Rudolf Steiner und Paul Feyerabend: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Datei:Steiner.jpg|thumb|Rudolf Steiner (1861-1925), Begründer der Anthroposophie <br>[[Datei:Steiner Autograph.gif|center|200px|Unterschrift von Dr. Rudolf Steiner]]]]
'''Paul Karl Feyerabend''' (* [[13. Januar]] [[1924]] in [[Wien]]; † [[11. Februar]] [[1994]] in [[Genolier]] im [[Schweiz|schweizerischen]] [[Kanton Waadt|Waadtland]]) war ein [[Österreich|österreichischer]] [[Philosophie|Philosoph]] und [[Wissenschaftstheorie|Wissenschaftstheoretiker]]. Er war von 1958 bis 1989 Philosophieprofessor an der [[University of California|Universität von Kalifornien]] in [[Berkeley (Kalifornien)|Berkeley]] und lebte zeitweilig in [[England]], [[Deutschland]], [[Neuseeland]], [[Italien]], zuletzt in der Schweiz, wo er als Hochschullehrer an der [[Eidgenössische Technische Hochschule Zürich|ETH Zürich]] tätig war.


'''Rudolf Steiner''' (* [[25. Februar|25.]] oder [[27. Februar|27. Februar]]<ref>In den offiziellen Dokumenten wurde, wie damals üblich, der 27. Februar angegeben, das Taufdatum. In einer handschriftlichen Aufzeichnung Steiners steht: ''„Meine Geburt fällt auf den 25. Februar 1861. Zwei Tage später wurde ich getauft.“'' (erstmals dokumentiert in Beiträge zur Rudolf-Steiner-Gesamtausgabe, Heft 49/50). Gemäß im Jahr 2009 aufgetauchten neuen  Dokumenten ist der 27. Februar der Geburtstag und auch als solcher in den Taufschein eingetragen. Das meint jedenfalls Günter Aschoff (vgl. "Rudolf Steiners Geburtstag am 27. Februar 1861 - Neue Dokumente, in: Das Goetheanum, Nr. 9/2009, S. 3ff ([http://www.dasgoetheanum.ch/fileadmin/wochenschrift/downloads/Forschungsbericht_Aschoff.pdf PDF]). Laut Aschoff sei Steiner zeitweise selbst fälschlicherweise davon ausgegangen, dass er am 25. Februar geboren worden sei. Endgültig geklärt ist die Geburtstagsfrage damit aber nicht. Auch Aschoff schließt sehr vorsichtig mit der Aussage: „All dies und ebenso das, was Rudolf Steiner in Vorträgen gesagt und selbst veröffentlicht hat, weist auf den 27. Februar 1861 als sein Geburtsdatum hin“. Dem englischen [[Astrologe]]n und Theosophen [[Alan Leo]] hat Steiner vermutlich während des [[Münchner Kongress 1907|Münchner Kongresses 1907]] auf dessen Frage als Geburtsstunde 23:15h gennannt. Alan Leo erstellte nach diesen Angaben das [[Geburtshoroskop Rudolf Steiners]], das in dessen [https://archive.org/details/artofsynthesis00leoa The Art of Synthesis] (1908 schon in 2. Auflage erschienen) veröffentlicht wurde ([http://www.odysseetheater.com/jump.php?url=http://www.odysseetheater.com/ftp/anthroposophie/Rudolf_Steiner/Rudolf_Steiner_Geburtshoroskop_(Alan_Leo).pdf PDF]).</ref><ref>[[Rudolf Steiners Geburtshoroskop]] für den 27. Februar erstellte auch der Astrologe [http://www.handlesen.de/index.php/de/vita Manfred Magg]: [http://www.handlesen.de/index.php/de/handlesen/handlesen-analysen#AnkerSteiner Rudolf Steiner - Geburtshoroskop]. Magg weist dabei insbesondere auf wesentlichen Unterschiede in Hinblick auf die Mondstellung hin. Geht man von einer Geburt am 27. aus, steht der [[Mond]] im [[Tierkreiszeichen]] [[Waage (Tierkreiszeichen)|Waage]], was plausibel erscheint ([http://anthrowiki.at/images/4/42/Rudolf_Steiner_Geburtshoroskop_27.2.1861.pdf PDF]).</ref><ref>Einen wesentlich anderen Sachverhalt stellt Judith von Halle in ihrem Werk "Rudolf Steiner - Meister der weissen Loge. Zur okkulten Biographie" dar. Demnach wurde das Geburtsdatum damals absichtlich gefälscht und somit ist der 25. Februar 1861 Rudolf Steiners wahrer Geburtstag.
Bekannt wurde Feyerabend durch seinen wissenschaftstheoretischen [[Anarchismus]]. Nach Feyerabend lassen sich keine universellen und ahistorischen wissenschaftlichen [[Methodik|Methoden]] formulieren, produktive Wissenschaft müsse vielmehr Methoden nach Belieben verändern, einführen und aufgeben dürfen. Zudem gebe es keine allgemeinen Maßstäbe, mit denen man verschiedene wissenschaftliche Methoden oder Traditionen bewerten könne. Das Fehlen allgemeiner Bewertungsmaßstäbe führt Feyerabend zu einem philosophischen [[Relativismus]], nach dem keine Theorie allgemein [[Wahrheit|wahr]] oder falsch ist.
Judith von Halle schreibt in ihrem Buch: “Rudolf Steiner - Meister der weißen Loge“, ab S. 108 : "Es ist von großer Bedeutung, dass die Lebensdaten korrekt wiedergegeben werden, mit denen der Mensch ins Erdendasein tritt. Dies können wir auch einsehen anhand eines historischen Beispiels, welches nun allen bekannt sein dürfte. Wie tragisch sich die Verfälschung oder mutwillige Unterschlagung der wahren Lebensdaten gerade bei einer hoch entwickelten Individualität - nicht nur für deren persönliches Schicksal, sondern auch für das Schicksal ganzer Völkergemeinschaften, in dem Falle für diejenigen Europas - auswirken kann, zeigt sich an keinem anderen Menschen so deutlich wie an jenem, den man schließlich Kaspar Hauser nannte. So wie bei Kaspar Hauser geschehen war, sollte auch das Karma Rudolf Steiners in andere Bahnen gelenkt werden. …....... Drei oder vier Tage nach der Geburt des Knaben Rudolf Steiner nahm ein anderer Erfüllungsgehilfe derselben Macht die besagten falschen Einträge in das Geburtsregister vor, wodurch das Schicksal des Knaben in andere Bahnen gelenkt werden sollte ….. Wir sehen also, die schwarzen Logen sind sich durchaus darüber bewusst: Es ist möglich, zu verhindern, dass ein Meister seine Wirksamkeit entfaltet auf der Erde dadurch, dass man das Gefäß in welches er einziehen will, beschädigt oder zerstört. …....... So hatte der kleine Rudolf eines Tages eine bewegende innere Schau auf dasjenige, was sich kurz nach seiner Geburt zugetragen hatte: Vor seinem inneren Auge enthüllte sich die Verfälschung seiner Lebensdaten, die durch den Eintrag in das Geburtsregister herbei geführt worden war. ….... Im Juli 1879 – das ist der Beginn des Michael-Zeitalters – nur fünf Tage nach Erhalt seines Matura-Zertifikates.............er ist mittlerweile achtzehn Jahre alt und hat durch die Matura eine gewisse Rechtskraft erhalten.......verlangt er eine Auszugs-Abschrift aus dem Geburtsregister, einen sogenannten Taufschein; einen solchen benötigt er für seine Immatrikulation in Wien. Bei dieser Gelegenheit bestand Rudolf Steiner auf die Korrektur der Einträge beziehungsweise auf einen wahrheitsgemäßen Eintrag seiner Lebensdaten auf der gewünschten Auszugs-Kopie, dem Taufschein. Es muss ein ungeheuerlicher Kraftakt für den jungen Rudolf Steiner gewesen sein, mit dem immer noch dort tätigen Schreibdiener, jenem Diener der schwarzen Loge, um die Korrektur seiner Lebensdaten zu ringen. Es ist der außergewöhnlichen Ich-Kraft des jungen Rudolf Steiner zuzuschreiben, dass es ihm schließlich gelang, die Korrektur seines ersten Vornamens durchzusetzen. …........ Doch gelang es Rudolf Steiner nicht, auch die Korrektur seines Geburtsdatums zu erwirken. … Dass der 25. Februar nicht auch als der amtlich bezeugte Geburtstag Rudolf Steiners eingetragen wurde, ist alles andere als eine Lappalie – es ist in Wahrheit eine Katastrophe, die in ihrer Tragweite bislang wohl nur von wenigen Menschen erkannt wird und die sich in ihren Konsequenzen bis in unsere Zeit hinein gezogen hat. Denn seit jenem Juli-Tag im Jahre 1879 und erst recht als Begründer der Geisteswissenschaft, war er aufgrund dieses Eintrags dazu verpflichtet - man müsste eigentlich sogar sagen “verdammt“ - fortan zeitlebens selbst das falsche Geburtsdatum anzugeben. << Ein weiteres Indiz ist folgender Auszug aus dem Brief von Eugenie von Bredow, datiert auf den 25. Februar 1921 (in ihren Räumlichkeiten hatte Steiner 1906 über Richard Wagners “Parsifal“ vorgetragen!) : >> Heute an dem Tage, der eigentlich der Tag der Geburt in dieser Verkörperung Ihrer Individualität gewesen sein soll, während wir bis dahin immer den 27. Februar dafür ansahen, möchte ich Ihnen in treuem Gedenken die wärmsten Wünsche für Ihr Wohlergehen aussprechen.>>"</ref><ref>Der amerikanischen Astrologe Christopher A. Weidner erstellte ein Geburtshoroskop Rudolf Steiners für den 25.02.1861, 23:15 MEZ → [[Rudolf Steiner Geburtshoroskop 25.02.1861]]</ref><ref>Vgl. auch Thomas Meyers Argumentation für den 27. Februar im Europäer, Jg.15, Nr. 11 (Sept. 2011), S. 7-9, PDF:[http://www.perseus.ch/wp-content/uploads/2012/03/Rudolf-Steiners-wahrer-Geburtstag.pdf]</ref> [[1861]] in [[Kraljevec]], damals Kaisertum Österreich, heute [[Donji Kraljevec]] in [[Wikipedia:Kroatien|Kroatien]]; † [[30. März]] [[1925]] in [[Dornach SO|Dornach]] bei [[Wikipedia:Basel|Basel]]), war ein österreichischer [[Goethe]]-Forscher, [[Philosophie|Philosoph]] und [[Geistesforscher]], der durch die von ihm systematisch entwickelte [[Anthroposophie]] einen neuen, zukunftsweisenden [[wissenschaft]]lichen Zugang zur [[Geistige Welt|geistigen Welt]] eröffnete.


== Überblick über Steiners Werk ==
[[Datei:Paul Feyerabend Berkeley.jpg|mini|Paul Feyerabend in Berkeley]]


Steiner war [[Goethe]]-Forscher, Philosoph und [[Esoterik|Esoteriker]]. Als [[Geistesforscher]] entwickelte er ab 1900 die [[Anthroposophie]] als [[Geisteswissenschaft|Wissenschaft vom Geistigen]], ausgehend von der [[Beobachtung des Denkens]] nach [[naturwissenschaft]]licher [[Methode]], die er schon in seiner 1894 erschienen «[[Philosophie der Freiheit]]» ausführlich dargestellt und in deren zweitem Teil einen auf das selbstbewusste freie [[Ich]] gestützten [[Ethischer Individualismus|ethischen Individualismus]] begründet hatte.
== Leben ==
=== Kindheit, Jugend, Krieg ===
Paul Feyerabend wurde 1924 in Wien geboren. Als Sohn einer Mittelstandsfamilie besuchte er ein [[Realgymnasium]] und war ein Schüler mit überdurchschnittlichen Leistungen. Die Eltern hatten aufgrund von Krieg und Inflation lange gewartet, bevor sie ihr erstes und einziges Kind bekamen, Paul Feyerabends Mutter war bei seiner Geburt bereits 40 Jahre alt. In Kontakt mit der Philosophie kam Feyerabend nach eigenen Angaben durch einen Zufall: ''{{"|Wenn man sich nach Literatur umsah, die zum Verkauf bestimmt war, konnte man tonnenweise Bücher für nur ein paar Groschen erwerben. [] Ich konnte es nicht vermeiden, daß hin und wieder auch ein Band von Plato, Descartes oder Büchner (dem Materialisten, nicht dem Dichter) darunter waren. Ich habe diese unerwünschten Zugaben dann wohl aus Neugier gelesen oder einfach, weil ich dafür bezahlt hatte.}}''<ref>''Zeit'', S. 43 f.</ref>


Mit der [[Eurythmie]] schuf Steiner eine neue Bewegungskunst sowie mit dem [[Goetheanum]] in Dornach als Sitz einer unabhängigen [[Freie Hochschule für Geisteswissenschaft|Freien Hochschule für Geisteswissenschaft]] und durch weitere Bauten einen neuen, organischen [[Architektur]]stil. In erheblichem Umfang gab er Anleitung für die [[Sprachgestaltung|Kunst der Rezitation und Deklamation]]. Die [[Waldorfschule]] ermöglicht ein natürlicheres Lernen, die [[biologisch-dynamische Landwirtschaft]] lebensvolle Ernährung, der Gedanke der [[Soziale Dreigliederung|Dreigliederung des sozialen Organismus]] soll das Prinzip der Freiheit im Geistesleben, der Gleichheit im Rechtsleben und der Brüderlichkeit im Wirtschaftsleben ermöglichen. Gemeinsam mit [[Ita Wegman]] schuf Steiner die [[Anthroposophische Medizin|anthroposophisch erweiterte Medizin]]. Auch zu weiteren Künsten und zu den Naturwissenschaften hat er Fachleuten, meist auf deren Bitten, Anregungen gegeben.
Im März 1938 wurde Österreich Teil des deutschen Reiches, am 1. September 1939 begann der Zweite Weltkrieg und veränderte das Leben des 15-Jährigen. Feyerabends Eltern begrüßten den [[Anschluss Österreichs|Anschluss]], Feyerabend beschreibt sein Verhältnis zu den Nazis als naiv und relativ emotionslos. Er wurde nicht zu einem glühenden Anhänger, reagierte jedoch auch auf die im Krieg erlebten Grausamkeiten nicht mit Empörung. 1940 begann Feyerabend mit dem [[Reichsarbeitsdienst]], 1942 wurde er Teil eines Pionierkorps, 1943 besuchte er eine Offiziersschule. Er wurde für die Ausbildung nach Jugoslawien geschickt; nach Feyerabend war die Offiziersschule insbesondere ein Weg, den Kriegseinsatz zu umgehen. In Jugoslawien erfuhr er von der Selbsttötung seiner Mutter, ein Ereignis, das ihn damals nicht sehr bewegte. Feyerabend wurde noch im September 1943 nach Russland geschickt, wo er sich nach eigenen Angaben leichtsinnig und theatralisch verhielt und dafür bis zum [[Leutnant]] befördert wurde.


