Demenz

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Klassifikation nach ICD-10
F00* Demenz bei Alzheimer-Krankheit
F01 Vaskuläre Demenz
F02* Demenz bei anderenorts klassifizierten Krankheiten
F03 Nicht näher bezeichnete Demenz
ICD-10 online (WHO-Version 2016)

Eine Demenz ([deˈmɛnʦ], lat. dementia) ist ein psychiatrisches Syndrom, das bei verschiedenen degenerativen und nichtdegenerativen Erkrankungen des Gehirns auftritt. Der Begriff leitet sich ab von lat. demens ‚unvernünftig‘ (ohne mens, das heißt‚ ohne Verstand, Denkkraft oder Besonnenheit seiend‘) und kann mit „Nachlassen der Verstandeskraft“ übersetzt werden.[1]

Demenz umfasst Defizite in kognitiven, emotionalen und sozialen Fähigkeiten und führt zu einer Beeinträchtigung sozialer und beruflicher Funktionen. Vor allem sind das Kurzzeitgedächtnis, ferner das Denkvermögen, die Sprache, die Motorik und bei einigen Formen auch die Persönlichkeitsstruktur betroffen. Charakteristisch für die Demenz ist der Verlust von Denkfähigkeiten, die bereits im Lebensverlauf erworben wurden (im Gegensatz zur angeborenen Minderbegabung etwa).

Heute sind die Ursachen einiger Demenzen geklärt, bei vielen Formen gibt es jedoch noch keine eindeutigen, unumstrittenen Erkenntnisse zur Entstehung. Einige wenige Formen von Demenz sind reversibel, bei einigen anderen Formen sind in begrenztem Umfang therapeutische Interventionen möglich, die allerdings lediglich eine Verzögerung des Auftretens bestimmter Symptome bewirken können. Die häufigste Form einer Demenz ist die Alzheimer-Demenz.

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Definition der Demenz

Eine Demenz wird in der wissenschaftlichen Diskussion anhand diagnostischer Kriterien beschrieben. Eine Demenz ist demzufolge eine Kombination von Symptomen des zunehmenden Abbaus kognitiver, emotionaler und sozialer Fähigkeiten, die im Verlaufe der Krankheit zu einer Beeinträchtigung beruflicher und später allgemein sozialer Funktionen führen.

Als Leitsymptom gilt die Gedächtnisstörung. Am Anfang der Erkrankung stehen Störungen des Kurzzeitgedächtnisses und der Merkfähigkeit, später folgen Störungen in der Orientierungsfähigkeit. Im weiteren Verlauf einer Demenz kann der betroffene Mensch auch immer weniger auf bereits eingeprägte Inhalte des Langzeitgedächtnisses zurückgreifen, so dass er auch die während seines Lebens erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten verliert.

Im ICD 10

Demenz (ICD-10-Code F00-F03) ist ein Syndrom als Folge einer meist chronischen oder fortschreitenden Krankheit des Gehirns mit Störung vieler höherer kortikaler Funktionen, (einschließlich Gedächtnis, Denken, Orientierung, Auffassung, Rechnen, Lernfähigkeit, Sprache, Sprechen) und Urteilsvermögen (im Sinne der Fähigkeit zur Entscheidung). Das Bewusstsein ist jedoch nicht getrübt. Für die Diagnose einer Demenz müssen die Symptome nach ICD über mindestens sechs Monate bestanden haben. Sinne und Wahrnehmung funktionieren im für die Person üblichen Rahmen. Gewöhnlich werden die kognitiven Beeinträchtigungen begleitet von Auffälligkeiten der emotionalen Kontrolle und der Gemütslage, des Sozialverhaltens oder der Motivation; gelegentlich treten diese Veränderungen auch eher auf. Sie kommen bei Alzheimer-Krankheit, Gefäßerkrankungen des Gehirns und anderen Zustandsbildern vor, die primär oder sekundär das Gehirn und die Neuronen betreffen.

Im DSM-5

Die Neuauflage des US-amerikanischen Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-5) verwendet den Begriff der Demenz nicht mehr, sondern spricht von neurokognitiven Störungen (neurocognitive disorders, NCD) und schließt weitgehend alle erworbenen Hirnleistungsstörungen ein, mit Ausnahme kognitiver Beeinträchtigungen bei Psychosen oder Schizophrenie und kognitive Störungen bei Hirnentwicklungsstörungen. Die bisher im DSM nicht berücksichtigte Leichte kognitive Beeinträchtigung (MCI, mild cognitive impairment) wird dagegen ebenso berücksichtigt wie das Delir, letzteres als eigenständige Kategorie. Das DSM-5 unterscheidet hinsichtlich der Demenzen, die nun eben als Oberbegriff neurocognitive disorders heißen, folgende als gesichert geltende Krankheiten, wobei die vollständige Formulierung lautet "neurokognitive Störung aufgrund...", und das Wort "Demenz" aus der DSM-Terminologie vollständig verschwunden ist.

