Dionysius Areopagita

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Dionysius Areopagita

Dionysius Areopagita gilt als das Pseudonym des unbekannten Autors (darum auch Pseudo-Dionysius Areopagita) einer Sammlung von Büchern, die um 500 entanden sind, aber nach allgemeiner Auffassung irrtümlich dem in Apostelgeschichte 17,34 EU erwähnten, von Paulus durch seine Rede auf dem Athener Areopag bekehrten Dionysius zugeschrieben wurden, der nach Eusebius von Cäsarea später erster Bischof von Athen gewesen sein soll[1].

Dionysius oder Pseudo-Dionysius Areopagita?

"Die Lehre von den Göttern ist zuerst in ein System gebracht worden von dem Schüler des Apostels Paulus, Dionysius dem Areopagiten. Sie ist aber erst im 6. Jahrhundert aufgeschrieben worden. Die Gelehrten leugnen deshalb die Existenz des Dionysius Areopagita und sprechen von den Schriften des Pseudo-Dionysius, als ob man erst im 6. Jahrhundert alte Überlieferungen zusammengestellt habe. Der wahre Sachverhalt ist nur zu konstatieren durch das Lesen in der Akasha-Chronik. Die Akasha-Chronik aber lehrt, daß Dionysius wirklich in Athen gelebt hat, daß er von Paulus eingeweiht worden ist und von ihm den Auftrag erhalten hat, die Lehre von den höheren Geistwesen zu begründen und besonderen Eingeweihten zu erteilen. Gewisse hohe Lehren wurden damals niemals aufgeschrieben, sondern nur durch mündliche Tradition fortgepflanzt. Auch die Lehre von den Göttern wurde so von Dionysius seinen Schülern gegeben und von diesen wiederum weitergegeben. Der direkte Schüler wurde dann mit Absicht wieder Dionysius genannt, so daß der letzte, der die Lehre von den Göttern aufschrieb, einer in dieser Reihe war, die alle Dionysius genannt wurden." (Lit.: GA 93a, S. 97f)

„Gib aber acht, daß niemand der Nicht-Eingeweihten etwas von diesen Dingen zufällig hört.

Ich meine diejenigen, die in den Wirklichkeiten gefesselt sind und sich vorstellen, daß es nichts mehr in überwirklicher Weise gibt über die Wirklichkeiten hinaus, die wiederum meinen mit ihrer eigenen Art von Erkenntnis den zu erkennen, der den Schatten zu seinem Versteck macht.“

Pseudo-Dionysius Areopagita: Über mystische Theologie 2[1]

„So erwähnt die Apostelgeschichte den Dionysius, der ein eingeweihter Schüler des Paulus war und ein esoterisches Christentum lehrte. Später hat Johannes Scotus Eriugena am Hofe Karls des Kahlen noch im 9. Jahrhundert ein esoterisches Christentum begründet. Dieses ist dann nach und nach durch das Dogma verdeckt worden. Dringt man aber in das Devachan ein, so sieht man die Beschreibung, die Dionysius davon gegeben hat, bestätigt.“ (Lit.:GA 94, S. 80)

„Dieser Dionysius der Areopagite wird ja von einigen für einen unmittelbaren Schüler des Paulus gehalten. Die Schriften tauchen aber erst im 6. Jahrhunderte auf, und manche sprechen daher von pseudo-dionysischen Schriften, die im 6. Jahrhunderte von irgend jemandem abgefaßt worden und dann dem Paulus-Schüler zugeschrieben worden seien.

