Ziel und Spenta Manyu: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Ziele''' ({{elS|τέλος}} [''telos''], {{laS|finis}}, {{enS|objective, goal, target}}) sind [[Proposition (Linguistik)|Aussagen]] über angestrebte [[Status (Arbeitsablauf)|Zustände]] in der [[Zukunft]], die durch entsprechendes („zielorientiertes“) intelligentes [[Verhalten (Psychologie)|Verhalten]] erreicht werden sollen.
#WEITERLEITUNG [[Spenta Mainyu]]
 
== Allgemeines ==
Der Mensch sieht sich in seinem Leben stets mit Zielen konfrontiert, seien sie selbst gesetzt oder von anderen vorgegeben.<ref>[https://books.google.de/books?id=j1UpBAAAQBAJ&pg=PA5&dq=ziel+begriff&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjuhPnjj6PcAhULsKQKHc8gBTkQ6AEIOjAE#v=onepage&q=ziel%20begriff&f=false Stephan Frank: ''Zielvorgaben als Instrument der Unternehmenssteuerung.'' 2012, S. 5.]</ref> Dabei kommen Ziele in sämtlichen [[Lebensbereich]]en vor, so etwa in der [[Bildung]], [[Politik]], im [[Sport]] oder in der [[Wirtschaft]]. In der Bildung gibt es [[Bildungsziel]]e oder [[Lernziel]]e, im Sport [[Leistungsziel]]e, die Politik setzt sich beispielsweise wirtschaftspolitische Ziele (wie das [[Magisches Viereck|Magische Viereck]]) oder [[Ziele für nachhaltige Entwicklung]]. Das Ziel ist im Sport auch eine Vorrichtung, bei der der Wettkampf endet, etwa beim [[Zieleinlauf]], bei dessen Erreichen die [[Zeitmessung]] angehalten wird. Es steht symbolisch für die Zielerreichung, denn die Wettbewerber besitzen identische Startvoraussetzungen, benutzen die für die Zielerreichung individuell einsetzbaren Mittel und versuchen, vor der Konkurrenz das Ziel zu erreichen. Persönliches Ziel jedes Sportlers ist hierbei, als erster im Zieleinlauf den Sieg zu erringen. In der [[Psychologie]] ist das Ziel das erstrebenswerte, vorgestellte Resultat einer [[Tätigkeit]].<ref>James Drever/Werner D Fröhlich: ''Wörterbuch zur Psychologie.'' 1970, S. 290.</ref>
 
Das Ziel wird als Anlass für eine [[Handeln|Handlung]] verstanden und deshalb als [[Zweck]]- oder [[Finalursache]] ({{laS|causa finalis}}) bezeichnet. ''Zweck'' wird in diesem Zusammenhang als Endziel oder Finalursache verstanden. ''Final'' bedeutet in diesem Sinne ''zielgerichtet'', ''zielführend'' oder ''zielorientiert''. Mit dem Begriff [[Reise]]&shy;ziel ist meist ein räumliches Ziel gemeint, also ein [[Destination (Tourismus)|Zielort]].
 
== Zieldimensionen ==
Zieldimensionen sind ''Zielinhalt'', ''Zielausmaß'' und der [[Planungshorizont|Zielhorizont]].<ref>[[Edmund Heinen]]: ''Grundlagen betriebswirtschaftlicher Entscheidungen: Das Zielsystem der Unternehmung.'' 1976, S. 52.</ref> Mit dem Zielinhalt wird eine sachliche Festlegung des angestrebten Zustands erreicht ([[Sachziel]]), das Zielausmaß ist die Ausprägung des Ziels ([[Formalziel]]) wie etwa ein ''Maximalziel'' ([[Weltmeisterschaft|Weltmeister]] werden, [[Gewinnmaximierung]] anstreben) oder ein Minimalziel (Erreichen des [[Viertelfinale]]s, Minimierung der [[Herstellungskosten]]). Der zeitliche Bezug gibt an, in welchem Zeitraum ein Ziel erreicht werden soll.<ref>Edmund Heinen: ''Grundlagen betriebswirtschaftlicher Entscheidungen: Das Zielsystem der Unternehmung.'' 1976, S. 52 f.</ref> Dabei gibt es kurzfristige Ziele (Zielerreichung <1 Jahr: Erledigung einer [[Aufgabe (Pflicht)|Arbeitsaufgabe]]), mittelfristige Ziele (>1 Jahr bis <3 Jahre: [[Investitionsplanung]]en) und langfristige Ziele (>3 Jahre: [[strategische Planung (Betriebswirtschaft)|strategische Planung]]). Beispielsweise erfüllt die Zielformulierung im Unternehmen „Wir wollen unseren [[Gewinn]] (Zielinhalt) innerhalb eines [[Geschäftsjahr]]es (Zeitbezug) um 10 % steigern (Ausmaß)“ diese Zieldimensionen. Zielformulierungen dürfen nicht zu abstrakt und müssen operabel sein, damit sich entsprechende Handlungen daran ausrichten können.
 
