Die Glasfenster des ersten Goetheanums und Muse (Mythologie): Unterschied zwischen den Seiten

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[[Datei:Goetheanum2 Violettes Nordfenster SV.gif|thumb|108px|Das violette Nordfenster des [[Zweites Goetheanum|zweiten Goetheanums]].]]
[[Bild:Mousai Helikon Staatliche Antikensammlungen Schoen80 n1.jpg|thumb|Muse mit [[Kithara]] auf dem Berg Helikon]]
Für die '''Glasfenster des [[Erstes Goetheanum|ersten Goetheanums]]''', mit denen der große Kuppelsaal ausgestattet war, wurde nach den Angaben [[Rudolf Steiner]]s eine spezielle Form der [[Glaskunst]] entwickelt, nämlich eine Form der Glasradierung, bei der einfarbigen Glasscheiben gestaltete Motive mit einem [[Wikipedia:Carborundum|Carborundum]]-Schleifgerät nach der sogenannten Schrägstrichmethode einradiert wurden. Durch die so entstandene unterschiedliche Glasdicke kamen die Motive im einfallenden Sonnenlicht besonders deutlich zur Geltung. Die farbigen Glasfenster des [[Goetheanum]]s wurden im sogenannten [[Glashaus]] hergestellt. Mit der Herstellung wurde [[Assia Turgenieff]] betraut. Sie arbeitete unter Anleitung des polnischen [[Kunstmaler]]s und [[Anthroposoph]]en [[Thaddäus Rychter]].  
Die '''Musen''' ({{ELSalt|Μοῦσαι}}, Einzahl {{polytonisch|Μοῦσα}}, ''Mousa'') sind in der [[Wikipedia:Griechische Mythologie|griechischen Mythologie]] Schutzgöttinnen der [[Künste]]. Die Überlieferung der uns heute bekannten neun Musen stammt von [[Wikipedia:Hesiod|Hesiod]].


Die Motive der neun Glasfenster des großen Kuppelsaals schilderten, ausgehend vom [[Das rote Westfenster des ersten Goetheanums|roten Westfenster]], einen [[Einweihungsweg]], der durch die ganze [[Mikrokosmos|mikro]]- und [[Makrokosmos|makrokosmische]] Welt bis hin zur Erkenntnis des [[Christus]] führt. Die einzelnen Stufen des Weges sollten in nachstehender Reihenfolge durchschritten werden: 
== Die Musen ==
[[Wikipedia:Homer|Homer]] bzw. die unter seinem Namen überlieferten [[Wikipedia:Epos|Epen]] ''[[Wikipedia:Ilias|Ilias]]'' und ''[[Wikipedia:Odyssee|Odyssee]]'' rufen in ihren [[Wikipedia:Proömium|Proömien]] jeweils  eine (namenlose) „Göttin“ bzw. „Muse“ an.


