Wissenschaftstheorie und Charles Darwin: Unterschied zwischen den Seiten

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Die '''Wissenschaftstheorie''' (oder '''(theoretische) Wissenschaftsphilosophie''') ist ein Teilgebiet der [[Philosophie]], das sich mit den Voraussetzungen, Methoden und Zielen von [[Wissenschaft]] und ihrer Form der [[Erkenntnistheorie|Erkenntnisgewinnung]] beschäftigt.  
[[Datei:Charles Darwin portrain by John Collier, 1883 copy.jpg|miniatur| Darwin kurz vor seinem Tod, Porträt von [[Wikipedia:John Collier (Maler)|John Collier]]]]
'''Charles Robert Darwin''' (* [[Wikipedia:12. Februar|12. Februar]] [[Wikipedia:1809|1809]] in [[Wikipedia:Shrewsbury|Shrewsbury]]; † [[Wikipedia:19. April|19. April]] [[Wikipedia:1882|1882]] in [[Wikipedia:Downe|Downe]]) war ein [[Wikipedia:Vereinigtes Königreich|britischer]] [[Naturwissenschaft|Naturforscher]] und wurde für seine grundlegenden Beiträge zur [[Evolution]]stheorie bekannt, die deshalb oft auch schlicht als '''Darwinismus''' bezeichnet wird.  


== Kernfragen ==
Die wesentlichen Impulse für seine Forschung bekam Darwin auf der Ende 1831 begonnenen und fast fünf Jahre dauernde Reise mit der [[Wikipedia:HMS Beagle (1820)|HMS ''Beagle'']], über die er 1839 einen ausführlichen Reisebericht veröffentlichte. Bereits [[Wikipedia:1838|1838]] hatte er aufgrund seiner Erfahrungen eine auf [[Wikipedia:Genetische Variabilität|Variation]] und [[Wikipedia:Selektion (Evolution)|natürliche Selektion]] beruhende Theorie über die [[Phylogenese|phylogenetische]] Entwicklung aller [[Organismen]] in ersten Grundzügen entworfen. Darwins Hauptwerk [[Wikipedia:Über die Entstehung der Arten|Über die Entstehung der Arten]] wurde [[Wikipedia:1859|1859]] veröffentlicht, nachdem er bereits ein Jahr zuvor gemeinsam mit [[Alfred Russel Wallace]], der unabhängig von Darwin ähnliche Ideen entwickelt hatte, ein evolutionstheoretische Werk herausgebracht hatte. In dem [[Wikipedia:1871|1871]] veröffentlichten Buch über [[Wikipedia:Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl|Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl]] führte Darwin mit der [[Wikipedia:Sexuelle Selektion|sexuellen Selektion]] einen zusätzlichen Selektionsmechanismus ein, mit dem er die Abstammung des Menschen zu erklären versuchte.
Kernfragen der Wissenschaftstheorie lauten:  
# Welche Charakteristika weist wissenschaftliche Erkenntnis auf? (z. B. Erklärung, [[wikipedia:Vorhersage|Vorhersage]] von experimentellen Ergebnissen)
# Was zeichnet wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn aus ([[Methodologie]])?
# Gibt es wissenschaftlichen [[wikipedia:Fortschritt|Fortschritt]]?
# Welchen erkenntnistheoretischen Status haben wissenschaftliche Theorien und die von ihnen postulierten [[Entität]]en? Ist Wissenschaft eine Form von [[Wahrheit]]sfindung oder muss wissenschaftliche Erkenntnis pragmatischer konzipiert werden?
# Welchen Einfluss haben [[wikipedia:Wissenschaftsästhetik|ästhetische Faktoren]] auf wissenschaftliche Erkenntnisse und auf die Entwicklung der Wissenschaften?
# Wie soll das Verhältnis Wissenschaft – [[Ethik]] sein?


Die Beschäftigung mit wissenschaftstheoretischen Problemen, vor allem solchen, die die Struktur und Entwicklung wissenschaftlicher Kenntnisse und Methoden betreffen, reicht in ihren Anfängen bis in die Antike zurück ([[Aristoteles]]). Weiterführende Untersuchungen zu Teilproblemen der Wissenschaftstheorie finden sich bei Philosophen wie [[Francis Bacon]], [[René Descartes|Descartes]], [[Gottfried Wilhelm Leibniz|Leibniz]], [[wikipedia:Jean Baptiste le Rond d’Alembert|D'Alembert]], [[wikipedia:Denis Diderot|Diderot]], [[Immanuel Kant|Kant]], [[Johann Gottlieb Fichte|Fichte]], [[Georg Wilhelm Friedrich Hegel|Hegel]], später [[wikipedia:Bernard Bolzano|Bolzano]]. Wissenschaft wird in diesen Untersuchungen vorwiegend als System wissenschaftlicher Erkenntnisse verstanden, und Wissenschaftstheorie ist in diesem Sinne eng mit [[Erkenntnistheorie]] und Methodologie verbunden.
== Kampf ums Dasein ==


Sie stützt sich auf die Ergebnisse von Untersuchungen zur Wissenschaft, die aus der Sicht der einzelnen [[wikipedia:Einzelwissenschaft|Disziplinen]] gewonnen werden, z. B. Ökonomie, Soziologie, Psychologie u. a., erarbeitet – davon ausgehend – ihr eigenständiges [[Begriff]]ssystem, verallgemeinert auf dieser Grundlage die disziplinären Erkenntnisse und versucht so ihrerseits zum [[wikipedia:interdisziplinär|einheitlichen]] theoretischen Fundament aller einzelner Forschungsdisziplinen zu werden.
Im Schlusswort von «Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl» fasst Darwin die Kerngedanken seiner Lehre wie folgt zusammen