== Leben und Schaffen ==
Im letzten Kriegsjahr wurde Feyerabend auf dem Rückzug von mehreren Kugeln in den Magen und die Hand getroffen. ''{{"|Ich verspürte keinen Schmerz, aber ich war überzeugt, daß meine Beine getroffen waren. Einen Augenblick sah ich mich im Rollstuhl an einer endlosen Bücherwand entlangfahren – ich war fast glücklich. Die Soldaten, die schleunigst aus dem Kampfgebiet kommen wollten, standen um mich herum, hoben mich auf einen Schlitten und zogen mich weg. Für mich war der Krieg vorbei.}}''<ref>''Zeit'', S. 74 f.</ref> Feyerabends schwere Verletzungen bewirkten, dass er sein Leben lang starke Schmerzen hatte, an einem Stock gehen musste und impotent geworden war. Er wurde in eine Klinik in [[Apolda]] gebracht; nach Kriegsende studierte er für ein Jahr Gesang im nahen [[Weimar]].


=== Kindheit ===
=== Studienzeit ===
[[Datei:Kraljevec Geburtshaus.jpg|thumb|300px|Das vermutliche Wohnhaus der Familie Steiner in [[Donji Kraljevec|Kraljevec]]. Rudolf Steiners Geburtshaus war hingegen mutmaßlich das Stationshaus an der Südbahnstrecke, welches im ersten Weltkriege zerstört wurde.<ref>Oskar Schmiedel, Aus dem Lande, in dem Rudolf Steiner seine Kindheit und Jugend verbrachte, Verlag der Rudolf Steiner-Nachlaßverwaltung, Dornach, 1952, Seite 13</ref>]]
1947 kehrte Feyerabend aus Weimar nach Wien zurück. Seine frühere Leidenschaft – die Physik – schien ihm nach Kriegsende lebensfremd, und so begann er mit dem Studium der Geschichte und Soziologie. Bald langweilten ihn jedoch seine Vorlesungen, er wechselte noch im gleichen Jahr zur Physik. Unter den Physikern an der [[Universität Wien]] machte insbesondere [[Felix Ehrenhaft]] Eindruck auf Feyerabend. Bald kam er durch [[Victor Kraft]] zudem in Kontakt mit der akademischen Philosophie. Kraft war im Gegensatz zu den anderen bekannten Mitgliedern des [[Wiener Kreis]]es in Österreich geblieben und hatte um sich eine Gruppe von Philosophen und Studenten versammelt – den so genannten „Kraft-Kreis“. Unter ihnen war auch Feyerabend, der im Kraft-Kreis die Gelegenheit bekam, mit Philosophen wie [[Walter Hollitscher]], [[Elizabeth Anscombe|G.E.M. Anscombe]] oder [[Ludwig Wittgenstein]] zu diskutieren. In dieser Zeit übernahm Feyerabend zentrale Überzeugungen des [[Logischer Empirismus|logischen Empirismus]]: {{"|Das war übrigens die Haltung bei all meinen Diskussionbeiträgen: die Wissenschaft ist die Grundlage des Wissens, Wissen ist empirisch, nicht-empirische Überlegungen sind entweder Logik oder Unsinn.}}<ref>''Zeit'', S. 95.</ref>
[[Datei:Johann Steiner.jpg|mini|Johann Steiner (1829-1910), der Vater Rudolf Steiners]]
[[Datei:Franziska Steiner.jpg|mini|Franziska Steiner, geborener Blie (1834-1918), seine Mutter]]
Rudolf Steiner hat in [[Donji Kraljevec|Kraljevec]], welches damals dem [[Kaisertum Österreich]] angehörte, (heute in [[Wikipedia:Kroatien|Kroatien]] gelegen), das Licht der Welt erblickt. Sein Elternhaus war freigeistig, der Vater, [[Johann Steiner]] (1829-1910), war Eisenbahnbeamter; seiner Mutter [[Franziska Steiner]], geborener Blie (1834-1918), ist er stets in einem liebevollen gemüthaften Verhältnis verbunden geblieben. Beide Elternteile stammten aus dem niederösterreichischen [[Wikipedia:Waldviertel|Waldviertel]], wohin sie auch wieder zurückkehrten, nachdem der Vater in den Ruhestand getreten war. Rudolf Steiner hatte zwei jüngere Geschwister: Leopoldine (1864–1927), die als Näherin bis zu deren Tod bei den Eltern wohnte, und Gustav (1866–1941), der gehörlos geboren wurde und zeitlebens auf fremde Hilfe angewiesen war. Der Vater war zuvor als Förster und Jäger in Diensten des [[Wikipedia:Horn (Niederösterreich)|Horner]] Reichsgrafen [[Wikipedia:Hoyos (Adelsgeschlecht)|Hoyos]] (eines Sohns von Graf [[Wikipedia:Johann Ernst Hoyos-Sprinzenstein|Johann Ernst Hoyos-Sprinzenstein]]) tätig; als dieser ihm 1860 seine Zustimmung zur Hochzeit verweigerte, quittierte er den Dienst und fand eine Anstellung als Bahntelegrafist bei der [[Wikipedia:Österreichische Südbahn|Südbahn]].


Die Familie zog mehrmals um: [[1862]] nach [[Wikipedia:Mödling|Mödling]], ein Jahr später nach [[Wikipedia:Pottschach|Pottschach]] und [[1869]] nach [[Wikipedia:Neudörfl|Neudörfl]].
Entscheidend für Feyerabends weitere Entwicklung wurde das [[Europäisches Forum Alpbach|Forum Alpbach]], an dem er 1948 erstmals teilnahm. In Alpbach lernte Feyerabend [[Hanns Eisler]], [[Bertolt Brecht]] und nicht zuletzt [[Karl Popper]] kennen. Das Angebot, bei Brecht als Assistent zu arbeiten, schlug Feyerabend aus.<ref>''Zeit'', S. 101.</ref> Stattdessen wollte er nach seiner Promotion 1951 mit einem Stipendium des [[British Council]] bei Wittgenstein in Cambridge studieren. Da Wittgenstein jedoch 1951 verstarb, ging Feyerabend zu Popper an die [[London School of Economics and Political Science]]. Der Einfluss Poppers wurde in mehrfacher Hinsicht bestimmend für Feyerabends philosophische Entwicklung. Zunächst übernahm er den [[Falsifikationismus]] und wurde tief von Poppers Denken geprägt. Später wandte er sich jedoch von Poppers [[Kritischer Rationalismus|kritischem Rationalismus]] ab und machte ihn zum Hauptgegner des eigenen wissenschaftstheoretischen Anarchismus.
Ein tiefes Rätsel bot sich ihm durch einen in Brand geratenen Eisenbahnwagen: ''"Einmal gab es auf der Bahnstation etwas ganz «Erschütterndes». Ein Eisenbahnzug mit Frachtgütern sauste heran. Mein Vater sah ihm entgegen. Ein hinterer Wagen stand in Flammen. Das Zugspersonal hatte nichts davon bemerkt. Der Zug kam bis zu unserer Station brennend heran. Alles, was sich da abspielte, machte einen tiefen Eindruck auf mich. In einem Wagen war Feuer durch einen leicht entzündlichen Stoff entstanden. Lange Zeit beschäftigte mich die Frage, wie dergleichen geschehen kann. Was mir meine Umgebung darüber sagte, war, wie in ähnlichen Dingen, für mich nicht befriedigend. Ich war voller Fragen; und mußte diese unbeantwortet mit mir herumtragen. So wurde ich acht Jahre alt. — Als ich im achten Lebensjahre stand, übersiedelte meine Familie nach Neudörfl, einem kleinen ungarischen Dorfe."''<ref>Rudolf Steiner, Mein Lebensgang, Rudolf Steiner Verlag, Dornach, 2000, Seite 20</ref>
Nach dem Umzug nach Neudörfl, besuchte Rudolf Steiner zunächst die örtliche Dorfschule und anschließend das Realgymnasium in [[Wikipedia:Wiener Neustadt|Wiener Neustadt]].


Ein übersinnliches Erlebnis aus dieser Zeit, machte einen besonders tiefen Eindruck auf ihn:
=== Von Bristol nach Berkeley ===
''"Aber auch noch etwas anderes bot sich dem Knaben. Da saß er eines Tages in jenem Wartesaale ganz allein auf einer Bank. In der einen Ecke war der Ofen, an einer vom Ofen abgelegenen Wand war eine Tür; in der Ecke, von welcher aus man zur Tür und zum Ofen schauen konnte, saß der Knabe. Der war dazumal noch sehr, sehr jung. Und als er so dasaß, tat sich die Tür auf; er mußte es natürlich finden, daß eine Persönlichkeit, eine Frauenspersönlichkeit, zur Türe hereintrat, die er früher nie gesehen hatte, die aber einem Familiengliede außerordentlich ähnlich sah. Die Frauenspersönlichkeit trat zur Türe herein, ging bis in die Mitte der Stube, machte Gebärden und sprach auch Worte, die etwa in der folgenden Weise wiedergegeben werden können: «Versuche jetzt und später, so viel du kannst», so etwa sprach sie zu dem Knaben, «für mich zu tun!» Dann war sie noch eine Weile anwesend unter Gebärden, die nicht mehr aus der Seele verschwinden können, wenn man sie gesehen hat, ging zum Ofen hin und verschwand in den Ofen hinein. Der Eindruck war ein sehr großer, der auf den Knaben durch dieses Ereignis gemacht worden war. Der Knabe hatte niemanden in der Familie, zu dem er von so etwas hätte sprechen können, und zwar aus dem Grunde, weil er schon dazumal die herbsten Worte über seinen dummen Aberglauben hätte hören müssen, wenn er von diesem Ereignis Mitteilung gemacht hätte. Es stellte sich nach diesem Ereignis nun folgendes ein. Der Vater, der sonst ein ganz heiterer Mann war, wurde nach jenem Tage recht traurig, und der Knabe konnte sehen, daß der Vater etwas nicht sagen wollte, was er wußte. Nachdem nun einige Tage vergangen waren und ein anderes Familienglied in der entsprechenden Weise vorbereitet worden war, stellte sich doch heraus, was geschehen war. An einem Orte, der für die Denkweise der Leute, um die es sich da handelt, recht weit von jenem Bahnhofe entfernt war, hatte sich in derselben Stunde, in welcher im Wartesaale dem kleinen Knaben die Gestalt erschienen war, ein sehr nahestehendes Familienglied selbst den Tod gegeben."''<ref>Rudolf Steiner, Autobiographischer Vortrag über die Kindheits- und Jugendjahre bis zur Weimarer Zeit, in: Beiträge zur Rudolf Steiner Gesamtausgabe, Heft Nr. 83/84</ref>
1955 bekam Feyerabend seine erste akademische Stelle an der [[University of Bristol]], wo er eine Vorlesung über Wissenschaftstheorie zu halten hatte. Die Stelle war wohl nicht zuletzt dem Einfluss Poppers zu verdanken, allerdings zeigten sich nach Feyerabend erste Brüche: [[John Watkins]] ''{{"|[…] ging mit ernstem Gesicht auf und nieder und hielt mir eine Strafpredigt, weil ich ein schlechter Popperianer war: zu wenig Popper im Text meiner Aufsätze und schon gar keinen Popper in den Fußnoten. Als ich ihm dann im Detail erklärte, daß man an einigen Stellen doch ein bißchen Popper herauslesen konnte, gab er einen Seufzer der Erleichterung von sich, führte mich ins Wohnzimmer und erlaubte mir zu essen.}}''<ref>''Zeit'', S. 149.</ref> Feyerabends Schriften der 1950er und frühen 1960er Jahre sind dennoch stark durch Poppers [[Falsifikationismus]] geprägt.<ref>Ein gutes Beispiel ist folgende Kritik am Positivismus: ''{{"-en|An Attempt at a Realistic Interpretation of Experience.}}'' 1958.</ref> Während seiner Zeit in Bristol heiratete Feyerabend zum zweiten Mal, die Ehe wurde jedoch, wie auch schon die erste, schnell geschieden. In dieser Situation war Feyerabend glücklich, dass ihm 1958 das Angebot gemacht wurde, ein Jahr an der [[University of California, Berkeley]], zu verbringen.


Für den Ministranten, waren auch die Begegnungen mit Mönchen aus der Nachbarschaft, der Anlass zu drängenden Fragen geworden:
Berkeley wurde für über 30 Jahre zum Hauptwohnsitz von Feyerabend. Der Wechsel von Europa in die USA war auf verschiedene Weisen prägend: Zunächst kam Feyerabend insbesondere durch seine Besuche am [[Minnesota Center for the Philosophy of Science]] schnell in engen Kontakt mit der amerikanischen Philosophieszene. Unter den Bekanntschaften waren zum einen viele alte Vertreter des Wiener Kreises wie [[Herbert Feigl]], [[Rudolf Carnap]] und [[Carl Gustav Hempel]], zum anderen jüngere Vertreter der amerikanischen [[Analytische Philosophie|analytischen Philosophie]] wie [[John Searle]] und [[Hilary Putnam]]. 1965 veröffentlichte Feyerabend seine erste ausführliche, wissenschaftstheoretische Schrift, ''Problems of Empiricism''.<ref>''Problems of Empiricism. Beyond the Edge of Certainty: Essays in Contemporary Science and Philosophy'', ed. R.G. Colodny (New Jersey: Prentice-Hall, 1965), S. 145–260.</ref> Dieser lange Essay enthält bereits viele radikale Überlegungen, basiert jedoch auf einem philosophischen [[Realismus (Philosophie)|Realismus]] und führte Feyerabend noch nicht zu einer unbedingten Konfrontation mit der zeitgenössischen Wissenschaftsphilosophie.
''"Den Mönchen begegnete ich oft auf meinen Spaziergängen. Ich weiß noch, wie gerne ich von ihnen wäre angesprochen worden. Sie taten es nie. Und so trug ich von der Begegnung nur immer einen unbestimmten, aber feierlichen Eindruck davon, der mir immer lange nachging. Es war in meinem neunten Lebensjahre, da setzte sich in mir die Idee fest: im Zusammenhange mit den Aufgaben dieser Mönche müssen wichtige Dinge sein, die ich kennen lernen müsse. Auch da war es wieder so, daß ich voller Fragen war, die ich unbeantwortet mit mir herumtragen mußte."''<ref>Rudolf Steiner, Mein Lebensgang, Rudolf Steiner Verlag, Dornach, 2000, Seite 22f</ref>


