Gérard Analect Vincent Encausse und Quecksilberprozess: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Bild:Papus.jpg|thumb|Gérard Analect Vincent Encausse]]
[[Datei:Mercurius CABALA MINERALIS.jpg|thumb|Unser Mercurius, das brückenbildende Lebenswasser (''Mercurius noster. Aqua viva pontica.'')<br>Quelle: [https://www.alchemywebsite.com/cab_min1.html Cabala Mineralis].]]
'''Gérard Analect Vincent Encausse''' genannt '''Papus''' (* [[Wikipedia:13. Juli|13. Juli]] [[Wikipedia:1865|1865]] in [[Wikipedia:A Coruña|A Coruña]], [[Wikipedia:Spanien|Spanien]]; [[Wikipedia:25. Oktober|25. Oktober]] [[Wikipedia:1916|1916]] in [[Wikipedia:Paris|Paris]], [[Wikipedia:Frankreich|Frankreich]]) war einer der bedeutendsten französischen [[Okkultismus|Okkultisten]], [[Esoterik]]er, [[Theosophie|Theosophen]], [[Rosenkreuzer]] und [[Martinismus|Martinisten]].
Der '''Quecksilberprozess''' oder '''Merkurprozess''' ist einer der drei grundlegenden Prozesse der alchemistischen [[Tria Principia]]. [[Quecksilber]] ist eines der [[sieben]] [[Planetenmetalle]]; ihm wird der Planet [[Merkur]] zugeordnet. Der '''Mercurius''' der [[Alchemist]]en steht für alles [[Metall]]ische, Schmelzbare, [[Flüssig]]e; das gebräuchliche Alchemistische Symbol dafür ist die [[Lilie]]. Der Mercurius ist das flüchtig-flüssige Prinzip, das zwischen dem feurigen [[Sulfur]] und dem formgebenden [[Salzprozess]] vermittelt. In ihm wirkt das [[Wasserelement]] und er wird auch das ''brückenbildende'' [[Lebenswasser]] ([[lat.]] ''Aqua viva pontica'') oder [[Mercurialwasser]] genannt. Die stofflichen Repräsentanten, in denen der Merkurprozess äußerlich zur Ruhe gekommen ist, sind vor allem das [[Quecksilber]], das [[Wasser]] und der [[Alkohol]]. Auf rein [[physisch]]er Ebene entspricht dem Merkurprozess die aus der [[Chemie]] bekannte [[metallische Bindung|metallische Bindung]]<ref>V. Gutmann, E. Hengge: ''Allgemeine und anorganische Chemie'', Verlag Chemie, Weinheim 1975, S 3</ref>.


== Leben ==
== Der Merkurprozess in Mensch und Pflanze ==
Encausse war das Kind einer spanischen Mutter und eines französisches Vaters, der beruflich Chemiker war. Er zog mit seiner Familie nach [[Wikipedia:Paris|Paris]] als er vier Jahre alt war und erhielt auch dort seine Bildung. Bereits in jungen Jahren verbrachte er viel Zeit in der [[Wikipedia:Bibliothèque nationale de France#Die alte Bibliothèque nationale de France (Site Richelieu-Louvois)|Bibliothèque Nationale]] und widmete sich den Studien der [[Kabbala]], des Tarots, der Magie, Alchemie und den Schriften [[Eliphas Lévi]]s.


1887 war er Mitbegründer der französischen [[Theosophische Gesellschaft|Theosophischen Gesellschaft]], trennte sich jedoch 1890 wieder von der [[Theosophie]], gründete den esoterischen Zirkel ''Groupe indépendant d'étude ésoterique'', veröffentliche eine okkulte Zeitschrift mit dem Namen ''Traité méthodique de science occulte'' und wurde Mitglied im l'Ordre Kabbalistique de la Rose-Croix. Im darauf folgenden Jahr gründete Encausse zusammen mit [[w:Lucien Chamuel|Lucien Chamuel]] die Librarie du Merveilleux und veröffentliche monatlich die Zeitschrift ''L'Initiation''.
Im [[Dreigliederung des menschlichen Organismus|dreigliedrigen]] [[Mensch]]en wirkt der Merkurprozess vorwiegend in seinem [[Rhythmisches System|rhythmischen System]], d.h. in [[Atmung]] und [[Blut]]kreislauf. In der [[Pflanze]] entfalte sich die merkuriale Tätigkeit im Bereich der grünen Laubblätter, wobei hier statt der Atmung die Assimilation durch Photosynthese in den Vordergrund tritt.


