Sakrament und Intentionalität: Unterschied zwischen den Seiten

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Ein (christliches) '''Sakrament''' (von [[Latein|kirchenlat.]] ''sacramentum'' = [religiöses] Geheimnis) ist eine [[physisch]]e Handlung, die so verrichtet wird, dass sich in ihr [[symbol]]isch ein geistiger Vorgang ausdrückt und dadurch die Wirkungen des [[Geist]]igen im alltäglichen Leben bewusst machen soll.
[[Datei:Franz Brentano.jpeg|mini|Brentano führte den Begriff der Intentionalität in die moderne Philosophie ein]]


== Das Wesen des Sakramentalismus ==
Der Begriff der '''Intentionalität''' bezeichnet die Fähigkeit des Menschen, sich auf etwas zu beziehen (etwa auf reale oder nur vorgestellte [[Entität|Gegenstände]], Eigenschaften oder [[Sachverhalt]]e). Das Konzept lässt sich antiken, mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Theoretikern zuschreiben<ref>{{SEP|http://plato.stanford.edu/entries/intentionality-ancient/|Intentionality in Ancient Philosophy|Victor Caston|beleg=1}}</ref> und geht in der modernen Diskussion meist auf den Philosophen und Psychologen [[Franz Brentano]] zurück. Dieser hatte den Begriff in seiner Arbeit ''Psychologie vom empirischen Standpunkte''<ref name="FB">[[Franz Brentano]]: Psychologie vom empirischen Standpunkt. 1874.</ref> wiedereingeführt. Durch die Arbeiten [[Edmund Husserl]]s wurde Intentionalität zu einem zentralen Konzept der [[Phänomenologie]].


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In den heutigen philosophischen Debatten der [[Philosophie des Geistes]] wird Intentionalität oftmals als spezifisches Merkmal des Mentalen verstanden: Gibt es Intentionalität, so gebe es Mentales – und nicht etwa nur Materielles und naturwissenschaftlich Beschreibbares. Die Annahme von Intentionalität, ebenso wie die von phänomenalem Bewusstsein bzw. von [[Qualia]], stellt daher aus der Sicht der Vertreter des Mentalen ein Problem für den [[Materialismus]] dar. Gegner dieser Position kommen jedoch ohne eine Annahme des Mentalen aus und halten Intentionalität, ebenso wie [[Wahrnehmung]] und [[Gedächtnis]], für naturwissenschaftlich erklärbar.
"Es ist das Wesen des Sakramentalismus, daß der Mensch das Alltägliche mit spiritueller Weihe erfüllt. Die alten Sagen hatten den Sinn, die Seelen der Menschen in die richtigen Schwingungen zu versetzen, so daß sie mit spiritueller Kraft erfüllt waren. Die einfachste Handlung eines naiven Gemütes kann dadurch geheiligt werden. Das ist etwas, was wirksam ist und immer wieder wirksam sein wird. Wer das weiß, der weiß auch, daß bei unserer Kultur eine Umkehr notwendig ist. Man mag sich noch so sehr bemühen, diesen physischen Plan in Harmonie, in Ordnung zu bringen, es wird fehlschlagen, solange man nur auf dem physischen Plane arbeitet; wird auf der einen Seite Harmonie geschaffen, so wird auf der anderen Seite Disharmonie entstehen. Lassen Sie aber das Spirituelle wirken, so werden Sie sehen, daß das Alltägliche in einer ganz anderen Weise angefaßt wird. Das ist Sakramentalismus.


Dieser Gedanke liegt auch dem christlichen Sakramentalismus zugrunde: die Heilung vom spirituellen Plane aus. Ein Sakrament ist eine physische Handlung, die so verrichtet wird, daß in ihr sich symbolisch ein geistiger Vorgang ausdrückt. Es ist eine Symbolik, die ihre Rechtfertigung auf höheren Planen hat. Nichts ist im Sakrament willkürlich. Alles ist bis ins Kleinste hinein ein Abbild eines höheren okkulten Vorganges. Derjenige, der ein Sakrament verstehen will, bei dem das Zeremoniell ein Abbild ist eines geistigen Vorganges, der muß sich bekanntmachen mit dem, was da zugrundeliegt. Es ist ein okkulter Vorgang, der den äußeren Augen entzogen ist. Bei jedem Sakramentalismus vollzieht sich nicht nur etwas Verstandesmäßiges, sondern es vollzieht sich etwas, was eine reale, okkulte Bedeutung hat. Nehmen wir zum Beispiel die okkulte Bedeutung des Feuers. Feuer hat es in den frühesten Entwicklungsepochen nicht gegeben. Es konnte erst entstehen, als die Erde so weit verdichtet war, daß sich aus der irdischen Materie heraus dieses Feuer schlagen ließ. Daher wird uns die Erfindung des Feuers als ein Vorgang unserer fünften Wurzelrasse geschildert.
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Prometheus hat das Feuer vom Himmel zur Erde gebracht. Das Hervorbringen des Feuers hat unserer Kultur ihren Charakter gegeben. Machen Sie sich klar, wie es wäre, wenn wir kein Feuer hätten. In den ersten Zeitepochen hatte man noch kein Feuer gehabt. Unsere Entwicklung verdankt dem Feuer alles Verstandesmäßige, alles Technische. Das Feuer ist dasjenige, was herunterführt auf den physischen Plan. Die materielle Kultur verdanken wir dem Feuer. Die Priester mußten daher etwas Besonderes im Feuer sehen. Daher haben in der zweiten nachatlantischen Kulturepoche die persischen Magier im Feuer vor allem dasjenige gesehen, was im Sakrament wirken muß. Was hat der persische Priester auf seinem Altar zeremoniell verwirklicht? Der Okkultismus weiß, daß es sieben Zoroaster gegeben hat. Der Zoroaster der Geschichte ist der siebente. Der persische Magier hatte eine besondere Art, das Feuer hervorzubringen. Dieser Vorgang war das Abbild der großen kosmischen Entstehung des Feuers. Da stand der persische Magier mit seinem Thyrsus und machte seine Zeremonien, die jeder Okkultist wohl kennt, aber auch nur der Okkultist. Dieser Vorgang war ein Abbild der großen kosmischen Entstehung des Feuers. Als man nicht mehr verstand in den Priesterschulen, mit dem Thyrsus das Feuer zu erzeugen, wurde wenigstens ein Naturfeuer gesucht. Zunächst haben sie da das Feuer durch den Blitz geschaffen, und dann haben sie es durch das sogenannte ewige Feuer fortgepflanzt, das immer nur aneinander entzündet werden durfte. Das Feuer, das durch die Natur gewonnen wird, soll wirksamer sein als das künstlich erzeugte. Als im Jahre 1826 in England und im Jahre 1828 in Hannover eine Tierseuche aufgetreten war, haben die Menschen Holz genommen und damit Feuer gerieben, weil sie glaubten, daß die damit gekochten Kräuter wirksamer seien.
== Der Begriff „intentional“ ==
{{Überarbeiten}}
{{Quelle}}


Der Mensch muß wiederum spirituelles Leben schaffen bis in jeden Handgriff und jeden Schritt hinein; und das wieder einzuführen, ist die Aufgabe und das Bestreben der spirituellen Bewegung. Der Sakramentalismus der früheren Zeit muß wiederkommen. Man muß wissen, daß es ein anderes ist, aus dem Geiste heraus zu handeln, als aus dem Materiellen heraus zu handeln. Spirituelles Leben wieder ausströmen zu lassen, das ist unser Ziel." {{Lit|GA 92, S 35f}}
Intentional ist (1) alles, was eine Ausrichtung hat; (2) im engeren Sinn alles, was eine bewusste Ausrichtung auf einen Gegenstand hat; (3) der gemeinte Gegenstand selber. In der Bedeutung von (3) besitzen die Gegenstände als vorgestellte, gedachte, gewollte Gegenstände ein „intentionales“ Sein. (4) In der [[Subjektwissenschaft]] der [[Kritische Psychologie|Kritischen Psychologie]] werden Menschen dadurch charakterisiert, dass sie Intentionalitätszentren sind; d.&nbsp;h., dass sie nicht neutral in der Welt stehen, sondern sich zu ihr verhalten als sinnlich-körperliche, bedürftige, interessierte Subjekte.
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== Intentionalität nach Brentano ==
=== Intentionale Inexistenz ===
Der Begriff der Intentionalität ist ein philosophischer Fachterminus und weder mit dem alltäglichen Begriff der [[Intention]] als Absicht, noch mit dem [[Semantik|semantischen]] Begriff der [[Extension und Intension|Intension]] gleichbedeutend. Die klassische Begriffsbestimmung gibt Brentano:


== Die 7 Sakramente ==
{{Zitat|Jedes psychische Phänomen ist durch das charakterisiert, was die Scholastiker des Mittelalters die ''intentionale (auch wohl mentale) Inexistenz'' eines Gegenstandes genannt haben, und was wir, obwohl mit nicht ganz unzweideutigen Ausdrücken, die Beziehung auf einen Inhalt, die Richtung auf ein Objekt (worunter / hier nicht eine Realität zu verstehen ist), oder die immanente Gegenständlichkeit nennen würden. Jedes enthält etwas als Objekt in sich, obwohl nicht jedes in gleicher Weise. In der Vorstellung ist etwas vorgestellt, in dem Urteile ist etwas anerkannt oder verworfen, in der Liebe geliebt, in dem Hasse gehasst, in dem Begehren begehrt usw. Diese ''intentionale Inexistenz'' ist den psychischen Phänomenen ausschließlich eigentümlich. Kein physisches Phänomen zeigt etwas Ähnliches.|ref=<ref name="FB-124">Brentano, op.cit., I, S. 124, kursive Hervorhebung hinzugefügt</ref>}}


In der [[Wikipedia:Orthodoxe Kirchen|orthodoxen Kirche]] gib es sieben Sakramente, die als heilige [[Mysterium|Mysterien]] angesehen werden. Auch in der Tradition der [[Wikipedia:römisch-katholische Kirche|römisch-katholischen Kirche]] hat sich seit dem 13. Jahrhundert eine Siebenzahl von Sakramenten durchgesetzt. In der [[Wikipedia:Evangelische Kirche|evangelischen]] und [[Wikipedia:Anglikanische Kirche|anglikanischen Kirche]] lässt man hingegen heute nur mehr zwei Sakramente gelten: das [[Abendmahl]] und die [[Taufe]]. Die anderen fünf Sakramente gelten hier nur als ''[[Ritus|Riten]] mit sakramentalem Charakter''. [Wikipedia:Martin Luther|]] hatte allerdings ursprünglich auch die [[Beichte]] zu den Sakramenten gezählt.
Die These Brentanos lautet also, dass die Intentionalität eine [[Eigenschaft]] des Mentalen sei, die man mit den [[Phrase]]n “Beziehung auf einen Inhalt” oder “Richtung auf ein Objekt” beschreiben kann. Ein Beispiel kann diesen Zusammenhang verdeutlichen: Der Gedanke, dass noch Milch im Kühlschrank ist, bezieht sich auf die Objekte Kühlschrank und Milch und den Sachverhalt, dass noch Milch im Kühlschrank ist. Durch diesen Bezug auf einen Sachverhalt kann der Gedanke auch [[Wahrheit|wahr]] oder falsch sein.


Nach [[Rudolf Steiner]] entsprechen die sieben Sakramente der katholischen Kirche sieben Stadien der menschlichen Entwicklung im irdischen Leben zwischen Geburt und Tod, die mit den sieben [[Wesensglieder]]n des [[Mensch]]en zusammenhängen:
Nach Chrudzimski soll Brentano diese Theorie in seinen Vorlesungen zu einer komplexeren „Mediator“-Theorie weiterentwickelt haben. Nach 1900 soll Brentano die Einführung des Begriffs „intentionale Inexistenz“ bedauert haben.<ref>[http://www.roman-ingarden.phils.uj.edu.pl/pliki/arkadiusz_chrudzimski_brentano_husserl_ingarden.pdf Arkadiusz Chrudzimski:Brentano, Husserl und Ingarden über die intentionalen Gegenstände] (PDF; 150&nbsp;kB)</ref>


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=== Intentionale Definition des Mentalen ===
"Dasjenige, was im katholischen Dogma liegt, geht ja auf bestimmte Formen älterer Erkenntnis zurück. Man stellt sich vor, daß zwischen Geburt und Tod der Mensch sieben Stadien durchmacht. Erstens die Geburt selber, dann dasjenige, was man das Reifwerden nennt, die Pubertät, dann das, was man das Bewußtwerden der Innerlichkeit nennt um das 20. Jahr herum, dann das Gefühl, der Welt nicht zu entsprechen, nicht ganz Mensch zu sein, das ist das vierte. Und dann, nicht wahr, das allmähliche Hineinwachsen in das Geistige. Diese Dinge sind dann etwas schwankend geworden, aber man stellte sich das ganze menschliche Leben einschließlich des sozialen in sieben Etappen vor, und man stellte sich vor, daß der Mensch zwischen Geburt und Tod herauswächst aus dem Geiste. Die katholische Kirche kennt ja in der neueren Zeit keine Präexistenz. Es ist nur ein Gedanke Gottes vorhanden, und dieses Herauswachsen aus dem Gottesgedanken wird in sieben Etappen dargestellt. Diesen sieben Etappen müssen [jeweils] andere Kräfte entgegengehalten werden. Die Geburt ist eine Evolution, das Reifwerden ist eine Evolution, jeder Evolutionsform wird eine Involutionsform entge gengestellt: der Geburt die Taufe, der Pubertät die Firmung. Jedes Sakrament ist das Inverse zu einer natürlichen Etappe in der Evolution. Man kann sagen, die katholische Lehre stellt sieben Evolutionsstufen dar, denen sie gegenüberstellt sieben Involutionsstufen, und das sind die sieben Sakramente, von denen vier irdisch sind, nämlich Taufe, Firmung, Altarsakrament, Buße. Diese vier sind so allgemein-menschlich wie physischer Leib, Ätherleib, Astralleib und Ich. Wenn Sie höher hinaufgehen, kommen Sie zum Geistselbst, Lebensgeist und Geistesmenschen. So wie das Hereinscheinen aus der geistigen Welt, so sind die drei letzten Sakramente diejenigen, die in das Soziale gehen: die Ehe, die Priesterweihe, die Letzte Ölung. Das Hereindringen der geistigen Welt kommt in der Priesterweihe zum Ausdruck. Das sind also die sieben Sakramente, von denen die letzten sind die Letzte Ölung, die Priesterweihe und die Ehe. Es sind einfach die Sakramente die inversen Vorgänge für die natürlichen Vorgänge, die sich vollziehen für den Menschen, und danach sind auch die entsprechenden Kulthandlungen eingerichtet.
Brentano vertrat zudem die Auffassung, dass Intentionalität das definierende Merkmal des Mentalen sei. Es gebe keine nichtmentale [[Entität]], die das Merkmal der Intentionalität besitze, und umgekehrt auch keine mentale Entität, die das Merkmal der Intentionalität nicht besitze. Diese Behauptung wird in der heutigen Philosophie oft angezweifelt.


Der Gedanke der sieben Sakramente ist schon durchaus ein solcher, der nicht willkürlich ist. Willkürlich ist es vielmehr, diese sieben Sakramente auf zwei zu beschränken. Das ist geschehen in einer Zeit, wo man kein Gefühl mehr hatte für die innere Zahlenkonstitution der Welt. Diese Dinge sind es natürlich, die wirklich ernst zu neh mende katholische Priester, namentlich die Ordensgeistlichen, zu solchen Verächtern des Protestantismus machen. Sie halten ihn durch die Bank für einen Rationalismus, für etwas, was nichts mehr weiß." {{Lit|GA 342, S 137f}}
Es wird nämlich argumentiert, dass es auch nichtintentionale mentale Zustände gebe. So sei etwa ein allgemeines Unwohlsein oder eine allgemeine [[Euphorie]] durchaus mental, müssten sich jedoch auf nichts beziehen.<ref>Zum Beispiel von John R. Searle, in: ''Intentionalität''. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1987, S. 16f.</ref> Allerdings hätten all diese nichtintentionalen mentalen Zustände das Merkmal der [[Qualia]]. So wird heutzutage oft folgendes vorgeschlagen: Intentionalität und Qualia sind jeweils [[hinreichend]], aber nicht [[notwendig]] für die Existenz des Mentalen. Jeder mentale Zustand müsse jedoch zumindest Intentionalität ''oder'' eine qualitative Empfindung als Eigenschaft haben.
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== [[Christengemeinschaft]] ==
== Intentionalität nach Husserl ==
[[Datei:Intentionalität nach Husserl.jpg|mini|Intentionalität nach Husserl]]
[[Datei:Intentionales Erlebnis.jpg|mini|Aufbau eines Bewusstseinserlebnisses]]


Das zentrale Sakrament der '''Christengemeinschaft''' ist
Durch [[Reflexion (Philosophie)|Reflexion]] erfassen wir statt der Sachen, der Werte, Zwecke, usw. die entsprechenden subjektiven Erlebnisse, in denen sie uns bewusst werden. Man bezeichnet sie auch als »Phänomene«. Ihr allgemeinster Wesenscharakter ist es, »Bewusstsein-von«, »Erscheinung-von« den jeweiligen Dingen zu sein, sie sind »intentionale« Erlebnisse. Der terminologisch aus der [[Scholastik]] stammende Ausdruck für den Grundcharakter des Seins als Bewußtsein, als Erscheinung von etwas ist Intentionalität.


