Rhetorik und Wunderheilung (Christentum): Unterschied zwischen den Seiten

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'''Rhetorik''' ({{ELSalt|ῥητορική (τέχνη)}} ''{{lang|grc-Latn|rhētorikḗ (téchnē)}}'' „die Redekunst“) ist die [[Kunst]] der Rede und spielte bereits in der [[Wikipedia:Griechische Antike|griechischen Antike]] eine große Rolle. Eine ganz besondere Bedeutung gewann der '''Rhetor''', der geübte '''Redner''', dann im [[Wikipedia:Römisches Reich|Römischen Reich]].  
'''Wunderheilungen''' sind [[Heilung]]en oder Besserung von schweren Erkrankungen, die den bekannten Naturgesetzen zu widersprechen scheinen. Diese Definition unterscheidet sie von den [[Spontanheilung]]en. Es existieren unzählige Berichte über Krankenheilungen im christlichen Kontext seit dem Auftreten Jesu bis heute, deren Wundercharakter allerdings kontrovers beurteilt wird.


{{GZ|In Rom tritt später an die Stelle des Gymnasten der Rhetor.
==Christentum==
Das ist schon etwas abstrahiert vom ganzen Menschen, aber es ist
Im [[Christentum|christlichen Glauben]] kommen Wunderheilungen im [[Neues Testament|Neuen Testament]] vor. Es wird berichtet, dass Jesus Blinde, Lahme, Aussätzige und Besessene heilte, selbst Tote zum Leben erweckte. Die theologische Bedeutung dieser Heilungen und anderer [[Wunder]]taten ist allerdings umstritten. Während manche Bibelausleger der Ansicht sind, es handle sich um übernatürliche Heilungen, welche die göttliche Vollmacht Jesu demonstrieren sollen, halten andere die Frage der Natürlichkeit oder Übernatürlichkeit der Heilungen für sekundär, vielmehr solle dadurch die heilende Zuwendung Gottes und sein Wille zur Rettung des Menschen zum Ausdruck kommen.
wenigstens noch etwas da, was zusammenhängt mit einem Tun des
Menschen in einem Teil des Organismus. Was wird alles bewegt,
wenn wir reden! Wie lebt das Reden in unserem Herzen, in unserer
Lunge, wie in unserem Zwerchfell und weiter hinunter! Es lebt nicht
mehr so intensiv im ganzen Menschen wie dasjenige, was der Gymnast
getrieben hat, aber es lebt immerhin in einem großen Teil des
Menschen. Und die Gedanken sind dann nur ein Extrakt aus dem,
was im Reden lebt. Der Rhetor tritt an die Stelle des Gymnasten.
Der Gymnast hat es mit dem ganzen Menschen zu tun. Der Rhetor
hat es nur noch zu tun mit dem, was gewissermaßen die Gliedmaßen
schon ausschließt und also aus einem Teil des Menschen herauf in
den Kopf dasjenige schickt, was Einsicht ist. Und die dritte Stufe,
die kommt erst in der Neuzeit herauf: das ist der Doktor, der nichts
mehr abrichtet als den Kopf, der nur mehr auf die Gedanken sieht.|233|110f}}