#[[Das rote Westfenster des ersten Goetheanums|Das rote Westfenster]] zeigt den Weg zur [[Imagination|imaginativen Erkenntnis]].
{{Anker|Mnemoniden}}
#[[Das grüne Südfenster des ersten Goetheanums|Das grüne Südfenster]] zeigt den Weg zur [[Inspiration|inspirierten Erkenntnis]].
=== Die neun olympischen Musen ===
#[[Das grüne Nordfenster des ersten Goetheanums|Das grüne Nordfenster]] zeigt den Weg zur [[Intuition]].
Hesiod  (6.&nbsp;Jh. v.&nbsp;Chr.) legt in seiner ''[[Theogonie]]''<ref>[[Wikipedia:Hesiod|Hesiod]]: ''[[Theogonie]]'' 76-80; 917.</ref> die Zahl der Musen auf neun fest; nach ihm sind sie die Töchter der [[Mnemosyne (Mythologie)|Mnemosyne]], der Göttin der Erinnerung, und des [[Zeus]], und auch die von ihm genannten Namen sind [[Wikipedia:kanon|kanon]]isch. Sie werden die ''Mnemoniden'' oder ''olympische Musen'' genannt.<ref name="Mousai Apollonides">[http://www.theoi.com/Ouranios/MousaiApollonides.html Mousai Apollonides], theoi.com</ref>
#[[Das blaue Nordfenster des ersten Goetheanums|Das blaue Nordfenster]] zeigt die [[Einweihung]] in die Welt des Geistes, in das [[Devachan]].
#[[Das blaue Südfenster des ersten Goetheanums|Das blaue Südfenster]] zeigt die Einweihung in die [[Astralwelt]].
#[[Das violette Südfenster des ersten Goetheanums|Das violette Südfenster]] zeigt die Einweihung in die [[kosmisch]]e [[Ätherwelt]].
#[[Das violette Nordfenster des ersten Goetheanums|Das violette Nordfenster]] zeigt die Einweihung in die [[irdisch]]e [[physische Welt]].
#[[Das rosa Nordfenster des ersten Goetheanums|Das rosa Nordfenster]] schildert die Erfahrungen, die die Menschenseele durchlebt, wenn sich das [[Äthersehen]] auf das menschliche Innere richtet.
#[[Das rosa Südfenster des ersten Goetheanums|Das rosa Südfenster]] zeigt die Erlebnisse, die die Seele durchlebt, wenn sich das Äthersehen auf die [[kosmisch]]e Welt richtet.


Damit war man an der Schwelle des kleinen Kuppelsaals angelangt, in dem die Statue des [[Menschheitsrepräsentant]]en aufgestellt werden sollte, als Sinnbild der zu erlangenden [[Christus]]erkenntnis, die mit dem Schwellenübertritt als zehntem Einweihungsschritt erreicht werden sollte. Das ist die [[Einweihung]] in das Wirken des Christus in [[Mikrokosmos|Mikro]]- und [[Makrokosmos]]. Der Christus steht als Menschheitsrepräsentant zwischen [[Luzifer]] und [[Ahriman]], die aber beide je zweimal auftreten. Das eine Luzifer-Ahriman-Paar wirkt im Menscheninneren, das andere draußen im [[Kosmos]]. Der Christus erweist sich hier als der [[Großer Hüter der Schwelle|große Hüter der Schwelle]].
Allerdings wies Hesiod ihnen noch keine speziellen Zuständigkeitsbereiche und Attribute zu, diese werden erst später unterschieden, doch auch dann wechselten die Zuschreibungen von Funktionen und Attributen noch einigermaßen willkürlich. Erst in spätester Zeit gab es eine sich festigende Zuordnung von Name, Funktion und Attribut:


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* ''[[Klio (Muse)|Klio]]'' (Κλειώ), die Rühmende, ist die Muse der [[Geschichtswissenschaft|Geschichtsschreibung]] (Attribute: Papierrolle und Schreibgriffel)
<gallery perrow="5" widths="120" caption="Die Glasfenster des ersten Goetheanums">
* ''[[Melpomene]]'' (Μελπομένη), die Singende, ist die Muse der [[Tragödie]] (Attribut: ernste Theatermaske, Weinlaubkranz, wahrscheinlich auch ein Schwert oder eine Keule)
Datei:Goetheanum1_Rotes_Westfenster.jpg|Rotes Westfenster (Imagination)
* ''[[Terpsichore]]'' (Τερψιχόρη), die fröhlich im Reigen Tanzende, ist die Muse für [[Chorlyrik]] und [[Tanz]] (Attribut: Leier)
Datei:Goetheanum1_Gruenes_Suedfenster.jpg|Grünes Südfenster (Inspiration)
* ''[[Thalia (Muse)|Thalia]]'' (Θάλεια), die Festliche, die Blühende, ist die Muse der [[Komödie]] (Attribut: lachende Theatermaske, Efeukranz und Krummstab (denn auch die heitere [[Bukolische Dichtung|bukolische Poesie]] gehört zu ihr))
Datei:Goetheanum1_Gruenes_Nordfenster.jpg|Grünes Nordfenster (Intuition)
* ''[[Euterpe]]'' (Ἐυτέρπη), die Erfreuende, ist die Muse der [[Lyrik]] und des [[Flöte]]nspiels (Attribut: [[Aulos]], die Doppelflöte)
Datei:Goetheanum1_Blaues_Nordfenster.jpg|Blaues Nordfenster (Devachan)
* ''[[Erato]]'' (Ἐρατώ), die Liebevolle, Sehnsucht Weckende, ist die Muse der Liebesdichtung (Attribut: Saiteninstrument, Leier)
Datei:Goetheanum1_Blaues_Suedfenster.jpg|Blaues Südfenster (Astralwelt)
* ''[[Urania]]'' (Οὐρανία), die Himmlische, ist die Muse der [[Astronomie]] (Attribut: Himmelskugel und Zeigestab)
Datei:Goetheanum1_Violettes_Suedfenster.jpg|Violettes Südfenster (Ätherwelt)
* ''[[Polyhymnia]]'' (Πολύμνια), die Hymnenreiche (Liederreiche). Sie ist die Muse des Gesangs mit der Leier (kein spezifisches Attribut, manchmal die Leier)
Datei:Goetheanum1_Violettes_Nordfenster.jpg|Violettes Nordfenster (Physische Welt))
* ''[[Kalliope]]'' (Καλλιόπη), die mit der schönen Stimme, ist die Muse der [[Epik|epischen Dichtung]], der [[Rhetorik]], der [[Philosophie]] und der [[Wissenschaft]] (Attribut: Schreibtafel und Schreibgriffel)
Datei:Goetheanum1_Rosa_Nordfenster.jpg|Rosa Nordfenster (Äthersehen)
Anhand der folgenden [[Eselsbrücke]], in welcher nur der Name der Muse Klio vollständig enthalten ist, lassen sich ihre Namen leicht merken:
Datei:Goetheanum1_Rosa_Suedfenster.jpg|Rosa Südfenster (kosmische Welt)
Klio, Me, Ter, Thal, Eu, Er, Ur, Po, Kal
Datei:Menschheitsrepräsentant.jpg|Menschheitsrepräsentant
(KLIOMETERTHAL EUER URPOKAL) bzw. (EUER URPOKAL KLIO METERTHAL)
 
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Datei:Achilleion Calliope.jpg|Statue der Kalliope.
Datei:Achilleion Clio.jpg|Statue der Klio.
Datei:Achilleion Erato.jpg|Statue der Erato.
Datei:Achilleion Euterpe.jpg|Statue der Euterpe.
Datei:Achilleion Melpomene.jpg|Statue der Melpomene.
Datei:Achilleion Polyhymnia.jpg|Statue der Polyhymnia.
Datei:Achilleion Terpsichore.jpg|Statue der Terpsichore.
Datei:Achilleion Thalia.jpg|Statue der Thalia.
Datei:Achilleion Urania.jpg|Statue der Urania.
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== Die Glasfenster des zweiten Goetheanums ==
=== Die drei/vier titanischen Musen ===
Bevor es zu der Überlieferung von neun Musen gekommen ist, hat es nach [[Wikipedia:Pausanias|Pausanias]] (um 115–180 n.&nbsp;Chr.) jedoch eine Trias von drei Musen gegeben:
* ''[[Melete (Mythologie)|Melete]]'' (Übung/Fertigkeit)
* ''[[Mneme]] (Mnemosyne)'' (Gedächtnis)
* ''[[Aoide]]'' (Gesang, Musik)
Es ist allerdings zu beachten, dass Pausanias eine wesentlich spätere Quelle aus der Mitte des 2.&nbsp;nachchristlichen Jahrhunderts, Hesiods Theogonie hingegen eine der ältesten griechischen Quellen überhaupt ist und Pausanias diese Überlieferung selbst in Frage stellt.<ref>[[Wikipedia:Pausanias|]] 9,29,2</ref> Als Musen wurden auch die vier ''titanischen Musen (Mousai Titanides)''<ref>[http://www.theoi.com/Titan/Mousai.html Mousai Titanides], theoi.com</ref> genannt, [[Wikipedia:Cicero|Cicero]] etwa gibt an:<ref>Cicero: ''De Natura Deorum'' 3.21</ref>
* ''[[Thelxinoe (Muse)|Thelxinoe]]'' (die Herzerfreuende)
* ''Aoede (Aoide)'' (der Gesang)
* ''[[Arche (Muse)|Arche]]'' (der Beginn)
* ''Melete'' (die Übung / Fertigkeit)
Sie sollen die Töchter von [[Zeus]] (oder [[Uranos]]) und der [[Plusia]] gewesen sein, daher ihr Name. [[Platon]] nennt Hesiods ''Terpsichore'', ''Erato'', ''Kalliope'' und ''Urania'' im Sinne dieser „Besetzung“.<ref>Plato: ''Phaedrus'' 259</ref>
 