*Die [[Menschenweihehandlung]] in deren Mittelpunkt die [[Abendmahl]]sfeier ([[Eucharistie]]) steht.
Edmund Husserl übernimmt von F. Brentano, einem seiner Lehrer, die Grundbedeutung von Intentionalität (s.&nbsp;o.) und baut sie durch zahlreiche Analysen von Beispielen zu einem eigenständigen, zentralen Begriff in der Phänomenologie aus.


Darüber hinaus können sechs weitere Sakramente den Lebenslauf begleiten und helfend darin wirksam werden:
Das »Bewußtsein« besteht für Husserl im Gesamtbestand der intentionalen Erlebnisse eines Subjekts. Die intentionalen Erlebnisse bezeichnet Husserl als Akte (um [[Homonym|Äquivokationen]] zu vermeiden), z.&nbsp;B. Wahrnehmungen, Erinnerungen, Gefühle usw. Die allgemeine Intentionalität des Bewusstseins differenziert Husserl später in [[Noesis]] (»cogito«, Weisen des Intendierens, intentionaler Akt) und [[Noema (Phänomenologie)|Noema]] (»cogitatum«, das Intendierte, intentionales Objekt).


*Die [[Taufe]]
Nicht intentionale Empfindungsdaten, als sensuelle [[Hyle]] bezeichnet, erfahren im Bewusstsein eine Vergegenständlichung in einem besonderen [[mental]]en Prozess, den Husserl als [[Apperzeption]] im Sinne von Auffassung, Deutung, Interpretation bezeichnet, und werden somit als intentionale Gegenstände konstituiert. Unter intentionalen Gegenständen oder intentionalen Objekten sind die Bezugspunkte eines Bewusstseinsvollzuges aufzufassen. Der intendierte Gegenstand ist weder ein [[Immanenz|immanenter]] Teil des Bewusstseins selbst, noch in diesem enthalten. Intentionalität betrifft nicht nur wirklich existierende Gegenstände, sondern auch Phantasievorstellungen, Erinnerungen usw. Nicht alle Erlebnisse sind intentional, z.&nbsp;B. Farb- oder Tonempfindungen, sondern Momente, fundiert in einem intentionalen Gesamtakt.
*Die [[Konfirmation]]
 
*Die [[Beichte]]
Unter der Bedeutungsintention versteht man den Bezug auf etwas Gegenständliches mit einer Bedeutung, z.&nbsp;B. Baum (Etwas als Etwas »vermeinen«). Kennt man die Bedeutung eines Ausdrucks nicht, ist die Bedeutungsintention zunächst anschauungsleer; zur Bedeutungserfüllung kommt es, wenn das Vermeinte eine anschauliche Bestätigung erfährt. Bei Deckung von Bedeutungsintention und Bedeutungserfüllung ist [[Evidenz]] gegeben.
*Die [[Trauung]]
 
*Die [[Priesterweihe]]
In der Theorie der Intentionalität besetzt der Begriff des Horizonts eine zentrale Rolle. Betrachten wir einen Baum, erhalten wir nur eine Perspektive des Objekts. Diese einzelne Wahrnehmung führt zu Antizipationen, die auf einen Wahrnehmungszusammenhang hindeuten und abwesende, »abgeschattete« Perspektiven des Baumes mitintendieren ([[Appräsentation]]; jede Wahrnehmung schließt eine »Hinausdeutung« ein). Auch bleibt im Hintergrund die Umgebung unthematisch, die aber im weiteren Wahrnehmungsverlauf zur [[Präsenz]] kommen kann. Diese potentiellen Vollzugsmöglichkeiten werden als »Horizontintentionalitäten« bezeichnet.
*Die [[Krankensalbung|Sterbeölung]]
 
Grundlegend für die Intentionalität ist das Zeitbewusstsein. Erst im Fluss der Akte aus [[Wikipedia:Protention (Philosophie)|Urimpression]]-[[Retention (Philosophie)|Retention]]-[[Wikipedia:Protention (Philosophie)|Protention]]-Einheiten kann sich ein zusammengehörendes Erlebnis, wie z.&nbsp;B. eine Melodie, im Bewusstsein konstituieren. Längsintentionalität ist das andauernde »Herabsinken« und Modifizieren der aufeinander folgenden Retentionen. Die Retention bindet gleichsam eine Urimpression an den Erlebnisfluss. Ähnliches gilt für die Protentionen, bei denen jedoch die Intentionen offenbleiben und erwartungsartig sind. Es handelt sich aber nicht um Leerintentionen, das sind Verweise auf Retention-Protentionsketten, wie bei der Erinnerung. Mit dem Begriff Querintentionalität der Retention bezeichnet Husserl die inhaltliche Gerichtetheit des Bewusstseins auf denselben Gegenstand in den zeitkonstituierenden Ablaufphasen.
 
Für eine objektive Gültigkeit der [[Welt]] muss die [[Wikipedia:Egologie|egologische]] Phänomenologie durch die [[Intersubjektivität]] erweitert werden, da die intentionalen Gegebenheiten für jede Person existieren. Das transzendentale ego ist nicht allein für die Konstitution der objektiven Welt zuständig, sie muss in Relation zu Fremderfahrungen gesehen werden, deren Korrelat sie ist.
 
=== Heideggers Kritik an Husserl ===
==== Transzendenz des Daseins ====
[[Martin Heidegger]] verwarf Husserls Konzept der Intentionalität. Intentionalität kann sich nur auf als vorhanden vorgestellte Objekte richten. Wenn Husserl nämlich davon spricht, dass sinnliche Wahrnehmung im „Gegenwärtigen“ besteht, dann ist im Moment der Wahrnehmung gerade jegliche Zeit ausgeschaltet.<ref>Vgl. Edmund Husserl: ''Logische Untersuchungen'' 1. Aufl. (1901) Bd. II, S. 588 u. 620.</ref> Dies, so Heidegger, muss auch so erscheinen, wenn man von einem ''intentionalen'' Ansatz ausgeht, weil dieser es nicht ermöglicht, nachträglich die Zeit mit in das Verständnis eines Phänomens einzubeziehen. Heidegger hingegen dreht das Verhältnis um und gibt der ''Zeitlichkeit'' des Daseins die Priorität: Das Verhältnis zwischen ''Dasein'' (Mensch) und Welt ist immer ein zeitliches.<ref>Vgl. Martin Heidegger: ''Sein und Zeit''. Tübingen 2001, S. 363.</ref> Erst nachträglich kann man von diesem grundlegenden Verhältnis absehen und dann zu einem Intentionalitätsbegriff kommen, der die Zeit nicht mehr enthält.
 
