Substanz und Art: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Substanz''' ({{LaS|substantia}} „das, woraus etwas besteht“,  aus ''substare'' „darunter stehen“; [[Wikipedia:Griechische Sprache|griech.]] ''[[Hypostase|hypostasis]]'', ''[[hypokeimenon]]'', ''[[ousia]]'') ist im [[Philosophie|philosophischen]] Sinn ''„das, was im eigentlichen Sinne seiend ist“'', etwas, ''„was durch und in sich selbst ist, nicht durch ein anderes oder an bzw. in einem anderen“'' - oder anders ausgedrückt: die ''Substanz'' ist das eigentliche [[Wesen]] eines Dinges.
Die '''Art''' ([[Latein|lat.]] ''species'') ist nach [[geisteswissenschaft]]licher Auffassung eine Gruppe gleichartiger [[Lebewesen]] oder [[Mineral]]ien, die über eine gemeinsame [[Gruppenseele]] verfügen, die ihnen unausweichlich ihr charakteristisches Gepräge bis in die [[physisch]]e [[Gestalt]]ung gibt. Man kann in diesem Sinn von [[Tier]]-, [[Pflanzen]]- und [[Mineral]]arten sprechen.  


== Erste und zweite Substanz ==
Für den [[Mensch]]en ist der Artbegriff nicht anwendbar. Zwar steht auch der Mensch unter dem Einfluss von Gruppenseelen, etwa der [[Volksseele]] des [[Volk]]es, in das er hineingeboren wird und das ihn bis zu einem gewissen Grad prägt, doch ist diese Prägung nicht zwingend, sondern kann durch das [[individuell]]e [[Ich]] des Menschen überwunden bzw. verwandelt werden.
[[Bild:Aristoteles_Bueste.jpg|thumb|Aristoteles-Büste]]


In der ''[[Kategorien]]lehre'', die zu den frühen Schriften von [[Aristoteles]] zählt, bezeichnet ''[[ousía]]'' als '''erste Substanz''' das selbstständige [[individuell]]e Einzelding, das ''[[hypokeimenon]]'', das Zugrundeliegende, d.h. das [[Subjekt]] oder [[Substrat]] (z.B. „Sokrates“) gegenüber seinen zufälligen [[Eigenschaft]]en und [[Merkmal]]en, den [[Akzidenz|Akzidenzien]] (z.B. „weiß“). '''Zweite Substanz''' nennt [[Aristoteles]] hingegen das Allgemeine, also die [[Art (Philosophie)|Art]] oder [[Gattung (Philosophie)|Gattung]], unter das diese Einzeldinge fallen („Mensch“ bzw. „Geschöpf“ oder „Lebewesen“).
[[Kategorie:Naturwissenschaft]] [[Kategorie:Biologie]] [[Kategorie:Leben]]
 
{{Zitat|Von den Dingen sind die hauptsächlichsten, und die welche auch zuerst und am meisten als Dinge gelten, diejenigen, welche weder von einem Unterliegenden ausgesagt werden, noch in einem Unterliegenden sind; wie z.B. dieser Mensch, oder dieses Pferd. Dinge zweiter Ordnung heissen die, in deren Arten die sogenannten Dinge erster Ordnung enthalten sind und zwar heissen so sowohl diese Arten wie die Gattungen dieser Arten. So ist z.B. dieser Mensch im Menschen, als seiner Art enthalten und die Gattung zu dieser Art ist das Geschöpf [...]
 
Ganz passend werden nach den Dingen ''erster'' Ordnung von allen übrigen Kategorien nur die Arten und Gattungen Dinge ''zweiter'' Ordnung genannt; denn sie allein von den Kategorien offenbaren das, was die Dinge erster Ordnung sind; denn wenn Jemand von diesem bestimmten Menschen angeben will, was er ist, so wird er es in treffenderer Weise thun, wenn er dessen Art als dessen Gattung angiebt und er wird es deutlicher thun, wenn er ihn als einen Menschen, als wenn er ihn als ein Geschöpf bezeichnet. Wenn er ihn aber nach einer andern Kategorie bezeichnet, so wird er nicht gehörig angegeben haben, was dieser Mensch ist; z.B. wenn er von ihm angäbe, dass er weiss sei, oder dass er laufe, oder sonst etwas der Art. Deshalb werden mit Recht nur diese allein von den andern Kategorien Dinge genannt. Ferner werden die Dinge erster Ordnung hauptsächlich deshalb Dinge genannt, weil sie das Unterliegende für alle andern Kategorien abgeben, und so wie sich die Dinge erster Ordnung zu allem Anderen verhalten, so verhalten sich die Arten und Gattungen zu allen übrigen Kategorien; denn alle diese übrigen werden von ihnen ausgesagt. Denn wenn man diesen bestimmten Menschen einen sprachgelehrten nennt, so wird man auch den Menschen und das Geschöpf sprachgelehrt nennen. Gleiches gilt für die andern Kategorien|Aristoteles|''Kategorienlehre'' 5|ref=<ref>{{Zeno-Werk|Philosophie/M/Aristoteles/Organon/Kategorien+oder+Lehre+von+den+Grundbegriffen/5.+Kapitel|Kategorien oder Lehre von den Grundbegriffen|Aristoteles}}</ref>}}
 
