Husserl und Anthropomorphismus: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Anthropomorphismus''' (von {{ELSalt|ἄνϑρωπος}} ''anthropos'' ‚Mensch‘  und {{polytonisch|μορφή}} ''morphē'' ‚Form, Gestalt‘) ist die Übertragung [[mensch]]licher [[Gestalt]]s- und [[Verhalten]]smerkmale auf ''nichtmenschliche'' Wesen und Erscheinungen, beispielsweise auf [[Götter]], [[Tier]]e, [[Pflanze]]n, [[Natur]]gewalten, unbelebte [[Objekt]]e und sogar auf [[Maschine]]n.


'''Edmund Husserl''' (* 8. April 1859 in [[wikipedia:Prostějov|Proßnitz]], Mähren; † 27. April 1938 in Freiburg im Breisgau) war ein [[Philosoph]] und Mathematiker des frühen [[20. Jahrhundert|20. Jahrhunderts]].
{{Zitat|Der Mensch begreift niemals, wie anthropomorphisch er ist.|Goethe|''Maximen und Reflexionen'', 4. Band, 2. Heft (1823)<ref>{{Zeno-Werk|http://www.zeno.org/Literatur/M/Goethe,+Johann+Wolfgang/Aphorismen+und+Aufzeichnungen/Maximen+und+Reflexionen/Aus+%C2%BBKunst+und+Altertum%C2%AB/Vierten+Bandes+zweites+Heft.+1823|Maximen und Reflexionen, 4. Band, 2. Heft (1823)|Johann Wolfgang Goethe}}</ref>}}
Der Geburt nach Österreicher, erwarb Husserl 1896 die preußische Staatsangehörigkeit.  


Husserl ist der Begründer der philosophischen [[Phänomenologie]], mit deren Hilfe er die ''Philosophie als strenge Wissenschaft'' (Titel einer programmatischen Schrift von 1910/11) zu begründen suchte. Er ist einer der einflussreichsten Denker des 20. Jahrhunderts.
Schon in den «[[GA 1|Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften]]» hatte [[Rudolf Steiner]] geschrieben, dass der Mensch zwangsläufig einen offenbaren oder verhüllten Anthropomorphismus in seine [[Erkenntnis]]tätigkeit hineinträgt, ja, dass dadurch, wenn es in richtiger Weise geschieht, überhaupt erst Erkenntnis möglich wird. Erkenntnis ist nur ''durch'' den Menschen und ''für'' den Menschen vorhanden. Er entfernt sich dadurch keineswegs von der Wirklichkeit, die grundsätzlich nur in einem Subjekt und Objekt übergreifenden Prozess zu erreichen ist. Die [[Wahrheit]], durch die die [[Wirklichkeit]] ergriffen werden soll, ist immer ein [[Freiheit|freies]] schöpferisches Erzeugnis des [[individuell]]en Menschen, das aber bei entsprechender geistiger Beweglichkeit [[Intersubjektivität|intersubjektiv]] nachvollzogen werden kann. Damit wird keineswegs ein willkürlicher Relativismus begründet, sondern es wird nur betont, dass die Wirklichkeit im Erkenntnisvorgang individuell ergriffen werden ''muss'' und auch auf diese Weise ergriffen werden ''kann'', weil der Mensch als [[Mikrokosmos]] sämtliche Gesetzmäßigkeiten des [[Makrokosmos]] in sich trägt. Auch den ''scheinbar'' rein objektiven Erkenntnissen der [[Naturwissenschaft]]en haftet ein solcher, meist verhüllter und dadurch oft übersehener Anthropomorphismus an.
 
Husserl forderte von der Philosophie, sich vorschneller Weltdeutungen zu enthalten und sich bei der analytischen Betrachtung der Dinge an das zu halten, was dem Bewusstsein unmittelbar ([[phänomen]]al) erscheint. Damit brach er mit dem um 1900 vorherrschenden [[Psychologismus]], der die Gesetze der [[Logik]] als Ausdruck bloßer psychischer Gegebenheiten sah, wodurch die Objektivität des Logischen prinzipiell unerreichbar sei. Etwa ab 1907 verband er seine Phänomenologie mit der [[Transzendentalphilosophie]], eine Wendung, der einige seiner Schüler, wie [[Max Scheler]] und [[Martin Heidegger]] nicht folgen konnten.
 
Husserl war äußerst produktiv. Der Nachlass umfasst etwa 40.000 Seiten; seit 1950 wird das Werk im Rahmen der ''Husserliana'' (Gesammelte Werke) herausgegeben. Großen Einfluss übte Husserl auf die [[Existenzphilosophie|Existenzphilosophen]] [[Merleau-Ponty|Maurice Merleau-Ponty]], [[Jean-Paul Sartre]] und Martin Heidegger aus. Aber auch [[Theodor W. Adorno]] baute auf ihn auf. Für die [[Soziologie]] machte besonders [[Alfred Schütz]] den Husserlschen Ansatz fruchtbar.
 