== Arten ==
Je nach dem, welches [[Wirtschaftssubjekt]] sich Ziele setzt oder vorgegeben bekommt, unterscheidet man [[persönliches Ziel|persönliche Ziele]] ([[Privatperson]]en, [[Privathaushalt]]e), [[Unternehmensziel]]e (die [[Gewinnerzielungsabsicht]] von [[Unternehmen]] oder sonstigen [[Personenvereinigung]]en) oder [[Staatsziel]]e (der [[Staat]] und seine Untergliederungen). Die Ziele der einzelnen Wirtschaftssubjekte können gegensätzlich sein, denn beispielsweise strebt der [[Arbeitnehmer]] ein möglichst hohes [[Arbeitsentgelt]] an, der [[Arbeitgeber]] möglichst niedrige [[Personalkosten]]; der Privathaushalt zielt auf [[Nutzenmaximierung]] ab, die Unternehmen setzen auf [[Gewinnmaximierung]]. Wer hier seine Ziele durchsetzen kann, hängt meist von dessen [[Verhandlungsmacht]] oder [[Marktmacht]] ab. Da Ziele die Zukunft betreffen, sind sie Gegenstand und Inhalt der [[Planung]] und [[Budgetierung]], letztere haben die gesteckten Ziele zu berücksichtigen und müssen [[Handeln|Handlungsschritte]] zur Zielerreichung beinhalten. Die zu treffenden Entscheidungen müssen „zielorientiert“ („zielkonform“) sein.
 
Der Gesetzeszweck ({{laS|[[ratio legis]]}}) stellt Ziel und Zweck einer [[Rechtsnorm]] dar, welche der [[Gesetzgeber]] in Form eines gesetzlichen [[Tatbestand]]s ({{laS|[[lex]]}}) definiert. Alle [[Normadressat]]en müssen sich – wollen sie sich nicht [[Rechtswidrigkeit|rechtswidrig]] verhalten – mit ihren gesetzeskonformen [[Rechtshandlung]]en an diesen Normen ausrichten.
 
Zu unterscheiden ist zudem danach, ob sich ein Wirtschaftssubjekt Ziele selbst setzt (''Eigenziele'' im Privathaushalt) oder durch Gremien vorgegeben bekommt ([[Zielvorgabe]]n im Unternehmen). Persönliche Ziele sind meist Eigenziele, bei denen die Zielerfüllung von [[Intrinsische Motivation|intrinsischer Motivation]] geprägt ist, während Zielvorgaben der [[extrinsische Motivation|extrinsischen Motivation]] unterliegen.
 
