Entropie: Unterschied zwischen den Versionen

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* Erwin Schrödinger: ''Was ist Leben? - Die lebende Zelle mit den Augen des Physikers betrachtet'', Leo Lehnen Verlag (Sammlung Dalp), München, 1951, 2.Aufl.
* Erwin Schrödinger: ''Was ist Leben? - Die lebende Zelle mit den Augen des Physikers betrachtet'', Leo Lehnen Verlag (Sammlung Dalp), München, 1951, 2.Aufl.
* Rudolf Steiner: ''Die Erkenntnis der Seele und des Geistes'', [[GA 56]] (1985), ISBN 3-7274-0560-0 {{Vorträge|056}}
* Rudolf Steiner: ''Die Erkenntnis der Seele und des Geistes'', [[GA 56]] (1985), ISBN 3-7274-0560-0 {{Vorträge|056}}
* Rudolf Steiner: ''Die Wissenschaft vom Werden des Menschen'', [[GA 183]] (1990), ISBN 3-7274-1830-3 {{Vorträge|183}}
* Rudolf Steiner: ''Menschenwerden, Weltenseele und Weltengeist – Erster Teil'', [[GA 205]] (1987), ISBN 3-7274-2050-2 {{Vorträge|205}}
* Rudolf Steiner: ''Menschenwerden, Weltenseele und Weltengeist – Erster Teil'', [[GA 205]] (1987), ISBN 3-7274-2050-2 {{Vorträge|205}}
* Rudolf Steiner: ''Vorträge und Kurse über christlich-religiöses Wirken, II'', [[GA 343a]] (1993), ISBN 3-7274-3430-9 {{Vorträge|343a}}
* Rudolf Steiner: ''Vorträge und Kurse über christlich-religiöses Wirken, II'', [[GA 343a]] (1993), ISBN 3-7274-3430-9 {{Vorträge|343a}}

Version vom 26. November 2013, 13:53 Uhr

Nach Ludwig Boltzmann ist die makroskopisch messbare Entropie ein Maß für die Anzahl der Mikrozustände, durch die sich der beobachteter Makrozustand des Systems realisieren kann. Je größer die Zahl der möglichen Mikrozustände, desto größer ist auch die Entropie.

Die Entropie (griech. ἐντροπία, entropía, aus εν- en- ‚ein-‘, ‚in-‘ und τροπή tropē ‚Wendung‘, ‚Umwandlung‘; zu übersetzen etwa als „Wandlungsgehalt“) mit dem Formelzeichen ist eine thermodynamische physikalische Zustandsgröße, die etwas über die Wahrscheinlichkeit und damit auch über die Richtung physikalischer Prozesse aussagt. Der Begriff wird aber auch in der Informationstheorie als Maß für den mittleren Informationsgehalt einer Zeichenkette verwendet.

Entropie und Zeit

Alle rein physikalischen Prozesse laufen so ab, dass dabei die Entropie des Universums insgesamt gleich bleibt oder zunimmt. Damit wird zugleich die Richtung der Zeit festgelegt: Prozesse, bei denen die Entropie zunimmt, sind irreversibel, d.h. nicht umkehrbar, und das gilt für fast alle real vorkommenden physikalischen Vorgänge. Die Zukunft ist dadurch definiert, dass in ihr die Entropie größer ist als in der Vergangenheit. Nur reversible, d.h. umkehrbare Prozesse sind gleichsam zeitlos.

Entropie und die Vergänglichkeit der physischen Welt

Die Entropiezunahme resultiert aus der grundlegenden Tendenz der physischen Wärme, sich gleichmäßig im Raum zu verteilen. Aus statistischen Gründen ist diese Gleichverteilung wesentlich wahrscheinlicher, als dass sich Wärme von selbst an einem bestimmten Ort konzentriert. Oder anders ausgedrückt: Wärme geht niemals von selbst von einem Körper niedriger Temperatur auf einen Körper höherer Temperatur über. Das ist die Grundaussage des 2. Hauptsatzes der Thermodynamik.