Im Geschichtsunterricht beschäftigte er sich schon im frühen Alter mit [[Immanuel Kant|Kant]]s [[Wikipedia:Kritik der reinen Vernunft|Kritik der reinen Vernunft]]: ''"Ich trennte nun die einzelnen Bogen des Kantbüchleins auseinander, heftete sie in das Geschichtsbuch ein, das ich in der Unterrichtsstunde vor mir liegen hatte, und las nun Kant, während vom Katheder herunter die Geschichte «gelehrt» wurde. Das war natürlich gegenüber der Schuldisziplin ein großes Unrecht; aber es störte niemand und es beeinträchtigte so wenig, was von mir verlangt wurde, daß ich damals in der Geschichte die Note «vorzüglich» bekam."''<ref>Rudolf Steiner, Mein Lebensgang, Rudolf Steiner Verlag, Dornach, 2000, Seite 43</ref>  
Des Weiteren war das politische Klima Berkeleys und der [[San Francisco Bay Area]] prägend: 1964 machte die [[Free Speech Movement]] Berkeley zum linksrevolutionären Zentrum der USA, drei Jahre später war die Hippiebewegung im benachbarten San Francisco mit dem [[Summer of Love]] auf ihrem Höhepunkt angelangt. Feyerabend hat in seinen Schriften immer wieder betont, dass die Erfahrungen mit den politischen Bewegungen und der Multikulturalität der Bay Area seine philosophischen Gedanken stark geprägt haben. So erklärt er etwa in Bezug auf die multikulturelle Studentenschaft: ''{{"|Wer war ich, um diesen Menschen zu erklären, was und wie sie denken sollten? Ich hatte keine Ahnung von ihren Problemen, obwohl ich wusste, dass sie viele Probleme hatten. Ich kannte nicht ihre Interessen, ihre Gefühle, ihre Ängste, ihre Hoffnungen […]. Denn diese Aufgabe [gemeint ist das Dozieren der Tradition des westlichen Rationalismus] war die eines gebildeten und vornehmen Sklavenhalters. Und ein Sklavenhalter wollte ich nicht sein.}}''<ref>EffM, S. 233 f.</ref>


[[Bild:SteineralsAbiturient.jpg|thumb|Als Abiturient (1879)]]
Feyerabends lange Zeit in Berkeley änderte jedoch nichts an seiner Rastlosigkeit und der Unzufriedenheit mit seiner neuen Heimat. Über die Jahre nahm er viele (Gast-)Professuren an, ohne jedoch an einem Ort vollständig zufrieden zu sein. Längere Zeit verbrachte er in London und Berlin, wo er ebenfalls mit den Studentenbewegungen in Kontakt kam. Weitere Stationen waren Auckland, Kassel, Sussex und Yale.


=== Als Student in Wien ===
=== Der Anarchist in der Wissenschaftstheorie ===
In den 1960er Jahren hatte Feyerabend einige unkonventionelle Ideen publiziert, sich langsam vom kritischen Rationalismus gelöst und sich in Berkeley mit seinem unsteten Lehrstil einige Feinde gemacht. Insgesamt hatte er sich jedoch eine Reputation als ernstzunehmender und geachteter Wissenschaftstheoretiker erarbeitet. Die folgenden Jahre sollten diese Situation verändern. 1970 veröffentlichte Feyerabend einen Aufsatz mit dem Titel ''Against Method'', in dem er die bekannten wissenschaftstheoretischen Methodologien angriff.<ref>Paul Feyerabend: ''Against Method''. In: ''Minnesota Studies in the Philosophy of Science. Theories & Methods of Physics and Psychology''. 1970, S. 17–130.</ref> Seine Position entwickelte sich von einem liberalen und realistischen Methodenpluralismus zu einem relativistischen Angriff auf die Methodologie im Allgemeinen.


An der Technischen Hochschule Wien, studierte Steiner ab [[1879]] Biologie, Chemie, Physik und Mathematik. Der Student entwickelte eine hohe Wertschätzung für den Germanistikprofessor [[Karl-Julius Schröer]]. Auf dessen Empfehlung hin, gab er in Kürschners Deutscher Nationalliteratur [[Goethe]]s naturwissenschaftliche Schriften heraus<ref>Rudolf Steiner, Mein Lebensgang, Rudolf Steiner Verlag, Dornach, 2000, Seite 124f</ref> und veröffentlichte in Zeitungen literarische Abhandlungen. Von [[1882]] bis [[1887]] lebte die Familie Steiners in [[Brunn am Gebirge]]. Von [[1884]] bis [[1890]] verdiente Steiner sich sein Studium durch die Tätigkeit als Privatlehrer eines als unbeschulbar geltenden [[Wikipedia:hydrocephalus|hydrocephalus]]kranken Kindes in einer prominenten Wiener Familie, das dadurch später Medizin studierte und Arzt wurde. Mit der Dichterin [[Marie Eugenie delle Grazie]] knüpfte er eine Freundschaft, [[Marie Lang]] vermittelte eine gleiche mit [[Rosa Mayreder]], aber auch mit Leuten aus dem Volk wie dem Kräutersammler [[Felix Koguzki]] pflegte Rudolf Steiner intensiveren Kontakt.
Mit seinem Freund [[Imre Lakatos]] plante Feyerabend eine gemeinsame Publikation zur Methodendebatte in der Wissenschaftstheorie. Lakatos sollte die Methode der [[Falsifikation]] gegen Feyerabends wütende Attacken auf jede Form von methodologischen Regeln verteidigen. Lakatos verstarb allerdings 1974 und Feyerabend veröffentlichte seine Kritik unter dem Titel ''Against Method. Outline of an anarchistic Theory of Knowledge'' als Monographie. Das Buch machte Feyerabend mit dem Slogan „[[anything goes]]“ über die Grenzen der Wissenschaftstheorie bekannt. In einer der positiveren Rezensionen des Buches finden sich häufig angeführte Bedenken: ''{{"|Wider den Methodenzwang ist ein gutes Buch, vielleicht sogar ein großes. Es ist voll mit Widersprüchen, Über- und Untertreibungen und genügend Ad-hominem-Angriffen, um sogar dem liberalsten Studenten einen rhetorischen Hirnschlag zu verpassen.}}''<ref>Übersetzt von: ''{{"-en|Against Method is a good book, possibly a great one. It’s full of contradictions, over- and understatements, and enough ad hominem statements to give even the most liberal student rhetoric apoplexy.}}'' In: Ian Mitroff: ''Review of: Against Method, Outline of an Anarchistic Theory of Knowledge''. In: ''Contemporary Sociology'' 1976, S. 347.</ref>


=== Als Goetheforscher in Weimar ===
Plötzlich fand sich Feyerabend in der Rolle des Hauptgegners der etablierten wissenschaftsphilosophischen Ansätze wieder. Er hatte offenbar nicht mit einer so breiten und heftigen Reaktion gerechnet und empfand die oft scharfe Ablehnung seines Werkes als verletzend: ''{{"|Mein Privatleben war ein Scherbenhaufen, ich war ohne Schutz. Ich habe oft gewünscht, daß ich dieses verfluchte Buch [englisch: „fucking book“] nie geschrieben hätte.}}''<ref>''Zeit'', S. 200.</ref> Als Reaktion auf die Kritik entstand ''[[Erkenntnis für freie Menschen]]'', ein Buch, das selbst wiederum scharfe Angriffe und ein leidenschaftliches Bekenntnis zum Relativismus enthielt. Zudem vertiefte Feyerabend seine politische Theorie, die gegen die Macht moderner Technik und Wissenschaft gerichtet war.


[[1890]] übernahm er, auf Schröers Vorschlag, am [[Wikipedia:Goethe-und-Schiller-Archiv|Goethe-und-Schiller-Archiv]] in [[Wikipedia:Weimar|Weimar]] die Herausgabe der Naturwissenschaftlichen Schriften Goethes für die große Weimarer Goethe-Ausgabe, die so genannte "Sophien-Ausgabe".  
=== Späte Jahre ===
Feyerabends späte Jahre werden von ihm selbst als seine glücklichsten beschrieben. Über die 1980er Jahre lehrte Feyerabend abwechselnd in Berkeley und an der ETH Zürich, eine Situation, die er sehr genoss. Zudem lernte er 1983 Grazia Borrini bei einer Vorlesung kennen. Sie heirateten sechs Jahre später und blieben bis zu Feyerabends Tod zusammen. Es war Feyerabends vierte Ehe.


Die Technische Hochschule in Wien verließ Steiner ohne Abschluss, promovierte aber in [[Wikipedia:Rostock|Rostock]] [[1891]] mit seiner Dissertationsschrift "Die Grundfrage der Erkenntnistheorie mit besonderer Rücksicht auf Fichtes Wissenschaftslehre. Prolegomena zur Verständigung des philosophischen Bewußtseins mit sich selbst" zum Dr.phil.<ref name="promotion">{{Internetquelle|url=http://www.erziehungskunst.de/artikel/zeichen-der-zeit/ohne-praedikat/|titel=Ohne Prädikat - Ein Symposium über Rudolf Steiners Promotion in Rostock anlässlich seines 150. Geburtstags|zugriff=2014-06-04}}</ref>
Nach dem [[Loma-Prieta-Erdbeben|Erdbeben von San Francisco 1989]] zog sich Feyerabend endgültig aus Kalifornien zurück, ein Jahr später wurde er auch an der ETH Zürich emeritiert. ''{{"|Ich vergaß die 35 Jahre meiner akademischen Karriere fast so schnell wie ich den Militärdienst vergessen hatte. Heute fällt es mir schwer zu glauben, daß ich noch vor fünf Jahren an zwei wissenschaftlichen Institutionen, einer in Europa, einer in Kalifornien, unterrichtet habe.}}''<ref>''Zeit'', S. 229.</ref> In den 1980er und 1990er Jahren hat Feyerabend eine große Zahl an Aufsätzen publiziert, seine letzte große Arbeit sollte die Autobiographie ''Zeitverschwendung'' (Originaltitel: ''Killing Time'') werden, an der er bis kurz vor seinem Tode schrieb. 1993 wurde bei Feyerabend ein [[Hirntumor]] diagnostiziert; am 11. Februar 1994 starb er in einer Klinik am [[Genfersee]]. Er erhielt ein [[Liste gewidmeter Gräber der Stadt Wien|ehrenhalber gewidmetes Grab]] auf dem [[Südwestfriedhof (Wien)|Südwestfriedhof]] in Wien.


''"Äußere Tatsachen bewirkten nur, daß ich es in Wien nicht machen konnte. Ich hatte die Realschule, nicht das Gymnasium offiziell hinter mir, hatte mir die Gymnasialbildung, Privatunterricht darin erteilend, auch privat angeeignet. Das schloß in Osterreich das Doktorieren aus. Ich war in die «Philosophie» hineingewachsen, hatte aber einen offiziellen Bildungsgang hinter mir, der mich von allem ausschloß, in das den Menschen das Philosophiestudium hineinstellt."''<ref>Rudolf Steiner, Mein Lebensgang, Rudolf Steiner Verlag, Dornach, 2000, Seite 214</ref>
== Wissenschaftstheoretische Ansichten ==
Zu Beginn seiner wissenschaftstheoretischen Laufbahn vertrat Feyerabend die Ansichten Karl Poppers bzw. des kritischen Rationalismus. Seine Beiträge kritisierten den von positivistischer Seite behaupteten Dualismus von Theorie- und Beobachtungssprache und die Annahme, es gebe atheoretische, d.h. nicht theoriegetränkte Beobachtungsbegriffe.<ref>zur Frage der Dispositionsbegriffe: Paul Feyerabend: ''Das Problem der Existenz theoretischer Entitäten,'' in: Ernst Topitsch (Hg.): ''Probleme der Wissenschaftstheorie. Festschrift für Viktor Kraft''. Wien 1960</ref> Aus dem Erfordernis kontra-induktiver und kontra-intuitiver Widerlegungsversuche leitete er ab, dass die Prüfung durch alternative Theorien einen Theorienpluralismus benötige.<ref> Paul Feyerabend: ''How to be a Good Empiricist'', in: Bernard Baumrin (Hg.): ''Philosophy of Science, The Delaware Seminar 2''. New York 1963</ref>


Weimar war Steiners erste größere Reise, aber es brachte auch Kontakte: einen Umzug zu [[Anna Eunike]], die er später heiratete, Freundschaft mit [[Gabriele Reuter]], eine teils problematische Zusammenarbeit mit [[Friedrich Nietzsche|Nietzsche]]s Schwester, [[Elisabeth Förster-Nietzsche]], in deren [[Wikipedia:Nietzsche-Archiv|Nietzsche-Archiv]] in Naumburg er vor dem umnachteten Philosophen stand, eine Begegnung mit [[Ernst Haeckel]], das Erlebnis [[Wikipedia:Heinrich von Treitschke|Heinrich von Treitschke]]s als einer Autorität, die aus äußerlichen Gründen nur schwer kommunizieren konnte, vor allem aber die Zusammenarbeit an der Weimarer Ausgabe mit [[Herman Grimm]].
Um 1968 radikalisierte sich Feyerabends Wissenschaftsauffassung; fortan verstand er bestimmte Vernunftskriterien nur noch als eine mögliche Alternative unter vielen („anything goes“). Nach dieser wissenschaftstheoretischen [[Katharsis (Psychologie)|Katharsis]] trat Feyerabend als Kritiker des Rationalismus auf, insbesondere der vorherrschenden Wissenschaftstheorie und Methodologie. So bezeichnete er etwa den kritischen Rationalismus zuweilen als „Law-and-Order-Rationalismus”. Feyerabend rebellierte gegen einen von ihm wahrgenommenen orthodoxen [[Dogmatismus]] der Wissenschaft, wobei er bewusst provokativ äußerte, Regentänze seien genauso gut wie Wettervorhersagen, Wahlprognosen nicht besser als Astrologie. Feyerabend sah Wissenschaft, neben beispielsweise Religion oder Kunst, nur als eine von vielen Möglichkeiten, [[Erkenntnis]] zu gewinnen. Den verschiedenen Zugängen zur Wahrheit eine feste Wertigkeit zuzuordnen, ist nach Feyerabend nicht möglich, teilweise auch deswegen, weil diese Wahrheitszugänge untereinander [[Inkommensurabilität (Wissenschaftstheorie)|inkommensurabel]] seien.