== Mehrere Ziele ==
Üblich ist, dass ein Wirtschaftssubjekt mehrere Ziele gleichzeitig verfolgt. Da sich diese Ziele teilweise gegenseitig widersprechen können, muss die Verträglichkeit mehrerer Ziele geprüft werden. Unternehmensziele sind beispielsweise neben Gewinnmaximierung auch [[Rentabilität]] und [[Liquidität]]. Mehrere, gleichberechtigte Ziele treten dabei in eine [[Zielbeziehungen|Zielbeziehung]]. Der Betriebswirt [[Edmund Heinen]] befasste sich 1966 mit den Zielsystemen in Unternehmen, worunter er mindestens zwei Unternehmensziele verstand, die in Zielbeziehungen zueinander stehen.<ref>[https://books.google.de/books?id=IcDOBgAAQBAJ&printsec=frontcover&dq=heinen+zielsystem&hl=de&sa=X&redir_esc=y#v=onepage&q=zielsystem&f=false Edmund Heinen: ''Das Zielsystem der Unternehmung.'' 1966, S. 134.]</ref> Beinhaltet das Zielsystem eines Wirtschaftssubjektes mehrere gleichrangige Ziele, so ist es für die [[Entscheidung]]sfindung wesentlich, ob die Ziele zueinander im Verhältnis totaler oder partieller [[Zielharmonie|Komplementarität]] oder [[Zielkonflikt|Konkurrenz]] stehen. Hauptziele können in mathematischen [[Entscheidungsmodell]]en als „begrenzte Ziele“ in Form von [[Nebenbedingung]]en angesetzt werden.<ref>Edmund Heinen: ''Das Zielsystem der Unternehmung.'' 1966, S. 111.</ref>
 
In den [[Wirtschaftswissenschaft]]en spielen bei derartigen Zielsystemen diese Nebenbedingungen eine Rolle. Um Zielkonflikte zwischen mindestens zwei miteinander konkurrierenden Zielen zu vermeiden, sind diese Ziele in eine gegenseitige [[Rangordnung]] (''Zielhierarchie'') zu bringen, die aus einem Hauptziel und untergeordneten Nebenzielen (Nebenbedingungen) besteht. Dadurch müssen konkurrierende Ziele nicht mehr gleichrangig erfüllt werden, sondern zunächst ist das als Hauptziel identifizierte Ziel zu erfüllen. Die Nebenbedingungen schränken die Erfüllung des Hauptziels möglicherweise ein. In der [[Betriebswirtschaftslehre]] gelten die übrigen Ziele als Nebenbedingungen, die nicht mit Priorität zu erfüllen, aber zu beachten sind. Sie begrenzen die Erfüllung des Hauptziels; der [[Unternehmer]] plant nur den Maximalgewinn, der sich unter Beachtung der Nebenbedingungen ergibt.<ref>[https://books.google.de/books?id=bT3pBQAAQBAJ&pg=PA39&dq=Betriebswirtschaftslehre+Nebenbedingungen&hl=de&sa=X&redir_esc=y#v=onepage&q=Betriebswirtschaftslehre%20Nebenbedingungen&f=false Hans Jung, ''Allgemeine Betriebswirtschaftslehre'', 2010, S. 39]</ref> Ziel aller unternehmerischen Entscheidungen ist [[Heinz Kußmaul]] zufolge die langfristige Gewinnmaximierung unter Nebenbedingungen.<ref>[https://books.google.de/books?id=GL6vDAAAQBAJ&pg=PA22&dq=Betriebswirtschaftslehre+Nebenbedingungen&hl=de&sa=X&redir_esc=y#v=onepage&q=Betriebswirtschaftslehre%20Nebenbedingungen&f=false Heinz Kußmaul, ''Betriebswirtschaftslehre'', 2016, S. 22]</ref> Zielharmonie liegt vor, wenn mehrere Ziele gleichzeitig und im selben Umfang erfüllt werden können. Einige Ziele sind voneinander abhängig, so dass mit der Erfüllung eines Ziels andere Ziele weitgehend mit erfüllt werden.<ref>[https://books.google.de/books?id=0MF8BwAAQBAJ&pg=PA5&dq=Zielfindung+Zielvorstellung&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwi0vIaY_KPcAhVIZFAKHWOPCAgQ6AEIOzAD#v=onepage&q=Zielfindung%20Zielvorstellung&f=false Werner Dück, ''Optimierung unter mehreren Zielen'', 1979, S. 2]</ref>
 
== Wege zum Ziel ==
Die gesellschaftlichen und sozialen Verhältnisse verlaufen stets unter vielfältigen Zielvorstellungen.<ref>Werner Dück: ''Optimierung unter mehreren Zielen.'' 1979, S. 1.</ref> So zielt der [[Verbraucher]] beim [[Wareneinkauf]] darauf ab, höchste [[Produktqualität]] und größtmöglichen [[Nutzen (Wirtschaft)|Nutzen]] gegen einen möglichst geringen [[Kaufpreis]] zu erreichen, während der [[Verkäufer]] das Gegenteil anstrebt. Diese unterschiedlichen Interessenlagen ergeben sich aus den gegensätzlichen Individualzielen der Vertragspartner; auch hier entscheidet die Verhandlungsmacht darüber, wer sein Ziel erfüllen kann.
 
