hades und ihrer Rückkehr auf die Erde. Diesen Gegenstand behandeln mit Vorliebe die römischen Sarkophagreliefs, doch war der Raub der Kora auch Inhalt eines Gemäldes des [[Wikipedia:Nikomachos|Nikomachos]] und einer Gruppe des Praxiteles. Die Auffahrt der Persephone aus der Unterwelt ist sehr schön auf einem Vasenbild (Fragment des Marchese del Vasto) dargestellt. In der römischen Zeit ist ihre Vereinigung mit [[Wikipedia:Dionysos|Dionysos]] (als [[Wikipedia:Liber|Liber]] und [[Wikipedia:Libera (Mythologie)|Libera]]), der Brautzug beider unter Begleitung [[Wikipedia:Bacchus|bacchantisch]] rasender [[Wikipedia:Satyr|Satyr]]n und [[Wikipedia:Mänade|Mänade]]n sehr häufig auf Sarkophagen behandelt.


''Ein Zimmer in rosenrotem Grundton''
== Siehe auch ==
[[Wikipedia:Theseus|Theseus]] und [[Wikipedia:Peirithoos|Peirithoos]] wollten Persephone einmal befreien.


=== Neuntes Bild ===  
== Literatur ==
''Gegend im Freien''
* Richard Förster: ''Der Raub und die Rückkehr der Persephone in ihrer Bedeutung für die Mythologie, Litteratur<!--sic--> und Kunstgeschichte''. Heitz, Stuttgart 1874 (auch in den "Jahrbüchern für Philologie" 1876, S. 804 ff.)
* [[Johann Wolfgang von Goethe]]: ''Proserpin''. Eine dichterische Bearbeitung der Persephonesage,  dem "Triumph der Empfindsamkeit" eingeschaltetes Monodrama. (siehe Ludwig Preller)
* [[Wikipedia:Johannes Adolph Overbeck|Johannes Adolph Overbeck]]: ''Griechische Kunstmythologie''. Biblio-Verlag, Osnabrück 1968/69 (Repr. d. Ausg. Leipzig 1878)
* Ludwig Preller: ''Demeter und Persephone. Ein Cyclus mythologischer Untersuchungen''. Perthe, Besser & Mauke, Hamburg 1837
* Rudolf Steiner: ''Anthroposophische Leitsätze'', [[GA 26]] (1998), ISBN 3-7274-0260-1 {{Schriften|026}}
* Rudolf Steiner: ''Lucifer – Gnosis'', [[GA 34]] (1987), ISBN 3-7274-0340-3 {{Vorträge1|33}}
* Rudolf Steiner: ''Weltenwunder, Seelenprüfungen und Geistesoffenbarungen'', [[GA 129]] (1992), ISBN 3-7274-1290-9 {{Vorträge|129}}


=== Zehntes Bild ===
{{GA}}
''Ein Meditationszimmer''


=== Elftes Bild ===
== Musik ==
''Der Sonnentempel''
* Igor Strawinsky (1882 - 1971): Perséphone - Mélodrama en trois tableaux d'André Gide für Tenor, Sprecherin, gemischten Chor, Kinderchor und Orchester
* Clyde: Auf Persephone basierender fiktiver Charakter auf Tori Amos' neuntem Studioalbum "American Doll Posse"


==Literatur==
== Weblinks ==
#Gideon Spicker: ''Die Philosophie des Grafen von Shaftesbury'', 1872
{{Commons|Category:Persephone|Perséphone}}
#Rudolf Steiner: ''Vier Mysteriendramen'', [[GA 14]] (1998), ISBN 3-7274-0140-0


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==Weblinks==
[[Kategorie:Griechische Mythologie]]
#[[Bild:adobepdf_small.gif]] http://geisteswissenschaft.home.att.net/PDF14.pdf - Die Pforte der Einweihung als PDF-Dokument.