Um die gleiche Zeit legte sich Encausse sein Pseudonym ''Papus'' zu. Es stammt aus dem [[w:Nykthemeron|Nykthemeron]] des [[Apollonius von Tyana]]. ''Papus'' bezeichnet darin den Geist der ersten Stunde. Des Weiteren bezeichnet ''Papus'' auch den Geist der [[Medizin]]wissenschaften. Am 7. Juli 1894 promovierte Gérard Encausse an der Pariser Universität zum Doktor der Medizin. Nach dem Tod von Marquis [[Wikipedia:Stanislas de Guaita|Stanislas de Guaita]] im Jahre 1897, wurde Encausse zum Präsidenten innerhalb ''de la Chambre de Direction de l'Ordre Kabbalistique de la Rose-Croix'' ernannt und Großmeister des ihm angeschlossenen Martinistenordens. 1901, 1905 und 1906 war er, auf Einladung von [[Wikipedia:Nikolaus II. (Russland)|Zar Nikolaus II.]], in [[Wikipedia:Sankt Petersburg|Sankt Petersburg]]. In erster Linie kam er als Arzt, jedoch auch um ihn in Esoterik zu unterrichten. Dabei gründete er eine Martinistenloge der auch der Zar selbst angehörte. Zugleich war Encausse beunruhigt über das zumeist blinde Vertrauen des Zaren und seiner Ehefrau in den Okkultismus. Er assistierte dem Zarenpaar bei wesentlichen Regierungsentscheidungen und warnte sie vor den Einflüssen [[Grigori Jefimowitsch Rasputin|Rasputins]].
== Der Merkurprozess im Jahreslauf ==


Während des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkriegs]] meldete er sich als Arzt bei der französischen Armee und war während dieser Zeit in einem Militärkrankenhaus tätig. Hier steckte er sich auch mit [[Wikipedia:Tuberkulose|Tuberkulose]] an und starb am 25. Oktober 1916 in Paris.
In der Tiefwinterzeit sind die drei alchemistischen Prozesse weitgehend voneinander getrennt. Für den [[imaginativ]]en Blick erscheint die Erde dann gleichsam als großer ''Quecksilbertropen'' im All - oder besser gesagt als halber Quecksilbertropfen, denn das gilt ja nur für die Hemisphäre, auf der gerade Winter ist. {{Lit|{{G|229|24f}}}}


== Werke (Auswahl) ==
== Der Mercurius und eine Anschauungsübung für den vierdimensionalen Raum ==
* ''Das Buch des Glücks, ein praktisches Handbuch zur Ermittlung und Unterstützung der individuellen Lebenschancen''; Edition Tramontane, Bad Münstereifel 1989; ISBN 3-925828-13-3
 
* ''Das Tarot der Weissagung, der Schlüssel zu verschollenen Legesystemen und Deutungsmethoden''; Edition Tramontane, Bad Münstereifel 1990; ISBN 3-925828-17-6
Der Merkur-Prozess und auch der [[Schwefelprozess|Sulphur-Prozess]] stehen in engem Zusammenhang mit einer Anschauungsübung für den [[Vierte Dimension|vierdimensionalen Raum]], die [[Rudolf Steiner]] beschrieben hat:
* ''Die Grundlagen der okkulten Wissenschaft''; Verlag Frietsch 2017, ISBN 978-3-9375-9229-9
 