Ausgangspunkt ist die Zielfindung, die sich mit der Ermittlung sinnvoller Ziele befasst, die unter Berücksichtigung des [[Umweltzustand]]s (externe Einflüsse auf die Zielerreichung wie Wettbewerber) auch realisierbar sind. Der komplexe Prozess der Zielfindung erfordert die Erarbeitung langfristig angestrebter Ziele, Prüfung der Realisierungsmöglichkeiten sowie die Bestätigung oder Veränderung der Ziele.<ref>Klaus Altfelder/Hans G. Bartels/Joachim-Hans Horn/Heinrich Theodor Metze (Hrsg.), ''Lexikon der Unternehmensführung'', 1970, S. 288</ref> Die oberste [[Hierarchie]]-Ebene eines Unternehmens ([[Vorstand]]) übernimmt die strategische Zielfindung, die mittlere Ebene die taktische und die untere Ebene die operative Zielfindung. Dabei sind [[Umweltanalyse]]n erforderlich wie der [[IST-Zustand]] des zielsuchenden Wirtschaftssubjekts ([[Finanzanalyse]], [[Marktanalyse]] usw.), grobe Zielvorstellungen sind dabei hilfreich. Es sind [[Datenparameter]] zu berücksichtigen, die die Zielerfüllung beeinflussen (die Gewinnmaximierung wird durch Erhöhung der [[Ertragsteuer]]n beeinträchtigt). Stehen die Ziele fest, erfolgt eine Zielformulierung, die die Zieldimensionen zu berücksichtigen hat.
 
== Umsetzung der Ziele ==
Während Privatpersonen ihre selbst formulierten Ziele freiwillig zu erreichen versuchen, sind Unternehmen dazu gezwungen, ihre im Vorstand formulierten Ziele durch [[Zielvereinbarung]]en und [[Führungsziel]]e an die Beschäftigten etwa mittels Führen durch Ziele ({{enS|[[Management by Objectives]]}}) als [[transaktionale Führung]] weiterzugeben. Die Zielsetzung kann im Rahmen der [[Zielsetzungstheorie]] als [[Motivation]] verstanden werden, sich für die Erreichung der Ziele aktiv einzusetzen. Wesentliche Erfolgsfaktoren sind Verhalten, Intelligenz, Wissen, Kultur und Motivation, das gilt für persönliche Ziele, Unternehmensziele oder gesellschaftliche Ziele.<ref>[https://books.google.de/books?id=sTMeBAAAQBAJ&pg=PA285&dq=Pers%C3%B6nliche+Ziele+Sternberg&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwj43fmJs6bcAhUBaFAKHecRAU4Q6AEIPjAE#v=onepage&q=Pers%C3%B6nliche%20Ziele%20Sternberg&f=false Maximilian Lackner, ''Talent-Management Spezial'', 2014, S. 285]</ref> Wird ein Ziel erreicht, spricht man vom [[Erfolg]].<ref>Jens Uwe Martens/Julius Kuhl, ''Die Kunst der Selbstmotivierung'', 3. Auflage, Stuttgart 2009, S. 35</ref>
 
== Betriebswirtschaftslehre ==
{{Hauptartikel|Unternehmensziel}}
In der Betriebswirtschaftslehre wird zwischen Unternehmenszielen,<ref>[[Günter Wöhe]]/[[Ulrich Döring]]: ''Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre.'' 24. Auflage. München 2010, S. 69 f.</ref> beispielsweise ökonomischen, sozialen und ökologischen Zielen, und persönlichen Zielen der [[Mitarbeiter]] unterschieden.
 
