Silicium und Strukturphänomenologie (Witzenmann): Unterschied zwischen den Seiten

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'''Strukturphänomenologie''' bezeichnet die von [[Herbert Witzenmann]] (1905–1988) entwickelte und ausgeübte [[Phänomenologie (Methodik)|Methode phänomenologischer Beobachtung]] des [[Bewusstsein]]s. Denselben Titel trägt sein „wissenschaftstheoretisches Konzept“ aus dem Jahr 1983.
[[Datei:Quartz_Brésil.jpg|300px|mini|Bergkristall (reiner Quarz)]]


'''Silizium''' ([[Deutsche Sprache|dt.]] auch '''Silizium''') ist ein grau-schwarz glänzendes [[chemisches Element]] mit dem chemischen Symbol '''Si''' und steht in der 4. Hauptgruppe des [[Wikipedia:Periodensystem|Periodensystem]]s direkt unter dem [[Kohlenstoff]] und ist ein typisches [[Wikipedia:Halbmetall|Halbmetall]]. Es ist ein wesentlicher Bestandteil der Gesteinshülle der [[Erde (Planet)|Erde]] und bildet die stoffliche Grundlage der weitaus meisten [[Mineral]]ien. Die [[Erdkruste]] besteht zu etwa 25,8 Gewichtsprozent aus Silicium, welches damit das am zweithäufigsten vertretenen chemische Element nach dem [[Sauerstoff]] ist. [[Quarz]], der in vollendeter Form als [[Wikipedia:Trigonales Kristallsystem|trigonal]] kristallisierter [[Bergkristall]] erscheint, ist reines [[Wikipedia:Siliciumdioxid|Siliciumdioxid]] (SiO<sub>2</sub>). '''Kiesel''' ist eine veraltete zusammenfassende Bezeichnung für Silicium und seine Verbindungen wie etwa Quarz oder die verschiedenen [[Wikipedia:Kieselsäuren|Kieselsäuren]]. Die [[gestein]]sbildenden '''[[Wikipedia:Silikate|Silikate]]''', wie [[Feldspat]]e oder [[Glimmer]], sind [[Wikipedia:Komplexchemie|komplexe]] Salze der Kieselsäuren.
== Anknüpfungen ==
Witzenmanns Strukturphänomenologie knüpft methodisch und zum Teil auch terminologisch an [[Rudolf Steiner]]s Erkenntnislehre sowie mittelbar ([[Goetheanismus]]) und unmittelbar an [[Johann Wolfgang von Goethe|Goethes]] Naturforschung an. Im Unterschied zu [[wikipedia:Heinrich Rombach|Heinrich Rombach]]s gleichnamigen Ansatz steht sie nicht primär in der Tradition philosophischer [[Phänomenologie]] nach [[Edmund Husserl|Husserl]], ist auf diese aber in verschiedenen Aspekten beziehbar.<ref>Wagemann, ''Gehirn und menschliches Bewusstsein'', S. 235f</ref>


== Kieselsäureprozess ==
Aus Goethes Naturforschung haben folgende methodische Elemente Eingang in die Strukturphänomenologie gefunden:
* die Bewusstmachung und systematische Kultivierung von im wissenschaftlichen Erkenntnisprozess ausgeübten mentalen Aktivitätsformen („Trennen und Verbinden“)
* das ursprünglich auf [[Empedokles]] zurückgehende Prinzip eines Erfassens von Gleichem durch Gleiches („Teilnahme an Produktion“)
* die Konkretion universeller Gesetzmäßigkeit („[[Urphänomen]]“) im aktuell Beobachteten im Unterschied zu abstraktiver Theorienbildung und subjektiver Vorstellungsbildung


{{Hauptartikel|Kieselsäureprozess}}
Im Hinblick auf Rudolf Steiners Erkenntnislehre orientiert sich die Strukturphänomenologie insbesondere an folgenden Aspekten:
* dem Prinzip eines urteilsoffenen, referentiellen bzw. [[wikipedia:Deixis|deiktischen]] Sprach- und Begriffsgebrauchs („Blicklenkung“)
* dem Gegenstandsbereich menschlicher Erkenntnisprozessualität (Bewusstsein als „Schauplatz“)
* an der selbstreferentiellen bewusstseinsphänomenologischen Beobachtung („[[seelische Beobachtung]]“)
* der Handhabung vorprädikativer Aktivitätsformen (Zurückhalten, Hervorbringen) sowie dem Aufweis entsprechender (vorsubjektiver, vorobjektiver) Strukturkomponenten („[[reine Wahrnehmung]]“, „reiner [[Begriff]]“)
* an der Vorstellungslehre ([[Vorstellung]] als „individualisierter Begriff“)