* ''Die Kabbala''; Marixverlag, Wiesbaden 2004; ISBN 3-937715-61-4
<div style="margin-left:20px">
* ''Die Wissenschaft der Magier und deren theoretische und praktische Anwendung''; Edition Geheimes Wissen 2011, ISBN 978-3-9027-9239-6
"Derjenige, welcher eine wirkliche Anschauung
* ''Tarot der Zigeuner, der absolute Schlüssel zur Geheimwissenschaft''; Ansata-Verlag, Bern-München-Wien 1999; ISBN 3-502-20245-1
von dem vierdimensionalen Raum sich erwerben will, muß
ganz bestimmte Anschauungsübungen machen. Diese bestehen
darin, daß er sich zunächst eine ganz klare Anschauung, eine vertiefte
Anschauung, nicht Vorstellung, bildet von dem, was man
Wasser nennt. Eine solche Anschauung von dem Wasser ist nicht
so leicht zu kriegen. Man muß lange meditieren und sich sehr
genau in die Natur des Wassers vertiefen, man muß sozusagen
hineinkriechen in die Natur des Wassers. Das zweite ist, daß man
sich eine Anschauung verschafft von der Natur des Lichtes. Das
Licht ist etwas, was der Mensch zwar kennt, aber nur so kennt,
wie er es von Außen empfängt. Nun kommt der Mensch dadurch,
daß er meditiert, dazu, das innere Gegenbild des äußeren Lichtes
zu bekommen, zu wissen, wodurch und woher das Licht entsteht,
so daß er dadurch selbst so etwas wie Licht hervorbringen, erzeugen
kann. Diese Fähigkeit, Licht hervorbringen, erzeugen zu können,
eignet sich der Yogi [Geheimschüler] an durch Meditation.
Das kann derjenige, welcher reine Begriffe wirklich meditativ in
seiner Seele anwesend zu haben vermag, der reine Begriffe wirklich
meditativ auf seine Seele wirken läßt, der sinnlichkeitsfrei
denken kann. Dann entspringt dem Begriffe das Licht. Dann geht
ihm die ganze Umwelt auf als flutendes Licht. Der Geheimschüler
muß nun gleichsam chemisch verbinden die Anschauung, die er
sich von Wasser gebildet hat, mit der Anschauung des Lichtes.
Das vom Licht ganz durchdrungene Wasser ist ein Körper, der
von den Alchemisten genannt wird Merkurius. Wasser plus Licht
heißt in der Sprache der Alchemisten Merkurius. Dieses alchemistische
Merkur ist aber nicht das gewöhnliche Quecksilber. Sie
werden die Sache nicht in dieser Form [überliefert] erhalten haben.
Man muß erst in sich die Fähigkeit erwecken, aus dem [Umgehen
mit den reinen] Begriffen selbst das Licht zu erzeugen. Merkurius
ist diese Vermischung [des Lichtes] mit der Anschauung des Wassers,
diese lichtdurchdrungene Wasserkraft, in deren Besitz man
sich dann versetzt. Das ist das eine Element der astralischen Welt.
 
Das zweite [Element] entsteht dadurch, daß man sich, ebenso
wie man vom Wasser sich eine Anschauung gebildet hat, man sich
von der Luft eine Anschauung bildet, daß wir also die Kraft der
Luft durch einen geistigen Vorgang heraussaugen. Wenn Sie [auf
der anderen Seite Ihr] Gefühl in sich in gewisser Weise konzentrieren,
so erzeugen, so entzünden Sie durch das Gefühl das Feuer.
[Wenn Sie die Kraft der Luft gleichsam chemisch verbinden mit
dem durch Gefühl erzeugten Feuer, so] bekommen Sie «Feuerluft». Sie wissen, daß in Goethes «Faust» von Feuerluft gesprochen
wird.<ref>Goethe, Faust, Erster Teil, 4. Szene, Studierzimmer, Vers 2065ff.:
<poem>
Mephistopheles:
Wir breiten nur den Mantel aus,
Der soll uns durch die Lüfte tragen.
Du nimmst bei diesem kühnen Schritt
Nur keinen großen Bündel mit.
Ein bißchen Feuerluft, die ich bereiten werde,
Hebt uns behend von dieser Erde.
Und sind wir leicht, so geht es schnell hinauf;
Ich gratuliere dir zum neuen Lebenslauf!</poem></ref> Das ist etwas, wo das Innere des Menschen mitarbeiten
muß. Also das eine Element wird [aus einem gegebenen Element,
der Luft,] herausgesogen, das andere [das Feuer oder die
Wärme] wird von Ihnen selbst erzeugt. Diese Luft plus Feuer
nannten die Alchemisten Schwefel, Sulfur, leuchtende Feuerluft.
Wenn Sie nun diese leuchtende Feuerluft in einem wäßrigen
Elemente haben, dann haben Sie in Wahrheit jene [astrale] Materie,
von der es in der Bibel heißt: und der Geist Gottes schwebte,
oder brütete, über den «Wassern».<ref>Moses, Erstes Buch, Kapitel 1,2. Siehe dazu Rudolf Steiner: ''[[Die Geheimnisse der biblischen Schöpfungsgeschichte]]'' ([[GA 122]]), insbesondere Vortrag vom 20. August 1910.</ref>
 