Aufgrund der beständigen Entropiezunahme strebt die physische Welt unaufhaltsam einem Zustand der völligen Gleichverteilung zu, was letztlich den Zerfall aller geordneten Strukturen, d.h. den sog. Wärmetod bedeutet.

Physikalische Grundlagen

Der Carnot-Prozess: Die nutzbare Arbeit entspricht der Fläche zwischen den Kurven.
T-S-Diagramm des reversiblen rechtslaufenden und damit als Wärmekraftmaschine arbeitenden Carnot-Prozesses. Der linksläufige Carnot-Prozess arbeitet entgegengesetzt als Wärmepumpe.
Dem Gas steht nach dem Entfernen der Zwischenwand ein größerer Raum zur Verfügung. Es existieren nach der Expansion also mehr Mikrozustände und das System besitzt eine höhere Entropie.

Wirkungsgrad von Wärmekraftmaschinen

Das Entropiekonzept entstand aus den Bemühungen, die Effizienz von Wärmekraftmaschinen, namentlich von Dampfmaschinen zu verbessern. 1712 hatte Thomas Newcomen die erste Dampfmaschine entwickelt, um Wasser aus einem Bergwerk zu pumpen. Die Maschine erfüllte zwar ihren Zweck, verbrauchte aber ungeheure Mengen an Brennstoff. 1764 gelang es James Watt ohne besondere thermodynamische Kenntnisse durch rein mechanische Verbesserungen den Wirkungsgrad der Dampfmaschine auf über 1% mehr als zu verdoppeln. Der Zusammenhang zwischen Wärme und Energie bzw. nutzbarer Arbeit war damals noch völlig unklar; erst 1845 formulierte Julius Robert von Mayer den 1. Hauptsatz der Thermodynamik, wonach Wärme als eine Form der Energie anzusehen ist.

Carnot-Prozess

1824 veröffentlichte der junge französische Ingenieur Sadi Carnot die nur 43 Seiten starke Schrift „Réflexions sur la puissance motrice du feu et sur les machines propres à développer cette puissance“ („Betrachtungen über die bewegende Kraft des Feuers und die zur Entwicklung dieser Kraft geeigneten Maschinen“), in der er seine bahnbrechenden Ideen zur Verbesserung der Dampfmaschinen darlegte. Er beschreibt darin das Gedankenmodell einer idealen Wärmekraftmaschine, die Carnot-Maschine, die dadurch Arbeit leistet, dass Wärme in einem zyklischen Prozess von einer heißen Quelle zu einer kalten Senke fließt. Das Verhältnis der geleisteten mechanischen Arbeit ΔW zur umgesetzten Wärme ΔQ entspricht dabei dem Wirkungsgrad η:

Carnot ließ sich dabei von der Arbeit seines Vaters über Wassermühlen inspirieren und betrachtete die Wärme in Analogie zum strömenden Wassser. Ähnlich dem Wasser könne Wärme umso mehr Arbeit leisten, je höher das Gefälle sei und insbesondere könne die Maschine grundsätzlich nicht mehr Arbeit leisten als Wärme zugeführt wurde. Damit war klar, dass die Maschine um so mehr leisten konnte, je höher die Eingangstemperatur und je kleiner die Ausgangstemperatur war. Die Maschine kann man sich dabei als Kolbenkraftmaschine vorstellen. Der Carnot-Prozess umfasst zwei isothermen (T = const) und zwei isentropen (S = const) Zustandsänderungen, die im nebenstehenden T-S-Diagramm ein Rechteck bilden. Bei der isothermen Expansion wird dem System die Wärmemenge Q1 bei der hohen Temperatur T1 zugeführt, bei der Kompression (untere rote Linie im Diagramm) gibt es Q2 bei der niedrigeren T2 ab. Die Temperatur ist dabei die vom absoluten Nullpunkt (−273,15 °C) gemessene absolute Temperatur in Grad Kelvin.