[[Kategorie:Kunst]] [[Kategorie:Dichtung]] [[Kategorie:Mysteriendrama]]
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Version vom 7. Juni 2013, 08:56 Uhr

Persephone und Hades (Abzeichnung eines Reliefs im Vatikan aus Meyers Konversationslexikon)

Persephone (griechisch Περσεφόνη, älteste Form Περσόφαττα mit der Bedeutung die, „welche [beim Dreschen] die Garben schlägt“) ist in der griechischen Mythologie eine Toten-, Unterwelt- und Fruchtbarkeitsgöttin. In der römischen Mythologie wird sie als Proserpina aus dem unterworfenen Griechenland zusammen mit den Sklaven importiert, nachdem ihre ursprüngliche Identität mit der altrömischen Ceres nicht deutlich ist. In christlich erneuerte Form wurde sie als Göttin Natura bis zum Ende des Mittelalters besungen, namentlich von den Vertretern der Schule von Chartres, etwa in «De mundi universitate» von Bernardus Silvestris, oder auch in «De planctu naturae» und im «Anticlaudianus» des Alanus ab Insulis. In Dantes «Göttlicher Komödie» erscheint sie in Gestalt der Matelda.

Persephone ist die Tochter des Zeus und seiner Schwester Demeter und trägt oft den Namen Kore (Κόρη, „Mädchen“).

Mythos

Ihr eigener Vater Zeus verliebte sich in Kore, in der Gestalt einer Schlange kroch er in sie und befruchtete seine Tochter, sie gebar Zagreus, der Zeus' Nachfolger werden sollte. Nachdem nun Zeus seinen Willen bekommen hatte, zeigte er kein Interesse mehr an Kore. Sein Bruder Hades, der Gott der Unterwelt, verliebte sich in sie. Hades bat Zeus um Kore. Wissend, dass Kore nicht freiwillig in die sonnenlose Unterwelt gehen würde, stimmte Zeus weder zu, noch lehnte er ab. Hades interpretierte dies als Zustimmung. Als Kore in der Nysa-Ebene Blumen pflückte, stieg Hades aus der Unterwelt empor und entführte Kore auf seiner Kutsche. Ihre Hilfeschreie wurden von Zeus ignoriert. Kore fügte sich, nun als Persephone bezeichnet, in ihr Schicksal.

Siehe auch: Pheneos

Homerischer Mythos

Die Proserpina von Dante Gabriel Rossetti - Der verhängnisvolle Biss in den Granatapfel

Homer berichtet in der Hymne für Demeter, dass Persephones Mutter Demeter neun Tage nach ihrer Tochter suchte und schließlich von Hekate, die Persephones Schreie gehört hatte, in Kenntnis gesetzt wurde. Sie war ob des Raubes entsetzt. Bei Ovid (in den Metamorphosen) versucht die Nymphe Cyane, die in der Nähe ist, vergeblich die Entführung Proserpinas abzuwenden. In ihren Tränen löst sie sich schließlich auf, in der so entstandenen Quelle findet Demeter den Gürtel ihrer Tochter.

Demeter wollte mit den Göttern nichts mehr zu tun haben und verließ den Olymp. Sie befahl den Pflanzen, nicht mehr zu sprießen, und schon bald war alles Land verödet. Die verzweifelnden Götter wandten sich nun an Zeus, er solle doch etwas unternehmen. Zeus blieb nichts anderes übrig und - da Demeter nicht verhandeln, sondern nur ihre Tochter wieder haben wollte - willigte er unter der Bedingung ein, dass Kore zurückkehren könne, wenn sie in der Unterwelt noch nichts gegessen hätte. Demeter war einverstanden. Also ging man gemeinsam in die Unterwelt und fragte sie, ob sie etwas gegessen hätte. Kore antwortete nein. Auch Hades hatte sie nichts essen sehen, somit war alles klar.

Hades war jedoch schwerst verbittert, er liebte seine Persephone, doch gegen Zeus' Willen war er machtlos. Aber plötzlich meldete sich ein Denunziant namens Askalaphos, der gesehen haben wollte, dass Persephone vier Kerne eines Granatapfels gegessen hätte. Er schwor sogar den heiligen Eid beim Styx. Hades bestand nun darauf, dass Persephone bleiben müsse, aber Zeus meinte, dass man vier Kerne schwerlich als ein ordentliches Essen bezeichnen könne, jedoch gegessen hatte sie wirklich etwas. Ein Kompromiss musste her. Nach langen und zähen Verhandlungen einigte man sich auf Folgendes: 4 Monate musste Persephone in der Unterwelt mit Hades leben, die restlichen 8 Monate durfte sie auf der Erde bei ihrer Mutter verbringen. Die 4 Monate in der Unterwelt stellen die unfruchtbare Zeit auf der Erde dar, ihre Mutter Demeter ist traurig, und daher blüht keine Pflanze, aber wenn ihre Tochter bei ihr ist, blüht und gedeiht alles.

