Homöopathie und Paul Feyerabend: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Datei:Hahnemann.jpg|miniatur|Samuel Hahnemann]]
'''Paul Karl Feyerabend''' (* [[Wikipedia:13. Januar|13. Januar]] [[Wikipedia:1924|1924]] in [[Wikipedia:Wien|Wien]]; † [[Wikipedia:11. Februar|11. Februar]] [[Wikipedia:1994|1994]] in [[Wikipedia:Genolier|Genolier]] im [[Schweiz|schweizerischen]] [[Wikipedia:Kanton Waadt|Waadtland]]) war ein [[Österreich|österreichischer]] [[Philosophie|Philosoph]] und [[Wissenschaftstheorie|Wissenschaftstheoretiker]]. Er war von 1958 bis 1989 Philosophieprofessor an der [[Wikipedia:University of California|Universität von Kalifornien]] in [[Wikipedia:Berkeley (Kalifornien)|Berkeley]] und lebte zeitweilig in [[England]], [[Deutschland]], [[Wikipedia:Neuseeland|Neuseeland]], [[Italien]], zuletzt in der Schweiz, wo er als Hochschullehrer an der [[Wikipedia:Eidgenössische Technische Hochschule Zürich|ETH Zürich]] tätig war.
Die '''Homöopathie''' [{{IPA|ˌhomøopaˈtiː}}] (von {{ELSalt|ὅμοιος}} ''hómoios'' ‚gleich, gleichartig, ähnlich‘ sowie {{polytonisch|πάθος}} ''páthos'' ‚Leid, Schmerz, Affekt, Gefühl‘; wörtlich also „ähnliches Leiden“)<ref>{{Literatur | Autor=[[w:Wilhelm Gemoll|Wilhelm Gemoll]] | Titel=Griechisch-Deutsches Schul- und Handwörterbuch | Auflage= | Verlag=G. Freytag Verlag/Hölder-Pichler-Tempsky | Ort=München/Wien | Jahr=1965 | ISBN= }}</ref> ist eine von der [[w:Weltgesundheitsorganisation|WHO]] anerkannte, weltweit eingesetzte [[komplementärmedizin]]ische bzw. [[alternativmedizin]]ische Behandlungs- und [[Heilung|Heilmethode]]<ref name="WHO">[https://apps.who.int/iris/bitstream/handle/10665/43108/9241562862_map.pdf WHO Global Atlas of Traditional, Complementary and Alternative Medicine] (pdf)</ref>, die auf den ab 1796 veröffentlichten Vorstellungen des deutschen Arztes [[Samuel Hahnemann]] beruht.


Ihre namengebende und wichtigste Grundannahme ist das von Hahnemann formulierte Ähnlichkeitsprinzip: „Ähnliches soll durch Ähnliches geheilt werden“ (''similia similibus curentur'', Hahnemann). Danach solle ein '''homöopathisches Arzneimittel''' so ausgewählt werden, dass es an Gesunden ähnliche [[Symptom]]e hervorrufen könne wie die, an denen der Kranke leidet, wobei auch der „gemüthliche und geistige Charakter“<ref>Samuel Hahnemann: ''[[Wikipedia:Organon der Heilkunst|Organon der Heilkunst]]''., 6. Auflage, [http://homeoint.org/books4/organon/org000.htm#p5 § 5]</ref> des Patienten berücksichtigt werden solle. Hierzu wurden von Hahnemann und seinen Nachfolgern ausgedehnte Tabellen ''([[Repertorium (Homöopathie)|Repertorien]])'' erstellt, mit deren Hilfe der Homöopath den Patienten und seine Krankheitserscheinungen einem sogenannten '''Arzneimittelbild''' zuordnen soll.
Bekannt wurde Feyerabend durch seinen wissenschaftstheoretischen [[Anarchismus]]. Nach Feyerabend lassen sich keine universellen und ahistorischen wissenschaftlichen [[Methodik|Methoden]] formulieren, produktive Wissenschaft müsse vielmehr Methoden nach Belieben verändern, einführen und aufgeben dürfen. Zudem gebe es keine allgemeinen Maßstäbe, mit denen man verschiedene wissenschaftliche Methoden oder Traditionen bewerten könne. Das Fehlen allgemeiner Bewertungsmaßstäbe führt Feyerabend zu einem philosophischen [[Relativismus]], nach dem keine Theorie allgemein [[Wahrheit|wahr]] oder falsch ist.


Zur Herstellung der Arzneimittel werden die [[Wikipedia:Liste homöopathischer Grundsubstanzen|Grundsubstanzen]] einer sogenannten [[Potenzieren (Homöopathie)|Potenzierung]] unterzogen, das heißt, sie werden wiederholt (meist im Verhältnis 1:10 oder 1:100) mit Wasser oder [[Ethanol]] verschüttelt oder mit [[Lactose|Milchzucker]] verrieben. Die Verdünnung wurde zunächst wegen der Giftigkeit vieler der verwendeten Stoffe durchgeführt. Erst in einer späteren Phase verordnete Hahnemann sogenannte Hochpotenzen, bei denen die Ausgangsstoffe so stark verdünnt werden, dass sie nicht mehr nachweisbar sind. Hahnemann nahm an, dass durch das besondere Verfahren der Potenzierung oder {{"|Dynamisierung}} eine {{"|im innern Wesen der Arzneien verborgene, geistartige Kraft}}<ref>Zitat aus Samuel Hahnemann: ''[[Wikipedia:Organon der Heilkunst|Organon der Heilkunst]]''., 6. Auflage, [http://homeoint.org/books4/organon/org020.htm#p20 § 20]</ref> wirksam werde.<ref>Vgl. Samuel Hahnemann: ''Organon der Heilkunst''., 6. Auflage, [http://homeoint.org/books4/organon/org260.htm#p269 § 269].</ref> Zur Begründung der Hochpotenzen ging er davon aus, dass sich hier {{"|die Materie}} {{"|roher Arznei-Substanzen}} {{"|zuletzt gänzlich in ihr individuelles geistartiges Wesen auflöse}}.<ref>Samuel Hahnemann: ''Organon der Heilkunst''., 6. Auflage, [http://homeoint.org/books4/organon/org260.htm#p270 § 270].</ref>
[[Datei:Paul Feyerabend Berkeley.jpg|mini|Paul Feyerabend in Berkeley]]


== Grundsätze ==
== Leben ==
Die Homöopathie ist eine weit verzweigte Praxis mit vielen Varianten. Alle homöopathischen Lehren berufen sich auf Hahnemann und das Ähnlichkeitsprinzip, weichen aber in anderen Punkten teilweise erheblich voneinander ab. Die meisten Homöopathen sehen das Ähnlichkeitsprinzip, die „Arzneimittelprüfung am Gesunden“, die Erhebung des individuellen Krankheitsbildes durch eine ausführliche [[Anamnese]] und die „[[Potenzieren (Homöopathie)|Potenzierung]]“ bei der Herstellung der homöopathischen Arzneimittel als Grundsätze der Homöopathie an.<ref name="Geissler">{{Literatur
=== Kindheit, Jugend, Krieg ===
| Autor  = Jan Geissler, Thomas Quak
Paul Feyerabend wurde 1924 in Wien geboren. Als Sohn einer Mittelstandsfamilie besuchte er ein [[Wikipedia:Realgymnasium|Realgymnasium]] und war ein Schüler mit überdurchschnittlichen Leistungen. Die Eltern hatten aufgrund von Krieg und Inflation lange gewartet, bevor sie ihr erstes und einziges Kind bekamen, Paul Feyerabends Mutter war bei seiner Geburt bereits 40 Jahre alt. In Kontakt mit der Philosophie kam Feyerabend nach eigenen Angaben durch einen Zufall: ''{{"|Wenn man sich nach Literatur umsah, die zum Verkauf bestimmt war, konnte man tonnenweise Bücher für nur ein paar Groschen erwerben. [] Ich konnte es nicht vermeiden, daß hin und wieder auch ein Band von Plato, Descartes oder Büchner (dem Materialisten, nicht dem Dichter) darunter waren. Ich habe diese unerwünschten Zugaben dann wohl aus Neugier gelesen oder einfach, weil ich dafür bezahlt hatte.}}''<ref>''Zeit'', S. 43 f.</ref>
| Titel  = Leitfaden Homöopathie
| Verlag = Elsevier, Urban & Fischer Verlag
| ISBN  = 3-437-56351-3
| Jahr  = 2005
| Online =
  {{Google Buch
  | BuchID  = hf-bYWPWQF8C&pg=PA16
  | Seite = 16
  }}
}}</ref><ref name="RoBoSt">''Homöopathie – Eine Heilkunde und ihre Geschichte.'' Institut für Geschichte der Medizin der [[Wikipedia:Robert Bosch Stiftung|Robert Bosch Stiftung]], [[Wikipedia:Stuttgart|Stuttgart]] 2006, ISBN 3-00-018349-3</ref>


=== Ähnlichkeitsprinzip (Simile-Prinzip) {{Anker|Ähnlichkeitsprinzip}} ===
Im März 1938 wurde Österreich Teil des deutschen Reiches, am 1. September 1939 begann der Zweite Weltkrieg und veränderte das Leben des 15-Jährigen. Feyerabends Eltern begrüßten den [[Wikipedia:Anschluss Österreichs|Anschluss]], Feyerabend beschreibt sein Verhältnis zu den Nazis als naiv und relativ emotionslos. Er wurde nicht zu einem glühenden Anhänger, reagierte jedoch auch auf die im Krieg erlebten Grausamkeiten nicht mit Empörung. 1940 begann Feyerabend mit dem [[Wikipedia:Reichsarbeitsdienst|Reichsarbeitsdienst]], 1942 wurde er Teil eines Pionierkorps, 1943 besuchte er eine Offiziersschule. Er wurde für die Ausbildung nach Jugoslawien geschickt; nach Feyerabend war die Offiziersschule insbesondere ein Weg, den Kriegseinsatz zu umgehen. In Jugoslawien erfuhr er von der Selbsttötung seiner Mutter, ein Ereignis, das ihn damals nicht sehr bewegte. Feyerabend wurde noch im September 1943 nach Russland geschickt, wo er sich nach eigenen Angaben leichtsinnig und theatralisch verhielt und dafür bis zum [[Wikipedia:Leutnant|Leutnant]] befördert wurde.
[[Datei:Stamp Germany 1996 Briefmarke Homöopathie Samuel Hahnemann.jpg|miniatur|400 [[Wikipedia:Deutsche Mark|Pf]]-[[Wikipedia:Sondermarke|Sondermarke]] von [[Wikipedia:Briefmarken-Jahrgang 1996 der Bundesrepublik Deutschland|Deutschland (1996)]] mit einer [[Wikipedia:Schattenriss|Silhouette]] Hahnemanns und Ähnlichkeitsregel]]
Nach dem Ähnlichkeits- oder Simileprinzip –&nbsp;„similia similibus curentur“ („Ähnliches werde durch Ähnliches geheilt“) –&nbsp;sollen Krankheiten durch Mittel geheilt werden, die bei einem Gesunden ähnliche Symptome hervorrufen, wie sie bei dem Kranken beobachtet werden:<ref name="Geissler" />
{{Zitat|Jedes wirksame Arzneimittel erregt im menschlichen Körper eine Art von eigner Krankheit, eine desto eigenthümlichere, ausgezeichnetere und heftigere Krankheit, je wirksamer die Arznei ist. Man ahme der Natur nach, welche zuweilen eine chronische Krankheit durch eine andre hinzukommende heilt und wende in der zu heilenden (vorzüglich chronischen) Krankheit dasjenige Arzneimittel an, welches eine andre, möglichst ähnliche, künstliche Krankheit zu erregen im Stande ist und jene wird geheilet werden; Similia similibus.|Autor=Samuel Hahnemann, 1796|ref=<ref>Samuel Hahnemann: ''Versuch über ein neues Prinzip zur Auffindung der Heilkräfte der Arzneisubstanzen, nebst einigen Blicken auf die bisherigen'', in: Christoph Wilhelm Hufeland (Hrsg.): ''Journal der practischen Arzneykunde und Wundarzneykunst'', 1796, Zweiter Band</ref>}}


Die Idee eines Simile-Prinzips lässt sich nicht allein auf Hahnemann zurückführen. Ansatzweise findet sie sich bereits im [[Wikipedia:Corpus Hippocraticum|Corpus Hippocraticum]] und den Schriften des [[Paracelsus|Theophrast von Hohenheim]] ''(Paracelsus)''<ref name="juette96">Robert Jütte: ''Geschichte der Alternativen Medizin. Von der Volksmedizin zu den unkonventionellen Therapien von heute''. C.H. Beck Verlag, München 1996. ISBN 3-406-40495-2, S. 180</ref>:
Im letzten Kriegsjahr wurde Feyerabend auf dem Rückzug von mehreren Kugeln in den Magen und die Hand getroffen. ''{{"|Ich verspürte keinen Schmerz, aber ich war überzeugt, daß meine Beine getroffen waren. Einen Augenblick sah ich mich im Rollstuhl an einer endlosen Bücherwand entlangfahren – ich war fast glücklich. Die Soldaten, die schleunigst aus dem Kampfgebiet kommen wollten, standen um mich herum, hoben mich auf einen Schlitten und zogen mich weg. Für mich war der Krieg vorbei.}}''<ref>''Zeit'', S. 74 f.</ref> Feyerabends schwere Verletzungen bewirkten, dass er sein Leben lang starke Schmerzen hatte, an einem Stock gehen musste und impotent geworden war. Er wurde in eine Klinik in [[Wikipedia:Apolda|Apolda]] gebracht; nach Kriegsende studierte er für ein Jahr Gesang im nahen [[Wikipedia:Weimar|Weimar]].


{{Zitat|Die Krankheit entsteht durch Einflüsse, die den Heilmitteln ähnlich wirken, und der Krankheitszustand wird beseitigt durch Mittel, die ihm ähnliche Erscheinungen hervorrufen.|Autor=[[Hippokrates von Kos]] (460 v. Chr. – um 370 v. Chr.) |ref=<ref>{{Literatur||Autor=Matthias Dorcsi|Titel=Homöopathie heute|Verlag=Rowohlt Taschenbuch, Reinbek|Jahr= 1996}}</ref>}}
=== Studienzeit ===
1947 kehrte Feyerabend aus Weimar nach Wien zurück. Seine frühere Leidenschaft – die Physik – schien ihm nach Kriegsende lebensfremd, und so begann er mit dem Studium der Geschichte und Soziologie. Bald langweilten ihn jedoch seine Vorlesungen, er wechselte noch im gleichen Jahr zur Physik. Unter den Physikern an der [[Wikipedia:Universität Wien|Universität Wien]] machte insbesondere [[Wikipedia:Felix Ehrenhaft|Felix Ehrenhaft]] Eindruck auf Feyerabend. Bald kam er durch [[Wikipedia:Victor Kraft|Victor Kraft]] zudem in Kontakt mit der akademischen Philosophie. Kraft war im Gegensatz zu den anderen bekannten Mitgliedern des [[Wiener Kreis]]es in Österreich geblieben und hatte um sich eine Gruppe von Philosophen und Studenten versammelt den so genannten „Kraft-Kreis“. Unter ihnen war auch Feyerabend, der im Kraft-Kreis die Gelegenheit bekam, mit Philosophen wie [[Wikipedia:Walter Hollitscher|Walter Hollitscher]], [[Wikipedia:Elizabeth Anscombe|Elizabeth Anscombe]] oder [[Ludwig Wittgenstein]] zu diskutieren. In dieser Zeit übernahm Feyerabend zentrale Überzeugungen des [[Logischer Empirismus|logischen Empirismus]]: {{"|Das war übrigens die Haltung bei all meinen Diskussionbeiträgen: die Wissenschaft ist die Grundlage des Wissens, Wissen ist empirisch, nicht-empirische Überlegungen sind entweder Logik oder Unsinn.}}<ref>''Zeit'', S. 95.</ref>


{{Zitat|Ähnliches wird durch Ähnliches behandelt und nicht Gegensätze durch Gegensätze.|Autor=Theophrast von Hohenheim (1493–1541)|ref=<ref>{{Literatur|Autor=Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, [[w:Gundolf Keil|Gundolf Keil]], Wolfgang Wegner |Titel=Enzyklopädie Medizingeschichte|Verlag=Walter de Gruyter|Jahr=2004|ISBN=3-11-015714-4 | {{Google Buch|BuchID=LLoOUP-y54YC|Seite=1332}}}}</ref>}} Auch wurden im Mittelalter Amulette zur Heilung in Form von Pflanzen getragen, die mittels Ähnlichkeitsprinzip, nach Name oder Form der Pflanze, Körperteilen zugeordnet wurden (→[[Signaturenlehre]]).
Entscheidend für Feyerabends weitere Entwicklung wurde das [[Wikipedia:Europäisches Forum Alpbach|Forum Alpbach]], an dem er 1948 erstmals teilnahm. In Alpbach lernte Feyerabend [[Wikipedia:Hanns Eisler|Hanns Eisler]], [[Wikipedia:Bertolt Brecht|Bertolt Brecht]] und nicht zuletzt [[Karl Popper]] kennen. Das Angebot, bei Brecht als Assistent zu arbeiten, schlug Feyerabend aus.<ref>''Zeit'', S. 101.</ref> Stattdessen wollte er nach seiner Promotion 1951 mit einem Stipendium des [[Wikipedia:British Council|British Council]] bei Wittgenstein in Cambridge studieren. Da Wittgenstein jedoch 1951 verstarb, ging Feyerabend zu Popper an die [[Wikipedia:London School of Economics and Political Science|London School of Economics and Political Science]]. Der Einfluss Poppers wurde in mehrfacher Hinsicht bestimmend für Feyerabends philosophische Entwicklung. Zunächst übernahm er den [[Falsifikationismus]] und wurde tief von Poppers Denken geprägt. Später wandte er sich jedoch von Poppers [[Kritischer Rationalismus|kritischem Rationalismus]] ab und machte ihn zum Hauptgegner des eigenen wissenschaftstheoretischen Anarchismus.


Die Entwicklung zum zentralen Prinzip der Homöopathie geht unter anderem auf einen Selbstversuch Hahnemanns zurück, mit dem er herausfinden wollte, wie die damals schon als Mittel gegen Malaria bekannte [[Wikipedia:Chinarinde|Chinarinde]] wirkt („[[#Der Chinarindenversuch – Die Geburtsstunde der Homöopathie?|Chinarindenversuch]]“).<ref name="juette96" /><ref>Georg Bayr: ''Hahnemanns Selbstversuch mit der Chinarinde 1790. Die Konzipierung der Homöopathie'', Haug, Heidelberg 1989, ISBN 3-8304-0210-4</ref> Nach sechs Jahren weiterer [[Experiment]]e an sich und seinen Familienmitgliedern mit anderen Substanzen formulierte Hahnemann 1796 das Ähnlichkeitsprinzip der Homöopathie in Form eines [[Axiom|Postulats]], veröffentlicht in [[Wikipedia:Christoph Wilhelm Hufeland|Christoph Wilhelm Hufeland]]s ''Journal der praktischen Arzneikunde''. Hahnemann schrieb hierzu in seinem Grundlagenwerk der Homöopathie, dem [[Organon der Heilkunst]]:
=== Von Bristol nach Berkeley ===
{{Zitat|Durch Beobachtung, Nachdenken und Erfahrung fand ich, daß im Gegentheile von der alten [[Allopathie|Allöopathie]] die wahre, richtige, beste Heilung zu finden sei in dem Satze: Wähle, um sanft, schnell, gewiß und dauerhaft zu heilen, in jedem Krankheitsfalle eine Arznei, welche ein ähnliches Leiden für sich erregen kann, als sie heilen soll!|Autor=Samuel Hahnemann|Titel=Organon der Heilkunst, 6. Auflage|ref=<ref>{{Internetquelle |url=http://homeoint.org/books4/organon/einleitung.htm |titel=Organon der Heilkunst, 6. Auflage |zugriff=2010-03-18}}</ref>}}
1955 bekam Feyerabend seine erste akademische Stelle an der [[Wikipedia:University of Bristol|University of Bristol]], wo er eine Vorlesung über Wissenschaftstheorie zu halten hatte. Die Stelle war wohl nicht zuletzt dem Einfluss Poppers zu verdanken, allerdings zeigten sich nach Feyerabend erste Brüche: [[Wikipedia:John Watkins|John Watkins]] ''{{"|[…] ging mit ernstem Gesicht auf und nieder und hielt mir eine Strafpredigt, weil ich ein schlechter Popperianer war: zu wenig Popper im Text meiner Aufsätze und schon gar keinen Popper in den Fußnoten. Als ich ihm dann im Detail erklärte, daß man an einigen Stellen doch ein bißchen Popper herauslesen konnte, gab er einen Seufzer der Erleichterung von sich, führte mich ins Wohnzimmer und erlaubte mir zu essen.}}''<ref>''Zeit'', S. 149.</ref> Feyerabends Schriften der 1950er und frühen 1960er Jahre sind dennoch stark durch Poppers [[Falsifikationismus]] geprägt.<ref>Ein gutes Beispiel ist folgende Kritik am Positivismus: ''{{"-en|An Attempt at a Realistic Interpretation of Experience.}}'' 1958.</ref> Während seiner Zeit in Bristol heiratete Feyerabend zum zweiten Mal, die Ehe wurde jedoch, wie auch schon die erste, schnell geschieden. In dieser Situation war Feyerabend glücklich, dass ihm 1958 das Angebot gemacht wurde, ein Jahr an der [[Wikipedia:University of California, Berkeley|University of California]], zu verbringen.


Voraussetzungen für die Anwendung des Ähnlichkeitsprinzips in der Homöopathie sind zum einen die Kenntnis der Wirkung der homöopathischen Mittel (siehe „Homöopathische Arzneimittelprüfung“) und zum anderen die exakte Erfassung des Symptombildes des Patienten in der homöopathischen Anamnese (siehe „Wahl des Mittels“).<ref name="Geissler" />
Berkeley wurde für über 30 Jahre zum Hauptwohnsitz von Feyerabend. Der Wechsel von Europa in die USA war auf verschiedene Weisen prägend: Zunächst kam Feyerabend insbesondere durch seine Besuche am [[Wikipedia:Minnesota Center for the Philosophy of Science|Minnesota Center for the Philosophy of Science]] schnell in engen Kontakt mit der amerikanischen Philosophieszene. Unter den Bekanntschaften waren zum einen viele alte Vertreter des Wiener Kreises wie [[Wikipedia:Herbert Feigl|Herbert Feigl]], [[Wikipedia:Rudolf Carnap|Rudolf Carnap]] und [[Wikipedia:Carl Gustav Hempel|Carl Gustav Hempel]], zum anderen jüngere Vertreter der amerikanischen [[Analytische Philosophie|analytischen Philosophie]] wie [[John Searle]] und [[Wikipedia:Hilary Putnam|Hilary Putnam]]. 1965 veröffentlichte Feyerabend seine erste ausführliche, wissenschaftstheoretische Schrift, ''Problems of Empiricism''.<ref>''Problems of Empiricism. Beyond the Edge of Certainty: Essays in Contemporary Science and Philosophy'', ed. R.G. Colodny (New Jersey: Prentice-Hall, 1965), S. 145–260.</ref> Dieser lange Essay enthält bereits viele radikale Überlegungen, basiert jedoch auf einem philosophischen [[Realismus (Philosophie)|Realismus]] und führte Feyerabend noch nicht zu einer unbedingten Konfrontation mit der zeitgenössischen Wissenschaftsphilosophie.


Die scheinbare Beliebigkeit des Ähnlichkeitsprinzips, das nach [[Reduktionismus|reduktionistisch]]-[[wissenschaft]]licher Sicht nicht [[rational]] nachvollziehbar sei, wurde bereits von Zeitgenossen Hahnemanns kritisiert.<ref name="warentest">Krista Federspiel, Vera Herbst: ''[[w:Stiftung Warentest|]]. Die andere Medizin. Nutzen und Risiken sanfter Heilmethoden.'' Stiftung Warentest, 2006, ISBN 3-937880-35-6.</ref>
Des Weiteren war das politische Klima Berkeleys und der [[Wikipedia:San Francisco Bay Area|San Francisco Bay Area]] prägend: 1964 machte die [[Wikipedia:Free Speech Movement|Free Speech Movement]] Berkeley zum linksrevolutionären Zentrum der USA, drei Jahre später war die Hippiebewegung im benachbarten San Francisco mit dem [[Wikipedia:Summer of Love|Summer of Love]] auf ihrem Höhepunkt angelangt. Feyerabend hat in seinen Schriften immer wieder betont, dass die Erfahrungen mit den politischen Bewegungen und der Multikulturalität der Bay Area seine philosophischen Gedanken stark geprägt haben. So erklärt er etwa in Bezug auf die multikulturelle Studentenschaft: ''{{"|Wer war ich, um diesen Menschen zu erklären, was und wie sie denken sollten? Ich hatte keine Ahnung von ihren Problemen, obwohl ich wusste, dass sie viele Probleme hatten. Ich kannte nicht ihre Interessen, ihre Gefühle, ihre Ängste, ihre Hoffnungen […]. Denn diese Aufgabe [gemeint ist das Dozieren der Tradition des westlichen Rationalismus] war die eines gebildeten und vornehmen Sklavenhalters. Und ein Sklavenhalter wollte ich nicht sein.}}''<ref>EffM, S. 233 f.</ref>


=== Homöopathische Arzneimittelprüfung ===
Feyerabends lange Zeit in Berkeley änderte jedoch nichts an seiner Rastlosigkeit und der Unzufriedenheit mit seiner neuen Heimat. Über die Jahre nahm er viele (Gast-)Professuren an, ohne jedoch an einem Ort vollständig zufrieden zu sein. Längere Zeit verbrachte er in London und Berlin, wo er ebenfalls mit den Studentenbewegungen in Kontakt kam. Weitere Stationen waren Auckland, Kassel, Sussex und Yale.
[[Datei:HomeopathicSetBedfordMuseum.JPG|miniatur|Historisches Homöopathieset]]
Homöopathische Arzneimittelprüfungen werden bis heute nach Hahnemanns Vorgaben durchgeführt: Homöopathische Prüfer, die gesund sein müssen, nehmen ein Mittel ein und notieren anschließend alle Veränderungen und Reaktionen, die sie an sich feststellen.