In der später entstandenen ''[[Wikipedia:Metaphysik (Aristoteles)|Metaphysik]]'' treten in den Kategorien die Einzeldinge zwar weiterhin als Substanzen auf, die zweiten Substanzen jedoch nicht mehr. Im Zentrum stehen nun die Fragen „Was ist im höchsten Maße wirklich?“ bzw. „Was ist die ''ousía'' der Einzeldinge?“ Aristoteles' Antwort lautet in ''Metaphysik'' Zeta: die [[Form]], das ''[[eidos]]''.
 
== Der Substanzbegriff in der christlichen Theologie ==
[[Datei:Dreieinigkeit.svg|mini|Symbol der verschiedenen Aspekte der [[Trinität]] (blau: Dreifaltigkeit, türkis: Dreieinigkeit, grün: Monotheismus)]]
 
Gemäß der christlichen Theologie ist die sich in den drei göttlichen Personen ([[Hypostase]]n) offenbarende [[Trinität]] die eigentliche Ursubstanz allen Seins.
 
Wenn man etwa in der [[Scholastik]] von „stofflichen Substanzen“ sprach, meinte man nicht etwa, dass der [[Stoff]] die Substanz sei, sondern vielmehr, dass diese - als das eigentliche geistige Wesen des Stoffes - erst von ihrer sinnlich erfahrbaren stofflichen Grundlage durch die [[Vernunft]]tätigkeit losgelöst werden müsse, um erkannt zu werden. Heute wird der Begriff Substanz aber allgemein im genau gegenteiligen Sinn als [[Materie|materielle]] Substanz verstanden, d.h. als der Stoff selbst, der die einzig wirkliche Grundlage der ganzen Welt darstellen soll, während alles Seelische und Geistige nur als abgeleitetes Epiphänomen an der entsprechend organisierten Materie erscheinen soll und ohne materieller Grundlage nicht bestehen könne. Für eine tiefergehende geistige Betrachtung ist diese Ansicht nicht haltbar, und ihr gemäß muß man nicht nur von eigenständigen seelischen und geistigen Substanzen sprechen, sondern diesen sogar noch einen wesentlich höheren Wirklichkeitscharakter zumessen als der physischen Substanz. Denn das eigentlich wirkende Prinzip in der ganzen Welt ist der Geist.
 
Der mittelalterlichen [[Scholastik]] gilt [[Gott]] selbst als die einfachste, grundlegendste, aber zugleich am schwersten unmittelbar zu erkennende Ursubstanz alles Seins. So schreibt [[Thomas von Aquin]]:
 
:"Von den Substanzen aber sind einige einfach und einige zusammengesetzt, und in beiden ist Wesen, aber in den einfachen in wahrerer und vorzüglicherer Weise, insofern sie auch vorzüglicheres Sein haben: sie sind nämlich die Ursache dessen, was zusammengesetzt ist, wenigstens die erste einfache Substanz, die Gott ist. Aber weil die Wesen jener (einfachen) Substanzen für uns verborgener sind, daher muß man mit den Wesen der zusammengesetzten Substanzen beginnen, damit das Verfahren vom Leichteren her angemessener wird." {{lit|Thomas v. Aquin, Kapitel 1}}
 
Gemäß dieser Erkenntnis wurzelt die [[Wirklichkeit]] in der ''einen'' göttlichen Ursubstanz, die sich weiter in eine geordnete [[Hierarchien|Hierarchie]] individueller [[Geistwesen]] gliedert, die durch ihr tätiges Zusammenwirken die ''Erscheinungen'' der äußeren [[Schöpfung]] hervorbringen, die in abnehmendem Grad die wesenhafte Ursubstanz als mehr oder minder wesenloses Abbild widerspiegeln. Die als völlig ''wesenlos'' erscheinende [[Materie]] steht dabei auf der untersten Sprosse dieser Sufenleiter und erweist sich dadurch als reine [[Potentialität]].
 