Unternehmensziele sind Maßstäbe, an denen unternehmerisches Handeln gemessen werden kann. In Unternehmen können Ziele (Ergebnisziele) durch Handlungen (Maßnahmen) und geeignete Verfahren verfolgt werden. Diese Handlungen als Mittel der Zielerreichung können wiederum als Ziele (Maßnahmen- oder Handlungsziele) formuliert werden, die durch andere Handlungen (Mittel) verfolgt werden können. Wenn Ziele durch solche Mittel-Zweck-Beziehungen miteinander verbunden werden, entsteht ein Zielsystem oder eine Zielhierarchie. Voraussetzung für die Bildung einer Zielhierarchie ist, dass das Hauptziel und das untergeordnete Ziel gleichgerichtet (''komplementär'') sind. Jedoch sind auch andere [[Unternehmensziel#zielbez|Zielbeziehungen]] möglich. Es kann vorkommen, dass Ziele sich gegenseitig ausschließen oder behindern. In diesem Fall spricht man von ''konfliktären'' bzw. ''konkurrierenden'' Zielen oder von einem [[Zielkonflikt]]. Außerdem können Ziele zueinander ''neutral'' bzw. ''indifferent'' sein.<ref>Edmund Heinen, ''Grundlagen betriebswirtschaftlicher Entscheidungen. Das Zielsystem der Unternehmung'', 3. Auflage, Wiesbaden 1976.</ref>
 
== Psychologie ==
In der kognitiven [[Motivationspsychologie]] wird der Begriff „Ziel“ für zwei verschiedene Sachverhalte verwendet. Erstens kann „Ziel“ einen positiven Endzustand bezeichnen, den ein Organismus durch sein Verhalten anstrebt. Zweitens kann „Ziel“ die ''subjektive Repräsentation'' eines solchen Zustands (eigentlich: eine Absicht) bezeichnen. Merkmale eines Ziels sind Zielinhalt, Zeitrahmen und Erfüllungsgrad. Ein Ziel ist etwas, was man möglicherweise schafft. Doch man muss viele Hindernisse bewältigen.
 
Die [[Organisationspsychologie]] hat festgestellt, dass Menschen in [[Organisation]]en nicht nur auf äußere Reize reagieren. Sie erfüllen nicht nur das, was man von ihnen fordert, sondern sie handeln auch, um eigene, von ihnen selbst gesetzte Ziele zu erreichen.<ref>[[Lutz von Rosenstiel]]: ''Grundlagen der Organisationspsychologie.'' 6. Auflage, Stuttgart 2007, S. 16.</ref> Die [[Zielpsychologie]] befasst sich mit den Auswirkungen, welche Merkmale von (subjektiv repräsentierten) Zielen auf die Leistung und auf das subjektive [[Zufriedenheit|Wohlbefinden]] haben.
 
== Nebeneffekte der Zielsetzung ==
Während bisherige Studien Performance- und Motivationssteigerung durch das Setzen spezifischer, herausfordernder gegenüber vager Ziele bestätigen, wurden nach Ordóñez/Maurice E. Schweitzer/Galinsky/[[Max H. Bazerman|Bazerman]] die negativen Nebeneffekte rigider Zielsetzung in der Literatur vernachlässigt.<ref>Lisa D. Ordóñez/Maurice E. Schweitzer/Adam D. Galinsky/Max H. Bazerman: ''Goals Gone Wild: How goals systematically harm individuals and organizations.'' In: ''Academy of Management perspectives 23.'' 2009, S. 6 ff.</ref>
 
Ein zu enger Zielfokus macht blind für bedeutende Fragen, die mit dem eigentlichen Ziel nicht in Verbindung zu stehen scheinen. Dabei werden wichtige Ziele, die nicht durch das Zielsetzungssystem spezifiziert werden, ignoriert, Kurzzeitziele werden fokussiert und Langzeitziele außer Acht gelassen. Werden zu viele Ziele gestellt, konzentrieren sich Angestellte auf kurzfristige, leicht zu erreichende und leicht messbare Ziele. Qualität wird zugunsten von Quantität geopfert, da diese leichter messbar und herzustellen ist. Ein unangebrachter Zeitrahmen zur Zielerreichung (z.&nbsp;B. Quartalsabrechnungen) führt dazu, dass sich Angestellte auf kurzzeitige, schnell zu erreichende Ziele konzentrieren und dabei das Gesamtziel, beispielsweise die Gesamtgewinnmaximierung, vernachlässigen. Die Kurzzeitziele werden als Leistungsobergrenze statt Ausgangspunkt wahrgenommen.
 