[[1894]] veröffentlichte Steiner das [[Erkenntnistheorie|erkenntnismethodologische]] Grundlagenwerk "[[Die Philosophie der Freiheit]] – Seelische Beobachtungsresultate nach naturwissenschaftlicher Methode". Zu der christlichen Grundhaltung dieser Schrift, äußerte sich Steiner unter anderem folgendermaßen:  
Nach Feyerabend lässt sich aus der [[Wissenschaftsgeschichte]] der Schluss ziehen, dass die Praxis des Erkenntnisgewinns und der Erkenntnisveränderung in oftmals irrationaler und anarchischer Weise bestehende wissenschaftstheoretische Grundsätze verletzt hat und eben darum erfolgreich war. Feyerabend betont die Bedeutung von Intuition und Kreativität als Voraussetzung des Erkenntnisgewinns und Erkenntnisfortschritts, beide dürften nicht durch eine bestimmte dogmatische Rationalität und wissenschaftstheoretisch-methodologische Regeln und Zwänge, die ihrerseits nicht sakrosankt seien, sondern vielmehr im Erkenntnisprozess einem Wandel unterlägen, nutzlos und in irreführender Weise eingeschränkt werden. So prägte er den Begriff der Anti-Regel, die eine [[Regel (Richtlinie)|Regel]] bezeichnen soll, die der [[Induktion (Philosophie)|Induktion]] widerspricht. Der [[Wissenschaftler]] soll sich nicht scheuen, methodische Regeln aufzustellen, die zu [[Hypothese]]n führen, die anerkannten [[Theorie]]n und beobachtbaren Tatsachen widersprechen. Für diese radikale Linie Feyerabends gab es in der Wissenschaftsgeschichte bereits Anknüpfungspunkte, etwa [[David Brewster]], als er sich 1831 kritisch mit der Methodologie von Francis Bacon auseinandersetzte:
:''„The process of Lord Bacon was, we believe, never tried by any philosopher but himself. ... This example, in short, of the application of his system, will remain to future ages as a memorable instance of the absurdity of attempting to fetter discovery by any artificial rules.“''<ref>So formuliert in seinem Buch ''Life of Sir Isaac Newton'' (London 1831). Siehe dazu [[Franz Graf-Stuhlhofer]]: ''David Brewster - ein „Vorläufer“ von Paul Feyerabend'', in: Mitteilungen der Österreichischen Gesellschaft für Wissenschaftsgeschichte 27 (2010) 167f.</ref>


''"Diese «Philosophie der Freiheit» ist eigentlich eine Moralanschauung, welche eine Anleitung dazu sein will, die toten Gedanken als Moralimpulse zu beleben, zur Auferstehung zu bringen. Insofern ist innerliches Christentum durchaus in einer solchen Freiheitsphilosophie."''<ref>Rudolf Steiner, Das Sonnenmysterium und das Mysterium von Tod und Auferstehung, Rudolf Steiner Verlag, Dornach, 1986, Seite 121</ref>
Feyerabend forderte eine scharfe Trennung von Staat und Wissenschaft, darüber hinaus wandte er sich gegen jeden Überlegenheitsanspruch von Wissenschaftlern gegenüber „Normalbürgern“. Sein Ziel war eine freie Gesellschaft, in der Bürger und Politiker direkt, ohne weitere administrative Umwege über abstrakte Theorien, am Erkenntnisprozess teilhaben. Eine objektive, von Lebens- und Erfahrungspraxis in einer freien Gesellschaft abgetrennte (und damit die bislang herrschende) Rationalität – in Form der Logik, Wissenschaftstheorie und bestimmter Sozialtheorien – sollte durch eine Beteiligung der Bürger ersetzt werden.


''"Daher hat man eben meine «Philosophie der Freiheit» die Philosophie des Individualismus genannt im extremsten Sinne. Das mußte sie auch sein, weil sie auf der anderen Seite die christlichste der Philosophien ist."''<ref>Rudolf Steiner, Menschliches Seelenleben und Geistesstreben im Zusammenhange mit Welt- und Erdentwickelung, Rudolf Steiner Verlag, Dornach, 1998, Seite 103f</ref>
== Feyerabends Kritik am Kritischen Rationalismus ==
Für Feyerabend ist „vernünftig“ etwas anderes als das, was Popper darunter versteht. Und Wissenschaft funktioniert nach ihm anders, als Poppers methodologische Untersuchungen dies nahelegten: Wissenschaftler stellen selbst fest, nach welchen Maßstäben eine bestimmte Wissenschaft abzulaufen hat, und wann es erforderlich ist, nicht nur Theorien, sondern auch methodologische Grundsätze und Regeln abzuändern oder auszuwechseln. Feyerabend liest die Wissenschaftsgeschichte gegen Poppers „Strich“; er belegt an vielen Beispielen, dass sich Wissenschaftler in Wirklichkeit häufig nicht an feste Regeln halten und dennoch oder gerade deswegen zum Erfolg gelangen. Besser, als sich auf die Schaffung einer bestmöglichen Methodologie zu konzentrieren, sei es demnach, sich grundsätzlich opportunistisch zu verhalten, überspitzt formuliert: Alles geht! Feyerabends Anarchismus verkündet nicht die Regellosigkeit oder Chaos als Zielsetzung, sondern fordert neben einem [[Theorienpluralismus]] genauso einen Pluralismus der Methoden unter der Flagge eines [[Methodenanarchismus]].


Ein Versuch, in Jena Professor zu werden, scheiterte.
Feyerabend lehnt Poppers Präokkupation mit dem [[Abgrenzungsproblem]] ab als direkten Weg in den Dogmatismus:


=== Berlin ===
''„Kein Rationalist, kein kritischer Rationalist besitzt eine Einsicht in die Grenzen der Wissenschaften – dazu müsste er ja wissen, was außerhalb der Wissenschaften vorgeht, er müsste Mythen kennen, müsste ihre Funktion verstehen […] Man zeige einem kritischen Rationalisten einen Gegenstand, der außerhalb seiner Erfahrung liegt – damit kann er gar nichts anfangen, er benimmt sich wie ein Hund, der seinen Herrn in ungewöhnlichen Kleidern sieht; er weiß nicht, soll er ihn beißen, soll er davon laufen, oder soll er ihm das Gesicht lecken. Das ist auch der Grund, warum kritische Rationalisten an den Grenzen der Wissenschaft zu schimpfen beginnen – für sie ist das Ende ihres Glaubens erreicht und das einzige, was sie sagen können, ist: ‚irrationaler Unsinn‘ oder ‚ad hoc‘ oder ‚unfalsifizierbar‘ oder ‚degenerierend‘ – Bezeichnungen, die genau denselben Zweck haben wie die früheren Bezeichnungen ‚häretisch‘ etc. etc.“''<ref>Paul Feyerabend: ''Über die Methode. Ein Dialog.'' In: Gerard Radnitzky, Gunnar Andersson (Hgg.): ''Voraussetzungen und Grenzen der Wissenschaft''. Mohr, Tübingen 1981, ISBN 3-16-942722-9</ref>


Zwischen [[1898]] und [[1900]] gab Steiner in Berlin das Magazin für Litteratur heraus und unterrichtete bis 1904 an der Arbeiterbildungsschule. [[1902]] übernahm er zusammen mit [[Marie von Sivers]] die Leitung der neugegründeten deutschen Sektion der [[Theosophische Gesellschaft|Theosophischen Gesellschaft]]. Im gleichen Jahr fasste Steiner den Inhalt einer Vortragsreihe zusammen, in welcher er die "Entstehung des Christentums aus der mystischen Anschauung heraus" geschildert hatte.<ref>Rudolf Steiner, Das Christentum als mystische Tatsache und die Mysterien des Altertums, 1902, Vorwort zur zweiten Auflage</ref> In dem Werk [[GA 10|Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?]] stellte er die Wege zur spirituellen Selbsterkenntnis und Selbstverwandlung auf einer Grundlage dar, wie sie ihm zeitgemäß erschien. [[1904]] legte er in seinem Werk [[Theosophie]] und später in [[GA 13|Die Geheimwissenschaft im Umriss]] ([[1909]]) u.a. durch Ausführungen über die [[Wesensglieder]] des Menschen, die Farben der [[Aura]] und die [[Planetenzustände]] der Erde den Ideengehalt der [[Anthroposophie]] dar. Aus seinen Aufgaben in der Theosophischen Gesellschaft entwickelte sich eine reiche [[Vortragstätigkeit]]. Die Mitschriften der damals gegebenen und späterer ähnlicher Darstellungen, von ihrem Schöpfer aufgrund der enormen Arbeitslast zum größten Teil nicht noch einmal durchgesehen, stellen das Mehr der Bände der [[Rudolf-Steiner-Gesamtausgabe]], deren Zahl bis heute auf über 400 gestiegen ist.
=== Antwort des kritischen Rationalismus auf Feyerabends Kritik ===
Nach [[David Miller (Philosoph)|David Miller]] merkt Feyerabend nicht, wie sehr seine Kritik in Wirklichkeit mit dem Kritischen Rationalismus konform geht, und ihm gar nicht widerspricht.<ref>''Critical Rationalism'', S. 27</ref> Feyerabend übersieht demnach, dass das Ziel von Methoden im kritischen Rationalismus überhaupt nicht die Begründung einer Wahl von Theorien oder Methoden ist, also keine Theorien oder Methoden durch Grenzziehungen von der Erörterung ausgeschlossen werden sollen. Er liegt also zwar insofern richtig, als die Wahl einer Methode nicht begründet werden kann, er liegt aber falsch in der Annahme, dass sie daher alle gleichrangig sein müssen. Denn die Wahl einer Methode hat objektive Konsequenzen, weil die Methode  Probleme, die sie lösen soll, gemäß ihren eigenen Maßstäben besser oder schlechter löst. Die Methode von Versuch und Irrtum, die nichts zu begründen versucht, funktioniert daher ebenso bei der Methodenauswahl und ist dabei auch auf sich selbst anwendbar. Performative Widersprüche treten nicht auf, weil Ziel nicht Selbstbegründung ist, sondern Selbstkritik.


[[Bild:Steiner_1919.jpg|thumb|Rudolf Steiner (1919)]]
Tatsächlich vertritt Feyerabend gemäß Miller selbst eine ähnliche Position, geht aber so weit, auch Methoden zulassen zu wollen, die sich gegen die Logik stellen und somit nur schwer zu kritisieren und auszusortieren sind, wenn sie fehlschlagen. In diesem Punkt unterscheidet sich Feyerabends Methodenanarchismus vom kritischen Methodenpluralismus des kritischen Rationalismus. Miller ist der Ansicht, dass Feyerabend kein wirkliches Argument gegen die Logik hat und – frei nach seinen eigenen Worten – ein Dieb ist, der seinem Diskussionsgegner erst die Logik stiehlt, um den Bestohlenen dann dafür zu kritisieren, dass er sie nicht mehr besitzt.
[[1913]] trennte sich die deutsche Sektion von der Theosophischen Gesellschaft, weil der christlich-anthroposophische Ansatz Rudolf Steiners und Marie von Sivers` in ihr mehr und mehr auf Missfallen gestoßen und [[1911]] von [[Annie Besant]] und [[Charles Leadbeater]] der Hinduknabe [[Jiddu Krishnamurti]] als Wiedergeburt Jesu und künftiger Weltenlenker verkündet worden war. Die [[Anthroposophische Gesellschaft]] wurde gegründet, der sich viele theosophische Gruppen im Ausland anschlossen.
 
=== Dornach und das Goetheanum ===
 
[[1914]] heiratete Steiner in Dornach seine Mitarbeiterin Marie von Sivers.
 
Die Anthroposophische Gesellschaft wuchs rasch, und 1913 begann in [[Dornach SO|Dornach]] der Bau des ersten [[Goetheanum]]s als eines Theater- und Verwaltungsgebäudes für ihre jährlichen Treffen. Von Steiner entworfen, schafften daran zu einem großen Teil Freiwillige, die Fachkenntnisse oder auch bloß den Willen zu bieten hatten, etwas Neues zu lernen. Auf dem Gebiet der Plastik war [[Edith Maryon]] maßgeblich beteiligt. 1919 kam es hier zur weltweit ersten Aufführung des gesamten [[Faust]] von Goethe. In Dornach, in dem fast ununterbrochen der Kanonendonner zu hören war, arbeiteten während des Krieges herausragende Künstler aus sechzehn teils verfeindeten Ländern zusammen. Das Goetheanum ist als ein "Haus der Sprache" oder ein "Haus des Wortes" gedacht. Von ihm aus sollen Menschen, die sich ihres Menschentums auch wirklich voll bewusst sind, in Zusammenarbeit mit anderen geistigen Einrichtungen – Gemeinden, Schulen und Hochschulen – für ein neues Ernstnehmen der inneren Seite des Menschen wirken.
 
==== Anthroposophische Architektur ====
[[Bild:Goetheanum2.jpg|thumb|450px|Das zweite Goetheanum in Dornach bei Basel (mit Nebengebäuden), von Steiner entworfen und als Grundstein eines freien Geisteslebens gedacht]]
Auf dem Dornacher Hügel, hatte Steiner nicht nur das erste Goetheanum als Hauptsitz der anthroposophischen Bewegung entworfen, sondern nach dem Brande auch die Grundlagen für den Bau des zweiten Goetheanum angegeben. Das [[Glashaus]] vermittelt noch einen Eindruck davon, wie das erste Goetheanum ausgesehen hat. [[Haus Duldeck]] weist ebenso eine geisteswissenschaftliche Baukunst auf, wie sie auch in zahlreichen Waldorfschulen noch heute zu finden ist. (Siehe hierzu: Steiner, [[GA 286|Wege zu einem neuen Baustil]])
 
==== Die Eurythmie ====
 
{{Hauptartikel|Eurythmie}}
 
Die [[Eurythmie]], die ''Musik und Sprache durch Bewegung sichtbar macht,'' hatte in der Aufführungskunst von Dramen [[Edouard Schuré]]s durch [[Mieta Waller]] und [[Marie Steiner]] bereits Vorläufer. Steiner entwickelte sie zwischen [[1913]] und [[1924]] auf eine Anfrage von [[Lory Maier-Smits]] hin.
 
=== Ausgeweitetes öffentliches Wirken ===
 
Steiner, der schon vor dem [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] durch esoterische Unterweisungen für Eliza von Moltke mit dem Neffen des Bismarck-Moltke, [[Helmuth Johannes Ludwig von Moltke]], zusammengekommen war, ab [[1906]] in ihm dem Chef des Generalstabs begegnend, hatte während des Krieges Kontakte zu einem guten Teil der wichtigsten deutschen Politiker und versuchte u.a., die Stellung eines offiziellen Fürsprechers für Deutschland in der Welt zu erlangen, was ihm von der deutschen Führung mit der Begründung nicht gewährt wurde, dass er ein Österreicher sei. Später sollte er für eine kurze Zeit stark in die Öffentlichkeit hinausgehen, das Berliner Sportstadion sah ihn als Redner, bis diese Episode wegen zunehmender Angriffe, vor allem der politischen Rechten, wieder beendet wurde. In der durch [[Alexander von Bernus]] begründeten Zeitschrift «[[Das Reich]]» schrieb Steiner gemeinsam u.a. mit [[Wikipedia:Alfred Kubin|Alfred Kubin]] und [[Wikipedia:Else Lasker-Schüler|Else Lasker-Schüler]].
 