Clausius führt den Begriff «Entropie» ein

Den mathematischen Zusammenhang mit der Temperaturdifferenz formulierte allerdings erst der deutsche Physiker Rudolf Clausius und führte dabei den Begriff der Entropie ein. Den Namen Entropie, der soviel wie Wandlungsgehalt bedeutet, prägte er dabei in Anlehung an das ähnlich lautende Wort Energie.

"Sucht man für S einen bezeichnenden Namen, so könnte man, ähnlich wie von der Grösse U gesagt ist, sie sei der Wärme- und Werkinhalt des Körpers, von der Grösse S sagen, sie sei der Verwandlungsinhalt des Körpers. Da ich es aber für besser halte, die Namen derartiger für die Wissenschaft wichtiger Grössen aus den alten Sprachen zu entnehmen, damit sie unverändert in allen neuen Sprachen angewandt werden können , so schlage ich vor, die Grösse S nach dem griechischen Worte ὴ τροπὴ, die Verwandlung, die Entropie des Körpers zu nennen. Das Wort Entropie habe ich absichtlich dem Worte Energie möglichst ähnlich gebildet, denn die beiden Grössen, welche durch diese Worte benannt werden sollen, sind ihren physikalischen Bedeutungen nach einander so nahe verwandt, dass eine gewisse Gleichartigkeit in der Benennung mir zweckmässig zu sein scheint." (Lit.: Clausius, S 34)

Clausius erkannte, dass im Falle eines reversiblen Prozesses, d.h. wenn keine Wärme durch Reibung verloren geht, die reduzierte Wärme konstant ist. Die maximal nutzbare mechanische Arbeit ergibt sich aus der Differenz der Wärmemengen:

und daraus der maximale Wirkungsgrad zu Fehler beim Parsen (Syntaxfehler): {\displaystyle \eta_\mathrm{max} = \frac{W}{Q_1} = 1-\frac{T_2}{T_1}\!\} .

Damit konnte Clausius die Entropie in differenzieller Form definieren als:

mit bzw. und , wobei das Gleichheitszeichen nur für reversible Prozesse gilt.

So wurde es möglich, den Grad der Irreversibilität auch quantitativ zu erfassen. Die bei hoher Temperatur zugeführte Wärmemenge ist dabei höherwertig, d.h. mit geringerer Entropie belastet, als die bei geringerer Temperatur abgeführte Abwärme.

Max Planck um 1930

Boltzmann und die statistische Thermodynamik

Alle diese Ergebnisse wurden durch die phänomenologische Betrachtung makroskopischer Zustände gewonnen. Erst um 1880 stellte Ludwig Boltzmann mit der von ihm und James Maxwell entwickelten statistischen Physik den Zusammenhang zur mikroskopischen Ebene der elementaren Bausteine der Materie her. Ein Mikrozustand ist dabei durch die Angabe aller Orte und Impulse der zum System zählenden Teilchen, also der Atome oder Moleküle, bestimmt.

Nach Boltzmann ist die Entropie ein Maß für die Anzahl der Mikrozustände, durch die sich ein beobachteter Makrozustand des Systems realisieren kann. Je größer die Anzahl der Mikrozustände - die sog. thermodynamische Wahrscheinlichkeit bzw. das statistische Gewicht - ist, durch die sich ein bestimmter Makrozustand verwirklichen kann, desto wahrscheinlicher stellt er sich von selbst ein und desto größer ist auch die Entropie. Der natürliche Logarithmus des statistischen Gewichts W multipliziert mit der allerdings erst 1900 von Max Plank zur weiteren theoretischen Begründung seines Strahlungsgesetzes eingeführten[1] und nach Boltzmann benannten Boltzmann-Konstante , ergibt dabei die Entropie des makroskopisch beobachteten Zustands:

Die Mischungsentropie

Der logarithmische Zusammenhang ergibt sich daraus, dass bei zwei gegeben Systemen die Gesamtentropie S gleich der Summe der einzelnen Entropien S1+S2 ist, wohingegen die statistischen Gewichte W1 und W2 miteinander multipliziert werden müssen, weil jeder Mikrozustand des einen Systems mit jedem Mikrozustand des anderen System einen neuen Mikrozustand des neuen Gesamtsystems bildet. Die Zunahme der Entropie bedeutet dann den Übergang zu einem neuen Makrozustand, der über eine größere Anzahl möglicher Mikrozustände verfügt.

Entropie und Ordnung

Populär wird die Entropie oft als Maß für die Unordnung eines Systems angesehen. Diese Definition ist jedoch nur mit Vorsicht zu gebrauchen, da unser intuitiver Ordnungsbegriff in vielen Fällen nicht mit der statistischen Definition der Entropie übereinstimmt. Auch wurde bislang noch kein allgemeingültiger physikalischer Ordnungsbegriff formuliert. Eher lässt sich die Entropie als Maß für die Unwissenheit bzw. für den mangelnden Informationsgehalt eines Systems auffassen. Das lässt am Beispiel der Mischungsentropie gut veranschaulichen. Im nebenstehenden Bild ist im linken Glas der Farbstoff noch nicht völlig gleichmäßig verteilt, die Entropie ist also kleiner als im rechten Glas, wo bereits eine vollständige Gleichverteilung des Farbstoffs stattgefunden hat. Schon rein anschaulich bietet uns das rechte Bild viel weniger Informationen als das wesentlich detailreichere linke Bild.

Das Gibbsche Paradoxon und die Quantenmechanik

Werden zwei verschiedene Flüssigkeiten oder, wie im obigen Beispiel, eine Flüssigkeit und ein Farbstoff miteinander vermischt, so entsteht eine entsprechende Mischungsentropie. Grundsätzlich sollte das nach den von Boltzmann und Plank formulierten Gesetzen der klassischen statistischen Physik auch dann der Fall sein, wenn zwei gleiche Stoffe miteinander vermischt werden, wenn also beispielsweise Wasser mit Wasser gemischt wird, denn auch dabei sollte sich die Zahl der Mikrozustände entsprechend vergrößern. Tatsächlich tritt aber, wie Josiah Willard Gibbs erkannte, bei der Mischung gleicher Flüssigkeiten keine Mischungsentropie auf. Erklären lässt sich dieses Gibbsche Paradoxon erst durch die Quantenmechanik, nach der alle gleichartigen Elementarteilchen und die daraus aufgebauten Atome und Moleküle, die sich im gleichen Quantenzustand befinden, vollkommen identisch und damit ununterscheidbar sind. Durch die Vertauschung identischer Teilchen entsteht mithin kein neuer Mikrozustand und damit auch kein Entropiezuwachs. Das Phänomen belegt, dass Elementarteilchen, Atome und Moleküle keine Gegenstände sind, wie wir sie aus dem Alltag kennen, sondern gleichsam nur identische Repräsentanten der ihnen gemeinsam zugrunde liegenden Idee, die das eigentlich Wirkliche ist, während ihre zahllosen Repräsentanten bloße Erscheinungen mit geringerem Realitätsgehalt sind.

Entropie und Information

Claude Elwood Shannon definierte die Entropie im informationstheoretischen Sinn analog zur statistischen Thermodynamik als den mittleren Informationsgehalt einer Zeichenkette. Die Entropie eines Zeichens ist dann der Erwartungswert des Informationsgehalts:

Genau besehen handelt es sich dabei, wenn man die Formeln mit denen von Boltzmann vergleicht, aufgrund des negativen Vorzeichens um die negative Entropie oder Negentropie. Die Negentropie ist groß, wenn eine Zeichenfolge viel Information enthält, bei einer zufälligen Zeichenfolge hingegen klein bzw. bei völliger Gleichverteilung 0 (die Entropie ist dann maximal).