Wer so spricht, kennt nicht die ganze Art und Weise, wie sich geistige Erkenntnisse in diesen älteren Jahrhunderten fortgepflanzt haben. Solch eine Schule, wie diejenige war, in der Paulus selbst in Athen gelehrt hatte, sie hatte Erkenntnisse, welche zunächst nur mündlich gelehrt worden sind, welche sich dann von Generation zu Generation fortgepflanzt haben, und welche erst viel, viel später aufgeschrieben worden sind. Das, was da später aufgeschrieben worden ist, braucht deshalb durchaus nicht unecht zu sein, sondern kann mit einer gewissen Identität dasjenige wiedergeben, was Jahrhunderte alt ist. Und einen solchen Wert auf die Persönlichkeit, wie wir heute legen, einen solchen Wert hat man ja in diesen ältesten Zeiten auf die Persönlichkeit nicht gelegt.“ (Lit.:GA 204, S. 255f)

Rezeption

Heute stimmt die Wissenschaft darin überein, dass Paulus' Bekehrter, Dionysius vom Areopag, nicht der Verfasser der ihm zugeschriebenen Schriften sein kann. Des Verfassers wirkliche Identität ist unbekannt, man vermutet, er könne ein syrischer Mönch gewesen sein. Seine Werke zeigen starke neuplatonische Spuren, (besonders Proklos), sowie den Einfluss des Clemens von Alexandrien, der drei Kappadokier, des Origenes und anderer.

Die Echtheit der areopagitischen Schriften wurde zwar schon von Bischof Hypatios 532 angezweifelt, dann aber kam man schnell überein, die Echtheit anzuerkennen (so schon bei Gregor dem Großen (†604). Der erste bekannte Kommentar zu den Schriften stammte von Maximus Confessor (†662). In der folgenden Zeit galt das areopagitische Schrifttum wegen seiner angeblich frühestchristlichen Herkunft nahezu als kanonisch und hatte auf die mittelalterliche Theologie einen großen Einfluss.

Ab dem 9. Jahrhundert wurde der Areopagite durch Hildwins Vita Dionysii dann mit dem frühchristlichen Pariser Märtyrer St. Dionysius gleichgesetzt, nach dem die Abtei St. Denis bei Paris benannt ist. So wurde der griechischsprachige Theologe frankisiert. Vermutlich war die Abtei für die Verschmelzung der drei Namensträger, also des in der Bibel erwähnten Dionysius, des Märtyrers und eben des Autors der areopagitischen Schriften, verantwortlich.

Die verschiedenen Dionyse bemerkte auch Peter Abaelard bei seinen nach der Rückkehr nach St. Denis um 1121 begonnenen Studien zur Geschichte des Patrons. Die Abtei besaß auch eine gute griechische Ausgabe der Werke des Pseudo-Dionysius, ein Geschenk Karls des Kahlen, die von Johannes Scotus Eriugena im 9. Jahrhundert ins Lateinische übersetzt wurde. Diese Übersetzung machte sowohl den Neuplatonismus als auch die Engellehre des Pseudo-Dionysius weit bekannt. Für das gesamte Mittelalter sollte der Entwurf aus Platonismus, Mystik, kosmischer Emanationslehre und (gemäßigtem) Monophysitismus zu einem System einzigartiger Faszination werden.

Nach einem kurzen Aufkommen von Kritik an der Echtheit der Schriften musste Peter Abaelard dann aber das Kloster verlassen, sodass sich die nächsten ernsten Zweifel erst wieder bei Laurentius Valla im 15. Jahrhundert fanden. Der Beleg der Unechtheit konnte aber erst durch philologische Forschungen im 19. Jahrhundert erbracht werden, sodass bis dahin die Authentizität streitig blieb.

Theologie (Überblick)

Pseudo-Dionysius Areopagita, De ecclesiastica hierarchia in der 1307 geschriebenen Handschrift Mailand, Biblioteca Ambrosiana, Codex M 87 sup., fol. 28r

„Dreiheit, die du Überseiendes

und Übergott und Übergutes bist, Führer der Christen in die Gottesweisheit, leite uns auf den über-unerkannten und überhellen und höchsten Gipfel der mystischen Schriften!

Da sind die einfachen und absoluten und unveränderlichen Geheimnnisse der Theologie verborgen in der überhellen Finsternis der in das Geheimnis einführenden Stille. In der tiefsten Finsternis über-beleuchtet diese Finsternis das, was am meisten über-hell ist, und in dem, was gänzlich untastbar und unsichtbar ist, über-erfüllt es die augenlosen Intelligenzien mit überschönem Glanz.