== Zur Wissenschaftlichkeit der Anthroposophie ==
{{LZ|Es ist anziehend, eine dicht bewachsene Uferstrecke zu betrachten, bedeckt mit blühenden Pflanzen vielerlei Art, mit singenden Vögeln in den Büschen, mit schwärmenden Insecten in der Luft, mit kriechenden Würmern im feuchten Boden, und sich dabei zu überlegen, dass alle diese künstlich gebauten Lebensformen, so abweichend unter sich und in einer so komplizierten Weise von einander abhängig, durch Gesetze hervorgebracht sind, welche noch fort und fort um uns wirken. Diese Gesetze, im weitesten Sinne genommen, heißen: Wachstum mit Fortpflanzung; Vererbung, fast in der Fortpflanzung mit inbegriffen, Variabilität in Folge der indirekten und direkten Wirkungen äußerer Lebensbedingungen und des Gebrauchs oder Nichtgebrauchs; rasche Vermehrung in einem zum Kampf um's Dasein und als Folge dessen zu natürlicher Zuchtwahl führenden Grade, welche letztere wiederum die Divergenz des Charakters und das Erlöschen minder vervollkommneter Formen bedingt. So geht aus dem Kampf der Natur, aus Hunger und Tod unmittelbar die Lösung des höchsten Problems hervor, das wir zu fassen vermögen, die Erzeugung immer höherer und vollkommenerer Tiere. Es ist wahrlich eine grossartige Ansicht, dass der Keim alles Lebens, das uns umgibt, ursprünglich [vom Schöpfer<ref>Der explizite Hinweis auf den Schöpfer wurde von Darwin erst ab der 2. Auflage hinzugefügt.</ref>] nur wenigen oder nur einer einzigen Form eingehaucht wurde, und dass, während unser Planet den strengsten Gesetzen der Schwerkraft folgend sich im Kreise geschwungen, aus so einfachem Anfang sich eine endlose Reihe der schönsten und wundervollsten Formen entwickelt hat und noch immer entwickelt.|Charles Darwin: ''Über die Entstehung der Arten''<ref>Im englischen Original:
Kritisch wird gegen den Anspruch der Anthroposophie, Wissenschaft zu sein, eingewendet, daß ihr die [[intersubjektiv]]e Überprüfbarkeit, ein nach modernem Verständnis von Wissenschaft notwendiges Kriterium von Wissenschaftlichkeit, ermangele.
:„It is interesting to contemplate an entangled bank, clothed with many plants of many kinds, with birds singing on the bushes, with various insects flitting about, and with worms crawling through the damp earth, and to reflect that these elaborately constructed forms, so different from each other, and dependent on each other in so complex a manner, have all been produced by laws acting around us. These laws, taken in the largest sense, being Growth with Reproduction; Inheritance which is almost implied by reproduction; Variability from the indirect and direct action of the external conditions of life, and from use and disuse; a Ratio of Increase so high as to lead to a Struggle for Life, and as a consequence to Natural Selection, entailing Divergence of Character and the Extinction of less-improved forms. Thus, from the war of nature, from famine and death, the most exalted object which we are capable of conceiving, namely, the production of the higher animals, directly follows. There is grandeur in this view of life, with its several powers, having been originally breathed [by the Creator] into a few forms or into one; and that, whilst this planet has gone cycling on according to the fixed law of gravity, from so simple a beginning endless forms most beautiful and most wonderful have been, and are being, evolved.“ (Charles Darwin: ''The Origin of Species by Means of Natural Selection'')</ref>}}


Es gilt zwar auch für die diesbezüglich vorbildlichen Naturwissenschaften, daß der Laie einen Gutteil von wissenschaftlichen Erkenntnissen auf Glauben hinnehmen muß, weil ihm selbst die Möglichkeiten fehlen, eine Überprüfung durchzuführen. Jedoch gibt es die Forschergemeinschaft, die sich gegenseitig prüft, kritisiert, und gegebenfalls berichtigt. Und man vertraut als Laie dieser Forschergemeinschaft, dem übereinstimmenden Urteil von kompetenten Forschern auf dem gleichen Gebiet, und ''das'' ist Wissenschaft nach dem Kritium der intersubjektiven Überprüfbarkeit.
{{GZ|Der Kampf ums Dasein ist die Losung der Forschung geworden.
Und woraus ist dieser Kampf da hineingekommen?
Nicht aus der Natur ist er gekommen. ''Darwin'' selbst, obgleich
er ihn in größerem Stile betrachtet als seine Nachfolger,
hat ihn von einer über die Menschengeschichte sich
verbreitenden Anschauung des ''[[Wikipedia:Thomas Malthus|Malthus]]'' genommen, jener
Anschauung, daß die Erde in einer solchen Progression Nahrungsmittel
hervorbringt, daß diese Zunahme in viel geringerem
Maße steigt als die Zunahme der Bevölkerung. Diejenigen,
welche sich mit diesen Dingen beschäftigt haben,
werden wissen, daß man sagt: Die Zunahme der Nahrungsmittel
steigt im arithmetischen, die Zunahme der Bevölkerung
im geometrischen Verhältnis. Das bedingt einen Kampf
ums Dasein, einen Krieg aller gegen alle. — Davon ausgehend,
hat Darwin auch am Ausgange der Natur den
Kampf ums Dasein angenommen. Und diese Anschauung
entspricht nicht einer bloßen Idee, sondern den modernen
Lebensgestaltungen. Bis in die Verhältnisse des Einzelnen
ist in der Form der allgemeinen wirtschaftlichen Konkurrenz
dieser Kampf ums Dasein zur tatsächlichen Wirklichkeit geworden.
Man hat diesen Daseinskampf in nächster Nähe
gesehen, man hat ihn für etwas Natürliches im Menschenreich
gehalten und dann in die Naturwissenschaft aufgenommen.