Im [[Wikipedia:Mittelalter|Mittelalter]] bildete die Rhetorik zusammen mit [[Grammatik]] und [[Dialektik]] das [[Trivium]] im Kanon der [[Sieben freie Künste|Sieben Freien Künste]].
== Wunderheilungen Jesu ==
"Diese Heilungen bilden ja bekanntlich einen Gegenstand ungeheuer
weitgehender Diskussionen. Und was da einen ganz besonderen Gegenstand
der Diskussion bildet, ist ja, wie Sie alle wissen, die Wunder-
Frage. Das wird am häufigsten betont, daß da Wunder erzählt werden
sollen. Aber treten wir dieser Wunder-Frage einmal näher. Gestern
habe ich Sie schon auf einesaufmerksam gemacht. Ich habe darauf
hingewiesen, daß in der Tat der gegenwärtige Mensch die Veränderungen,
die Metamorphosen, die sich mit der menschlichen Wesenheit
im Laufe der Entwickelung vollzogen haben, ganz unterschätzt. Würden
Sie - nicht im groben, sondern im feineren Sinne - einen physischen
Leib aus der Zeit, wo der Christus Jesus gelebt hat, oder gar
noch vorher, vergleichen mit einem heutigen physischen Leib, so
würde sich ein ganz beträchtlicher Unterschied ergeben, ein Unterschied,
der allerdings nicht feststellbar ist mit anatomischen Mitteln,
wohl aber durch die okkulte Forschung. Und Sie würden finden:
der physische Leib ist dichter geworden, hat sich mehr zusammengezogen;
er war noch weicher in der Zeit des Christus Jesus. Und namentlich
war die Art der Anschauung so, daß der Mensch das, was er heute
gar nicht mehr sieht, die Erkenntnis gewisser Kraftwirkungen im
Leibe, die jeden Leib modellieren, noch in einem gewissen Grade besessen
hat, so daß die Muskeln - allerdings nur für einen feineren Blick
- deutlich und viel stärker sich abprägten. Das ging langsam und allmählich
verloren. Kindereien in der Kunstgeschichte weisen auf alte
Zeichnungen hin, wo zum Beispiel besonders ausgeprägte Muskellinien
dargestellt sind, und halten das für eine Übertreibung und für
Ungeschicklichkeit der alten Zeichner, weil man nicht weiß, daß so
etwas auf ein tatsächliches Beobachten zurückgeht, das für alte Zeiten
richtig war, für die heutigen Zeiten aber falsch sein würde. Aber darauf
wollen wir weniger Rücksicht nehmen und nur das mehr hervorheben,
was mit diesen ganz anders gearteten menschlichen Leibern
verbunden war.
Auf den menschlichen Leib hatte damals die Kraft der Seele, die
Kraft des Geistes noch einen viel größeren, sozusagen momentaneren
Einfluß als später, wo der Leib dichter geworden ist und die Seele daher
an Macht über den Leib verloren hat. Daher war es damals in viel
größerem Maße möglich, zu heilen von der Seele aus. Die Seele hatte
viel mehr Macht, so daß sie den Leib durchsetzen konnte mit den aus
der geistigen Welt geholten gesund wirkenden Kräften, wenn der Leib
in Unordnung gekommen war, um ihn wieder von sich aus in Harmonie,
in Ordnung zu bringen. Diese Macht der Seele über den Leib hat
allmählich abgenommen. Das ist der Gang der fortgehenden Entwickelung.
Daher waren die Heilprozesse in alten Zeiten in weit größerem
Maße als später geistige Heilprozesse. Und diejenigen, die als
Ärzte galten, waren nicht im heutigen Sinne physische Ärzte, sondern
zum großen Teil Heiler in dem Sinne, daß sie auf den Leib auf dem
Umwege durch die Seele wirkten. Sie reinigten die Seele und durchsetzten
sie mit gesunden Empfindungen, Impulsen und Willenskräften
durch die geistig-seelischen Einflüsse, die sie ausüben konnten, sei
es im gewöhnlichen Zustande der physischen Wahrnehmung, sei es in
dem sogenannten Tempelschlaf oder dergleichen, was ja auch für die
damalige Zeit nichts anderes war als eine Art Versetzen des Menschen
in einen hellseherischen Zustand.
Wenn man also die damaligen Kulturverhältnisse berücksichtigt,
muß man durchaus daraufhinweisen, daß diejenigen, die stark an Seele
waren und appellieren konnten an das, was sie selbst aufgenommen
hatten, damals in beträchtlichem Maße auf die Seelen wirken konnten
und damit auch auf die Leiber. Daher kam es auch, daß solche Menschen,
die irgendwie geistdurchdrungen waren, und von denen man
wußte, daß sie heilende Kräfte ausströmten in die Umgebung, auch
mit dem Ausdruck «Heiler» bezeichnet wurden. Und im Grunde genommen
müßte man nicht nur die Therapeuten, sondern auch die
Essäer in einer gewissen Weise als Heiler bezeichnen. Ja, wir müssen
weitergehen: In einer gewissen Mundart Vorderasiens, in welcher
sich besonders diejenigen ausgedrückt haben, aus welchen das Christentum
hervorgewachsen ist, ist die Übersetzung dessen, was wir bezeichnen
würden als «geistigen Heiler», das Wort Jesus. Jesus bedeutet