Entropie und Leben

Das Leben kämpft beständig gegen den Zerfall der physischen Strukturen an. Rein physikalisch betrachtet bedeutet das, dass das Leben beständig die unvermeidlich zunehmende Entropie aus dem lebendigen System an die Umwelt abführen muss. Darauf hatte schon der Quantenphysiker Erwin Schrödinger in seinem Buch Was ist Leben? hingewiesen. Er prägte dafür den Begriff «negative Entropie». Leben ist demnach etwas, das negative Entropie aufnimmt bzw. - was gleichbedeutend ist - positive Entropie abgibt. Informationstheoretisch bedeutet das die beständige Aufnahme von Information. Das ist aus anthroposophischer Sicht identisch mit der Aufnahme ätherischer Bildekräfte, was in der Regel nur solchen Systemen möglich ist, die über einen eigenständigen Ätherleib verfügen und in diesem Sinn als eigenständige Lebewesen anzusehen sind.

Die Entropie aus geisteswissenschaftlicher Sicht

"Die großen Physiker Thomson, Clausius und so weiter haben ihre Fortsetzer, welche imstande sind, die physischen Gesetze zu erkennen. Eines der größten physischen Gesetze ist zu gleicher Zeit das, was den Menschen hinstößt zu der geistigen Welt. Für die, welche sich ein wenig mit Physik beschäftigt haben, sage ich nichts Unbekanntes, wenn ich darauf aufmerksam mache, daß es ein Entropiegesetz gibt, das herrührt von Carnot, dem Oheim des französischen Präsidenten. Was besagt es? Es spricht einen der gewissesten Grundsätze aus, die wir auf der physischen Welt haben, nämlich wie die Kräfte der Welt in bezug auf das Physische sich verwandeln. Es besagt, wie die Kräfte des Physischen sich verwandeln, wie eine Kraft in die andere übergeht. Schlagen Sie mit der Hand auf den Tisch und messen Sie mit einem feinen Thermometer die Wirkung auf die Platte. Sie werden finden, daß die Stelle, wo der Schlag hinfiel, warm geworden ist. Sie sehen, wie die Wärme der Lokomotive in Fortbewegung und diese wieder in Wärme verwandelt wird. Allem diesem liegt ein großes Gesetz zugrunde: das Entropiegesetz. Aus der Betrachtung der Welt wird klar, daß diese Verwandlung der Kraft doch eine bestimmte Richtlinie, einen bestimmten Sinn zeigt. Das Entropiegesetz zeigt uns, daß zuletzt alle Kraft sich in Wärme verwandeln muß, und diese Wärme zerstreut sich im Weltenraum. So ist heute durch das physische Gesetz nachgewiesen, daß die Erde, unsere physische Welt, einst den Wärmetod erleiden wird. Dieses Gesetz besteht. Leugnen muß dieses Gesetz derjenige, welcher sich auf den Boden stellt, daß in unserer Welt nur physische Kräfte seien; denn dieser müßte, wenn er das Gesetz anerkennen würde, sagen: Dann ist alles aus. - Deshalb stellt sich auch Haeckel auf den Standpunkt, daß dieses Entropiegesetz Unsinn sei, weil es seinem Substanzgesetz widerspricht." (Lit.: GA 056, S. 339)