== Husserl und die Anthroposophie ==


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"Ich muß gestehen, als ich meine «Rätsel der Philosophie» in der neuen Auflage abfaßte und versuchte, ein wenig diese neueren
"Der Mensch muß die Dinge aus seinem Geiste sprechen
Richtungen zu verarbeiten, da stand ich immer wieder vor der Frage: Was soll man nun mit dem Husserl eigentlich machen? - Es ist tatsächlich so, wenn man sich noch so sehr bemüht, etwas
lassen, wenn er ihr Wesen erkennen will. Alles, was er über
heranzuholen, um ihm irgendwie beizukommen, ihn zu fassen, man kriegt es nicht fertig; es kommt nichts Besonderes dabei heraus. Es ist mir so stark aufgefallen, wie Husserl im Grunde
dieses Wesen zu sagen hat, ist den geistigen Erlebnissen seines
genommen in Worten kramt, wie er auch bei aller seiner
Innern entlehnt. Nur von sich aus kann der Mensch die
[[Wesensschau]] und so weiter ganz abhängig ist von dem  
Welt beurteilen. Er muß anthropomorphisch denken. In die
sekundären Wortinhalt und wie er nicht zu einem wirklichen
einfachste Erscheinung, z. B. in den Stoß zweier Körper
Schauen auch nur der einfachsten Bewußtseinstatbestände
bringt man einen Anthropomorphismus hinein, wenn man
kommen kann" {{Lit|{{G|73a|501f}}}} (1920)<ref> Dieses Zitat ist aus einem Schlußwort Rudolf Steiners nach einem Vortrag von Paula Matthes zur neueren Philosophie.
sich darüber ausspricht. Das Urteil: «Der eine Körper
stößt den andern», ist bereits anthropomorphisch. Denn
man muß, wenn man über die bloße Beobachtung des Vorganges
hinauskommen will, das Erlebnis auf ihn übertragen,
das unser eigener Körper hat, wenn er einen Körper
der Außenwelt in Bewegung versetzt. Alle physikalischen
Erklärungen sind versteckte Anthropomorphismen. Man
vermenschlicht die Natur, wenn man sie erklärt, man legt
die inneren Erlebnisse des Menschen in sie hinein. Aber
diese subjektiven Erlebnisse sind das innere Wesen der
Dinge. Und man kann daher nicht sagen, daß der Mensch
die objektive Wahrheit, das «An sich» der Dinge nicht erkenne,
weil er sich nur subjektive Vorstellungen über sie
machen kann.<ref>Goethes Anschauungen stehen in dem denkbar schärfsten Gegensatz
zur Kantschen Philosophie. Diese geht von der Auffassung aus, daß
die Vorstellungswelt von den Gesetzen des menschlichen Geistes beherrscht
werde und deshalb alles, was ihr von außen entgegengebracht
wird, in ihr nur als subjektiver Abglanz vorhanden sein könne.
Der Mensch nehme nicht das «An sich» der Dinge wahr, sondern die
Erscheinung, die dadurch entsteht, daß die Dinge ihn affizieren und
er diese Affektionen nach den Gesetzen seines Verstandes und seiner
Vernunft verbindet. Daß durch diese Vernunft das Wesen der Dinge
spricht, davon haben Kant und die Kantianer keine Ahnung. Deshalb
konnte die Kantsche Philosophie für Goethe nie etwas bedeuten.
Wenn er sich einzelne ihrer Sätze aneignete, so gab er ihnen einen
völlig anderen Sinn, als sie innerhalb der Lehre ihres Urhebers
haben. Es ist durch eine Notiz, die erst nach Eröffnung des Weimarischen
Goethe-Archivs bekannt geworden ist, klar, daß Goethe den
Gegensatz seiner Weltauffassung und der Kantschen sehr wohl
durchschaute. Für ihn liegt der Grundfehler Kants darin, daß dieser
«das ''subjektive'' Erkenntnisvermögen nun selbst als ''Objekt'' betrachtet
und den Punkt, wo ''subjektiv'' und ''objektiv'' zusammentreffen,
zwar scharf aber nicht ganz richtig sondert». Subjektiv und objektiv
treten zusammen, wenn der Mensch das, was die Außenwelt ausspricht,
und das, was sein Inneres vernehmen läßt, zum ''einigen'' Wesen
der Dinge verbindet. Dann hört aber der Gegensatz von subjektiv
und objektiv ganz auf; er verschwindet in der geeinten Wirklichkeit.
Ich habe darauf schon hingedeutet in dieser Schrift S. 218 ff.
Gegen meine damaligen Ausführungen polemisiert nun K. ''Vorländer''
im 1. Heft der «Kantstudien». Er findet, daß meine Anschauung
über den Gegensatz von Goethescher und Kantscher Weltauffassung
«mindestens stark einseitig und mit klaren Selbstzeugnissen
Goethes in Widerspruch» sei und sich «aus dem völligen Mißverständnis
der transzendentalen Methode» Kants von meiner Seite
erkläre. ''Vorländer'' hat keine Ahnung von der Weltanschauung, in
der Goethe lebte. Mit ihm zu polemisieren würde mir gar nichts
nützen, denn wir sprechen verschiedene Sprachen. Wie klar sein
Denken ist, zeigt sich darin, daß er bei meinen Sätzen nie weiß, was
gemeint ist. Ich mache z. B. eine Bemerkung zu dem Goetheschen
Satze: «Sobald der Mensch die Gegenstände um sich her gewahr
wird, betrachtet er sie in bezug auf sich selbst, und mit Recht. Denn
es hängt sein ganzes Schicksal davon ab, ob sie ihm gefallen oder
mißfallen, ob sie ihn anziehen oder abstoßen, ob sie ihm nützen oder
schaden. Diese ganz natürliche Art, die Sachen anzusehen und zu beurteilen, scheint so leicht zu sein, als sie notwendig i s t . . . Ein weit
schwereres Tagewerk übernehmen diejenigen, deren lebhafter Trieb
nach Kenntnis die Gegenstände der Natur ''an sich selbst'' und in
ihren Verhältnissen untereinander zu beobachten strebt, sie suchen
und untersuchen, was ist, und nicht was behagt.» Meine Bemerkung
lautet: «Hier zeigt sich, wie Goethes Weltanschauung gerade der
entgegengesetzte Pol der Kantschen ist. Für Kant gibt es überhaupt
keine Ansicht über die Dinge, wie sie an sich sind, sondern nur wie
sie in bezug auf uns ''erscheinen''. Diese Ansicht läßt Goethe nur als
ganz untergeordnete Art gelten, sich zu den Dingen in ein Verhältnis
zu setzen.» Dazu sagt ''Vorländer'': «Diese (Worte Goethes) wollen
weiter nichts als einleitend den trivialen Unterschied zwischen dem
Angenehmen und dem Wahren auseinandersetzen. Der Forscher soll
suchen, <''was ist'' und nicht was ''behagt''>. Wer, wie Steiner, die letztere
allerdings sehr untergeordnete Art, sich zu den Dingen in ein Verhältnis
zu setzen, als diejenige Kants zu bezeichnen wagt, dem ist zu
raten, daß er sich erst die Grundbegriffe der Kantschen Lehre, z. B.
den Unterschied von subjektiver und objektiver Empfindung, etwa
aus § 3 der Kr. d. U. klarmache.» Nun habe ich durchaus nicht, wie
aus meinem Satze klar hervorgeht, gesagt, daß jene Art, sich zu den
Dingen in ein Verhältnis zu setzen, die Kants ist, sondern daß Goethe
die Kantsche Auffassung vom Verhältnis zwischen Subjekt und Objekt
nicht entsprechend dem Verhältnis findet, in dem der Mensch
zu den Dingen steht, wenn er erkennen will, wie sie an sich sind.
Goethe ist der Ansicht, daß die Kantsche Definition nicht dem
menschlichen Erkennen, sondern nur dem Verhältnisse entspricht,
in das sich der Mensch zu den Dingen setzt, wenn er sie in bezug auf
sein Gefallen und Mißfallen betrachtet. Wer einen Satz in einer solchen
Weise mißverstehen kann wie ''Vorländer'', der mag es sich ersparen,
andern Leuten Ratschläge zu geben über ihre philosophische
Ausbildung, und lieber erst sich die Fähigkeit aneignen, einen Satz
richtig ''lesen'' zu lernen. Goethesche Zitate aufsuchen und sie historisch
zusammenstellen kann jeder; sie im Sinne der Goetheschen
Weltanschauung deuten, kann jedenfalls ''Vorländer'' nicht.</ref> Von einer andern als einer subjektiven
menschlichen Wahrheit kann gar nicht die Rede sein. Denn
Wahrheit ist Hineinlegen subjektiver Erlebnisse in den objektiven
Erscheinungszusammenhang. Diese subjektiven
Erlebnisse können sogar einen ganz individuellen Charakter
annehmen. Sie sind dennoch der Ausdruck des inneren
Wesens der Dinge. Man kann in die Dinge nur hineinlegen,
was man selbst in sich erlebt hat. Demnach wird auch jeder
Mensch, gemäß seinen individuellen Erlebnissen etwas in
gewissem Sinne anderes in die Dinge hineinlegen. Wie ich
mir gewisse Vorgänge der Natur deute, ist für einen andern,
der nicht das gleiche innerlich erlebt hat, nicht ganz
zu verstehen. Es handelt sich aber gar nicht darum, daß alle
Menschen das gleiche über die Dinge denken, sondern nur
darum, daß sie, wenn sie über die Dinge denken, im Elemente
der Wahrheit leben. Man kann deshalb die Gedanken
eines andern nicht als solche betrachten und sie annehmen
oder ablehnen, sondern man soll sie als die Verkünder
seiner Individualität ansehen. «Diejenigen, welche
widersprechen und streiten, sollten mitunter bedenken, daß
nicht jede Sprache jedem verständlich sei» (Natw. Schr.,
4. Bd., 2. Abt., S. 355). Eine Philosophie kann niemals eine
allgemeingültige Wahrheit überliefern, sondern sie schildert
die inneren Erlebnisse des Philosophen, durch die er
die äußeren Erscheinungen deutet.


