Pistis Sophia

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Die Pistis Sophia (griech. Πίστις Σοφία; von πίστις: Glaube und σοφία: Weisheit) ist einer der wichtigsten koptisch-gnostischen Texte. Er gibt Lehrgespräche wieder, die der Christus nach seiner Auferstehung mit den Jüngern gehalten haben soll.

Quellen

Die der Neuzeit überlieferten fünf Abschriften dieses Textes sind auf einen Zeitraum von 200 bis 300 nach Christus datierbar. Zu diesen zählen neben dem Papyrus Berolinensis 8502, der in Berlin aufbewahrt wird, und dem Codex Brucianus auch der bekannte Codex Askewianus, den das British Museum 1795 erwarb. Die Pistis Sophia bekam ihren Namen fälschlicherweise von Karl Gottfried Woide, der den Codex zuerst untersuchen konnte. Die späteren Autoren behielten den Namen aber gewohnheitsmäßig bei, so schlug Carl Schmidt als bessere Überschrift Τεύχη του Σωτῆρος vor, d. h. „Bücher des Heilands“ oder „Bücher des Retters“.[1] Die Entstehung des ursprünglichen Werkes ist auf einen Zeitraum vom zweiten bis dritten Jahrhundert datierbar.[2] Eine besondere Bedeutung erhält die Schrift dadurch, dass sie, neben den Nag-Hammadi-Schriften, eines der wenigen Zeugnisse über den antiken Gnostizismus ist, das nicht aus patristischen Anklageschriften gegen die als Häretiker verdammten Gnostiker stammt.

Autor

Woide hat diese Schrift dem christlich-gnostischen Lehrer Valentinus zugeschrieben[3], dem die älteren Gelehrten folgten, so La Croze, Schwartze und Amélineau, auch Mead.[4][5] Die spätere, vor allem die deutsche Forschung nach Karl Reinhold von Köstlin steht dieser Auffassung skeptisch bis ablehnend gegenüber und bringt die Schrift eher mit der ophitischen Gnostik in Verbindung, so auch Adolf von Harnack.

Inhalt

Die Pistis Sophia behauptet, dass Jesus Christus noch elf Jahre nach der Auferstehung auf Erden gewirkt habe, und seine Jünger dabei die erste Stufe der Mysterien lehren konnte. Der Text beginnt mit einer Allegorie von Tod und Auferstehung Christi, die zugleich den Auf- und Abstieg der Seele beschreibt. Später werden die wichtigsten Gestalten der gnostischen Kosmologie behandelt und 32 fleischliche Begierden aufgezählt, die überwunden werden müssen, um Erlösung zu erlangen.

„Es geschah aber, nachdem Jesus von den Toten auferstanden war, da verbrachte er 11 Jahre, indem er sich mit seinen Jüngern unterredete und sie nur bis zu den Örtern des ersten Gebotes belehrte und bis zu den Örtern des ersten Mysteriums, das innerhalb des Vorhanges, das (? der) innerhalb des ersten Gebotes, welches ist das 24ste Mysterium aussen und unten, — diese (sc. 24 Myst.), welche sich im zweiten Raume des ersten Mysteriums befinden, das vor allen Mysterien, — der Vater in Taubengestalt. Und Jesus sagte zu seinen Jüngern: »Ich bin herausgegangen aus jenem ersten Mysterium, welches ist das letzte Mysterium, d. h. das 24ste«, — und nicht haben die Jünger gewusst und begriffen, dass etwas innerhalb jenes Mysteriums existire, sondern sie dachten von jenem Mysterium, dass es das Haupt des Alls sei und das Haupt alles Seienden, und sie dachten, dass es die Vollendung aller Vollendungen sei, weil Jesus zu ihnen inbetreff jenes Mysteriums gesagt hatte, dass es das erste Gebot umgebe und die fünf Einschnitte und das grosse Licht und die fünf Helfer und den ganzen Lichtschatz. Und ferner hatte Jesus seinen Jüngern nicht die gesamte Ausbreitung aller Örter des grossen Unsichtbaren gesagt und der drei Dreimalgewaltigen und der 24 Unsichtbaren und alle ihre Örter und ihre Aeonen und alle ihre Ordnungen, wie sie ausgebreitet sind, — diese, welche die Emanationen des grossen Unsichtbaren sind, — und ihre Ungezeugten und ihre Selbstgezeugten und ihre Gezeugten und ihre Sterne und ihre Ungepaarten und ihre Archonten und ihre Gewalten und ihre Herren und ihre Erzengel und ihre Engel und ihre Dekane und ihre Liturgen und alle Wohnungen ihrer Sphaeren und alle Ordnungen eines jeden von ihnen...“