Das ist mein Gebet.“

Pseudo-Dionysius Areopagita: Über mystische Theologie 1,1[2]

Bei Dionysius ist Gott „aller Dinge Ursache, Anfang, Wesen und Leben“[2]. Gott ist aber auch als das Eine und Vollkommene jenseits allen Daseins[3]. Die Frage nach der möglichen Erkenntnis Gottes wird dann derart beantwortet, dass per analogiam die Erkenntnis zur Ursache von Allem geführt werden kann [4], ohne Gott in einem Existierenden jedoch jemals zu erkennen[5]. Eine theologia positiva (kataphatike) muss also von der biblischen Offenbarung Gottes ausgehen [6], wobei Gott als Über-Seiend, hyperousios, nie erreicht wird. Eine theologia negativa (apophatike) muss sich so um die Unsagbarkeit bemühen [7], die Verborgenheit aufnehmen und eben nach diesem Dunkel fragen [8].

„Wie zusammenfließend in einem umfassenden Vorstellungsstrom findet sich das von den religiösen Impulsen inspirierte Gedankenleben in den Schriften des Areopagiten Dionysius. Diese Schriften werden vom Jahr 533 n. Chr. an erwähnt, sind wohl nicht viel früher verfaßt, gehen aber in ihren Grundzügen, nicht in den Einzelheiten, auf früheres Denken dieses Zeitalters zurück. - Man kann den Inhalt in der folgenden Art skizzieren: "Wenn die Seele sich allem entringt, was sie als Seiendes wahrnehmen und denken kann, wenn sie auch hinausgeht über alles, was sie als Nichtseiendes zu denken vermag, so kann sie das Gebiet der überseienden, verborgenen Gotteswesenheit geistig erahnen. In dieser ist das Urseiende mit der Urgüte und der Urschönheit vereinigt. Von dieser ursprünglichen Dreiheit ausgehend, schaut die Seele absteigend eine Rangordnung von Wesen, die in hierarchischer Ordnung bis zum Menschen gehen.“ (Lit.:GA 18, S. 87f)

Die Positionen der theologia positiva und der theologia negativa werden nicht aufgelöst (Interpreten, die diese Auflösung doch sehen, sprechen dann von der via eminentiae ), sondern eher in praxi durch eine theologia mystica flankiert, die den Weg "in das mystische Dunkel der Erkenntnis" [9] soweit möglich bahnen soll. Über Reinigung (katharsis) und Erleuchtung (photismos) lässt sich eine Vollendung (teleiosis) erreichen in der im Nichterkennen begründeten Erkenntnis [10]. Gott lässt sich durch Erkennen und Nichterkennen erkennen [11], wobei das "und" zwischen Erkennen und Nichterkennen beides in Eins zur Voraussetzung macht. Gott wird also als über-erkennbar (hyperagnostos) erkannt [12], womit die theologia negativa bestehen bliebe.

„Denn ungefähr war die Denkweise, welche man in diesem Dionysius findet, die folgende: Wir Menschen, wir können mit unseren Begriffen, die wir uns bilden, mit den Anschauungen, die wir gewinnen können, die sinnlich-physische Welt überschauen. Wir können dann mit dem Verstande unsere Schlüsse ziehen aus den Tatsachen und Wesenheiten dieser physisch- sinnlichen Welt. Wir entwickeln uns gewissermaßen hinauf zu einem Verstandesinhalte, der dann nicht mehr sinnlich anschaulich ist, der in Vorstellungen, in Begriffen erlebt wird, und wenn wir aus den Sinnestatsachen und Sinneswesen unsere Begriffe, unsere Vorstellungen gebildet haben, dann bekommen wir den Drang, uns mit diesen Vorstellungen zu dem Übersinnlichen, zu dem Geistigen, zu dem Göttlichen hinaufzubewegen.

