Ahnenkult

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Der Ahnenkult, die rituelle und meist von Opfern begleitete Verehrung der Geister der verstorbenen Vorfahren, der Manen (daher auch die Bezeichnung Manismus), war vor allem in alten Zeiten weit verbreitet als eine Urform der Religion. Tatsächlich suchte man dabei die Beziehung zu dem nach dem Tod abgelegten Ätherleib, der bei entsprechend entwickelten Menschen noch verhältnismäßig lange erhalten blieb. Durch diesen Ätherleib konnten sich die Zeitgeister, die Archai, offenbaren; diese waren es, die eigentlich verehrt wurden.

"Wenn wir weit genug zurückgehen, finden wir dasjenige, was früher die Menschen als eine atavistische Weisheit hatten, als ein wirkliches Anschauen der geistigen Welten, ausgedrückt im Nachklang religiöser Weltanschauungen dadurch, daß die Menschen verehrten, was mehr oder weniger ein bedeutungsvoller, hochangesehener Vorfahre war. Das heißt, wir finden in den verschiedenen Gegenden der Erde religiöse Kulte, die wir als Ahnenkulte bezeichnen können. Solche Ahnenkulte sind ja noch geblieben bei mehr oder weniger auf früheren Stufen der Entwickelung stehengebliebenen Menschen. Menschen also verehren oder schauen verehrend auf zu einem Ahnen. Was liegt diesem Aufschauen zu Ahnen eigentlich zugrunde? Was ist die Realität dieses Aufschauens zu Ahnen in alten Zeiten, in jenen ältesten Zeiten, zu denen noch die Geschichte zurückblicken kann? Sagen wir: Da geht es in graue Zeiten zurück; dann haben wir eine gewisse Epoche, in der Ahnenkulte da sind.

Solche Ahnenkulte gründeten sich nicht etwa, wie die heutige oberflächliche Wissenschaft glaubt, darauf, daß die Leute sich einbildeten, sie müßten zu einem Vorfahren hinaufschauen, sondern die ältesten Ahnenkulte waren durchaus so, daß die Menschen in gewissen Zeiten ihres Lebens eine unmittelbare Anschauung des Ahnen hatten. Derjenige, der hinaufblickte zu einem Ahnen-Gott, kam in gewissen Zeiten seines Lebens, in Zuständen zwischen Wachen und Schlafen, wie sie ja in der älteren Menschheitsentwickelung durchaus vorhanden waren, dazu, mit dem, was er als seinen Ahnen verehrte, wirklich zusammenzusein. Der Ahne erschien ihm nicht bloß in einem Traume, sondern in einer traumhaften Vorstellung, die etwas Reales bedeutete für ihn. Und diejenigen Menschen gehörten zusammen zu einem Ahnendienst, denen eben ein gemeinschaftlicher Ahne erschien. Dasjenige, was die Menschen im Geiste schauten, war allerdings eine ins Erhabene hinaufgesteigerte Menschengestalt; aber hinter dieser Menschengestalt verbarg sich noch etwas ganz anderes. Will man erkennen, was sich eigentlich hinter dieser Geistgestalt verbarg, so muß man sich das Folgende vor Augen führen: Der Ahne war einmal gestorben; er ging von der Erde ab als eine, wie gesagt, hochangesehene Persönlichkeit, die viel Gutes gewirkt hatte für eine menschliche Gemeinschaft. Der Ahne war durch die Pforte des Todes gegangen, war also, während die Menschen zu ihm aufsahen, auf dem Wege zwischen dem Tod und einer neuen Geburt. Was von dem Ahnen sahen denn da die Menschen, wenn sie zu ihm aufblickten? Wir wissen ja, wenn der Mensch durch die Pforte des Todes schreitet, so ist er noch eine kurze Zeit in seinem Ätherleib; dann wird dieser Ätherleib abgelegt. Aber das Ablegen bedeutet, daß der Ätherleib in die geistigen Welten, in die Ätherwelt übertritt. Der Mensch in seinem Ich und seinem astralischen Leib entwickelt sich weiter; der Ätherleib geht über in die Ätherwelt. Da der betreffende Mensch Konsistentes getan hatte auf Erden, blieb die Erinnerung des Ätherleibes lange. Den Ätherleib ihres Ahnen nahmen die Leute in ihrem alten atavistischen, traumhaften Hellsehen wahr, verehrten dasjenige, was sich ihnen offenbarte durch diesen Ätherleib. Aber zwischen dem Tod und einer neuen Geburt kommt dieser Ätherleib in Berührung mit den Geistern der höheren Hierarchien, vor allen Dingen mit den Geistern aus der Hierarchie der Archai, der Zeitgeister. Und weil der Betreffende eine für die Menschheitsentwickelung bedeutsame Persönlichkeit war, so verband er sich mit dem Zeitgeist, der die Menschheitsentwickelung um ein Stück vorwärts brachte.

Dasjenige, was sich durch dieses, sagen wir meinetwillen, Gespenst der Vorfahren kundgab, das war im Grunde genommen der Zeitgeist, einer der Zeitgeister, so daß die älteste religiöse Kultverehrung dem Zeitgeist dargebracht wurde. Überall, wo wir zurückgehen bis in die Zeiten, die noch als graue Zeiten die Geschichte sehen kann, finden wir, daß die Menschen verehrten die ätherischen Leiber ihrer Vorfahren als Offenbarungsmittel der Zeitgeister. Also indem wir zu den Ahnenkulten zurückgehen, haben wir die Verehrung der Zeitgeister, der Archai." (Lit.: GA 172, S. 200ff)

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Das Karma des Berufes des Menschen in Anknüpfung an Goethes Leben, GA 172 (2002), ISBN 3-7274-1720-X pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
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Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
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Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.