Heideggers Kritik am Begriff der Intentionalität steht in Zusammenhang mit seiner Kritik an traditionellen Ontologien, sofern diese Objekte losgelöst von ihrem Bezugszusammenhang betrachteten. (Diesen Bezugszusammenhang, der u.&nbsp;a. durch basale Zweckzusammenhänge bestimmt ist, nennt Heidegger ''Welt''.) ''Was'' beispielsweise ein Hammer ''ist'', bestimmt sich erst durch diesen Zusammenhang. (Heidegger spricht von ''um zu''-Bezügen, von ''Zuhandenheit'' statt Vorhandenheit und von einem zuhandenen Zeug statt einem vorhandenen Ding.) In diesem Zusammenhang erst ist der Hammer als solcher begreifbar: als ein Zeug, das zum Hämmern dient, um etwa ein Haus zu bauen und so Schutz vor Unwetter zu bieten. Dieses Welt''ganze'' ist nichts, das sich aus einzelnen Teilen erst nachträglich zusammenbaut, sondern es geht dem Zuhandenen ontologisch voraus, indem es ihnen ihren Sinn gleichsam im Voraus zuweist. Umgedreht ist das ''Dasein'' immer schon auf dieses Ganze bezogen, wenn es sich einer einzelnen Sache annimmt. Weil es das einzelne ''stets übersteigt'' spricht Heidegger auch von der ''Transzendenz des Daseins''.<ref>Vgl. Martin Heidegger: ''Vom Wesen des Grundes''. [[Gesamtausgabe (Heidegger)|GA]] 9, S. 135.</ref> Das Übersteigen des einzelnen Objekts in Bezug auf das Ganze ist dabei zugleich zeitlich wie auch bedeutungsmäßig zu verstehen. Es ist Bedingung dafür, dass einzelnes Seiendes begegnen kann und verstanden wird. Das intentionale Erfassen eines Seienden ist daher nur möglich auf dem Grund dieser Transzendenz – Intentionalität ist ein „Sonderfall“ der Transzendenz des Daseins. Heidegger gibt als These dafür, wie die falsche Ansetzung der Intentionalität als primärer Bezug zur Welt entstehen konnte an, dass hier immer noch die Idee eines [[Wikipedia:Subjekt (Philosophie)|Subjekts]] mitschwingt, das der Welt ''erkennend'' gegenübersteht und einzelne zusammenhangslose Objekte in Raum und Zeit wahrnimmt.<ref>Vgl. Martin Heidegger: ''Sein und Zeit''. Tübingen 2001, S. 366.</ref>
 
Das Beispiel des Hammers zeigt hingegen, dass Dinge in einen Verweisungszusammenhang eingebunden sind und dieser nur zeitlich verstanden werden kann: der Hammer ist nur in Betracht auf einen ''zukünftigen'' Gebrauch zu verstehen. Diese Zukunft ist aber nicht „etwas“, kein Objekt in der Welt, auf das man gerichtet sein kann. Auch ist die Zukunft kein „Gedanke“. Auch dies würde sie vergegenständlichen, so dass man sich auf sie als Objekt richten könnte. Die „Welt“ selbst geschieht als eine Verschränkung von Gegenwart und Zukunft im Dasein des Menschen. Heidegger kennzeichnet diesen Strukturzusammenhang von Welt und Dasein indem er das Dasein als ''Sorge'' bezeichnet und so den praktischen Umgang mit der Welt in den Vordergrund stellt, dem ein theoretisch-intentionaler erst nachfolgt.
 
==== Grundstimmung als nicht-intentionaler Weltbezug ====
Ähnlich kann ein Phänomen wie die Langeweile nicht – wie Husserl dies allgemein für alle Objekte postulierte – als Objekt im Bewusstseinsstrom beobachtet werden.<ref>Vgl. Martin Heidegger: GA Band 29/30, S. 136ff.</ref> Zwar sind wir, wenn uns langweilig ist, auf Dinge (also Objekte) ''gerichtet'', die uns die Zeit vertreiben. Aber die ''Bedrängnis'' welche wir in der Langeweile verspüren lässt sich, so Heidegger, gerade nicht als Gerichtetheit auf ein Objekt verstehen. Viel mehr sind hier ''Stimmungen'' am Werk. Heidegger stellt dem Konzept der Intentionalität daher eine ''Grundstimmung'' entgegen, d.&nbsp;h. die Tatsache, dass der Mensch immer schon stimmungsmäßig auf die Welt ''als Ganzes'' bezogen ist. Nur weil wir der Welt gegenüber immer schon irgendwie ''gestimmt'' sind, gehen uns dann auch die einzelnen (intentional erfassten) Sachen etwas an. Nur aus dem Ganzen bekommt ein einzelner „Vorfall“ eine Bedeutung, geht uns etwas an und nicht als factum brutum.
 
== Intentionalität als Problem für reduktionistische Theorien ==
In der gegenwärtigen [[Philosophie des Geistes]] wird das Konzept der Intentionalität insbesondere als ein Problem für den [[Materialismus]] diskutiert. Materialistische Theorien gehen davon aus, dass auch mentale Zustände auf physische Zustände zurückgeführt werden können. Nun hätten allerdings mentale Zustände oft die Eigenschaft der Intentionalität, und es scheine unklar zu sein, wie ein physischer Zustand ebendiese Eigenschaft haben könne.
 
In materialistischen Theorien werden Gedanken auf [[neuron]]ales Geschehen zurückgeführt. Kritiker des Materialismus argumentieren dagegen, wenn ein Gedanke einem Vorgang im Gehirn entspräche, so müsse ebendieser Vorgang auch intentional sein. Genau dieses sei jedoch sehr unplausibel.<ref name="JS">Der Klassiker ist hier: [[John Searle]]: Intentionality. An Essay in the Philosophy of Mind. Cambridge: Cambridge University Press, 1983, ISBN 0521273021</ref>
 
Von materialistischer Seite wird hierauf erwidert, dass sich Auslöser von Aktionen, Bedeutungen, Gründe und Wahrheit auch ohne mentale Zustände erklären ließen, da sie auch in der Sprache von Maschinen vorkommen.<ref>Paul Churchland: ''Eliminative Materialism and the Propositional Attitudes.'' In: ''Journal of Philosophy.'' 1981, S. 67–90.</ref>
 
{{WikipediaDE|Neuronales Korrelat des Bewusstseins}}
 
== Intentionalität als Vorstellung aufgrund sozialer Spiegelung ==
Der Psychologe Wolfgang Prinz legte eine umfassende und empirisch begründete Theorie vor, wonach während der kindlichen Entwicklung die Vorstellung eigener Absichten aus der Beobachtung anderer Personen erwachse. Diesen Wahrnehmungsprozess bezeichnete er als soziale Spiegelung. Das beobachtende Kind lerne zu verstehen, dass andere Personen zielgerichtet handeln, und es lerne, diesem Handeln Absichten zuzuschreiben. Ab einem gewissen Entwicklungsstadium sei ein Kind in der Lage, die Vorstellung, dass andere Personen Absichten haben, auf sich selber zu übertragen. Von da ab sei es in der Lage, eigene Intentionalität zu erleben. Demnach seien soziale Wahrnehmung, Gedächtnis und Kombination die Wurzeln von Intentionalität. Da diese naturwissenschaftlich erklärbar seien, gelte dasselbe auch für Intentionalität.<ref>[[Wolfgang Prinz]]: ''Open Minds: The Social Making of Agency and Intentionality'', MIT Press 2012, 358 S. ISBN 026230094X, S. XVI und 225-244 (Deutsche Übersetzung von Jürgen Schröder: ''Selbst im Spiegel. Die soziale Konstruktion von Subjektivität''. Suhrkamp, Berlin 2013, ISBN 978-3-518-58594-8, 502 S.)</ref>


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
{{Wikipedia3|Sakrament}}
* {{WikipediaDE|Intentionalität}}


== Literatur ==
== Literatur ==
#Rudolf Steiner: ''Die okkulten Wahrheiten alter Mythen und Sagen'', [[GA 92]] (1999)
''Literatur zu Einzelthemen findet sich in den Quellen''
#Rudolf Steiner: ''Vorträge und Kurse über christlich-religiöses Wirken, I'', [[GA 342]] (1993)
 
; Intentionalität bei Husserl
* Edmund Husserl, Martin Heidegger - Phänomenologie (1927). hrsg. von Renato Cristin Berlin: Duncker und Humblot, 1999 (Philosophische Schriften; Bd. 34) ISBN 3-428-09296-1
* Verena Mayer: Edmund Husserl. C.H. Beck München 2009 ISBN 9783406586880
* Peter Prechtl: Edmund Husserl zur Einführung. Junius Verlag GmbH Hamburg 1998 ISBN 3-88506-369-7
* Ferdinand Fellmann: Phänomenologie zur Einführung. Junius Verlag GmbH Hamburg 2006 ISBN 978-3-88506-616-3
* Dan Zahavi: Husserls Phänomenologie. Arbeitsgemeinschaft von 16 Verlagen 2003/2009 ISBN 978-3-16-149450-5 (Mohr Siebeck)
* Wörterbuch der phänomenologischen Begriffe. Hrsg. Helmut Vetter Felix Meiner Verlag Hamburg 2004 ISBN 3-7873-1689-2
* Husserl-Lexikon. Hrsg. Hans-Helmut Gander WBG Darmstadt 2010 ISBN 978-3-534-16493-6
* Daniel O. Dahlstrom: ''Introduction to Phenomenological Research'', Bloomington: Indiana University Press, 2005.
* John J. Drummond: The structure of intentionality, in: Donn Welton (Hrsg.): ''The new Husserl : a critical reader'', Bloomington: Indiana University Press, 2003, S. 65–92.
* Michael Dummett: ''The Seas of Language'', Oxford: Oxford University Press, 1993.
* Peter Simons: Edmund Husserl Die Intentionalität des Bewußtseins. In: Ansgar Beckermann (Hrsg.): ''Klassiker der Philosophie heute''. Stuttgart: Reclam, 2004, S. 581–600.
* Wolfgang Künne: Edmund Husserl: Intentionalität, in: J. Speck (Hrsg.): ''Grundprobleme der großen Philosophen: Philosophie der Neuzeit'', Bd. 4, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1986.
 