Soweit es auf dem Gebiet der Geisteswissenschaft, der Anthroposophie, diese intersubjektive Überprüfbarkeit noch nicht gibt, (sie ist insofern schon gegeben, als daß andere Geistesforscher <ref>Im Zusammenhang mit der anthroposophischen Bewegung sind hier zu nennen: Valentin Tomberg, Willi Seiss, Jesaia Ben Aharon, Jostein Saether, Heide Oehms, Ralph Melas Große, Judith von Halle und last but not least Hermann Keimeyer. Der Anthroposophie verwandte Konzepte wurden durch die Geistesforscher Dr. Stylianos Atteshlis (Daskalos) und durch Sri Aurobindo entwickelt.</ref>  einige Aussagen Rudolf Steiners bestätigen, oder ihnen widersprechen, weil ihnen selbst das beforschte Gebiet zugänglich ist), ist danach zu fragen, ob es einen Ersatz geben kann für dieses Kriterium von Wissenschaftlichkeit, oder ob es unter bestimmten Voraussetzungen verzichtbar ist.
Von solchen Anschauungen geht ''[[Ernst Haeckel]]'' aus, der
in der kriegerischen Betätigung, im Krieg geradezu einen
Kulturhebel gesehen hat. Der Kampf sei das, was stark
macht, das Schwache soll untergehen, die Kultur fordere,
daß das Schwache untergeht. - Die Nationalökonomie hat
dann diesen Kampf wieder auf die Menschenwelt zurück
angewendet. So haben wir große Theorien innerhalb unserer
Nationalökonomie, innerhalb unserer sozialen Theorien,
welche den Kampf ums Dasein wie etwas ganz Berechtigtes
und von der menschlichen Entwickelung nicht zu Trennendes
ansehen. Man ist in diesen Sachen — nicht vorurteilslos,
sondern mit diesen Prinzipien — weiter zurückgegangen in
die ältesten Zeiten, und da versuchte man das Leben barbarischer
wilder Völkerschaften zu studieren. Man glaubte,
den Menschen in seiner Kulturentwickelung belauschen zu
können und glaubte, da das wildeste Kriegsprinzip zu finden.
''[[Wikipedia:Thomas Henry Huxley|Huxley]]'' hat gesagt: Sehen wir hinaus in die Natur der
Tiere, so gleicht der Kampf ums Dasein einem Gladiatorenkampf,
und das ist Naturgesetz. Und sehen wir von den
höheren Tieren auf die niederen und stellen wir uns ein auf
den bisherigen Gang der Weltentwickelung, so belehrt uns
die Tatsachenwelt überall, daß wir in einem allgemeinen
Kampf ums Dasein leben.|54|41f}}


== Rudolf Steiners Verständnis von Wissenschaft und von der Wissenschaftlichkeit der Anthroposophie ==
=== Das Prinzip der gegenseitigen Hilfe ===


In einem Aufsatz aus dem Jahre 1922 äußert sich Rudolf Steiner über den Gegenstand der anthroposophischen Wissenschaft und das Erfordernis einer anderen Denkungs- bzw. Anschauungsart, als wie sie für das Physische oder Chemische angemessen ist:
{{GGZ|Schwer könnten wir etwas einwenden, wenn die Tatsachen
in dieser Weise sprächen. Da trat im Jahre 1880 ein merkwürdiger
Mann auf, ein Mann, der einen Vortrag hielt in
der Naturforscherversammlung vom Jahre 1880 in St.Petersburg
in Rußland, einen Vortrag, der für alle diejenigen, die
sich für diese Frage gründlich interessieren, von einer großen
und tiefgehendenBedeutung ist. Dieser Mann ist der Zoologe
''[[Karl Kessler|Keßler]]''<ref>''Karl Keßler'', auch ''Karl Fedorovich Kessler'' (1815-1881), deutsch-russischer Zoologe, formulierte erstmals das ''Prinzip der gegenseitigen Hilfeleistung''</ref>. Er ist bald danach gestorben. Sein Vortrag handelte
über das Prinzip der gegenseitigen Hilfe in der Natur. Für
alle diejenigen, welche solche Dinge ernsthaft anfassen, geht
von der Forschung und wissenschaftlichen Reife, welche damit
angeregt wird, ein ganz neuer Zug aus. Hier wurden
zum erstenmal in der neueren Zeit Tatsachen aus der ganzen
Natur zusammengestellt, die beweisen, daß alle früheren
Theorien über den Kampf ums Dasein mit der Wirklichkeit
nicht übereinstimmen.


<div style="margin-left: 20px;">
In diesem Vortrag finden Sie auseinandergesetzt und
"Dass der wissenschaftliche Materialismus überwunden werden müsse, ist seit Jahrzehnten schon die Überzeugung vieler Menschen geworden. Wenn in dieser Richtung Meinungen ausgesprochen werden, dann hat man die Denkungsart im Sinne, welche im neunzehnten Jahrhunderte in weiten Kreisen von wahrer Wissenschaftlichkeit für untrennbar gehalten worden ist. Diese Denkungsart hielt es für unwissenschaftlich, von Geist und Seele als von Wesenheiten zu sprechen, die selbständig, unabhängig von ihren materiellen Bedingungen betrachtet werden dürfen. Man fühlte sich auf wissenschaftlichem Boden nur sicher, wenn man auf materielle Vorgänge blicken konnte. Geist und Seele sah man im Gefolge der materiellen Vorgänge sich entwickeln; und man glaubte, für die Wissenschaft das einzig Mögliche getan zu haben, wenn man auf Materielles deutete, das sich abspielt, während Geistiges oder Seelisches erscheint." (GA 36, S. 254. , 1922)
durch die Tatsachen bewiesen, daß die tierischen Arten, die
tierischen Gruppen sich nicht entwickeln durch den Kampf
ums Dasein, daß es in Wahrheit einen Kampf ums Dasein
nur ausnahmsweise zwischen zwei Arten gibt, nicht aber in
der Art selbst, deren Individuen sich im Gegenteil Hilfe
leisten, und daß die Arten am dauerhaftesten sind, deren
Individuen am meisten veranlagt sind zu solcher gegenseitigen
Hilfe. Nicht Kampf, sondern gegenseitige Hilfe gewährt
lange Existenz. Dadurch war ein neuer Gesichtspunkt
erreicht. Nur hat es die moderne Forschung zuwege gebracht,
daß durch eine merkwürdige Verkettung von Umständen
eine Persönlichkeit, die für die Gegenwart auf dem
unglaublichsten Standpunkt steht, Fürst ''[[Pjotr Alexejewitsch Kropotkin|Kropotkin]], die
Sache weitergeführt hat. Er hat bei Tieren und Stämmen an
einer Unsumme von festgelegten Tatsachen zeigen können,
welche Bedeutung in der Natur und im Menschenleben dieses
Prinzip der gegenseitigen Hilfe hat. Ich kann jedem
empfehlen, dieses auch in deutscher Übersetzung vorliegende
Buch, übersetzt von Gustav Landauer, zu studieren. Dieses
Buch bringt eine Summe von Begriffen und Vorstellungen
in den Menschen hinein, die eine Schule sind für den Aufstieg
zu einer spirituellen Gesinnung. Nun verstehen wir
aber diese Tatsachen erst dann richtig, wenn wir sie im Sinne
der sogenannten esoterischen Anschauung beleuchten, wenn
wir diese Tatsachen mit den Grundlagen der Geisteswissenschaft
durchdringen. Ich könnte ja schon deutlich sprechende
Beispiele vorführen, allein Sie können sie in dem angeführten
Buche lesen. Das Prinzip der gegenseitigen Hilfeleistung
in der Natur ist: Diejenigen kommen am weitesten, die dieses
Prinzip am meisten ausgeprägt haben. - Die Tatsachen
sprechen also deutlich und werden immer deutlicher für uns
sprechen. In der geisteswissenschaftlichen Anschauung sprechen
wir, wenn wir von einer einzelnen Tierart sprechen,
genau so, wie wir von einem einzelnen Menschen, von der
einzelnen Individualität eines Menschen sprechen. Eine
Tierart ist uns dasselbe auf niederem Gebiete, was auf höherem
Gebiete das einzelne menschliche Individuum ist.|54|43ff}}