== Geist und Substanz ==
[[Bild:Phoenix detail from Aberdeen Bestiary.jpg|thumb|Der ''[[Phönix]] in Flammen'', Detail aus dem ''Aberdeen Bestiary'' (12. Jahrhundert), als [[Symbol]] für den [[Geist]], der sich immer wieder neu aus sich selbst heraus erschafft.]]
[[Geist]] ist nur das, was sich selbst erschafft, von nichts anderem geschaffen wurde und sich ausschließlich durch sich selbst erhält. Das [[Geist]]ige entspricht am unmittelbarsten dem, was unter dem philosophischen Begriff Substanz verstanden werden kann. Alles [[Seelisch]]e hat schon einen geringeren Wirklichkeitscharakter, da das Seelische eigentlich nicht durch sich selbst entstehen kann, sondern durch den schöpferischen Geist geschaffen wird. Am fernsten der geistigen Quelle der Wirklichkeit steht aber die materielle Substanz, die im Grunde überhaupt nicht durch sich selbst bestehen kann, sondern von seelischen und geistigen Kräften getragen wird, wie es der Quantenphysiker und Träger des alternativen Nobelpreises (1987) [[Wikipedia:Hans-Peter Dürr|Hans-Peter Dürr]] vor einigen Jahren in einem Interview recht plakativ ausgedrückt hat:
 
:«In der schwerer begreifbaren Tiefe sind in der Welt des Kleinsten die "Dinge" überberhaupt keine Dinge - deshalb will die Revolution nicht in die Köpfe: "Es gibt keine Dinge, es gibt nur Form und Gestaltveränderung: Die Materie ist nicht aus Materie zusammengesetzt, sondern aus reinen Gestaltwesen und Potentialitäten. Das ist wie beim Geist", schließt Dürr etwas riskant: "Im Grunde gibt es nur Geist, aber er verkalkt, und wir nehmen nur den Kalk wahr, als Materie."» {{lit|Dürr 1998}}
 
[[Anthroposophie]] geht insofern über die [[Metaphysik|metaphysische]] Spekulation der Scholastik hinaus, als sie die wahre Natur der seelischen und geistigen Welt nicht intellektuell erschließen will, oder sich nur auf die verstandesmäßige Interpretation der traditionell überlieferten Offenbarungsberichte stützt, sondern Wege zeigt, wie das menschliche Bewusstsein so gestärkt werden kann, dass es, ohne in mediumistische Trance zu verfallen, schrittweise der unmittelbaren Wahrnehmung der seelischen und geistigen Weltbereiche fähig wird und dabei die klare Besonnenheit des Denkens nicht verliert. Sie führt uns so nach und nach an die unmittelbare geistige Begegnung mit individuellen Geistwesen heran, wodurch wir allmählich von der Betrachtung der bloßen ''Erscheinung'' zur ''Erkenntnis der Wirklichkeit'' aufrücken können.
 
== Anmerkungen ==
 
<references />
 
==Literatur==
#Hans-Peter Dürr im Interview mit Jürgen Langenbach, DER STANDARD, 12. November 1998
#Thomas von Aquin: ''Über das Sein und das Wesen'', Kapitel 1
 
==Weblinks==
#[http://www.textlog.de/5131.html Substanz] - Rudolf Eisler, Wörterbuch der philosophischen Begriffe (1904)
#[http://www.textlog.de/2102.html Substanz] - Friedrich Kirchner, Wörterbuch der philosophischen Grundbegriffe (1907)
#[http://www.phillex.de/substanz.htm Substanz] - Lexikon der Philosophie
#[http://de.wikipedia.org/wiki/Substanz Substanz] - Wikipedia
#[http://www.anthroposophie.net/bibliothek/philosophie/thomas/bib_thomas_von_aquin.htm Thomas von Aquin] - Links zu Leben und Werk
#[http://www.anthroposophie.net/bibliothek/philosophie/thomas/aquin_sein_und_wesen.htm Thomas von Aquin: ''Über das Sein und das Wesen'', Kapitel 1]
#[http://www.odysseetheater.org/jump.php?url=http://www.odysseetheater.org/ftp/bibliothek/Philosophie/Aristoteles/Organon/Aristoteles_Kategorien.pdf Aristoteles: ''Die Kategorien'']
#[http://www.gcn.de/lebenslauf.html Hans-Peter Dürr] - Lebenslauf
#[http://www.rightlivelihood.org/recip/durr.htm Hans-Peter Dürr - Germany - 1987 Right Livelihood Award Recipient]
#[http://www.gcn.de/publik.html Hans-Peter Dürr - Publikationen] - eine Auswahl erschienener Veröffentlichungen zum Download als PDF-Dokumente.
 
[[Kategorie:Grundbegriffe]] [[Kategorie:Philosophie]] [[Kategorie:Kategorien}}

Version vom 24. Juli 2011, 18:50 Uhr

Die Art (lat. species) ist nach geisteswissenschaftlicher Auffassung eine Gruppe gleichartiger Lebewesen oder Mineralien, die über eine gemeinsame Gruppenseele verfügen, die ihnen unausweichlich ihr charakteristisches Gepräge bis in die physische Gestaltung gibt. Man kann in diesem Sinn von Tier-, Pflanzen- und Mineralarten sprechen.

Für den Menschen ist der Artbegriff nicht anwendbar. Zwar steht auch der Mensch unter dem Einfluss von Gruppenseelen, etwa der Volksseele des Volkes, in das er hineingeboren wird und das ihn bis zu einem gewissen Grad prägt, doch ist diese Prägung nicht zwingend, sondern kann durch das individuelle Ich des Menschen überwunden bzw. verwandelt werden.