=== Die drei/vier apollonischen Musen ===
Die drei ''apollonischen Musen (Mousai Apollonides)''<ref name="Mousai Apollonides"/> oder auch ''Delphische Musen'' wurden drei Töchter des [[Apollon]] genannt:
* ''[[Kephiso]]'' oder ''[[Nete (Mythologie)|Nete]]''
* ''[[Apollonis (Mythologie)|Apollonis]]'' oder ''[[Mese (Mythologie)|Mese]]''
* ''[[Borysthenis]]'' oder ''[[Hypate]]''
Sie sollen die drei Saiten der [[Lyra (Zupfinstrument)|Lyra]] des Apollo dargestellt haben und auf dem [[Helikon (Gebirge)|Helikon]] gewohnt haben. Der erste Namenssatz geht auf [[Eumelos von Korinth]] (7.&nbsp;Jh. v.&nbsp;Chr.) zurück<ref>Eumelus: Frag 35, Tzetzes</ref>, der zweite auf [[Plutarch]]<ref>Plutarch: ''Symposium'' 9.14</ref>, er gibt dort auch eine vierte Muse an:
* ''[[Polymatheia]]'' (die Belesenheit, Gelehrsamkeit)
Diese (Nete, Mese, Hypate) spielen als [[Tetraktys]] in der [[Musiktheorie im antiken Griechenland|Musik der griechischen Antike]] eine Rolle, die vierte der „Vierheit“ war die ''Paramese'' – da sich Musiktheorie wie auch Saitenzahl der Lyra verändert haben, kommen dahingehend auch andere Anzahlen vor.
 
{{Anker|Pieriden}}
=== Die sieben/neun pireischen Musen ===
In anderer Tradition gab es dann noch eine Gruppe von sieben Musen, die nach [[Johannes Tzetzes]] von [[Epicharmos]] (5.&nbsp;Jh. v.&nbsp;Chr.) erwähnt worden sein sollen, die ''Pieriden'':<ref>Johannes Tzetzes: ''Über die Entstehung der Götter'' zu Hes. 23</ref>
* ''[[Neilo]]'' (Νειλώ),
* ''[[Tritone]]'' (Τριτώνη)
* ''[[Asopo]]'' (Ἀσωπώ)
* ''[[Heptapora]]'' (Ἑπτάπορα)
* ''[[Achelois]]''
* ''[[Tipoplo]]'' (Τιποπλώ)
Diese sollen die Kinder des [[Pieros]], Stammvater der makedonischen [[Pieria]]-Thraker<ref>''[http://www.mythindex.com/greek-mythology/P/Pierides.html Pieriden].'' Myth Index</ref>  und einer Pimpleischen [[Nymphe]] namens [[Antiope]] (nach Cicero) gewesen sein.