==== Die Dreigliederung ====
 
{{Hauptartikel|Soziale Dreigliederung}}
 
Ab [[1919]] warb Steiner für den Gedanken einer [[Soziale Dreigliederung|Dreigliederung des sozialen Organismus]], die das Prinzip eines [[Freies Geistesleben|freien Geisteslebens]], der [[Gleichheit]] im [[Rechtsleben]] und der [[Brüderlichkeit]] im [[Wirtschaftsleben]] vorsah. Er verfasste einen [[Aufruf an das deutsche Volk und an die Kulturwelt]], der die Idee voranbringen sollte und von prominenten Künstlern wie [[Wikipedia:Hermann Bahr|Hermann Bahr]], [[Hermann Hesse]] und [[Bruno Walter]] unterzeichnet wurde. (Zur Dreigliederung: Steiner, [[GA 23|Die Kernpunkte der sozialen Frage]])
 
==== Das Goetheanum ====
 
{{Hauptartikel|Goetheanum}}
 
In der Silvesternacht 1922/23, setzten Gegner das Goetheanum in Brand, welches dadurch bis auf die Grundmauern zerstört wurde (die Versicherung hat ebenfalls Brandstiftung als Ursache anerkannt). Ende [[1923]] hat Steiner auf der [[Weihnachtstagung]] die nun "Allgemeine" [[Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft|Anthroposophische Gesellschaft]] neu begründet. Dadurch wollte er, anders als bis dahin, die ''Bewegung'' mit ihrer ''äußeren Hülle'' in eins bringen. Die Grundsteinlegung für den größeren Nachfolgerbau erfolgte [[1924]].
 
==== Die Waldorfschule ====
 
{{Hauptartikel|Waldorfschule}}
 
[[1919]] entstand in Stuttgart eine erste [[Waldorfschule|Freie Waldorfschule]]. Sie war aus allgemeinbildenden Kursen für die Arbeiter der [[Wikipedia:Waldorf-Astoria#Waldorf-Astoria-Cigarettenfabrik|Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik]] herausgewachsen, die Steiner organisiert hatte, und hatte auch Impulse aus dem Bestreben erhalten, die modernen, verzweigten Arbeitsvorgänge für den einzelnen Schaffenden durch eine Betriebskunde übersehbarer zu machen. Die Arbeiter wollten ein Gleiches auch für ihre Kinder. Steiner entwickelte in Vortragsreihen und Lehrerbildungskursen eine [[Waldorfschule#Methodisch-Didaktisches|neue Erziehungskunst]], die genau auf die Entwicklungsstufen und geistigen Fähigkeiten und Bedürfnisse des Kindes auf seinem Weg zum erwachsenen Menschen abgestimmt ist. Parallel zur Gründung der Waldorfschule, riet Rudolf Steiner zur Einrichtung von einem [[Weltschulverein]], der jedoch von den Beteiligten nicht mehr umgesetzt wurde. Ergänzt wurden die für sie gegebenen Hinweise durch einen [[GA 317|heilpädagogischen Kurs]].
 
==== Die biologisch-dynamische Landwirtschaft ====
 
{{Hauptartikel|biologisch-dynamische Landwirtschaft}}
 
[[1924]] gab Steiner in Koberwitz bei Breslau mit einem landwirtschaftlichen Kurs den Startschuss für die Entwicklung der [[biologisch-dynamische Landwirtschaft|biologisch-dynamischen Landwirtschaft]].
 
==== Die anthroposophisch erweiterte Medizin ====
 
{{Hauptartikel|Anthroposophische Medizin|titel1=Anthroposophisch erweitere Medizin}}
 
Ebenfalls in seiner letzten Lebenszeit krönte Steiner seine Anregungen für eine innerlich erweiterte [[Anthroposophische Medizin|Medizin]] durch das Werk [[GA 27|Grundlegendes für eine Erweiterung der Heilkunst nach geisteswissenschaftlichen Erkenntnissen]], das er gemeinsam mit der Ärztin [[Ita Wegman]] herausgegeben hat. Der Ansatz ist dabei, dass die Schulmedizin keineswegs ''abgelehnt,'' sondern nur ''ergänzt'' wird, indem man bei der Behandlung ''anthroposophische Erkenntnisse berücksichtigt,'' bestimmte Methoden ''hinzufügt'' und nur ''zum Teil, auf Wunsch des Patienten,'' gewisse Therapien auch durch eigene anthroposophische ''ersetzt.''
 
==== Die Naturwissenschaften ====
 
{{Siehe auch|Goetheanismus}}
 
Wer Steiners Ausführungen studiert, Lebendes gehorche seinen eigenen Gesetzen, wird aufgeschlossen, um Dinge zu erforschen, die zwischen dem Lebendigen und dem Toten vermitteln, Brücken von dem einen zum andren schlagen. Dies ist durch die [[Bildschaffende Methoden|bildschaffenden Methoden]] der Anthroposophie möglich. So haben vor allem [[Theodor Schwenk]] die [[Tropfenbildmethode]] zur Erforschung der Wassergüte und [[Ehrenfried Pfeiffer]] die Methode der [[Kupferchloridkristallisation]] zur Bestimmung der Qualität von Lebensmitteln entwickelt.
 
==== Die Musik ====
 
Auch zur Musik hat Steiner Anregungen gegeben, die die Tonkunst umgreifend ändern. Er empfahl formliche Änderungen der Instrumente. Den Dirigenten [[Bruno Walter]] und den Komponisten [[Viktor Ullmann]] konnte er für die [[Anthroposophie]] gewinnen.
 
==== Die Christengemeinschaft ====
 
{{Hauptartikel|Christengemeinschaft}}
 
[[1920]] wurde Rudolf Steiner von einigen, damals überwiegend evangelischen [[Theologie|Theologen]] und Theologiestudenten im Kreis um den [[Wikipedia:evangelisch|evangelisch]]en [[Wikipedia:Pfarrer|Pfarrer]] [[Friedrich Rittelmeyer]] (1872-1938) und [[Emil Bock]] (1895-1959) gebeten, Impulse für eine Erneuerung des [[Religion|religiösen Lebens]] zu geben. Steiner hielt daraufhin in den Jahren 1921 - 1924 eine Reihe von Vortragszyklen ([[GA 342]] - [[GA 346]]) zu diesem Thema und machte detailierte Angaben zum [[Kultus]] und formulierte die dabei zu verwendenden Texte. [[1922]] wurde auf dieser Grundlage von 45 Gründungsmitgliedern die [[Christengemeinschaft]] als von der [[Anthroposophische Gesellschaft|anthroposophischen Gesellschaft]] völlig unabhängige, eigenständige [[Christentum|christliche]] Erneuerungsbewegung begründet.
 
<div style="margin-left:20px">
"Das, was ich diesen Persönlichkeiten gegeben
habe, hat nichts zu tun mit der anthroposophischen Bewegung. Ich
habe es ihnen als Privatmann gegeben, und habe es so gegeben, daß
ich mit notwendiger Dezidiertheit betont habe, daß die anthroposophische
Bewegung mit dieser Bewegung für religiöse Erneuerung
nichts zu tun haben darf; daß aber vor allen Dingen nicht ich der
Gründer bin dieser Bewegung für religiöse Erneuerung; daß ich
darauf rechne, daß der Welt das durchaus klargemacht werde, und
daß ich einzelnen Persönlichkeiten, die von sich aus begründen wollten
diese Bewegung für religiöse Erneuerung, die notwendigen Ratschlüsse gegeben habe, Ratschlüsse, die allerdings geeignet waren,
einen gültigen und spirituell kräftigen, spirituell von Wesenheit erfüllten
Kultus auszuüben, in rechtmäßiger Weise mit den Kräften aus
der geistigen Welt heraus zu zelebrieren. Ich selber habe bei der Erteilung
dieser Ratschläge niemals irgendeine Kultushandlung ausgeführt,
sondern nur denjenigen, die in diese Kultushandlung hineinwachsen wollten, gezeigt, Schritt für Schritt, wie eine solche Kultushandlung
zu geschehen hat. Das war notwendig. Und heute ist es auch
notwendig, daß innerhalb der Anthroposophischen Gesellschaft dies
richtig verstanden wird." {{Lit|{{G|219|169f}}}}
</div>
 
== Geistige Heimat und Zukunft ==
 
Wie seine Kontakte mit Künstlern allerersten Ranges zeigen (so hat Steiner etwa für [[Wassily Kandinsky]], [[Christian Morgenstern]] und [[Joseph Beuys]] systematische weltanschauliche Anleitung gegeben), ist der Begründer der Anthroposophie im ''Ganzen'' der europäischen Kultur zuhause. Hier ist [[Thomas von Aquin]] durch die Emanzipation der theologischen Wissenschaft von der Philosophie, Steiners wichtigster Vorausverkünder. Rudolf Steiner hat in seinen [[GA 40|Wahrspruchworten]] und [[GA 14|Mysteriendramen]] indessen auch einen eigenen literarischen [[Stil]] entwickelt. Rosa Mayreder hat dies nach seinem Tod mit Goethes wirklichkeitsnahem Stil in [[Wikipedia:Dichtung und Wahrheit|Dichtung und Wahrheit]] verglichen.
 
Über das Werk Rudolf Steiners wurde schon zu seinen Lebzeiten diskutiert. Streitfragen dabei waren viele Aussagen der Anthroposophie, die von Vertretern der universitären [[Wissenschaft]] nicht akzeptiert wurde, und die religiösen Ansätze, die von den [[Wikipedia:Amtskirchen|Amtskirchen]] verurteilt wurden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden insbesondere in Deutschland Äußerungen Steiners zur [[Rassenfrage]] und zum [[Judentum]] kritisiert. Die von ihm verfassten Werke sind - wie bei vielen anderen Philosophen - jedoch teilweise nur aus dem Kontext der damaligen Zeit zu verstehen.


== Werke ==
== Werke ==
Rudolf Steiner hat neben 24 Büchern eine Vielzahl von Schriften und Artikeln veröffentlicht und rund 5900 Vorträge im In- und Ausland gehalten. Ein Großteil der Vorträge ist in Mitschriften von Berufsstenographen und Vortragszuhörern erhalten geblieben. Sie erschienen zunächst häufig im Privatdruck und in Zeitschriften . Später begannen verschiedene Verlage (u.a. Philosophisch-anthroposophischer Verlag, Rudolf-Steiner Verlag) die Vorträge, Bücher im engeren Sinne wie auch die dazu gehörigen Wandtafelbilder zu edieren und publizieren.
=== Schriften ===
[[Bild:Steiner1923.jpg|thumb|1923]]
*''Zur Theorie der Basissätze''. Universität Wien, Diss., 1951 [http://www.univie.ac.at/ubwdb/data/nkn/m001/z024/h020/d0231979.gif Katalogzettel Universitätsbibliothek Wien]
 
*''Wider den Methodenzwang''. Suhrkamp (stw 597), Frankfurt am Main 1976, ISBN 3-518-28197-6
*[[GA 1|Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften]], [[1884]]-[[1897]]
*''[[Erkenntnis für freie Menschen]]''. Suhrkamp ([[Edition suhrkamp|es]] 1011), Frankfurt am Main 1979, ISBN 3-518-11011-X
*[[GA 2|Grundlinien einer Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung, mit besonderer Rücksicht auf Schiller]], [[1886]]
*''Wissenschaft als Kunst''. Suhrkamp (es 1231), Frankfurt am Main 1984, ISBN 3-518-11231-7
*[[GA 3|Wahrheit und Wissenschaft]], [[1892]]
*''Zeitverschwendung'' (Autobiographie). Suhrkamp, Frankfurt am Main 1995, ISBN 3-518-40693-0 (als Taschenbuch: ISBN 3-518-39222-0)
*[[GA 4|Die Philosophie der Freiheit]], [[1894]]
*''Briefe an einen Freund''. Hg. v. [[Hans Peter Duerr]]. Suhrkamp (es 1946), Frankfurt am Main 1995, ISBN 3-518-11946-X
*[[GA 5|Friedrich Nietsche, ein Kämpfer gegen seine Zeit]], [[1895]]
*''Widerstreit und Harmonie. Trentiner Vorlesungen''. Hg. von [[Peter Engelmann (Verleger)|Peter Engelmann]]. Passagen, Wien 1998, ISBN 3-85165-305-X
*[[GA 6|Goethes Weltanschauung]], [[1897]]
*''Conquest of Abundance''. Postum veröffentlicht von Bert Terpstra. Chicago 2001, ISBN 0-226-24534-9
*[[GA 7|Die Mystik im Aufgange des neuzeitlichen Geisteslebens und ihr Verhältnis zur modernen Weltanschauung]], [[1901]]
*{{Literatur | Titel=Die Vernichtung der Vielfalt. Ein Bericht | Übersetzer=Volker Böhnigk und Rainer Noske | Originaltitel=Conquest of Abundance | Verlag=Passagen Verlag | Ort=Wien | Auflage=1. | Jahr=2005 | ISBN=978-3-85165-633-6 | Online=[http://www.libreka.de/9783851656336 Buchvorschau bei Libreka]}}
*[[GA 18|Die Rätsel der Philosophie]], [[1900]]
*(mit [[Hans Albert]]): ''Briefwechsel'', Bd. I: ''1958–1971'', hgg. v. [[Wilhelm Baum]], Kitab Vlg., Klagenfurt/Wien 2008
*[[GA 8|Das Christentum als mystische Tatsache]], [[1902]]
* (mit [[Hans Albert]]): ''Briefwechsel'', Bd. II: ''1972-1986'', hgg. v. [[Wilhelm Baum]] u. Michael Mühlmann, Kitab Vlg., Klagenfurt/Wien 2009, ISBN 978-3-902585-27-1
*[[GA 10|Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?]], [[1904]]
*Helmut Heit und Eric Oberheim (Hrsg.): ''Naturphilosophie''. 1. Auflage. Suhrkamp, 2009, ISBN 3-518-58514-2. Veröffentlichung eines kürzlich im Philosophischen Archiv der Universität Konstanz gefunden Manuskripts aus den siebziger Jahren.
*[[GA 9|Theosophie]], [[1904]]
* Christian Augustin (Hg.): ''Aber ein Paul hilft doch dem Anderen. Briefwechsel Paul Feyerabend - Paul Hoyningen-Huene (1983-1994)''. 1. Auflage. Passagen Verlag, 2010, ISBN 3-851-65920-1. Veröffentlichung des Briefwechsels sowie Kommentare des Hg. zur Feyerabendbiographie incl. unveröffentlichter Archivdokumente.
*[[GA 11|Aus der Akasha-Chronik]], [[1904]]-[[1908]], als Buch [[1939]]
*[[GA 12|Die Stufen der höheren Erkenntnis]], [[1905]]-[[1908]]
*[[GA 13|Die Geheimwissenschaft im Umriss]], [[1909]]
*[[GA 14|Vier Mysteriendramen]], [[1910]]-[[1913]]
*[[GA 15|Die geistige Führung des Menschen und der Menschheit]], [[1911]]
*[[GA 16|Ein Weg zur Selbsterkenntnis des Menschen. In acht Meditationen]], [[1912]]
*[[GA 17|Die Schwelle der geistigen Welt. Aphoristische Ausführungen]], [[1913]]
*[[GA 20|Vom Menschenrätsel]], [[1916]]
*[[GA 21|Von Seelenrätseln]], [[1917]]
*[[GA 22|Goethes Geistesart in ihrer Offenbarung durch seinen «Faust» und durch das Märchen von der Schlange und der Lilie]], [[1918]]
*[[GA 23|Die Kernpunkte der sozialen Frage]], [[1919]]
*[[GA 24|Aufsätze über die Dreigliederung des sozialen Organismus]], [[1919]]
*[[GA 25|Drei Schritte der Anthroposophie: Philosophie, Kosmologie, Religion]], [[1922]]
*[[GA 26|Anthroposophische Leitsätze]], [[1924]]-[[1925]]
*[[GA 27|Grundlegendes für eine Erweiterung der Heilkunst nach geisteswissenschaftlichen Erkenntnissen]], [[1925]]
*[[GA 28|Mein Lebensgang]], [[1924]]
 