Die aufgezeichneten Symptome mehrerer solcher Prüfungen werden zu einem sogenannten homöopathischen ''Arzneimittelbild'' zusammengefasst und in Verzeichnissen geordnet. Je nach Ordnungskriterium handelt es sich dabei entweder um sogenannte ''Arzneimittellehre''n (nach Mitteln geordnet) oder um sogenannte [[Wikipedia:Repertorium (Homöopathie)|Repertorien]], die nach Symptomen zusammengestellt werden<ref>{{Literatur
=== Der Anarchist in der Wissenschaftstheorie ===
| Autor  = Christoph Trapp
In den 1960er Jahren hatte Feyerabend einige unkonventionelle Ideen publiziert, sich langsam vom kritischen Rationalismus gelöst und sich in Berkeley mit seinem unsteten Lehrstil einige Feinde gemacht. Insgesamt hatte er sich jedoch eine Reputation als ernstzunehmender und geachteter Wissenschaftstheoretiker erarbeitet. Die folgenden Jahre sollten diese Situation verändern. 1970 veröffentlichte Feyerabend einen Aufsatz mit dem Titel ''Against Method'', in dem er die bekannten wissenschaftstheoretischen Methodologien angriff.<ref>Paul Feyerabend: ''Against Method''. In: ''Minnesota Studies in the Philosophy of Science. Theories & Methods of Physics and Psychology''. 1970, S. 17–130.</ref> Seine Position entwickelte sich von einem liberalen und realistischen Methodenpluralismus zu einem relativistischen Angriff auf die Methodologie im Allgemeinen.
| Titel  = Homöopathie besser verstehen: Was sie ist. Wie sie wirkt. Wo sie hilft.
| Verlag = Georg Thieme Verlag
| ISBN  = 3-8304-2096-X
| Jahr  = 2003
| Online =
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}}</ref><ref name="Illing">{{Literatur
| Autor  = Kurt-Hermann Illing
| Titel  = Homöopathie für Anfänger
| Verlag = Georg Thieme Verlag
| ISBN  = 3-7760-1309-5
| Jahr  = 1992
| Online =
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}}</ref><!-- welche seite? so bringt das nix!-->


Hahnemann selbst hatte schon im Jahre 1805 Wirkungen von 27 verschiedenen Mitteln an gesunden Menschen beschrieben<ref>Samuel Hahnemann: ''Fragmenta de viribus medicamentorum positivis sive in sano corpore humano observatis.'' 1805; Neuauflage BiblioBazaar, LLC 2009, ISBN 1-103-22585-5</ref><ref>''Samuel Hahnemann – Eine kurze Biographie über sein Leben & Schaffen.'' S. 10, [http://www.higher-solutions-for-your-health.com/support-files/biographie_samuel_hahnemann.pdf online] (PDF-Dokument; 573 kB)</ref>. Er betonte, dass sämtliche Befindlichkeiten der [[Wikipedia:Proband|Proband]]en während der Wirkungszeit des Mittels als durch dieses ursächlich hervorgerufen gelten müssten, selbst wenn der Prüfer Ähnliches in anderen Zusammenhängen beobachtet habe
Mit seinem Freund [[Wikipedia:Imre Lakatos|Imre Lakatos]] plante Feyerabend eine gemeinsame Publikation zur Methodendebatte in der Wissenschaftstheorie. Lakatos sollte die Methode der [[Falsifikation]] gegen Feyerabends wütende Attacken auf jede Form von methodologischen Regeln verteidigen. Lakatos verstarb allerdings 1974 und Feyerabend veröffentlichte seine Kritik unter dem Titel ''Against Method. Outline of an anarchistic Theory of Knowledge'' als Monographie. Das Buch machte Feyerabend mit dem Slogan „[[Wikipedia:anythong goes|anything goes]]“ über die Grenzen der Wissenschaftstheorie bekannt. In einer der positiveren Rezensionen des Buches finden sich häufig angeführte Bedenken: ''{{"|Wider den Methodenzwang ist ein gutes Buch, vielleicht sogar ein großes. Es ist voll mit Widersprüchen, Über- und Untertreibungen und genügend Ad-hominem-Angriffen, um sogar dem liberalsten Studenten einen rhetorischen Hirnschlag zu verpassen.}}''<ref>Übersetzt von: ''{{"-en|Against Method is a good book, possibly a great one. It’s full of contradictions, over- and understatements, and enough ad hominem statements to give even the most liberal student rhetoric apoplexy.}}'' In: Ian Mitroff: ''Review of: Against Method, Outline of an Anarchistic Theory of Knowledge''. In: ''Contemporary Sociology'' 1976, S. 347.</ref>
<ref>Samuel Hahnemann: ''[[Wikipedia:Organon der Heilkunst|]]'', 6. Auflage, [http://homeoint.org/books4/organon/org120.htm#p138 §138]: "Alle Beschwerden, Zufälle und Veränderungen des Befindens der Versuchsperson während der Wirkungsdauer einer Arznei […] rühren bloß von dieser her und müssen als deren eigentümlich zugehörig, als ihre Symptome angesehen werden und aufgezeichnet werden; gesetzt auch die Person hätte ähnlich Zufälle vor längerer Zeit bei sich von selbst wahrgenommen."</ref>.


=== Homöopathische Anamnese ===
Plötzlich fand sich Feyerabend in der Rolle des Hauptgegners der etablierten wissenschaftsphilosophischen Ansätze wieder. Er hatte offenbar nicht mit einer so breiten und heftigen Reaktion gerechnet und empfand die oft scharfe Ablehnung seines Werkes als verletzend: ''{{"|Mein Privatleben war ein Scherbenhaufen, ich war ohne Schutz. Ich habe oft gewünscht, daß ich dieses verfluchte Buch [englisch: „fucking book“] nie geschrieben hätte.}}''<ref>''Zeit'', S. 200.</ref> Als Reaktion auf die Kritik entstand ''[[Wikipedia:Erkenntnis für freie Mensche|Erkenntnis für freie Menschen]]'', ein Buch, das selbst wiederum scharfe Angriffe und ein leidenschaftliches Bekenntnis zum Relativismus enthielt. Zudem vertiefte Feyerabend seine politische Theorie, die gegen die Macht moderner Technik und Wissenschaft gerichtet war.
Bei der homöopathischen [[Anamnese]] eines Patienten, d.&nbsp;h. einer Beobachtung und Befragung, wird versucht, das gesamte Symptombild und die Art der „Verstimmung der Lebenskraft“ zu erfassen. Im Unterschied zur Anamnese in der naturwissenschaftlichen Medizin wird in der homöopathischen Anamnese der Patient auch über eine Vielzahl von Sachverhalten befragt, die aus naturwissenschaftlicher Sicht unerheblich sind. Ziel ist es, dasjenige Mittel herauszufinden, bei welchem die beim gesunden Menschen beobachteten Symptome möglichst mit denen übereinstimmen, die bei der Anamnese des Kranken erfasst wurden (Repertorisierung, Repertorisation).<ref>[http://www.homoeopathie-ausbildungen.de/homoeopathische-anamnese.htm Homöopathische Anamnese]</ref><ref>{{Literatur
| Autor  = Willibald Gawlik
| Titel  = Die homöopathische Anamnese
| Verlag = Georg Thieme Verlag
| ISBN  = 3-7773-1381-5
| Jahr  = 2001
| Online =
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  | Linktext = Volltext
  }}<!--welche seite? so bringt die quelle nix!-->
}}</ref><ref>{{Literatur
| Autor  = Jan Geissler, Thomas Quak
| Titel  = Leitfaden Homöopathie
| Verlag = Elsevier, Urban & Fischer Verlag
| ISBN  = 3-437-56351-3
| Jahr  = 2005
| Online =
  {{Google Buch
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  | Seite = 90
  }}
}}</ref><ref>Caroline Eyles, Geraldine M. Leydon, George T. Lewith, Sarah Brien: ''A Grounded Theory Study of Homeopathic Practitioners' Perceptions and Experiences of the Homeopathic Consultation.'' Evid Based Complement Alternat Med 2011, Epub 30. September 2010, PMID 20981269, {{DOI|10.1155/2011/957506}}</ref>


=== Potenzierung ===
=== Späte Jahre ===
→ ''Hauptartikel: [[Potenzieren (Homöopathie)]]''
Feyerabends späte Jahre werden von ihm selbst als seine glücklichsten beschrieben. Über die 1980er Jahre lehrte Feyerabend abwechselnd in Berkeley und an der ETH Zürich, eine Situation, die er sehr genoss. Zudem lernte er 1983 Grazia Borrini bei einer Vorlesung kennen. Sie heirateten sechs Jahre später und blieben bis zu Feyerabends Tod zusammen. Es war Feyerabends vierte Ehe.


Ein weiterer Grundsatz der Homöopathie ist die Verwendung „potenzierter“ Mittel. Unter [[Potenzieren (Homöopathie)|Potenzierung]] ist die starke Verdünnung bei gleichzeitiger „Dynamisierung“ ([[Verschüttelung]] oder [[Potenzieren (Homöopathie)#Verreibung (Trituration)|Verreibung]] siehe unten) zu verstehen. Die Mittel werden durch stufenweise durchgeführtes Potenzieren aus „[[Urtinktur]]en“ (pflanzlichen und tierischen Ursprungs: Symbol: Ø oder [[mineral]]ischen und [[Chemie|chemischen]] Ursprungs: Symbol O) und aus Verdünnungsmitteln wie [[Ethanol]], [[Destilliertes Wasser|destilliertem Wasser]], [[w:Glycerin|Glycerin]] und [[Milchzucker]] hergestellt. Homöopathische Mittel werden flüssig (Dilution) oder als [[Globuli]], in tiefen Potenzen auch in Form von [[w:Tablette|Tablette]]n angewendet.<ref name="RoBoSt" />
Nach dem Erdbeben von San Francisco 1989 zog sich Feyerabend endgültig aus Kalifornien zurück, ein Jahr später wurde er auch an der ETH Zürich emeritiert. ''{{"|Ich vergaß die 35 Jahre meiner akademischen Karriere fast so schnell wie ich den Militärdienst vergessen hatte. Heute fällt es mir schwer zu glauben, daß ich noch vor fünf Jahren an zwei wissenschaftlichen Institutionen, einer in Europa, einer in Kalifornien, unterrichtet habe.}}''<ref>''Zeit'', S. 229.</ref> In den 1980er und 1990er Jahren hat Feyerabend eine große Zahl an Aufsätzen publiziert, seine letzte große Arbeit sollte die Autobiographie ''Zeitverschwendung'' (Originaltitel: ''Killing Time'') werden, an der er bis kurz vor seinem Tode schrieb. 1993 wurde bei Feyerabend ein Hirntumor diagnostiziert; am 11. Februar 1994 starb er in einer Klinik am Genfersee. Er erhielt ein ehrenhalber gewidmetes Grab auf dem Südwestfriedhof in Wien.


Hahnemann führte die Potenzierung um 1798 ein.<ref>{{Literatur
== Wissenschaftstheoretische Ansichten ==
| Autor  = Kathrin Schreiber
Zu Beginn seiner wissenschaftstheoretischen Laufbahn vertrat Feyerabend die Ansichten Karl Poppers bzw. des kritischen Rationalismus. Seine Beiträge kritisierten den von positivistischer Seite behaupteten Dualismus von Theorie- und Beobachtungssprache und die Annahme, es gebe atheoretische, d.h. nicht theoriegetränkte Beobachtungsbegriffe.<ref>zur Frage der Dispositionsbegriffe: Paul Feyerabend: ''Das Problem der Existenz theoretischer Entitäten,'' in: Ernst Topitsch (Hg.): ''Probleme der Wissenschaftstheorie. Festschrift für Viktor Kraft''. Wien 1960</ref> Aus dem Erfordernis kontra-induktiver und kontra-intuitiver Widerlegungsversuche leitete er ab, dass die Prüfung durch alternative Theorien einen Theorienpluralismus benötige.<ref> Paul Feyerabend: ''How to be a Good Empiricist'', in: Bernard Baumrin (Hg.): ''Philosophy of Science, The Delaware Seminar 2''. New York 1963</ref>
| Titel  = Samuel Hahnemann in Leipzig: die Entwicklung der Homöopathie zwischen 1811 bis 1821: Förderer, Gegner und Patienten
| Verlag = Georg Thieme Verlag
| ISBN  = 3-8304-7163-7
| Jahr  = 2002
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}}</ref> Nach seinen Anweisungen wurden Homöopathika in Hunderterschritten potenziert („C-Potenzen“). Das heute gebräuchlichere Dezimalsystem zur Potenzierung und Bezeichnung der Potenzen, z.&nbsp;B. D10, wurde vom Heilpraktiker und späteren Arzt [[w:Arthur Lutze|Arthur Lutze]] entwickelt und von Constantin Hering in die Behandlung eingeführt.<ref>{{Literatur
| Autor  = Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner
| Titel  = Enzyklopädie Medizingeschichte
| Verlag = Walter de Gruyter
| ISBN  = 3-11-015714-4
| Jahr  = 2004
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}}</ref><ref name="Frass">{{Literatur
| Autor  = Michael Frass
| Titel  = Homöopathie in der Intensiv- und Notfallmedizin
| Verlag = Elsevier, Urban & Fischer Verlag
| ISBN  = 3-437-57260-1
| Jahr  = 2007
| Online =
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}}</ref>


Aus der Sicht der Homöopathen ist die Wirkung einer bloßen Verdünnung nicht mit der eines potenzierten, also verschüttelten oder verriebenen Mittels vergleichbar. Schon im ''Organon der Heilkunst'' (Anmerkung zu §&nbsp;11) wurde die Wirkung eines potenzierten Mittels nicht der körperlichen Substanz oder physischen Wirkung eines [[Arzneistoff]]es, sondern einer immateriellen, daraus freigewordenen „spezifischen Arzneikraft“ zugeschrieben.<ref>Samuel Hahnemann: ''[[Organon der Heilkunst]].'' [http://homeoint.org/books4/organon/org000.htm#p11 §11]</ref> Homöopathen, die sogenannte Hochpotenzen anwenden, nehmen an, bei der Potenzierung, auch Dynamisierung genannt, werde durch die Energiezufuhr beim Verschütteln oder Verreiben eine Information an das Lösungsmittel abgegeben und bei jedem Potenzierungsschritt verstärkt, auch wenn keine [[Molekül]]e des Arzneimittels mehr in der Lösung vorhanden sind.<ref>E. J. Verspohl: Vorlesung Homöopathie – Pro und Kontra aus pharmakologischer Sicht [http://www.uni-duesseldorf.de/kojda-pharmalehrbuch/fortbildungkoeln/Verspohl_HomoeopathieKoeln.pdf online] (PDF; 141&nbsp;kB)</ref><ref>{{Literatur
Um 1968 radikalisierte sich Feyerabends Wissenschaftsauffassung; fortan verstand er bestimmte Vernunftskriterien nur noch als eine mögliche Alternative unter vielen („anything goes“). Nach dieser wissenschaftstheoretischen [[Wikipedia:Katharsis (Psychologie)|Katharsis]] trat Feyerabend als Kritiker des Rationalismus auf, insbesondere der vorherrschenden Wissenschaftstheorie und Methodologie. So bezeichnete er etwa den kritischen Rationalismus zuweilen als „Law-and-Order-Rationalismus”. Feyerabend rebellierte gegen einen von ihm wahrgenommenen orthodoxen [[Dogmatismus]] der Wissenschaft, wobei er bewusst provokativ äußerte, Regentänze seien genauso gut wie Wettervorhersagen, Wahlprognosen nicht besser als Astrologie. Feyerabend sah Wissenschaft, neben beispielsweise Religion oder Kunst, nur als eine von vielen Möglichkeiten, [[Erkenntnis]] zu gewinnen. Den verschiedenen Zugängen zur Wahrheit eine feste Wertigkeit zuzuordnen, ist nach Feyerabend nicht möglich, teilweise auch deswegen, weil diese Wahrheitszugänge untereinander [[Wikipedia:Inkommensurabilität (Wissenschaftstheorie)|inkommensurabel]] seien.
| Autor  = Helga Richter, Max Haidvogl
| Titel  = Homöopathie für Frauenärzte
| Verlag = Georg Thieme Verlag
| ISBN  = 3-7773-1457-9
| Jahr  = 2000
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}}</ref> Nach Ansicht von Gegnern gebe es allerdings keine Belege für die Existenz der postulierten immateriellen Energiezufuhr durch die angeführten mechanischen Prozeduren. Die so hergestellten Lösungen würden sich sich nicht von einfach nur verdünnten Lösungen unterscheiden.<ref name="RainerWolf" /> Dass dieses auch in Fachkreisen immer noch verbreitete Vorurteil wissenschaftlich nicht haltbar ist, hat u.a. der [[Chemiker]] [[Viktor Gutmann]] an der [[Wikipedia:Technische Universität Wien|Technischen Universität Wien]] schon gegen Ende des [[20. Jahrhundert]]s festgestellt. Die Fehleinschätzungen beruhen auf einem zu stark vereinfachenden [[Modell (Wissenschaft)|Modell]] des [[Aggregatzustand|flüssigen Zustands]], das reale Substanz-Lösungen nicht hinreichend genau beschreibt. Auf Basis der experimentellen Befunde konnte Gutmann im Rahmen eines erweiterten Modells theoretisch klären, ''wie'' die [[Struktur]] der Urtinktur die Lösungsmittelstruktur messbar verändert wird. Aufgrund molekularer Systemorganisation durch die hierarchisch geordneten Strukturebenen des Lösungsmittels wird die Struktur beim Potenzieren nicht nur dynamisch stabilisiert, sondern darüber hinaus sogar noch schärfer herausgearbeitet<ref>[[Viktor Gutmann]], Gerhard Resch: ''Lecture Notes on Solution Chemistry'', World Scientific Pub Co Inc 1995, ISBN 978-9810222581</ref>. Dabei spielen auch die gelösten Gase und die [[Energie]]übertragung beim Verschütteln oder Verreiben eine entscheidende Rolle<ref>Gerhard Resch, [[Viktor Gutmann]]: ''Die wissenschaftlichen Grundlagen der Homöopathie'', Barthel&Barthel Verlag, Schäftlarn 1986 ISBN 978-3-88950-025-0</ref>.  


Als Versuch der Erklärung eines „Gedächtniseffekts von Wasser“ werden von einigen Forschern [[Strukturiertes Wasser|strukturelle Veränderung am Wasser]] als Lösungsmittel angeführt.<ref>Lionel R. Milgrom: ''Homeopathy, fundamentalism, and the memory of water.'' Curr Oncol 14 (2007), 221–222, PMID 18080011, [http://www.ncbi.nlm.nih.gov/sites/ppmc/articles/PMC2133095/ online]</ref><ref>Martin F. Chaplin: ''The Memory of Water: an overview'', in: ''Homeopathy'' (2007) 96, pp. 143–150 {{DOI|10.1016/j.homp.2007.05.006}} [http://www.doktor-quak.de/wp-content/uploads/2014/01/The-Memory-of-Water-an-overview.pdf pdf]</ref> Diese Gedächtnisfunktion wird vielfach angezweifelt und sei nicht mit den naturwissenschaftlichen Erkenntnissen über Wasser vereinbar.<ref>J. Teixeira: ''Can water possibly have a memory? A sceptical view.'' Homeopathy 96 (2007), 158-62, PMID 17678811</ref>
Nach Feyerabend lässt sich aus der [[Wissenschaftsgeschichte]] der Schluss ziehen, dass die Praxis des Erkenntnisgewinns und der Erkenntnisveränderung in oftmals irrationaler und anarchischer Weise bestehende wissenschaftstheoretische Grundsätze verletzt hat und eben darum erfolgreich war. Feyerabend betont die Bedeutung von Intuition und Kreativität als Voraussetzung des Erkenntnisgewinns und Erkenntnisfortschritts, beide dürften nicht durch eine bestimmte dogmatische Rationalität und wissenschaftstheoretisch-methodologische Regeln und Zwänge, die ihrerseits nicht sakrosankt seien, sondern vielmehr im Erkenntnisprozess einem Wandel unterlägen, nutzlos und in irreführender Weise eingeschränkt werden. So prägte er den Begriff der Anti-Regel, die eine [[Wikipedia:Regel (Richtlinie)|Regel]] bezeichnen soll, die der [[Induktion (Philosophie)|Induktion]] widerspricht. Der [[Wissenschaftler]] soll sich nicht scheuen, methodische Regeln aufzustellen, die zu [[Hypothese]]n führen, die anerkannten [[Theorie]]n und beobachtbaren Tatsachen widersprechen. Für diese radikale Linie Feyerabends gab es in der Wissenschaftsgeschichte bereits Anknüpfungspunkte, etwa David Brewster, als er sich 1831 kritisch mit der Methodologie von Francis Bacon auseinandersetzte:
:''„The process of Lord Bacon was, we believe, never tried by any philosopher but himself. ... This example, in short, of the application of his system, will remain to future ages as a memorable instance of the absurdity of attempting to fetter discovery by any artificial rules.“''<ref>So formuliert in seinem Buch ''Life of Sir Isaac Newton'' (London 1831). Siehe dazu Franz Graf-Stuhlhofer: ''David Brewster - ein „Vorläufer“ von Paul Feyerabend'', in: Mitteilungen der Österreichischen Gesellschaft für Wissenschaftsgeschichte 27 (2010) 167f.</ref>


Das Wirkungsprinzip homöpathischer Arzneimittel wird mit den genannten Untersuchungen allerdings nicht erfasst, sondern nur eine mögliche [[physik]]alische Grundlage aufgezeigt.  
Feyerabend forderte eine scharfe Trennung von Staat und Wissenschaft, darüber hinaus wandte er sich gegen jeden Überlegenheitsanspruch von Wissenschaftlern gegenüber „Normalbürgern“. Sein Ziel war eine freie Gesellschaft, in der Bürger und Politiker direkt, ohne weitere administrative Umwege über abstrakte Theorien, am Erkenntnisprozess teilhaben. Eine objektive, von Lebens- und Erfahrungspraxis in einer freien Gesellschaft abgetrennte (und damit die bislang herrschende) Rationalität – in Form der Logik, Wissenschaftstheorie und bestimmter Sozialtheorien – sollte durch eine Beteiligung der Bürger ersetzt werden.


Den experimentellen Nachweis der tatsächlichen Wirksamkeit kleinster Entitäten hat [[Lili Kolisko]] schon [[Wikipedia:1923|1923]] mit der von ihr entwickelten [[Steigbildmethode]] erbracht<ref>[[Lili Kolisko]]: ''Physiologischer und physikalischer Nachweis der Wirksamkeit kleinster Entitäten 1923–1959'', Stuttgart 1959</ref>.  
== Feyerabends Kritik am Kritischen Rationalismus ==
Für Feyerabend ist „vernünftig“ etwas anderes als das, was Popper darunter versteht. Und Wissenschaft funktioniert nach ihm anders, als Poppers methodologische Untersuchungen dies nahelegten: Wissenschaftler stellen selbst fest, nach welchen Maßstäben eine bestimmte Wissenschaft abzulaufen hat, und wann es erforderlich ist, nicht nur Theorien, sondern auch methodologische Grundsätze und Regeln abzuändern oder auszuwechseln. Feyerabend liest die Wissenschaftsgeschichte gegen Poppers „Strich“; er belegt an vielen Beispielen, dass sich Wissenschaftler in Wirklichkeit häufig nicht an feste Regeln halten und dennoch oder gerade deswegen zum Erfolg gelangen. Besser, als sich auf die Schaffung einer bestmöglichen Methodologie zu konzentrieren, sei es demnach, sich grundsätzlich opportunistisch zu verhalten, überspitzt formuliert: Alles geht! Feyerabends Anarchismus verkündet nicht die Regellosigkeit oder Chaos als Zielsetzung, sondern fordert neben einem [[Wikipedia:Theorienpluralismus|Theorienpluralismus]] genauso einen Pluralismus der Methoden unter der Flagge eines [[Wikipedia:Methodenanarchismus|Methodenanarchismus]].