SCHLUSSWORT
Wenn ein Ding durch das Organ des menschlichen Geistes
nach dem Vortrag von Paula Matthes über die Frage «Was kann Philosophie dem Menschen heute noch geben?»
seine Wesenheit ausspricht, so kommt die volle Wirklichkeit
Dornach, 11. Mai 1920, S. 493 - 514
nur durch den Zusammenfluß des äußeren Objektiven
 
und des inneren Subjektiven zustande. Weder durch einseitiges
 
Beobachten, noch durch einseitiges Denken erkennt
"Nun hat Fräulein Matthes gerade die deutschen Richtungen in einer vorzüglichen Weise Ihnen hier vorgeführt. Für die Schweiz habe ich das Gefühl, daß diese vier deutschen Richtungen zunächst doch weniger Bedeutung haben. Hier hat ja in weiteren Kreisen die Bergsonsche Richtung einen gewissen Einfluß erlangt. Und nur in weniger intensiver Weise sind diese vier deutschen Richtungen in das philosophische Leben der Schweiz eingedrungen." (498)
der Mensch die Wirklichkeit. Diese ist nicht als etwas Fertiges
 
in der objektiven Welt vorhanden, sondern wird erst
 
durch den menschlichen Geist in Verbindung mit den Dingen
"Nun, diese vier Richtungen, die von Fräulein Matthes charakterisiert worden sind, sie sind ja alle eigentlich schon vor dem Kriege dagewesen, und gerade an ihnen ist vielleicht das Trostlose der geistigen Substanz unserer Gegenwart so recht zu bemerken." (499)
hervorgebracht. Die objektiven Dinge sind nur ein Teil
 
der Wirklichkeit. Wer ausschließlich die sinnliche Erfahrung
 
anpreist, dem muß man mit Goethe erwidern, «daß
Folgende vier Richtungen sind gemeint:
die Erfahrung nur die Hälfte der Erfahrung ist» (Natw.
1. Marburger Schule (Neukantianismus)
Schr., 4. Bd., 2. Abt., S. 503). «Alles Faktische ist schon
2. Phänomenologie
Theorie», d. h. es offenbart sich im menschlichen Geiste ein
"Dann, nicht wahr, gibt es die Richtung von Husserl, aber die kommt nicht sehr stark in Betracht." (501)
Ideelles, wenn er ein Faktisches betrachtet. Diese Weltauffassung,
"Man kommt eigentlich aus seinem Gewirre durch alle möglichen Auseinandersetzungen nicht zu irgend etwas Greifbarem. Dieses Gefühl habe ich auch, wenn ich die ja zuweilen recht schönen Abhandlungen von Scheler ins Auge fasse." (502f.)
die in den Ideen die Wesenheit der Dinge erkennt
3. Südwestdeutsche Schule (Neukantianismus)
und die Erkenntnis auffaßt als ein Einleben in das Wesen
4. Leonard Nelson und seine Richtung
der Dinge, ist nicht ''[[Mystik]]''. Sie hat aber mit der Mystik das
 
gemein, daß sie die objektive Wahrheit nicht als etwas in
 
der Außenwelt Vorhandenes betrachtet, sondern als etwas,
. Das philosophische Niveau dieses Schlußwortes Rudolf Steiners zu dem Vortrag Matthes' ist nicht besonders hoch. Nicht nur die Richtung von Husserl, auch die anderen drei Richtungen werden kurz abgefertigt. Das paßt zu der Ansicht Steiners, daß die neuzeitliche Philosophie in die Anthroposophie als ihrem eigentlichen Ziel einmünden müsse. Echte, gute Philosophie müsse zu ihr hinführen. Ansätze dazu werden in den neueren Richtungen nicht gesehen.
das sich im Innern des Menschen wirklich ergreifen läßt.
 
Die entgegengesetzte Weltanschauung versetzt die Gründe
 
der Dinge hinter die Erscheinungen, in ein der menschlichen
"Philosophie ohne Geisteswissenschaft kommt heute doch nur zu einem leeren Formalismus, kommt nicht zu einem Inhalt." (514)</ref>
Erfahrung jenseitiges Gebiet. Sie kann nun entweder sich
einem blinden ''[[Glauben]]'' an diese Gründe hingeben, der von
einer positiven Offenbarungsreligion seinen Inhalt erhält,
oder Verstandeshypothesen und Theorien darüber aufstellen,
wie dieses jenseitige Gebiet der Wirklichkeit beschaffen
ist. Der Mystiker sowohl wie der Bekenner der Goetheschen
Weltanschauung lehnen sowohl den Glauben an ein
Jenseitiges, wie auch die Hypothesen über ein solches ab,
und halten sich an das wirkliche Geistige, das sich in dem
Menschen selbst ausspricht." {{Lit|{{G|001|335ff}}}}
</div>
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Entsprechend findet Husserl dann auch in der Neuauflage der "Rätsel der Philosophie" keine Erwähnung (allerdings übrigens auch [[Max Scheler]] nicht). Steiner registriert jedoch, daß Husserl wie er selbst ein Schüler [[Brentano]]s war. Wenn Steiner den heutigen Wert der Philosophie noch darin sah, daß sie eine Schule des logischen Denkens sei <Quelle>, dann kann man dem entgegen halten, daß das auf die von Husserl begründete philosophische Phänomenologie ganz sicher nicht zutrifft. Denn sie ist nicht, wenn es denn um Schulung gehen soll, Schule des logischen Denkens, sondern des genauen Beobachtens und Sehens.
== Anmerkungen ==


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<references/>
"Eine klare Schwäche – um dies noch einzufügen – ist Husserls Schreib- und Ausdrucksstil, der vielen den Zugang erschwert. Husserl ist sehr schwankend in seiner Terminologie und knüpft auch an in der Philosophie vorbelastete Begriffe an, ohne dass ihm dies immer bewusst ist. Auch hat er viele verschiedene Begriffe für die im Wesentlichen gleichen Phänomene („Subjekt“, „Cogito“, „Bewusstsein“, usw.). Aber hierauf kann man entgegnen, dass Husserl immer wieder betont hat, dass für die von ihm beschriebenen Dinge „die Begriffe fehlen“, er also versucht, Dinge sprachlich zu fassen, die eben, der Natur des Gegenstandes gemäß, schwer sprachlich zu „fixieren“ sind." (Lit: Sebastian Luft, 2014)
</div>
 
Sebastian Luft bringt mit dieser Äußerung eine zu Steiners Meinung ganz entgegengesetzte Ansicht zum Ausdruck: Nicht kramte Husserl in Worten, konnte nicht zu einem Schauen auch nur der einfachsten Bewußtseinstatbestände kommen, wie Steiner behauptet, sondern umgekehrt: Husserl schaute Phänomene, Bewußtseinstatsachen, die er versuchte, in verständliche sprachliche Verfaßtheit zu bringen, was ihm aber nicht immer besonders gut gelungen ist, und Hauptursache der Schwerverständlichkeit seines Werkes ist.  Rudolf Steiner mag einfach nicht genug Zeit gefunden haben für eine gründlichere Lektüre Husserls, die zu einem gerechteren Urteil hätte führen können.
 