Aber nun geht Dionysius nicht in der Weise vor, daß er etwa sagt, wir lernen aus den Sinnesdingen dieses oder jenes, unser Verstand bekommt seine Vorstellungen und er schließt dann auf eine Gottheit, er schließt auf eine geistige Welt -, so sagt er nicht, sondern er sagt: Diejenigen Vorstellungen, die wir bekommen aus den Sinnesdingen, sind alle ungeeignet, die Gottheit auszudrücken. Wir können einfach, wenn wir uns noch so subtile Vorstellungen bilden von den Sinnesdingen, wir können mit Hilfe dieser Vorstellungen nicht dasjenige ausdrücken, was die Wesenheit des Göttlichen ist. Wir müssen daher unsere Zuflucht nehmen von den positiven Vorstellungen zu den negativen Vorstellungen. Wir sprechen zum Beispiel, wenn wir unseren eigenen Mitmenschen begegnen, von Persönlichkeit. Wenn wir von der Gottheit sprechen, so sollten wk nach dieser Anschauung des Dionysius nicht von Persönlichkeit sprechen, weil die Vorstellung der Persönlichkeit viel zu klein, viel zu niedrig ist, um die Gottheit zu bezeichnen. Wir sollten vielmehr sprechen von Überpersönlichkeit. Wir sollten nicht einmal, wenn wir von der Gottheit sprechen, vom Sein sprechen. Wir sagen, ein Mensch ist, ein Tier ist, eine Pflanze ist. Gott sollten wir nicht in demselben Sinne wie dem Menschen, dem Tier, der Pflanze ein Sein zuschreiben, sondern wir sollten ihm ein Übersein zuschreiben. Und so sollten wir versuchen, meint Dionysius, uns allerdings hinaufzuschwingen von der Sinneswelt zu bestimmten Vorstellungen, aber dann sollten wir gewissermaßen diese Vorstellungen überall umkippen, ins Negative übergehen lassen. Wir sollten gewissermaßen uns hinaufschwingen aus der Sinneswelt zur positiven Theologie, dann aber umkippen und die negative Theologie begründen, die eigentlich so hoch ist, so von Gott und dem göttlichen Denken durchdrungen, daß sie sich nur ausspricht in negativen Prädikaten, in Verneinungen desjenigen, was man sich von der Sinneswelt vorstellen kann.

Und so glaubte Dionysius der Areopagite hinüberzudringen in die göttlich-geistige Welt, indem er gewissermaßen alles dasjenige, was man im Verstande haben kann, verläßt und sich zu einer überverständigen Welt hinüberlebt.

Sehen Sie, wenn wir den Dionysius für einen Paulus-Schüler halten, dann lebt er ja am Ende des 1. christlichen Jahrhunderts in das 2. christliche Jahrhundert hinüber und er lebt also ein paar Jahrhunderte vor dem entscheidungsvollen 4. nachchristlichen Jahrhundert. Er fühlt, was da herankommt: den Höhepunkt menschlicher Verstandesentwickelung. Er sieht gewissermaßen mit einem Teil seines Wesens zurück in die alten Zeiten. Sie wissen, vor dem 8. vorchristlichen Jahrhundert haben die Menschen noch nicht so vom Verstande geredet, wie seit dem 8. vorchristlichen Jahrhundert. Der Verstand oder die Verstandesseele ist ja erst im 8. vorchristlichen Jahrhundert geboren worden, und aus dieser Geburt der Verstandesseele ging die griechische, ging die lateinische Kultur hervor. Die waren dann im 4. nachchristlichen Jahrhundert auf ihrem Höhepunkt. Vor diesem 8. vorchristlichen Jahrhundert hat man ja gar nicht die Welt mit dem Verstande erkannt; man hat sie erkannt durch die Anschauung. Die älteren ägyptischen, die älteren chaldäischen Erkenntnisse sind durch die Anschauung gewonnen, sind gewonnen so, wie wir unsere äußeren sinnlichen Erkenntnisse gewinnen, trotzdem diese vorchristlichen Erkenntnisse geistige Erkenntnisse waren. Der Geist wurde eben so angeschaut, wie wir heute das Sinnliche anschauen und wie schon die Griechen das Sinnliche angeschaut haben. Es ist also gewissermaßen in Dionysius dem Areopagiten etwas wie ein Zurücksehnen zu einer Anschauung, die jenseits des Verstandes liegt.

