Nebularhypothese

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Die Nebularhypothese ist eine 1796 von Pierre-Simon Laplace in seinem Werk Exposition du systeme du monde („Darstellung des Weltsystems“) veröffentlichte Theorie zur Entstehung des Sonnensystems.

Laplace ging von einer gasförmigen Atmosphäre aus, die die Sonne umgab und aufgrund übermäßiger Erhitzung den ganzen Bereich des heutigen Sonnensystems ausfüllte. Um die Sonne rotierte ihre Atmosphäre, und als die Sonne abkühlte, schrumpfte die Atmosphäre und ihre Materie verdichtete sich. Wegen der Erhaltung des Drehimpulses beschleunigte sich die Rotationsbewegung der Atmosphäre. Dadurch flachte die Atmosphäre ab und nahm eine linsenförmige Gestalt an. Bei der weiteren Verdichtung und der entsprechenden Zunahme der Rotation wurde die Zentrifugalkraft in der äußeren Gasregion irgendwann so groß, dass sie die Gravitationskraft der Sonne überwand und sich in der Äquatorebene ein Gasring von der Atmosphäre löste, der weiter um die Sonne rotierte. Dieser Vorgang wiederholt sich einige Male, bis die Sonnenatmosphäre auf ihr heutiges Volumen geschrumpft war. Die Materie der Gasringe verdichtete sich weiter, so dass feste Körper entstanden. Von diesen festen Körpern war je Gasring ein Körper dominant, so dass er die anderen Körper anzog und sie „schluckte“. Dadurch wuchs der Körper im Laufe der Zeit zu einem Planeten heran. Dieser besaß so viel Masse, dass das verbleibende Gas von ihm angezogen wurde und zu seiner Atmosphäre wurde. Ähnlich wie bei der Sonne entstanden bei der weiteren Abkühlung des Gases die Satelliten der Planeten.

Das Bemerkenswerte an dieser „natürlichen Schöpfungstheorie“ ist, dass sie vollständig ohne Gott auskommt. In einem berühmt gewordenen Gespräch mit Napoleon Bonaparte, das in zahlreichen Varianten überliefert ist, unterstrich Laplace, „dass er dieser Hypothese nicht bedurft habe.“ Der französische Astronom Hervé Faye gab es so wieder:

„Comme le citoyen Laplace présentait au général Bonaparte la première édition de son Exposition du Système du monde, le général lui dit : « Newton a parlé de Dieu dans son livre. J'ai déjà parcouru le vôtre et je n'y ai pas trouvé ce nom une seule fois. À quoi Laplace aurait répondu : « Citoyen premier Consul, je n'ai pas eu besoin de cette hypothèse. »“

„Als der Bürger Laplace dem General Bonaparte die erste Ausgabe seiner Exposition du Système du monde zeigte, sagte der General zu ihm: ‚Newton sprach in seinem Buch von Gott. Ich habe das ihrige schon durchgesehen und dabei diesen Begriff kein einziges Mal gefunden.‘ Woraufhin Laplace erwidert hatte: ‚Bürger und Erster Konsul, ich habe dieser Hypothese nicht bedurft.‘“

Hervé Faye: Sur l'origine du monde, théories cosmogoniques des anciens et des modernes (1884)[1]

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte nur Immanuel Kant in seinem 1755 veröffentlichten Werk Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels mit einer ähnlichen Theorie vollständig auf die Erwähnung Gottes verzichtet. Laplace hatte von der Theorie Kants jedoch keine Kenntnis. Dieses Werk Kants wurde zunächst kaum beachtet und erst 100 Jahre später von François Arago wiederentdeckt. Zusammenfassend werden heute beide kosmologische Hypothesen als Kant-Laplace-Theorie bezeichnet.

Laplace stellte seine Theorie fast gänzlich ohne technische Hilfsmittel (außer Teleskopen) auf. Dennoch wurde die Theorie, trotz Kritik, über 100 Jahre als gängige Theorie anerkannt. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts wurde sie verworfen, um 1960 jedoch wieder in modifizierter Form aufgenommen zu werden.

Siehe auch

Anmerkungen

  1. Hervé Faye: Sur l'origine du monde : théories cosmogoniques des anciens et des modernes. Gauthier-Villars (Paris), , S. 110, abgerufen am 5. Januar 2014 (français, digitalisiertes Buch, an der Université de Paris Sud, B1-43 Inhaltsverzeichnis).

Literatur

  • Traité de mécanique céleste. Fünf Bände, Paris 1798–1825 (Neudruck, Brüssel 1967). Ins Englische übersetzt unter dem Titel: Celestial mechanics. Chelsea Publications, Bronx, N.Y. 1976, ISBN 0-8284-0214-0 (5 Bde.)
  • Manfred Jacobi: Pierre-Simon Laplace und die Darstellung des Weltsystems - „Das schönste Denkmal des Menschlichen Geistes“. In: Physik in unserer Zeit Bd. 41, Nr. 2, 2010, ISSN 0031-9252, S. 82 - 86