"Heute finden viele, dass mit dieser Art der Betrachtung das Seelische für die menschliche Anschauung verloren geht. Man fühlt, dass man in der Betrachtung des Nervenlebens nur Materielles vor sich hat, und dass dieses Materielle keine Auskunft geben kann in den Fragen, welche Geist und Seele über sich selbst stellen müssen. Es gibt heute ernst zu nehmende wissenschaftliche Denker, welche aus solchen Gefühlen heraus die materialistische Betrachtung verlassen und zu der Überzeugung kommen, im Materiellen müsse ein Geistiges als wirksam gedacht werden." (ebend., 255f.)
== Siehe auch ==


Die "Denkungsart, die für das Physische und Chemische ihre volle Berechtigung hat", muß umgewandelt werden, "wenn man in die Betrachtung der Lebens-, Seelen- und Geistesgebiete heraufrückt. Der Mensch muss erst sein Denken umgestalten, wenn er sich die Berechtigung erwerben will, über diese Gebiete wissenschaftlich zu sprechen." (ebend., 257)
* {{WikipediaDE|Charles Darwin}}


"Die Art, wie man in der Gegenwart das Physische und Chemische betrachtet, beruht auf einer gewissen Verfassung der Seele des Menschen. Und die wissenschaftliche Gewissheit hat man da nicht als etwas von der Natur Geoffenbartes, sondern als ein inneres Erlebnis des Betrachtens. Was man seelisch erlebt, indem man die Natur betrachtet, gibt die Gewissheit. Anthroposophische Erkenntnis schreitet von diesem Seelenerlebnis zu anderen vor, die man haben kann, wenn das in der physischen und chemischen Wissenschaft geübte Denken zum Anschauen in Imagination, Inspiration und Intuition sich gewandelt hat. Und diese anderen Seelenerlebnisse lassen die gleiche Gewissheit aufleuchten. " (ebend., 257)
== Literatur ==
# [[Vittorio Hösle]] (Hrsg.), Christian Illies (Hrsg.): ''Darwinism and Philosophy'', University of Notre Dame 2005, ISBN 978-0268030735
#Rudolf Steiner: ''Die Welträtsel und die Anthroposophie'', [[GA 54]] (1983), ISBN 3-7274-0540-6 {{Vorträge|054}}


Anthroposophie kann "diejenige Denkungsart voll anerkennen, welche in Physik und Chemie zu den bedeutsamsten Ergebnissen der neuesten Zeit geführt hat. Sie muss dem Materialismus sogar das Verdienst zuerkennen, in dem Menschen diejenige Anschauungsart herausgebildet zu haben, die in dem Unlebendigen zu gesunden Urteilen führt. Aber sie muss es auch für unmöglich halten, mit dieser Anschauungsart etwas anderes als Physik und Chemie begründen zu wollen. Aber gerade, wer sich Mühe gibt, zu durchschauen, wie eine solche Anschauungsart zustande kommt, der kann finden, dass mit derselben inneren Sicherheit auch andere möglich sind; solche für das Lebens-, das Seelen- und das Geistesgebiet. Wem Wissenschaft nicht ein Äußerliches bleibt, in das er sich nur hineingewöhnt, sondern dem sie zum klaren inneren Erlebnis wird, der kann eben nicht nur stehen bleiben bei dem Physischen und Chemischen; denn für ihn ist ein Fortentwickeln der Sinnes- und Verstandeserkenntnis zu den Formen der Imagination, Inspiration und Intuition nichts anderes als ein Fortschreiten der Kindesform zu der des erwachsenen Menschen. Im erwachsenen Menschen wirken dieselben Kräfte wie im Kinde; im Leben-, Seelen- und Geist-Erkennen wirkt dieselbe Wissenschaftlichkeit wie in Physik und Chemie." (ebend., 258)
{{GA}}
</div>
 