Nun stand vor dem Dionysius das große Mysterium von Golgatha. Er lebte in der Verstandeskultur seiner Zeit. Wer sich in die Schriften des Dionysius vertieft, der sieht, gleichgültig wer es war, wie stark dieser Mann lebte in alldem, was die Verstandeskultur seiner Zeit hervorgebracht hat. Ein feingebildeter Grieche, aber zu gleicher Zeit ein Mann, der in seiner ganzen Persönlichkeit erfüllt war von der Größe des Mysteriums von Golgatha, und der sich sagte: Wenn wir uns mit unserem Verstande auch noch so sehr anstrengen, an das Mysterium von Golgatha und dasjenige, was dahintersteht, kommen wir nicht heran. Wir müssen über den Verstand hinauskommen. Wir müssen von der positiven Theologie zu der negativen Theologie uns hinüberentwickeln.“ (Lit.:GA 204, S. 257ff)

Ätherische Astronomie und Christentum

„Also in Athen namentlich war bis ins 4. Jahrhundert herein, ja noch länger, eine Weisheitsschule, welche sich bemühte, die alte ätherische Astronomie mit dem Christentum in Einklang zu bringen. Die letzten Reste dieser Anschauung von dem Hereinkommen des Menschen aus höheren Welten durch die Planetensphäre in die Erdensphäre, sie durchglänzen noch die Schriften des Origenes, glänzen noch durch selbst durch die Schriften der griechischen Kirchenväter. Man kann überall sehen, wie das da durchglänzt; und es glänzte namentlich durch die Schriften des wahren Dionysius des Areopagiten. Dieser Dionysius der Areopagite hinterließ ja eine Lehre, die eine reine Synthesis war zwischen der ätherischen Astronomie und demjenigen, was im Christentum lebte: daß sich die gewissermaßen in der Sonne astronomisch oder kosmisch lokalisierten Kräfte in dem Christus durch den Menschen Jesus von Nazareth in die Erdensphäre hineinbegeben haben, und daß damit eine gewisse Beziehung, die vorher nicht vorhanden war, zur Erde entstanden ist in bezug auf alle höheren Hierarchien, die Hierarchien der Engel, die Hierarchien der Weistümer, die Hierarchien der Throne, die Hierarchien der Seraphime und so weiter. Eine Durchdringung dieser Hierarchienlehre mit ätherischer Astronomie, das war es, was beim ursprünglichen Dionysius dem Areopagiten vorhanden war.

Im 6. Jahrhundert hat man dann versucht, die Spuren zu verwischen auch der älteren Lehren des Dionysius des Areopagiten, und man hat sie so umgestaltet, daß man darin eigentlich nur noch eine abstrakte Geisteslehre hatte. So wie heute die Lehre des Dionysius des Areopagiten vorliegt, ist sie ja eine Geisteslehre die nicht mehr viel mit ätherischer Astronomie zu tun hat. Und so nennt man ihn dann den Pseudo-Dionysius. Auf diese Weise hat man der Weisheitslehre einen Untergang bereitet, auf der einen Seite, indem man den Dionysius verballhornt hat, und auf der anderen Seite dadurch, daß man jene noch in Athen ganz lebhaft lebendige Lehre, welche die ätherische Astronomie mit dem Christentum vereinigen wollte, ausgerottet hat, und daß man in bezug auf das Kulthafte dann den Mithrasdienst ausgerottet hat.

Und dann haben ein übriges getan solche Persönlichkeiten wie Konstantin, dessen Taten in späterer Zeit verstärkt wurden dadurch, daß ja der Kaiser Justinian die Athenische Philosophenschule schließen ließ, so daß die letzten Menschen, welche sich damit befaßt haben, die alte ätherische Astronomie mit dem Christentum in Einklang zu bringen, auswandern mußten und in Persien eine Stätte fanden, wo sie wenigstens ihr Leben fortfristen konnten.“ (Lit.:GA 204, S. 72f)

Die Himmlische Hierarchie

Mariä Aufnahme in den Himmel von Francesco Botticini (1446–1497). Maria und Jesus sind von den in drei Stufen gegliederten neun Engelschören umgeben.
Hauptartikel: Hierarchien