im Grunde genommen «geistiger Arzt». Das ist eine ziemlich richtige
Übersetzung, namentlich wenn man auf die Gefühlswerte geht.
Und damit könnten Sie zu gleicher Zeit auch ein Licht werfen auf alles,
was man bei solchem Namen empfand in einer Zeit, wo man bei Namen
noch etwas fühlte. Aber wir wollen uns einmal ganz sozusagen
hineinversetzen in die Kulturverhältnisse der damaligen Zeit.
Ein Mensch, der also im Sinne der damaligen Zeit gesprochen hätte,
würde gesagt haben: Es gibt Menschen, die den Zutritt haben zu den
Mysterien, die mit einer gewissen Opferung ihres Ich-Bewußtseins in
den Mysterien sich in Verbindung setzen können mit gewissen geistigseelischen
Kräften, die dann ausstrahlen auf die Umgebung, wodurch
sie zu Heilern werden für die Umgebung. Nehmen wir an, ein solcher
Mensch wäre Jünger des Christus Jesus geworden, so hätte er gesagt:
Wir haben jetzt sehr Merkwürdiges erlebt. Während früher nur solche
Menschen, die unter Herabdämpfung des Ich-Bewußtseins die geistigen
Kräfte in den Mysterien aufgenommen haben, seelische Heiler
werden konnten, haben wir jetzt einen erlebt, der es wurde ohne die
Mysterienprozeduren, unter Aufrechterhaltung des Ich. - Nicht etwa
das war das Auffällige, daß geistige Heilungen überhaupt vollzogen
wurden. Daß in den Kapiteln des Matthäus-Evangeliums von einem
geistigen Heiler erzählt wird, wäre einem solchen Menschen gar nicht
besonders wunderbar vorgekommen. Er hätte gesagt: Was ist Wunderbares
dabei, daß solche Leute geistig heilen? Das ist selbstverständlich!
- Und die Aufzählung solcher Heilungen wäre für die damalige
Zeit nicht ein besonderes Wunder gewesen. Das aber ist das Bedeutungsvolle,
daß der Schreiber des Matthäus-Evangeliums erzählt: Da
ist einer, der eine neue Wesenskraft in die Menschheit gebracht hat,
der aus dem Impuls seines Ich, aus dem man früher nicht heilen konnte,
Heilungen vollzog, indem er dieselbe Kraft dabei heranzog, mit Hilfe
deren man früher nicht heilen konnte. - Also etwas ganz anderes wird
in den Evangelien erzählt, als man gewöhnlich meint. Zahlreiche
Beweise, auch historische, könnten dafür erbracht werden, daß es richtig
ist, was die Geisteswissenschaft aus okkulten Quellen heraus feststellt.
Wir wollen nur eines zum Beweise heranführen.
Wenn es wahr ist, was jetzt gesagt worden ist, dann müßte man
sich tatsächlich im Altertum vorgestellt haben, daß unter einer gewissen
Voraussetzung diejenigen, die blind sind, geheilt werden könnten
unter geistigem Einfluß. Nun ist mit Recht hingewiesen worden auf
alte Bildnisse, die dergleichen darstellen. Auch der im vorigen Vortrag
erwähnte John M. Robertson weist darauf hin, daß kl Rom eine Darstellung
ist, die Abbildung eines Äskulap, der vor zwei Blinden steht,
und er hat natürlich daraus geschlossen, daß damit eine Heilung angezeigt
worden ist, und daß dies dann von den Evangelienschreibern
übernommen und in die Darstellungen der Evangelien hineingebracht
worden ist. Es ist hier aber nicht das Wesentliche, daß geistige Heilungen
etwas Wunderbares sind, sondern als wesentlich hat es zu gelten,
daß der, der das Bild gemalt hat, damit hat sagen wollen: Äskulap ist
einer der Eingeweihten, der unter Herabdämpfung des Ich-Bewußtseins
in den Mysterien zu den geistigen Heilkräften gekommen ist. Der
Schreiber des Matthäus-Evangeliums aber wollte sagen: Nicht auf
diese Weise wurden Heilungen beim Christus erreicht, sondern was als
ein einmaliger Impuls in Christus lebte, das soll nach und nach von der
ganzen Menschheit erreicht werden, so daß das Ich mit seiner Kraft es
nach und nach erreichen kann. - Gewinnen können es heute die Menschen
noch nicht, weil es sich in einer späteren Zukunft in die Menschheit
einleben soll. Aber was sich vollzogen hat mit dem Christus im Beginne
unserer Zeitrechnung, das wird sich einleben, und die Menschen
werden nach und nach fähig werden, es zum Ausdruck zu bringen.
Nach und nach wird es geschehen. Das wollte der Schreiber des Matthäus-
Evangeliums mit seinen Wunderheilungen darstellen.
So darf ich aus dem okkulten Bewußtsein heraus sagen: Der Schreiber
des Matthäus-Evangeliums wollte überhaupt keine «Wunder»
schildern, sondern etwas ganz Natürliches, etwas Selbstverständliches.
Er wollte nur schildern, daß es auf eine neue Art sich vollzog. So
nehmen sich die Dinge aus, wenn man sie mit wirklich wissenschaftlicher
Gewissenhaftigkeit darstellt. So daß also das tiefste Mißverständnis
gerade gegenüber den Evangelien Platz gegriffen hat. {{G|123|186}}ff.
 