Kult

Die Bedeutung des Mythos ist eine allegorische Darstellung des Zyklus der Jahreszeiten. In den Eleusinischen Mysterien wurde der Mythos als das Bild einer höheren Idee, nämlich der Unsterblichkeit der Seele, aufgefasst und jedes Jahr festlich begangen. Nach dem Orphismus sitzt sie verschleiert auf einem Stuhl im Hades und hat einen Kranz von Mohn auf dem Haupte.

Persephone steht in enger Verbindung zu ihrer Mutter Demeter, so wurde sie meist gemeinsam mit ihr außer in Eleusis auch in Böotien, im Peloponnes und auf Sizilien verehrt. Bei den Orphikern der späteren Zeit ist Persephone eine allwaltende Naturgottheit und wird vielfach mit anderen mythischen Gottheiten, Hekate, Gaia, Rhea, Isis, vermengt. Der römische Name Proserpina scheint nur eine Latinisierung von Persephone zu sein. Dargestellt wurde Persephone und Hades (Relief im Vatikan zu Rom), Persephone entweder als leibliche Tochter der Demeter oder als strenge Gemahlin des Hades, mit königlichen Insignien und der Fackel, dem Symbol der eleusinischen Weihen (s. Abbildung). Einzelbilder sind schwer zu bestimmen, da ihr Ideal mit dem ihrer Mutter mehr oder weniger zusammenfließt; nur wird sie stets jugendlicher aufgefasst

Der geistige Hintergrund

"Persephone ist in das Irdische untergetaucht, um die Pflanzenwelt davon zu befreien, bloß vom Irdischen sich bilden zu müssen. Das ist der Niederstieg eines göttlichgeistigen Wesens in die Natur der Erde. Auch Persephone hat ja eine Art «Auferstehung», aber jährlich in rhythmischer Folge." (Lit.: GA 026, S. 163)

"Die ganze Sage hat eine tiefe Bedeutung. Die Persephone, welche von Zeit zu Zeit in die Finsternis der Unterwelt zu steigen hat, ist ein Sinnbild der menschlichen Seele. Diese Seele stammt aus himmlischen Regionen und ist zur Unsterblichkeit bestimmt. Sie ist eine Tochter der unsterblichen Erdenseele, welche durch Demeter sinnbildlich dargestellt wird. Aber die Menschenseele kann nicht ungeteilt ihre Unsterblichkeit genießen. Sie muß von Zeit zu Zeit in das Reich des Todes gehen.

Der Grieche liebte die Welt; und der Tod hatte für ihn etwas Furchtbares. Achilles, der von Odysseus in der Unterwelt getroffen worden ist, hat bekanntlich gesagt, daß er lieber ein Bettler sei auf der Oberwelt, als ein König im Reiche der Schatten. Aber zu dieser gewöhnlichen griechischen Weltauffassung sollten die Mysterien ein Gegenbild abgeben. Sie sollten den Wert des Ewigen, Dauernden darstellen gegenüber dem Irdisch-Vergänglichen. Und so bedeutet die Oberwelt in der Persephonesage eigentlich die himmlischen Regionen, in denen Persephone als unsterblich ist. Und die Unterwelt ist ein Sinnbild der Erde. Ursprünglich stammt die Seele aus himmlischen Regionen. Sie wird aber von Zeit zu Zeit auf der Erde verkörpert. Sie genießt hier, auf der Erde, von deren Früchten (Granatapfel) und muß deshalb immer wieder zurückkehren. Das heißt, die Seele hat die Begierde zum Irdischen, und wird dadurch zu immer neuen Verkörperungen getrieben. Die Erdenseele (Demeter) möchte ihrer Tochter, der Menschenseele, die Unsterblichkeit geben. Deshalb sucht Demeter das ihr anvertraute Kind im Feuer zu läutern, zu heilen von der Sterblichkeit.