Die Angelologie (von griech. ἄγγελος angelos „Sendbote“, λόγος logos „Wort, Lehre“), die christliche Lehre von den Engelhierarchien, geht zurück auf die Schrift des Areopagiten über «Die Himmlische Hierarchie» (de caelesti hierarchia)[13], die er dem Mitpresbyter[14] Timotheus widmet. Zweck der Hierarchien, die als Nachbilder Gottes geschaffen sind, ist es, in aufsteigender Stufenordnung dem göttlichen Urbild immer ähnlicher zu werden und so zur Einswerdung mit Gott zu streben und mehr noch zu Mitwirkenden mit Gott zu werden.

Im 2. Kapitel rechtfertigt Dionysius die sinnlich-sinnbildliche Darstellung der Engelwesen in der Heiligen Schrift, durch die sie aber doch trotz aller Unähnlichkeit geziemend veranschaulicht würden. Nur mit Rücksicht auf unser eingeschränktes Erkenntnisvermögen habe uns Gott diese in Sinnbildern verhüllten Aufschlüsse über die Engelwelt gegeben. Man müsse sich aber stets bewusst sein, dass es sich um Sinnbilder handle und nicht meinen, die Hierarchien „seien nach dem Bilde der Adler mit einem Krummschnabel oder wie die (kleineren) Vögel mit einem struppigen Gefieder ausgestattet; damit wir nicht (sage ich), uns einbilden, es liefen da gewisse feurige Räder über den Himmel und es seien da Throne aus irdischem Stoff, welche der Urgottheit zum Zurücklehnen dienen, und es gäbe gewisse buntscheckige Pferde und speertragende Kriegsoberste und was sonst alles von der Schrift in heiliger Plastik durch die bunte Fülle der bedeutungsreichen Sinnbilder uns überliefert ist.“[15]

Vom 3. Kapitel an wird nun der Zweck und die heilige Stufenordnung der Hierarchie entwickelt:

„Zweck der Hierarchie ist also die möglichste Verähnlichung und Einswerdung mit Gott. Hiebei hat sie ihn selbst zum Lehrmeister in jeglicher hierarchischen Erkenntnis und Wirksamkeit, blickt zu seiner göttlichen Schönheit unverwandt empor, gibt dieselbe soweit als möglich im Nachbild wieder und vervollkommnet ihre Mitglieder zu göttlichen Bildern, zu lautersten, fleckenlosen Spiegeln, welche im Stande sind, den urgöttlichen Strahl aus der Urquelle des Lichtes in sich aufzunehmen, zu Spiegeln, welche dann, von dem einstrahlenden Glanze heilig erfüllt, diesen hinwieder neidlos über die nächstfolgenden Ordnungen leuchten lassen, sowie es den urgöttlichen Satzungen entspricht. Denn es ist den Trägern der heiligen Weihegewalten oder den Empfängern der heiligen Weihen nicht erlaubt, überhaupt etwas zu wirken, was gegen die heiligen Anordnungen des Urhebers ihrer eigenen Weihe verstößt. Nicht in irgend einem Widerspruch dürfen sie zu ihm stehen, wenn sie seines vergöttlichenden Glanzes begehren und mit geziemender Heiligkeit auf ihn blicken und gemäß dem entsprechenden Grade, den jeder der heiligen Geister einnimmt, nach ihr sich umbilden.

Demnach besagt der Ausdruck „Hierarchie“ eine gewisse ganz heilige Institution, ein Abbild der urgöttlichen Schönheit, welches in hierarchischen Abstufungen und Erkenntnissen die Mysterien der entsprechenden Erleuchtung heilig auswirkt und Verähnlichung mit dem eigenen Urbild, soweit es nur immer geschehen kann, hervorbringt. Denn für jedes Mitglied der Hierarchie besteht die Vollendung darin, daß es seinem zuständigen Grade entsprechend zum Nachbild Gottes erhoben werde, ja daß es wahrhaftig, was noch göttlicher als alles andere ist, wie die Schrift sagt, zu einem Mitwirkenden mit Gott werde und in sich selbst die göttliche Wirksamkeit nach Möglichkeit zeige und hervortreten lasse.“

Dionysius Areopagita: Himmlische Hierarchie 3,2[3]

Die himmlischen Wesen umfassen neun Engelchöre, die sich in drei dreiteilige Gruppen gliedern.