Werden zu hohe Ziele gesteckt, wirkt sich dies negativ auf die [[Motivation]] aus. Die Ziele werden aus Versagensangst gar nicht erst in Angriff genommen. Tritt tatsächlich Versagen ein, beeinflusst dieses die künftige Leistung negativ, da der Selbstwert durch Versagen gesenkt wird, welcher unmittelbar mit Verhalten, Leistung, Commitment und Engagement verknüpft ist.
 
Besonders die Verfolgung finanziell motivierter Ziele beeinflusst [[Zwischenmenschliche Beziehung|zwischenmenschliches Verhalten]]. [[Verhandlung]]sführer wählen risikoreichere Verhandlungsstrategien, um ihre Ziele durchzusetzen und schließen ineffizientere [[Kompromiss]]e, die gerade die Zielsetzung abdecken, nicht aber, obwohl dies möglich gewesen wäre, über sie hinausgehen. Des Weiteren werden zwei Arten unethischer Methoden motiviert: unethisches Verhalten, wie beispielsweise die Durchführung unnötiger Reparaturen, um Verkaufszahlen zu erreichen, oder aber verdrehte Leistungsangabe, wie beispielsweise die Angabe von fünf, statt der tatsächlich geleisteten zwei Arbeitsstunden. Katalysatoren dafür sind lasche Aufsichtsführung, finanzieller Anreiz und schwaches ethisches Commitment. Dabei besteht das Problem darin, dass unethische Methoden nicht nur durch Zielsetzung motiviert werden, sondern diese auch indirekt induzieren, durch systematische, subtile Veränderung der [[Unternehmenskultur]]. Die Angestellten werden zu Konkurrenten, Teamwork wird verhindert, Extra-Role-Behaviour wird eingestellt.
 
Lernen und Kreativität werden durch Ziele mit finanziellem Anreiz untergraben. Da konservative Methoden belohnt werden, entfällt die Notwendigkeit für Innovation, das Ausprobieren von Alternativen und die Anwendung neuer Methoden, die eventuell nicht belohnt werden. Intrinsische Motivation wird durch extrinsische verdrängt (Verdrängungs- oder [[Korrumpierungseffekt]]).
 
== Philosophische Fragen ==
Die Frage, ob nur der Mensch sich selbst Ziele setze oder ob auch die Natur Ziele verfolge (siehe [[Teleologie]]), war und ist Gegenstand philosophischer Überlegungen. Die überwiegende Mehrzahl der heutigen Philosophien hält Ziele nur im menschlichen [[Bewusstsein]] für existent (und möglicherweise bei einigen sehr hoch entwickelten Tieren); anderer Auffassung sind einige [[Religion]]en und zum Beispiel [[Historizismus|historizistische]] Philosophien, denen zufolge die [[Geschichte]] auf ein Ziel hinausläuft.
 
Weiteres Problem ist die Frage, welche Ziele der Mensch sich setzen oder verfolgen solle; dies ist ein grundlegendes Problem der [[Ethik]].
 
Im Rahmen [[Fatalismus|fatalistischer]] Auffassungen haben Ziele keine reale Aussicht auf Verwirklichung, da dem Menschen nicht die notwendigen freien Entscheidungsmöglichkeiten gegeben sind. Der Fatalismus geht so mit einer Verabsolutierung der gegebenen Umstände einher. Dagegen kann im [[Subjektivismus]] und [[Egoismus]] eine Verabsolutierung der persönlichen Ziele ohne Beachtung der Mittel und der realen Gegebenheiten stattfinden. Der Glaube an unrealistische Ziele kann auch in [[Realitätsflucht]] (''Eskapismus'') enden.
 