[Das dritte Element entsteht, wenn] man der Erde die Kraft
entzieht und das dann verbindet mit den [geistigen Kräften im]
«Schall»; dann hat man das, was [hier] Geist Gottes genannt wird.
Daher wird es auch «Donner» genannt. [Wirkender] Geist Gottes
ist Donner, ist Erde plus Schall. Der Geist Gottes [schwebt also
über der] astralen Materie.
 
Jene «Wasser» sind nicht gewöhnliche Wasser, sondern was
man eigentlich astrale Materie nennt. Diese besteht aus vier Arten
von Kräften: Wasser, Luft, Licht und Feuer. Die Anordnung dieser
vier Kräfte stellt sich der astralischen Anschauung als die vier
Dimensionen des astralen Raumes dar. So sind sie in der Wirklichkeit.
Es sieht im Astralen eben ganz anders aus als in unserer Welt.
Manches, was als astral aufgefaßt wird, ist nur eine Projektion des
Astralen in den physischen Raum.
 
Sie sehen, dasjenige, was astral ist, ist halb subjektiv [das heißt
dem Subjekt passiv gegeben], halb Wasser und Luft, denn Licht
und Gefühl [Feuer] sind objektiv, [das heißt vom Subjekt tätig zur
Erscheinung gebracht]. Nur einen Teil von dem, was astral ist,
kann man außen [als dem Subjekt gegeben] finden, aus der Umwelt
gewinnen. Den anderen Teil muß man subjektiv [durch eigene
Tätigkeit] dazubringen. Aus Begriffs- und Gefühlskräften gewinnt
man [aus dem Gegebenen] durch [tätige] Objektivierung
das andere. Im Astralen haben wir also Subjektiv-Objektives.
Im Devachan gibt es gar keine [für das Subjekt bloß gegebene]
Objektivität mehr. Man würde dort ein völlig subjektives Element
haben.
 
Wir haben eben da etwas, was der Mensch erst [aus sich heraus]
erzeugen muß, wenn wir vom astralen Raum sprechen. So ist alles,
was wir hier tun, das Symbolische, [nur] eine sinnbildliche Darstellung
für die höheren Welten, für die devachanische Welt, die in
der Art wirklich sind, wie ich es Ihnen in diesen Andeutungen
auseinandergesetzt habe. Es ist das, was in diesen höheren Welten
liegt, nur dadurch zu erreichen, daß man in sich selbst neue Anschauungsmöglichkeiten
entwickelt. Der Mensch muß selbst etwas
dazu tun." {{Lit|{{G|324a|58ff}} Nachschrift von ''Franz Seiler''; Zweite Textvariante in der Nachschrift von ''Walter Vegelahn'' siehe: {{G|324a|60ff}}}}
</div>
 
Damit ist ''nicht'' gesagt, dass der Astralraum als solcher vierdimensional ist. Für sich gesehen ist die Astralwelt [[bild]]haft zweidimensional. Vierdimensional ist vielmehr das [[Bewusstsein]], das zugleich die [[physische Welt]] und die [[Astralwelt]] umspannt.