Inwieweit Steiner die "Ideen I" schon kannte, das 1913 erschienene Werk, das die transzendentale Wende Husserls dokumentiert, ist unbekannt. Laut Jaap Sijmons (Phänomenologie und Idealismus, 2008, S 4f.) befanden sich in Rudolf Steiners Bibliothek die "Logischen Untersuchungen" Husserls in der 2. Aufl. 1913. Steiner betreute die Dissertation (ersch. 1919) [[Walter Johannes Stein]]s mit, in der ein Aspekt der Übereinstimmung zwischen dem Husserl der LU und Steiners philosophischen Ansichten diskutiert wird.
 
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"Es besteht aber auch ein wesentlicher Unterschied zwischen den beiden Ansätzen, was möglicherweise erklärt, warum Husserl durch seine transzendentale Epoché nicht zu den gleichen Ergebnissen kam wie Steiner durch seine Meditationsübungen, und insbesondere, warum Husserls Phänomenologie nicht dieselbe Tiefe und Breite des Einblicks in die Realität der geistigen Welt wie Steiners Anthroposophie entwickelte. Für Steiner war klar, dass die „Ausklammerung" der Welt und das Zerschneiden der inneren Bänder zu ihr nur einen ersten und vorläufigen Schritt auf dem Weg in die Welt des Geistes bildet. Was einer solchen via negativa folgen muss, ist erstens eine via positiva, die in der Stärkung der Seele durch spezifische Übungen besteht, und zweitens die Ausstattung der Seele mit einer inneren Struktur, die Entwicklung der Organe der übersinnlichen Wahrnehmung. Ohne eine solche innere Strukturierung und Differenzierung ist die Seele zwar fähig, sich von der Bindung an den Körper und an die Welt der körperlichen Sinne zu befreien, aber sie ist nicht in der Lage, etwas in der geistigen Welt wahrzunehmen. Sie befindet sich vielmehr in einem Zustand, der uns aus der Erfahrung des tiefen Schlafs vertraut ist, in welchem die Seele ebenfalls vom Körper getrennt, aber eben bewusstlos ist. Mir scheint, dass Husserl der Mangel an Einsicht in die Notwendigkeit einer solchen inneren Strukturierung der Seele durch spezifische und strenge Übungen hinderte, den 'versteckten Zweck' seiner tranzendentalen Epoché zu erreichen." (Majorek, 2015, S. 1316, Hervorhebungen weggelassen)
</div>
 
Diese Einschätzung Majoreks ist insofern unrichtig, als Husserl sich mit Recht auf das ihm Beobachtbare beschränkte. Eine geistige Welt, die sich höheren Erkenntnisvermögen der Imagination, Inspiration und Intuition erschließt, konnte nicht sein Untersuchungsgegenstand sein. Dieser ist ihm das innnere Bewußtseinsleben, und sein Verhältnis zur Welt, zu der auch die idealen Gegenstände gehören. Das Forschungsgebiet Husserls ist in etwa dasjenige der "Philosophie der Freiheit", und der anderen philosophischen Grundlagenwerke Rudolf Steiners. Husserls Forschungsresultate sind von einem enormen Detailreichtum, und seine philosophische Methode soll dazu anleiten, diese selbst aufzusuchen. Die mit solchem Bemühen verbundene Übung hat meditativen Charakter, sie stärkt das Denken bis hin zu einem sicheren Selbstgewahrsein - Voraussetzung jeder weiter gehenden geistigen Forschung, die sich höherer Organe bedient. Hauptorgan für die Wahrnehmung des Geistigen ist das Denken selbst. Ohne Schulung der [[seelische Beobachtung|seelischen Beobachtung]] - und die Einarbeitung in Husserls Werk ''ist'' eine solche Schulung - gibt es keinen sicheren, wissenschaftlichen Boden für "Geist"-forschung.
 
Darüber hinaus stellt Husserl die philosophischen Mittel bereit, das philosophische Grundlagenwerk Rudolf Steiners zu überprüfen und kritisch zu befragen - eine Aufgabe, die Steiner selbst auch nur in Ansätzen nicht geleistet hat - und bietet mit seiner Phänomenologie eine Anschlußmöglichkeit der Anthroposophie an die heutige kontinentale Philosophie, die in ihrem phänomenologischen Zweig von Husserl ausgeht. Man mag es deshalb bedauerlich finden, daß sich Anthroposophen, von Ausnahmen abgesehen, bisher wenig mit dem Husserlschen Werk beschäftigt haben<ref>"Nicht nur die Philosophen
des 20. Jahrhunderts haben Rudolf Steiners Philosophie
und Anthroposophie ignoriert; die auf Steiner
sich berufenden Anthroposophen haben ihrerseits
die philosophische Entwicklung des 20. Jahrhunderts
kaum bearbeitet und sich nur in seltenen Fällen in
ein aktives Verhältnis zu ihr gesetzt.2 Die philosophischen
Weichenstellungen des 20.
Jahrhunderts sind somit weitgehend
jenseits von der Philosophie
und Anthroposophie Steiners verlaufen.
Was es hier an Versäumnis
aufzuarbeiten gilt, kann gar nicht
von Einzelnen geleistet werden –
ganze Forschungsgemeinschaften
müssten sich dieser Problematik
annehmen." (Steffen Hartmann in: "Heideggers Sein und Zeit und das Problem postanthroposophischer
Philosophie", Der Europäer Jg. 11 / Nr. 2/3 / Dezember/Januar 2006/07, S. 22)</ref>. Auch wenn es auf kritische Abgrenzungen hinauslaufen würde: es würde dadurch mehr Klarheit über die erkenntnistheoretischen Grundlagen der Anthroposophie geschaffen werden können.
 
=== Fremdwahrnehmung, Wahrnehmung des Alter Ego ===
<div style="margin-left:20px">
"Es gibt zwar in der neueren Zeit eine ganz vertrackte Anschauung,
die von allerlei Leuten vertreten wird. Vielleicht könnte man
als charakteristische Persönlichkeit unter den sie Vertretenden den
Philosophen und Psychologen Lipps anführen. Die sind sich nicht
bewußt, wenn ihnen ein Mensch gegenübertritt, daß sie einen unmittelbaren
Eindruck von seinem Ich haben, sondern sie sagen:
Wenn ich einem Menschen gegenübertrete, so hat der ein Gesicht;
das macht bestimmte Bewegungen, und er redet bestimmte Dinge,
und da soll man nun aus dem, was er redet und tut, schließen können,
daß ein Ich dahinter ist. Also das Ich ist etwas Erschlossenes,
nicht etwas unmittelbar Wahrgenommenes. Dagegen ist eine neue
Philosophenschule, die ihren guten Interpreten in Max Scheler hat,
anderer Ansicht. Die hat schon die Wahrnehmung gemacht, daß
man einen unmittelbaren Eindruck von dem Ich des anderen Menschen
haben kann. Und was von dem Ich, mehr streng wissenschaftlich,
Husserl, der Philosoph, und dann etwas populärer, namentlich
in seinen neueren Aufsätzen, Scheler geschrieben hat, zeigt, daß die
neuere Philosophie auf dem Wege ist, anzuerkennen, daß ein unmittelbares
Bewußtsein auch etwas wissen kann von einem anderen
Bewußtsein." {{Lit|{{G|164|112}}}} (1915)
</div>
<div style="margin-left:20px">
"Wer
wirklich beobachten kann, der weiß, daß es eine unmittelbare Wahrnehmung
ist, nicht ein Analogieschluß, durch die wir zu der Wahrnehmung
des andern, des fremden Ich kommen. Es ist eigentlich nur
ein Freund, möchte ich sagen, oder ein Verwandter der Göttinger
Husserl-Schule, Max Scheler, der eben darauf gekommen ist auf dieses
unmittelbare Wahrnehmen des Ich des andern." {{Lit|{{G|322|94}}}} (1920)
</div>
 