Da die Glasfenster beim Brand des ersten Goetheanums in der Silvesternacht [[1922]]/[[1923|23]] zerstört worden waren, gravierte sie [[Assia Turgenieff]] für das aus [[Wikipedia:Beton|Beton]] gebaute [[Zweites Goetheanum|zweite Goetheanum]] neu. Wegen der geänderten Architektur konnte allerdings nur für das [[Das rote Westfenster des ersten Goetheanums|rote Westfenster]] die ursprüngliche Anordnung mit zwei schmalen Seitenfenstern und einem großen Mittelfenster beibehalten werden. Bei den anderen acht Fenstern wurden die schmalen Seitenmotive unterhalb des breiten Hauptmotivs angeordnet.
Bei [[Ovid]]<ref>Ovid: ''Metamorphosen'' 5. Buch</ref> sind die pireischen Musen neun, ihre Mutter soll dort [[Euippe (Gattin des Pieros)|Euippe]] gewesen sein, und sie stammen von Ägypten: Sie fordern die „jüngeren“ olympischen Musen heraus (Wettstreit der Mnemoniden und Pieriden).
 
Diese neun Töchter des Pieros wurden auch Vögeln gleichgesetzt (''Colymbas, Lyngx, Cenchris, Cissa, Chloris, Acalanthis, Nessa, Pipo'' und ''Dracontis'').
 
== Rezeption der Musen ==
[[Datei:Musae.png|thumb]]
Während die Namen der Musen bei Hesiod lediglich Aspekte der Tanz- und Dichtkunst betonen, werden sie in der späteren Antike auf unterschiedliche Musikinstrumente und Gattungen bezogen, woraus die angegebene kanonische Zuordnung von „Aufgabengebieten“ der Musen hervorgeht.
 
Die zum Gefolge Apollons zählenden Musen sollen am Berg [[Helikon (Gebirge)|Helikon]] bei der [[Quelle]] [[Hippokrene]] zu finden sein, die durch einen Hufschlag des geflügelten Musenrosses ([[Pegasus (Mythologie)|Pegasus]]) freigelegt wurde. Daher rührt der zum Teil für sie benutzte verkünstelte Name Helikoniades. Anderen Angaben zufolge wohnen die Musen auf dem Berg [[Parnass]] (der Apollon geweiht ist), bei der [[Kastalische Quelle|Kastalischen Quelle]], deren Wasser Begeisterung und Dichtergabe verleihen soll.
 
Die Heiligtümer der Musen heißen ''Museion'' (woraus das heutige Wort ''[[Museum]]'' entstand), auch das deutsche Wort ''[[Musik]]'' - die „Kunst der Musen“ - verdankt seinen Namen den Göttinnen.
 
Die Römer setzten die Musen mit den [[Camena]]e gleich.
 
== Der Musenanruf in der Dichtung ==
Am Anfang antik-griechischer [[Epos|Epen]] und [[Hymnus|Hymnen]] steht oft eine [[Anrufung]] der Muse. Homers ''[[Odyssee]]'' beginnt mit den Versen: ''Sage mir, Muse, die Taten des vielgewanderten Mannes, / Welcher so weit geirrt, nach der heiligen Troja Zerstörung''. Auch viele römische Dichter bitten die Muse um Inspiration (Vergil in der ''[[Aeneis]])'', oder um Dauer für ihr Gedicht ([[Catull]] in den ''Carmina''). Nach der Ächtung der Musen durch die mittelalterliche Kirche folgen Dichter der Neuzeit wieder diesem Gebrauch ([[Dante]], [[Shakespeare]], [[John Milton|Milton]]).<ref>Vgl. [[:en:Muse#Function in literature]] </ref> Die neun Gesänge von Goethes ''[[Hermann und Dorothea]]'' tragen die Namen der neun Musen. [[Klopstock]] ruft im ''Messias'' statt der Muse die unsterbliche Seele an: ''Sing’, unsterbliche Seele, der Menschheit Erlösung''.  [[Vladimir Nabokov]] macht im Titel seiner autobiographischen Schrift ''Speak, Memory'' von der Form des Musenanrufs Gebrauch und spielt zugleich auf Mnemosyne, Göttin der Erinnerung und Mutter der Musen, an.<ref>Vgl. [[:en:Speak, Memory#Various publications]] </ref>
 