„Die Offenbarung hat den sämtlichen himmlische Wesen neun Namen gegeben, die über sie Aufschluß bieten. Der göttliche Lehrer, der uns in die heilige Wissenschaft einweihte, gruppiert sie in drei dreiteilige Ordnungen. Die erste, sagt er, ist diejenige, welche immerdar um Gott steht und, wie die Überlieferung sagt, ununterbrochen und, den andern voraus, unmittelbar mit ihm vereinigt ist. Denn die Offenbarung der heiligen Schriften, sagt er, habe überliefert daß die heiligsten Throne, die mit vielen Augen und vielen Flügeln versehenen Rangstufen, Cherubim und Seraphim nach dem hebräischen Worte genannt, gemäß ihrer alle übertreffenden Nähe unmittelbar um Gott gestellt sind. Diese triadische Ordnung bezeichnete unser großer Meister gleichsam als eine und eine gleichstufige und eigentlich erste Hierarchie. Keine andere ist Gott ähnlicher und den unmittelbaren Ausstrahlungen der Urgottheit direkt näher unterstellt als diese. Die zweite Triade, sagt er, sei diejenige, welche von den Gewalten, Herrschaften und Mächten gebildet wird. Die dritte Triade unter den letzten der himmlischen Hierarchien bestehe aus den Engeln, Erzengeln und Fürstentümern.“

Dionysius Areopagita: Himmlische Hierarchie 6,2[4]

In den folgenden Kapiteln werden nun die verschiedenen Hierarchien ausführlicher beschrieben und im 10. Kapitel das Ergebnis der bisherigen Betrachtung kurz zusammengefasst.

„Wir haben also das Ergebnis gewonnen, daß die vornehmste Ordnung der um Gott stehenden Geister von der Einstrahlung, die dem Urquell aller Weihevollendung entströmt, hierarchisch erfüllt und in unmittelbarer Erhebung zu demselben durch eine verborgenere und glanzvollere Lichtmitteilung der Urgottheit gereinigt, erleuchtet und vollendet wird.“

Dionysius Areopagita: Himmlische Hierarchie 6,2[5]

Werke

  • De mystica Theologia ("Über mystische Theologie") [6]
  • De divinis nominibus ("Die göttlichen Namen") [7]
  • De ecclesiastica hierarchia ("Die kirchliche Hierarchie") [8]
  • De caelesti hierarchia ("Die himmlische Hierarchie") [9]
  • 10 Briefe, u.a. Ad Demophilum ("Angeblicher Brief an den Mönch Demophilus") [10]

Die Schriften wurden mehrfach übersetzt und kommentiert, und zwar von Johannes Scotus Eriugena, Johannes Sarazenus, Robert Grosseteste im 13. Jahrhundert und Ambrosius Travesari im 15. Jahrhundert.

Siehe auch

Anmerkungen

Literatur

  1. G. K. Kaltenbrunner, Dionys vom Areopagita. Das Unergründliche, die Engel und das Eine; 1996
  2. W. Müller, Dionysius Areopagita und sein Wirken bis heute; 2. Aufl. 1990
  3. W. Völker, Kontemplation und Ekstase bei Pseudo-Dionysius Areopagita; 1958
  4. Rudolf Steiner: Die Rätsel der Philosophie in ihrer Geschichte als Umriß dargestellt, GA 18 (1985), ISBN 3-7274-0180-X pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  5. Rudolf Steiner: Grundelemente der Esoterik, GA 93a (1976), S 97f., Berlin, 8. Oktober 1905 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  6. Rudolf Steiner: Kosmogonie, GA 94 (2001), ISBN 3-7274-0940-1 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  7. Rudolf Steiner: Perspektiven der Menschheitsentwickelung, GA 204 (1979), ISBN 3-7274-2040-5 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
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