[[Harald Walach]] entwickelte zusammen mit [[Harald Atmanspacher]] und [[Hartmann Römer]] das über den [[physik]]alischen Bereich hinausreichende formale Konzept einer ''„[[Schwache Quantentheorie|Schwachen Quantentheorie]]“''<ref>[[Harald Atmanspacher]], [[Hartmann Römer]], [[Harald Walach]]: ''Weak quantum theory: complementarity and entanglement in physics and beyond'', in: ''Foundations of Physics'', Band 32, 2002, S. 379–406, [http://arxiv.org/abs/quant-ph/0104109 Arxiv]</ref>, das von manchen Homöopathen herangezogen wird, um die Wirkungsweise hoöpathischer Arzneimittel zu erklären.<ref>C. W. Smith: ''Quanta and coherence effects in water and living systems.'' J Altern Complement Med 10 (2004), 69-78, PMID 15025880</ref><ref>Eva A. Richter-Kuhlmann: ''Homöopathie: „Keine Erfahrungsheilkunde, sondern Naturwissenschaft”.'' [[w:Deutsches Ärzteblatt|]] 100 (2003), A-1106, [http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=36607 online]</ref>
Feyerabend lehnt Poppers Präokkupation mit dem [[Wikipedia:Abgrenzungsproblem|Abgrenzungsproblem]] ab als direkten Weg in den Dogmatismus:


== Homöopathie in der Geschichte der Medizin ==
''„Kein Rationalist, kein kritischer Rationalist besitzt eine Einsicht in die Grenzen der Wissenschaften – dazu müsste er ja wissen, was außerhalb der Wissenschaften vorgeht, er müsste Mythen kennen, müsste ihre Funktion verstehen […] Man zeige einem kritischen Rationalisten einen Gegenstand, der außerhalb seiner Erfahrung liegt – damit kann er gar nichts anfangen, er benimmt sich wie ein Hund, der seinen Herrn in ungewöhnlichen Kleidern sieht; er weiß nicht, soll er ihn beißen, soll er davon laufen, oder soll er ihm das Gesicht lecken. Das ist auch der Grund, warum kritische Rationalisten an den Grenzen der Wissenschaft zu schimpfen beginnen – für sie ist das Ende ihres Glaubens erreicht und das einzige, was sie sagen können, ist: ‚irrationaler Unsinn‘ oder ‚ad hoc‘ oder ‚unfalsifizierbar‘ oder ‚degenerierend‘ – Bezeichnungen, die genau denselben Zweck haben wie die früheren Bezeichnungen ‚häretisch‘ etc. etc.“''<ref>Paul Feyerabend: ''Über die Methode. Ein Dialog.'' In: Gerard Radnitzky, Gunnar Andersson (Hgg.): ''Voraussetzungen und Grenzen der Wissenschaft''. Mohr, Tübingen 1981, ISBN 3-16-942722-9</ref>
[[Datei:Beydeman Gomeopatiya vzir.jpg|miniatur|Behandlung mit [[Wikipedia:Drastika|Drastika]] aus homöopathischer Sicht. Gemälde von [[Alexander Beydeman]] (1826–1869) aus dem Jahr 1857]]


Eine große Bedeutung für die [[Medizingeschichte|Geschichte der Medizin]] hat Hahnemann vor allem als scharfzüngiger Kritiker der zeitgenössischen Medizin, die zahlreiche überlieferte brachiale Methoden wie zum Beispiel [[Wikipedia:Aderlass|Aderlass]], [[Wikipedia:Ausleitende Verfahren|Brech- und Abführkuren]] und sogenannte [[Wikipedia:Drastika|Drastika]] nutzte:<ref name="puschmann">[[w:Max Neuburger|Max Neuburger]] / [[w:Julius Pagel|Julius Pagel]] (Hrsg): ''Handbuch der Geschichte der Medizin begründet von Th. Puschmann, weiland Professor an der Universität Wien.'' Bd. 2, Jena 1903, S. 122 f.</ref>
=== Antwort des kritischen Rationalismus auf Feyerabends Kritik ===
Nach David Miller merkt Feyerabend nicht, wie sehr seine Kritik in Wirklichkeit mit dem Kritischen Rationalismus konform geht, und ihm gar nicht widerspricht.<ref>''Critical Rationalism'', S. 27</ref> Feyerabend übersieht demnach, dass das Ziel von Methoden im kritischen Rationalismus überhaupt nicht die Begründung einer Wahl von Theorien oder Methoden ist, also keine Theorien oder Methoden durch Grenzziehungen von der Erörterung ausgeschlossen werden sollen. Er liegt also zwar insofern richtig, als die Wahl einer Methode nicht begründet werden kann, er liegt aber falsch in der Annahme, dass sie daher alle gleichrangig sein müssen. Denn die Wahl einer Methode hat objektive Konsequenzen, weil die Methode  Probleme, die sie lösen soll, gemäß ihren eigenen Maßstäben besser oder schlechter löst. Die Methode von Versuch und Irrtum, die nichts zu begründen versucht, funktioniert daher ebenso bei der Methodenauswahl und ist dabei auch auf sich selbst anwendbar. Performative Widersprüche treten nicht auf, weil Ziel nicht Selbstbegründung ist, sondern Selbstkritik.


{{Zitat|Es scheint das unselige Hauptgeschäft der alten Medicin zu sein, die Mehrzahl der Krankheiten, die langwierigen, durch fortwährendes Schwächen und Quälen des ohnehin schon an seiner Krankheitsplage leidenden, schwachen Kranken und durch Hinzufügung neuer, zerstörender Arzneikrankheiten, wo nicht tödtlich, doch wenigstens unheilbar zu machen, – und, wenn man dies verderbliche Verfahren einmal am Griffe hat, und gegen die Mahnungen des Gewissens gehörig unempfindlich geworden, ist dieß ein sehr leichtes Geschäft!|Autor=Samuel Hahnemann|ref=<ref>Samuel Hahnemann: ''[[Organon der Heilkunst]].'' 6. Auflage, [http://homeoint.org/books4/organon/vorworte.htm Vorwort]</ref>}}
Tatsächlich vertritt Feyerabend gemäß Miller selbst eine ähnliche Position, geht aber so weit, auch Methoden zulassen zu wollen, die sich gegen die Logik stellen und somit nur schwer zu kritisieren und auszusortieren sind, wenn sie fehlschlagen. In diesem Punkt unterscheidet sich Feyerabends Methodenanarchismus vom kritischen Methodenpluralismus des kritischen Rationalismus. Miller ist der Ansicht, dass Feyerabend kein wirkliches Argument gegen die Logik hat und – frei nach seinen eigenen Worten – ein Dieb ist, der seinem Diskussionsgegner erst die Logik stiehlt, um den Bestohlenen dann dafür zu kritisieren, dass er sie nicht mehr besitzt.


Gegen die traditionelle Medizin des 18. Jahrhunderts setzte Hahnemann die Idee und Praxis der Homöopathie mit dem Ziel, zu einer individualisierten und milden Behandlung zu gelangen. Er wollte damit zeigen, dass Krankheiten auch ohne die gewaltsamen Eingriffe, wie sie damals üblich waren, in [[Heilung]] enden können. Seine Anregung zu experimentellen Untersuchungen über die Arzneiwirkung im gesunden Menschen war neu. Die Ideen und Experimente der Homöopathie blieben, weil ihre Beweisverfahren zu weit von gewissenhafter Kritik, von naturwissenschaftlicher Logik und gründlicher Forschung entfernt waren, für die sich entwickelnde wissenschaftliche Medizin des 19. Jahrhunderts von geringer Bedeutung.<ref name="puschmann" /> Trotz zahlreicher Anläufe wurde die Homöopathie im 19. und 20.&nbsp;Jahrhundert an keiner deutschsprachigen [[w:Universität|Universität]] dauerhaft institutionalisiert. Die Einrichtung von [[w:Lehrstuhl|Lehrstühlen]] scheiterte am hartnäckigen Widerstand der [[w:Medizinische Fakultät|medizinischen Fakultäten]].<ref>Thomas Faltin: ''Christian Lucae: Homöopathie an deutschsprachigen Universitäten.'' ([http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?src=heft&id=16902 Buchbesprechung]), Deutsches Ärzteblatt 96 (1999), A-1098.</ref>
==Paul Feyerabends Bedeutung für die Anthroposophie==


Erste Hinweise auf die Arzneimittelprüfung am Gesunden finden sich 1790 in der als Fußnote eingeschobenen Schilderung des „Chinarindenversuchs“ in Hahnemanns Übersetzung von [[w:William Cullen|William Cullen]]s Arzneimittellehre.<ref>W. Cullen: ''Abhandlung über die Materia Medika, übersetzt und mit Anmerkungen versehen von S. H.'' Bd. 2, Leipzig 1790, S. 108–109.</ref>
Entsprechend der Forderung nach völliger Freiheit (Anarchie) für das Freie Geistesleben in der [[Soziale Dreigliederung|Sozialen Dreigliederung]] Rudolf Steiners, erfüllt die [[Wissenschaftstheorie]] nach Paul Feyerabend eine wesentliche Anforderung der [[Anthroposophie]], als Methode, an die Wissenschaftstheorie, indem mit der Anwendung dieser Methode des "Anything goes" ein Höchstmaß an [[Pluralismus]] innerhalb der Wissenschaften gewährleistet werden kann.


=== Hahnemanns ''Heilkunde der Erfahrung'' (1805) ===
"Im Wissenschaftsbereich hat das Recht auf Pluralismus zu herrschen, im Rechtsbereich dagegen die Pflicht zum Pluralismus. Nur bei dieser Unterscheidung ist der (wissenschaftstheoretische) [[Pluralismus]] überhaupt lebensfähig."<ref>Helmut Kiene: Komplementärmedizin - Schulmedizin. Der Wissenschaftsstreit am Ende des 20. Jahrhunderts, Schattauer Vlg., Stuttgart/New York 1994, S. 153</ref>


1805 formulierte Hahnemann seine Sichtweise in der Arbeit ''Heilkunde der Erfahrung''.<ref>Samuel Hahnemann: ''Heilkunde der Erfahrung''. In: [[w:Christoph Wilhelm Hufeland|Christoph Wilhelm Hufeland]]: ''Journal der practischen Arzneykunde und Wundarzneykunst.'' Bd. 22, 3. Stück: 5-99; L. W. Wittich, Berlin 1805.</ref><ref>A. Campbell: ''Homeopathy in Perspective: Myth and Reality'' (2004), S. 11–13; [http://web.archive.org/web/20060716031101/http://www.accampbell.uklinux.net/homeopathy/homeopathy-pdf/homeobook.pdf PDF (552 KB)]</ref> Er trat in dieser Schrift als eine Art Reformator auf,<ref>''Zwei Heiler, eine Mission.'' Natur+Kosmos 4 (2005), 48, [http://www.vithoulkas.com/files/pdf/DoppelportraitApril.pdf online] (PDF-Dokument; 181 kB)</ref><ref>{{Literatur
== Werke ==
| Autor  = F. A. Simon
=== Schriften ===
| Titel  = Samuel Hahnemann: Pseudomessias medicus
*''Zur Theorie der Basissätze''. Universität Wien, Diss., 1951 [http://www.univie.ac.at/ubwdb/data/nkn/m001/z024/h020/d0231979.gif Katalogzettel Universitätsbibliothek Wien]
| Verlag = Hoffmann u. Campe
*''Wider den Methodenzwang''. Suhrkamp (stw 597), Frankfurt am Main 1976, ISBN 3-518-28197-6
| ISBN  =  
*''Erkenntnis für freie Menschen''. Suhrkamp (Edition suhrkamp 1011), Frankfurt am Main 1979, ISBN 3-518-11011-X
| Jahr  = 1830
*''Wissenschaft als Kunst''. Suhrkamp (es 1231), Frankfurt am Main 1984, ISBN 3-518-11231-7
| Online =
*''Zeitverschwendung'' (Autobiographie). Suhrkamp, Frankfurt am Main 1995, ISBN 3-518-40693-0 (als Taschenbuch: ISBN 3-518-39222-0)
  {{Google Buch
*''Briefe an einen Freund''. Hg. v. Hans Peter Duerr. Suhrkamp (es 1946), Frankfurt am Main 1995, ISBN 3-518-11946-X
  | BuchID  = aRU4AAAAMAAJ&pg=PA246
*''Widerstreit und Harmonie. Trentiner Vorlesungen''. Hg. von Peter Engelmann. Passagen, Wien 1998, ISBN 3-85165-305-X
  | Linktext = S. 246
*''Conquest of Abundance''. Postum veröffentlicht von Bert Terpstra. Chicago 2001, ISBN 0-226-24534-9
  }}
*{{Literatur | Titel=Die Vernichtung der Vielfalt. Ein Bericht | Übersetzer=Volker Böhnigk und Rainer Noske | Originaltitel=Conquest of Abundance | Verlag=Passagen Verlag | Ort=Wien | Auflage=1. | Jahr=2005 | ISBN=978-3-85165-633-6 | Online=[http://www.libreka.de/9783851656336 Buchvorschau bei Libreka]}}
}}</ref> der die seit der [[Antike]] gewonnenen medizinischen Kenntnisse verwarf: „Zwei tausend Jahre wurden von den Aerzten verschwendet, um die unsichtbaren innern Veränderungen des Körpers bei den vorkommenden Krankheiten, ihre nächste Ursache und das apriorische Wesen derselben zu ergrübeln, weil sie wähnten, nicht eher heilen zu können, bis sie diese unmögliche Kenntniss ergrübelt hatten.“<ref name="hahnemann1805">Samuel Hahnemann: ''Heilkunde der Erfahrung.'' Berlin 1805. [http://www.zeno.org/Kulturgeschichte/M/Hahnemann,+Samuel/Heilkunde+der+Erfahrung/Heilkunde Volltext] bei [[Zeno.org]]</ref>
*(mit Hans Albert): ''Briefwechsel'', Bd. I: ''1958–1971'', hgg. v. Wilhelm Baum, Kitab Vlg., Klagenfurt/Wien 2008
*(mit Hans Albert): ''Briefwechsel'', Bd. II: ''1972-1986'', hgg. v. Wilhelm Baum u. Michael Mühlmann, Kitab Vlg., Klagenfurt/Wien 2009, ISBN 978-3-902585-27-1
*Helmut Heit und Eric Oberheim (Hrsg.): ''Naturphilosophie''. 1. Auflage. Suhrkamp, 2009, ISBN 3-518-58514-2. Veröffentlichung eines kürzlich im Philosophischen Archiv der Universität Konstanz gefunden Manuskripts aus den siebziger Jahren.
* Christian Augustin (Hg.): ''Aber ein Paul hilft doch dem Anderen. Briefwechsel Paul Feyerabend - Paul Hoyningen-Huene (1983-1994)''. 1. Auflage. Passagen Verlag, 2010, ISBN 3-851-65920-1. Veröffentlichung des Briefwechsels sowie Kommentare des Hg. zur Feyerabendbiographie incl. unveröffentlichter Archivdokumente.


Gegen eine Ergründung der Ursachen von Krankheiten setzte er seine Erfahrungsheilkunde: „Wenn wir aber auch die den Krankheiten zum Grunde liegenden, innern Körperveränderungen nie einsehen können, so hat doch die Uebersicht ihrer äussern Veranlassungen einigen Nutzen. Keine Veränderung entsteht ohne Ursache. Die Krankheiten werden ihre Entstehungsursachen haben, so verborgen sie uns auch in den meisten Fällen bleiben.“<ref name="hahnemann1805" />
=== Ton- und Bilddokumente ===
 
*''Philosophie Heute: Lieber Himmel – was ist ein Mensch?'' Paul Feyerabend im Gespräch mit Rüdiger Safranski. VHS-Video. Junius, Hamburg 1994 ([http://video.google.com/videoplay?docid=-5514176914063562445 online]).
Der Arzt habe die Rolle, eine Krankheit über ihre Symptome zu beschreiben: „Mit diesem sorgfältigen Eifer wird der Arzt das reine Bild der Krankheit aufgezeichnet, er wird die Krankheit selbst vor sich haben in Zeichen, ohne welche sich keine verborgene Eigenschaft der Dinge, und eben, so wenig eine Krankheit dem blos nach Wahrnehmungen seiner Sinne erkennenden, irdischen Menschen ausspricht.“<ref name="hahnemann1805" /> Die nachfolgende Aufgabe sei: „Ist die Krankheit gefunden, so müssen wir das Heilmittel suchen.“<ref name="hahnemann1805" />
*''Wissenschaftstheoretische Plaudereien. Originaltonaufnahmen 1971–1992'', hg. v. Klaus Sander. Audio-CD, 60 Minuten und Booklet, 24 Seiten. Supposé, Köln 2000, ISBN 3-932513-15-0
 
*''Stories from Paolino’s Tapes. Private Recordings 1985–1993'', hg. v. Grazia Borrini-Feyerabend und Klaus Sander. Audio-CD, 68 Minuten. Supposé, Köln 2001, ISBN 3-932513-19-3
1805 verwendete Hahnemann das Wort Homöopathie nicht, operierte aber mit Ähnlichkeiten von „Reizen“, die zu Krankheiten führen: „Blos jene Eigenschaft der Arzeneien, eine Reihe spezifischer Krankheitssymptomen im gesunden Körper zu erzeugen, ist es, wodurch sie Krankheiten heilen, das ist, den Krankheitsreiz durch einen angemessenen Gegenreiz aufheben und verlöschen können.“<ref name="hahnemann1805" />
 
Gegen diese Reize verwendete er Arzneimittel: „So gewiss jede Pflanzenart in ihrer äussern Gestalt, in der eigenen Art ihres Lebens, in ihrem Geschmacke, Geruche u.s.w. von einer andern Pflanzenart und Gattung – so gewiss jedes Mineral, jedes Salz in seinen äussern sowohl, als innern physischen Eigenschaften verschieden ist, so gewiss sind sie sämmtlich unter sich selbst, in ihren Arzneikräften, das ist, in ihrer krankmachenden Kraft verschieden; jede dieser Substanzen wirkt auf eine eigene, bestimmte Weise eine Abänderung unsers Gesundheitszustandes. Die meisten Substanzen des Thier- und Pflanzenreiches sind in ihrem rohen Zustande arzneilich, die aus dem Mineralreiche aber sowohl im rohen als im zubereiteten Zustande. Am reinsten zeigen die Arzeneimittel die Natur ihrer krankhaften Potenz und ihre absolute, wahre Wirkung im gesunden menschlichen Körper, wenn man jedes allein und unvermischt nehmen lässt.“<ref name="hahnemann1805" />
 
=== Der Chinarindenversuch – Die Geburtsstunde der Homöopathie? ===
Heutige Homöopathen sehen den [[Selbstversuch]] Hahnemanns mit [[w:Chinarinde|Chinarinde]] als Geburtsstunde der Homöopathie an, da er das Ähnlichkeitsprinzip (Simile-Prinzip) belege.<ref>{{Literatur
| Autor  = Norbert Enders, Maria Steinbeck, Eberhard Gottsmann
| Titel  = Homöopathie. Eine Einführung in Bildern
| Verlag = Georg Thieme Verlag
| ISBN  = 3-7760-1559-4
| Jahr  = 1996
| Online =
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  | Linktext = Volltext
  }}
}}</ref><ref name="Lochbrunner1">Birgit Lochbrunner: ''Samuel Hahnemanns Chinarindenversuch von 1790 – Zankapfel im Streit um die Homöopathie?'' [http://www.carstens-stiftung.de/wissen/hom/pdf/gesch_chinarinde_lochbrunner_jahrbuch_jb9.pdf online] (PDF-Dokument; 264 kB)</ref> {{Zitat|Ich nahm des Versuchs halber etliche Tage zweimahl täglich jedesmahl vier Quentchen gute China ein; die Füse, die Fingerspitzen, u.s.w. wurden mir erst kalt, ich ward matt und schläfrig, dann fing mir das Herz an zu klopfen, mein Puls ward hart und geschwind, eine unleidliche Aengstlichkeit, ein Zittern (aber ohne Schauder), eine Abgeschlagenheit durch alle Glieder; Dann ein Klopfen im Kopfe, Röthe der Wangen, Durst, kurz alle mir sonst beim Wechselfieber gewöhnlichen Symptome erschienen nacheinander; doch ohne eigentlichen Fieberschauder.|Autor=Samuel Hahnemann (1790)|ref=<ref>Hahnemanns Übersetzung von William Cullen’s Abhandlung über die Materia medica, Leipzig bei Schwickert II. S. 109, Anmerkung (1790)</ref>}}
Hahnemann selbst erwähnte den Versuch außerhalb dieser Beschreibung nur weitere drei Mal, in einem kürzeren Fachartikel<ref>Samuel Hahnemann: ''Versuch über ein neues Prinzip zur Auffindung der Heilkräfte der Arzneisubstanzen, nebst einigen Blicken auf die bisherigen.'' Hufelands Journal zur praktischen Wundheilkunst. 2. Band, 3. Stück. 465 (1796)</ref>, der Beantwortung eines Briefes<ref>Samuel Hahnemann: ''Auszug eines Briefes an einen Arzt von hohem Range, über die höchst nöthige Wiedergeburt der Heilkunde.'' Allg. Anz. D. Dt. 2. Bd. Nr. 343, 3735 (1808)</ref> und seiner ''Reinen Arzneimittellehre'' (Bd. 3. 1817/1830).<br />Historisch gesehen spielte der Chinarindenversuch Hahnemanns innerhalb der Homöopathie auch in Bezug auf seine Gültigkeit und Nachvollziehbarkeit nur eine untergeordnete Rolle. Fundstellen in einschlägigen Zeitschriften und Lexika sind dazu selten.<ref name="Lochbrunner1" /><ref>Birgit Lochbrunner: ''Samuel Hahnemanns Chinarindenversuch von 1790: seine Folgen und seine Bedeutung für die Homöopathie.'' [[w:Dissertation|Dissertation]], [[w:Universität Ulm|Universität Ulm]] 2006</ref><ref>Birgit Lochbrunner: ''Der Chinarindenversuch – Schlüsselexperiment für die Homöopathie?'' KVC-Verlag, Essen 2007, ISBN 978-3-933351-77-7</ref> Teile der Versuchsbeschreibung Hahnemanns finden sich jedoch auf zahllosen entsprechenden Webseiten.
 
Nach Ansicht von Gegnern konnte Hahnemanns Versuch bis heute weder von Homöopathen noch von wissenschaftlichen Medizinern erfolgreich reproduziert werden.<ref>Nach: Friedrich Alexander Simon: ''Samuel Hahnemann, Pseudomessias medicus, der Verdünner oder kritische Ab- und Ausschwemmung des medicinischen Augiasstalles, Organon der Heilkunst genannt, für Ärzte und gebildete Nichtärzte.'' Hamburg 1830, S. 104ff.</ref> Die beiden Ärzte Hans-Joachim Krämer und [[w:Ernst Habermann|Ernst Habermann]] führten 1997 einen Selbstversuch nach Hahnemanns Angaben durch, der ebenso keine der Angaben Hahnemanns bestätigte, aber zu Verdauungsproblemen führte.<ref>Hans-Joachim Krämer, Ernst Habermann: ''Ein Vorlesungsversuch zur Homöopathie.'' Deutsches Ärzteblatt 94 (1997), A-1811, [http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=6926 online]</ref>
 
Der medizingeschichtlich arbeitende Homöopath Georg Bayr wertet den Versuch aus heutiger Sicht: „Der Chinarindenversuch basiert auf Intuition. Er war zufällig. Es war ein zeitbedingter Irrtum. Der Irrtum war fruchtbar, da die Homöopathie daraus entstand.“<ref>Georg Bayr: ''Hahnemanns Selbstversuch mit der Chinarinde 1790. Die Konzipierung der Homöopathie.'' Haug, Heidelberg 1989, ISBN 3-8304-0210-4</ref>
 
Hahnemann verzichtete zunächst auf Versuche einer theoretischen Begründung. In seinem Spätwerk<ref>ausführlich in der 5. und 6. Auflage des „Organon“, §§ 9 bis 16</ref> bezog er sich –&nbsp;offensichtlich bemüht um eine nach damaligen Maßstäben wissenschaftliche Begründung&nbsp;– auf [[Vitalismus|vitalistische]] Vorstellungen („Umstimmung der [[Lebenskraft]]“).
 
=== Der erste Doppelblindversuch der Medizingeschichte im Jahr 1835 ===
Viele Methoden experimenteller Medizin wurden zuerst in der Auseinandersetzung mit alternativer Medizin entwickelt: So publizierte bereits 1835 der Theologe und Redakteur George Löhner einen, unter Beteiligung von Ärzten, Apothekern und anderen Honoratioren bei [[w:Nürnberg|Nürnberg]] durchgeführten Test der Wirkung einer homöopathischen Kochsalzlösung an einer Gruppe von 55 freiwilligen, gesunden Probanden. 42 Personen hatten „gar nichts Ungewöhnliches“ bemerkt (19 Kochsalz-Potenz, 23 Wasser), 9 Personen hatten „etwas Ungewöhnliches“ bemerkt (6 Kochsalzpotenz, darunter aber einer, der wusste, dass er die Potenz eingenommen hatte, 3 Wasser). Während die Kommission folgerte, dass die Potenzierung keine Wirkung habe,<ref>{{Literatur
| Autor  = George Löhner
| Titel  = Die homöopathischen Kochsalzversuche zu Nürnberg: Als Anhang: Ein Beispiel homöopathischer Heilart
| Jahr  = 1835
| Online =
  {{Google Buch
  | BuchID  = Fds8AAAAcAAJ
  | Linktext = Volltext
  }}
}}</ref> reagierten homöopathische Zeitschriften mit heftigen Polemiken.<ref>{{Literatur
| Autor  = Ludwig Griesselich
| Titel  = Hygea: Centralorgan für die homöopathische oder specifische Heilkunst
| Verlag = C. T. Groos.
| Seiten = 324
| Jahr  = 1835
| Online =
  {{Google Buch
  | BuchID  = dfoJuX0Zg-wC
  | Linktext = Volltext
  | Seiten  = 324
  }}
}}</ref>
 
Der [[Medizingeschichte|Medizinhistoriker]] [[w:Michael Stolberg|Michael Stolberg]] kritisiert, dass eine [[Verzerrung (Statistik)|Verzerrung]] durch die persönliche Haltung der Versuchsteilnehmer zur Homöopathie nicht ausgeschlossen wurde; durch eine Mitteilung, nichts Ungewöhnliches bemerkt zu haben, konnten diese das Gesamtergebnis negativ beeinflussen. Er würdigt jedoch auch die Anwendung moderner Elemente des [[w:Studiendesign|Studiendesign]]s: Der Versuch sei „ein sehr frühes Beispiel für [[Randomisierung]] und [[Doppelblind|doppelte Verblindung]].“<ref>Michael Stolberg: ''[http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1676327/ Inventing the Randomized Double-Blind Trial: The Nuremberg Salt Test of 1835]''; J R Soc Med. 2006 December; 99 (12): 642–643</ref>
 
=== Hahnemanns Lehre von den chronischen Krankheiten ===
Nach jahrelangen praktischen Erfahrungen mit der Homöopathie stellte Hahnemann fest, dass bestimmte chronische Krankheitsverläufe homöopathisch nicht zu heilen waren. Ab 1816 entwickelte er deshalb eine Methode zur Behandlung chronischer Krankheiten. 1828 veröffentlichte er die Ergebnisse seiner Forschung in einem fünfbändigen Werk mit dem Titel ''Die chronischen Krankheiten''. Nach seiner Theorie liege den chronischen Krankheiten ein [[Miasmentheorien (Homöopathie)|Miasma]], eine Art tief liegendes „Ur-Übel“, zugrunde. [[Samuel Hahnemann|Hahnemann]] unterteilte die Miasmen in [[w:Psora|Psora]] (als Folge der [[w:Krätze|Krätze]]), [[w:Sykosis|Sykosis]] ([[w:Feigwarze|Feigwarze]]nkrankheit als Folge der [[w:Gonorrhoe|Gonorrhoe]]) und [[Syphilis]]. Hahnemanns Arbeit nach der Erkenntnis der Miasmen war der Versuch, die Psora auszumerzen, wie er schrieb. Von Gegnern wurde kritisiert, dass er zwölf Jahre weiter die homöopathische Behandlung propagierte, obwohl „die homöopathische Behandlung von sieben Achteln der chronischen Krankheiten eine ganz nutzlose gewesen sei.“<ref name="Bock" />
 
Sein Verständnis der chronischen Krankheiten bewegte sich zwar im Rahmen der damaligen medizinischen Erkenntnisse. Die [[Miasma]]-Lehre gilt heute jedoch als überholt. Mit der Entdeckung des [[w:Cholera|Cholera]]-Erregers 1884 durch [[w:Robert Koch|Robert Koch]] wurde das Ende der Miasma-Lehre in der Hochschulmedizin eingeläutet. Syphilis und Cholera werden erfolgreich mit [[Antibiotika]] behandelt. Feigwarzen sind Folge einer Infektion mit [[w:Humane Papillomviren|Humanen Papillomviren]].
 