Bei dem Erfordernis solcher umgewandelten Denkungs- und Anschauungsart gegenüber dem Gebiet des Geistigen ist aber an dem durch die moderne Naturwissenschaft entwickelten Prinzip der methodischen Sachlichkeit, die unter Ausschaltung von nur Subjektiven sich dem rein objektiv tatsächlich Gegebenen zuzuwenden sucht, festzuhalten, ja dieses Prinzip bedarf sogar noch einer Steigerung:
<div style="margin-left: 20px;">
"Ich möchte jetzt die andere Seite betrachten, diese Seite, die in der Frage gipfeln kann: Was hat man als
Denker, als Forscher selber davon, wenn man darauf hinarbeitet, durch Gewicht, Maß und Zahl das Objektive
zu erlangen? Man hat das davon, daß man immer mehr und mehr genötigt ist, alles auszuschalten aus der
naturwissenschaftlichen Untersuchung, aus dem naturwissenschaftlichen Experiment oder der naturwissenschaftlichen
Beobachtung, was vom Subjekt, von der menschlichen Persönlichkeit selber in die Statuierung dieser naturwissenschaftlichen Feststellungen einfließen könnte. Weg soll das alles, was aus dem menschlichen Subjekte selber kommt. Man will sich ein vollständig
objektives Bild der Welt entwickeln. Fassen wir aber diese Tendenz einmal so, daß wir sie ganz konsequent nehmen,
meine sehr verehrten Anwesenden, dann darf ja dasjenige, womit der Forscher gewissermaßen weggeht
von seiner Forschung, von seiner Beobachtung, von seinem Experiment, womit er sich aufschwingt zur Statuierung
der Naturgesetze, dann darf ja dasjenige, was er da fortträgt, was er dann in sich selber bewahrt, keinen
Anteil haben, nicht den geringsten Anteil haben an dem, was er als die wahre Außenwelt, als das wirklich Objektive
ansieht. Und wenn der Gedanke zu Ende gedacht wird, dann kommt man dazu, sich sagen zu müssen: Soll
wirklich im Sinne strengster naturwissenschaftlicher Forderung alles Subjektive ausgeschaltet werden, dann
darf auch das, was wir zuletzt im Geiste in uns tragen, was ja doch hervorgegangen ist aus Kombinationen der
Naturerscheinungen, nicht in irgendeiner Weise drinnenstecken in dieser Außenwelt. Was aber darf dann in
uns nur sein von dieser Außenwelt, das wir in uns tragen, indem wir forschen, wenn wir nicht mehr durch unsere
Geisteskraft in lebendiger Wechselwirkung mit dieser Objektivität sind, sondern wenn wir nur zurücksehen
auf das, was subjektiv in uns gearbeitet hat, während wir der Forschung hingegeben waren? Das Subjektive darf
nicht drinnenstecken, das muß ganz und gar als nur im Menschen selber liegend anerkannt werden. Aber insofern der Mensch doch auch angehören muß der Objektivität, darf es auch nicht in der Objektivität des Menschen selber stecken. Wir müssen also etwas von unseren
Forschungsergebnissen, insofern sie unser Seelengut sind, in uns tragen, was nichts zu tun hat - trotzdem es
ein wahres Abbild der Außenwelt darzustellen bemüht ist -, was nichts zu tun haben darf mit der eigenen Objektivität.
Indem wir denken über die Natur, darf also keinerlei Sein, wie wir es zuschreiben unserer eigenen
Objektivität, in diesem Denken über die Natur stecken. Daher muß am Ausgangspunkte einer erkenntnistheoretischen
Betrachtung der Satz stehen: «Ich denke, also bin ich nicht.» - Nur dann, wenn wir wagen, diesen Satz
dem großen Cartesianischen Irrtum «Ich denke, also bin ich» entgegenzustellen, nur dann stellen wir uns wirklich
auf den Boden naturwissenschaftlichen Denkens.
Es ist heute notwendig, diese Wendung zu machen, von dem allverehrten, möchte man sagen, Ausgangspunkte
des neuzeitlichen Denkens, von dem «cogito, ergo sum» überzugehen zu dem «cogito, ergo non sum»,
«Ich denke, also bin ich nicht»! Denn erst indem wir das Nichtsein dessen einsehen, was wir gewinnen aus der
Objektivität, werden wir uns bewußt, als was wir nun unser Subjektives zunächst anzusprechen haben: als Bild
haben wir es anzusprechen. Wir leben, wenn wir unser Seelenwesen richtig erfassen, im Bilde. - Das ist nun in
einer gewissen Weise der Eckpfeiler dessen - insofern es sich um ein Denkerisches handelt -, was am Ausgangspunkte anthroposophischer Geisteswissenschaft steht." (GA 77a, S. 20ff.)
</div>
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"Denn durch Geisteswissenschaft eröffnen sich Methoden, die es zuwege bringen, daß eben verhindert werde die Bewußtlosigkeit des Ich, wenn dieses Ich sich herausreißt aus der gewöhnlichen Organisation, die ihm durch den Leib vorgeschrieben ist. Alle Methoden geisteswissenschaftlicher Forschung arbeiten darauf hin, das Ich herauszureißen aus der Tätigkeit des Leibes, und es dennoch nicht hineinsegeln zu lassen in das Unbewußte, sondern es bewußt hineinzuleiten in eine Welt, in die es bewußtlos und krankhaft hineingerät, wenn die Organisation ohne sein Zutun abweicht von dem, was man als ihre Gesetzmäßigkeit anerkennen muß." (GA 77a, S. 30)
</div>
 
<div style="margin-left: 20px;">
"Und diese geisteswissenschaftliche Methode, sie wird nun in derselben Weise streng ausgestaltet, wie die äußere naturwissenschaftliche Methode ausgestaltet wird. Nur ist es im höchsten Grade wünschenswert, daß die, die maßgeblich irgend etwas erforschen wollen in der geistigen Welt, dasjenige genossen haben, was ich im Eingang
meiner Auseinandersetzung charakterisiert habe als die durch das naturwissenschaftliche Forschen angeeignete
innere Disziplin und Gewissenhaftigkeit. Wer nicht die Schulung durchgemacht hat durch die moderne Naturwissenschaft, der kann im Grunde genommen nur Nebuloses auf dem Gebiete der Geisteswissenschaft hervorbringen. Es sollte das, was die hier gemeinte anthroposophische Geisteswissenschaft will, nicht verwechselt werden mit dem, was die im Nebulosen verschwimmenden Mystiker oder dergleichen hervorbringen, die ohne diese innere Disziplin, manchmal geradezu mit Disziplinlosigkeit, ohne diese innere Gewissenhaftigkeit, ja mit Gewissenlosigkeit vorgehen, wenn sie der Welt ihre sogenannten geistigen Erlebnisse vormachen, die leider nur
allzu leicht dann von Urteilslosen geglaubt werden. Wahrhafte geisteswissenschaftliche Methodik muß in
demselben strengen Sinne errungen werden und auf der Voraussetzung dessen, was man als naturwissenschaftlicher
Forscher ausbildet, wie eben die naturwissenschaftliche Methode selbst." (GA 77a, S.32)
</div>
 
Die geisteswissenschaftliche Methode wird von Steiner in seinem Buch "Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten" näher beschrieben. Bestimmte Aspekte dieser Methode sind schon in den grundlegenden philosophischen Werken Steiners ausgearbeitet. Seine Philosophie der Freiheit trägt den Untertitel: "Seelische Beobachtungsresultate nach naturwissenschaftlicher Methode".
 