== Aktuelle Bezüge ==
''Der größere Teil der Menschheit wird seinen Einfluß von '''Amerika''', von dem Westen herüber haben, und der geht ... jener Entwickelung entgegen, die heute sich erst in den idealistischen Spuren, gegenüber dem, was da kommt, in sympathischen Anfängen zeigt. Man kann sagen: Die Gegenwart hat es noch recht gut gegenüber dem, was da kommen wird, wenn die westliche Entwickelung immer mehr und mehr ihre Blüten treibt. Es wird gar nicht lange dauern, wenn man das '''Jahr 2000''' geschrieben haben wird, da wird nicht ein direktes, aber eine Art von '''Verbot''' für alles '''Denken''' von Amerika ausgehen, ein Gesetz, welches den Zweck haben wird, alles individuelle Denken zu '''unterdrücken.'''''
 
Rudolf Steiner: Vortrag, Berlin, 4. April 1916 {{Lit|{{G|167|98}}}}
 
''Dasjenige, was ein ewiges Friedensideal ist, das wird niemals durch ein Tröpfchen Blut erreicht, das hervorgerufen worden ist durch ein '''Kriegsinstrument'''. Das muss auf ganz andere Weise in die Welt gesetzt werden! Und sei es wer immer, der da sagt, er '''kämpfe für den Frieden''' und müsse deshalb '''Krieg''' führen, Krieg bis zur Vernichtung des Gegners, um Frieden zu haben, der lügt, wenn er sich dessen auch nicht bewusst ist, wer er auch immer sein möge.''
 
Rudolf Steiner: Vortrag, Dornach, 18. Dezember 1916 {{Lit|{{G|173|221}}}}
 
==Siehe auch:==


* [[Rudolf Steiner Geburtshoroskop 25.02.1861]]
=== Ton- und Bilddokumente ===
*''Philosophie Heute: Lieber Himmel – was ist ein Mensch?'' Paul Feyerabend im Gespräch mit [[Rüdiger Safranski]]. VHS-Video. Junius, Hamburg 1994 ([http://video.google.com/videoplay?docid=-5514176914063562445 online]).
*''Wissenschaftstheoretische Plaudereien. Originaltonaufnahmen 1971–1992'', hg. v. Klaus Sander. Audio-CD, 60 Minuten und Booklet, 24 Seiten. Supposé, Köln 2000, ISBN 3-932513-15-0
*''Stories from Paolino’s Tapes. Private Recordings 1985–1993'', hg. v. Grazia Borrini-Feyerabend und Klaus Sander. Audio-CD, 68 Minuten. Supposé, Köln 2001, ISBN 3-932513-19-3


== Literatur ==
== Literatur ==
{{Glomer|anthroposophie/rudolf-steiner}}
*Bibliographie Paul Feyerabends. Journal for General Philosophy of Science. Vol. 28, Nr. 1 / Jan. 1997. Springer Netherlands. {{DOI|10.1023/A:1008200922400  }}
*[[Johannes Hemleben]]: Rudolf Steiner in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, Rowohlts Monographien 79, 151.-160. Tausend, Reinbek bei Hamburg 1980
*Eberhard Döring: ''Paul K. Feyerabend zur Einführung''. Junius (Zur Einführung 180), Hamburg 1998, ISBN 3-88506-980-6
*[[Gerhard Wehr]]: Rudolf Steiner. Leben - Erkenntnis - Kulturimpuls, Kösel Vlg, 1987
* Paul Hoyningen-Huene: ''Paul K. Feyerabend''. Journal for General Philosophy of Science 28: 1-18 (1997).
* [[Friedwart Husemann]]: ''Rudolf Steiners Entwicklung'', Vlg. am Goetheanum, Dornach 1999, ISBN 978-3723510476
* Paul Hoyningen-Huene: ''Paul Feyerabend und Thomas Kuhn''. Journal for General Philosophy of Science 33(1): 61-83 (2002).  
* [[Friedwart Husemann]]: ''Rudolf Steiners Schriften in 50 kurzen Porträts'', Vlg. am Goetheanum, Dornach 2018, ISBN 978-3723515969
* Paul Hoyningen-Huene: ''Three Biographies: Kuhn, Feyerabend, and Incommensurability''. In: Randy Harris (ed.): Rhetoric and Incommensurability. West Lafayette: Parlor Press, 2005, pp. 150-175.
*[[Wolfgang Zumdick]]: ''Rudolf Steiner in Wien: Die Orte seines Wirkens'', Metroverlag 2010, ISBN 978-3993006020
*Friedrich Stadler / Kurt R. Fischer (Hgg.): ''Paul Feyerabend. Ein Philosoph aus Wien''. Springer (Veröffentlichungen des Instituts Wiener Kreis 14), Wien 2006, ISBN 3-211-29759-6
* Ernst-Christian Demisch (Hrsg.), Christa Greshake-Ebding (Hrsg.), [[Johannes Kiersch]] (Hrsg.): ''Steiner neu lesen: Perspektiven für den Umgang mit Grundlagentexten der Waldorfpädagogik'' (Kulturwissenschaftliche Beiträge der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft, Band 12), Peter Lang GmbH 2014, ISBN 978-3631649695, eBook {{ASIN|B076FCC8PN}}
*Martin Ludwig Hofmann: ''Paul Feyerabend (1924–1994) – Kultur des Wissens als Kultur der Freiheit'', in: Hofmann, Korta, Niekisch (Hrsg.): ''Culture Club II. Klassiker der Kulturtheorie''. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2006, ISBN 3-518-29398-2
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* Eric Oberheim (2007): Feyerabend's Philosophy. Berlin: de Gruyter.
* [[Michael Heinen-Anders]]: Aus anthroposophischen Zusammenhängen Band II, BOD, Norderstedt 2013
*Thomas Sukopp: ''Anything goes? Paul K. Feyerabend als Elefant im Popperschen Porzellanladen''. [http://www.gkpn.de Aufklärung und Kritik], 1/2007 14. Jg. {{ISSN|0945-6627}}
* Rudolf Steiner: ''Gegenwärtiges und Vergangenes im Menschengeiste'', [[GA 167]] (1962), ISBN 3-7274-1670-X {{Vorträge|167}}
*Ursula Schmidt: ''Wie wissenschaftliche Revolutionen zustande kommen: von der vorkopernikanischen Astronomie zur Newtonschen Mechanik.'' Würzburg, Königshausen & Neumann, 2010, ISBN 978-3-8260-4255-3
* Rudolf Steiner: ''Zeitgeschichtliche Betrachtungen. Das Karma der Unwahrhaftigkeit – Erster Teil'', [[GA 173]] (1978), ISBN 3-7274-1730-7 {{Vorträge|173}}
*Thomas Kupka: ''Feyerabend und Kant — Kann das gut gehen? Paul K. Feyerabends ›Naturphilosophie‹ und Kants Polemik gegen den Dogmatismus''. In: ''Journal for General Philosophy of Science'' 42 (2011) S. 399-409 ([http://www.springerlink.com/content/d6440714n1118787/fulltext.pdf DOI 10.1007/s10838-011-9170-0])
* Rudolf Steiner: ''Wege zu einem neuen Baustil'', [[GA 286]] (1982)
* Rudolf Steiner: ''Eurythmie als sichtbarer Gesang'', [[GA 278]] (2001)
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* Rudolf Steiner: ''Allgemeine Menschenkunde als Grundlage der Pädagogik'', [[GA 293]] (1992)
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* [[Taja Gut]]: "Aller Geistesprozess ist ein Befreiungsprozess" - Der Mensch Rudolf Steiner, Pforte Verlag, 2000
* [[Karen Swassjan]]: ''Rudolf Steiner: Ein Kommender'', Verlag am Goetheanum, Dornach 2005, ISBN 978-3723512593
* [[Mieke Mosmuller]]: ''Rudolf Steiner. Eine spirituelle Biographie'', Occident Verlag 2011, ISBN 978-3000362019
* [[Peter Heusser]] (Hrsg.), Johannes Weinzirl (Hrsg.), [[Arthur Zajonc]] (Vorwort): ''Rudolf Steiner: Seine Bedeutung für Wissenschaft und Leben heute'', Schattauer Verlag 2013, ISBN 978-3794529476; eBook {{ASIN|B07N91XPKK}}
* [[Peter Selg]]: ''Rudolf Steiner 1861 - 1925. Lebens- und Werkgeschichte. 3 Bände im Schuber'', Ita Wegman Institut 2012, ISBN 978-3905919271
* [[Martina Maria Sam]]: ''Rudolf Steiner: Kindheit und Jugend (1861–1884)'', Verlag am Goetheanum, Dornach 2018, ISBN 978-3723515914
* [[Lorenzo Ravagli]]: ''Rudolf Steiners Weg zu Christus: Von der philosophischen Gnosis zur mystischen Gotteserfahrung'', Akanthos Akademie Edition, Stuttgart 2018, ISBN 978-3746096971, eBook {{ASIN|B079YZH6CX}}
 
;Kritik
 
*Heiner Ullrich: ''Rudolf Steiner: Leben und Lehre'', Verlag C.H.Beck 2010, ISBN 978-3406612053; eBook ASIN: B004VLHGCY
*[[w:Miriam Gebhardt|Miriam Gebhardt]]: ''Rudolf Steiner: Ein moderner Prophet'', Pantheon Verlag 2013, ISBN 978-3570551806
 
{{GA}}


== Weblinks ==
== Weblinks ==
===Allgemein===
{{Commonscat}}
* http://www.rudolf-steiner.com - Website der Rudolf Steiner Nachlassverwaltung, Archiv und Verlag in Dornach.
{{Wikiquote|Paul Feyerabend}}
* http://www.goetheanum.org - Website des Goetheanum in Dornach.
* {{DNB-Portal|118532812}}
*[http://uncletaz.com/wc/wcthreads/mellett.html Mellett on Steiner's reincarnations]
* {{SEP|http://plato.stanford.edu/entries/feyerabend/ || John Preston}}
*[http://www.odysseetheater.com/jump.php?url=http://www.odysseetheater.com/ftp/anthroposophie/Rudolf_Steiner/Rudolf_Steiner_Geburtshoroskop_(Alan_Leo).pdf Das Geburtshoroskop Rudolf Steiners] ([[Alan Leo]], 1912)
* [http://www.uni-konstanz.de/FuF/Philo/philarchiv/bestaende/Feyerabend.htm Nachlass, Manuskripte, Korrespondenz und Handbibliothek Paul Feyerabends im Philosophischen Archiv der Uni Konstanz]
* [http://science.orf.at/science/news/145066 Das „Testament“ des Paul Feyerabend]


===Biographie===
== Einzelnachweise ==
*[https://www.youtube.com/watch?v=rAWJz1nkJ2k Die Biografie von Rudolf Steiner: Teil 1] [https://www.youtube.com/watch?v=5EgIY1hWaE8 Teil 2]  - Martin von Mackensen (17.1.2019 am Dottenfelderhof in Bad Vilbel; Video-Dokumentation von Francois Hagdorn)
Paul Feyerabends Autobiographie ''Zeitverschwendung'' wird mit ''Zeit'' abgekürzt.
* R. Schmidt: "Steiner Rudolf Joseph Lorenz". In: [[Wikipedia:Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950|Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950]] (ÖBL). Vol. 13, [[Wikipedia:Östereichische Akademie der Wissenschaften|Östereichische Akademie der Wissenschaften]], Wien 2010, ISBN 978-3-7001-6963-5, p. 176 f., [http://www.biographien.ac.at/oebl_13/176.pdf#view=Fit S. 176 PDF], [http://www.biographien.ac.at/oebl_13/177.pdf#view=Fit S. 177 PDF]


===Werke===
<references />
* http://www.rudolf-steiner.com - Website des Rudolf Steiner Archivs mit Volltextrecherchemöglichkeit.
* http://www.anthroweb.info/rudolf_steiner_werke.html - Grundlegende Werke Rudolf Steiners online.
* http://www.dr-rudolf-steiner.de - Einige Ausgaben letzter Hand


===Anthroposophische Publikationen===
{{Normdaten|TYP=p|GND=118532812|LCCN=n/80/131686|VIAF=24601381}}
* [http://www.anthroposophie.net/ Forum für Anthroposophie, Waldorpädagogik und Goetheanistische Naturwissenschaft]


===Kunstwissenschaftliche Publikationen===
{{SORTIERUNG:Feyerabend, Paul}}
* [http://www.ub.uni-konstanz.de/kops/volltexte/2004/1385/ Rudolf Steiner Design : Spiritueller Funktionalismus – Kunst] - Dissertation von Reinhold Johann Fäth
[[Kategorie:Hochschullehrer (Bristol)]]
 
[[Kategorie:Hochschullehrer (Berkeley, Kalifornien)]]
=== Medienberichte ===
[[Kategorie:Hochschullehrer (Yale)]]
 
[[Kategorie:Hochschullehrer (Freie Universität Berlin)]]
*[http://www.zeit.de/2011/08/C-Waldorfschule-Steiner Iris Radisch: ''Der letzte Prophet. Rudolf Steiner ist der einzige deutsche Idealist, der den Praxistest überlebt hat.''] - Artikel in [[Wikipedia:Die Zeit|Die Zeit]] vom 27. Februar 2011
[[Kategorie:Hochschullehrer (ETH Zürich)]]
*[http://www.deutschlandfunk.de/dunkle-lichtgestalt.704.de.html?dram:article_id=311911 Dunkle Lichtgestalt - Eine Lange Nacht über Rudolf Steiner] - Manuskript zur Sendung des Deutschlandfunks vom 28. März 2015 (Manuel Gogos)
 
{{Audioartikel|Rudolf_Steiner.ogg}}
 
== Einzelnachweise ==
<references/>
 
{{DEFAULTSORT:Steiner, Rudolf}}
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Version vom 9. April 2013, 05:02 Uhr

Paul Karl Feyerabend (* 13. Januar 1924 in Wien; † 11. Februar 1994 in Genolier im schweizerischen Waadtland) war ein österreichischer Philosoph und Wissenschaftstheoretiker. Er war von 1958 bis 1989 Philosophieprofessor an der Universität von Kalifornien in Berkeley und lebte zeitweilig in England, Deutschland, Neuseeland, Italien, zuletzt in der Schweiz, wo er als Hochschullehrer an der ETH Zürich tätig war.