(Lit.: Liangkang Ni: ''Zum Problem der Originalität der Einfühlung bei Husserl und Scheler'', Thaumàzein Rivista di Filosofia, 3/2015, [http://rivista.thaumazein.it/index.php?journal=thaum&page=article&op=download&path%5B%5D=53&path%5B%5D=55 PDF])
 
== Werke ==
*  ''Beiträge zur Theorie der Variationsrechnung''. Univ. Diss. Wien 1882 [http://phaidra.univie.ac.at/o:58535 UB Wien]
* ''Über den Begriff der Zahl. Psychologische Analysen.'' Heynemann, Halle 1887 [http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/5870/ Uni Freiburg]
* ''Philosophie der Arithmetik. Psychologische und logische Untersuchungen.'' Band 1. Pfeffer, Halle 1891 [http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/6159/ Uni Freiburg]
* ''Logische Untersuchungen.'' 2 Bände. 1900/1901
** Band 1: Prolegomena zur reinen Logik. Niemeyer, Halle 1900 [http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/5920/index.html Uni Freiburg], Veit, Leipzig 1900 {{IA|logischeuntersuc01hussuoft}} 2. umgearbeitete Auflage, Niemeyer, Halle 1913 [http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/6096/index.html Uni Freiburg]
** Band 2: Untersuchungen zur Phänomenologie und Theorie der Erkenntnis. Niemeyer, Halle 1901 [http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/6020/ Uni Freiburg], {{IA|logischeuntersuc00hussuoft}} 2. umgearbeitete Auflage, Niemeyer, Halle 1913 [http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/6097/ Uni Freiburg]
* ''Philosophie als strenge Wissenschaft.'' In: Logos 1 (1911), S. 289–341 [https://www.digizeitschriften.de/download/PPN51032052X_1910-11_0001/PPN51032052X_1910-11_0001___log61.pdf Digizeitschriften.de]
* ''Ideen zu einer reinen Phänomenologie und phänomenologischen Philosophie. Buch 1: Allgemeine Einführung in die reine Phänomenologie.'' Niemeyer, Halle 1913.[http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/5973/ Uni Freiburg]
* ''Erinnerungen an Franz Brentano''. In: [[Wikipedia:Oskar Kraus|Oskar Kraus]]: ''Franz Brentano''. München 1919, S. 150–167 {{IA|franzbrentanozur00krauuoft|150}}
* ''Vorlesungen zur Phänomenologie des inneren Zeitbewusstseins.'' Martin Heidegger (Hrsg.). Niemeyer, Halle 1928 [http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/5974/ Uni Freiburg]
* ''Formale und transzendentale Logik. Versuch einer Kritik der logischen Vernunft.'' Niemeyer, Halle 1929 [http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/6005/ Uni Freiburg]
* ''Nachwort zu meinen „Ideen zu einer reinen Phänomenologie und phänomenologischen Philosophie“.'' Niemeyer, Halle 1930
* ''Mèditations cartèsiennes''. 1931
** ''Cartesianische Meditationen und Pariser Vorträge.'' S. Strasser (Hrsg.). Nijhoff, Den Haag 1950 E-Text [http://www.hs-augsburg.de/~harsch/germanica/Chronologie/20Jh/Husserl/hus_pari.html Bibliotheca Augustana]
* ''Die  Krisis des europäischen Menschentums und die Philosophie''. Vortrag, Wien 1935 E-Text [http://www.hs-augsburg.de/~harsch/germanica/Chronologie/20Jh/Husserl/hus_kris.html Bibliotheca Augustana]
* ''Die Krisis der europäischen Wissenschaften und die transzendentale Phänomenologie. Eine Einleitung in die phänomenologische Philosophie.'' In: Philosophia 1 (1936), S. 77–176
* ''Erfahrung und Urteil. Untersuchungen zur Genealogie der Logik.'' Ludwig Landgrebe (Hrsg.). Academia, Prag 1939 [http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/6004/ Uni Freiburg]
* ''Arbeit an den Phänomenen. Ausgewählte Schriften''. Bernhard Waldenfels (Hrsg.). München 2003 {{MDZ|00042988-3}}