== Literatur ==
== Literatur ==
* Frick, Karl R. H.: ''Licht und Finsternis. Okkulte Geheimgesellschaften bis zur Wende des 20. Jahrhunderts.'' Wiesbaden (2005). ISBN 3865390447
* Graf, Eckhard: ''Die Magier des Tarot, A. Court de Gébelin, Etteilla, E. Lévi, P. Christian, Papus, Golden Dawn, A. E. Waite, A. Crowley, O. Wirth''; Königsfurt, Königsförde/Krummwisch 2000; ISBN 3-933939-15-1


== Weblinks ==
* [[Rudolf Steiner]]: ''Das Miterleben des Jahreslaufes in vier kosmischen Imaginationen'', [[GA 229]] (1999), ISBN 3-7274-2290-4 {{Vorträge|229}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Die vierte Dimension'', [[GA 324a]] (1995), ISBN 3-7274-3245-4 {{Vorträge|324a}}


* [http://www.sphinx-suche.de/lexeso/papus.htm Kurze Biografie]
{{GA}}
* [http://www.vbdr.de/magie/papus-1.htm Wie ich Okkultist wurde]
* [http://www.hermanubis.com.br/Artigos/OutrosIdiomas/AROUDrEncause.htm Die Dreigliederung von Mensch und Welt]
* [http://www.sandammeer.at/rezensionen/kabbala-papus.htm Rezension von ''Die Kabbala'']


{{Wikipedia}}
== Einzelnachweise ==
<references/>


{{DEFAULTSORT:Encausse, Gérard Analect Vincent}}
[[Kategorie:Tria Principia|103]]
[[Kategorie:Esoteriker]]
[[Kategorie:Alchemie]]
[[Kategorie:Okkultist]]
[[en:Mercury process]]
[[Kategorie:Theosoph]]
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[[Kategorie:Tarot (Person)]]
[[Kategorie:Autor (Esoterik)]]
[[Kategorie:Franzose]]
[[Kategorie:Geboren 1865]]
[[Kategorie:Gestorben 1916]]
[[Kategorie:Mann]]

Aktuelle Version vom 8. Mai 2021, 10:25 Uhr

Unser Mercurius, das brückenbildende Lebenswasser (Mercurius noster. Aqua viva pontica.)
Quelle: Cabala Mineralis.

Der Quecksilberprozess oder Merkurprozess ist einer der drei grundlegenden Prozesse der alchemistischen Tria Principia. Quecksilber ist eines der sieben Planetenmetalle; ihm wird der Planet Merkur zugeordnet. Der Mercurius der Alchemisten steht für alles Metallische, Schmelzbare, Flüssige; das gebräuchliche Alchemistische Symbol dafür ist die Lilie. Der Mercurius ist das flüchtig-flüssige Prinzip, das zwischen dem feurigen Sulfur und dem formgebenden Salzprozess vermittelt. In ihm wirkt das Wasserelement und er wird auch das brückenbildende Lebenswasser (lat. Aqua viva pontica) oder Mercurialwasser genannt. Die stofflichen Repräsentanten, in denen der Merkurprozess äußerlich zur Ruhe gekommen ist, sind vor allem das Quecksilber, das Wasser und der Alkohol. Auf rein physischer Ebene entspricht dem Merkurprozess die aus der Chemie bekannte metallische Bindung[1].

Der Merkurprozess in Mensch und Pflanze

Im dreigliedrigen Menschen wirkt der Merkurprozess vorwiegend in seinem rhythmischen System, d.h. in Atmung und Blutkreislauf. In der Pflanze entfalte sich die merkuriale Tätigkeit im Bereich der grünen Laubblätter, wobei hier statt der Atmung die Assimilation durch Photosynthese in den Vordergrund tritt.