Siliciumverbindungen bilden die materielle Grundlage für den [[Kieselsäureprozess]], der im [[mensch]]lichen [[Organismus]] unerlässlich für die [[gestalt]]bildende Tätigkeit der [[Ich-Organisation]] ist und einen ganz besonderen Bezug zum [[Kopf]] bzw. zur [[Sinne]]stätigkeit hat. Kieselhaltige Mineralien wirken zugleich als ein [[Kosmos|kosmisches]] [[Sinnesorgan]] der ganzen [[Erde (Planet)|Erde]].
== Hauptmotive ==
;Methode
Ausgangspunkt der Strukturphänomenologie ist die Frage, ob und wie vorbewusste, genuin mentale Aktivität am Zustandekommen des [[Naiver Realismus|naiv-realistischen]] Alltagsbewusstseins, insbesondere der Objekt-Subjekt-Relation, beteiligt ist. Die [[Subjekt-Objekt-Spaltung]] wird nicht als Voraussetzung für den Erkenntnisakt, sondern als sein Resultat aufgefasst, das es hinsichtlich seiner Aktualgenese zu untersuchen gilt. Durch eine systematische Schulung der Beobachtungsintention wird eine Erweiterung der [[Erste-Person-Perspektive|Ersten-Person-Perspektive]] in Richtung [[Transpersonale Psychologie|transpersonaler]], gleichwohl das beobachtende Individualbewusstsein nicht auslöschender Prozessbewusstheit angestrebt. Dabei geht es zunächst um eine Unterscheidung rezeptiver und produktiver Aktivitätsanteile im regulären Bewusstseinsvollzug sowie deren Zugang zu komplementären Strukturelementen (Wahrnehmung, Begriff).


== Silikone ==
Der zentrale Befund der Strukturphänomenologie besteht darin, dass
[[Datei:Dimethylpolysiloxan.png|mini|Poly(dimethylsiloxan)]]
:''„die vollständige Wirklichkeit in der Vielfalt ihrer Erscheinungen nicht ohne unser mitgestaltendes Zutun als unser Bewusstseinsinhalt erscheint. Vielmehr bauen wir alles, was uns als wirklich gilt, durch die Vereinigung wahrnehmlicher und begrifflicher Elemente auf. Diese Vereinigungstätigkeit vollziehen wir zuerst unterbewusst. Sie kann aber bewusst gemacht werden. Sie findet stets statt, wenn wir etwas zunächst Unbegriffenes begreifen. Sie kann daher nicht durch etwas anderes erklärt oder ersetzt werden. Denn sie erfolgt bei jedem Erklärungsversuch von neuem.“''<ref>Witzenmann, ''Strukturphänomenologie'', S. 101</ref>


'''Silikone''' (auch: '''Silicone''') sind synthetisch hergestellte [[Polymer]]e, deren Siliciumatome [[Kohlenwasserstoffe|Kohlenwasserstoff-Reste]] tragen und über [[Sauerstoff]]atome miteinander zu längeren Ketten verknüpft sind. Chemisch gesehen handelt es sich dabei also um [[organische Verbindung|organische]] '''Polysiloxane'''.
;Grundstruktur
Die dynamische Synthese von Wahrnehmung und Begriff bezeichnet Witzenmann als ''Grundstruktur''. Mit ihr wird ein einheitliches und generelles Formprinzip aufgewiesen, das für alle subjekt- und objektseitigen [[Struktur|Strukturen]] maßgeblich ist – sofern uns diese bewusst werden. Die Grundstruktur nach Witzenmann unterscheidet sich insofern von jener nach Rombach, als die letztere auf einer pluralen, durch bestimmte Inhalte geprägten Konzeption beruht.<ref>Wagemann, ''Gehirn und menschliches Bewusstsein'', S. 244f</ref> Die erstere ist dagegen durch vier allgemeine Formstufen gekennzeichnet, die sich im Übergang jeden begrifflichen Inhalts zum Wahrnehmlichen zeigen.


== Silizium und Kohlenstoff ==
;Erinnerungsschicht
Aus der Perspektive grundstruktureller Prozessualität zeigt sich das gewöhnliche Bewusstsein als ihr gegenständliches (dem [[Objekt (Philosophie)|Objekt]]) bzw. personales Resultat (dem [[Subjekt (Philosophie)|Subjekt]]). Da es sich als solches auf ein ihm Vorhergehendes (die Bildung der Grundstruktur) bezieht, hat es eine erinnerungsartige Charakteristik; Witzenmann spricht von ihm auch als einer auf die primäre Grundstruktur aufgelagerten ''Erinnerungsschicht''. Der entstandene Gegenstand verbürgt dem Gegenüberstehenden daher keine Gegenwart im Sinne eines prozessualen Gewahrseins, sondern verbirgt ihm dieses gerade. Insofern ist unser naiv-realistisches Alltagsbewusstsein im Verhältnis zu seiner originären Entstehung nicht unmittelbar wirklichkeitshaltig, kann aber hinsichtlich seiner Entstehung durch strukturphänomenologische Beobachtung bewusstseins[[Immanenz|immanent]] aufgeklärt werden.