<div style="margin-left: 20px;">
"Ich schrieb, um zu protestieren gegen das Aufsuchen einer
wesenlosen Metaphysik, die nur dadurch entsteht, daß wir im charakterisierten Sinne aus innerer Trägheit über den Sinnenschleier hinaus
das Denken fortrollen lassen, als Motto über meine «Philosophie der
Freiheit»: «Seelische Beobachtungsresultate nach naturwissenschaftlicher Methode.» Ich wies darauf hin, daß alles dasjenige, was Inhalt einer Philosophie ist, nicht ersonnen ist, sondern daß es im strengsten
Sinne so Beobachtungsresultat nach innen hin ist, wie Farbe und Ton
Beobachtungsergebnisse nach außen hin sind." {{G|322|052}}
</div>
== Das Kriterium der Intersubjektivität ==
Das Kriterium der [[Intersubjektivität]] kann nur eine besondere Art der Gültigkeit von wissenschaftlichen Ergebnissen durch Überprüfung herstellen oder bestätigen. Eine wissenschaftliche Erkenntnis bzw. Aussage mag wahr sein, sie ist jedoch erst durch ihre intersubjektive Gültigkeit eine ''anerkannte''. Solche Gültigkeit ist nicht mit Wahrheit zu verwechseln. Eine große Forschergemeinschaft, deren Mitglieder ihre Forschungsergebnisse gegenseitig prüfen und für gültig befinden, bewirkt damit, daß ihre Ergebnisse dem Laien für wahr gelten. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn die Ergebnisse in Wirklichkeit unwahr sind. Das Kriterium der Intersubjektivität ist kein unfehlbares Prüfkriterium.
 
Das führt zu der Frage der Prüfbarkeit der Ergebnisse von geisteswissenschaftlicher Forschung, sowohl für die Geistesforscher selbst, als auch für die Laien oder Schüler, die trotzdem sie selbst zur Geistesforschung noch nicht in der Lage sind, das Bedürfnis haben, die Aussagen der Geisteswissenschaft einer Prüfung auf Wahrheit zu unterziehen.
 
Rudolf Steiner fordert selbst immer wieder zu solch einer Prüfung auf. Die geisteswissenschaftlichen Forschungsresultate sollen nicht auf Glauben hingenommen werden, oder brauchen es jedenfalls nicht, und er macht ausführliche Angaben, wie die Prüfung möglich ist. Eine weitere Ausarbeitung und Vertiefung der wissenschaftstheoretischen Grundlagen der Anthroposophie erfolgte durch den Schüler Rudolf Steiners [[Herbert Witzenmann]]. Witzenmann betont, daß es zunächst darauf ankommt, den Gegenstand der Geisteswissenschaft, was das Geistige eigentlich sei, zu erfassen. Dahin kann auch eine rein philosophische Bemühung führen, weil das Wesen des Geistigen schon im [[reines Denken|reinen Denken]] erfahrbar wird.


== Einzelnachweise ==
== Weblinks ==
{{Commons}}
{{Wikiquote}}
{{Wikisource}}
* [http://darwin-online.org.uk/ The Complete Work of Charles Darwin Online] – Gesamtedition von Darwins Schriften
* [http://www.darwinproject.ac.uk/ The Darwin Correspondence Project] – Darwins Briefe
* [http://darwinlibrary.amnh.org/ The Darwin Digital Library of Evolution] beim ''American Museum of Natural History''
* {{PGDA|1004}}
* {{PGIA|d#a485}}


== Einzelanchweise ==
<references />
<references />


== Siehe auch ==
[[Kategorie:Naturwissenschaftler]] [[Kategorie:Naturforscher]] [[Kategorie:Evolutionsbiologe]] [[Kategorie:Biologe]] [[Kategorie:Positivist]] [[Kategorie:Engländer]] [[Kategorie:Geboren 1809]] [[Kategorie:Gestorben 1882]] [[Kategorie:Mann]]
[[Urteil]]
 
== Literatur ==
*Rudolf Steiner: ''Der Goetheanumgedanke inmitten der Kulturkrisis der Gegenwart'', [[GA 36]] (1961), ISBN 3-7274-0360-8 {{Vorträge1|35}}
*Rudolf Steiner: ''Die Aufgabe der Anthroposophie gegenüber Wissenschaft und Leben'', [[GA 77a]] (1997), ISBN 3-7274-0771-9 {{Vorträge|077a}}
*Rudolf Steiner: ''Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?'', [[GA 10]] (1993), ISBN 3-7274-0100-1; als Tb 600: ISBN 978-3-7274-6001-2 {{Schriften|010}}
*[[Herbert Witzenmann]]: ''Strukturphänomenologie: Vorbewusstes Gestaltbilden im erkennenden Wirklichkeitenthüllen: Ein neues wissenschaftstheoretisches Konzept im Anschluss an die Erkenntniswissenschaft Rudolf Steiners'', Gideon-Spicker-Verlag (1983) ISBN 3857041722
<div style="margin-left: 20px;">
''(Ein stellenweise schwieriges Buch, das aber dadurch auch Illusionen eines Schon-Verstandenhabens entgegenwirkt. Weitere Werke zum Thema siehe [[Herbert Witzenmann]]: Literatur)''
</div>
*Helmut Kiene: ''Grundlinien einer essentialen Wissenschaftstheorie. Die Erkenntnistheorie Rudolf Steiners im Spannungsfeld moderner Wissenschaftstheorien. Perspektiven essentialer Wissenschaft'', Verlag Urachhaus/Freies Geistesleben (1984), ISBN 3878389507
<div style="margin-left: 20px;">
''(Ein anregendes Werk, das die wissenschaftstheoretische Position der Anthroposophie im Vergleich mit populären Wissenschaftstheorien wie die von Popper, Feyerabend und Kuhn erarbeitet. Lädt ein zu einer gründlichen und genauen Untersuchung verschiedener Fragestellungen und Probleme der anthroposophischen Wissenschaftstheorie, wie sie eine Überblicksdarstellung nicht geben kann.)''
</div>
*Rahel Uhlenhoff (Hrsg.): ''Anthroposophie in Geschichte und Gegenwart'', Berliner Wissenschafts-Verlag (2011), ISBN 978-3-8305-1930-0
<div style="margin-left: 20px;">
''(Hauptsächlich anhand der Auseinandersetzung mit dem zweibändigen Werk Helmut Zander's wird versucht methodologische Standards der wissenschaftlichen Herangehensweise an die Anthroposophie festzuschreiben.)''
</div>
*Karen Swassjan: ''Aufgearbeitete Anthroposophie. Bilanz einer Geisterfahrt'', Vlg. am Goetheanum, Dornach 2007, ISBN 978-3-7235-1324-9
<div style="margin-left: 20px;">
''(Anhand von Helmut Zander's zweibändigem Werk "Anthroposophie in Deutschland" wird festgestellt, welche methodologischen Standards in der Wissenschaft für die Auseinandersetzung mit der Anthroposophie zu beachten und einzuhalten sind.)''
</div>
*Günter Röschert u.a.: ''Rudolf Steiners Wissenschaftsbegriff im Gespräch mit der Gegenwart. Beiträge zu den <Grundlinien einer Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung>'', Beiheft 4/Juni 1991, Zeitschrift "Die Drei", Verlag Freies Geistesleben
 