Bekannt wurde Feyerabend durch seinen wissenschaftstheoretischen Anarchismus. Nach Feyerabend lassen sich keine universellen und ahistorischen wissenschaftlichen Methoden formulieren, produktive Wissenschaft müsse vielmehr Methoden nach Belieben verändern, einführen und aufgeben dürfen. Zudem gebe es keine allgemeinen Maßstäbe, mit denen man verschiedene wissenschaftliche Methoden oder Traditionen bewerten könne. Das Fehlen allgemeiner Bewertungsmaßstäbe führt Feyerabend zu einem philosophischen Relativismus, nach dem keine Theorie allgemein wahr oder falsch ist.

Paul Feyerabend in Berkeley

Leben

Kindheit, Jugend, Krieg

Paul Feyerabend wurde 1924 in Wien geboren. Als Sohn einer Mittelstandsfamilie besuchte er ein Realgymnasium und war ein Schüler mit überdurchschnittlichen Leistungen. Die Eltern hatten aufgrund von Krieg und Inflation lange gewartet, bevor sie ihr erstes und einziges Kind bekamen, Paul Feyerabends Mutter war bei seiner Geburt bereits 40 Jahre alt. In Kontakt mit der Philosophie kam Feyerabend nach eigenen Angaben durch einen Zufall: „Wenn man sich nach Literatur umsah, die zum Verkauf bestimmt war, konnte man tonnenweise Bücher für nur ein paar Groschen erwerben. […] Ich konnte es nicht vermeiden, daß hin und wieder auch ein Band von Plato, Descartes oder Büchner (dem Materialisten, nicht dem Dichter) darunter waren. Ich habe diese unerwünschten Zugaben dann wohl aus Neugier gelesen oder einfach, weil ich dafür bezahlt hatte.“[1]

Im März 1938 wurde Österreich Teil des deutschen Reiches, am 1. September 1939 begann der Zweite Weltkrieg und veränderte das Leben des 15-Jährigen. Feyerabends Eltern begrüßten den Anschluss, Feyerabend beschreibt sein Verhältnis zu den Nazis als naiv und relativ emotionslos. Er wurde nicht zu einem glühenden Anhänger, reagierte jedoch auch auf die im Krieg erlebten Grausamkeiten nicht mit Empörung. 1940 begann Feyerabend mit dem Reichsarbeitsdienst, 1942 wurde er Teil eines Pionierkorps, 1943 besuchte er eine Offiziersschule. Er wurde für die Ausbildung nach Jugoslawien geschickt; nach Feyerabend war die Offiziersschule insbesondere ein Weg, den Kriegseinsatz zu umgehen. In Jugoslawien erfuhr er von der Selbsttötung seiner Mutter, ein Ereignis, das ihn damals nicht sehr bewegte. Feyerabend wurde noch im September 1943 nach Russland geschickt, wo er sich nach eigenen Angaben leichtsinnig und theatralisch verhielt und dafür bis zum Leutnant befördert wurde.

Im letzten Kriegsjahr wurde Feyerabend auf dem Rückzug von mehreren Kugeln in den Magen und die Hand getroffen. „Ich verspürte keinen Schmerz, aber ich war überzeugt, daß meine Beine getroffen waren. Einen Augenblick sah ich mich im Rollstuhl an einer endlosen Bücherwand entlangfahren – ich war fast glücklich. Die Soldaten, die schleunigst aus dem Kampfgebiet kommen wollten, standen um mich herum, hoben mich auf einen Schlitten und zogen mich weg. Für mich war der Krieg vorbei.“[2] Feyerabends schwere Verletzungen bewirkten, dass er sein Leben lang starke Schmerzen hatte, an einem Stock gehen musste und impotent geworden war. Er wurde in eine Klinik in Apolda gebracht; nach Kriegsende studierte er für ein Jahr Gesang im nahen Weimar.

Studienzeit

1947 kehrte Feyerabend aus Weimar nach Wien zurück. Seine frühere Leidenschaft – die Physik – schien ihm nach Kriegsende lebensfremd, und so begann er mit dem Studium der Geschichte und Soziologie. Bald langweilten ihn jedoch seine Vorlesungen, er wechselte noch im gleichen Jahr zur Physik. Unter den Physikern an der Universität Wien machte insbesondere Felix Ehrenhaft Eindruck auf Feyerabend. Bald kam er durch Victor Kraft zudem in Kontakt mit der akademischen Philosophie. Kraft war im Gegensatz zu den anderen bekannten Mitgliedern des Wiener Kreises in Österreich geblieben und hatte um sich eine Gruppe von Philosophen und Studenten versammelt – den so genannten „Kraft-Kreis“. Unter ihnen war auch Feyerabend, der im Kraft-Kreis die Gelegenheit bekam, mit Philosophen wie Walter Hollitscher, G.E.M. Anscombe oder Ludwig Wittgenstein zu diskutieren. In dieser Zeit übernahm Feyerabend zentrale Überzeugungen des logischen Empirismus: „Das war übrigens die Haltung bei all meinen Diskussionbeiträgen: die Wissenschaft ist die Grundlage des Wissens, Wissen ist empirisch, nicht-empirische Überlegungen sind entweder Logik oder Unsinn.“[3]

Entscheidend für Feyerabends weitere Entwicklung wurde das Forum Alpbach, an dem er 1948 erstmals teilnahm. In Alpbach lernte Feyerabend Hanns Eisler, Bertolt Brecht und nicht zuletzt Karl Popper kennen. Das Angebot, bei Brecht als Assistent zu arbeiten, schlug Feyerabend aus.[4] Stattdessen wollte er nach seiner Promotion 1951 mit einem Stipendium des British Council bei Wittgenstein in Cambridge studieren. Da Wittgenstein jedoch 1951 verstarb, ging Feyerabend zu Popper an die London School of Economics and Political Science. Der Einfluss Poppers wurde in mehrfacher Hinsicht bestimmend für Feyerabends philosophische Entwicklung. Zunächst übernahm er den Falsifikationismus und wurde tief von Poppers Denken geprägt. Später wandte er sich jedoch von Poppers kritischem Rationalismus ab und machte ihn zum Hauptgegner des eigenen wissenschaftstheoretischen Anarchismus.

Von Bristol nach Berkeley

1955 bekam Feyerabend seine erste akademische Stelle an der University of Bristol, wo er eine Vorlesung über Wissenschaftstheorie zu halten hatte. Die Stelle war wohl nicht zuletzt dem Einfluss Poppers zu verdanken, allerdings zeigten sich nach Feyerabend erste Brüche: John Watkins „[…] ging mit ernstem Gesicht auf und nieder und hielt mir eine Strafpredigt, weil ich ein schlechter Popperianer war: zu wenig Popper im Text meiner Aufsätze und schon gar keinen Popper in den Fußnoten. Als ich ihm dann im Detail erklärte, daß man an einigen Stellen doch ein bißchen Popper herauslesen konnte, gab er einen Seufzer der Erleichterung von sich, führte mich ins Wohnzimmer und erlaubte mir zu essen.“[5] Feyerabends Schriften der 1950er und frühen 1960er Jahre sind dennoch stark durch Poppers Falsifikationismus geprägt.[6] Während seiner Zeit in Bristol heiratete Feyerabend zum zweiten Mal, die Ehe wurde jedoch, wie auch schon die erste, schnell geschieden. In dieser Situation war Feyerabend glücklich, dass ihm 1958 das Angebot gemacht wurde, ein Jahr an der University of California, Berkeley, zu verbringen.

Berkeley wurde für über 30 Jahre zum Hauptwohnsitz von Feyerabend. Der Wechsel von Europa in die USA war auf verschiedene Weisen prägend: Zunächst kam Feyerabend insbesondere durch seine Besuche am Minnesota Center for the Philosophy of Science schnell in engen Kontakt mit der amerikanischen Philosophieszene. Unter den Bekanntschaften waren zum einen viele alte Vertreter des Wiener Kreises wie Herbert Feigl, Rudolf Carnap und Carl Gustav Hempel, zum anderen jüngere Vertreter der amerikanischen analytischen Philosophie wie John Searle und Hilary Putnam. 1965 veröffentlichte Feyerabend seine erste ausführliche, wissenschaftstheoretische Schrift, Problems of Empiricism.[7] Dieser lange Essay enthält bereits viele radikale Überlegungen, basiert jedoch auf einem philosophischen Realismus und führte Feyerabend noch nicht zu einer unbedingten Konfrontation mit der zeitgenössischen Wissenschaftsphilosophie.

Des Weiteren war das politische Klima Berkeleys und der San Francisco Bay Area prägend: 1964 machte die Free Speech Movement Berkeley zum linksrevolutionären Zentrum der USA, drei Jahre später war die Hippiebewegung im benachbarten San Francisco mit dem Summer of Love auf ihrem Höhepunkt angelangt. Feyerabend hat in seinen Schriften immer wieder betont, dass die Erfahrungen mit den politischen Bewegungen und der Multikulturalität der Bay Area seine philosophischen Gedanken stark geprägt haben. So erklärt er etwa in Bezug auf die multikulturelle Studentenschaft: „Wer war ich, um diesen Menschen zu erklären, was und wie sie denken sollten? Ich hatte keine Ahnung von ihren Problemen, obwohl ich wusste, dass sie viele Probleme hatten. Ich kannte nicht ihre Interessen, ihre Gefühle, ihre Ängste, ihre Hoffnungen […]. Denn diese Aufgabe [gemeint ist das Dozieren der Tradition des westlichen Rationalismus] war die eines gebildeten und vornehmen Sklavenhalters. Und ein Sklavenhalter wollte ich nicht sein.“[8]

Feyerabends lange Zeit in Berkeley änderte jedoch nichts an seiner Rastlosigkeit und der Unzufriedenheit mit seiner neuen Heimat. Über die Jahre nahm er viele (Gast-)Professuren an, ohne jedoch an einem Ort vollständig zufrieden zu sein. Längere Zeit verbrachte er in London und Berlin, wo er ebenfalls mit den Studentenbewegungen in Kontakt kam. Weitere Stationen waren Auckland, Kassel, Sussex und Yale.

Der Anarchist in der Wissenschaftstheorie

In den 1960er Jahren hatte Feyerabend einige unkonventionelle Ideen publiziert, sich langsam vom kritischen Rationalismus gelöst und sich in Berkeley mit seinem unsteten Lehrstil einige Feinde gemacht. Insgesamt hatte er sich jedoch eine Reputation als ernstzunehmender und geachteter Wissenschaftstheoretiker erarbeitet. Die folgenden Jahre sollten diese Situation verändern. 1970 veröffentlichte Feyerabend einen Aufsatz mit dem Titel Against Method, in dem er die bekannten wissenschaftstheoretischen Methodologien angriff.[9] Seine Position entwickelte sich von einem liberalen und realistischen Methodenpluralismus zu einem relativistischen Angriff auf die Methodologie im Allgemeinen.

Mit seinem Freund Imre Lakatos plante Feyerabend eine gemeinsame Publikation zur Methodendebatte in der Wissenschaftstheorie. Lakatos sollte die Methode der Falsifikation gegen Feyerabends wütende Attacken auf jede Form von methodologischen Regeln verteidigen. Lakatos verstarb allerdings 1974 und Feyerabend veröffentlichte seine Kritik unter dem Titel Against Method. Outline of an anarchistic Theory of Knowledge als Monographie. Das Buch machte Feyerabend mit dem Slogan „anything goes“ über die Grenzen der Wissenschaftstheorie bekannt. In einer der positiveren Rezensionen des Buches finden sich häufig angeführte Bedenken: „Wider den Methodenzwang ist ein gutes Buch, vielleicht sogar ein großes. Es ist voll mit Widersprüchen, Über- und Untertreibungen und genügend Ad-hominem-Angriffen, um sogar dem liberalsten Studenten einen rhetorischen Hirnschlag zu verpassen.“[10]

Plötzlich fand sich Feyerabend in der Rolle des Hauptgegners der etablierten wissenschaftsphilosophischen Ansätze wieder. Er hatte offenbar nicht mit einer so breiten und heftigen Reaktion gerechnet und empfand die oft scharfe Ablehnung seines Werkes als verletzend: „Mein Privatleben war ein Scherbenhaufen, ich war ohne Schutz. Ich habe oft gewünscht, daß ich dieses verfluchte Buch [englisch: „fucking book“] nie geschrieben hätte.“[11] Als Reaktion auf die Kritik entstand Erkenntnis für freie Menschen, ein Buch, das selbst wiederum scharfe Angriffe und ein leidenschaftliches Bekenntnis zum Relativismus enthielt. Zudem vertiefte Feyerabend seine politische Theorie, die gegen die Macht moderner Technik und Wissenschaft gerichtet war.

Späte Jahre

Feyerabends späte Jahre werden von ihm selbst als seine glücklichsten beschrieben. Über die 1980er Jahre lehrte Feyerabend abwechselnd in Berkeley und an der ETH Zürich, eine Situation, die er sehr genoss. Zudem lernte er 1983 Grazia Borrini bei einer Vorlesung kennen. Sie heirateten sechs Jahre später und blieben bis zu Feyerabends Tod zusammen. Es war Feyerabends vierte Ehe.