== Siehe auch ==
[[wikipedia:Wunder Jesu|Wunder Jesu]]


== Literatur ==
== Literatur ==
#Rudolf Steiner: ''Die Weltgeschichte in anthroposophischer Beleuchtung und als Grundlage der Erkenntnis des Menschengeistes'', [[GA 233]] (1991), ISBN 3-7274-2331-5 {{Vorträge|233}}
#Rudolf Steiner: ''Das Matthäus-Evangelium'', [[GA 123]] (1988), ISBN 3-7274-1230-5 {{Vorträge|123}}
 
{{GA}}
{{GA}}
 
{{wikipedia}}
[[Kategorie:Sprache]] [[Kategorie:Rhetorik]][[Kategorie:Kunst]]

Version vom 13. Mai 2013, 19:47 Uhr

Wunderheilungen sind Heilungen oder Besserung von schweren Erkrankungen, die den bekannten Naturgesetzen zu widersprechen scheinen. Diese Definition unterscheidet sie von den Spontanheilungen. Es existieren unzählige Berichte über Krankenheilungen im christlichen Kontext seit dem Auftreten Jesu bis heute, deren Wundercharakter allerdings kontrovers beurteilt wird.

Christentum

Im christlichen Glauben kommen Wunderheilungen im Neuen Testament vor. Es wird berichtet, dass Jesus Blinde, Lahme, Aussätzige und Besessene heilte, selbst Tote zum Leben erweckte. Die theologische Bedeutung dieser Heilungen und anderer Wundertaten ist allerdings umstritten. Während manche Bibelausleger der Ansicht sind, es handle sich um übernatürliche Heilungen, welche die göttliche Vollmacht Jesu demonstrieren sollen, halten andere die Frage der Natürlichkeit oder Übernatürlichkeit der Heilungen für sekundär, vielmehr solle dadurch die heilende Zuwendung Gottes und sein Wille zur Rettung des Menschen zum Ausdruck kommen.