 
 
{{Wikipedia}}
{{GA}}
[[Kategorie:Philosophie]][[Kategorie:Philosophie und Anthroposophie]][[Kategorie:Wissenschaftstheorie]][[Kategorie:Wissenschaft]]

Version vom 16. Juli 2018, 06:16 Uhr

Darwin kurz vor seinem Tod, Porträt von John Collier

Charles Robert Darwin (* 12. Februar 1809 in Shrewsbury; † 19. April 1882 in Downe) war ein britischer Naturforscher und wurde für seine grundlegenden Beiträge zur Evolutionstheorie bekannt, die deshalb oft auch schlicht als Darwinismus bezeichnet wird.

Die wesentlichen Impulse für seine Forschung bekam Darwin auf der Ende 1831 begonnenen und fast fünf Jahre dauernde Reise mit der HMS Beagle, über die er 1839 einen ausführlichen Reisebericht veröffentlichte. Bereits 1838 hatte er aufgrund seiner Erfahrungen eine auf Variation und natürliche Selektion beruhende Theorie über die phylogenetische Entwicklung aller Organismen in ersten Grundzügen entworfen. Darwins Hauptwerk Über die Entstehung der Arten wurde 1859 veröffentlicht, nachdem er bereits ein Jahr zuvor gemeinsam mit Alfred Russel Wallace, der unabhängig von Darwin ähnliche Ideen entwickelt hatte, ein evolutionstheoretische Werk herausgebracht hatte. In dem 1871 veröffentlichten Buch über Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl führte Darwin mit der sexuellen Selektion einen zusätzlichen Selektionsmechanismus ein, mit dem er die Abstammung des Menschen zu erklären versuchte.

Kampf ums Dasein

Im Schlusswort von «Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl» fasst Darwin die Kerngedanken seiner Lehre wie folgt zusammen

„Es ist anziehend, eine dicht bewachsene Uferstrecke zu betrachten, bedeckt mit blühenden Pflanzen vielerlei Art, mit singenden Vögeln in den Büschen, mit schwärmenden Insecten in der Luft, mit kriechenden Würmern im feuchten Boden, und sich dabei zu überlegen, dass alle diese künstlich gebauten Lebensformen, so abweichend unter sich und in einer so komplizierten Weise von einander abhängig, durch Gesetze hervorgebracht sind, welche noch fort und fort um uns wirken. Diese Gesetze, im weitesten Sinne genommen, heißen: Wachstum mit Fortpflanzung; Vererbung, fast in der Fortpflanzung mit inbegriffen, Variabilität in Folge der indirekten und direkten Wirkungen äußerer Lebensbedingungen und des Gebrauchs oder Nichtgebrauchs; rasche Vermehrung in einem zum Kampf um's Dasein und als Folge dessen zu natürlicher Zuchtwahl führenden Grade, welche letztere wiederum die Divergenz des Charakters und das Erlöschen minder vervollkommneter Formen bedingt. So geht aus dem Kampf der Natur, aus Hunger und Tod unmittelbar die Lösung des höchsten Problems hervor, das wir zu fassen vermögen, die Erzeugung immer höherer und vollkommenerer Tiere. Es ist wahrlich eine grossartige Ansicht, dass der Keim alles Lebens, das uns umgibt, ursprünglich [vom Schöpfer[1]] nur wenigen oder nur einer einzigen Form eingehaucht wurde, und dass, während unser Planet den strengsten Gesetzen der Schwerkraft folgend sich im Kreise geschwungen, aus so einfachem Anfang sich eine endlose Reihe der schönsten und wundervollsten Formen entwickelt hat und noch immer entwickelt.“ (Lit.: Charles Darwin: Über die Entstehung der Arten[2])

„Der Kampf ums Dasein ist die Losung der Forschung geworden. Und woraus ist dieser Kampf da hineingekommen? Nicht aus der Natur ist er gekommen. Darwin selbst, obgleich er ihn in größerem Stile betrachtet als seine Nachfolger, hat ihn von einer über die Menschengeschichte sich verbreitenden Anschauung des Malthus genommen, jener Anschauung, daß die Erde in einer solchen Progression Nahrungsmittel hervorbringt, daß diese Zunahme in viel geringerem Maße steigt als die Zunahme der Bevölkerung. Diejenigen, welche sich mit diesen Dingen beschäftigt haben, werden wissen, daß man sagt: Die Zunahme der Nahrungsmittel steigt im arithmetischen, die Zunahme der Bevölkerung im geometrischen Verhältnis. Das bedingt einen Kampf ums Dasein, einen Krieg aller gegen alle. — Davon ausgehend, hat Darwin auch am Ausgange der Natur den Kampf ums Dasein angenommen. Und diese Anschauung entspricht nicht einer bloßen Idee, sondern den modernen Lebensgestaltungen. Bis in die Verhältnisse des Einzelnen ist in der Form der allgemeinen wirtschaftlichen Konkurrenz dieser Kampf ums Dasein zur tatsächlichen Wirklichkeit geworden. Man hat diesen Daseinskampf in nächster Nähe gesehen, man hat ihn für etwas Natürliches im Menschenreich gehalten und dann in die Naturwissenschaft aufgenommen.