== Siehe auch ==
* [[Wikipedia:Zehnte Muse|Zehnte Muse]]


== Literatur ==
== Literatur ==
* Georg Hartmann: ''Goetheanum-Glasfenster'', Verlag Am Goetheanum, Dornach 2002, ISBN 3-7235-0049-8
* {{Roscher|2,2|3238|3295|Musen|[[Wikipedia:Oskar Bie|Oskar Bie]]|}}
* [[Wikipedia:Pierre Boyancé|Pierre Boyancé]]: ''Le culte des muses chez les philosophes grecs''. Toulouse, 1937, Nachdruck: de Boccard, 1972.
* Maria Teresa Camilloni: ''Le Muse''. Editori riuniti, Rom 1998. ISBN 8835945348
* [[Wikipedia:Ernst Robert Curtius|Ernst Robert Curtius]]: ''Die Musen im Mittelalter''. In: ''[[Wikipedia:Zeitschrift für romanische Philologie|Zeitschrift für romanische Philologie]]'' 59. 1939. S. 129-188.
* {{RE|XVI,1|680|757|Musai|[[Wikipedia:Maximilian Mayer|Maximilian Mayer]]|}}
* [[Wikipedia:Walter F. Otto|Walter F. Otto]]: ''Die Musen und der göttliche Ursprung des Singens und Sagens''. Düsseldorf 1954.
* {{LIMC|6|657|681|Mousa, Mousai|A. Queyrel}}
 
== Weblinks ==
{{Wiktionary|Muse}}
{{Commonscat|Muses|Musen}}
* [http://www.theoi.com/Ouranios/Mousai.html Mousai], TheoiProject
* ca. 1000 Photos von Darstellungen der Musen in der Kunst, in der [http://warburg.sas.ac.uk/vpc/VPC_search/subcats.php?cat_1=5&cat_2=115 ''Warburg Institute Iconographic Database''].
== Einzelnachweise ==
<references />
 
{{Navigationsleiste Musen}}
 
[[Kategorie:Mythologie]] [[Kategorie:Griechische Mythologie]] [[Kategorie:Muse|!]]


[[Kategorie:Glaskunst|*]] [[Kategorie:Goetheanum|Daa]]
{{Wikipedia}}
[[en:The glass windows of the first Goetheanum]]

Version vom 28. Mai 2013, 16:01 Uhr

Muse mit Kithara auf dem Berg Helikon

Die Musen (griech. Μοῦσαι, Einzahl Μοῦσα, Mousa) sind in der griechischen Mythologie Schutzgöttinnen der Künste. Die Überlieferung der uns heute bekannten neun Musen stammt von Hesiod.

Die Musen

Homer bzw. die unter seinem Namen überlieferten Epen Ilias und Odyssee rufen in ihren Proömien jeweils eine (namenlose) „Göttin“ bzw. „Muse“ an.

Die neun olympischen Musen

Hesiod (6. Jh. v. Chr.) legt in seiner Theogonie[1] die Zahl der Musen auf neun fest; nach ihm sind sie die Töchter der Mnemosyne, der Göttin der Erinnerung, und des Zeus, und auch die von ihm genannten Namen sind kanonisch. Sie werden die Mnemoniden oder olympische Musen genannt.[2]

Allerdings wies Hesiod ihnen noch keine speziellen Zuständigkeitsbereiche und Attribute zu, diese werden erst später unterschieden, doch auch dann wechselten die Zuschreibungen von Funktionen und Attributen noch einigermaßen willkürlich. Erst in spätester Zeit gab es eine sich festigende Zuordnung von Name, Funktion und Attribut:

  • Klio (Κλειώ), die Rühmende, ist die Muse der Geschichtsschreibung (Attribute: Papierrolle und Schreibgriffel)
  • Melpomene (Μελπομένη), die Singende, ist die Muse der Tragödie (Attribut: ernste Theatermaske, Weinlaubkranz, wahrscheinlich auch ein Schwert oder eine Keule)
  • Terpsichore (Τερψιχόρη), die fröhlich im Reigen Tanzende, ist die Muse für Chorlyrik und Tanz (Attribut: Leier)
  • Thalia (Θάλεια), die Festliche, die Blühende, ist die Muse der Komödie (Attribut: lachende Theatermaske, Efeukranz und Krummstab (denn auch die heitere bukolische Poesie gehört zu ihr))
  • Euterpe (Ἐυτέρπη), die Erfreuende, ist die Muse der Lyrik und des Flötenspiels (Attribut: Aulos, die Doppelflöte)
  • Erato (Ἐρατώ), die Liebevolle, Sehnsucht Weckende, ist die Muse der Liebesdichtung (Attribut: Saiteninstrument, Leier)
  • Urania (Οὐρανία), die Himmlische, ist die Muse der Astronomie (Attribut: Himmelskugel und Zeigestab)
  • Polyhymnia (Πολύμνια), die Hymnenreiche (Liederreiche). Sie ist die Muse des Gesangs mit der Leier (kein spezifisches Attribut, manchmal die Leier)
  • Kalliope (Καλλιόπη), die mit der schönen Stimme, ist die Muse der epischen Dichtung, der Rhetorik, der Philosophie und der Wissenschaft (Attribut: Schreibtafel und Schreibgriffel)

Anhand der folgenden Eselsbrücke, in welcher nur der Name der Muse Klio vollständig enthalten ist, lassen sich ihre Namen leicht merken: Klio, Me, Ter, Thal, Eu, Er, Ur, Po, Kal (KLIOMETERTHAL EUER URPOKAL) bzw. (EUER URPOKAL KLIO METERTHAL)

Die drei/vier titanischen Musen

Bevor es zu der Überlieferung von neun Musen gekommen ist, hat es nach Pausanias (um 115–180 n. Chr.) jedoch eine Trias von drei Musen gegeben:

  • Melete (Übung/Fertigkeit)
  • Mneme (Mnemosyne) (Gedächtnis)
  • Aoide (Gesang, Musik)

Es ist allerdings zu beachten, dass Pausanias eine wesentlich spätere Quelle aus der Mitte des 2. nachchristlichen Jahrhunderts, Hesiods Theogonie hingegen eine der ältesten griechischen Quellen überhaupt ist und Pausanias diese Überlieferung selbst in Frage stellt.[3] Als Musen wurden auch die vier titanischen Musen (Mousai Titanides)[4] genannt, Cicero etwa gibt an:[5]

  • Thelxinoe (die Herzerfreuende)
  • Aoede (Aoide) (der Gesang)
  • Arche (der Beginn)
  • Melete (die Übung / Fertigkeit)

Sie sollen die Töchter von Zeus (oder Uranos) und der Plusia gewesen sein, daher ihr Name. Platon nennt Hesiods Terpsichore, Erato, Kalliope und Urania im Sinne dieser „Besetzung“.[6]

Die drei/vier apollonischen Musen

Die drei apollonischen Musen (Mousai Apollonides)[2] oder auch Delphische Musen wurden drei Töchter des Apollon genannt:

Sie sollen die drei Saiten der Lyra des Apollo dargestellt haben und auf dem Helikon gewohnt haben. Der erste Namenssatz geht auf Eumelos von Korinth (7. Jh. v. Chr.) zurück[7], der zweite auf Plutarch[8], er gibt dort auch eine vierte Muse an:

Diese (Nete, Mese, Hypate) spielen als Tetraktys in der Musik der griechischen Antike eine Rolle, die vierte der „Vierheit“ war die Paramese – da sich Musiktheorie wie auch Saitenzahl der Lyra verändert haben, kommen dahingehend auch andere Anzahlen vor.