In der klassischen Homöopathie jedoch werden die praktischen Konsequenzen der [[Miasma]]-Lehre bis heute berücksichtigt.<ref name="Teut" />
 
== Richtungen in der Homöopathie ==
Die Homöopathie ist keine einheitliche Lehre. Es gibt verschiedene Richtungen, die sich teilweise gegenseitig bekämpfen. Auch können [[Heilpraktiker]] oder [[Schulmedizin]]er, die Homöopathie anwenden, nicht generell einer Richtung zugeordnet werden. Das große Spektrum an Richtungen verdeutlichen die zahlreichen Eigenbezeichnungen, wie ''Klassische Homöopathie'', ''genuine Homöopathie'', die ''Bönninghausen-'' und ''Boger-Methode'', die ''miasmatische'' und ''wissenschaftliche Homöopathie'', die ''naturwissenschaftlich-kritische Richtung'', die ''prozessorientierte und kreative Homöopathie'', die ''Impuls-'' und ''Resonanzhomöopathie'', die ''Seghal-'' und ''Herscue-Methode'', die ''central delusion'', ''C4-Homöopathie'', sowie ''quantenlogische Homöopathie''.<ref name="Teut">{{Literatur
| Autor  = Michael Teut, Jörn Dahler, Christian Lucae, Ulrich Koch
| Titel  = Kursbuch Homöopathie
| Verlag = Elsevier, Urban & Fischer Verlag
| ISBN  = 3-437-57630-5
| Jahr  = 2008
| Online =
  {{Google Buch
  | BuchID  = Q4goD1joOLsC
  | Linktext = Volltext
  }}
}}</ref><ref name="Liste">[http://homoeopathie-liste.de/richtungen/index.htm Richtungen der Homöopathie]</ref><ref name="Jänicke">{{Literatur
| Autor  = Christof Jänicke, Jörg Grünwald
| Titel  = Alternativ heilen: kompetenter Rat aus Wissenschaft und Praxis; Methoden, Anwendungen, Selbstbehandlung
| Verlag = Gräfe und Unzer Verlag
| ISBN  = 3-7742-8777-5
| Jahr  = 2006
| Online =
  {{Google Buch
  | BuchID  = Kl1Wv8qoUU8C&pg=PA121
  | Linktext = S. 121 ff.
  }}
}}</ref> Auch Begriffe, wie ''organotrope'' und ''personotrope Homöopathie'' werden benutzt.<ref name="Friese">{{Literatur
| Autor  = Karl-Heinz Friese
| Titel  = Homöopathie in der HNO-heilkunde: Gezielte Behandlung mit bewährten Indikationen
| Verlag = Georg Thieme Verlag
| ISBN  = 3-8304-5320-5
| Jahr  = 2005
| Online =
  {{Google Buch
  | BuchID  = EwY5qh-ldKYC&pg=PA5
  | Linktext = S. 5 ff.
  }}
}}</ref> Die Spaltung der Homöopathie begann bereits zu Hahnemanns Zeiten, der Abweichler von seiner reinen Lehre auch als ''Bastard-Homöopathen'' bezeichnete.<ref name="Bock" /><ref name="Teut" /><ref name="Nicolai">{{Literatur
| Autor  = Ton Nicolai, Gerhard Bleul
| Titel  = Langzeitbehandlung von chronisch Kranken – Syphilitisches Miasma – Schulen der Homöopathie
| Verlag = Georg Thieme Verlag
| ISBN  = 3-8304-9082-8
| Jahr  = 2004
| Online =
  {{Google Buch
  | BuchID  = Qjzg0n8WzBEC&pg=PA251
  | Linktext = S. 251
  }}
}}</ref> Hahnemann forderte bereits 1796: „Macht's nach, aber macht's genau nach.“<ref name="Jänicke" />
 
=== Klassische Homöopathie ===
Der Begriff „Klassische Homöopathie“ entstand aus dem Bemühen, sich vom großen Spektrum der als „homöopathisch“ bezeichneten Heilmethoden abzugrenzen. Grundlagen der Klassischen Homöopathie sind die Lehre Hahnemanns und die sich daran orientierenden Weiterentwicklungen der Heilmethode (zum Beispiel durch [[Clemens Maria Franz von Bönninghausen|Bönninghausen]], [[Constantin Hering|Hering]], [[James Tyler Kent|Kent]] u.&nbsp;a.). Werden die Lehren Hahnemanns dabei besonders stringent eingehalten, bezeichnet man sie auch als „genuine Homöopathie“.<ref name="Liste" /> Im Gegensatz zu vielen anderen Richtungen der Homöopathie wird in der Klassischen Homöopathie immer ''nur ein Mittel'' auf einmal verabreicht, meistens in einer mittleren oder hohen Potenz. Arzneimittel werden nach gründlicher [[Anamnese]] nach dem individuellen Symptombild des Kranken ausgewählt.<ref name="Friese" />
 
Klassische Homöopathen behandeln sowohl akute Krankheiten als auch chronische Leiden ([[Konstitutionsbehandlung|konstitutionelle Behandlung]]).
 
=== Naturwissenschaftlich-kritische Homöopathie ===
Die sogenannte naturwissenschaftlich-kritische Homöopathie ist eine Richtung der Homöopathie, die homöopathische Arzneimittel als Ergänzung zu [[schulmedizin]]ischen Therapieformen einsetzt. Häufig werden niedrige Potenzen bis D12 verwendet, in denen noch ein chemisch nachweisbarer Rest der Arzneisubstanz vorhanden ist. Die Behandlung mit Hochpotenzen wird abgelehnt.<ref name="Teut" /> Arzneimittel werden außerdem nicht nach dem oft sehr komplexen gesamten Symptombild des Kranken, sondern nach [[Pathologie]] (Krankheit) verordnet. Das erleichtert besonders die Findung des passenden Arzneimittels, weil zum Beispiel für eine Erkältungskrankheit nur noch aus einer Liste von wenigen Mitteln ausgewählt werden muss.<ref name="Jänicke" /> Dieses Vorgehen steht jedoch im Widerspruch zu Hahnemanns Lehre, der in seinem ''Organon'' einer Vermischung der Homöopathie mit nicht-homöopathischen Behandlungsmethoden entgegentrat und sie als Verrat anprangerte:<ref name="Lucae">{{Literatur
| Autor  = Christian Lucae
| Titel  = Homöopathie an deutschsprachigen Universitäten: die Bestrebungen zu ihrer Institutionalisierung von 1812 bis 1945
| Verlag = Georg Thieme Verlag
| ISBN  = 3-7760-1689-2
| Jahr  = 1998
| Online =
  {{Google Buch
  | BuchID  = 7paox_ZflsMC&pg=PA25
  | Linktext = S. 25
  }}
}}</ref>
 
{{Zitat|§&nbsp;52: Es giebt nur zwei Haupt-Curarten: diejenige welche all’ ihr Thun nur auf genaue Beobachtung der Natur, auf sorgfältige Versuche und reine Erfahrung gründet, die (vor mir nie geflissentlich angewendete) homöopathische, und eine zweite, welche dieses nicht thut, die (heteropathische, oder) [[Allopathie|allöopathische]]. Jede steht der andern gerade entgegen und nur wer beide nicht kennt, kann sich dem Wahne hingeben, dass sie sich je einander nähern könnten oder wohl gar sich vereinigen liessen, kann sich gar so lächerlich machen, nach Gefallen der Kranken, bald homöopathisch, bald allöopathisch in seinen Curen zu verfahren; diess ist verbrecherischer Verrath an der göttlichen Homöopathie zu nennen!|ref=<ref>Samuel Hahnemann: ''[[Organon der Heilkunst]].'' 6. Auflage, [http://homeoint.org/books4/organon/org040.htm#p52 §52]</ref>}}
 
Wichtige Vertreter dieser Homöopathierichtung waren Moritz Müller, Ludwig Grießelich, Friedrich Rummel, Franz Hartmann, [[w:Otto Leeser|Otto Leeser]] und [[w:Fritz Donner|Fritz Donner]]. Obwohl sie mit der ''Hygea'' eine eigene Zeitschrift hatten,<ref name="Teut" /> waren Rummel und Hartmann auch in der Schriftleitung der ''Allgemeinen Homöopathischen Zeitung'' tätig.<ref name="Nicolai" />
 
=== Komplexmittelhomöopathie ===
Verbreitet ist auch die Verwendung von [[Komplexmittel]]n, d.&nbsp;h. einer Vermengung von verschiedenen Mitteln, die für eine bestimmte Krankheit nach organotropen Gesichtspunkten oder auch klinischen Indikationen zusammengestellt wird. Sie enthalten Einzelsubstanzen in sehr unterschiedlicher Dosierung, die sich in ihrer Wirkung verstärken sollen.<ref>{{Literatur
| Autor  = Elvira Bierbach
| Titel  = Naturheilpraxis heute: Lehrbuch und Atlas
| Verlag = Elsevier, Urban & Fischer Verlag
| ISBN  = 3-437-55243-0
| Jahr  = 2009
| Online =
  {{Google Buch
  | BuchID  = 8jAGwI2jMIwC&pg=PA194
  | Linktext = S. 194
  }}
}}</ref> Der evangelische Geistliche [[w:Emanuel Felke|Emanuel Felke]] gilt als Begründer der Komplexmittelhomöopathie.<ref>[http://www.kattwiga.de/Pioniere-der-Komplex.69.0.html Die Entwicklung der Komplexmittel]</ref>
Die Therapie mit Komplexmitteln widerspricht ebenfalls dem Wesen der ursprünglichen Homöopathie.<ref name="Friese" /> Hahnemann schreibt in seinem ''Organon'':
 
{{Zitat|§&nbsp;273: In keinem Fall von Heilung ist es nöthig und deßhalb allein schon unzulässig, mehr als eine einzige, einfache Arzneisubstanz auf einmal beim Kranken anzuwenden. Es ist nicht einzusehen, wie es nur dem mindesten Zweifel unterworfen sein könne, ob es naturgemäßer und vernünftiger sey, nur einen einzelnen, einfachen, wohl gekannten Arzneistoff auf einmal in einer Krankheit zu verordnen, oder ein Gemisch von mehreren, verschiednen. In der einzig wahren und einfachen, der einzig naturgemäßen Heilkunst, in der Homöopathie, ist es durchaus unerlaubt, dem Kranken zwei verschiedne Arzneisubstanzen auf einmal einzugeben.|ref=<ref>Samuel Hahnemann: ''[[Organon der Heilkunst]].'' 6. Auflage, [http://homeoint.org/books4/organon/org260.htm#p273 §273]</ref>}}
 
Neben Emanuel Felke waren der [[Italien]]er [[w:Cesare Mattei|Cesare Mattei]]<ref>[[w:Theodor Krauß|Theodor Krauss]]<!--[sic!]-->: ''Die Grundgesetze der Elektrohomöopathie oder zusammengesetzten homöopathischen Complex-Heilmethode: System des Grafen Cesare Mattei.'' J. Sonntag, Regensburg 1921</ref> und der [[Schweiz]]er Emil Bürgi<ref>Emil Bürgi: ''Die Arzneikombinationen.'' Springer Verlag, Berlin 1938</ref> bekannte Vertreter dieser Richtung.
 
== Anthroposophie und Homöopathie ==
 
{{GZ|Unsere obere Organisation ist etwas Homöopathisierendes. Sie ist etwas, was in einer gewissen
Weise dem gewöhnlichen Verdauungsprozesse schnurstracks entgegengesetzt
ist, das Gegenteil, das Negativ davon bildet. Und so
könnte man sagen, daß, indem der homöopathische Apotheker die
Verdünnungen herstellt, er eigentlich in Wirklichkeit die Eigenschaften,
die sich sonst auf die untere menschliche Organisation
beziehen, zu ihr eine Beziehung haben, überleitet in Eigenschaften,
die dann zu der oberen menschlichen Organisation eine Beziehung
haben.|312|52f}}
 
{{GZ|... homöopathisch kann man eben nicht alle Krankheiten kurieren;
manche muß man eben allopathisch kurieren. Da muß man die
Heilmittel eben anders mischen. Das heißt, man darf kein Fanatiker
werden, der auf Worte schwört, sondern man muß aus den vollen
Kenntnissen heraus die Heilmittel angeben, einmal so, einmal so. Das
ist bei der Anthroposophie der Fall, weil sie nicht sich einläßt auf
Schlagworte «allopathisch, homöopathisch», sondern auf die Sache
geht und sagt: Der Allopath geht vorzugsweise auf den Magen, Gedärme, Nieren; da hat er seinen Erfolg. Der Homöopath wirkt, wenn
man den Ausgangspunkt der Krankheiten vom Kopfe hat, wie es bei
der Grippe der Fall ist. Viele Krankheiten haben vom Kopfe ihren
Ursprung. Man muß also wissen, wie die Dinge eigentlich laufen in der
Natur.|349|30f}}
 
Im Rahmen der Anthroposophischen Medizin, sind sowohl Verfahren nach Art der ''Homöopathie'', als auch Verfahren nach Art der ''Phytotherapie'' im Einsatz. Für den Bereich der Wirksamkeit homöopathischer Verfahren wurden eigene Forschungen angestellt.<ref>Vgl. auch: Henning Schramm: ''Heimittel der anthroposophischen Medizin''. Grundlagen - Arzneimittelporträts - Anwendung, Elsevier/Urban & Fischer Vlg., München 2009, ISBN 978-3-437-58650-7</ref>.
 
"Substanzen sind (eigentlich) immer Prozesse."<ref>Rudolf Steiner: Meditative Betrachtungen und Anleitungen zur Vertiefung der Heilkunst, ([[GA 316]], Seite 52)</ref>. "Das Wesentliche, das angestrebt wird im homöopathischen Heilprozesse, liegt eigentlich – und ich bitte das nicht mißzuverstehen; man muß immer ein klein wenig radikal sprechen, wenn man die Dinge ordentlich charakterisieren will in Wirklichkeit viel weniger in den Substanzen als in den Verrichtungen, die bei der Zubereitung der Substanzen spielen. Verwenden Sie zum Beispiel Kieselsäure, bereiten Sie sie zu bis in die hohen Potenzen hinauf, (so) arbeiten Sie nach einem gewissen Punkt hin. In der Natur beruht alles im Grunde genommen auf rhythmischen Prozessen. Sie arbeiten nach einem gewissen Nullpunkt hin durch eine Strecke hindurch, bei der die eigentlichen, uns zunächst vorliegenden Wirkungen der betreffenden Substanz zum Vorschein kommen. Geradeso, sehen Sie, wie wenn ich Vermögen habe und immerfort ausgebe, ich an einen Nullpunkt komme und dann über den Nullpunkt hinauskomme, aber dann etwas bekomme, was nicht bloß kein Vermögen ist, sondern was über den Charakter des Vermögens zu den Schulden hinübergeht, so ist es auch, wenn ich den substantiellen Eigenschaften der äußeren Substanzen gegenüberstehe. Indem ich gewissermaßen in der Wirkung dieser Substanzen bleibe, komme ich zuletzt auf den Nullpunkt, wo sich die Wirkungen dieser Substanzen in ihrem ponderablen Zustande nicht mehr äußern. Gehe ich dann aber noch weiter, so ist es nicht so, daß einfach die ganze Geschichte verschwindet, sondern es ist so, daß das Entgegengesetzte auftritt und daß dann in das umliegende Medium das Entgegengesetzte hineingearbeitet wird. Dieses Medium bekommt eine andere Konfiguration; geradeso wie ich ein anderer werde, wenn ich vom Vermögen übergehe zum Schuldenmachen. Es ist wahrhaft nicht darum zu tun, ins Mystische hineinzuverfallen, sondern es ist darum zu tun, endlich einmal die Natur in ihrer wirklichen Aktion zu betrachten, so sie zu betrachten, daß wir auf ihren rhythmischen Gang auch mit Bezug auf die Eigenschaften der Substanzen wirklich eingehen. Potenzieren Sie, so kommen Sie zunächst an einen Nullpunkt. Jenseits dessen liegen Gegenwirkungen. Aber das ist noch nicht alles, sondern Sie können jetzt innerhalb desjenigen Weges, der jenseits dieses Nullpunktes liegt, wiederum zu einem Nullpunkt kommen, der nun für diese entgegengesetzten Wirkungen wieder ein Nullpunkt ist. Dann können Sie, indem Sie über diesen Punkt hinausgehen, zu noch höheren Wirkungen kommen, die zwar in ihrer Richtung wiederum in der ersten Linie liegen, die aber ganz anders geartet sind."<ref>Rudolf Steiner: Geisteswissenschaft und Medizin, ([[GA 312]], Seite 211ff)</ref>. "Man findet (beispielsweise), daß sich das Pflanzenwachstum, zum Beispiel das Wachsen eines Weizenkeimes, gegen die 21. Potenz von Antimon zu am langsamsten, dagegen bei den Potenzen gegen die 29., 30. Potenz zu am schnellsten vollzieht. Auf diese Weise ist es also gelungen, das bloß Materielle zu zerspalten, so daß in dem bloß Materiellen das wirklich Geistige zum Vorschein kommt."<ref>Rudolf Steiner: Initiations-Erkenntnis. Die geistige und physische Welt- und Menschheitsentwickelung in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, vom Gesichtspunkt der Anthroposophie, ([[GA 227]], Seite 275f)</ref>. "Wir haben versucht wissenschaftlich zu begründen, indem wir Verdünnungen in einem Verhältnis bis eins zu einer Trillion herstellten, so daß wir wirklich schon sagen können: dabei handelt es sich wirklich nicht mehr darum, daß die gewöhnliche stoffliche Wirkung zutage tritt, sondern um die Funktion, die in den Stoffen lebt, die übergeht in das Medium. Man hat es dabei mit nichts anderem zu tun als mit der funktionellen Form. Wir haben dabei aber doch zustande gebracht, daß wir nachweisen konnten, daß die verdünnten Entitäten rhythmische Wirksamkeiten entfalten, die erstaunlich sind. Wir haben uns dazu des Wachstums von Samenkörnern bedient. Wir waren in der Auswahl der Samenkörner exakt und vorsichtig. Wir haben die Samenkörner keimen lassen in Metallösungen, wobei wir die Metallverbindung in entsprechender Verdünnung benutzt haben, und wir haben wirklich nachweisen können, wie auf die Wachstumskräfte der Pflanzen die Metallösungen in der Verdünnung von eins zu zehn, eins zu zwanzig, eins zu fünfzig, eins zu hundert, eins zu fünfhundert und so weiter wirksam sind. Man bekommt da interessante Kurven heraus, die eine große Regelmäßigkeit zeigen, so daß man sagen kann: Bei einer gewissen Verdünnung wird die vitalisierende Kraft noch in einer gewissen Weise beeinflußt; geht man weiter in der Verdünnung, so wird diese Beeinflussung geringer. Geht man noch weiter, so erfährt dann durch die größere Verdünnung die vitalisierende Kraft wieder eine größere Beeinflussung. Das gibt eine absteigende und eine aufsteigende Kurve, die dann der Ausdruck sind für die Wirkungen von stark verdünnten Entitäten, die sich exakt rechtfertigen lassen. Und damit ist der kleine Teil, der Ausschnitt dessen, was – ich sage ausdrücklich – die Homöopathie mißbraucht, zum Range eines exakten Forschungsgebietes erhoben worden."<ref>Rudolf Steiner: Anthroposophische Menschenerkenntnis und Medizin, ([[GA 319]], Seite 90).</ref><ref>Vgl. Lili Kolisko: Physiologischer und physikalischer Nachweis der Wirksamkeit kleinster Entitäten, Der Kommende Tag AG Verlag, Stuttgart 1923, neu herausgegeben vom Verlag am Goetheanum, Dornach 1997.</ref>
 
{{GZ|Es wird ja durchaus heute mehr oder weniger angenommen -weil man atomistisch denkt -, daß der Prozeß, der innerhalb eines Stoffes stattfindet, gewissermaßen derselbe Prozeß ist, welcher sich innerhalb der menschlichen Organisation, ich könnte auch sagen der tierischen Organisation, abspielt. Es ist aber eine sehr naturalistische Annahme, sich der Vorstellung hinzugeben, daß der Stoff, der aus dem toten Orga-nismus entlehnt wurde, gewissermaßen geradesolche Eigenschaften zeigt wie derselbe Stoff, sagen wir zum Beispiel das Blut, wenn es noch innerhalb des lebendigen menschlichen oder tierischen Organismus ist. Wird man einmal darauf kommen, welche Bündel von ganz unwissenschaftlichen Voraussetzungen und Postulaten in den gebräuchlichen Wissenschaften sind, dann wird man erst so recht fühlen, was notwendig ist, um die heutige wissenschaftliche Anschauung auf eine gesunde Basis zu stellen. Und so ist diese gesunde Basis auch nicht vorhanden für diejenigen Prozesse, die hervorgerufen werden beim Einführen von gewissen Heilmitteln in den menschlichen Organismus. So ist zum Beispiel nicht untersucht die Frage, wie irgendeine Substanz, die wir dem menschlichen Organismus in dieser oder jener Form zuführen, allopathisch oder homöopathisch, sich nun in diesem menschlichen Organismus löst, wie sie im menschlichen Organismus selbst sich weiter verhält.
 
Man berücksichtigt zum Beispiel gar nicht die Frage, was denn nun der menschliche Organismus mit dieser Substanz tut. Und da ergibt sich dann - das kann ich nur andeuten, es würde natürlich viele Stunden in Anspruch nehmen, wenn ich das in allen Einzelheiten ausführen wollte -, da zeigt sich dann geisteswissenschaftlich, daß diejenigen Substanzen, die wir dem menschlichen Organismus allopathisch zuführen, in gewissem Sinne von ihm, wenn ich den Ausdruck gebrauchen darf, homöopathisiert werden, das heißt im Inneren selbst dasjenige durchmachen, was nach den Versuchen der homöopathische Apotheker mit seinen Substanzen bewirkt. Es ist so, daß also die Wirkungsweise auch der allopathisch zugeführten Heilmittelsubstanzen durchaus nicht auf den Eigenschaften beruht, die man ihnen chemisch heute zuschreibt, sondern beruht auf Eigenschaften, die sie erst dadurch bekommen, daß der menschliche Organismus sie mit Hilfe seiner eigenen Kräfte verarbeitet.
 