== Literatur ==
== Literatur ==
*Bernet, Kern, Marbach (Hrsg.): Edmund Husserl. Darstellung seines Denkens. 2. Auflage. Meiner, Hamburg, 1996 ; ''(Dieses Buch gilt auch heute noch als eine gelungene Gesamtdarstellung der Husserlschen Phänomenologie, die alle wesentlichen Aspekte referiert und erläutert/diskutiert. Es handelt sich jedoch um ein schwieriges Buch, das nicht für Einsteiger geeignet ist, sondern als Prüfstein für eine erfolgreiche Einarbeitung in Husserls Werk dienen kann.)''
*Di Grazia, Alessandro: ''Osservazioni sulla nozione di Io in Rudolf Steiner e Edmund Husserl'', Trieste, 2006 ; ''(nozione di io: Ich-Begriff)''
*Fabbianelli, Faustino / Luft, Sebastian (Hrsg.): ''Husserl und die klassische deutsche Philosophie'', Springer 2014, Reihe Phenomenologica 212, ISBN 978-3-319-01709-9, [https://www.springer.com/de/book/9783319017099 Inhalt] ; Review-Essay: Vittorio De Palma: ''Phänomenologie und Transzendentalphilosophie. Review-Essay zu Faustino Fabbianelli, Sebastian Luft (hg.), Husserl und die Klassische Deutsche Philosophie'', in: Metodo. International Studies in Phenomenology and Philosophy, Vol. 3, n. 1 (2015), ISSN 2281-9177, [http://www.metodo-rivista.eu/index.php/metodo/article/view/120/102 PDF]
*Falter, Reinhard: ''Was ist Phänomenologie?'', Zeitschrift Novalis, Nr. 3, 1996
*Fasching, Wolfgang: ''Phänomenologische Reduktion und Mushin. Edmund Husserls Bewusstseinstheorie und der Zen-Buddhismus'', Alber Verlag 2003, ISBN 3495480935
*[[wikipedia:Eugen Fink|Fink, Eugen]]: ''Die Phänomenologische Philosophie Edmund Husserls in der gegenwärtigen Kritik'', mit einem Vorwort von Edmund Husserl, in: Kant-Studien 38, 1-2, S. 319-383, 1933, [http://nasepblog.files.wordpress.com/2012/08/fink-eugen-die-phc3a4nomenologische-philosophie-edmund-husserls-in-der-gegenwc3a4rtigen-kritik-1933.pdf] ''(Einführung in die transzendentale Phänomenologie Husserls mittels Kontrastierung mit dem neukantianischen Kritizismus, die zudem von Husserl durchgesehen und in jeder Hinsicht als zutreffend bezeichnet wurde. Beleuchtung einiger ganz wesentlicher Aspekte von Husserls Phänomenologie und Verdeutlichung, wodurch sich Husserls Phänomenologie von anderem, was sich auch "Phänomenologie" nennt, unterscheidet.)''
*[[Benediktus Hardorp|Hardop, Benediktus]]: ''Elemente einer Neubestimmung des Geldes und ihre Bedeutung für die Finanzwirtschaft der Unternehmung'', KIT Scientific Publishing, 2009, (Diss. 1958, erw. u. akt.), ISBN 3866442653, {{VT16|http://www.ksp.kit.edu/download/1000009031}} ;Ergänzung 2009: ''Geld, Wirtschaft, Assoziation, Kapital – und was darunter zu verstehen ist'', S. 317 - 319, {{IT|16|http://d-nb.info/996982809/04|Inhaltsverzeichnis}}; (mit einem Kapitel: Die phänomenologischen Grundlagen und die soziologische Aufgabenstellung der eidetischen Ontologie) {{HT|16|http://www.dreigliederung.de/essays/2010-01-001.html|Rezension}} (Rezension Kannenberg-Rentschler)
*[[wikipedia:Klaus Held|Held, Klaus]]: ''Husserls neue Einführung in die Philosophie: Der Begriff der Lebenswelt'', in: Gethmann, Carl Friedrich (Hg.), Lebenswelt und Wissenschaft. Studien zum Verhältnis von Phänomenologie und Wissenschaftstheorie. Bonn [Bouvier Verlag] 1991, S. 79-113, ISBN 3-416-01995-4
*Held, Klaus: ''Gott in Edmund Husserls Phänomenologie'', in: Ierna C., Jacobs H., Mattens F. (Hrsg.): Philosophy, Phenomenology, Sciences. Essays in Commenmoration of Edmund Husserl, Dordrecht 2010, S. 723 - 738, ''(dieser Text ist einem Vortrag Helds zugehörig, der als mp3-Datei zum Download bereit liegt: [http://hiw.kuleuven.be/hua/Media/Recordings/Held mp3])''
*Hennigfeld, Iris: ''Zu den Sachen selbst. Horizonte wissenschaftlicher Anthroposophie-Forschung'', in Die Drei, 3/2016, [http://diedrei.org/autoren-anzeigen/autor/hennigfeld-iris.html Inhaltsverzeichnis] ; [http://www.steinerkritischeausgabe.com/henningfeld-ska-2?_escaped_fragment_=henningfeld-ska-2/vylnw#!henningfeld-ska-2/vylnw] (u.a. zur Psychologismuskritik Husserls)
*Husserl, Edmund, /[[wikipedia:Klaus Held|Klaus Held]] : ''Die Phänomenologische Methode. Ausgewählte Texte I''. Reclam (1985), ISBN 9783150080849, ''Einleitung von Klaus Held'' (S. 5-51)
*Husserl, Edmund / Klaus Held: ''Phänomenologie der Lebenswelt. Ausgewählte Texte II''. Reclam (1986), ISBN 9783150080856, ''Einleitung von Klaus Held'' (S. 5-53) ; ''Diese beiden Bändchen haben ihren Wert nicht durch augewählten Husserl-Texte, sondern durch die von Held gegebenen Einleitungen''
*Husserl, Edmund / Steiner, Uwe C.: ''Husserl. / ausgew. und vorgestellt von Uwe C. Steiner'', Diederichs, München 1997, Reihe Philosophie Jetzt! Texte aus dem Gesamtwerk, Einleitung von Uwe C. Steiner, S. 13-57, Literaturverz. S. 521-527, mit Sachwort- und Namensregister, ISBN 3424012904
*Jachmann, Otto: ''Denken wird Wahrnehmung. Die Philosophie von Brentano, Husserl, Heidegger und Derrida und die Anthroposophie''. Verlag Ch. Möllmann 2009
*Loidolt, Sophie: ''Transzendentalphilosophie und Idealismus in der Phänomenologie Überlegungen zur phänomenologischen „Gretchenfrage“'', in: Metodo. International Studies in Phenomenology and Philosophy, Special Issue, n. I, ch. 1 (2015), S. 103-135, ISSN 2281-9177, [http://www.metodo-rivista.eu/index.php/metodo/article/view/110/83 PDF]
*Luft, Sebastian: ''Husserls Transzendentalphilosophie. Fragen an Sebastian Luft'', Information Philosophie, 3/2014, S. 41 - 62, ''(Mit Tipps für die Husserl-Lektüre)'', [http://www.information-philosophie.de/?a=1&t=8259&n=2&y=4&c=113 HTML]
*Majorek, Marek B.: ''Origins of consciousness and conscious (free) intentions from the viewpoint of Rudolf Steiner's Spiritual Science (Anthroposophy) in relation to Husserl's transcendental reduction'', 2007, in:  Anna-Teresa Tymieniecka (ed.): Phenomenology of Life from the Animal Soul to the Human Mind II: The Human Soul in the Creative Transformation of the Mind, (Analecta Husserliana XCIV), Springer, pp. 259–278, ISBN 1402051816
*Malhotra, M. K.: ''Die indische Philosophie und die Phänomenologie Husserls. Der Begriff der "Wahrnehmung" in den beiden Denkrichtungen'', Zeitschrift für philosophische Forschung, Bd. 13, H. 2, Erweitertes Heft zum 100.Geburtstag von Edmund Husserl (Apr. - Jun., 1959), pp. 339-346
*Steiner, Rudolf: ''Fachwissenschaften und Anthroposophie'', [[GA 73a]] (2005), ISBN 3-7274-0735-2 {{Vorträge|073a}}
*Welburn, Andrew: ''Rudolf Steiner's Philosophy and the Crisis of Contemporary Thought'', 2004, ISBN 0-86315-436-0, ''(zu Husserl: S. 98 - 104)''
*Zahavi, Dan: ''Husserls Phänomenologie'', UTB 3239 Mohr Siebeck, 2009, ISBN 3825232395, [http://d-nb.info/994208294/04 Inhaltsverzeichnis], [http://picodella.files.wordpress.com/2010/12/sammelrezension-mayerschnellzahavi.pdf Rezension]
''(weitere Literatur siehe [[Phänomenologie]])''
== Zitierte Literatur ==
*Majorek, Marek B.: ''Rudolf Steiners Geisteswissenschaft. Mythisches Denken oder Wissenschaft?'', Narr Francke Attempto Verlag, 2015
*Sijmons, Jaap: ''Phänomenologie und Idealismus. Struktur und Methode der Philosophie Rudolf Steiners'', Schwabe Verlag Basel, 2008
== Weblinks ==
{{Wikisource}}
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* {{DNB-Portal|118555006}}
* {{DDB|Person|118555006}}
* {{UTB-Philosophie|Thomas Blume|25|Husserl, Edmund}}
* {{NDB|10|87|89|Husserl, Edmund|[[wikipedia:Ulrich Claesges|Ulrich Claesges]]|118555006}}
* Christian Beyer: {{SEP|http://plato.stanford.edu/entries/husserl/ || Christian Beyer}}
*[http://timmsrc.uni-tuebingen.de/Player/PlayerFlow/UT_20150520_001_levinas_0001 Johannes Brachtendorf, Uni Tübingen: Husserlvorlesung (1) SoSe 2015 Video]
*[http://timmsrc.uni-tuebingen.de/Player/PlayerFlow/UT_20150603_001_levinas_0001 Johannes Brachtendorf, Uni Tübingen: Husserlvorlesung (2) SoSe 2015 Video]
*[http://timmsrc.uni-tuebingen.de/Player/PlayerFlow/UT_20150610_001_levinas_0001 Johannes Brachtendorf, Uni Tübingen: Husserlvorlesung (3) SoSe 2015 Video]