== Persönliche Ziele ==
{{Hauptartikel|Persönliches Ziel}}
Persönliche Ziele geben dem Alltag Struktur und Bedeutung. Nach Brunstein sind sie „Anliegen, [[Projekt]]e und Bestrebungen, die eine Person in ihrem Alltag verfolgt und in Zukunft realisieren möchte“.<ref>Joachim C Brunstein/Günter W Maier: ''Persönliche Ziele: Ein Überblick zum Stand der Forschung.'' In: ''Psychologische Rundschau 47.'' 1996, S. 146 ff.</ref> In der Forschung gibt es verschiedene Ansätze, die sich mit dem Konstrukt „persönliche Ziele“ befasst haben. Dieses sind die Konstrukte ''current concerns'' (Eric Klinger), ''personal projects'' (Brian R. Little), ''life tasks'' (Nancy Cantor) und ''personal strivings'' (Robert A. Emmons).
 
Little und Cantor betonen die Plastizität und Veränderbarkeit von persönlichen Zielen im jeweiligen Kontext. Sie betrachten persönliche Ziele als Ergebnis einer [[Interaktion]] von Personen (mit ihren Motiven und Werten) und der Umwelt (soziokulturelle und lebensaltersspezifische Situation).
 
Klinger misst persönlichen Zielen mehr Bedeutung zu als der von persönlichen Anliegen. Persönliche Ziele führen laut Klinger zu einer konkreten Zielsetzung, die Bedeutung der persönlichen Ziele wird durch die Stärke der affektiven Bindung gegenüber der Zielsetzung ausgedrückt.
 
Emmons dagegen siedelt sein Konzept der persönlichen Bestrebungen auf einer übergeordneten Ebene gegenüber konkreten Anliegen an. Ziele werden hier als überdauernde Persönlichkeitsmerkmale verstanden, was in seinem hierarchischen Modell zum Ausdruck kommt: die Motive einer Person beeinflussen ihre persönlichen Bestrebungen, diese bestimmen wiederum die konkreten Anliegen und Projekte und resultieren schließlich in ganz konkreten (zielgerichteten) Handlungen. Der Unterschied zwischen Motiven und Bestrebungen kommt hier zum Ausdruck: Während die Motive einer Person kognitiv keine große Rolle spielen, sind die persönlichen Bestrebungen kognitiv deutlich repräsentiert und individualisieren somit das Motivationssystem einer Person. Wichtige Befunde von Emmons sind:
# Das Erreichen von persönlichen Zielen steht in positivem Zusammenhang mit dem Wohlbefinden und Glücklichsein einer Person.
# Problematische persönliche Ziele, die sich durch Konflikthaftigkeit und Ambivalenz auszeichnen, wirken sich negativ auf das Wohlbefinden einer Person aus.
 
== Ergänzende Kriterien ==
Kann der zukünftige Zustand zwar gewünscht, vorgestellt oder vorhergesagt, aber nicht durch eigenes Handeln erreicht oder der ablaufende Prozess nicht „beeinflusst“ werden, spricht man im Allgemeinen nicht von einem Ziel. Auch wird oft gefordert, dass der Mensch den zu erreichenden Zustand „bewusst“ ausgewählt hat, um von einem Ziel sprechen zu können. Schließlich stellt man dem Ziel oft die zur Zielerreichung nötigen „Mittel“ gegenüber.
 
Ein Ziel ist auch eine normative Aussage eines Entscheidungsträgers über einen zukünftigen Zustand, der durch eigenes aktives Handeln beeinflusst werden kann.
 
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Zeil}}
* {{WikipediaDE|SMART (Projektmanagement)}}
* {{WikipediaDE|Zielnorm}}
* {{WikipediaDE|Entscheidungstheorie}}
* {{WikipediaDE|Qualitätsplanung}}
* {{WikipediaDE|Entscheidung unter Sicherheit}} für Zielbeziehungen und Zielsysteme
* {{WikipediaDE|Anforderung}} als Abgrenzung von einem Ziel
 
== Weblinks ==
{{Wiktionary}}
{{Wikiquote}}
 
== Einzelnachweise ==
<references />
 
{{Normdaten|TYP=s|GND=4117713-7}}
 
[[Kategorie:Handlungstheorie (Philosophie)]]
[[Kategorie:Philosophie des Sinns]]
[[Kategorie:Volkswirtschaftslehre]]
[[Kategorie:Ethisches Prinzip]]
[[Kategorie:Philosophie]]
[[Kategorie:Abstraktum]]
[[Kategorie:Motivation]]
 
{{Wikipedia}}

Aktuelle Version vom 21. Juni 2015, 15:45 Uhr

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