Die Frage nach Allopathie und Homöopathie, wirklich mit Bezug auf den Menschen betrachtet, ist also gar nicht die, ob große Mengen oder zersplitterte kleine Mengen auf den menschlichen Organismus wirken, wenn sie Heilwirkungen hervorrufen, denn das tun die Substanzen auch dann, wenn sie in allopathischer Menge zugeführt werden. Die Frage ist gar nicht diese, sondern die Frage ist die, ob es gestattet ist, den menschlichen Organismus den Nebenwirkungen auszusetzen, die entstehen durch dasjenige, was mit allopathischer Substanz zugeführt wird und was vom menschlichen Organismus selbst nicht homöopathisiert wird, also nicht verwendet wird zu der Heilung; die Frage ist, ob diese Methode wirklich erlaubt ist, um den menschlichen Organismus nicht zu belasten mit demjenigen, was übrigbleiben muß. Ob man natürlich ein ganz großes Quantum zuführt, während der Organismus nur ein kleines Quantum braucht, und ob die Zerstreuung der Substanzen ebenso wirkt, wie Heilmittel wirken, die sonst auch in kleinen Mengen eine Wirkung haben - das ist ja von Herrn Dr. Kolisko ausgeführt worden. Wenn also Substanzen im menschlichen Organismus selbst zerstreut werden und dazu nur ein kleines
Quantum notwendig ist, warum sollte man da große Mengen einführen? Es beruht, wie mir scheint, die Fragestellung deshalb gar nicht auf dem, was gewöhnlich [in bezug auf homöopathische und allopathische Heilmittel] angeführt wird, sondern es ist eigentlich Wesentliches [unausgesprochen]; es sollten die Fragen eigentlich auch noch auf anderen Gebieten oder sagen wir in anderen Formen auftreten. Man sollte zum Beispiel sich klar darüber sein, ob die ganze Anschauung und Denkweise über das Krankheitsbild gesunder ist auf dem Gebiete der Homöopathie oder bei der Allopathie, ich will sagen, ob zum Beispiel bei denjenigen Ärzten, die sich zur Homöopathie oder bei denjenigen, die sich zur Allopathie bekennen, mehr eingegangen wird auf die ganze Kompliziertheit des menschlichen Organismus. Und da muß ja allerdings gesagt werden, daß bei den Ärzten, die auf homöopathischem Boden stehen, viel mehr der gute Wille vorliegt - das zeigt einfach die Erfahrung -, sich von der materialistischen, atomistischen Vorstellung zu entfernen und sich gewissen Anschauungen anzupassen, von denen ich sagen möchte, daß sie mehr stimmen zu demjenigen, was die Natur des menschlichen Organismus ist.|73a|132ff}}
 
{{GZ|Sie wissen ja, daß auf diesem Gebiete viel herumgestritten wird,
daß Heilmethoden, die wir ja im Laufe der Zeit auch noch genauer
besprechen werden, miteinander hart im Kampfe Hegen. Insbesondere
ist einer von diesen Kämpfen hinlänglich bekannt, derjenige
zwischen den homöopathisch gesinnten Ärzten und den allopathisch
gesinnten Ärzten. Nun würde es Sie vielleicht interessieren,
in welcher Weise Geisteswissenschaft in diesen Streit eingreifen soll.
Aber das, dieses Eingreifen — ich will heute zunächst ein Allgemeines
darüber sagen, bei den einzelnen Dingen näher darauf eingehen
—, ist eigentlich ein ziemlich eigentümliches. Denn im
Grunde genommen gibt es für dasjenige, was sich der Geisteswissenschaft
herausstellt, eigentlich gar keine Allopathen. Es gibt
in Wirklichkeit gar keine Allopathen, denn auch dasjenige, was
allopathisch als Heilmittel verordnet wird, macht im Organismus
einen Homöopathisierungsprozeß durch und heilt eigentlich nur
durch diesen Homöopathisierungsprozeß. So daß eigentlich jeder
Allopath eine Unterstützung seines allopathischen Verfahrens findet
durch die Homöopathisierung des eigenen Organismus, der eigentlich
dasjenige vollzieht, was der Allopath unterläßt: die Aufhebung
des Zusammenhanges der einzelnen Teile der Heilmittel. Allerdings
ist deshalb doch ein beträchtlicher Unterschied, ob man dem Organismus
diese Art des Homöopathisierens abnimmt oder nicht, aus dem
einfachen Grunde, weil dasjenige, was Heilprozesse im Organismus
sind, wohl zusammenhängt mit den Zuständen, in die allmählich die
Heilmittel kommen, wenn sie homöopathisiert sind. Der Organismus
hat aber in dem, was sonst die Körper der Außenwelt haben, etwas
sich gegenüber, mit dem er keine Heilverwandtschaft hat, das er also
als einen Fremdkörper in sich hineinbekommt, so daß er eigentlich
eine furchtbare Arbeitslast und eine Störung auferlegt bekommt,
wenn man ihn beschwert mit all den Kräften, die sich dann äußern,
wenn man ihm die Arznei im allopathischen Zustande beifügt. Von
den Fällen, wo es unmöglich ist, dem Körper diese Homöopathisierung
abzunehmen, wollen wir noch besonders sprechen.|312|101}}
 
== Tierhomöopathie ==
Die erste Publikation zum Thema Tierhomöopathie stammt vom Hofapotheker Donauer aus dem Jahr 1815.<ref name="RoBoSt" /><ref>Donauer: ''Vorschläge zur zweckmäßigen Behandlung kranker Hunde.'' Marburg – Kassel (Quelle verschollen); zitiert nach H. Thiesmeyer: ''Über Homöopathie und ihre Anwendung in der Tierheilkunde.'' [[Dissertation]], [[Tierärztliche Hochschule Hannover]] 1920</ref> Hahnemann selbst vertrat 1829 den Standpunkt, dass „… Thiere … ebenso sicher und gewiß, als die Menschen zu heilen“ wären.<ref>D. Kaiser: ''Wiederentdeckt: ein grundlegendes Manuskript Hahnemanns.'' ZKH 33 (1989), 112–120,
{{DOI|10.1055/s-2006-938322}}</ref><ref name="Striezel">{{Literatur
| Autor  = Andreas Striezel
| Titel  = Leitfaden zur Nutztiergesundheit: Ganzheitliche Prophylaxe und Therapie
| Verlag = Georg Thieme Verlag
| ISBN  = 3-8304-9072-0
| Jahr  = 2005
| Online =
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  | BuchID  = p540-OcTDQ0C&pg=PT36
  | Linktext = Volltext
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}}</ref> Eigene Schritte in Richtung der Entwicklung einer Tierhomöopathie unternahm er allerdings nicht. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts verlor diese bis in die 1930er Jahre an Bedeutung.<ref name="Striezel" /> Den wichtigsten Einfluss auf ihre neuerliche Verbreitung hatte in der Nachkriegszeit Hans Wolter.<ref>Achim Schütte: ''[http://www.carstens-stiftung.de/eigene/vet/hom_in_der_tiermedizin.pdf Homöopathie in der Tiermedizin]'' (PDF-Dokument; 129 KB).</ref>
 
Homöopathieanhänger behaupten, es gebe Behandlungserfolge bei Tieren und diese ließen sich nicht durch Placeboeffekte erklären, da Tiere nicht an eine Wirksamkeit von Homöopathika „glauben“ können.<ref>Christine Stroop: [http://www.dgmh.org/Newsletter/Textarchiv/files/ea29bcde25616b72df98ac06c0b27874-104.html ''Placebo-Effekt beim Tier?''], Deutsche Gesellschaft für Miasmatik in der Homöopathie</ref><ref>F. D. McMillan: ''The placebo effect in animals.'' J Am Vet Med Assoc 215 (1999), 992–999</ref><ref>Jörg Spranger: ''[http://orgprints.org/5031/1/Spranger-2004-Placeboeffekt-VETS_04.doc Verum und Placebo als materielle Träger der Erwartung von Heilung]'', Format: Microsoft-Word-Dokument</ref> Allerdings sind durchaus [[Placebo#Placeboeffekte bei Tieren|placeboähnliche Effekte bei Tieren]] nachgewiesen worden, die beispielsweise durch [[klassische Konditionierung]] oder die fürsorglichen Behandlung erklärt werden. Ferner beeinflusst die Meinung der Tierhalter zur Behandlungsart ihre Beurteilung des Behandlungserfolgs.<ref name="hektoen">L. Hektoen: ''[http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/16113167 Review of the current involvement of homeopathy in veterinary practice and research]''; in: The Veterinary Record, 157(8), 20. August 2005, S. 224–229.</ref><ref>David Ramey: ''Is There a Placebo Effect for Animals?'' [http://www.sciencebasedmedicine.org/?p=263 Science-Based Medicine], 25. Oktober 2008</ref><ref>Koch T: Placebowirkung bei Tieren. Intern. Praxis 24 (1984), 587-589</ref><ref>Steve Stewart-Williams, John Podd: ''The placebo effect: Dissolving the expectancy versus conditioning debate.'' Psychol Bull 130 (2004), 324-40, {{DOI|10.1037/0033-2909.130.2.324}}</ref> Diese Effekte  werden auch von Tierhomöopathen genutzt.<ref>{{Literatur
| Autor  = Jacques Millemann, Philippe Osdoit
| Titel  = Homöopathische Tiermedizin
| Verlag = Georg Thieme Verlag
| ISBN  = 3-8304-9099-2
| Jahr  = 2005
| Online =
  {{Google Buch
  | BuchID  = 6mSatXeSoioC&pg=PA135
  | Linktext = Volltext
  }}
}}</ref>
 
J. C. L. Genzke veröffentlichte 1837 ein Lehrbuch ''Homöopathische Arzneimittellehre für Tierärzte'' und berichtete darin über 67 Arzneimittelprüfungen an [[Haushund|Hunden]], [[Pferde]]n und [[Rinder]]n.<ref>{{Literatur
| Autor  = Hans Wolter
| Titel  = Homöopathie für Tierärzte
| Verlag = Schlütersche Verlagsanstalt
| ISBN  = 3-87706-074-9
| Jahr  = 1980
| Online =
  {{Google Buch
  | BuchID  = 5l8Vfxv0FIEC&pg=PA10
  | Linktext = Volltext
  }}
}}</ref> Die Auswahl der Arzneimittel in der Tierhomöopathie erfolgt jedoch auf der Grundlage von Arzneimittelbildern (AMB), die überwiegend humanhomöopathischer Herkunft sind.<ref>Kerstin Röhrs: [http://www.diss.fu-berlin.de/diss/servlets/MCRFileNodeServlet/FUDISS_derivate_000000001860/06_Zusammenfassung.pdf?hosts= ''Grundlagen der homöopathischen Arzneimittelbilder in der Veterinärmedizin'']</ref> Die Übertragbarkeit der AMB vom Menschen auf Tiere wird damit begründet, dass es beim Tier nichts gäbe, was nicht auch latent oder homolog im Menschen als Organ, Verhaltensmuster oder Grundform einer Pathologie vorhanden sei.<ref>{{Literatur
| Autor  = Christiane P. Krüger
| Titel  = Praxisleitfaden Tierhomöopathie: Vom Arzneimittelbild zum Leitsymptom
| Verlag = Georg Thieme Verlag
| ISBN  = 3-8304-9086-0
| Jahr  = 2006
| Online =
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  | Linktext = Volltext
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}}</ref>
 
== Anwendung ==
=== Wahl des Mittels ===
[[Datei:Homeopathic medicine.jpg|miniatur|Homöopathische [[Globuli]]]]
Grundlage für die Wahl eines homöopathischen Mittels ist einerseits die [[#Homöopathische Anamnese|Anamnese]] und andererseits die Kenntnis der Wirkungen und Symptome, die eine Arznei bei einem gesunden Menschen auslösen kann. Um diese Kenntnisse zu erlangen, werden sogenannte [[#Homöopathische Arzneimittelprüfung|Arzneimittelprüfungen]] durchgeführt.<ref>{{Literatur
| Autor  = Franz Hartmann
| Titel  = Therapie akuter Krankheitsformen: Nach homöopathischen Grundsätzen
| Verlag = Schumann
| ISBN  =
| Jahr  =  Leipzig 1831
| Online =
  {{Google Buch
  | BuchID  = S3w_AAAAcAAJ&pg=PA251
  | Linktext = S. 251
  }}
}}</ref>
 
Als Hilfsmittel dienen dabei homöopathische [[Materia medica|Arzneimittellehren]] und [[Repertorium (Homöopathie)|Repertorien]]. In Arzneimittellehren werden die Mittel mit allen bei der [[#Homöopathische Arzneimittelprüfung|Arzneimittelprüfung]] beobachteten Symptomen beschrieben. Repertorien sind nach Symptomen hierarchisch gegliedert und verzeichnen alle Mittel, bei denen das jeweilige Symptom beobachtet wurde. Die sogenannte Wertigkeit eines Mittels (einwertig bis vierwertig) gibt einen Hinweis darauf, wie bewährt das Mittel bei der Heilung dieses Symptoms ist. Eine hohe Wertigkeit im Repertorium erhält ein Mittel nur, wenn es sowohl bei der Arzneimittelprüfung bei einer hohen Zahl von gesunden Probanden dieses Symptom hervorrief als auch viele Berichte über Heilungen von Fällen mit diesem Symptom existieren.<ref name="Teut" /><ref name="GeisslerQuak" />
 
Eine klare statistische Definition für eine solche „hohe Anzahl“ gibt es dabei nicht. Deshalb werden in modernen Repertorien auch Kennzeichnungen für bewährte Mittel geführt, die auf die Erfahrung einzelner Homöopathen mit hohem Ansehen zurückgehen. So werden zum Beispiel die sogenannten ''Künzli-Punkte'' von vielen Autoren zitiert.<ref name="GeisslerQuak">{{Literatur
| Autor  = Jan Geissler, Thomas Quak
| Titel  = Leitfaden Homöopathie
| Verlag = Elsevier, Urban & Fischer Verlag
| ISBN  = 3-437-56351-3
| Jahr  = 2005
| Online =
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  | BuchID  = hf-bYWPWQF8C
  | Linktext = Volltext
  }}
}}</ref>
 
=== Dosierung ===
Potenzierte Mittel gibt es in Form von alkoholischen Lösungen, Tabletten und [[Globuli]] (mit homöopathischer Lösung imprägnierte Kügelchen aus Zucker). Bei der Einnahme von Lösungen sollte nach Empfehlung von manchen Homöopathen auf die Verwendung eines metallenen Löffels verzichtet werden, da dieser die vermeintlichen „Erinnerungseigenschaften“ der Flüssigkeit beeinflussen könne. Stattdessen kann ein Löffel aus Holz oder Kunststoff verwendet werden. Auch nahm Hahnemann an, dass der Genuss oder Geruch verschiedener Substanzen die Wirkung einiger homöopathischer Mittel beeinträchtigen könne.<ref>Samuel Hahnemann: ''[[Organon der Heilkunst]]''., 6. Auflage, [http://homeoint.org/books4/organon/org240.htm#p259 §§&nbsp;259] [http://homeoint.org/books4/organon/org260.htm#p260 ff.]</ref>
 
Homöopathische Mittel sind unter die Zunge zu träufeln bzw. unter der Zunge aufzulösen und ca. eine Minute im Mund zu belassen, um die Resorption über die Mundschleimhaut zu verbessern.
Das beste Ergebnis soll erreicht werden können, wenn die homöopathischen Arzneimittel sofort nach dem Auftreten der ersten Symptome eingenommen werden. Homöopathische Hochpotenzen sollen besonders wirksam sein, weshalb von Seiten der Homöopathen gefordert wird, dass diese immer durch einen versierten Homöopathen verordnet werden und der Verlauf beobachtet wird.<ref name="Much">{{Literatur
| Autor  = Theodor Much
| Titel  = Der veräppelte Patient? Alternativmedizin zwischen (Aber-)Glauben und Wissenschaft
| Verlag = Edition va bene
| ISBN  = 978-3-85167-143-8
| Jahr  = Klosterneuburg 2003
| Online =
  {{Google Buch
  | BuchID  = wbxAqHoBZJ4C&pg=PA53
  | Linktext = S. 53 ff.
  }}
}}</ref>
 
=== Gegenanzeigen ===
Abhängig von Wirkstoff und Trägersubstanz kann es Umstände geben, die auch gegen die Gabe eines bestimmten homöopathischen Mittels sprechen. So sollten beispielsweise trockene [[Alkoholkrankheit|Alkoholiker]] keine alkoholischen Lösungen einnehmen, da diese einen Rückfall auslösen können. Auch [[Allergie]]n oder Unverträglichkeiten gegen Bestandteile des Mittels, wie beispielsweise Honigbiene als Tiefpotenz bei Bienengiftallergie, können der Einnahme entgegenstehen.<ref name="Jennrich">Peter Jennrich: [http://www.naturheilkunde-fuer-alle.de/?Therapie:Medikament%F6se_Therapie:Hom%F6opathie_%26nbsp%3B%26nbsp%3B%26nbsp%3B ''Homöopathie''] Naturheilkunde für alle</ref> Schwangere und Stillende sollten Medikamente erst nach Rücksprache mit einem Arzt einnehmen, das Gleiche gilt für die Behandlung von Kindern.
 
Als relative Kontraindikation gelten Erkrankungen, die eine Substitutionstherapie erfordern, wie [[Diabetes mellitus]] Typ 1, akute Erkrankungen, die aus vitaler Indikation oder zur Vermeidung von Spätfolgen eine rasche schnell wirksame Behandlung erfordern und für die es bewährte Therapien gibt, wie beim akuten [[Herzinfarkt]], bei allergischem Asthma oder [[Anaphylaxie|allergischem Schock]].  Organische Erkrankungen, bei denen eine lebensbedrohliche Verschlechterung vorprogrammiert ist, wie bei bösartigen Erkrankungen, sollten ebenfalls nicht homöopathisch behandelt werden.<ref name="Jennrich" />
 
=== Nebenwirkungen ===
Als Nebenwirkung sehen Homöopathen eine vorübergehende Verstärkung der Symptome an, welche sie ''homöopathische Verschlimmerung'' (auch ''Erstverschlimmerung'') nennen. Die Existenz eines solchen Phänomens ist nicht belegt.<ref>S. Grabia und [[w:Edzard Ernst|E. Ernst]]: [http://www.sciencedirect.com/science?_ob=ArticleURL&_udi=B6WXX-48HXDX3-9&_user=10&_rdoc=1&_fmt=&_orig=search&_sort=d&_docanchor=&view=c&_searchStrId=1158149742&_rerunOrigin=google&_acct=C000050221&_version=1&_urlVersion=0&_userid=10&md5=98cfa5dd060e4b7e1e65b82e57f8f2a3 ''Homeopathic aggravations: a systematic review of randomised, placebo-controlled clinical trials''].</ref>
 
Bei niedrigen Potenzstufen (bis etwa D6) kann eine reguläre [[Nebenwirkung|unerwünschte Arzneimittelwirkung]] auftreten, weil im Mittel noch nennenswerte Stoffmengen enthalten sind. So können z. B. durch die Anwendung von Mercurius ([[Quecksilber]]), Arsenicum ([[Arsen]]) oder [[w:Gewöhnliche Brechnuss|Nux vomica]] (Brechnuss), einer Pflanze, die [[w:Strychnin|Strychnin]]-[[Alkaloid]]e enthält, [[Vergiftung]]en hervorgerufen werden.<ref>Peter J. Fischer: ''Alternative und unkonventionelle Heilmethoden III.'' Pädiatrische Allergologie 1 (2006), 43-4, [http://www.gpaev.de/typo/fileadmin/user_upload/GPA/dateien_indiziert/Elternratgeber/er1_06.pdf online] (PDF-Dokument; 171 kB)</ref><ref>Peter J. Fischer: ''Alternative Diagnose- und Behandlungsmethoden.'' in pina online-Buch 8/2002–3/2007, 17-1 – 17-9, [http://www.allergie-asthma-online.de/pdf/kapitel_17.pdf online] (PDF-Dokument; 135 kB)</ref>
 
=== Homöopathisches Repertorium ===
''siehe ausführlicher:'' [[Repertorium (Homöopathie)]]
 
Ein homöopathisches [[Repertorium (Homöopathie)|Repertorium]] enthält eine Sammlung von Symptomen und die dazugehörenden Arzneimittel aus verschiedenen [[Arzneimittellehre]]n oder Arzneimittelprüfungen.
Der Homöopath repertorisiert anhand der Symptome eines Patienten im Repertorium das am häufigsten vorkommende Mittel und kann daraus das „ähnlichste“ Mittel für den Patienten aussuchen.
 
Bereits Hahnemann benutzte ein handschriftliches Findebuch. Die ersten gedruckten Repertorien stammen von seinen unmittelbaren Schülern [[Clemens Maria Franz von Bönninghausen|Bönninghausen]] und Jahr. Ende des 19. Jahrhunderts veröffentlichte der homöopathische Arzt [[James Tyler Kent]] ein sehr umfassendes Repertorium in englischer Sprache, das bis heute das meistbenutzte Werk dieser Art ist. Weiterhin existieren auch digitale Repertorien.<ref>{{Literatur
| Autor  = Kailash N. Mathur
| Titel  = Prinzipien der homöopathischen Verschreibung: Synopsis weltweiter klinischer Erfahrungen
| Verlag = Georg Thieme Verlag
| ISBN  = 3-8304-9021-6
| Jahr  = 2003
| Online =
  {{Google Buch
  | BuchID  = Fv8gjVyLDpkC&pg=PA122
  | Linktext = S. 122 ff.
  }}
}}</ref>
 
== Weltweite Verbreitung ==
[[Datei:Bristol Homeopathic.jpg|miniatur|Hampton House in [[Bristol]] – das frühere ''Bristol Homeopathic Hospital'']]
Schon zu Hahnemanns Lebzeiten und später verbreitete sich die Homöopathie auch international.<ref name="RoBoSt" />
 
Die Ausbreitung in [[Frankreich]] wurde durch Hahnemanns Pariser Praxis befördert, die er dort von 1835 bis zu seinem Tod 1843 betrieb.<ref name="RoBoSt" />
 
In [[Vereinigtes Königreich|Großbritannien]] praktizierten homöopathische Ärzte schon seit den 1830er Jahren. Die englische Königsfamilie ließ sich seit dem 19.&nbsp;Jahrhundert homöopathisch behandeln und trat auch öffentlich für diese Therapieform ein.<ref name="RoBoSt" />
 
Während sich die Homöopathie auch in weiteren europäischen Ländern, wie [[Belgien]] und den [[Niederlande]]n, [[Österreich]] und der [[Schweiz]], [[Spanien]], [[Italien]] und [[Griechenland]] verbreitete, ist sie in [[Skandinavien]] vergleichsweise schwach vertreten.<ref name="RoBoSt" />
 
In den Zwanziger und Dreißiger Jahren des 19.&nbsp;Jahrhunderts wurden homöopathische Praktiken sowohl innerhalb als auch außerhalb der akademischen Medizin in den [[Vereinigte Staaten|Vereinigten Staaten]] eingeführt.<ref>{{Literatur
| ISSN = 00211753
| Band = 82
| Nummer = 3
| Seiten = 454–478, S. 465
| Autor = John Harley Warner
| Titel = Ideals of Science and Their Discontents in Late Nineteenth-Century American Medicine
| Sammelwerk = Isis
| Jahr = 1991
| Monat = September
| Originalsprache = en
}}</ref><ref>{{Literatur
| ISSN = 00224642
| Band = 25
| Nummer = 1
| Seiten = 53–72, S. 68
| Autor = John Duffy
| Titel = Medical Practice in the Ante Bellum South
| Sammelwerk = The Journal of Southern History
| Jahr = 1959
| Monat = Februar
| Originalsprache = en
}}</ref>
 
Auch in Ländern [[Südamerika]]s, wie [[Brasilien]], [[Kolumbien]], [[Chile]] und [[Argentinien]], etablierte sich die Homöopathie. Der Argentinier Tomás Pablo Paschero bezog dabei Methoden der Tiefenpsychologie in die Behandlung ein.<ref name="Teut" />
 
Um 1830 wurde die Homöopathie unter anderem durch den [[Siebenbürgen|siebenbürgischen]] Arzt [[Johann Martin Honigberger]] nach [[Indien]] gebracht, wo sie aufgrund der historisch bereits bekannten Simile-Idee breit akzeptiert wurde.<ref name="Illing" /> Allerdings haben auch politische Gründe eine Rolle dabei gespielt: die Homöopathie kam aus dem Deutschen Reich, das politisch der Gegner der britischen Kolonialherren war. Heute ist die Homöopathie im öffentlichen Gesundheitswesen Indiens fest verankert und anerkannt. In den 1980er Jahren waren 17,6 % des lizenzierten medizinischen Personals Homöopathen. 7 % aller Ambulanzen wurden von Homöopathen geleitet. Es existieren 200 Colleges und ein eigener Forschungsrat.<ref>Martin Dinges: ''Homöopathie in Indien: Ein Absteiger im indischen Gesundheitssystem?'' ZKH 52 (2008), 60-8, [http://www.bosch-stiftung.de/content/language1/downloads/Artikel_Dinges_Homoeopathie.pdf online] (PDF-Dokument; 207 kB)</ref>
 