Die sieben/neun pireischen Musen

In anderer Tradition gab es dann noch eine Gruppe von sieben Musen, die nach Johannes Tzetzes von Epicharmos (5. Jh. v. Chr.) erwähnt worden sein sollen, die Pieriden:[9]

Diese sollen die Kinder des Pieros, Stammvater der makedonischen Pieria-Thraker[10] und einer Pimpleischen Nymphe namens Antiope (nach Cicero) gewesen sein.

Bei Ovid[11] sind die pireischen Musen neun, ihre Mutter soll dort Euippe gewesen sein, und sie stammen von Ägypten: Sie fordern die „jüngeren“ olympischen Musen heraus (Wettstreit der Mnemoniden und Pieriden).

Diese neun Töchter des Pieros wurden auch Vögeln gleichgesetzt (Colymbas, Lyngx, Cenchris, Cissa, Chloris, Acalanthis, Nessa, Pipo und Dracontis).

Rezeption der Musen

Während die Namen der Musen bei Hesiod lediglich Aspekte der Tanz- und Dichtkunst betonen, werden sie in der späteren Antike auf unterschiedliche Musikinstrumente und Gattungen bezogen, woraus die angegebene kanonische Zuordnung von „Aufgabengebieten“ der Musen hervorgeht.

Die zum Gefolge Apollons zählenden Musen sollen am Berg Helikon bei der Quelle Hippokrene zu finden sein, die durch einen Hufschlag des geflügelten Musenrosses (Pegasus) freigelegt wurde. Daher rührt der zum Teil für sie benutzte verkünstelte Name Helikoniades. Anderen Angaben zufolge wohnen die Musen auf dem Berg Parnass (der Apollon geweiht ist), bei der Kastalischen Quelle, deren Wasser Begeisterung und Dichtergabe verleihen soll.

Die Heiligtümer der Musen heißen Museion (woraus das heutige Wort Museum entstand), auch das deutsche Wort Musik - die „Kunst der Musen“ - verdankt seinen Namen den Göttinnen.

Die Römer setzten die Musen mit den Camenae gleich.

Der Musenanruf in der Dichtung

Am Anfang antik-griechischer Epen und Hymnen steht oft eine Anrufung der Muse. Homers Odyssee beginnt mit den Versen: Sage mir, Muse, die Taten des vielgewanderten Mannes, / Welcher so weit geirrt, nach der heiligen Troja Zerstörung. Auch viele römische Dichter bitten die Muse um Inspiration (Vergil in der Aeneis), oder um Dauer für ihr Gedicht (Catull in den Carmina). Nach der Ächtung der Musen durch die mittelalterliche Kirche folgen Dichter der Neuzeit wieder diesem Gebrauch (Dante, Shakespeare, Milton).[12] Die neun Gesänge von Goethes Hermann und Dorothea tragen die Namen der neun Musen. Klopstock ruft im Messias statt der Muse die unsterbliche Seele an: Sing’, unsterbliche Seele, der Menschheit Erlösung. Vladimir Nabokov macht im Titel seiner autobiographischen Schrift Speak, Memory von der Form des Musenanrufs Gebrauch und spielt zugleich auf Mnemosyne, Göttin der Erinnerung und Mutter der Musen, an.[13]

Siehe auch

Literatur

Weblinks

 Wiktionary: Muse – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Musen - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Einzelnachweise

  1. Hesiod: Theogonie 76-80; 917.
  2. 2,0 2,1 Mousai Apollonides, theoi.com
  3. [[Wikipedia:Pausanias|]] 9,29,2
  4. Mousai Titanides, theoi.com
  5. Cicero: De Natura Deorum 3.21
  6. Plato: Phaedrus 259
  7. Eumelus: Frag 35, Tzetzes
  8. Plutarch: Symposium 9.14
  9. Johannes Tzetzes: Über die Entstehung der Götter zu Hes. 23
  10. Pieriden. Myth Index
  11. Ovid: Metamorphosen 5. Buch
  12. Vgl. en:Muse#Function in literature
  13. Vgl. en:Speak, Memory#Various publications


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