== Einzelnachweise ==
#Rudolf Steiner: ''Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften'', [[GA 1]] (1987), ISBN 3-7274-0011-0; '''Tb 649''', ISBN 978-3-7274-6490-4 {{Schriften|001}}
<references/>


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Version vom 1. Mai 2014, 09:41 Uhr

Anthropomorphismus (von griech. ἄνϑρωπος anthropos ‚Mensch‘ und μορφή morphē ‚Form, Gestalt‘) ist die Übertragung menschlicher Gestalts- und Verhaltensmerkmale auf nichtmenschliche Wesen und Erscheinungen, beispielsweise auf Götter, Tiere, Pflanzen, Naturgewalten, unbelebte Objekte und sogar auf Maschinen.

„Der Mensch begreift niemals, wie anthropomorphisch er ist.“

Goethe: Maximen und Reflexionen, 4. Band, 2. Heft (1823)[1]

Schon in den «Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften» hatte Rudolf Steiner geschrieben, dass der Mensch zwangsläufig einen offenbaren oder verhüllten Anthropomorphismus in seine Erkenntnistätigkeit hineinträgt, ja, dass dadurch, wenn es in richtiger Weise geschieht, überhaupt erst Erkenntnis möglich wird. Erkenntnis ist nur durch den Menschen und für den Menschen vorhanden. Er entfernt sich dadurch keineswegs von der Wirklichkeit, die grundsätzlich nur in einem Subjekt und Objekt übergreifenden Prozess zu erreichen ist. Die Wahrheit, durch die die Wirklichkeit ergriffen werden soll, ist immer ein freies schöpferisches Erzeugnis des individuellen Menschen, das aber bei entsprechender geistiger Beweglichkeit intersubjektiv nachvollzogen werden kann. Damit wird keineswegs ein willkürlicher Relativismus begründet, sondern es wird nur betont, dass die Wirklichkeit im Erkenntnisvorgang individuell ergriffen werden muss und auch auf diese Weise ergriffen werden kann, weil der Mensch als Mikrokosmos sämtliche Gesetzmäßigkeiten des Makrokosmos in sich trägt. Auch den scheinbar rein objektiven Erkenntnissen der Naturwissenschaften haftet ein solcher, meist verhüllter und dadurch oft übersehener Anthropomorphismus an.

"Der Mensch muß die Dinge aus seinem Geiste sprechen lassen, wenn er ihr Wesen erkennen will. Alles, was er über dieses Wesen zu sagen hat, ist den geistigen Erlebnissen seines Innern entlehnt. Nur von sich aus kann der Mensch die Welt beurteilen. Er muß anthropomorphisch denken. In die einfachste Erscheinung, z. B. in den Stoß zweier Körper bringt man einen Anthropomorphismus hinein, wenn man sich darüber ausspricht. Das Urteil: «Der eine Körper stößt den andern», ist bereits anthropomorphisch. Denn man muß, wenn man über die bloße Beobachtung des Vorganges hinauskommen will, das Erlebnis auf ihn übertragen, das unser eigener Körper hat, wenn er einen Körper der Außenwelt in Bewegung versetzt. Alle physikalischen Erklärungen sind versteckte Anthropomorphismen. Man vermenschlicht die Natur, wenn man sie erklärt, man legt die inneren Erlebnisse des Menschen in sie hinein. Aber diese subjektiven Erlebnisse sind das innere Wesen der Dinge. Und man kann daher nicht sagen, daß der Mensch die objektive Wahrheit, das «An sich» der Dinge nicht erkenne, weil er sich nur subjektive Vorstellungen über sie machen kann.[2] Von einer andern als einer subjektiven menschlichen Wahrheit kann gar nicht die Rede sein. Denn Wahrheit ist Hineinlegen subjektiver Erlebnisse in den objektiven Erscheinungszusammenhang. Diese subjektiven Erlebnisse können sogar einen ganz individuellen Charakter annehmen. Sie sind dennoch der Ausdruck des inneren Wesens der Dinge. Man kann in die Dinge nur hineinlegen, was man selbst in sich erlebt hat. Demnach wird auch jeder Mensch, gemäß seinen individuellen Erlebnissen etwas in gewissem Sinne anderes in die Dinge hineinlegen. Wie ich mir gewisse Vorgänge der Natur deute, ist für einen andern, der nicht das gleiche innerlich erlebt hat, nicht ganz zu verstehen. Es handelt sich aber gar nicht darum, daß alle Menschen das gleiche über die Dinge denken, sondern nur darum, daß sie, wenn sie über die Dinge denken, im Elemente der Wahrheit leben. Man kann deshalb die Gedanken eines andern nicht als solche betrachten und sie annehmen oder ablehnen, sondern man soll sie als die Verkünder seiner Individualität ansehen. «Diejenigen, welche widersprechen und streiten, sollten mitunter bedenken, daß nicht jede Sprache jedem verständlich sei» (Natw. Schr., 4. Bd., 2. Abt., S. 355). Eine Philosophie kann niemals eine allgemeingültige Wahrheit überliefern, sondern sie schildert die inneren Erlebnisse des Philosophen, durch die er die äußeren Erscheinungen deutet.