Der Merkurprozess im Jahreslauf

In der Tiefwinterzeit sind die drei alchemistischen Prozesse weitgehend voneinander getrennt. Für den imaginativen Blick erscheint die Erde dann gleichsam als großer Quecksilbertropen im All - oder besser gesagt als halber Quecksilbertropfen, denn das gilt ja nur für die Hemisphäre, auf der gerade Winter ist. (Lit.: GA 229, S. 24f)

Der Mercurius und eine Anschauungsübung für den vierdimensionalen Raum

Der Merkur-Prozess und auch der Sulphur-Prozess stehen in engem Zusammenhang mit einer Anschauungsübung für den vierdimensionalen Raum, die Rudolf Steiner beschrieben hat:

"Derjenige, welcher eine wirkliche Anschauung von dem vierdimensionalen Raum sich erwerben will, muß ganz bestimmte Anschauungsübungen machen. Diese bestehen darin, daß er sich zunächst eine ganz klare Anschauung, eine vertiefte Anschauung, nicht Vorstellung, bildet von dem, was man Wasser nennt. Eine solche Anschauung von dem Wasser ist nicht so leicht zu kriegen. Man muß lange meditieren und sich sehr genau in die Natur des Wassers vertiefen, man muß sozusagen hineinkriechen in die Natur des Wassers. Das zweite ist, daß man sich eine Anschauung verschafft von der Natur des Lichtes. Das Licht ist etwas, was der Mensch zwar kennt, aber nur so kennt, wie er es von Außen empfängt. Nun kommt der Mensch dadurch, daß er meditiert, dazu, das innere Gegenbild des äußeren Lichtes zu bekommen, zu wissen, wodurch und woher das Licht entsteht, so daß er dadurch selbst so etwas wie Licht hervorbringen, erzeugen kann. Diese Fähigkeit, Licht hervorbringen, erzeugen zu können, eignet sich der Yogi [Geheimschüler] an durch Meditation. Das kann derjenige, welcher reine Begriffe wirklich meditativ in seiner Seele anwesend zu haben vermag, der reine Begriffe wirklich meditativ auf seine Seele wirken läßt, der sinnlichkeitsfrei denken kann. Dann entspringt dem Begriffe das Licht. Dann geht ihm die ganze Umwelt auf als flutendes Licht. Der Geheimschüler muß nun gleichsam chemisch verbinden die Anschauung, die er sich von Wasser gebildet hat, mit der Anschauung des Lichtes. Das vom Licht ganz durchdrungene Wasser ist ein Körper, der von den Alchemisten genannt wird Merkurius. Wasser plus Licht heißt in der Sprache der Alchemisten Merkurius. Dieses alchemistische Merkur ist aber nicht das gewöhnliche Quecksilber. Sie werden die Sache nicht in dieser Form [überliefert] erhalten haben. Man muß erst in sich die Fähigkeit erwecken, aus dem [Umgehen mit den reinen] Begriffen selbst das Licht zu erzeugen. Merkurius ist diese Vermischung [des Lichtes] mit der Anschauung des Wassers, diese lichtdurchdrungene Wasserkraft, in deren Besitz man sich dann versetzt. Das ist das eine Element der astralischen Welt.

Das zweite [Element] entsteht dadurch, daß man sich, ebenso wie man vom Wasser sich eine Anschauung gebildet hat, man sich von der Luft eine Anschauung bildet, daß wir also die Kraft der Luft durch einen geistigen Vorgang heraussaugen. Wenn Sie [auf der anderen Seite Ihr] Gefühl in sich in gewisser Weise konzentrieren, so erzeugen, so entzünden Sie durch das Gefühl das Feuer. [Wenn Sie die Kraft der Luft gleichsam chemisch verbinden mit dem durch Gefühl erzeugten Feuer, so] bekommen Sie «Feuerluft». Sie wissen, daß in Goethes «Faust» von Feuerluft gesprochen wird.[2] Das ist etwas, wo das Innere des Menschen mitarbeiten muß. Also das eine Element wird [aus einem gegebenen Element, der Luft,] herausgesogen, das andere [das Feuer oder die Wärme] wird von Ihnen selbst erzeugt. Diese Luft plus Feuer nannten die Alchemisten Schwefel, Sulfur, leuchtende Feuerluft. Wenn Sie nun diese leuchtende Feuerluft in einem wäßrigen Elemente haben, dann haben Sie in Wahrheit jene [astrale] Materie, von der es in der Bibel heißt: und der Geist Gottes schwebte, oder brütete, über den «Wassern».[3]

[Das dritte Element entsteht, wenn] man der Erde die Kraft entzieht und das dann verbindet mit den [geistigen Kräften im] «Schall»; dann hat man das, was [hier] Geist Gottes genannt wird. Daher wird es auch «Donner» genannt. [Wirkender] Geist Gottes ist Donner, ist Erde plus Schall. Der Geist Gottes [schwebt also über der] astralen Materie.