Nun wurde in Zusammenhang mit diesem Drama von der Menschenseele das Schicksal des Gottes Dionysos gebracht. Dionysos ist der Sohn des Zeus und einer sterblichen Mutter, der Semele. Zeus entreißt das noch unreife Kind der vom Blitze erschlagenen Mutter und bringt es zur Reife in der eigenen Hüfte. Hera, die Göttermutter, reizt die Titanen gegen das Kind auf. Sie zerstückeln es. Aber Athene rettet das Herz des Knaben und bringt es dem Zeus. Dieser erzeugt daraus zum zweiten Male den Dionysos. Der von Unsterblichem und Sterblichem abstammende Dionysos ist das Sinnbild des Menschengeistes. Und in dem Menschengeist ist ein Teil des göttlichen Geistes selbst zu erkennen. Dieser Geist erscheint in dem Menschen nicht rein, sondern in dem Gewände der Leidenschaften. Die Titanen sind das Sinnbild dieser Leidenschaften. Sie lassen in dem einzelnen Menschen nicht den ganzen, reinen Gottesgeist wirken, sondern immer nur ein Stück desselben. Aber trotzdem gibt es in jedem Menschen den Quell des Göttlichen (das Herz). Dieser wird durch die Weisheit (Athene) gerettet. Die Läuterung, die Heilung des durch die titanischen Leidenschaften zerstörten Gottesgeistes wird in dem Dionysosdrama dargestellt.

Nimmt man nun die beiden Dramen, das Persephone- und Dionysosdrama zusammen, so ergibt sich das menschliche Urdrama, wie es den Griechen dargestellt wurde, die zu den eleusinischen Mysterien zugelassen wurden. Aus Geist,und Seele besteht der innere, der höhere Mensch. Die Seele entstammt der unsterblichen Erdseele, der Geist dem ewigen Gottesgeiste. Die Erdenlaufbahn stellt für die Seele eine Unterbrechung, für den Geist eine Zerstückelung dar. Beide müssen geläutert, gereinigt von dem Irdischen werden. Die irdischen Leidenschaften müssen zu geistigen werden. Der Mensch, der die beiden Dramen sah, sollte angeregt werden, mit der eigenen Seele und dem eigenen Geiste diese Läuterung vorzunehmen. In dem Schicksale der Persephone und des Dionysos sollte er das eigene sehen. Die große Selbsterziehung, welche er mit sich vorzunehmen habe, wurde ihm in diesen Dramen vorgeführt." (Lit.: GA 034, S. 154ff)

Persephone und das alte Naturhellsehen

Persephone ist die Lenkerin und Leiterin des alten naturhaften Hellsehens.

Wir wissen aus diesen geisteswissenschaftlichen Vorträgen von einem alten Hellsehen der Menschheit, das aus der menschlichen Natur in uralten Zeiten wie selbstverständlich heraussprudelte, so daß, wie Hunger und Durst und Atembedürfnis, aus dieser menschlichen Seele sich die hellseherischen Bilder herausgestalteten, in welche sich die Geheimnisse der geistigen Welten hineinergossen. Das ist etwas, was der Mensch einmal als Gabe uralten Hellsehens besaß und was dem Menschen gleichsam geraubt ist von dem, was später im menschlichen Leben Erkenntnis wurde. Teils fühlend, daß gerade in seiner Zeit dieser Raub des alten Hellsehens durch moderne Erkenntnis sich vollzog, teils voraussehend, wie das in künftigen Zeiten, die jetzt die unsrigen sind, immer mehr und mehr geschehen sollte, wandte der alte Grieche seinen Seelenblick hinauf zu derjenigen Göttergestalt, welche die Kräfte, die zu jenem alten Hellsehen führten, in der menschlichen Seele loslöste aus der unmittelbaren elementarischen Natur heraus. Er sah zu jener Göttin auf, die die Regentin des alten an die menschliche Natur gebundenen Hellsehens war, und nannte sie Persephone. Und dann sagte sich der alte Grieche: An die Stelle der alten Seherkultur wird immer mehr und mehr eine andere treten, die von Menschen dirigiert wird, von Menschen geboren wird, denen das alte Hellsehen schon verlorengegangen ist. - In derjenigen Kultur, die der alte Grieche anknüpfte an die Namen Agamemnon, Odysseus, Menelaos, ist das gegeben, was wir heute als unsere äußere, nicht mehr von hellseherischen Kräften berührte geistige Kultur erkennen." (Lit.: GA 129, S. 16f)