; Intentionalität bei Heidegger (und Husserl)
* Archana Barua: [http://www.mic.ul.ie/stephen/vol7/husserl.pdf Husserl, Heidegger and the Intentionality Question], in: ''Minerva – An Internet Journal of Philosophy'' 7 (2003), S. 44–59
* Rudolf Bernet: Husserl and Heidegger on Intentionality and Being, in: ''Journal of the British Society for Phenomenology'' 21/2 (1990), S. 136–52.
* Taylor Carman: ''Heidegger's Analytic: Interpretation, Discourse, and Authenticity in “Being and Time”'', Cambridge: Cambridge University Press 2003
* Carleton Christensen: ''Heidegger’s Representationalism'', in: Review of Metaphysics 51 (1997), S. 77–103.
* Steven Crowell: Subjectivity: Locating the First-Person in Being and Time, in: ''Inquiry'' 44 (2001), S. 433–454.
* Daniel O. Dahlstrom: Heidegger’s Transcendentalism, in: ''Research in Phenomenology'' 35 (2005).
* Hubert Dreyfus: ''Being-in-the-World'', Cambridge, MA: MIT Press, 1991
* Hubert Dreyfus: Heidegger’s critique of the Husserl/Searle account of intentionality, in: ''Social Research'' 93/60 (1993), 17ff.
* Sean McGovern: [http://lyceumphilosophy.com/?q=node/88 The Being of Intentionality], in: Lyceum 9/1 (2007) (Saint Anselm College)
* H. Hall: ''Intentionality and World: Division I of Being and Time'' in: Charles Guignon (Hrsg.): ''The Cambridge Companion to Heidegger'', Cambridge: Cambridge University Press, 1993
* Burt C. Hopkins: ''Intentionality In Husserl And Heidegger : The Problem Of The Original Method And Phenomenon Of Phenomenology'', Kluwer Academic Publishers, 1993, ISBN 0-7923-2074-3
* J. N. Mohanty: Intentionality, in: Hubert Dreyfus, Mark Wrathall (Hrsg.): ''A Companion to Phenomenology and Existentialism'', Blackwell Companions to Philosophy, Oxford: Blackwell 2006, ISBN 978-1-4051-1077-8.
* Dermot Moran: [http://www.ucd.ie/philosophy/dermotmoran/resources/moran_inquiry.pdf Heidegger’s Critique of Husserl’s and Brentano’s Accounts of Intentionality], in: Inquiry 43 (2000), S. 39–66.
* Mark Okrent: ''Heidegger's Pragmatism: Understanding, Being, and the Critique of Metaphysics'', Ithaca, NY 1998
* Frederick A. Olafson: ''Heidegger and the Philosophy of Mind'', New Haven, CO: Yale University Press 1987.
* Thomas Sheehan: Heidegger’s Philosophy of Mind, in: G. Floistad (Hrsg.): ''Contemporary Philosophy of Mind: A New Survey'', Bd. 4, Philosophy of Mind, The Hague: Nijhoff, 1984, S. 287–318.
* Martin Weatherston: ''Heidegger's Interpretation of Kant'': Categories, Imagination, and Temporality, Palgrave Macmillan, 2002, ISBN 0-333-99400-0
* Mark A. Wrathall: Intentionality without Representation: Heidegger’s Account of Perception, in: ''Philosophy Today'' 42 (1999), 182–89.
 
; Sonstige Literatur:
* Elisabeth Baumgartner: ''Intentionalität: Begriffsgeschichte und Begriffsanwendung in der Psychologie'', Würzburg: Königshausen & Neumann, 1985.
* Dominik Perler: ''Theorien der Intentionalität im Mittelalter'', Frankfurt am Main: Vittorio Klostermann, 2004. 436 S. (Rezension: Flasch, FAZ v. 16.&nbsp;Februar 2004)
* Arkadiusz Chrudzimski: ''Intentionalität, Zeitbewusstsein und Intersubjektivität: Studien zur Phänomenologie von Brentano bis Ingarden'', Frankfurt: ontos (Rezension: Helmut Klemm: Außenwelt der Innenwelt, ''FAZ'' vom 22.&nbsp;Februar 2006, Nr. 45, Seite N3)
* Armin Stock: ''Intentionalität und Ideo-Motorik – Eine handlungstheoretisch-psychologische Synthese'', Lengerich/Berlin/Wien: Pabst Science Publishers, 2004, ISBN 978-3-89967-118-6
* Thorsten Streubel: ''Das Wesen der Zeit. Zeit und Bewußtsein bei Augustinus, Kant und Husserl,'' Würzburg 2006
* Tobias Schlicht: Ein Stufenmodell der Intentionalität, in: P. Spät (Hg.): ''Zur Zukunft der Philosophie des Geistes'', Paderborn: mentis, 2008, S. 59–91.
 
; Neuere Debatten
* Ulrike Haas-Spohn (Hg.): ''Intentionalität zwischen Subjektivität und Weltbezug'', Paderborn: mentis, 2003, Sammelband mit Aufsätzen zur aktuellen Debatte
* Wolfgang Barz: ''Das Problem der Intentionalität'', Paderborn: mentis, 2004
(weitere neuere Literatur bei Jacob, Caston und Chalmers, s. Weblinks)
* Jesús Padilla Gálvez, M. Gaffal (eds.), ''Intentionality and Action''. De Gruyter, Berlin - Boston, 2017. ISBN 978-3-11-056028-2.
 
== Weblinks ==
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* {{SEP|http://plato.stanford.edu/entries/intentionality|Intentionality|Pierre Jacob}}
* {{SEP|http://plato.stanford.edu/entries/intentionality-ancient/|Intentionality in Ancient Philosophy|Victor Caston}}
* {{SEP|http://plato.stanford.edu/entries/consciousness-intentionality/|Consciousness and Intentionality|Charles Siewert}}
* {{SEP|http://plato.stanford.edu/entries/phenomenal-intentionality/|Phenomenal Intentionality|David Bourget, Angela Mendelovici}}
* {{Scholarpedia|http://scholarpedia.org/article/Intentionality|Intentionality|Walter J. Freeman}}
* [[David Chalmers]]: [http://consc.net/mindpapers#.2 Bibliographie] und [http://consc.net/online#.5 Online-Aufsätze]
* [http://www.information-philosophie.de/?a=1&t=4804&n=2&y=1&c=50 Philosophie des Geistes: Time Crane verteidigt die Intentionalität], Rezension in Information Philosophie
* Andreas Kemmerling: [http://www.philosophie.uni-hd.de/imperia/md/content/fakultaeten/phil/philosophischesseminar2/kemmerling/v_55_naturalisierungvonintentionalitaet.pdf zur sog. Naturalisierung von Intentionalität] (PDF; 1,9&nbsp;MB)


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== Einzelanchweise ==
<references />


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Version vom 15. Juli 2018, 11:06 Uhr

Brentano führte den Begriff der Intentionalität in die moderne Philosophie ein

Der Begriff der Intentionalität bezeichnet die Fähigkeit des Menschen, sich auf etwas zu beziehen (etwa auf reale oder nur vorgestellte Gegenstände, Eigenschaften oder Sachverhalte). Das Konzept lässt sich antiken, mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Theoretikern zuschreiben[1] und geht in der modernen Diskussion meist auf den Philosophen und Psychologen Franz Brentano zurück. Dieser hatte den Begriff in seiner Arbeit Psychologie vom empirischen Standpunkte[2] wiedereingeführt. Durch die Arbeiten Edmund Husserls wurde Intentionalität zu einem zentralen Konzept der Phänomenologie.