Wenn ein Ding durch das Organ des menschlichen Geistes seine Wesenheit ausspricht, so kommt die volle Wirklichkeit nur durch den Zusammenfluß des äußeren Objektiven und des inneren Subjektiven zustande. Weder durch einseitiges Beobachten, noch durch einseitiges Denken erkennt der Mensch die Wirklichkeit. Diese ist nicht als etwas Fertiges in der objektiven Welt vorhanden, sondern wird erst durch den menschlichen Geist in Verbindung mit den Dingen hervorgebracht. Die objektiven Dinge sind nur ein Teil der Wirklichkeit. Wer ausschließlich die sinnliche Erfahrung anpreist, dem muß man mit Goethe erwidern, «daß die Erfahrung nur die Hälfte der Erfahrung ist» (Natw. Schr., 4. Bd., 2. Abt., S. 503). «Alles Faktische ist schon Theorie», d. h. es offenbart sich im menschlichen Geiste ein Ideelles, wenn er ein Faktisches betrachtet. Diese Weltauffassung, die in den Ideen die Wesenheit der Dinge erkennt und die Erkenntnis auffaßt als ein Einleben in das Wesen der Dinge, ist nicht Mystik. Sie hat aber mit der Mystik das gemein, daß sie die objektive Wahrheit nicht als etwas in der Außenwelt Vorhandenes betrachtet, sondern als etwas, das sich im Innern des Menschen wirklich ergreifen läßt. Die entgegengesetzte Weltanschauung versetzt die Gründe der Dinge hinter die Erscheinungen, in ein der menschlichen Erfahrung jenseitiges Gebiet. Sie kann nun entweder sich einem blinden Glauben an diese Gründe hingeben, der von einer positiven Offenbarungsreligion seinen Inhalt erhält, oder Verstandeshypothesen und Theorien darüber aufstellen, wie dieses jenseitige Gebiet der Wirklichkeit beschaffen ist. Der Mystiker sowohl wie der Bekenner der Goetheschen Weltanschauung lehnen sowohl den Glauben an ein Jenseitiges, wie auch die Hypothesen über ein solches ab, und halten sich an das wirkliche Geistige, das sich in dem Menschen selbst ausspricht." (Lit.: GA 001, S. 335ff)

Anmerkungen

  1. Johann Wolfgang Goethe: Maximen und Reflexionen, 4. Band, 2. Heft (1823). In: Zeno.org.
  2. Goethes Anschauungen stehen in dem denkbar schärfsten Gegensatz zur Kantschen Philosophie. Diese geht von der Auffassung aus, daß die Vorstellungswelt von den Gesetzen des menschlichen Geistes beherrscht werde und deshalb alles, was ihr von außen entgegengebracht wird, in ihr nur als subjektiver Abglanz vorhanden sein könne. Der Mensch nehme nicht das «An sich» der Dinge wahr, sondern die Erscheinung, die dadurch entsteht, daß die Dinge ihn affizieren und er diese Affektionen nach den Gesetzen seines Verstandes und seiner Vernunft verbindet. Daß durch diese Vernunft das Wesen der Dinge spricht, davon haben Kant und die Kantianer keine Ahnung. Deshalb konnte die Kantsche Philosophie für Goethe nie etwas bedeuten. Wenn er sich einzelne ihrer Sätze aneignete, so gab er ihnen einen völlig anderen Sinn, als sie innerhalb der Lehre ihres Urhebers haben. Es ist durch eine Notiz, die erst nach Eröffnung des Weimarischen Goethe-Archivs bekannt geworden ist, klar, daß Goethe den Gegensatz seiner Weltauffassung und der Kantschen sehr wohl durchschaute. Für ihn liegt der Grundfehler Kants darin, daß dieser «das subjektive Erkenntnisvermögen nun selbst als Objekt betrachtet und den Punkt, wo subjektiv und objektiv zusammentreffen, zwar scharf aber nicht ganz richtig sondert». Subjektiv und objektiv treten zusammen, wenn der Mensch das, was die Außenwelt ausspricht, und das, was sein Inneres vernehmen läßt, zum einigen Wesen der Dinge verbindet. Dann hört aber der Gegensatz von subjektiv und objektiv ganz auf; er verschwindet in der geeinten Wirklichkeit. Ich habe darauf schon hingedeutet in dieser Schrift S. 218 ff. Gegen meine damaligen Ausführungen polemisiert nun K. Vorländer im 1. Heft der «Kantstudien». Er findet, daß meine Anschauung über den Gegensatz von Goethescher und Kantscher Weltauffassung «mindestens stark einseitig und mit klaren Selbstzeugnissen Goethes in Widerspruch» sei und sich «aus dem völligen Mißverständnis der transzendentalen Methode» Kants von meiner Seite erkläre. Vorländer hat keine Ahnung von der Weltanschauung, in der Goethe lebte. Mit ihm zu polemisieren würde mir gar nichts nützen, denn wir sprechen verschiedene Sprachen. Wie klar sein Denken ist, zeigt sich darin, daß er bei meinen Sätzen nie weiß, was gemeint ist. Ich mache z. B. eine Bemerkung zu dem Goetheschen Satze: «Sobald der Mensch die Gegenstände um sich her gewahr wird, betrachtet er sie in bezug auf sich selbst, und mit Recht. Denn es hängt sein ganzes Schicksal davon ab, ob sie ihm gefallen oder mißfallen, ob sie ihn anziehen oder abstoßen, ob sie ihm nützen oder schaden. Diese ganz natürliche Art, die Sachen anzusehen und zu beurteilen, scheint so leicht zu sein, als sie notwendig i s t . . . Ein weit schwereres Tagewerk übernehmen diejenigen, deren lebhafter Trieb nach Kenntnis die Gegenstände der Natur an sich selbst und in ihren Verhältnissen untereinander zu beobachten strebt, sie suchen und untersuchen, was ist, und nicht was behagt.» Meine Bemerkung lautet: «Hier zeigt sich, wie Goethes Weltanschauung gerade der entgegengesetzte Pol der Kantschen ist. Für Kant gibt es überhaupt keine Ansicht über die Dinge, wie sie an sich sind, sondern nur wie sie in bezug auf uns erscheinen. Diese Ansicht läßt Goethe nur als ganz untergeordnete Art gelten, sich zu den Dingen in ein Verhältnis zu setzen.» Dazu sagt Vorländer: «Diese (Worte Goethes) wollen weiter nichts als einleitend den trivialen Unterschied zwischen dem Angenehmen und dem Wahren auseinandersetzen. Der Forscher soll suchen, <was ist und nicht was behagt>. Wer, wie Steiner, die letztere allerdings sehr untergeordnete Art, sich zu den Dingen in ein Verhältnis zu setzen, als diejenige Kants zu bezeichnen wagt, dem ist zu raten, daß er sich erst die Grundbegriffe der Kantschen Lehre, z. B. den Unterschied von subjektiver und objektiver Empfindung, etwa aus § 3 der Kr. d. U. klarmache.» Nun habe ich durchaus nicht, wie aus meinem Satze klar hervorgeht, gesagt, daß jene Art, sich zu den Dingen in ein Verhältnis zu setzen, die Kants ist, sondern daß Goethe die Kantsche Auffassung vom Verhältnis zwischen Subjekt und Objekt nicht entsprechend dem Verhältnis findet, in dem der Mensch zu den Dingen steht, wenn er erkennen will, wie sie an sich sind. Goethe ist der Ansicht, daß die Kantsche Definition nicht dem menschlichen Erkennen, sondern nur dem Verhältnisse entspricht, in das sich der Mensch zu den Dingen setzt, wenn er sie in bezug auf sein Gefallen und Mißfallen betrachtet. Wer einen Satz in einer solchen Weise mißverstehen kann wie Vorländer, der mag es sich ersparen, andern Leuten Ratschläge zu geben über ihre philosophische Ausbildung, und lieber erst sich die Fähigkeit aneignen, einen Satz richtig lesen zu lernen. Goethesche Zitate aufsuchen und sie historisch zusammenstellen kann jeder; sie im Sinne der Goetheschen Weltanschauung deuten, kann jedenfalls Vorländer nicht.

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften, GA 1 (1987), ISBN 3-7274-0011-0; Tb 649, ISBN 978-3-7274-6490-4 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
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Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.