=== Deutschland ===
[[Datei:2010-12 Köthen 01.jpg|miniatur|Gebäude der ''Europäischen Bibliothek für Homöopathie'' in [[Köthen (Anhalt)|Köthen]]]]
Nach der [[Deutsche Wiedervereinigung|deutschen Wiedervereinigung]] wurde mit Unterstützung der [[Karl und Veronica Carstens-Stiftung]] bereits am 28. April 1990 eine erste Weiterbildungsveranstaltung zur Homöopathie für Ärzte in [[Lutherstadt Wittenberg|Wittenberg]] durchgeführt.<ref>Barbara de Bruyn: ''56 neue Ärzte für Homöopathie. Drei Jahre – Ärztefortbildung in Wittenberg.'' Natur und Medizin 4 (1993), 3-4, [http://www.carstens-stiftung.de/wissen/cam/pdf/lehre_hom_baur_mitgl.pdf online] (PDF-Dokument; 2,14 MB)</ref>
In Zusammenarbeit mit der Fakultät für Geistes-, Sozial- und Erziehungswissenschaften der [[Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg]] hat der ''Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte'' ein Konzept für einen berufsbegleitenden zweijährigen [[Master]]studiengang ''„Wissensentwicklung und Qualitätsförderung in der homöopathischen Medizin – Integrated Practice in Homoeopathy“'' für Ärztinnen, Ärzte und andere approbierte Heilberufe erarbeitet, der mit dem Erwerb eines ''Master of Arts'' abgeschlossen werden soll. Es fand sich jedoch bislang keine Hochschule, die diesen Studiengang umsetzen wird.<ref>[http://www.dzvhae.com/portal/loader.php?navigation=74441&org=74328&seite=74636&PHPSESSID=f38a17e98d246cee82e1e4a86c0c68a5 Informationen zum [[Masterstudiengang]] ''Wissensentwicklung und Qualitätsförderung in der homöopathischen Medizin – Integrated Practice in Homoeopathy'']</ref> An einigen Universitäten wird Homöopathie, teilweise mit Unterstützung der Karl und Veronica Carstens-Stiftung, als Wahlkurs angeboten.<ref>[http://www.med.uni-magdeburg.de/Institute/Allgemeinmedizin/Lehre/Lehrveranstaltungen/Naturheilverfahren/Wahlfach_Hom%C3%B6opathie.html Wahlfach Homöopathie] an der Medizinischen Fakultät der [[Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg]]</ref><ref>[http://www.sih.at/index.php/vorlesungen-meduni-wien/25-wahlfach-homoeopathie?layout=blog Wahlfach Homöopathie] der [[Medizinische Universität Wien|Medizinischen Universität Wien]]</ref><ref>[http://www.uniklinikum-leipzig.de/lehre/wahlfaecher/wahlfach04.html Wahlfach Homöopathie] der [[Universität Leipzig]]</ref><ref>[http://www.studiendekanat.med.uni-erlangen.de/stg/humanmedizin/klinik/wf2/Lehrplan_WF_HomoeopathieSS09.pdf Wahlfach Homöopathie] an der [[Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg]]</ref><ref>[http://www.carstens-stiftung.de/nachwuchs/wahlpflicht/gefoer.php Wahlpflichtfach Homöopathie: Übersicht der durch die Karl und Veronica Carstens-Stiftung geförderten Fakultäten]</ref> Die Stiftung unterstützt auch zahlreiche studentische Arbeitskreise ''Homöopathie'' finanziell.<ref>[http://www.carstens-stiftung.de/nachwuchs/arbeitskreise/gefoerderte_aks.php Übersicht der durch die Karl und Veronica Carstens-Stiftung geförderten studentischen Arbeitskreise ''Homöopathie'']</ref>
 
In [[Köthen]] wurde 2009 im restaurierten Gebäude des ''Spitals der Barmherzigen Brüder'' neben dem Hahnemannhaus die ''Europäische Bibliothek für Homöopathie'' eingerichtet. Betreiber ist der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte (DZvhÄ). Das Gebäude wurde dafür im Rahmen der [[Internationale Bauausstellung Stadtumbau Sachsen-Anhalt 2010|Internationalen Bauausstellung Stadtumbau Sachsen-Anhalt 2010]] für 2,6 Millionen Euro saniert, davon 751.064 Euro aus dem Programm ''Stadtumbau Ost'', sowie 1,16 Millionen Euro aus dem ''Europäischen Fonds für regionale Entwicklung''.<ref>[http://www.iba-stadtumbau.de/index.php?europaische-bibliothek-fur-homoopathie-wird-eroffnet ''Europäische Bibliothek für Homöopathie wird eröffnet'']</ref><ref>[http://www.sachsen-anhalt.de/LPSA/fileadmin/Elementbibliothek/Bibliothek_Politik_und_Verwaltung/Bibliothek_MBV/PDF/Aktuelles/2009/Homoeopathie-Bibliothek.pdf Pressemitteilung Nr. 147/09] vom 7. Oktober 2009 des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr des Landes [[Sachsen-Anhalt]] (PDF-Dokument; 47 kB)</ref>
 
2003 wurde auf dem [[Deutscher Ärztetag|Deutschen Ärztetag]] die Zusatz-Weiterbildung Homöopathie in der neuen (Muster-)Weiterbildungsordnung neu geordnet. Voraussetzung zum Erwerb der Zusatzweiterbildung Homöopathie ist die [[Facharzt]]anerkennung. Die Weiterbildung gliedert sich in 6 Monate Weiterbildung bei einem Weiterbildungsbefugten, oder 100 Stunden Fallseminare einschließlich Supervision, und 160 Stunden Kurs-Weiterbildung.<ref>[http://www.bundesaerztekammer.de/downloads/MKHomoeopathie.pdf (Muster-) Kursbuch Homöopathie] (PDF; 41&nbsp;kB) der [[Bundesärztekammer]]</ref><ref>[http://www.bundesaerztekammer.de/downloads/_Muster-_Logbuch_Zusatz-WB-Homoeopathie.pdf (Muster-) Logbuch über die Zusatz-Weiterbildung Homöopathie] der [[Bundesärztekammer]]</ref> Die Zahl der [[Facharzt|Fachärzte]] mit dieser Zusatzweiterbildung stieg von 2212 im Jahr 1993 auf 6712 im Jahr 2009.<ref>[[Informationssystem der Gesundheitsberichterstattung des Bundes]]</ref>
 
Homöopathische Behandlungen und Arzneimittel sind nicht im Leistungskatalog der [[Gesetzliche Krankenversicherung|gesetzlichen Krankenversicherung]] enthalten.<ref>Laura Menzler: ''Allensbach-Studie: Homöopathie wird bekannter.'' Deutsches Ärzteblatt 2009; 106(37): A-1764, [http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?src=heft&id=65920 online]</ref>
Einige Kassen bieten die Präparate aber als Satzungsleistung an und bezahlen unter bestimmten Bedingungen homöopathische Behandlungen bei Ärzten mit der [[Zusatzbezeichnung]] „Homöopathie“, beispielsweise im Rahmen von Verträgen zur [[Integrierte Versorgung|Integrierten Versorgung]].<ref name="urltest.de - Gesetzliche Krankenkassen - Meldungen - Versicherung + Vorsorge - Tests + Themen - Stiftung Warentest">{{Internetquelle |url=http://www.test.de/Gesetzliche-Krankenkassen-Geld-fuer-homoeopathische-Beratung-1692414-0/ |titel=Gesetzliche Krankenkassen: Geld für homöopathische Beratung - Stiftung Warentest |zugriff=2012-12-10}}</ref>
 
[[Private Krankenversicherung]]en übernehmen in Deutschland die Kosten für homöopathische Behandlungen bei allen Ärzten<ref>{{Internetquelle |url=http://www.dzvhae.com/portal/loader.php?navigation=59229&org=1113&seite=45370 |titel=Homöopathie für Kassenpatienten |zugriff=2008-10-22}}</ref>, private Zusatzversicherungen darüber hinaus auch bei Heilpraktikern (gegebenenfalls abzüglich einer vereinbarten Selbstbeteiligung). Meist werden auch die Kosten für homöopathische Arzneimittel übernommen.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.dzvhae.com/portal/loader.php?navigation=59259&org=1113&seite=25148 |titel=Deutscher Zentralverein homöopathischer Ärzte |zugriff=2008-10-22}}</ref>
 
Homöopathische Arzneimittel sind in Deutschland apothekenpflichtig. 2007 betrug der Anteil homöopathischer Arzneimittel im deutschen Apothekenmarkt am Umsatz 1,09 %, an der Zahl der verkauften Einheiten 3,26 % (3,16 % im Vorjahr).<ref>Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V.: ''[http://www.bpi.de/Default.aspx?tabindex=1&tabid=303 Daten zum Gesundheitswesen]'', 2007</ref>
Homöopathische Arzneimittel hatten 2009 mit etwa 403 Mio. Euro einen Anteil von rund 8 % an rezeptfreien Medikamenten. Dabei wurden 2 % (103 Mio. Euro) durch Therapeuten verordnet und 6 % (300 Mio. Euro) durch Selbstkäufe erworben. Gegenüber 2008 nahm die Verordnungshäufigkeit um 4 % ab, der Selbstkauf um 2 % zu.<ref name="BAH" />
 
Laut einer Umfrage des [[Institut für Demoskopie Allensbach|Instituts für Demoskopie Allensbach]] aus dem Jahre 2009 hat jeder zweite Deutsche bereits Homöopathika gegen diverse Indikationen eingenommen und jeder Vierte ist überzeugter Anwender, wobei mehr als 80 % der Befragten Homöopathika für Naturheilmittel oder Heilkräuterprodukte halten. Nur 17 % der Befragten definierten Homöopathie über das Verdünnungs- oder Ähnlichkeitsprinzip. Während 1970 nur knapp jeder vierte Westdeutsche schon einmal selbst Homöopathika genommen hatte (24 Prozent), waren es 2009 mit 57 Prozent jedoch mehr als doppelt so viele.<ref>Steffen de Sombre: ''[http://www.heel.com/AxCMSRedirect.aspx?ID=197875 Bekanntheit, Verwendung und Image homöopathischer Arzneimittel. Ergebnisse einer bevölkerungsrepräsentativen Befragung]'', [[Institut für Demoskopie Allensbach]], Bonn, 19. August 2009 (PDF-Dokument; 2,66 MB), [http://www.ifd-allensbach.de/pdf/prd_0914.pdf Kurzversion] (PDF-Dokument; 149 kB)</ref>
 
Im Jahr 2011 wurden in Deutschland Homöopathika für 389 Mio. Euro umgesetzt; das entspricht acht Prozent aller rezeptfreien Arzneimittel. Davon wurden 24 % von einem Arzt oder Heilpraktiker verordnet, 76 % wurden direkt vom Anwender in der Apotheke gekauft.<ref name="BAH">[http://www.bah-bonn.de/index.php?id=873 Homöopathische Arzneimittel: ''Marktbedeutung und Akzeptanz''] nach Angaben des [[Wikipedia:Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller|Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller]]</ref> Bei einer 2009 in Deutschland durch das [[Wikipedia:Institut für Demoskopie Allensbach|Allensbach-Institut]] durchgeführten Erhebung brachten 17 % der Befragten homöopathische Arzneimittel mit dem Verdünnungs- oder Ähnlichkeitsprinzip in Verbindung.<ref name="Allensbach">Steffen de Sombre: [http://www.homoeopathie-forum.de/anhaenge/sonstige_anhaenge/BAH_Praesentation_Homoeopathie_handout.pdf ''Bekanntheit, Verwendung und Image homöopathischer Arzneimittel. Ergebnisse einer bevölkerungsrepräsentativen Befragung;''] (PDF; 2,8&nbsp;MB) Institut für Demoskopie Allensbach, Bonn 2009.</ref>
 
=== Schweiz ===
Die Schweizer Jost Künzli, Adolphe Voegeli und Rudolf Flury spielten nach 1945 als homöopathische Lehrer in Europa eine bedeutende Rolle. Es wurden mehrere Zeitschriften, wie ''Homöopathie'', ''Homoeopathia'' und die ''Schweizerische Zeitschrift für Homöopathie'' begründet und wieder eingestellt. Innerhalb des ''Schweizerischen Vereins Homöopathischer Ärztinnen und Ärzte'' (SVHA) kam es in den 1970er- und 1980er-Jahren vermehrt zu Flügelkämpfen zwischen den unterschiedlichen Homöopathierichtungen.<ref name="Erlach">Alexander Erlach: ''Die Geschichte der Homöopathie in der Schweiz 1827–1971.'' Haug Verlag, 2009, ISBN 3-8304-7306-0</ref>
 
Von 1999 bis 2005 wurde die Homöopathie zusammen mit den vier anderen alternativen Heilmethoden provisorisch in den Leistungskatalog der Grundversicherung der Krankenkassen aufgenommen.<ref name="Erlach" /> Die Behandlungen wurden von der [[Krankenkasse]]n-Grundversicherung übernommen, sofern sie von einem Arzt verschrieben wurden. Am 30.&nbsp;Juni 2005 hat das [[Bundesamt für Gesundheit]], Teil des [[Eidgenössisches Departement des Innern|Eidgenössischen Departements des Inneren]], diese Leistungspflicht nach den Ergebnissen der von ihm in Auftrag gegebenen Studie ''Programm Evaluation Komplementärmedizin'' wieder gestrichen, da die Autoren zu dem Schluss kamen, dass „die vorliegenden placebokontrollierten Studien zur Homöopathie […] keinen eindeutigen Effekt über Placebo hinaus“ belegen.<ref name="urlBundesamt für Gesundheit – Programm Evaluation Komplementärmedizin (PEK)">{{Internetquelle |url=http://www.bag.admin.ch/themen/krankenversicherung/00263/00264/04102/index.html |titel=Bundesamt für Gesundheit – Programm Evaluation Komplementärmedizin (PEK) |zugriff=2008-10-23}}</ref> Am 17.&nbsp;Mai 2009 stimmte eine Mehrheit des Schweizer Stimmvolks dafür, dass die Berücksichtigung der [[Komplementärmedizin]] in der Bundesverfassung verankert wird. Die Verfassung enthält nun den Satz „Bund und Kantone sorgen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für die Berücksichtigung der Komplementärmedizin.“ Zur Umsetzung dieses Verfassungszusatzes wird ab 2012 die Homöopathie neben vier weiteren alternativmedizinischen Behandlungsmethoden unter bestimmten Voraussetzungen von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung bezahlt. Diese Regelung gilt provisorisch bis Ende 2017. In dieser Zeit gelten Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit der fünf komplementärmedizinischen Methoden als teilweise umstritten und werden hinsichtlich dieser Kriterien evaluiert.<ref>[http://www.bag.admin.ch/aktuell/00718/01220/index.html?lang=de&msg-id=37173 Mitteilung des Eidgenössischen Departements des Innern, 12. Januar 2011]</ref>
 
Für Ärzte besteht die Möglichkeit, einen von der [[Foederatio Medicorum Helveticorum|FMH]] anerkannten Fähigkeitsnachweis Homöopathie zu erwerben. Die Ausbildung dauert zwei Jahre und wird in Form von Seminaren und Supervision absolviert.<ref>[http://www.homoeopathie-welt.ch/index.php?menuid=79&reporeid=165 Fähigkeitsausweis Homöopathie SVHA/FMH]</ref>
 
=== Österreich ===
Bereits kurz nach dem Krieg gab es in [[Wien]] eine Interessenvertretung für Homöopathie.<ref>Sonia Horn: ''Homöopathische Spuren: Beiträge zur Geschichte der Homöopathie in Österreich.'' Verlagshaus der Ärzte, 2003, ISBN 3-901488-36-7</ref> 1953 wurde die ''Österreichische Gesellschaft für Homöopathische Medizin'' (ÖGHM) als größte Vereinigung homöopathischer Ärzte Österreichs gegründet. Sie hat heute etwa 900 Mitglieder.<ref>[http://www.homoeopathie.at/ueber-die-oeghm/ Über die ÖGHM]</ref> In Österreich unterliegen homöopathische Arzneimittel dem Arzneimittelgesetz von 1983.<ref>{{internetquelle|url=http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10010441|titel=Österreichisches Arzneimittelgesetz von 1983 in der Fassung vom 1. Juni 2009|zugriff=1. Juni 2009}}</ref> In ihm wurde die Homöopathie als Teil der Medizin anerkannt. Seitdem ist die Ausübung der Homöopathie in Österreich Ärzten vorbehalten. Die Österreichische Ärztekammer verleiht dafür seit 1995 ein eigenes Diplom für den Bereich Homöopathie, welches zur Ausübung berechtigt. Zur Erlangung des Diploms ist eine mehrjährige Ausbildung zu absolvieren, die etwa 350 Fortbildungsstunden umfasst.<ref>Michael Frass: ''Zur Geschichte der Homöopathie.'' [http://www.netdoktor.at/health_center/homoeopathie/geschichte.shtml online] auf Netdoktor.at</ref><ref>[http://www.homoeopathie.at/ausbildung/ Ausbildungsinformationen] der ''Österreichischen Gesellschaft für Homöopathische Medizin''</ref> 1991 wurde in [[Salzburg]] die ''Ärztegesellschaft für Klassische Homöopathie'' (ÄKH) gegründet, die heute über 130 Mitglieder verfügt,<ref>[http://www.aekh.at/index.php?id=26 ''Ärztegesellschaft für Klassische Homöopathie'']</ref> und 1994 die ''Österreichische Gesellschaft für Veterinärmedizinische Homöopathie'' (ÖGVH). 1995 wurde eine Ausbildung zum ''Fachtierarzt für Veterinärmedizinische Homöopathie'' durch die ''Delegiertenversammlung der Tierärzte Österreichs'' beschlossen.<ref>[http://www.oegvh.at/language/de-de/unser-verein/vereinsgeschichte.aspx Geschichte der ÖGVH]</ref>
 
=== Weltweit ===
[[Datei:Homeopathic332.JPG|miniatur|Homöopathische Pillen und Tropfen]]
Heute ist die Homöopathie in fast allen Ländern der Erde vertreten.<ref name="RoBoSt" /> Weltweit liegt der Umsatz mit homöopathischen Arzneimitteln geschätzt in einer Größenordnung von 2 Milliarden Euro. Das sind weniger als ein Prozent des gesamten Arzneimittelmarkts. Die größten Märkte sind Frankreich, USA, Deutschland und Indien. Die Hälfte des Homöopathie-Marktes entfällt auf Europa.<ref>[http://www.bah-bonn.de/index.php?id=873 Bundesverband der Arzneimittelhersteller e.V.]</ref>
 
In Großbritannien forderte ein Ausschuss des Unterhauses Anfang 2010 aufgrund fehlender Wirkungsnachweise, Homöopathie nicht mehr mit öffentlichen Mitteln zu finanzieren.<ref>S. auch [http://www.newscientist.com/article/dn18559-stop-funding-homeopathy-say-british-mps.html New Scientist], Stop funding homeopathy, say British MPs, 23 February 2010.</ref> Trotz der Empfehlungen des Ausschusses hat die Regierung Großbritanniens beschlossen, die Homöopathie weiterhin über das [[National Health Service|NHS]] bezahlen zu lassen. Sie stimmt zwar weitgehend mit den Einschätzungen des Ausschusses überein, glaubt aber, dass der informierte Patient und sein Arzt in der Lage seien, die geeignete Behandlung zu finden. Dies schließe auch eine alternative Methode wie die Homöopathie ein.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.dh.gov.uk/prod_consum_dh/groups/dh_digitalassets/@dh/@en/@ps/documents/digitalasset/dh_117811.pdf |titel=Government Response to the Science and Technology Committee report 'Evidence Check 2: Homeopathy' |autor=Secretary of State for Health by Command of Her Majesty |datum= 2010-07-00|zugriff=2010-08-26 |sprache= Englisch |format=PDF; 70&nbsp;kB}}</ref>
 
Jährlich findet im April, in der Geburtswoche Hahnemanns, die ''World Homeopathy Awareness Week'' statt, um auf die Behandlungsmethode aufmerksam zu machen.<ref>[http://www.worldhomeopathy.org/ ''World Homeopathy Awareness Week'']</ref>
 
== Kritik an der Homöopathie ==
 
Bereits im 19. Jahrhundert wurde die Homöopathie scharf kritisiert.<ref name="Gmelin">{{Literatur
| Autor  = [[Ferdinand Gottlieb von Gmelin]]
| Titel  = Critik der Principien der Homöopathie
| Verlag = Osiander
| ISBN  =
| Jahr  = 1835
| Online =
  {{Google Buch
  | BuchID  = yBU4AAAAMAAJ
  | Linktext = Volltext
  }}
}}</ref> 1851 bezeichnete der [[Vereinigtes Königreich|britische]] Arzt [[w:Robert Mortimer Glover|Robert Mortimer Glover]] sie als die schlimmste Art von [[w:Quacksalberei|Quacksalberei]], die es je gegeben hätte und vermutlich je geben würde.<ref>[[w:Robert Mortimer Glover|Robert Mortimer Glover]]: ''The philosophy of medicine: on quackery, etc., being the last of a course of lectures delivered in the School of Medicine, Newcastle upon Tyne.'' Seville & Edwards, 1851, S. 14.</ref> Karl Wilhelm Fickel, zeitweilig leitender [[w:Oberarzt|Oberarzt]] an der homöopathischen Lehranstalt Leipzig und unter dem [[Pseudonym]] Ludwig Heyne Autor homöopathischer Schriften, wandte sich komplett von der Homöopathie ab und veröffentlichte 1840 seine Schrift ''Direkter Beweis von der Nichtigkeit der Homöopathie als Heilsystem''.<ref name="Fickel">{{Literatur
| Autor  = Karl Wilhelm Fickel
| Titel  = Direkter Beweis von der Nichtigkeit der Homöopathie als Heilsystem
| Verlag = Friedrich August Leo
| ISBN  =
| Jahr  = 1840
| Online =
  {{Google Buch
  | BuchID  = xRQ4AAAAMAAJ
  | Linktext = Volltext
  }}
}}</ref> Er urteilte: „Als Heilsystem ist die Homöopathie eine Irrlehre, in praktischer Anwendung ein Unding.“<ref>Munk: ''Die Homöopathie und die Homöopathen. Ein Beitrag zur Kultur derselben'', Verlag der J. Dalp'schen Buch- und Kunsthandlung, Bern 1868, Neuauflage Verlag BiblioBazaar, 2010, ISBN 1-141-10138-6</ref> [[w:Carl Ernst Bock|Carl Ernst Bock]] bezichtigte 1855 Hahnemann der Fälschung und bezeichnete die Homöopathie als „ein Gewebe von Täuschungen, Unwissenheit und Unwahrheiten“.<ref name="Bock">{{Literatur
| Autor  = [[w:Carl Ernst Bock|Carl Ernst Bock]]
| Titel  = Die Homöopathie: ein Gewebe von Täuschungen, Unwissenheit und Unwahrheiten, im Interesse der Volksaufklärung
| Verlag = Ernst Keil
| ISBN  =
| Jahr  = 1855
| Online =
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  | BuchID  = k7ZLAAAAMAAJ
  | Linktext = Volltext
  }}
}}</ref>
 
Bis heute existiere laut Ansicht von Gegnern weder ein formaler, reproduzierbarer Nachweis noch eine akzeptable naturwissenschaftliche Begründung für eine Wirksamkeit homöopathischer Arzneimittel, die über den [[Placebo]]-Effekt hinausgeht.<ref name="Lemmer">Björn Lemmer, Kay Brune: ''Pharmakotherapie: Klinische Pharmakologie.'' Springer, 2006, ISBN 3-540-34180-3, S. 19. ({{Google Buch |BuchID=cCiPF6jCQzMC |Seite=PA19}})</ref><ref>Zusammenfassende Studie des australischen „National Health and Medical Research Council“ über die empirischen Belege für die Wirksamkeit der Homöopathie vom März 2015: https://nhmrc.gov.au/about-us/publications/evidence-effectiveness-homeopathy-treating-health-conditions eingesehen 19. Oktober 2018.</ref><ref>{{Literatur |Autor=Celine Müller |Titel=Cochrane-Review: Homöopathie zeigt keinen Nutzen |Sammelwerk=DAZ.online |Datum=2018-04-23 |Online=https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2018/04/23/homoeopathie-zeigt-keinen-nutzen/chapter:all |Abruf=2018-04-30}}</ref> Die Homöopathie wird von Teilen der wissenschaftlichen Medizin auch als wirkungslose, in einigen Fällen sogar [[#Risiken der Homöopathie|gefährliche]] Behandlung abgelehnt.<ref name="prokop95">{{Literatur |Autor=Otto Prokop |Titel=Homöopathie. Was leistet sie wirklich? |Verlag=Ullstein Taschenbuch |Ort=Berlin |Datum=1995 |ISBN=3-548-35521-8 |Seiten=28}}</ref>
 
Weiterhin werden auch die theoretischen Grundprinzipien der Homöopathie angegriffen. Das Ähnlichkeitsprinzip (siehe auch [[Magisches Denken]]) sei von Hahnemann durch seinen [[#Der Chinarindenversuch – Die Geburtsstunde der Homöopathie?|Selbstversuch mit Chinarinde]] belegt worden. Dieser ist jedoch nicht reproduzierbar und Hahnemann zeigte möglicherweise bloß eine allergische Reaktion auf die Chinarinde. Angezweifelt wird auch das zweite wichtige Prinzip der Homöopathie, das besagt, dass homöopathische Mittel in „potenzierter“ Form wirksamer seien als Urtinkturen.<ref name="RainerWolf" /><ref name="Bock" /><ref name="Fickel" /><ref name="Gmelin" /><ref name="Löscher">{{Literatur
| Autor  = W. Löscher, A. Richter
| Titel  = Homöopathie und Phytotherapie in der Veterinärmedizin. In: Felix R. Althaus, Hans-Hasso Frey: ''Lehrbuch der Pharmakologie und Toxikologie für die Veterinärmedizin.''
| Verlag = Georg Thieme Verlag
| ISBN   = 3-8304-1070-0
| Jahr  = 2007
| Online =
  {{Google Buch
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  | Linktext = S. 580
  }}
}}</ref><ref name="Vahle">Wolfgang Vahle: ''Die Homöopathie ist ein großer Irrtum.'' NOVO 67/68 (2003), [http://www.novo-magazin.de/67/novo6734.htm online]</ref><ref name="warentest" /><ref name="Vahle" /><ref name="Wegener" /><ref name="Wegener">Andreas Wegener: ''Die Bedeutung von objektiven und subjektiven Symptomen in der naturwissenschaftlich-technischen Medizin und in der Homöopathie.'' ZKH 4/2002, 113-9, [http://www.wegener-andreas.de/publikationen/objektive_und_subjektive_symptome_medizin_homoeopathie.pdf online] (PDF-Dokument; 147 kB)</ref><ref name="RainerWolf">Rainer Wolf: ''Homöopathie.'' In: ''Naturwissenschaftliche Rundschau.'' 8/2006, S. 457–458; Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart. [http://www.naturwissenschaftliche-rundschau.de/navigation/dokumente/Stichwort0806.pdf Volltext] (PDF-Dokument; 68 kB)</ref><ref name="Löscher" /><ref name="Vahle" /><ref name="Fickel" />
 