Pistis Sophia: Kapitel 1[6]

Anmerkungen

  1. Carl Schmidt, Koptisch-gnostische Schriften S. XIV Digitalisat
  2. Carl Schmidt, Koptisch-gnostische Schriften S. XVII Digitalisat
  3. Carl Schmidt, Koptisch-gnostische Schriften S. XIII Digitalisat
  4. Carl Schmidt, Koptisch-gnostische Schriften S. XVII Digitalisat
  5. Mead Pistis Sophia, a gnostic Gospel S. XXX.Digitalisat
  6. C. Schmidt: Die Pistis Sophia, S 1f

Literatur

  • Moritz Gotthilf Schwartze, Pistis Sophia, opus gnosticum Valentino adiudicatum e codico manuscripto coptico Londinensi. Descripsit et latine vertit M. G. Schwartze, edidit J. H. Petermann, Ferd. Dümmler´s Buchhandlung, Berlin 1851. Erstausgabe des Textes in Koptisch und Latein. Die Arbeit von Schwartze wurde postum herausgegeben von Julius Heinrich Petermann.
  • Karl Reinhold Köstlin: Das gnostische System des Buches Pistis Sophia. Tübingen 1854. In: Theologische Jahrbücher Hrg. von Ferdinand Christian Baur, E. Zeller. Bd 13, Jg. 1854, S. 1–105; 137–196.
  • Carl Schmidt (Hrsg.): Koptisch-gnostische Schriften. Bd. I. Die Pistis Sophia. Die beiden Bücher des Jeû. Unbekanntes altgnostisches Werk, Leipzig 1905. 4., um d. Vorw. erw. Auflage, Berlin 1981 (Koptisch-gnostische Schriften; Bd. 1: Die griechischen christlichen Schriftsteller der ersten Jahrhunderte). Erste deutsche Übersetzung.
  • Carl Schmidt: Pistis Sophia neu herausgegeben mit Einleitung nebst griechischem und koptischem Wort- und Namenregister. Gyldendalsk Boghandel-Nordisk Forlag, Hauniae 1925. (deutsches Vorwort, koptischer Text)
  • G.R.S. Mead: Pistis Sophia, a Gnostic gospel (with extracts from the books of the Saviour appended) originally tr. from Greek into Coptic and now for the first time Englished from Schwartze's Latin version of the only known Coptic ms. and checked by Amélineau's French version with an introduction by G.R.S. Mead ... Published 1896 by The Theosophical publishing society [etc., etc.] in London, New York. Englische Erstausgabe.
  • G. R. S. Mead: Pistis Sophia : a Gnostic miscellany : being for the most part extracts from the books of the Saviour, to which are added excerpts from a cognate literature ; englished (with an introduction and annotated bibliography), Watkins, London 1921.
  • Philip Jenkins: Le Jésus des sectes: Comment le Christ ésotérique devint le Christ des universitaires. Conférence par Philip Jenkins (Colloque CESNUR 2000 - Riga, Lettonie)
  • Marcello Craveri: I Vangeli apocrifi, Einaudi tascabili – Classici.
  • Luigi Moraldi: Testi Gnostici, Classici U.T.E.T. editore.
  • Valentinus: Das Evangelium der Pistis Sophia, Bad Teinach-Zavelstein 1987, ISBN 3-925072-03-9

Weblinks


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