In den heutigen philosophischen Debatten der Philosophie des Geistes wird Intentionalität oftmals als spezifisches Merkmal des Mentalen verstanden: Gibt es Intentionalität, so gebe es Mentales – und nicht etwa nur Materielles und naturwissenschaftlich Beschreibbares. Die Annahme von Intentionalität, ebenso wie die von phänomenalem Bewusstsein bzw. von Qualia, stellt daher aus der Sicht der Vertreter des Mentalen ein Problem für den Materialismus dar. Gegner dieser Position kommen jedoch ohne eine Annahme des Mentalen aus und halten Intentionalität, ebenso wie Wahrnehmung und Gedächtnis, für naturwissenschaftlich erklärbar.

Intentionalität nach Brentano

Intentionale Inexistenz

Der Begriff der Intentionalität ist ein philosophischer Fachterminus und weder mit dem alltäglichen Begriff der Intention als Absicht, noch mit dem semantischen Begriff der Intension gleichbedeutend. Die klassische Begriffsbestimmung gibt Brentano:

„Jedes psychische Phänomen ist durch das charakterisiert, was die Scholastiker des Mittelalters die intentionale (auch wohl mentale) Inexistenz eines Gegenstandes genannt haben, und was wir, obwohl mit nicht ganz unzweideutigen Ausdrücken, die Beziehung auf einen Inhalt, die Richtung auf ein Objekt (worunter / hier nicht eine Realität zu verstehen ist), oder die immanente Gegenständlichkeit nennen würden. Jedes enthält etwas als Objekt in sich, obwohl nicht jedes in gleicher Weise. In der Vorstellung ist etwas vorgestellt, in dem Urteile ist etwas anerkannt oder verworfen, in der Liebe geliebt, in dem Hasse gehasst, in dem Begehren begehrt usw. Diese intentionale Inexistenz ist den psychischen Phänomenen ausschließlich eigentümlich. Kein physisches Phänomen zeigt etwas Ähnliches.“[3]

Die These Brentanos lautet also, dass die Intentionalität eine Eigenschaft des Mentalen sei, die man mit den Phrasen “Beziehung auf einen Inhalt” oder “Richtung auf ein Objekt” beschreiben kann. Ein Beispiel kann diesen Zusammenhang verdeutlichen: Der Gedanke, dass noch Milch im Kühlschrank ist, bezieht sich auf die Objekte Kühlschrank und Milch und den Sachverhalt, dass noch Milch im Kühlschrank ist. Durch diesen Bezug auf einen Sachverhalt kann der Gedanke auch wahr oder falsch sein.

Nach Chrudzimski soll Brentano diese Theorie in seinen Vorlesungen zu einer komplexeren „Mediator“-Theorie weiterentwickelt haben. Nach 1900 soll Brentano die Einführung des Begriffs „intentionale Inexistenz“ bedauert haben.[4]

Intentionale Definition des Mentalen

Brentano vertrat zudem die Auffassung, dass Intentionalität das definierende Merkmal des Mentalen sei. Es gebe keine nichtmentale Entität, die das Merkmal der Intentionalität besitze, und umgekehrt auch keine mentale Entität, die das Merkmal der Intentionalität nicht besitze. Diese Behauptung wird in der heutigen Philosophie oft angezweifelt.

Es wird nämlich argumentiert, dass es auch nichtintentionale mentale Zustände gebe. So sei etwa ein allgemeines Unwohlsein oder eine allgemeine Euphorie durchaus mental, müssten sich jedoch auf nichts beziehen.[5] Allerdings hätten all diese nichtintentionalen mentalen Zustände das Merkmal der Qualia. So wird heutzutage oft folgendes vorgeschlagen: Intentionalität und Qualia sind jeweils hinreichend, aber nicht notwendig für die Existenz des Mentalen. Jeder mentale Zustand müsse jedoch zumindest Intentionalität oder eine qualitative Empfindung als Eigenschaft haben.

Intentionalität nach Husserl

Intentionalität nach Husserl
Aufbau eines Bewusstseinserlebnisses

Durch Reflexion erfassen wir statt der Sachen, der Werte, Zwecke, usw. die entsprechenden subjektiven Erlebnisse, in denen sie uns bewusst werden. Man bezeichnet sie auch als »Phänomene«. Ihr allgemeinster Wesenscharakter ist es, »Bewusstsein-von«, »Erscheinung-von« den jeweiligen Dingen zu sein, sie sind »intentionale« Erlebnisse. Der terminologisch aus der Scholastik stammende Ausdruck für den Grundcharakter des Seins als Bewußtsein, als Erscheinung von etwas ist Intentionalität.

Edmund Husserl übernimmt von F. Brentano, einem seiner Lehrer, die Grundbedeutung von Intentionalität (s. o.) und baut sie durch zahlreiche Analysen von Beispielen zu einem eigenständigen, zentralen Begriff in der Phänomenologie aus.

Das »Bewußtsein« besteht für Husserl im Gesamtbestand der intentionalen Erlebnisse eines Subjekts. Die intentionalen Erlebnisse bezeichnet Husserl als Akte (um Äquivokationen zu vermeiden), z. B. Wahrnehmungen, Erinnerungen, Gefühle usw. Die allgemeine Intentionalität des Bewusstseins differenziert Husserl später in Noesis (»cogito«, Weisen des Intendierens, intentionaler Akt) und Noema (»cogitatum«, das Intendierte, intentionales Objekt).

Nicht intentionale Empfindungsdaten, als sensuelle Hyle bezeichnet, erfahren im Bewusstsein eine Vergegenständlichung in einem besonderen mentalen Prozess, den Husserl als Apperzeption im Sinne von Auffassung, Deutung, Interpretation bezeichnet, und werden somit als intentionale Gegenstände konstituiert. Unter intentionalen Gegenständen oder intentionalen Objekten sind die Bezugspunkte eines Bewusstseinsvollzuges aufzufassen. Der intendierte Gegenstand ist weder ein immanenter Teil des Bewusstseins selbst, noch in diesem enthalten. Intentionalität betrifft nicht nur wirklich existierende Gegenstände, sondern auch Phantasievorstellungen, Erinnerungen usw. Nicht alle Erlebnisse sind intentional, z. B. Farb- oder Tonempfindungen, sondern Momente, fundiert in einem intentionalen Gesamtakt.

Unter der Bedeutungsintention versteht man den Bezug auf etwas Gegenständliches mit einer Bedeutung, z. B. Baum (Etwas als Etwas »vermeinen«). Kennt man die Bedeutung eines Ausdrucks nicht, ist die Bedeutungsintention zunächst anschauungsleer; zur Bedeutungserfüllung kommt es, wenn das Vermeinte eine anschauliche Bestätigung erfährt. Bei Deckung von Bedeutungsintention und Bedeutungserfüllung ist Evidenz gegeben.

In der Theorie der Intentionalität besetzt der Begriff des Horizonts eine zentrale Rolle. Betrachten wir einen Baum, erhalten wir nur eine Perspektive des Objekts. Diese einzelne Wahrnehmung führt zu Antizipationen, die auf einen Wahrnehmungszusammenhang hindeuten und abwesende, »abgeschattete« Perspektiven des Baumes mitintendieren (Appräsentation; jede Wahrnehmung schließt eine »Hinausdeutung« ein). Auch bleibt im Hintergrund die Umgebung unthematisch, die aber im weiteren Wahrnehmungsverlauf zur Präsenz kommen kann. Diese potentiellen Vollzugsmöglichkeiten werden als »Horizontintentionalitäten« bezeichnet.

Grundlegend für die Intentionalität ist das Zeitbewusstsein. Erst im Fluss der Akte aus Urimpression-Retention-Protention-Einheiten kann sich ein zusammengehörendes Erlebnis, wie z. B. eine Melodie, im Bewusstsein konstituieren. Längsintentionalität ist das andauernde »Herabsinken« und Modifizieren der aufeinander folgenden Retentionen. Die Retention bindet gleichsam eine Urimpression an den Erlebnisfluss. Ähnliches gilt für die Protentionen, bei denen jedoch die Intentionen offenbleiben und erwartungsartig sind. Es handelt sich aber nicht um Leerintentionen, das sind Verweise auf Retention-Protentionsketten, wie bei der Erinnerung. Mit dem Begriff Querintentionalität der Retention bezeichnet Husserl die inhaltliche Gerichtetheit des Bewusstseins auf denselben Gegenstand in den zeitkonstituierenden Ablaufphasen.