Jene «Wasser» sind nicht gewöhnliche Wasser, sondern was man eigentlich astrale Materie nennt. Diese besteht aus vier Arten von Kräften: Wasser, Luft, Licht und Feuer. Die Anordnung dieser vier Kräfte stellt sich der astralischen Anschauung als die vier Dimensionen des astralen Raumes dar. So sind sie in der Wirklichkeit. Es sieht im Astralen eben ganz anders aus als in unserer Welt. Manches, was als astral aufgefaßt wird, ist nur eine Projektion des Astralen in den physischen Raum.

Sie sehen, dasjenige, was astral ist, ist halb subjektiv [das heißt dem Subjekt passiv gegeben], halb Wasser und Luft, denn Licht und Gefühl [Feuer] sind objektiv, [das heißt vom Subjekt tätig zur Erscheinung gebracht]. Nur einen Teil von dem, was astral ist, kann man außen [als dem Subjekt gegeben] finden, aus der Umwelt gewinnen. Den anderen Teil muß man subjektiv [durch eigene Tätigkeit] dazubringen. Aus Begriffs- und Gefühlskräften gewinnt man [aus dem Gegebenen] durch [tätige] Objektivierung das andere. Im Astralen haben wir also Subjektiv-Objektives. Im Devachan gibt es gar keine [für das Subjekt bloß gegebene] Objektivität mehr. Man würde dort ein völlig subjektives Element haben.

Wir haben eben da etwas, was der Mensch erst [aus sich heraus] erzeugen muß, wenn wir vom astralen Raum sprechen. So ist alles, was wir hier tun, das Symbolische, [nur] eine sinnbildliche Darstellung für die höheren Welten, für die devachanische Welt, die in der Art wirklich sind, wie ich es Ihnen in diesen Andeutungen auseinandergesetzt habe. Es ist das, was in diesen höheren Welten liegt, nur dadurch zu erreichen, daß man in sich selbst neue Anschauungsmöglichkeiten entwickelt. Der Mensch muß selbst etwas dazu tun." (Lit.: GA 324a, S. 58ff Nachschrift von Franz Seiler; Zweite Textvariante in der Nachschrift von Walter Vegelahn siehe: GA 324a, S. 60ff)

Damit ist nicht gesagt, dass der Astralraum als solcher vierdimensional ist. Für sich gesehen ist die Astralwelt bildhaft zweidimensional. Vierdimensional ist vielmehr das Bewusstsein, das zugleich die physische Welt und die Astralwelt umspannt.

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Einzelnachweise

  1. V. Gutmann, E. Hengge: Allgemeine und anorganische Chemie, Verlag Chemie, Weinheim 1975, S 3
  2. Goethe, Faust, Erster Teil, 4. Szene, Studierzimmer, Vers 2065ff.:

    Mephistopheles:
    Wir breiten nur den Mantel aus,
    Der soll uns durch die Lüfte tragen.
    Du nimmst bei diesem kühnen Schritt
    Nur keinen großen Bündel mit.
    Ein bißchen Feuerluft, die ich bereiten werde,
    Hebt uns behend von dieser Erde.
    Und sind wir leicht, so geht es schnell hinauf;
    Ich gratuliere dir zum neuen Lebenslauf!

  3. Moses, Erstes Buch, Kapitel 1,2. Siehe dazu Rudolf Steiner: Die Geheimnisse der biblischen Schöpfungsgeschichte (GA 122), insbesondere Vortrag vom 20. August 1910.