Entropie und Energieerhaltungssatz

"Die heutige Wissenschaft stellt sich vor: Das ist das Weltgeschehen. In diesem Weltgeschehen ist einmal die Erde entstanden. Dann wird wiederum die Erde, wenn die Entropie erfüllt ist, in den Wärmetod aufgehen und so weiter. - Wenn man heute sich so eine Anschauung bildet wie die Kopernikanische oder irgendeinen modifizierten Kopernikanismus, dann nimmt man eigentlich nur Rücksicht auf die Kräfte, die den Urnebel gebildet haben und so weiter, und das Menschenleben ist dabei im Grunde genommen das fünfte Rad am Wagen. Denn der Geologe, der Astronom sieht ja gar nicht hin auf den Menschen. Es fällt ihm gar nicht ein, die Ursache für eine künftige Weltgestaltung im Menschen irgendwie zu suchen. Der Mensch ist überall dadrinnen in diesem Weltgeschehen, aber er ist das fünfte Rad am Wagen. Das Weltgeschehen läuft ab, er hat nichts damit zu tun. Stellen Sie sich aber das so vor: Dieses ganze Weltgeschehen nimmt ein Ende, hört da auf, verliert sich im Räume. Es hört auf, und für das, was dann da weiter draußen geschieht, liegen die Ursachen immer innerhalb der

Zeichnung aus GA 205, S 113
Zeichnung aus GA 205, S 113

menschlichen Haut, im Menschen; die setzen sich fort. Und dasjenige, was hier Welt ist, das ist nur innerhalb des Menschen veranlagt in der Vorzeit. - So ist es nämlich in Wirklichkeit. Und wie uns Weisheitsbücher solche Dinge überhaupt in ihrer Sprache sagen, so weist auf diese Dinge hin das Wort des Christus Jesus: «Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.» Alles, was materielle Welt ist, sinkt hin, aber dasjenige, was aus dem Geiste und der Seele kommt und in Worten sich ausspricht, das überlebt den Niedergang der Welt und lebt sich in die Zukunft hinein. Die Ursachen für die Zukunft liegen nicht außerhalb unserer Haut, die haben nicht die Geologen zu untersuchen, sondern die haben wir im Inneren zu suchen, in den nach inwärts liegenden Kräften unserer Organisation, die zunächst in unser nächstes Erdenleben hinübergehen, aber dann weitergehen in andere Metamorphosen. So daß, wenn Sie die Zukunft der Welt suchen, Sie in den Menschen hineinschauen müssen. Das was äußerlich ist, das vergeht ganz.

Das 19. Jahrhundert hat eine Barriere aufgerichtet gegen diese Erkenntnis, und diese Barriere heißt das Gesetz von der Erhaltung der Energie. Das Gesetz von der Erhaltung der Energie setzt eben die um den Menschen herumliegenden Kräfte fort. Das wird aber alles vergehen, verschwinden. Und dasjenige, was im Menschen erst entsteht, das bildet Zukunft. Das Gesetz von der Erhaltung der Energie ist das Falscheste, das man sich denken kann. In Wirklichkeit aufgefaßt heißt das nichts anderes, als eben den Menschen zum fünften Rad im Weltgeschehen zu machen. Aber nicht das Wort von der Erhaltung der Energie ist richtig, sondern das andere Wort: «Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.» Das ist das richtige Wort." (Lit.: GA 205, S. 113f)

"Denn das ist ja die große, die ungeheure Frage der Gegenwart: Wie gründet sich das Reich des Moralischen in dem Reich der Naturnotwendigkeiten? Wir leben heute auf der einen Seite in dem wissenschaftlich anerkannten Reich der Naturnotwendigkeiten, und man gestattet sich, innerhalb dieses Reiches der Naturnotwendigkeiten Hypothesen auch über dasjenige zu machen, was der unmittelbaren Beobachtung nicht unterliegt. Man sieht zum Beispiel die Entwickelung der Erde nur durch eine gewisse Spanne der Geschichte, der Geologie und so weiter und macht sich danach Vorstellungen über das Herkommen der Erde aus einem Urnebel heraus, oder so wie es die modifizierten Hypothesen im Sinne der Kant-Laplaceschen Theorie annehmen, die ja heute nicht mehr gilt; man hat daraus die Vorstellung vom Anfang der Erdenentwickelung gewonnen und aus dem zweiten Hauptsatz der mechanischen Wärmetheorie, dem Satz von der Entropie, die Vorstellung, wie alles dem Wärmetod entgegengeht. Wer diese Hypothesen über den Anfang und das Ende der Erdenentwickelung konstruiert, der muß sich sagen - denn das ist nach der Wissenschaftsgesinnung, die da zugrundeliegt, einfach nicht anders anzunehmen -, daß der Urnebel da war als ein souveränes Gebilde mit den Gesetzen der Aerodynamik und den Gesetzen der Aerostatik, und aus denselben haben sich die Gesetze der Hydrodynamik und der Hydrostatik gebildet, und dann sind einmal jene glücklichen Umstände eingetreten, durch welche sich ein solcher Zusammenhang gebildet hat, wie er uns in der einfachsten Zelle, der Amöbe, zutage tritt, und dann ist alles dasjenige geworden, was kompliziertere Organismen sind, auch der Mensch, und im Menschen sind dann moralische Ideale aufgetaucht, durch die er seine eigentliche Menschenwürde fühlt [...]