Nachdem Persephone in unterbewussten Tiefen des Seelenlebens hinuntergezogen war, ist das alte Hellsehen erloschen. Ihre Kräfte wirken aber in den Seelentiefen und festigen dort das Ich.

"Wohin ist denn Persephone gekommen? Was macht sie als die Regentin der alten hellseherischen Kräfte heute in der menschlichen Natur? Sie werden aus den ersten Ausführungen eines Buches, das in einigen Tagen hier zu haben sein wird und das im wesentlichen meine letzten Kopenhagener Vorträge wiedergibt, entnehmen können, daß der ganze Umfang der menschlichen Seele weit größer ist als das, was die menschliche Seele durch ihren Intellekt, durch ihren Verstand weiß. Es gibt etwas, was man ein weiteres, ein umfänglicheres Seelenleben nennen könnte, ein unterbewußtes Seelenleben, das in uns wirkt, das aber bei der Mehrzahl der heutigen Menschen eben nicht ins Bewußtsein herauftritt. Es ist besser, es unterbewußtes als unbewußtes Seelenleben zu nennen. In dieses unterbewußte Seelenleben, in das, was in dem Menschen wirkt heute, ohne daß er mit seinem Bewußtsein sich verständige, intellektuelle Rechenschaft gäbe, da ist Persephone, da sind die alten hellseherischen Kräfte hinuntergezogen. Während sie in den uralten Zeiten in der Menschenseele so wirkten, daß diese Seele hellseherisch in geistige Welten hineinschauen konnte, wirken diese Kräfte heute in den Untergründen der menschlichen Seele, in den Seelentiefen, wirken mit bei der Ausbildung und Formung unseres Ich, machen dieses Ich immer fester und fester. Haben sie sich also in uralten Zeiten der Tätigkeit gewidmet, dem Menschen hellseherische Kräfte zu geben, so widmen sie sich heute der Festigung, der Konsolidierung unseres Ich, sie sind also wirklich in eine menschliche Seelenunterwelt hinuntergezogen, diese Persephonekräfte, sie sind umschlungen von dem, was in den Tiefen der menschlichen Seele ruht; sie sind geraubt in einer gewissen Beziehung von den Tiefen der menschlichen Seele. Und so hat sich im Laufe des geschichtlichen Werdens der Menschheit dieser Raub der Persephone vollzogen durch jene Kräfte der Menschenseele, die tief in ihren Untergründen sitzen und äußerlich in der Natur repräsentiert werden durch Pluto. Dieser Pluto beherrscht im Sinne der griechischen Götterlehre das Unterirdische der Erde. Aber der Grieche war sich bewußt, daß dieselben Kräfte, die in den Tiefen der Erde wirken, auch in den Tiefen der menschlichen Seele wirken. Wie Persephone von Pluto geraubt wird, so wurde im Laufe des Menschenwerdens das alte hellseherische Vermögen durch den Pluto im eigenen Seeleninnern geraubt. Nun ist Persephone die Tochter der Demeter, und wir werden dadurch auf die Anschauung geführt, daß wir in Demeter eine noch ältere Regentin sowohl der äußeren Naturkräfte wie auch der Kräfte der menschlichen Seele zu sehen haben." (Lit.: GA 129, S. 34f)