Von solchen Anschauungen geht Ernst Haeckel aus, der in der kriegerischen Betätigung, im Krieg geradezu einen Kulturhebel gesehen hat. Der Kampf sei das, was stark macht, das Schwache soll untergehen, die Kultur fordere, daß das Schwache untergeht. - Die Nationalökonomie hat dann diesen Kampf wieder auf die Menschenwelt zurück angewendet. So haben wir große Theorien innerhalb unserer Nationalökonomie, innerhalb unserer sozialen Theorien, welche den Kampf ums Dasein wie etwas ganz Berechtigtes und von der menschlichen Entwickelung nicht zu Trennendes ansehen. Man ist in diesen Sachen — nicht vorurteilslos, sondern mit diesen Prinzipien — weiter zurückgegangen in die ältesten Zeiten, und da versuchte man das Leben barbarischer wilder Völkerschaften zu studieren. Man glaubte, den Menschen in seiner Kulturentwickelung belauschen zu können und glaubte, da das wildeste Kriegsprinzip zu finden. Huxley hat gesagt: Sehen wir hinaus in die Natur der Tiere, so gleicht der Kampf ums Dasein einem Gladiatorenkampf, und das ist Naturgesetz. Und sehen wir von den höheren Tieren auf die niederen und stellen wir uns ein auf den bisherigen Gang der Weltentwickelung, so belehrt uns die Tatsachenwelt überall, daß wir in einem allgemeinen Kampf ums Dasein leben.“ (Lit.:GA 54, S. 41f)

Das Prinzip der gegenseitigen Hilfe

„Schwer könnten wir etwas einwenden, wenn die Tatsachen in dieser Weise sprächen. Da trat im Jahre 1880 ein merkwürdiger Mann auf, ein Mann, der einen Vortrag hielt in der Naturforscherversammlung vom Jahre 1880 in St.Petersburg in Rußland, einen Vortrag, der für alle diejenigen, die sich für diese Frage gründlich interessieren, von einer großen und tiefgehendenBedeutung ist. Dieser Mann ist der Zoologe Keßler[3]. Er ist bald danach gestorben. Sein Vortrag handelte über das Prinzip der gegenseitigen Hilfe in der Natur. Für alle diejenigen, welche solche Dinge ernsthaft anfassen, geht von der Forschung und wissenschaftlichen Reife, welche damit angeregt wird, ein ganz neuer Zug aus. Hier wurden zum erstenmal in der neueren Zeit Tatsachen aus der ganzen Natur zusammengestellt, die beweisen, daß alle früheren Theorien über den Kampf ums Dasein mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmen.

In diesem Vortrag finden Sie auseinandergesetzt und durch die Tatsachen bewiesen, daß die tierischen Arten, die tierischen Gruppen sich nicht entwickeln durch den Kampf ums Dasein, daß es in Wahrheit einen Kampf ums Dasein nur ausnahmsweise zwischen zwei Arten gibt, nicht aber in der Art selbst, deren Individuen sich im Gegenteil Hilfe leisten, und daß die Arten am dauerhaftesten sind, deren Individuen am meisten veranlagt sind zu solcher gegenseitigen Hilfe. Nicht Kampf, sondern gegenseitige Hilfe gewährt lange Existenz. Dadurch war ein neuer Gesichtspunkt erreicht. Nur hat es die moderne Forschung zuwege gebracht, daß durch eine merkwürdige Verkettung von Umständen eine Persönlichkeit, die für die Gegenwart auf dem unglaublichsten Standpunkt steht, Fürst Kropotkin, die Sache weitergeführt hat. Er hat bei Tieren und Stämmen an einer Unsumme von festgelegten Tatsachen zeigen können, welche Bedeutung in der Natur und im Menschenleben dieses Prinzip der gegenseitigen Hilfe hat. Ich kann jedem empfehlen, dieses auch in deutscher Übersetzung vorliegende Buch, übersetzt von Gustav Landauer, zu studieren. Dieses Buch bringt eine Summe von Begriffen und Vorstellungen in den Menschen hinein, die eine Schule sind für den Aufstieg zu einer spirituellen Gesinnung. Nun verstehen wir aber diese Tatsachen erst dann richtig, wenn wir sie im Sinne der sogenannten esoterischen Anschauung beleuchten, wenn wir diese Tatsachen mit den Grundlagen der Geisteswissenschaft durchdringen. Ich könnte ja schon deutlich sprechende Beispiele vorführen, allein Sie können sie in dem angeführten Buche lesen. Das Prinzip der gegenseitigen Hilfeleistung in der Natur ist: Diejenigen kommen am weitesten, die dieses Prinzip am meisten ausgeprägt haben. - Die Tatsachen sprechen also deutlich und werden immer deutlicher für uns sprechen. In der geisteswissenschaftlichen Anschauung sprechen wir, wenn wir von einer einzelnen Tierart sprechen, genau so, wie wir von einem einzelnen Menschen, von der einzelnen Individualität eines Menschen sprechen. Eine Tierart ist uns dasselbe auf niederem Gebiete, was auf höherem Gebiete das einzelne menschliche Individuum ist.“ (S. 43ff)

Siehe auch

Literatur

  1. Vittorio Hösle (Hrsg.), Christian Illies (Hrsg.): Darwinism and Philosophy, University of Notre Dame 2005, ISBN 978-0268030735
  2. Rudolf Steiner: Die Welträtsel und die Anthroposophie, GA 54 (1983), ISBN 3-7274-0540-6 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Weblinks

Commons: Charles Darwin - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema
 Wikisource: Charles Darwin – Quellen und Volltexte

Einzelanchweise

  1. Der explizite Hinweis auf den Schöpfer wurde von Darwin erst ab der 2. Auflage hinzugefügt.
  2. Im englischen Original:
    „It is interesting to contemplate an entangled bank, clothed with many plants of many kinds, with birds singing on the bushes, with various insects flitting about, and with worms crawling through the damp earth, and to reflect that these elaborately constructed forms, so different from each other, and dependent on each other in so complex a manner, have all been produced by laws acting around us. These laws, taken in the largest sense, being Growth with Reproduction; Inheritance which is almost implied by reproduction; Variability from the indirect and direct action of the external conditions of life, and from use and disuse; a Ratio of Increase so high as to lead to a Struggle for Life, and as a consequence to Natural Selection, entailing Divergence of Character and the Extinction of less-improved forms. Thus, from the war of nature, from famine and death, the most exalted object which we are capable of conceiving, namely, the production of the higher animals, directly follows. There is grandeur in this view of life, with its several powers, having been originally breathed [by the Creator] into a few forms or into one; and that, whilst this planet has gone cycling on according to the fixed law of gravity, from so simple a beginning endless forms most beautiful and most wonderful have been, and are being, evolved.“ (Charles Darwin: The Origin of Species by Means of Natural Selection)
  3. Karl Keßler, auch Karl Fedorovich Kessler (1815-1881), deutsch-russischer Zoologe, formulierte erstmals das Prinzip der gegenseitigen Hilfeleistung