Wir haben es eben im Laufe der Entwickelung dahin gebracht, daß wir nicht mehr wissen, daß in allen Naturordnungen auch Geistiges lebt, daß zum Beispiel tatsächlich im Menschen selber drinnen ein Herd ist, wo sich dasjenige vollendet, was draußen in der Natur geschieht. Meine lieben Freunde, die Menschen des 19. Jahrhunderts hat mit Recht das stark berührt, was zum Beispiel von Julius Robert Mayer ausgesprochen worden ist als das Gesetz von der Erhaltung der Kraft und des Stoffes. So recht zur Geltung gekommen ist das Gesetz von der Erhaltung der Kraft und des Stoffes im 19. Jahrhundert, und es beherrscht heute unsere Physik. Aber es gilt nur für die äußere Natur und auch da nur innerhalb gewisser Grenzen, die der Zeit nach beschränkt sind; es gilt aber selbst in bezug auf die Zeit nicht für den Menschen. Für den Menschen ist einfach wahr, daß in Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch:343 Seite:66 ihm ein Herd ist, wo alles Materielle, das er zu sich nimmt, ins Nichts verwandelt wird, wo Materie vernichtet, wo Materie aufgelöst wird. Indem wir unsere reinen Gedanken unserem Ätherleib einverleiben und diese Gedanken durch unseren Ätherleib auf unseren physischen Leib wirken, wird Materie in unserem physischen Leib vernichtet. Wir haben in uns einen Ort, an dem Materie vernichtet wird. (Während der folgenden Ausführungen wird an die Tafel gezeichnet. Die Original-Tafelzeichnung liegt nicht mehr vor.) Ich zeichne schematisch, es ist intensiv über den ganzen Menschen ausgebreitet, ich zeichne es so, als wenn es ein Teil wäre. Dieser Ort, wo Materie vernichtet wird, dieses Stück des Menschen, wo Materie vernichtet wird, das ist zu gleicher Zeit der Ort, wo Materie wieder entsteht, wenn moralisch, wenn religiös Empfundenes uns durchglüht. Und dasjenige, was hier entsteht, einfach dadurch, daß wir religiöse, moralische Ideale erleben, das wirkt so wie ein Keim für künftige Welten. Wenn die materielle Welt von jetzt zugrundegegangen sein wird, wenn die materielle Welt von jetzt dem Wärmetod verfallen sein wird, dann wird diese Erde sich verwandeln in einen anderen Weltenkörper, und dieser Weltenkörper wird aus demjenigen bestehen, was sich als eine aus den moralischen Idealen entstandene neue Materialität bildet. Weil unsere Naturwissenschaft nicht imstande ist, tief genug in das Materielle hineinzudringen, ist sie auch nicht imstande, den Gedanken zu erfassen, daß das Materielle selber nur eine Abstraktion ist. Wir können zwar vom Wärmetode [der Erde] sprechen, aber zugleich müssen wir von dem Wärmetod so sprechen wie bei der Pflanze von dem, was von der Pflanze abfällt im Verwelken und Verdorren, und von dem, was als Keim bleibt für das nächste Jahr; ebenso können wir [in bezug auf den Wärmetod der Erde] davon sprechen, daß die Keime uns bleiben, [die den Erdentod überdauern]." (Lit.: GA 343a, S. 64ff)