Nach dem Erdbeben von San Francisco 1989 zog sich Feyerabend endgültig aus Kalifornien zurück, ein Jahr später wurde er auch an der ETH Zürich emeritiert. „Ich vergaß die 35 Jahre meiner akademischen Karriere fast so schnell wie ich den Militärdienst vergessen hatte. Heute fällt es mir schwer zu glauben, daß ich noch vor fünf Jahren an zwei wissenschaftlichen Institutionen, einer in Europa, einer in Kalifornien, unterrichtet habe.“[12] In den 1980er und 1990er Jahren hat Feyerabend eine große Zahl an Aufsätzen publiziert, seine letzte große Arbeit sollte die Autobiographie Zeitverschwendung (Originaltitel: Killing Time) werden, an der er bis kurz vor seinem Tode schrieb. 1993 wurde bei Feyerabend ein Hirntumor diagnostiziert; am 11. Februar 1994 starb er in einer Klinik am Genfersee. Er erhielt ein ehrenhalber gewidmetes Grab auf dem Südwestfriedhof in Wien.

Wissenschaftstheoretische Ansichten

Zu Beginn seiner wissenschaftstheoretischen Laufbahn vertrat Feyerabend die Ansichten Karl Poppers bzw. des kritischen Rationalismus. Seine Beiträge kritisierten den von positivistischer Seite behaupteten Dualismus von Theorie- und Beobachtungssprache und die Annahme, es gebe atheoretische, d.h. nicht theoriegetränkte Beobachtungsbegriffe.[13] Aus dem Erfordernis kontra-induktiver und kontra-intuitiver Widerlegungsversuche leitete er ab, dass die Prüfung durch alternative Theorien einen Theorienpluralismus benötige.[14]

Um 1968 radikalisierte sich Feyerabends Wissenschaftsauffassung; fortan verstand er bestimmte Vernunftskriterien nur noch als eine mögliche Alternative unter vielen („anything goes“). Nach dieser wissenschaftstheoretischen Katharsis trat Feyerabend als Kritiker des Rationalismus auf, insbesondere der vorherrschenden Wissenschaftstheorie und Methodologie. So bezeichnete er etwa den kritischen Rationalismus zuweilen als „Law-and-Order-Rationalismus”. Feyerabend rebellierte gegen einen von ihm wahrgenommenen orthodoxen Dogmatismus der Wissenschaft, wobei er bewusst provokativ äußerte, Regentänze seien genauso gut wie Wettervorhersagen, Wahlprognosen nicht besser als Astrologie. Feyerabend sah Wissenschaft, neben beispielsweise Religion oder Kunst, nur als eine von vielen Möglichkeiten, Erkenntnis zu gewinnen. Den verschiedenen Zugängen zur Wahrheit eine feste Wertigkeit zuzuordnen, ist nach Feyerabend nicht möglich, teilweise auch deswegen, weil diese Wahrheitszugänge untereinander inkommensurabel seien.

Nach Feyerabend lässt sich aus der Wissenschaftsgeschichte der Schluss ziehen, dass die Praxis des Erkenntnisgewinns und der Erkenntnisveränderung in oftmals irrationaler und anarchischer Weise bestehende wissenschaftstheoretische Grundsätze verletzt hat und eben darum erfolgreich war. Feyerabend betont die Bedeutung von Intuition und Kreativität als Voraussetzung des Erkenntnisgewinns und Erkenntnisfortschritts, beide dürften nicht durch eine bestimmte dogmatische Rationalität und wissenschaftstheoretisch-methodologische Regeln und Zwänge, die ihrerseits nicht sakrosankt seien, sondern vielmehr im Erkenntnisprozess einem Wandel unterlägen, nutzlos und in irreführender Weise eingeschränkt werden. So prägte er den Begriff der Anti-Regel, die eine Regel bezeichnen soll, die der Induktion widerspricht. Der Wissenschaftler soll sich nicht scheuen, methodische Regeln aufzustellen, die zu Hypothesen führen, die anerkannten Theorien und beobachtbaren Tatsachen widersprechen. Für diese radikale Linie Feyerabends gab es in der Wissenschaftsgeschichte bereits Anknüpfungspunkte, etwa David Brewster, als er sich 1831 kritisch mit der Methodologie von Francis Bacon auseinandersetzte:

„The process of Lord Bacon was, we believe, never tried by any philosopher but himself. ... This example, in short, of the application of his system, will remain to future ages as a memorable instance of the absurdity of attempting to fetter discovery by any artificial rules.“[15]

Feyerabend forderte eine scharfe Trennung von Staat und Wissenschaft, darüber hinaus wandte er sich gegen jeden Überlegenheitsanspruch von Wissenschaftlern gegenüber „Normalbürgern“. Sein Ziel war eine freie Gesellschaft, in der Bürger und Politiker direkt, ohne weitere administrative Umwege über abstrakte Theorien, am Erkenntnisprozess teilhaben. Eine objektive, von Lebens- und Erfahrungspraxis in einer freien Gesellschaft abgetrennte (und damit die bislang herrschende) Rationalität – in Form der Logik, Wissenschaftstheorie und bestimmter Sozialtheorien – sollte durch eine Beteiligung der Bürger ersetzt werden.

Feyerabends Kritik am Kritischen Rationalismus

Für Feyerabend ist „vernünftig“ etwas anderes als das, was Popper darunter versteht. Und Wissenschaft funktioniert nach ihm anders, als Poppers methodologische Untersuchungen dies nahelegten: Wissenschaftler stellen selbst fest, nach welchen Maßstäben eine bestimmte Wissenschaft abzulaufen hat, und wann es erforderlich ist, nicht nur Theorien, sondern auch methodologische Grundsätze und Regeln abzuändern oder auszuwechseln. Feyerabend liest die Wissenschaftsgeschichte gegen Poppers „Strich“; er belegt an vielen Beispielen, dass sich Wissenschaftler in Wirklichkeit häufig nicht an feste Regeln halten und dennoch oder gerade deswegen zum Erfolg gelangen. Besser, als sich auf die Schaffung einer bestmöglichen Methodologie zu konzentrieren, sei es demnach, sich grundsätzlich opportunistisch zu verhalten, überspitzt formuliert: Alles geht! Feyerabends Anarchismus verkündet nicht die Regellosigkeit oder Chaos als Zielsetzung, sondern fordert neben einem Theorienpluralismus genauso einen Pluralismus der Methoden unter der Flagge eines Methodenanarchismus.

Feyerabend lehnt Poppers Präokkupation mit dem Abgrenzungsproblem ab als direkten Weg in den Dogmatismus:

„Kein Rationalist, kein kritischer Rationalist besitzt eine Einsicht in die Grenzen der Wissenschaften – dazu müsste er ja wissen, was außerhalb der Wissenschaften vorgeht, er müsste Mythen kennen, müsste ihre Funktion verstehen […] Man zeige einem kritischen Rationalisten einen Gegenstand, der außerhalb seiner Erfahrung liegt – damit kann er gar nichts anfangen, er benimmt sich wie ein Hund, der seinen Herrn in ungewöhnlichen Kleidern sieht; er weiß nicht, soll er ihn beißen, soll er davon laufen, oder soll er ihm das Gesicht lecken. Das ist auch der Grund, warum kritische Rationalisten an den Grenzen der Wissenschaft zu schimpfen beginnen – für sie ist das Ende ihres Glaubens erreicht und das einzige, was sie sagen können, ist: ‚irrationaler Unsinn‘ oder ‚ad hoc‘ oder ‚unfalsifizierbar‘ oder ‚degenerierend‘ – Bezeichnungen, die genau denselben Zweck haben wie die früheren Bezeichnungen ‚häretisch‘ etc. etc.“[16]

Antwort des kritischen Rationalismus auf Feyerabends Kritik

Nach David Miller merkt Feyerabend nicht, wie sehr seine Kritik in Wirklichkeit mit dem Kritischen Rationalismus konform geht, und ihm gar nicht widerspricht.[17] Feyerabend übersieht demnach, dass das Ziel von Methoden im kritischen Rationalismus überhaupt nicht die Begründung einer Wahl von Theorien oder Methoden ist, also keine Theorien oder Methoden durch Grenzziehungen von der Erörterung ausgeschlossen werden sollen. Er liegt also zwar insofern richtig, als die Wahl einer Methode nicht begründet werden kann, er liegt aber falsch in der Annahme, dass sie daher alle gleichrangig sein müssen. Denn die Wahl einer Methode hat objektive Konsequenzen, weil die Methode Probleme, die sie lösen soll, gemäß ihren eigenen Maßstäben besser oder schlechter löst. Die Methode von Versuch und Irrtum, die nichts zu begründen versucht, funktioniert daher ebenso bei der Methodenauswahl und ist dabei auch auf sich selbst anwendbar. Performative Widersprüche treten nicht auf, weil Ziel nicht Selbstbegründung ist, sondern Selbstkritik.

Tatsächlich vertritt Feyerabend gemäß Miller selbst eine ähnliche Position, geht aber so weit, auch Methoden zulassen zu wollen, die sich gegen die Logik stellen und somit nur schwer zu kritisieren und auszusortieren sind, wenn sie fehlschlagen. In diesem Punkt unterscheidet sich Feyerabends Methodenanarchismus vom kritischen Methodenpluralismus des kritischen Rationalismus. Miller ist der Ansicht, dass Feyerabend kein wirkliches Argument gegen die Logik hat und – frei nach seinen eigenen Worten – ein Dieb ist, der seinem Diskussionsgegner erst die Logik stiehlt, um den Bestohlenen dann dafür zu kritisieren, dass er sie nicht mehr besitzt.

Werke

Schriften

Ton- und Bilddokumente

  • Philosophie Heute: Lieber Himmel – was ist ein Mensch? Paul Feyerabend im Gespräch mit Rüdiger Safranski. VHS-Video. Junius, Hamburg 1994 (online).
  • Wissenschaftstheoretische Plaudereien. Originaltonaufnahmen 1971–1992, hg. v. Klaus Sander. Audio-CD, 60 Minuten und Booklet, 24 Seiten. Supposé, Köln 2000, ISBN 3-932513-15-0
  • Stories from Paolino’s Tapes. Private Recordings 1985–1993, hg. v. Grazia Borrini-Feyerabend und Klaus Sander. Audio-CD, 68 Minuten. Supposé, Köln 2001, ISBN 3-932513-19-3

Literatur

  • Bibliographie Paul Feyerabends. Journal for General Philosophy of Science. Vol. 28, Nr. 1 / Jan. 1997. Springer Netherlands. doi:10.1023/A:1008200922400
  • Eberhard Döring: Paul K. Feyerabend zur Einführung. Junius (Zur Einführung 180), Hamburg 1998, ISBN 3-88506-980-6
  • Paul Hoyningen-Huene: Paul K. Feyerabend. Journal for General Philosophy of Science 28: 1-18 (1997).
  • Paul Hoyningen-Huene: Paul Feyerabend und Thomas Kuhn. Journal for General Philosophy of Science 33(1): 61-83 (2002).
  • Paul Hoyningen-Huene: Three Biographies: Kuhn, Feyerabend, and Incommensurability. In: Randy Harris (ed.): Rhetoric and Incommensurability. West Lafayette: Parlor Press, 2005, pp. 150-175.
  • Friedrich Stadler / Kurt R. Fischer (Hgg.): Paul Feyerabend. Ein Philosoph aus Wien. Springer (Veröffentlichungen des Instituts Wiener Kreis 14), Wien 2006, ISBN 3-211-29759-6
  • Martin Ludwig Hofmann: Paul Feyerabend (1924–1994) – Kultur des Wissens als Kultur der Freiheit, in: Hofmann, Korta, Niekisch (Hrsg.): Culture Club II. Klassiker der Kulturtheorie. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2006, ISBN 3-518-29398-2
  • Eric Oberheim (2007): Feyerabend's Philosophy. Berlin: de Gruyter.
  • Thomas Sukopp: Anything goes? Paul K. Feyerabend als Elefant im Popperschen Porzellanladen. Aufklärung und Kritik, 1/2007 14. Jg. ISSN 0945-6627
  • Ursula Schmidt: Wie wissenschaftliche Revolutionen zustande kommen: von der vorkopernikanischen Astronomie zur Newtonschen Mechanik. Würzburg, Königshausen & Neumann, 2010, ISBN 978-3-8260-4255-3
  • Thomas Kupka: Feyerabend und Kant — Kann das gut gehen? Paul K. Feyerabends ›Naturphilosophie‹ und Kants Polemik gegen den Dogmatismus. In: Journal for General Philosophy of Science 42 (2011) S. 399-409 (DOI 10.1007/s10838-011-9170-0)

Weblinks

Commons: Paul Feyerabend - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Einzelnachweise

Paul Feyerabends Autobiographie Zeitverschwendung wird mit Zeit abgekürzt.

  1. Zeit, S. 43 f.
  2. Zeit, S. 74 f.
  3. Zeit, S. 95.
  4. Zeit, S. 101.
  5. Zeit, S. 149.
  6. Ein gutes Beispiel ist folgende Kritik am Positivismus: “An Attempt at a Realistic Interpretation of Experience.” 1958.
  7. Problems of Empiricism. Beyond the Edge of Certainty: Essays in Contemporary Science and Philosophy, ed. R.G. Colodny (New Jersey: Prentice-Hall, 1965), S. 145–260.
  8. EffM, S. 233 f.
  9. Paul Feyerabend: Against Method. In: Minnesota Studies in the Philosophy of Science. Theories & Methods of Physics and Psychology. 1970, S. 17–130.
  10. Übersetzt von: “Against Method is a good book, possibly a great one. It’s full of contradictions, over- and understatements, and enough ad hominem statements to give even the most liberal student rhetoric apoplexy.” In: Ian Mitroff: Review of: Against Method, Outline of an Anarchistic Theory of Knowledge. In: Contemporary Sociology 1976, S. 347.
  11. Zeit, S. 200.
  12. Zeit, S. 229.
  13. zur Frage der Dispositionsbegriffe: Paul Feyerabend: Das Problem der Existenz theoretischer Entitäten, in: Ernst Topitsch (Hg.): Probleme der Wissenschaftstheorie. Festschrift für Viktor Kraft. Wien 1960
  14. Paul Feyerabend: How to be a Good Empiricist, in: Bernard Baumrin (Hg.): Philosophy of Science, The Delaware Seminar 2. New York 1963
  15. So formuliert in seinem Buch Life of Sir Isaac Newton (London 1831). Siehe dazu Franz Graf-Stuhlhofer: David Brewster - ein „Vorläufer“ von Paul Feyerabend, in: Mitteilungen der Österreichischen Gesellschaft für Wissenschaftsgeschichte 27 (2010) 167f.
  16. Paul Feyerabend: Über die Methode. Ein Dialog. In: Gerard Radnitzky, Gunnar Andersson (Hgg.): Voraussetzungen und Grenzen der Wissenschaft. Mohr, Tübingen 1981, ISBN 3-16-942722-9
  17. Critical Rationalism, S. 27


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