Für eine objektive Gültigkeit der Welt muss die egologische Phänomenologie durch die Intersubjektivität erweitert werden, da die intentionalen Gegebenheiten für jede Person existieren. Das transzendentale ego ist nicht allein für die Konstitution der objektiven Welt zuständig, sie muss in Relation zu Fremderfahrungen gesehen werden, deren Korrelat sie ist.

Heideggers Kritik an Husserl

Transzendenz des Daseins

Martin Heidegger verwarf Husserls Konzept der Intentionalität. Intentionalität kann sich nur auf als vorhanden vorgestellte Objekte richten. Wenn Husserl nämlich davon spricht, dass sinnliche Wahrnehmung im „Gegenwärtigen“ besteht, dann ist im Moment der Wahrnehmung gerade jegliche Zeit ausgeschaltet.[6] Dies, so Heidegger, muss auch so erscheinen, wenn man von einem intentionalen Ansatz ausgeht, weil dieser es nicht ermöglicht, nachträglich die Zeit mit in das Verständnis eines Phänomens einzubeziehen. Heidegger hingegen dreht das Verhältnis um und gibt der Zeitlichkeit des Daseins die Priorität: Das Verhältnis zwischen Dasein (Mensch) und Welt ist immer ein zeitliches.[7] Erst nachträglich kann man von diesem grundlegenden Verhältnis absehen und dann zu einem Intentionalitätsbegriff kommen, der die Zeit nicht mehr enthält.

Heideggers Kritik am Begriff der Intentionalität steht in Zusammenhang mit seiner Kritik an traditionellen Ontologien, sofern diese Objekte losgelöst von ihrem Bezugszusammenhang betrachteten. (Diesen Bezugszusammenhang, der u. a. durch basale Zweckzusammenhänge bestimmt ist, nennt Heidegger Welt.) Was beispielsweise ein Hammer ist, bestimmt sich erst durch diesen Zusammenhang. (Heidegger spricht von um zu-Bezügen, von Zuhandenheit statt Vorhandenheit und von einem zuhandenen Zeug statt einem vorhandenen Ding.) In diesem Zusammenhang erst ist der Hammer als solcher begreifbar: als ein Zeug, das zum Hämmern dient, um etwa ein Haus zu bauen und so Schutz vor Unwetter zu bieten. Dieses Weltganze ist nichts, das sich aus einzelnen Teilen erst nachträglich zusammenbaut, sondern es geht dem Zuhandenen ontologisch voraus, indem es ihnen ihren Sinn gleichsam im Voraus zuweist. Umgedreht ist das Dasein immer schon auf dieses Ganze bezogen, wenn es sich einer einzelnen Sache annimmt. Weil es das einzelne stets übersteigt spricht Heidegger auch von der Transzendenz des Daseins.[8] Das Übersteigen des einzelnen Objekts in Bezug auf das Ganze ist dabei zugleich zeitlich wie auch bedeutungsmäßig zu verstehen. Es ist Bedingung dafür, dass einzelnes Seiendes begegnen kann und verstanden wird. Das intentionale Erfassen eines Seienden ist daher nur möglich auf dem Grund dieser Transzendenz – Intentionalität ist ein „Sonderfall“ der Transzendenz des Daseins. Heidegger gibt als These dafür, wie die falsche Ansetzung der Intentionalität als primärer Bezug zur Welt entstehen konnte an, dass hier immer noch die Idee eines Subjekts mitschwingt, das der Welt erkennend gegenübersteht und einzelne zusammenhangslose Objekte in Raum und Zeit wahrnimmt.[9]

Das Beispiel des Hammers zeigt hingegen, dass Dinge in einen Verweisungszusammenhang eingebunden sind und dieser nur zeitlich verstanden werden kann: der Hammer ist nur in Betracht auf einen zukünftigen Gebrauch zu verstehen. Diese Zukunft ist aber nicht „etwas“, kein Objekt in der Welt, auf das man gerichtet sein kann. Auch ist die Zukunft kein „Gedanke“. Auch dies würde sie vergegenständlichen, so dass man sich auf sie als Objekt richten könnte. Die „Welt“ selbst geschieht als eine Verschränkung von Gegenwart und Zukunft im Dasein des Menschen. Heidegger kennzeichnet diesen Strukturzusammenhang von Welt und Dasein indem er das Dasein als Sorge bezeichnet und so den praktischen Umgang mit der Welt in den Vordergrund stellt, dem ein theoretisch-intentionaler erst nachfolgt.

Grundstimmung als nicht-intentionaler Weltbezug

Ähnlich kann ein Phänomen wie die Langeweile nicht – wie Husserl dies allgemein für alle Objekte postulierte – als Objekt im Bewusstseinsstrom beobachtet werden.[10] Zwar sind wir, wenn uns langweilig ist, auf Dinge (also Objekte) gerichtet, die uns die Zeit vertreiben. Aber die Bedrängnis welche wir in der Langeweile verspüren lässt sich, so Heidegger, gerade nicht als Gerichtetheit auf ein Objekt verstehen. Viel mehr sind hier Stimmungen am Werk. Heidegger stellt dem Konzept der Intentionalität daher eine Grundstimmung entgegen, d. h. die Tatsache, dass der Mensch immer schon stimmungsmäßig auf die Welt als Ganzes bezogen ist. Nur weil wir der Welt gegenüber immer schon irgendwie gestimmt sind, gehen uns dann auch die einzelnen (intentional erfassten) Sachen etwas an. Nur aus dem Ganzen bekommt ein einzelner „Vorfall“ eine Bedeutung, geht uns etwas an und nicht als factum brutum.

Intentionalität als Problem für reduktionistische Theorien

In der gegenwärtigen Philosophie des Geistes wird das Konzept der Intentionalität insbesondere als ein Problem für den Materialismus diskutiert. Materialistische Theorien gehen davon aus, dass auch mentale Zustände auf physische Zustände zurückgeführt werden können. Nun hätten allerdings mentale Zustände oft die Eigenschaft der Intentionalität, und es scheine unklar zu sein, wie ein physischer Zustand ebendiese Eigenschaft haben könne.

In materialistischen Theorien werden Gedanken auf neuronales Geschehen zurückgeführt. Kritiker des Materialismus argumentieren dagegen, wenn ein Gedanke einem Vorgang im Gehirn entspräche, so müsse ebendieser Vorgang auch intentional sein. Genau dieses sei jedoch sehr unplausibel.[11]

Von materialistischer Seite wird hierauf erwidert, dass sich Auslöser von Aktionen, Bedeutungen, Gründe und Wahrheit auch ohne mentale Zustände erklären ließen, da sie auch in der Sprache von Maschinen vorkommen.[12]

Neuronales Korrelat des Bewusstseins - Artikel in der deutschen Wikipedia

Intentionalität als Vorstellung aufgrund sozialer Spiegelung

Der Psychologe Wolfgang Prinz legte eine umfassende und empirisch begründete Theorie vor, wonach während der kindlichen Entwicklung die Vorstellung eigener Absichten aus der Beobachtung anderer Personen erwachse. Diesen Wahrnehmungsprozess bezeichnete er als soziale Spiegelung. Das beobachtende Kind lerne zu verstehen, dass andere Personen zielgerichtet handeln, und es lerne, diesem Handeln Absichten zuzuschreiben. Ab einem gewissen Entwicklungsstadium sei ein Kind in der Lage, die Vorstellung, dass andere Personen Absichten haben, auf sich selber zu übertragen. Von da ab sei es in der Lage, eigene Intentionalität zu erleben. Demnach seien soziale Wahrnehmung, Gedächtnis und Kombination die Wurzeln von Intentionalität. Da diese naturwissenschaftlich erklärbar seien, gelte dasselbe auch für Intentionalität.[13]