In einer Studie von [[Helmut Kiene]] ist nachgewiesen, dass die Gegner der ''Homöopathie'' zuweilen von einem völlig verfehltem wissenschaftstheoretischen Ansatz ausgehen.<ref>Vgl. Helmut Kiene: ''Komplementärmedizin - Schulmedizin''. Der Wissenschaftsstreit am Ende des 20. Jahrhunderts, Schattauer Vlg., Stuttgart; New York 1994, ISBN 3-7945-1592-7.</ref>
 
Nach Auffassung des Wissenschaftstheoretikers [[Paul Feyerabend]] ist die wissenschaftspolitische Verengung auf bestimmte, z.B. schulmedizinischen Nachweismethoden dogmatisch und damit unzulässig.<ref>Paul Feyerabend: ''Wider den Methodenzwang'', Suhrkamp TB Wissenschaft, Frankfurt a.M. 1999, ISBN 3-518-28197-6</ref>
 
== Sonstiges ==
* Der im 20. Jahrhundert populäre [[Abenteuerroman]]schriftsteller [[Karl May]] beschreibt 1881 in seiner Reiseerzählung ''[[Orientzyklus|Durch Wüste und Harem]]'', die 1895 in ''Durch die Wüste'' umbenannt wurde, dass ihm, als seinem [[Alter Ego]] ''[[Kara Ben Nemsi]]'' in Kairo eine ''noch halb gefüllte homöopathische Apotheke von [[Willmar Schwabe]] in die Hand gekommen'' sei. Er schildert, wie er mit einem ''Kästchen mit Aconit, Sulphur, Pulsatilla und all' den Mitteln, welche in einer Apotheke von hundert Nummern zu haben sind'' ''hier und da bei einem Fremden oder Bekannten fünf Körnchen von der dreißigsten Potenz'' erfolgreich eingesetzt hätte und so in den Ruf eines erfolgreichen Arztes gelangt wäre. Willmar Schwabe, promovierter Pharmazeut, beschäftigte sich während seines Studiums in den 1860er Jahren mit den Lehren [[Samuel Hahnemann]]s und wurde so zum überzeugten Anhänger der Homöopathie.<ref>Karl May, ''Durch die Wüste'' S. 79ff.</ref>
 
== Verwandte Behandlungsmethoden ==
Es gibt verschiedene Therapieformen, die einzelne oder mehrere Grundsätze der homöopathischen Lehren aufgreifen, wie zum Beispiel [[Anthroposophische Medizin]], [[Bach-Blütentherapie]], [[Isopathie]] und [[Schüßler-Salze]].<ref>{{Literatur
| Autor  = Kay Brune, U. Gundert-Remy, B. Lemmer
| Titel  = Komplementär- und Alternativmethoden. ''In: Kay Brune:'' Pharmakotherapie: Klinische Pharmakologie.
| Verlag = Springer Verlag
| ISBN  = 3-642-10540-8
| Jahr  = 2010
| Online =
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  | Linktext = S. 14
  }}
}}</ref>


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==


*{{FreeWiki|Homöopathie}}
* {{WikipediaDE|Paul Feyerabend}}
*{{WikipediaDE|Homöopathie}}
* {{WikipediaDE|Wider den Methodenzwang}}
* {{WikipediaDE|Erkenntnis für freie Menschen}}
* {{WikipediaDE|Pluralismus (Philosophie}}
* {{WikipediaDE|anything goes}}
* {{WikipediaDE|Wissenschaftstheorie (historisch)}}


== Literatur ==
== Literatur ==
=== Schriften von Samuel Hahnemann ===
*Bibliographie Paul Feyerabends. Journal for General Philosophy of Science. Vol. 28, Nr. 1 / Jan. 1997. Springer Netherlands. {{DOI|10.1023/A:1008200922400  }}
* Samuel Hahnemann: ''[http://books.google.de/books?id=ArI8AAAAcAAJ&pg=PA3&ots=5qfiy7N-JY&dq=hahnemann+kaffee&output=text/ Der Kaffee in seinen Wirkungen].'' E. F. Steinacker Verlag, Leipzig 1803
*Eberhard Döring: ''Paul K. Feyerabend zur Einführung''. Junius (Zur Einführung 180), Hamburg 1998, ISBN 3-88506-980-6
* Samuel Hahnemann ''[http://books.google.de/books?id=0gcAAAAAQAAJ Fragmenta de viribus medicamentorum positivis sive in sano corpore humano observatis]''. Leipzig 1805, Barthius.
* Paul Hoyningen-Huene: ''Paul K. Feyerabend''. Journal for General Philosophy of Science 28: 1-18 (1997).
* Samuel Hahnemann: ''Organon der rationellen Heilkunde''. Erste Auflage: Dresden 1810, Arnoldische Buchhandlung; ''[http://www.homeoint.org/books4/organon/ Organon der Heilkunst].'' Narayana Verlag, Kandern 2004, ISBN 3-921383-80-3; [http://www.zeno.org/Kulturgeschichte/M/Hahnemann,+Samuel/Organon+der+Heilkunst+(6.+Auflage) 6. Auflage 1842 online] auf Zeno.org
* Paul Hoyningen-Huene: ''Paul Feyerabend und Thomas Kuhn''. Journal for General Philosophy of Science 33(1): 61-83 (2002).  
* Samuel Hahnemann: ''Reine Arzneimittellehre.'' Theil 1–6. Leipzig, 1811–1821; Neuauflage: Karl F. Haug Fachbuchverlag, Stuttgart 1995, ISBN 3-8304-0263-5, [http://www.zeno.org/Kulturgeschichte/M/Hahnemann,+Samuel/Reine+Arzneimittellehre online] auf Zeno.org
* Paul Hoyningen-Huene: ''Three Biographies: Kuhn, Feyerabend, and Incommensurability''. In: Randy Harris (ed.): Rhetoric and Incommensurability. West Lafayette: Parlor Press, 2005, pp. 150-175.
* Samuel Hahnemann: ''Die chronischen Krankheiten. Ihre eigentümliche Natur und homöopathische Heilung. 5 Bände.'' Theil 1–5. Erste Auflage: Leipzig 1828–1830; Neuauflage: Karl F. Haug Fachbuchverlag, Stuttgart 1995, ISBN 3-8304-0264-3; [http://www.zeno.org/Kulturgeschichte/M/Hahnemann,+Samuel/Die+chronischen+Krankheiten online] auf Zeno.org
*Friedrich Stadler / Kurt R. Fischer (Hgg.): ''Paul Feyerabend. Ein Philosoph aus Wien''. Springer (Veröffentlichungen des Instituts Wiener Kreis 14), Wien 2006, ISBN 3-211-29759-6
 
*Martin Ludwig Hofmann: ''Paul Feyerabend (1924–1994) – Kultur des Wissens als Kultur der Freiheit'', in: Hofmann, Korta, Niekisch (Hrsg.): ''Culture Club II. Klassiker der Kulturtheorie''. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2006, ISBN 3-518-29398-2
=== Materia medica und Repertorien ===
* Eric Oberheim (2007): Feyerabend's Philosophy. Berlin: de Gruyter.
* Timothy Field Allen: ''The Encyclopedia of Pure Materia Medica, 10 Bände'', Reprint, New Delhi 1995 (ursprünglich: 1874–1879)
*Thomas Sukopp: ''Anything goes? Paul K. Feyerabend als Elefant im Popperschen Porzellanladen''. [http://www.gkpn.de Aufklärung und Kritik], 1/2007 14. Jg. {{ISSN|0945-6627}}
* Richard Hughes, Jabez P. Dake: ''A Cyclopedia of Drug Pathogenesy, 4 Bände'', Reprint, New Delhi 1979 (ursprünglich: 1884–1891)
*Ursula Schmidt: ''Wie wissenschaftliche Revolutionen zustande kommen: von der vorkopernikanischen Astronomie zur Newtonschen Mechanik.'' Würzburg, Königshausen & Neumann, 2010, ISBN 978-3-8260-4255-3
* James Tyler Kent: ''Repertory of the homoeopathic materia medica.'' B. Jain Publishers, 2004, ISBN 81-7021-153-0
*Thomas Kupka: ''Feyerabend und Kant — Kann das gut gehen? Paul K. Feyerabends ›Naturphilosophie‹ und Kants Polemik gegen den Dogmatismus''. In: ''Journal for General Philosophy of Science'' 42 (2011) S. 399-409 ([http://www.springerlink.com/content/d6440714n1118787/fulltext.pdf DOI 10.1007/s10838-011-9170-0])
* William Boericke: ''Homöopathische Mittel und ihre Wirkungen – Materia Medica und Repertorium.'' Verlag Grundlagen und Praxis GmbH & Co. Wissenschaftlicher Autorenverlag, Leer, 1. deutschsprachige Auflage 1972, 8. Auflage 2004, ISBN 3-937268-08-1
*[[Joachim Stiller]]: [http://joachimstiller.de/download/philosophie_pluralismus.pdf Gemäßigter Pluralismus: Der aufgeklärte Liberalismus in gemäßigter Form] PDF
* Clemens Maria Franz von Bönninghausen: ''Systematisch-alphabetisches Repertorium der Homöopathischen Arzneien.'' Coppenrath, 1833
 
=== Sekundärliteratur ===
* Gudrun Barwig: ''Homöopathie im Nationalsozialismus'' Naturheilpraxis 12 (1996), [http://www.frauenweise.de/homoeopathie-und-nationalsozialismus.html online]
* Georg Bayr: ''Hahnemanns Selbstversuch mit der Chinarinde 1790. Die Konzipierung der Homöopathie'', Haug, Heidelberg 1989, ISBN 3-8304-0210-4
* Tilman Borghardt: ''Homöopathie in Indien'', Barthel & Barthel Verlag, Reihe „Dissertationen“, Berg 1990, ISBN 3-88950-050-1
* Gudrun Bornhöft, Peter F. Matthiessen: ''Homöopathie in der Krankenversorgung. Wirksamkeit, Nutzen, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit'', Vas-Verlag für Akademische Schriften 2006, ISBN 978-3-88864-419-1
* Anthony Campbell: ''Homeopathy in Perspective: Myth and Reality'', 2004, [http://web.archive.org/web/20060716031101/http://www.accampbell.uklinux.net/homeopathy/homeopathy-pdf/homeobook.pdf PDF (552 KB)]
* Martin Dinges (Hrsg): ''Weltgeschichte der Homöopathie: Länder, Schulen, Heilkundige'', Beck, München 1996
* Martin Dinges: ''Homöopathie: Patienten, Heilkundige, Institutionen; von den Anfängen bis heute'', Haug, Heidelberg 1996
* Martin Dinges: [http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0159-20101011100 ''Die Homöopathie erobert die Welt ''], in: Europäische Geschichte Online, hrsg. vom Institut für Europäische Geschichte (Mainz), 2012, Zugriff am: 13. Juni 2012.
* Sigrid Heinze (Hrsg.): ''Homöopathie 1796–1996: eine Heilkunde und ihre Geschichte. Katalog zur Ausstellung des Deutschen Hygiene-Museums Dresden vom 17.&nbsp;Mai bis 20.&nbsp;Oktober 1996'', Berlin 1996
* Wolfgang H. Hopff: ''Homöopathie kritisch betrachtet.'' Thieme, Stuttgart 1991, ISBN 3-13-765401-7
* Robert Jütte: ''Samuel Hahnemann. Begründer der Homöopathie.'', dtv&nbsp;– Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2005, ISBN 3-423-24447-X
* Martin Lambeck: ''Irrt die Physik? Über alternative Medizin und Esoterik.'' Verlag CHBeck, München 2003, ISBN 3-406-49469-2, S. 50ff.
* Otto Prokop: ''Homöopathie. Was leistet sie wirklich?.'' Ullstein Taschenbuch, Berlin 1995, ISBN 3-548-35521-8
* Josef M. Schmidt: ''Taschenatlas Homöopathie in Wort und Bild. Grundlagen, Methodik, Geschichte'', Haug, Heidelberg 2001
* Martin Schmitz (Hrsg.): ''Strömungen der Homöopathie: Konzepte – Lehrer – Verbreitung'', Forum Homöopathie, KVC Verlag Essen, 2. Auflage 2002
* Michael Shermer, Lee Traynor: ''Heilungsversprechen. Alternativmedizin zwischen Versuch und Irrtum.'' Alibri Verlag Gunnar Schedel, Aschaffenburg 2004, ISBN 3-932710-86-X
* Rudolf Tischner: ''Geschichte der Homöopathie'' in vier Teilen, Leipzig 1932–1939, Faksimile-Nachdruck: Springer, Wien 1998
* Rudolf Tischner: ''Das Werden der Homöopathie. Geschichte der Homöopathie vom Altertum bis zur neuesten Zeit'', Neuauflage der Ausgabe von 1950. Sonntag, Stuttgart 2001
* Christian Weymayr, Nicole Heißmann: ''Die Homöopathie-Lüge. So gefährlich ist die Lehre von den weißen Kügelchen''. Piper, München 2012, ISBN 978-3-492-05536-9
* Matthias Wischner: ''Kleine Geschichte der Homöopathie'', Forum Homöopathie, KVC Verlag, Essen 2004, ISBN 3-933351-41-3
* Rainer Wolf, Jürgen Windeler: ''Erfolge der Homöopathie&nbsp;– nur ein Placebo-Effekt?'' Regiomontanusbote 4 (1997) [http://www.gwup.org/themen/berichte/homoepathie.html online]
 
=== Wissenschaftliche Studien zur Wirksamkeit ===
* Klaus Linde, Nicola Clausius, Gilbert Ramirez, Dieter Melchart, Florian Eitel, Larry V. Hedges, Wayne B. Jonas: ''Are the clinical effects of homeopathy placebo effects? - A meta-analysis of placebo-controlled trials.'' Lancet 350 (1997), 834-843, PMID 9310601, [http://www.homeovet.cl/BRIONES/Are%20the%20clinical%20effects%20of%20homoeopathy%20placebo%20effects%20%20A%20meta-analysis%20of%20....pdf online] (PDF-Dokument; 3,18 MB).
* Edzard Ernst: ''A systematic review of systematic reviews of homeopathy.'' British Journal of Clinical Pharmacology 54 (2002), 577–582, PMID 12492603, {{DOI|10.1046/j.1365-2125.2002.01699.x}}.
* Aijing Shang, Karin Huwiler-Müntener, Linda Nartey, Peter Jüni, Stephan Dörig, Jonathan A C Sterne, Daniel Pewsner, Matthias Egger: ''Are the Clinical Effects of Homoeopathy Placebo Effects? Comparative Study of Placebo-Controlled Trials of Homoeopathy and Allopathy.'' Lancet 366 (2005), 726–732, PMID 16125589 [http://web.archive.org/web/20070928125832/http://www.dzvhae.com/portal/pics/abschnitte/011005042421_lancet_kopie.pdf online] (PDF-Dokument; 604 kB). vgl. dazu auch die deutschsprachige Zusammenfassung in [http://www.wissenschaft-online.de/artikel/787700 wissenschaft-online] im August 2005
* Shital Magar, Deepika Nayak, Umesh B. Mahajan, Kalpesh R. Patil, Sachin D. Shinde, Sameer N. Goyal, Shivang Swaminarayan, Chandragouda R. Patil, Shreesh Ojha & Chanakya Nath Kundu: ''Ultra-diluted Toxicodendron pubescens attenuates pro-inflammatory cytokines and ROS- mediated neuropathic pain in rats'', in: ''Scientific Reports'', Volume 8, Article number: 13562 (2018), {{doi|10.1038/s41598-018-31971-9}} [https://www.nature.com/articles/s41598-018-31971-9.pdf pdf]
* P. C. Endler, W. Pongratz, C. W. Smith, J. Schulte: ''Non-Molecular Information Transfer from Thyroxine to Frogs with Regard to Homoeopathic Toxicology'', in: ''Veterinary and human toxicology'' 37(3), July 1995, pp 259-60 [https://www.researchgate.net/publication/15628480_Non-Molecular_Information_Transfer_from_Thyroxine_to_Frogs_with_Regard_to_Homoeopathic_Toxicology online]
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=== Homöopathie und Anthroposophie ===
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== Weblinks ==
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* {{SEP|http://plato.stanford.edu/entries/feyerabend/ || John Preston}}
* [http://www.uni-konstanz.de/FuF/Philo/philarchiv/bestaende/Feyerabend.htm Nachlass, Manuskripte, Korrespondenz und Handbibliothek Paul Feyerabends im Philosophischen Archiv der Uni Konstanz]
* [http://science.orf.at/science/news/145066 Das „Testament“ des Paul Feyerabend]
* [[Joachim Stiller]]: [http://joachimstiller.de/philosophie11.html Projekt Wissenschaftstheorie II]]


=== Quellentexte ===
== Einzelnachweise ==
* [http://www.homeoint.org/english/index.htm Homéopathe international] Internationale Homöopathie-Website mit Quellentexten (engl., franz., teilweise deutsch)
Paul Feyerabends Autobiographie ''Zeitverschwendung'' wird mit ''Zeit'' abgekürzt.
* [http://www.hti.umich.edu/h/homeop/ Taubman Medical Library Homeopathy Collection] zahlreiche, auch deutschsprachige digitalisierte Quellenschriften


=== Verbände ===
* [http://www.dmoz.org/World/Deutsch/Gesundheit/Alternativ/Hom%C3%B6opathie/Organisationen/ Links zu deutschsprachigen Verbänden] im Open Directory Project
* [http://www.dmoz.org/Health/Alternative/Homeopathy/Organizations/ Links zu weltweiten Verbänden] im Open Directory Project
=== Über Homöopathie ===
* [https://www.hri-research.org Homeopathy Research Institute]
** [https://www.hri-research.org/de/quellen/homeopathy-faqs/ FAQ Homöopathie]
* Marcus Hammerschmitt: [http://www.heise.de/tp/r4/artikel/21/21646/1.html ''Sisyphos im Nachteil. Sehen wir dem Ende oder einer Renaissance der Homöopathie entgegen?''] heise online vom 1. Januar 2006, zuletzt abgerufen am 8. Dezember 2010
* [http://www.gwup.org/themen/texte/homoeopathie/ Homöopathie] bei der GWUP
* [http://altmed.creighton.edu/Homeopathy/ Homeopathy Tutorial] der Creighton University School of Medicine (englisch)
* Stephen Barrett: [http://www.homeowatch.org/ Homeowatch – ''Your Skeptical Guide to Homeopathic History, Theories, and Current Practices''] (englisch)
* Kimball Atwood: [http://www.sciencebasedmedicine.org/index.php/homeopathy-and-evidence-based-medicine-back-to-the-future-part-i/ Homeopathy and Evidence-Based Medicine: Back to the Future] in [http://www.sciencebasedmedicine.org/index.php/about-science-based-medicine/ Science-Based Medicine] (englisch) vom 4. Januar 2008, zuletzt abgerufen am 19. April 2012
* [http://www1.lsbu.ac.uk/water/water_structure_science.html Water Structure and Science] - [http://www1.lsbu.ac.uk/water/martin_chaplin.html Martin Chaplin]
* [https://homeopathyusa.org/uploads/LIGA%20Congress%20Presentations/Chaplin%20Liga%202010.pdf Homeopathy and the Physics of Water] - Martin Chaplin
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />


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Version vom 5. November 2018, 23:45 Uhr

Paul Karl Feyerabend (* 13. Januar 1924 in Wien; † 11. Februar 1994 in Genolier im schweizerischen Waadtland) war ein österreichischer Philosoph und Wissenschaftstheoretiker. Er war von 1958 bis 1989 Philosophieprofessor an der Universität von Kalifornien in Berkeley und lebte zeitweilig in England, Deutschland, Neuseeland, Italien, zuletzt in der Schweiz, wo er als Hochschullehrer an der ETH Zürich tätig war.

Bekannt wurde Feyerabend durch seinen wissenschaftstheoretischen Anarchismus. Nach Feyerabend lassen sich keine universellen und ahistorischen wissenschaftlichen Methoden formulieren, produktive Wissenschaft müsse vielmehr Methoden nach Belieben verändern, einführen und aufgeben dürfen. Zudem gebe es keine allgemeinen Maßstäbe, mit denen man verschiedene wissenschaftliche Methoden oder Traditionen bewerten könne. Das Fehlen allgemeiner Bewertungsmaßstäbe führt Feyerabend zu einem philosophischen Relativismus, nach dem keine Theorie allgemein wahr oder falsch ist.

Paul Feyerabend in Berkeley

Leben

Kindheit, Jugend, Krieg

Paul Feyerabend wurde 1924 in Wien geboren. Als Sohn einer Mittelstandsfamilie besuchte er ein Realgymnasium und war ein Schüler mit überdurchschnittlichen Leistungen. Die Eltern hatten aufgrund von Krieg und Inflation lange gewartet, bevor sie ihr erstes und einziges Kind bekamen, Paul Feyerabends Mutter war bei seiner Geburt bereits 40 Jahre alt. In Kontakt mit der Philosophie kam Feyerabend nach eigenen Angaben durch einen Zufall: „Wenn man sich nach Literatur umsah, die zum Verkauf bestimmt war, konnte man tonnenweise Bücher für nur ein paar Groschen erwerben. […] Ich konnte es nicht vermeiden, daß hin und wieder auch ein Band von Plato, Descartes oder Büchner (dem Materialisten, nicht dem Dichter) darunter waren. Ich habe diese unerwünschten Zugaben dann wohl aus Neugier gelesen oder einfach, weil ich dafür bezahlt hatte.“[1]

Im März 1938 wurde Österreich Teil des deutschen Reiches, am 1. September 1939 begann der Zweite Weltkrieg und veränderte das Leben des 15-Jährigen. Feyerabends Eltern begrüßten den Anschluss, Feyerabend beschreibt sein Verhältnis zu den Nazis als naiv und relativ emotionslos. Er wurde nicht zu einem glühenden Anhänger, reagierte jedoch auch auf die im Krieg erlebten Grausamkeiten nicht mit Empörung. 1940 begann Feyerabend mit dem Reichsarbeitsdienst, 1942 wurde er Teil eines Pionierkorps, 1943 besuchte er eine Offiziersschule. Er wurde für die Ausbildung nach Jugoslawien geschickt; nach Feyerabend war die Offiziersschule insbesondere ein Weg, den Kriegseinsatz zu umgehen. In Jugoslawien erfuhr er von der Selbsttötung seiner Mutter, ein Ereignis, das ihn damals nicht sehr bewegte. Feyerabend wurde noch im September 1943 nach Russland geschickt, wo er sich nach eigenen Angaben leichtsinnig und theatralisch verhielt und dafür bis zum Leutnant befördert wurde.

Im letzten Kriegsjahr wurde Feyerabend auf dem Rückzug von mehreren Kugeln in den Magen und die Hand getroffen. „Ich verspürte keinen Schmerz, aber ich war überzeugt, daß meine Beine getroffen waren. Einen Augenblick sah ich mich im Rollstuhl an einer endlosen Bücherwand entlangfahren – ich war fast glücklich. Die Soldaten, die schleunigst aus dem Kampfgebiet kommen wollten, standen um mich herum, hoben mich auf einen Schlitten und zogen mich weg. Für mich war der Krieg vorbei.“[2] Feyerabends schwere Verletzungen bewirkten, dass er sein Leben lang starke Schmerzen hatte, an einem Stock gehen musste und impotent geworden war. Er wurde in eine Klinik in Apolda gebracht; nach Kriegsende studierte er für ein Jahr Gesang im nahen Weimar.

Studienzeit

1947 kehrte Feyerabend aus Weimar nach Wien zurück. Seine frühere Leidenschaft – die Physik – schien ihm nach Kriegsende lebensfremd, und so begann er mit dem Studium der Geschichte und Soziologie. Bald langweilten ihn jedoch seine Vorlesungen, er wechselte noch im gleichen Jahr zur Physik. Unter den Physikern an der Universität Wien machte insbesondere Felix Ehrenhaft Eindruck auf Feyerabend. Bald kam er durch Victor Kraft zudem in Kontakt mit der akademischen Philosophie. Kraft war im Gegensatz zu den anderen bekannten Mitgliedern des Wiener Kreises in Österreich geblieben und hatte um sich eine Gruppe von Philosophen und Studenten versammelt – den so genannten „Kraft-Kreis“. Unter ihnen war auch Feyerabend, der im Kraft-Kreis die Gelegenheit bekam, mit Philosophen wie Walter Hollitscher, Elizabeth Anscombe oder Ludwig Wittgenstein zu diskutieren. In dieser Zeit übernahm Feyerabend zentrale Überzeugungen des logischen Empirismus: „Das war übrigens die Haltung bei all meinen Diskussionbeiträgen: die Wissenschaft ist die Grundlage des Wissens, Wissen ist empirisch, nicht-empirische Überlegungen sind entweder Logik oder Unsinn.“[3]

Entscheidend für Feyerabends weitere Entwicklung wurde das Forum Alpbach, an dem er 1948 erstmals teilnahm. In Alpbach lernte Feyerabend Hanns Eisler, Bertolt Brecht und nicht zuletzt Karl Popper kennen. Das Angebot, bei Brecht als Assistent zu arbeiten, schlug Feyerabend aus.[4] Stattdessen wollte er nach seiner Promotion 1951 mit einem Stipendium des British Council bei Wittgenstein in Cambridge studieren. Da Wittgenstein jedoch 1951 verstarb, ging Feyerabend zu Popper an die London School of Economics and Political Science. Der Einfluss Poppers wurde in mehrfacher Hinsicht bestimmend für Feyerabends philosophische Entwicklung. Zunächst übernahm er den Falsifikationismus und wurde tief von Poppers Denken geprägt. Später wandte er sich jedoch von Poppers kritischem Rationalismus ab und machte ihn zum Hauptgegner des eigenen wissenschaftstheoretischen Anarchismus.