Demeter und Persephone

"So sagte sich ein solcher Mensch: Da draußen in der Natur wirken Kräfte; sie ziehen durch die Nahrung, durch die Atmung in mich ein. Was sie draußen sind, wird regiert von der großen Demeter. - Aber die große Demeter schickt die Kräfte in die menschliche Seele hinein. Da werden sie verarbeitet - sagen wir es mit einem groben Ausdruck - mit der Verdauung, die geistig war, und werden umgestaltet zum hellsichtigen Vermögen. In dem Menschen, in der menschlichen Organisation, wird durch die Kräfte, die Demeter als fruchtende Göttin in aller Umgebung wirkt, das hellseherische Vermögen geboren, das repräsentiert ist durch Persephone. So fühlte sich der Mensch hineingestellt in die Naturwunder; er fühlte in sich das hellseherische Vermögen geboren werden als die Geburt der Persephone und fühlte, daß er diese Geburt der Demeter verdankt, die dieselben Kräfte ausgebreitet draußen im weiten All entwickelt, die dann im Menschen zur hellseherischen Kraft sich entfalten.

So blickte der alte Mensch hinauf zur großen Demeter, und so hatte man im alten Griechenland noch ein Bewußtsein des Hinaufblickens zu dieser großen Demeter. Sie haben aber daraus schon gesehen, daß sich der menschliche Organismus, die ganze Leibesorganisation seit jenen alten Zeiten geändert hat. Unser heutiger Leib, wie er in seinen Muskeln und Knochen organisiert ist, ist wesentlich dichter, in sich konsolidierter, als es der Leib jener Menschen war, die noch Persephone in sich gebären konnten, die noch das alte hellseherische Vermögen hatten. Und weil dieser Leib, weil unsere Organisation dichter geworden ist, kann sie auch sozusagen die hellseherischen Kräfte im Unterirdischen der Seele festhalten. Von dem Dichterwerden des menschlichen Leibes rührt das Gefangennehmen der hellseherischen Kräfte im Innern der Menschennatur her. Und indem man noch im alten Griechenlande fühlt, daß der alte, sagen wir symbolisch, weiche menschliche Leib in sich selber dichter wird, nimmt er die Kräfte auf, die im Innern der Erde wirksam sind, während er früher mehr von den Kräften beherrscht war, die den Luftkreis in Anspruch nahmen und dadurch ihn weicher machten. Und immer wirksamer und wirksamer auf den menschlichen Leib wird das, was im Unterirdischen der Erde wirkt, was von Pluto regiert wird, so daß wir sagen können: Im Innern des Menschen wurde Pluto immer wirksamer, verdichtete den menschlichen Leib und raubte dadurch Persephone. - Diese Verdichtung der menschlichen Organisation ging bis in den physischen Leib, denn ganz anders schaute selbst in den ersten nachatlantischen Zeiten die menschliche Organisation aus als die heutige." (Lit.: GA 129, S. 36f)

Kunst

Persephone wird in der bildenden Kunst meist gemeinsam mit Hades dargestellt, der sie raubt. Manche Abbildungen beschäftigen sich auch mit ihrem Aufstieg aus bzw. Abstieg in die Unterwelt.

In einer Gruppe bildete sie Praxiteles, in einem Relief (zusammen mit Pluton, Dionysos und zwei Nymphen) Kolotes. Öfters kommt sie in größeren Darstellungen vor, besonders in Schilderungen der Aussendung des Triptolemos (s. Abbildung bei Demeter), ihrer Entführung durch Hades und ihrer Rückkehr auf die Erde. Diesen Gegenstand behandeln mit Vorliebe die römischen Sarkophagreliefs, doch war der Raub der Kora auch Inhalt eines Gemäldes des Nikomachos und einer Gruppe des Praxiteles. Die Auffahrt der Persephone aus der Unterwelt ist sehr schön auf einem Vasenbild (Fragment des Marchese del Vasto) dargestellt. In der römischen Zeit ist ihre Vereinigung mit Dionysos (als Liber und Libera), der Brautzug beider unter Begleitung bacchantisch rasender Satyrn und Mänaden sehr häufig auf Sarkophagen behandelt.

Siehe auch

Theseus und Peirithoos wollten Persephone einmal befreien.

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Musik

  • Igor Strawinsky (1882 - 1971): Perséphone - Mélodrama en trois tableaux d'André Gide für Tenor, Sprecherin, gemischten Chor, Kinderchor und Orchester
  • Clyde: Auf Persephone basierender fiktiver Charakter auf Tori Amos' neuntem Studioalbum "American Doll Posse"

Weblinks

Commons: Perséphone - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema
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