Neurokognitive Störungen aufgrund

Die bisherigen diagnostischen Kategorien

  • Aphasie: Störung der Sprache
  • Apraxie: beeinträchtigte Fähigkeit, motorische Aktivitäten auszuführen
  • Agnosie: Unfähigkeit, Gegenstände zu identifizieren bzw. wiederzuerkennen
  • Dysexekutives Syndrom: Störung der Exekutivfunktionen, d. h. Planen, Organisieren, Einhalten einer Reihenfolge

wurden neu gefasst und erweitert zu den Diagnosekriterien komplexe Aufmerksamkeit, exekutive Funktionen, Lernen und Gedächtnis, Sprache, perzeptuell motorische Fähigkeiten und soziale Kognitionen.[2]

Demenzformen

Zahlreiche Formen der Demenz werden unterschieden. Die Alzheimer-Demenz ist dabei die häufigste Form, die vermutlich über 60 % der Krankheitsfälle ausmacht. Sie tritt in der Regel erst jenseits des 60. Lebensjahres auf und zählt ebenso wie die meisten anderen Demenzformen zu den gerontopsychiatrischen Störungen – seltenere Demenzformen können auch bei jüngeren Patienten auftreten. Die wesentlichen Demenzerkrankungen, die sich in Ursache, Verlauf und Erkrankungsalter unterscheiden, sind:[3]

Weitere, seltenere Formen sind

Außerdem können Demenzen durch sogenannte raumgreifende Ereignisse im Gehirn verursacht werden, z. B. durch Tumore, Hämatome oder im Zusammenhang mit einem Hydrozephalus. Diese sind unter bestimmten Bedingungen reversibel, d. h., die demenziellen Veränderungen können sich zurückbilden, wenn die auslösende Ursache entfernt ist.

In der Fachliteratur werden allerdings weitere Demenzformen klassifiziert, und je nach Systematik auch unterschiedlich bezeichnet. Während für den Laien die obenstehende Übersicht ausreichen sollte, muss das Fachpersonal im gerontopsychiatrischen Arbeitsfeld die detaillierten Diagnosen mit der zugehörigen Klassifikation unterscheiden.

Heilmittel aus der anthroposophischen Medizin

Es gibt zwei Arzneimittel aus der anthroposophischen Medizin, das Scleron (Weleda) und Arnica/Betula comp. (Weleda), die gegen Formen der Demenz eingesetzt werden.

Siehe auch

Siehe auch

Literatur

  • Hans Stolp: Demenz - Wenn sich die Seele zurückzieht, Aquamarin Verlag, Grafing, 4. Auflage 2018
  • Judith von Halle: Die Demenzerkrankung - Anthroposophische Gesichtspunkte, Mit einem Geleitwort von Dr. med Michaela Glöckler, Vlg. für Anthroposophie, Dornach, 2. Auflage 2010
  • Jan-Pieter van der Steen: Demenz und Altersverwirrtheit. Hintergründe und Praxishilfen, aethera/Urachhaus Vlg., Stuttgart 2012

Lehrbücher

  • Naomi Feil, Vicki de Klerk-Rubin: Validation. Ein Weg zum Verständnis verwirrter alter Menschen. 9., überarbeitete und erweiterte Auflage. Reinhardt, München u. a. 2010, ISBN 978-3-497-02156-7.
  • Hans Förstl (Hrsg.): Demenzen in Theorie und Praxis. 3., aktualisierte und überarbeitete Auflage. Springer, Berlin u. a. 2011, ISBN 978-3-642-19794-9.
  • Hans Förstl (Hrsg.): Lehrbuch der Gerontopsychiatrie und -psychotherapie. Grundlagen, Klinik, Therapie. 2., aktualisierte und erweiterte Auflage. Thieme, Stuttgart u. a. 2003, ISBN 3-13-129922-3.
  • Esme Moniz-Cook, Jill Manthorpe: Frühe Diagnose Demenz. Rechtzeitige evidenzbasierte psychosoziale Intervention bei Menschen mit Demenz. Huber, Bern 2010, ISBN 978-3-456-84806-8.
  • Hartmut Reinbold, Hans-Jörg Assion: Dementicum. Kompaktwissen über Demenz und Antidepressiva. PGV – PsychoGen-Verlag, Dortmund 2010, ISBN 3-938001-07-0.
  • Frank Schneider: Demenz. Der Ratgeber für Patienten und Angehörige. Verstehen, therapieren, begleiten. Herbig, München 2012, ISBN 978-3-7766-2688-9.
  • Christoph Metzger: Bauen für Demenz. JOVIS Verlag, Berlin 2016, ISBN 978-3-86859-389-1.
  • Walter-Uwe Weitbrecht (Hrsg.): Dementielle Erkrankungen: Diagnose, Differentialdiagnose und Therapie. Berlin/Heidelberg/New York/London/Paris/Tokio 1988.

Fachgesellschaften

Weblinks

 Wiktionary: Demenz – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Reinhard Platzek: Demenz. Zum Begriff einer häufigen Alterserkrankung. In: Fachprosaforschung – Grenzüberschreitungen. Band 10, 2014, S. 223–232, hier: S. 224 f. und 230 f.
  2. 2,0 2,1 Maier/Barnikol: Neurokognitive Störungen im DSM-5. Durchgreifende Änderungen in der Demenzdiagnostik. In: Nervenarzt 2014, 85:564–570. DOI: 10.1007/s00115-013-3984-4
  3. Deutsche Alzheimer Gesellschaft: Andere Demenzformen (Link geprüft am 22. Oktober 2016).
  4. Deutsche Alzheimer Gesellschaft – Webseite deutsche-alzheimer.de (Link geprüft am 22. Oktober 2016).
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