Siehe auch

Literatur

Literatur zu Einzelthemen findet sich in den Quellen

Intentionalität bei Husserl
  • Edmund Husserl, Martin Heidegger - Phänomenologie (1927). hrsg. von Renato Cristin Berlin: Duncker und Humblot, 1999 (Philosophische Schriften; Bd. 34) ISBN 3-428-09296-1
  • Verena Mayer: Edmund Husserl. C.H. Beck München 2009 ISBN 9783406586880
  • Peter Prechtl: Edmund Husserl zur Einführung. Junius Verlag GmbH Hamburg 1998 ISBN 3-88506-369-7
  • Ferdinand Fellmann: Phänomenologie zur Einführung. Junius Verlag GmbH Hamburg 2006 ISBN 978-3-88506-616-3
  • Dan Zahavi: Husserls Phänomenologie. Arbeitsgemeinschaft von 16 Verlagen 2003/2009 ISBN 978-3-16-149450-5 (Mohr Siebeck)
  • Wörterbuch der phänomenologischen Begriffe. Hrsg. Helmut Vetter Felix Meiner Verlag Hamburg 2004 ISBN 3-7873-1689-2
  • Husserl-Lexikon. Hrsg. Hans-Helmut Gander WBG Darmstadt 2010 ISBN 978-3-534-16493-6
  • Daniel O. Dahlstrom: Introduction to Phenomenological Research, Bloomington: Indiana University Press, 2005.
  • John J. Drummond: The structure of intentionality, in: Donn Welton (Hrsg.): The new Husserl : a critical reader, Bloomington: Indiana University Press, 2003, S. 65–92.
  • Michael Dummett: The Seas of Language, Oxford: Oxford University Press, 1993.
  • Peter Simons: Edmund Husserl Die Intentionalität des Bewußtseins. In: Ansgar Beckermann (Hrsg.): Klassiker der Philosophie heute. Stuttgart: Reclam, 2004, S. 581–600.
  • Wolfgang Künne: Edmund Husserl: Intentionalität, in: J. Speck (Hrsg.): Grundprobleme der großen Philosophen: Philosophie der Neuzeit, Bd. 4, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1986.
Intentionalität bei Heidegger (und Husserl)
  • Archana Barua: Husserl, Heidegger and the Intentionality Question, in: Minerva – An Internet Journal of Philosophy 7 (2003), S. 44–59
  • Rudolf Bernet: Husserl and Heidegger on Intentionality and Being, in: Journal of the British Society for Phenomenology 21/2 (1990), S. 136–52.
  • Taylor Carman: Heidegger's Analytic: Interpretation, Discourse, and Authenticity in “Being and Time”, Cambridge: Cambridge University Press 2003
  • Carleton Christensen: Heidegger’s Representationalism, in: Review of Metaphysics 51 (1997), S. 77–103.
  • Steven Crowell: Subjectivity: Locating the First-Person in Being and Time, in: Inquiry 44 (2001), S. 433–454.
  • Daniel O. Dahlstrom: Heidegger’s Transcendentalism, in: Research in Phenomenology 35 (2005).
  • Hubert Dreyfus: Being-in-the-World, Cambridge, MA: MIT Press, 1991
  • Hubert Dreyfus: Heidegger’s critique of the Husserl/Searle account of intentionality, in: Social Research 93/60 (1993), 17ff.
  • Sean McGovern: The Being of Intentionality, in: Lyceum 9/1 (2007) (Saint Anselm College)
  • H. Hall: Intentionality and World: Division I of Being and Time in: Charles Guignon (Hrsg.): The Cambridge Companion to Heidegger, Cambridge: Cambridge University Press, 1993
  • Burt C. Hopkins: Intentionality In Husserl And Heidegger : The Problem Of The Original Method And Phenomenon Of Phenomenology, Kluwer Academic Publishers, 1993, ISBN 0-7923-2074-3
  • J. N. Mohanty: Intentionality, in: Hubert Dreyfus, Mark Wrathall (Hrsg.): A Companion to Phenomenology and Existentialism, Blackwell Companions to Philosophy, Oxford: Blackwell 2006, ISBN 978-1-4051-1077-8.
  • Dermot Moran: Heidegger’s Critique of Husserl’s and Brentano’s Accounts of Intentionality, in: Inquiry 43 (2000), S. 39–66.
  • Mark Okrent: Heidegger's Pragmatism: Understanding, Being, and the Critique of Metaphysics, Ithaca, NY 1998
  • Frederick A. Olafson: Heidegger and the Philosophy of Mind, New Haven, CO: Yale University Press 1987.
  • Thomas Sheehan: Heidegger’s Philosophy of Mind, in: G. Floistad (Hrsg.): Contemporary Philosophy of Mind: A New Survey, Bd. 4, Philosophy of Mind, The Hague: Nijhoff, 1984, S. 287–318.
  • Martin Weatherston: Heidegger's Interpretation of Kant: Categories, Imagination, and Temporality, Palgrave Macmillan, 2002, ISBN 0-333-99400-0
  • Mark A. Wrathall: Intentionality without Representation: Heidegger’s Account of Perception, in: Philosophy Today 42 (1999), 182–89.
Sonstige Literatur
  • Elisabeth Baumgartner: Intentionalität: Begriffsgeschichte und Begriffsanwendung in der Psychologie, Würzburg: Königshausen & Neumann, 1985.
  • Dominik Perler: Theorien der Intentionalität im Mittelalter, Frankfurt am Main: Vittorio Klostermann, 2004. 436 S. (Rezension: Flasch, FAZ v. 16. Februar 2004)
  • Arkadiusz Chrudzimski: Intentionalität, Zeitbewusstsein und Intersubjektivität: Studien zur Phänomenologie von Brentano bis Ingarden, Frankfurt: ontos (Rezension: Helmut Klemm: Außenwelt der Innenwelt, FAZ vom 22. Februar 2006, Nr. 45, Seite N3)
  • Armin Stock: Intentionalität und Ideo-Motorik – Eine handlungstheoretisch-psychologische Synthese, Lengerich/Berlin/Wien: Pabst Science Publishers, 2004, ISBN 978-3-89967-118-6
  • Thorsten Streubel: Das Wesen der Zeit. Zeit und Bewußtsein bei Augustinus, Kant und Husserl, Würzburg 2006
  • Tobias Schlicht: Ein Stufenmodell der Intentionalität, in: P. Spät (Hg.): Zur Zukunft der Philosophie des Geistes, Paderborn: mentis, 2008, S. 59–91.
Neuere Debatten
  • Ulrike Haas-Spohn (Hg.): Intentionalität zwischen Subjektivität und Weltbezug, Paderborn: mentis, 2003, Sammelband mit Aufsätzen zur aktuellen Debatte
  • Wolfgang Barz: Das Problem der Intentionalität, Paderborn: mentis, 2004

(weitere neuere Literatur bei Jacob, Caston und Chalmers, s. Weblinks)

  • Jesús Padilla Gálvez, M. Gaffal (eds.), Intentionality and Action. De Gruyter, Berlin - Boston, 2017. ISBN 978-3-11-056028-2.

Weblinks

 Wiktionary: Intentionalität – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelanchweise

  1. Victor Caston: Intentionality in Ancient Philosophy. In: Edward N. Zalta (Hrsg.): Stanford Encyclopedia of Philosophy.
  2. Franz Brentano: Psychologie vom empirischen Standpunkt. 1874.
  3. Brentano, op.cit., I, S. 124, kursive Hervorhebung hinzugefügt
  4. Arkadiusz Chrudzimski:Brentano, Husserl und Ingarden über die intentionalen Gegenstände (PDF; 150 kB)
  5. Zum Beispiel von John R. Searle, in: Intentionalität. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1987, S. 16f.
  6. Vgl. Edmund Husserl: Logische Untersuchungen 1. Aufl. (1901) Bd. II, S. 588 u. 620.
  7. Vgl. Martin Heidegger: Sein und Zeit. Tübingen 2001, S. 363.
  8. Vgl. Martin Heidegger: Vom Wesen des Grundes. GA 9, S. 135.
  9. Vgl. Martin Heidegger: Sein und Zeit. Tübingen 2001, S. 366.
  10. Vgl. Martin Heidegger: GA Band 29/30, S. 136ff.
  11. Der Klassiker ist hier: John Searle: Intentionality. An Essay in the Philosophy of Mind. Cambridge: Cambridge University Press, 1983, ISBN 0521273021
  12. Paul Churchland: Eliminative Materialism and the Propositional Attitudes. In: Journal of Philosophy. 1981, S. 67–90.
  13. Wolfgang Prinz: Open Minds: The Social Making of Agency and Intentionality, MIT Press 2012, 358 S. ISBN 026230094X, S. XVI und 225-244 (Deutsche Übersetzung von Jürgen Schröder: Selbst im Spiegel. Die soziale Konstruktion von Subjektivität. Suhrkamp, Berlin 2013, ISBN 978-3-518-58594-8, 502 S.)