Von Bristol nach Berkeley

1955 bekam Feyerabend seine erste akademische Stelle an der University of Bristol, wo er eine Vorlesung über Wissenschaftstheorie zu halten hatte. Die Stelle war wohl nicht zuletzt dem Einfluss Poppers zu verdanken, allerdings zeigten sich nach Feyerabend erste Brüche: John Watkins „[…] ging mit ernstem Gesicht auf und nieder und hielt mir eine Strafpredigt, weil ich ein schlechter Popperianer war: zu wenig Popper im Text meiner Aufsätze und schon gar keinen Popper in den Fußnoten. Als ich ihm dann im Detail erklärte, daß man an einigen Stellen doch ein bißchen Popper herauslesen konnte, gab er einen Seufzer der Erleichterung von sich, führte mich ins Wohnzimmer und erlaubte mir zu essen.“[5] Feyerabends Schriften der 1950er und frühen 1960er Jahre sind dennoch stark durch Poppers Falsifikationismus geprägt.[6] Während seiner Zeit in Bristol heiratete Feyerabend zum zweiten Mal, die Ehe wurde jedoch, wie auch schon die erste, schnell geschieden. In dieser Situation war Feyerabend glücklich, dass ihm 1958 das Angebot gemacht wurde, ein Jahr an der University of California, zu verbringen.

Berkeley wurde für über 30 Jahre zum Hauptwohnsitz von Feyerabend. Der Wechsel von Europa in die USA war auf verschiedene Weisen prägend: Zunächst kam Feyerabend insbesondere durch seine Besuche am Minnesota Center for the Philosophy of Science schnell in engen Kontakt mit der amerikanischen Philosophieszene. Unter den Bekanntschaften waren zum einen viele alte Vertreter des Wiener Kreises wie Herbert Feigl, Rudolf Carnap und Carl Gustav Hempel, zum anderen jüngere Vertreter der amerikanischen analytischen Philosophie wie John Searle und Hilary Putnam. 1965 veröffentlichte Feyerabend seine erste ausführliche, wissenschaftstheoretische Schrift, Problems of Empiricism.[7] Dieser lange Essay enthält bereits viele radikale Überlegungen, basiert jedoch auf einem philosophischen Realismus und führte Feyerabend noch nicht zu einer unbedingten Konfrontation mit der zeitgenössischen Wissenschaftsphilosophie.

Des Weiteren war das politische Klima Berkeleys und der San Francisco Bay Area prägend: 1964 machte die Free Speech Movement Berkeley zum linksrevolutionären Zentrum der USA, drei Jahre später war die Hippiebewegung im benachbarten San Francisco mit dem Summer of Love auf ihrem Höhepunkt angelangt. Feyerabend hat in seinen Schriften immer wieder betont, dass die Erfahrungen mit den politischen Bewegungen und der Multikulturalität der Bay Area seine philosophischen Gedanken stark geprägt haben. So erklärt er etwa in Bezug auf die multikulturelle Studentenschaft: „Wer war ich, um diesen Menschen zu erklären, was und wie sie denken sollten? Ich hatte keine Ahnung von ihren Problemen, obwohl ich wusste, dass sie viele Probleme hatten. Ich kannte nicht ihre Interessen, ihre Gefühle, ihre Ängste, ihre Hoffnungen […]. Denn diese Aufgabe [gemeint ist das Dozieren der Tradition des westlichen Rationalismus] war die eines gebildeten und vornehmen Sklavenhalters. Und ein Sklavenhalter wollte ich nicht sein.“[8]

Feyerabends lange Zeit in Berkeley änderte jedoch nichts an seiner Rastlosigkeit und der Unzufriedenheit mit seiner neuen Heimat. Über die Jahre nahm er viele (Gast-)Professuren an, ohne jedoch an einem Ort vollständig zufrieden zu sein. Längere Zeit verbrachte er in London und Berlin, wo er ebenfalls mit den Studentenbewegungen in Kontakt kam. Weitere Stationen waren Auckland, Kassel, Sussex und Yale.

Der Anarchist in der Wissenschaftstheorie

In den 1960er Jahren hatte Feyerabend einige unkonventionelle Ideen publiziert, sich langsam vom kritischen Rationalismus gelöst und sich in Berkeley mit seinem unsteten Lehrstil einige Feinde gemacht. Insgesamt hatte er sich jedoch eine Reputation als ernstzunehmender und geachteter Wissenschaftstheoretiker erarbeitet. Die folgenden Jahre sollten diese Situation verändern. 1970 veröffentlichte Feyerabend einen Aufsatz mit dem Titel Against Method, in dem er die bekannten wissenschaftstheoretischen Methodologien angriff.[9] Seine Position entwickelte sich von einem liberalen und realistischen Methodenpluralismus zu einem relativistischen Angriff auf die Methodologie im Allgemeinen.

Mit seinem Freund Imre Lakatos plante Feyerabend eine gemeinsame Publikation zur Methodendebatte in der Wissenschaftstheorie. Lakatos sollte die Methode der Falsifikation gegen Feyerabends wütende Attacken auf jede Form von methodologischen Regeln verteidigen. Lakatos verstarb allerdings 1974 und Feyerabend veröffentlichte seine Kritik unter dem Titel Against Method. Outline of an anarchistic Theory of Knowledge als Monographie. Das Buch machte Feyerabend mit dem Slogan „anything goes“ über die Grenzen der Wissenschaftstheorie bekannt. In einer der positiveren Rezensionen des Buches finden sich häufig angeführte Bedenken: „Wider den Methodenzwang ist ein gutes Buch, vielleicht sogar ein großes. Es ist voll mit Widersprüchen, Über- und Untertreibungen und genügend Ad-hominem-Angriffen, um sogar dem liberalsten Studenten einen rhetorischen Hirnschlag zu verpassen.“[10]

Plötzlich fand sich Feyerabend in der Rolle des Hauptgegners der etablierten wissenschaftsphilosophischen Ansätze wieder. Er hatte offenbar nicht mit einer so breiten und heftigen Reaktion gerechnet und empfand die oft scharfe Ablehnung seines Werkes als verletzend: „Mein Privatleben war ein Scherbenhaufen, ich war ohne Schutz. Ich habe oft gewünscht, daß ich dieses verfluchte Buch [englisch: „fucking book“] nie geschrieben hätte.“[11] Als Reaktion auf die Kritik entstand Erkenntnis für freie Menschen, ein Buch, das selbst wiederum scharfe Angriffe und ein leidenschaftliches Bekenntnis zum Relativismus enthielt. Zudem vertiefte Feyerabend seine politische Theorie, die gegen die Macht moderner Technik und Wissenschaft gerichtet war.

Späte Jahre

Feyerabends späte Jahre werden von ihm selbst als seine glücklichsten beschrieben. Über die 1980er Jahre lehrte Feyerabend abwechselnd in Berkeley und an der ETH Zürich, eine Situation, die er sehr genoss. Zudem lernte er 1983 Grazia Borrini bei einer Vorlesung kennen. Sie heirateten sechs Jahre später und blieben bis zu Feyerabends Tod zusammen. Es war Feyerabends vierte Ehe.

Nach dem Erdbeben von San Francisco 1989 zog sich Feyerabend endgültig aus Kalifornien zurück, ein Jahr später wurde er auch an der ETH Zürich emeritiert. „Ich vergaß die 35 Jahre meiner akademischen Karriere fast so schnell wie ich den Militärdienst vergessen hatte. Heute fällt es mir schwer zu glauben, daß ich noch vor fünf Jahren an zwei wissenschaftlichen Institutionen, einer in Europa, einer in Kalifornien, unterrichtet habe.“[12] In den 1980er und 1990er Jahren hat Feyerabend eine große Zahl an Aufsätzen publiziert, seine letzte große Arbeit sollte die Autobiographie Zeitverschwendung (Originaltitel: Killing Time) werden, an der er bis kurz vor seinem Tode schrieb. 1993 wurde bei Feyerabend ein Hirntumor diagnostiziert; am 11. Februar 1994 starb er in einer Klinik am Genfersee. Er erhielt ein ehrenhalber gewidmetes Grab auf dem Südwestfriedhof in Wien.

Wissenschaftstheoretische Ansichten

Zu Beginn seiner wissenschaftstheoretischen Laufbahn vertrat Feyerabend die Ansichten Karl Poppers bzw. des kritischen Rationalismus. Seine Beiträge kritisierten den von positivistischer Seite behaupteten Dualismus von Theorie- und Beobachtungssprache und die Annahme, es gebe atheoretische, d.h. nicht theoriegetränkte Beobachtungsbegriffe.[13] Aus dem Erfordernis kontra-induktiver und kontra-intuitiver Widerlegungsversuche leitete er ab, dass die Prüfung durch alternative Theorien einen Theorienpluralismus benötige.[14]

Um 1968 radikalisierte sich Feyerabends Wissenschaftsauffassung; fortan verstand er bestimmte Vernunftskriterien nur noch als eine mögliche Alternative unter vielen („anything goes“). Nach dieser wissenschaftstheoretischen Katharsis trat Feyerabend als Kritiker des Rationalismus auf, insbesondere der vorherrschenden Wissenschaftstheorie und Methodologie. So bezeichnete er etwa den kritischen Rationalismus zuweilen als „Law-and-Order-Rationalismus”. Feyerabend rebellierte gegen einen von ihm wahrgenommenen orthodoxen Dogmatismus der Wissenschaft, wobei er bewusst provokativ äußerte, Regentänze seien genauso gut wie Wettervorhersagen, Wahlprognosen nicht besser als Astrologie. Feyerabend sah Wissenschaft, neben beispielsweise Religion oder Kunst, nur als eine von vielen Möglichkeiten, Erkenntnis zu gewinnen. Den verschiedenen Zugängen zur Wahrheit eine feste Wertigkeit zuzuordnen, ist nach Feyerabend nicht möglich, teilweise auch deswegen, weil diese Wahrheitszugänge untereinander inkommensurabel seien.

Nach Feyerabend lässt sich aus der Wissenschaftsgeschichte der Schluss ziehen, dass die Praxis des Erkenntnisgewinns und der Erkenntnisveränderung in oftmals irrationaler und anarchischer Weise bestehende wissenschaftstheoretische Grundsätze verletzt hat und eben darum erfolgreich war. Feyerabend betont die Bedeutung von Intuition und Kreativität als Voraussetzung des Erkenntnisgewinns und Erkenntnisfortschritts, beide dürften nicht durch eine bestimmte dogmatische Rationalität und wissenschaftstheoretisch-methodologische Regeln und Zwänge, die ihrerseits nicht sakrosankt seien, sondern vielmehr im Erkenntnisprozess einem Wandel unterlägen, nutzlos und in irreführender Weise eingeschränkt werden. So prägte er den Begriff der Anti-Regel, die eine Regel bezeichnen soll, die der Induktion widerspricht. Der Wissenschaftler soll sich nicht scheuen, methodische Regeln aufzustellen, die zu Hypothesen führen, die anerkannten Theorien und beobachtbaren Tatsachen widersprechen. Für diese radikale Linie Feyerabends gab es in der Wissenschaftsgeschichte bereits Anknüpfungspunkte, etwa David Brewster, als er sich 1831 kritisch mit der Methodologie von Francis Bacon auseinandersetzte:

„The process of Lord Bacon was, we believe, never tried by any philosopher but himself. ... This example, in short, of the application of his system, will remain to future ages as a memorable instance of the absurdity of attempting to fetter discovery by any artificial rules.“[15]

Feyerabend forderte eine scharfe Trennung von Staat und Wissenschaft, darüber hinaus wandte er sich gegen jeden Überlegenheitsanspruch von Wissenschaftlern gegenüber „Normalbürgern“. Sein Ziel war eine freie Gesellschaft, in der Bürger und Politiker direkt, ohne weitere administrative Umwege über abstrakte Theorien, am Erkenntnisprozess teilhaben. Eine objektive, von Lebens- und Erfahrungspraxis in einer freien Gesellschaft abgetrennte (und damit die bislang herrschende) Rationalität – in Form der Logik, Wissenschaftstheorie und bestimmter Sozialtheorien – sollte durch eine Beteiligung der Bürger ersetzt werden.

Feyerabends Kritik am Kritischen Rationalismus

Für Feyerabend ist „vernünftig“ etwas anderes als das, was Popper darunter versteht. Und Wissenschaft funktioniert nach ihm anders, als Poppers methodologische Untersuchungen dies nahelegten: Wissenschaftler stellen selbst fest, nach welchen Maßstäben eine bestimmte Wissenschaft abzulaufen hat, und wann es erforderlich ist, nicht nur Theorien, sondern auch methodologische Grundsätze und Regeln abzuändern oder auszuwechseln. Feyerabend liest die Wissenschaftsgeschichte gegen Poppers „Strich“; er belegt an vielen Beispielen, dass sich Wissenschaftler in Wirklichkeit häufig nicht an feste Regeln halten und dennoch oder gerade deswegen zum Erfolg gelangen. Besser, als sich auf die Schaffung einer bestmöglichen Methodologie zu konzentrieren, sei es demnach, sich grundsätzlich opportunistisch zu verhalten, überspitzt formuliert: Alles geht! Feyerabends Anarchismus verkündet nicht die Regellosigkeit oder Chaos als Zielsetzung, sondern fordert neben einem Theorienpluralismus genauso einen Pluralismus der Methoden unter der Flagge eines Methodenanarchismus.

Feyerabend lehnt Poppers Präokkupation mit dem Abgrenzungsproblem ab als direkten Weg in den Dogmatismus:

„Kein Rationalist, kein kritischer Rationalist besitzt eine Einsicht in die Grenzen der Wissenschaften – dazu müsste er ja wissen, was außerhalb der Wissenschaften vorgeht, er müsste Mythen kennen, müsste ihre Funktion verstehen […] Man zeige einem kritischen Rationalisten einen Gegenstand, der außerhalb seiner Erfahrung liegt – damit kann er gar nichts anfangen, er benimmt sich wie ein Hund, der seinen Herrn in ungewöhnlichen Kleidern sieht; er weiß nicht, soll er ihn beißen, soll er davon laufen, oder soll er ihm das Gesicht lecken. Das ist auch der Grund, warum kritische Rationalisten an den Grenzen der Wissenschaft zu schimpfen beginnen – für sie ist das Ende ihres Glaubens erreicht und das einzige, was sie sagen können, ist: ‚irrationaler Unsinn‘ oder ‚ad hoc‘ oder ‚unfalsifizierbar‘ oder ‚degenerierend‘ – Bezeichnungen, die genau denselben Zweck haben wie die früheren Bezeichnungen ‚häretisch‘ etc. etc.“[16]

Antwort des kritischen Rationalismus auf Feyerabends Kritik

Nach David Miller merkt Feyerabend nicht, wie sehr seine Kritik in Wirklichkeit mit dem Kritischen Rationalismus konform geht, und ihm gar nicht widerspricht.[17] Feyerabend übersieht demnach, dass das Ziel von Methoden im kritischen Rationalismus überhaupt nicht die Begründung einer Wahl von Theorien oder Methoden ist, also keine Theorien oder Methoden durch Grenzziehungen von der Erörterung ausgeschlossen werden sollen. Er liegt also zwar insofern richtig, als die Wahl einer Methode nicht begründet werden kann, er liegt aber falsch in der Annahme, dass sie daher alle gleichrangig sein müssen. Denn die Wahl einer Methode hat objektive Konsequenzen, weil die Methode Probleme, die sie lösen soll, gemäß ihren eigenen Maßstäben besser oder schlechter löst. Die Methode von Versuch und Irrtum, die nichts zu begründen versucht, funktioniert daher ebenso bei der Methodenauswahl und ist dabei auch auf sich selbst anwendbar. Performative Widersprüche treten nicht auf, weil Ziel nicht Selbstbegründung ist, sondern Selbstkritik.

Tatsächlich vertritt Feyerabend gemäß Miller selbst eine ähnliche Position, geht aber so weit, auch Methoden zulassen zu wollen, die sich gegen die Logik stellen und somit nur schwer zu kritisieren und auszusortieren sind, wenn sie fehlschlagen. In diesem Punkt unterscheidet sich Feyerabends Methodenanarchismus vom kritischen Methodenpluralismus des kritischen Rationalismus. Miller ist der Ansicht, dass Feyerabend kein wirkliches Argument gegen die Logik hat und – frei nach seinen eigenen Worten – ein Dieb ist, der seinem Diskussionsgegner erst die Logik stiehlt, um den Bestohlenen dann dafür zu kritisieren, dass er sie nicht mehr besitzt.

Paul Feyerabends Bedeutung für die Anthroposophie

Entsprechend der Forderung nach völliger Freiheit (Anarchie) für das Freie Geistesleben in der Sozialen Dreigliederung Rudolf Steiners, erfüllt die Wissenschaftstheorie nach Paul Feyerabend eine wesentliche Anforderung der Anthroposophie, als Methode, an die Wissenschaftstheorie, indem mit der Anwendung dieser Methode des "Anything goes" ein Höchstmaß an Pluralismus innerhalb der Wissenschaften gewährleistet werden kann.

"Im Wissenschaftsbereich hat das Recht auf Pluralismus zu herrschen, im Rechtsbereich dagegen die Pflicht zum Pluralismus. Nur bei dieser Unterscheidung ist der (wissenschaftstheoretische) Pluralismus überhaupt lebensfähig."[18]

Werke

Schriften

  • Zur Theorie der Basissätze. Universität Wien, Diss., 1951 Katalogzettel Universitätsbibliothek Wien
  • Wider den Methodenzwang. Suhrkamp (stw 597), Frankfurt am Main 1976, ISBN 3-518-28197-6
  • Erkenntnis für freie Menschen. Suhrkamp (Edition suhrkamp 1011), Frankfurt am Main 1979, ISBN 3-518-11011-X
  • Wissenschaft als Kunst. Suhrkamp (es 1231), Frankfurt am Main 1984, ISBN 3-518-11231-7
  • Zeitverschwendung (Autobiographie). Suhrkamp, Frankfurt am Main 1995, ISBN 3-518-40693-0 (als Taschenbuch: ISBN 3-518-39222-0)
  • Briefe an einen Freund. Hg. v. Hans Peter Duerr. Suhrkamp (es 1946), Frankfurt am Main 1995, ISBN 3-518-11946-X
  • Widerstreit und Harmonie. Trentiner Vorlesungen. Hg. von Peter Engelmann. Passagen, Wien 1998, ISBN 3-85165-305-X
  • Conquest of Abundance. Postum veröffentlicht von Bert Terpstra. Chicago 2001, ISBN 0-226-24534-9
  •  Die Vernichtung der Vielfalt. Ein Bericht. 1. Auflage. Passagen Verlag, Wien 2005 (Originaltitel: Conquest of Abundance, übersetzt von Volker Böhnigk und Rainer Noske), ISBN 978-3-85165-633-6 (Buchvorschau bei Libreka).
  • (mit Hans Albert): Briefwechsel, Bd. I: 1958–1971, hgg. v. Wilhelm Baum, Kitab Vlg., Klagenfurt/Wien 2008
  • (mit Hans Albert): Briefwechsel, Bd. II: 1972-1986, hgg. v. Wilhelm Baum u. Michael Mühlmann, Kitab Vlg., Klagenfurt/Wien 2009, ISBN 978-3-902585-27-1
  • Helmut Heit und Eric Oberheim (Hrsg.): Naturphilosophie. 1. Auflage. Suhrkamp, 2009, ISBN 3-518-58514-2. Veröffentlichung eines kürzlich im Philosophischen Archiv der Universität Konstanz gefunden Manuskripts aus den siebziger Jahren.
  • Christian Augustin (Hg.): Aber ein Paul hilft doch dem Anderen. Briefwechsel Paul Feyerabend - Paul Hoyningen-Huene (1983-1994). 1. Auflage. Passagen Verlag, 2010, ISBN 3-851-65920-1. Veröffentlichung des Briefwechsels sowie Kommentare des Hg. zur Feyerabendbiographie incl. unveröffentlichter Archivdokumente.

Ton- und Bilddokumente

  • Philosophie Heute: Lieber Himmel – was ist ein Mensch? Paul Feyerabend im Gespräch mit Rüdiger Safranski. VHS-Video. Junius, Hamburg 1994 (online).
  • Wissenschaftstheoretische Plaudereien. Originaltonaufnahmen 1971–1992, hg. v. Klaus Sander. Audio-CD, 60 Minuten und Booklet, 24 Seiten. Supposé, Köln 2000, ISBN 3-932513-15-0
  • Stories from Paolino’s Tapes. Private Recordings 1985–1993, hg. v. Grazia Borrini-Feyerabend und Klaus Sander. Audio-CD, 68 Minuten. Supposé, Köln 2001, ISBN 3-932513-19-3

Siehe auch

Literatur

  • Bibliographie Paul Feyerabends. Journal for General Philosophy of Science. Vol. 28, Nr. 1 / Jan. 1997. Springer Netherlands. doi:10.1023/A:1008200922400
  • Eberhard Döring: Paul K. Feyerabend zur Einführung. Junius (Zur Einführung 180), Hamburg 1998, ISBN 3-88506-980-6
  • Paul Hoyningen-Huene: Paul K. Feyerabend. Journal for General Philosophy of Science 28: 1-18 (1997).
  • Paul Hoyningen-Huene: Paul Feyerabend und Thomas Kuhn. Journal for General Philosophy of Science 33(1): 61-83 (2002).
  • Paul Hoyningen-Huene: Three Biographies: Kuhn, Feyerabend, and Incommensurability. In: Randy Harris (ed.): Rhetoric and Incommensurability. West Lafayette: Parlor Press, 2005, pp. 150-175.
  • Friedrich Stadler / Kurt R. Fischer (Hgg.): Paul Feyerabend. Ein Philosoph aus Wien. Springer (Veröffentlichungen des Instituts Wiener Kreis 14), Wien 2006, ISBN 3-211-29759-6
  • Martin Ludwig Hofmann: Paul Feyerabend (1924–1994) – Kultur des Wissens als Kultur der Freiheit, in: Hofmann, Korta, Niekisch (Hrsg.): Culture Club II. Klassiker der Kulturtheorie. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2006, ISBN 3-518-29398-2
  • Eric Oberheim (2007): Feyerabend's Philosophy. Berlin: de Gruyter.
  • Thomas Sukopp: Anything goes? Paul K. Feyerabend als Elefant im Popperschen Porzellanladen. Aufklärung und Kritik, 1/2007 14. Jg. ISSN 0945-6627
  • Ursula Schmidt: Wie wissenschaftliche Revolutionen zustande kommen: von der vorkopernikanischen Astronomie zur Newtonschen Mechanik. Würzburg, Königshausen & Neumann, 2010, ISBN 978-3-8260-4255-3
  • Thomas Kupka: Feyerabend und Kant — Kann das gut gehen? Paul K. Feyerabends ›Naturphilosophie‹ und Kants Polemik gegen den Dogmatismus. In: Journal for General Philosophy of Science 42 (2011) S. 399-409 (DOI 10.1007/s10838-011-9170-0)
  • Joachim Stiller: Gemäßigter Pluralismus: Der aufgeklärte Liberalismus in gemäßigter Form PDF

Weblinks

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Einzelnachweise

Paul Feyerabends Autobiographie Zeitverschwendung wird mit Zeit abgekürzt.

  1. Zeit, S. 43 f.
  2. Zeit, S. 74 f.
  3. Zeit, S. 95.
  4. Zeit, S. 101.
  5. Zeit, S. 149.
  6. Ein gutes Beispiel ist folgende Kritik am Positivismus: “An Attempt at a Realistic Interpretation of Experience.” 1958.
  7. Problems of Empiricism. Beyond the Edge of Certainty: Essays in Contemporary Science and Philosophy, ed. R.G. Colodny (New Jersey: Prentice-Hall, 1965), S. 145–260.
  8. EffM, S. 233 f.
  9. Paul Feyerabend: Against Method. In: Minnesota Studies in the Philosophy of Science. Theories & Methods of Physics and Psychology. 1970, S. 17–130.
  10. Übersetzt von: “Against Method is a good book, possibly a great one. It’s full of contradictions, over- and understatements, and enough ad hominem statements to give even the most liberal student rhetoric apoplexy.” In: Ian Mitroff: Review of: Against Method, Outline of an Anarchistic Theory of Knowledge. In: Contemporary Sociology 1976, S. 347.
  11. Zeit, S. 200.
  12. Zeit, S. 229.
  13. zur Frage der Dispositionsbegriffe: Paul Feyerabend: Das Problem der Existenz theoretischer Entitäten, in: Ernst Topitsch (Hg.): Probleme der Wissenschaftstheorie. Festschrift für Viktor Kraft. Wien 1960
  14. Paul Feyerabend: How to be a Good Empiricist, in: Bernard Baumrin (Hg.): Philosophy of Science, The Delaware Seminar 2. New York 1963
  15. So formuliert in seinem Buch Life of Sir Isaac Newton (London 1831). Siehe dazu Franz Graf-Stuhlhofer: David Brewster - ein „Vorläufer“ von Paul Feyerabend, in: Mitteilungen der Österreichischen Gesellschaft für Wissenschaftsgeschichte 27 (2010) 167f.
  16. Paul Feyerabend: Über die Methode. Ein Dialog. In: Gerard Radnitzky, Gunnar Andersson (Hgg.): Voraussetzungen und Grenzen der Wissenschaft. Mohr, Tübingen 1981, ISBN 3-16-942722-9
  17. Critical Rationalism, S. 27
  18. Helmut Kiene: Komplementärmedizin - Schulmedizin. Der Wissenschaftsstreit am Ende des 20. Jahrhunderts, Schattauer Vlg., Stuttgart/New York 1994, S. 153


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