Wunderheilungen Jesu

"Diese Heilungen bilden ja bekanntlich einen Gegenstand ungeheuer weitgehender Diskussionen. Und was da einen ganz besonderen Gegenstand der Diskussion bildet, ist ja, wie Sie alle wissen, die Wunder- Frage. Das wird am häufigsten betont, daß da Wunder erzählt werden sollen. Aber treten wir dieser Wunder-Frage einmal näher. Gestern habe ich Sie schon auf einesaufmerksam gemacht. Ich habe darauf hingewiesen, daß in der Tat der gegenwärtige Mensch die Veränderungen, die Metamorphosen, die sich mit der menschlichen Wesenheit im Laufe der Entwickelung vollzogen haben, ganz unterschätzt. Würden Sie - nicht im groben, sondern im feineren Sinne - einen physischen Leib aus der Zeit, wo der Christus Jesus gelebt hat, oder gar noch vorher, vergleichen mit einem heutigen physischen Leib, so würde sich ein ganz beträchtlicher Unterschied ergeben, ein Unterschied, der allerdings nicht feststellbar ist mit anatomischen Mitteln, wohl aber durch die okkulte Forschung. Und Sie würden finden: der physische Leib ist dichter geworden, hat sich mehr zusammengezogen; er war noch weicher in der Zeit des Christus Jesus. Und namentlich war die Art der Anschauung so, daß der Mensch das, was er heute gar nicht mehr sieht, die Erkenntnis gewisser Kraftwirkungen im Leibe, die jeden Leib modellieren, noch in einem gewissen Grade besessen hat, so daß die Muskeln - allerdings nur für einen feineren Blick - deutlich und viel stärker sich abprägten. Das ging langsam und allmählich verloren. Kindereien in der Kunstgeschichte weisen auf alte Zeichnungen hin, wo zum Beispiel besonders ausgeprägte Muskellinien dargestellt sind, und halten das für eine Übertreibung und für Ungeschicklichkeit der alten Zeichner, weil man nicht weiß, daß so etwas auf ein tatsächliches Beobachten zurückgeht, das für alte Zeiten richtig war, für die heutigen Zeiten aber falsch sein würde. Aber darauf wollen wir weniger Rücksicht nehmen und nur das mehr hervorheben, was mit diesen ganz anders gearteten menschlichen Leibern verbunden war. Auf den menschlichen Leib hatte damals die Kraft der Seele, die Kraft des Geistes noch einen viel größeren, sozusagen momentaneren Einfluß als später, wo der Leib dichter geworden ist und die Seele daher an Macht über den Leib verloren hat. Daher war es damals in viel größerem Maße möglich, zu heilen von der Seele aus. Die Seele hatte viel mehr Macht, so daß sie den Leib durchsetzen konnte mit den aus der geistigen Welt geholten gesund wirkenden Kräften, wenn der Leib in Unordnung gekommen war, um ihn wieder von sich aus in Harmonie, in Ordnung zu bringen. Diese Macht der Seele über den Leib hat allmählich abgenommen. Das ist der Gang der fortgehenden Entwickelung. Daher waren die Heilprozesse in alten Zeiten in weit größerem Maße als später geistige Heilprozesse. Und diejenigen, die als Ärzte galten, waren nicht im heutigen Sinne physische Ärzte, sondern zum großen Teil Heiler in dem Sinne, daß sie auf den Leib auf dem Umwege durch die Seele wirkten. Sie reinigten die Seele und durchsetzten sie mit gesunden Empfindungen, Impulsen und Willenskräften durch die geistig-seelischen Einflüsse, die sie ausüben konnten, sei es im gewöhnlichen Zustande der physischen Wahrnehmung, sei es in dem sogenannten Tempelschlaf oder dergleichen, was ja auch für die damalige Zeit nichts anderes war als eine Art Versetzen des Menschen in einen hellseherischen Zustand. Wenn man also die damaligen Kulturverhältnisse berücksichtigt, muß man durchaus daraufhinweisen, daß diejenigen, die stark an Seele waren und appellieren konnten an das, was sie selbst aufgenommen hatten, damals in beträchtlichem Maße auf die Seelen wirken konnten und damit auch auf die Leiber. Daher kam es auch, daß solche Menschen, die irgendwie geistdurchdrungen waren, und von denen man wußte, daß sie heilende Kräfte ausströmten in die Umgebung, auch mit dem Ausdruck «Heiler» bezeichnet wurden. Und im Grunde genommen müßte man nicht nur die Therapeuten, sondern auch die Essäer in einer gewissen Weise als Heiler bezeichnen. Ja, wir müssen weitergehen: In einer gewissen Mundart Vorderasiens, in welcher sich besonders diejenigen ausgedrückt haben, aus welchen das Christentum hervorgewachsen ist, ist die Übersetzung dessen, was wir bezeichnen würden als «geistigen Heiler», das Wort Jesus. Jesus bedeutet im Grunde genommen «geistiger Arzt». Das ist eine ziemlich richtige Übersetzung, namentlich wenn man auf die Gefühlswerte geht. Und damit könnten Sie zu gleicher Zeit auch ein Licht werfen auf alles, was