"Irgendein Ideal könnte nie und nimmermehr Keim für ein zukünftiges Naturgeschehen werden, wenn dieses zukünftige Naturgeschehen durch das gegenwärtige Naturgeschehen verhindert würde. Wir können uns irgendeine Hypothese vor die Augen führen. Nehmen wir die Möglichkeit an, die heute gilt, daß einmal durch das sogenannte Gesetz der Entropie die Erdenentwickelung in eine Art von allgemeiner Durchwärmung übergehe, und daß alle andern Naturkräfte aufhören, so würde innerhalb dieses Endzustandes natürlich alles Ideale erstorben sein. Dieser Endzustand, der folgt ganz gut, wenn man annimmt, daß sich nach reiner Kausalität die gegenwärtigen physikalischen Zustände eben weiter fortsetzen werden. Denkt man so, wie die gegenwärtige Physik denkt, daß nach dem Gesetze der Erhaltung der Kraft und des Stoffes einmal ein solcher Endzustand da sein wird, dann ist in diesem Endzustand kein Platz dafür, daß in ihm einmal ein Ideal als das zukünftige Naturgeschehen aufgehe, denn das zukünftige wird einfach die Folge des gegenwärtigen Naturgeschehens sein. Aber so ist es nicht, so stellt es sich nicht der gegenwärtigen Naturbetrachtung dar, sondern es stellt sich dieses anders dar. Dasjenige, was heute an Stoffen, an Kräften existiert, alles das wird in einer bestimmten Zukunft nicht da sein. Das Gesetz der Erhaltung des Stoffes und der Kraft gibt es nicht. Da, wo man den Stoff sucht, ist überhaupt nichts als ein Hereinwirken eines vergangenen Ahrimanischen, und dasjenige, was uns umgibt im Sinnenfälligen, wird in einer gewissen Zukunft nicht mehr da sein. Und dann, wenn von alledem, was jetzt physisch ist, nichts mehr da ist, wenn das ganz aufgelöst ist, dann ist die Zeit da, wo sich die gegenwärtigen Ideale als Naturgeschehen anreihen werden an das, was jetzt zugrunde gehen wird.

So ist es im großen Weltenall. Und für den einzelnen Menschen ist es so, daß er in der nächsten Welteninkarnation wieder inkarniert wird, wenn partiell alles dasjenige überwunden ist, in das er mit der gegenwärtigen Inkarnation hineingewachsen ist, wenn also für ihn eine Umgebung hergestellt werden kann, die anders ist als die gegenwärtige Umgebung, wenn aus der gegenwärtigen Umgebung all das heraus sein kann, was ihn jetzt hier auf der Erde hält. Wenn sich das alles so geändert hat, daß er Neues erleben kann, dann wird er wieder inkarniert. Die gegenwärtigen Ideale, die im Menschen sich bilden können, werden Natur sein, wenn alles dasjenige, was jetzt Natur ist, nicht mehr da sein wird, sondern Neues entstanden sein wird. Aber das Neue, das entsteht, ist eben nichts anderes als das Natur gewordene Geistige." (Lit.: GA 183, S. 182f)

Siehe auch

Anmerkungen

  1. M. Planck: „Zur Theorie des Gesetzes der Energieverteilung im Normalspektrum“, Verhandlungen der Deutschen Physikalischen Gesellschaft 2 (1900) Nr. 17, S. 245, Berlin (vorgetragen am 14. Dezember 1900) Onlinedokument (deutsch, pdf) archiviert vom Original (PDF; 418 kB) am 7. April 2012.

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
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Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.