Bildung

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Bildung (von ahd. bildunga, "Schöpfung, Bildnis, Gestalt") zielt aus geisteswissenschaftlicher und waldorfpädagogischer vornehmlich darauf, den Ätherleib des Menschen so zu bilden, zu formen und zu gestalten, dass dadurch das Ich, die Individualität des Menschen, geeignete Bedingungen zur Entwicklung seiner geistigen Fähigkeiten findet. Das ist eines der wesentlichen Ziele geistgemäßer Erziehung. Wahre Bildung ist, im Gegensatz zu der auf spezielle, rein äußere Zwecke gerichteten und zeitlich begrenzten Ausbildung, allseitig ("ganzheitlich") und niemals vollendet.

"Die Bohne wächst auf jeden Fall aus dem Keim hervor, Sie brauchen sie nicht besonders zu erziehen. Das gehört zu ihrer Natur. Wir können nicht die Pflanzen erziehen, den Menschen aber können wir erziehen. Wir können dem Menschen etwas überliefern, in ihn etwas hineinbringen, während wir ähnliches in die Pflanze nicht hineinbringen können. Woher rührt das ? Das hat seinen Grund darin, daß der Ätherleib der Pflanze in jedem Falle eine bestimmte innere Gesetzmäßigkeit hat, die abgeschlossen ist, die sich von Samen zu Samen hindurchentwickelt und die einen bestimmten Kreis hat, über den nicht hinausgegangen werden kann. Anders ist es beim Ätherleib des Menschen. Da ist es so, daß außer demjenigen Teil des Ätherleibes, der verwendet wird auf das Wachstum, auf dieselbe Entwicklung, die der Mensch auch in gewissen Grenzen eingeschlossen hat wie die Pflanze, daß außer diesem Teil sozusagen noch ein anderer Teil im Ätherleibe ist, der frei auftritt, der von vornherein keine Verwendung hat, wenn wir nicht dem Menschen in der Erziehung allerlei beibringen, der menschlichen Seele allerlei einfügen, was dann dieser freie Teil des Ätherleibes verarbeitet. So also ist wirklich ein durch die Natur selbst nicht verbrauchter Teil des Ätherleibes im Menschen vorhanden. Diesen Teil des Ätherleibes bewahrt sich der Mensch; er verwendet ihn nicht zum Wachstum, nicht zu seiner natürlichen organischen Entwickelung, sondern behält ihn als etwas Freies in sich, durch das er die Vorstellungen, die durch die Erziehung in ihn hineinkommen, aufnehmen kann." (Lit.: GA 107, S. 85f)

Goethe

Goethe spricht in seiner «Morphologie» von der für die Ätherkräfte charakteristischen, ständig beweglich bleibenden «Bildung», die im Gegensatz zur fertigen, fixierten Gestalt steht. Rudolf Steiner nennt sie „ätherische Bildekräfte“. Ein Teil dieser Kräfte wird für die „Bildung“ im oben genannten Sinn verwendet.

„Der Deutsche hat für den Komplex des Daseins eines wirklichen Wesens das Wort Gestalt. Er abstrahiert bei diesem Ausdruck von dem Beweglichen, er nimmt an, daß ein Zusammengehöriges festgestellt, abgeschlossen und in seinem Charakter fixiert sei.
Betrachten wir aber alle Gestalten, besonders die organischen, so Enden wir, daß nirgend ein Bestehendes, nirgend ein Ruhendes, ein Abgeschlossenes vorkommt, sondern daß vielmehr alles in einer steten Bewegung schwanke. Daher unsere Sprache das Wort Bildung sowohl von dem Hervorgebrachten, als von dem Hervorgebrachtwerdenden gehörig genug zu brauchen pflegt.
Wollen wir also eine Morphologie einleiten, so dürfen wir nicht von Gestalt sprechen; sondern, wenn wir das Wort brauchen, uns allenfalls dabei nur die Idee, den Begriff oder ein in der Erfahrung nur für den Augenblick Festgehaltenes denken.
Das Gebildete wird sogleich wieder umgebildet, und wir haben uns, wenn wir einigermaßen zum lebendigen Anschaun der Natur gelangen wollen, selbst so beweglich und bildsam zu erhalten, nach dem Beispiele mit dem sie uns vorgeht.“

Goethe: Morphologie: Die Absicht eingeleitet

Siehe auch

Anmerkungen


Literatur

  1. Rudolf Steiner: Geisteswissenschaftliche Menschenkunde, GA 107 (1988), ISBN 3-7274-1070-1 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
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