man bei solchem Namen empfand in einer Zeit, wo man bei Namen noch etwas fühlte. Aber wir wollen uns einmal ganz sozusagen hineinversetzen in die Kulturverhältnisse der damaligen Zeit. Ein Mensch, der also im Sinne der damaligen Zeit gesprochen hätte, würde gesagt haben: Es gibt Menschen, die den Zutritt haben zu den Mysterien, die mit einer gewissen Opferung ihres Ich-Bewußtseins in den Mysterien sich in Verbindung setzen können mit gewissen geistigseelischen Kräften, die dann ausstrahlen auf die Umgebung, wodurch sie zu Heilern werden für die Umgebung. Nehmen wir an, ein solcher Mensch wäre Jünger des Christus Jesus geworden, so hätte er gesagt: Wir haben jetzt sehr Merkwürdiges erlebt. Während früher nur solche Menschen, die unter Herabdämpfung des Ich-Bewußtseins die geistigen Kräfte in den Mysterien aufgenommen haben, seelische Heiler werden konnten, haben wir jetzt einen erlebt, der es wurde ohne die Mysterienprozeduren, unter Aufrechterhaltung des Ich. - Nicht etwa das war das Auffällige, daß geistige Heilungen überhaupt vollzogen wurden. Daß in den Kapiteln des Matthäus-Evangeliums von einem geistigen Heiler erzählt wird, wäre einem solchen Menschen gar nicht besonders wunderbar vorgekommen. Er hätte gesagt: Was ist Wunderbares dabei, daß solche Leute geistig heilen? Das ist selbstverständlich! - Und die Aufzählung solcher Heilungen wäre für die damalige Zeit nicht ein besonderes Wunder gewesen. Das aber ist das Bedeutungsvolle, daß der Schreiber des Matthäus-Evangeliums erzählt: Da ist einer, der eine neue Wesenskraft in die Menschheit gebracht hat, der aus dem Impuls seines Ich, aus dem man früher nicht heilen konnte, Heilungen vollzog, indem er dieselbe Kraft dabei heranzog, mit Hilfe deren man früher nicht heilen konnte. - Also etwas ganz anderes wird in den Evangelien erzählt, als man gewöhnlich meint. Zahlreiche Beweise, auch historische, könnten dafür erbracht werden, daß es richtig ist, was die Geisteswissenschaft aus okkulten Quellen heraus feststellt. Wir wollen nur eines zum Beweise heranführen. Wenn es wahr ist, was jetzt gesagt worden ist, dann müßte man sich tatsächlich im Altertum vorgestellt haben, daß unter einer gewissen Voraussetzung diejenigen, die blind sind, geheilt werden könnten unter geistigem Einfluß. Nun ist mit Recht hingewiesen worden auf alte Bildnisse, die dergleichen darstellen. Auch der im vorigen Vortrag erwähnte John M. Robertson weist darauf hin, daß kl Rom eine Darstellung ist, die Abbildung eines Äskulap, der vor zwei Blinden steht, und er hat natürlich daraus geschlossen, daß damit eine Heilung angezeigt worden ist, und daß dies dann von den Evangelienschreibern übernommen und in die Darstellungen der Evangelien hineingebracht worden ist. Es ist hier aber nicht das Wesentliche, daß geistige Heilungen etwas Wunderbares sind, sondern als wesentlich hat es zu gelten, daß der, der das Bild gemalt hat, damit hat sagen wollen: Äskulap ist einer der Eingeweihten, der unter Herabdämpfung des Ich-Bewußtseins in den Mysterien zu den geistigen Heilkräften gekommen ist. Der Schreiber des Matthäus-Evangeliums aber wollte sagen: Nicht auf diese Weise wurden Heilungen beim Christus erreicht, sondern was als ein einmaliger Impuls in Christus lebte, das soll nach und nach von der ganzen Menschheit erreicht werden, so daß das Ich mit seiner Kraft es nach und nach erreichen kann. - Gewinnen können es heute die Menschen noch nicht, weil es sich in einer späteren Zukunft in die Menschheit einleben soll. Aber was sich vollzogen hat mit dem Christus im Beginne unserer Zeitrechnung, das wird sich einleben, und die Menschen werden nach und nach fähig werden, es zum Ausdruck zu bringen. Nach und nach wird es geschehen. Das wollte der Schreiber des Matthäus- Evangeliums mit seinen Wunderheilungen darstellen. So darf ich aus dem okkulten Bewußtsein heraus sagen: Der Schreiber des Matthäus-Evangeliums wollte überhaupt keine «Wunder» schildern, sondern etwas ganz Natürliches, etwas Selbstverständliches. Er wollte nur schildern, daß es auf eine neue Art sich vollzog. So nehmen sich die Dinge aus, wenn man sie mit wirklich wissenschaftlicher Gewissenhaftigkeit darstellt. So daß also das tiefste Mißverständnis gerade gegenüber den Evangelien Platz gegriffen hat. GA 123, S. 186ff.

Siehe auch

Wunder Jesu

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Das Matthäus-Evangelium, GA 123 (1988), ISBN 3-7274-1230-5 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
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