Das Quarzige, Kieselige will den [[Mensch]] immerfort in den entkörperten Zustand zurückbringen, in dem er im [[Leben zwischen Tod und neuer Geburt]] war. Dem wirkt der [[Kohlenstoff]] entgegen.
== Bezüge ==
 
Herbert Witzenmann hat das Konzept der Strukturphänomenologie in seinen Forschungen und Werken auf verschiedene Fragestellungen aus der [[Anthroposophie]], den [[Geisteswissenschaft|Geistes]]- und [[Sozialwissenschaft]]en angewendet. Wenngleich sich einige Autoren in ihren Arbeiten explizit auf die Strukturphänomenologie und ihre Konsequenzen beziehen, steht diese Forschungsrichtung noch am Anfang einer umfassenderen Rezeption und Weiterführung. Folgende Autoren sind hier exemplarisch zu nennen: Jost Schieren zeigt in einer strukturphänomenologischen Analyse von Goethes Forschungsmethode deren ausgeprägtes wissenschaftliches Ethos auf<ref>Schieren, ''Anschauende Urteilskraft'', S. 107</ref>. Michael Ross wendet in einer "Anthropologie der Begegnung" das Konzept der Grundstruktur auf die soziale Wirklichkeitsbildung an und zieht entsprechende sozial- und wirtschaftswissenschaftliche Konsequenzen<ref>Ross: ''Soziale Wirklichkeitsbildung'', S. 182</ref>. Johannes Wagemann gelangt durch eine Systematisierung typischer Lösungsversuche zum Gehirn-Bewusstsein-Problem zu dessen Reformulierung und entwickelt, wie Witzenmanns Strukturphänomenologie eine integrative Lösungsperspektive für dieses Problem eröffnet<ref>Wagemann, ''Gehirn und menschliches Bewusstsein'', S. 230</ref>.
<div style="margin-left:20px">
"Wir können nun das Schiefrige näher betrachten. Wir finden in vielem
Schiefrigen das Kieselige, das Siliciumhafte, das, was wir insbesondere
beim Bergkristall, beim Quarz finden. Die Kräfte, die im
Bergkristall, im Quarz sind, sind durchaus auch in ihren Strahlungen
und Strömungen im Menschen selber. Und würde der Mensch nur
diese Kräfte haben, die er also schon mit dem härteren Schiefrigen
in sich aufnimmt, würde der Mensch gewissermaßen nur die quarzartigen
Kräfte in sich haben, dann würde er fortwährend der Gefahr
ausgesetzt sein, mit seinem Geistig-Seelischen zurückzustreben zu
dem, was er zwischen Tod und neuer Geburt war, bevor er die Erde
betreten hat. Das Quarzige will den Menschen immerfort aus sich
herausbringen, zurückbringen zu seiner noch unverkörperlichten Wesenheit.
Es muß dieser Kraft, die den Menschen zurückbringen will
in seine unverkörperlichte Wesenheit, eine andere entgegenwirken,
und das ist die Kraft des Kohlenstoffes. Der Mensch hat den Kohlenstoff
vielfach in sich. Der Kohlenstoff wird ja natürlich von der
heutigen Naturwissenschaft nur äußerlich betrachtet, nur durch physische,
durch chemische Methoden. In Wahrheit ist aber der Kohlenstoff
das, was uns immer bei uns bleiben läßt. Er ist eigentlich unser
Haus. Er ist das, worin wir wohnen, während uns das Silicium fortwährend
aus unserem Haus herausführen will und uns zurückbringen
will in die Zeit, in der wir waren, bevor wir in unser Kohlenstoffhaus
eingezogen sind.
 
Und so hat das, was in uns Kohlenstoff und Kiesel ist, einen fortwährenden
Kampf zu führen. Aber in diesem Kampfe liegt unser Leben.
Würden wir nur aus Kohlenstoff bestehen - zum Beispiel die
physische Pflanzenwelt ist im Kohlenstoff begründet -, dann würden
wir nur an die Erde gebunden sein. Wir würden keine Ahnung bekommen
können von unserem außerirdischen Dasein. Daß wir davon
wissen, das verdanken wir dem kieseligen Element in uns. Man sieht
aber, wenn man das durchschaut, wiederum, welche Heilkräfte das
Silicium, der Quarz oder das Kieselige in sich enthält. Wenn ein
Mensch dadurch krank ist, daß er eine zu große Neigung zum Kohlenstoff
hat, was der Fall ist bei allen Erkrankungen, die mit gewissen
Stoffwechselprodukt-Ablagerungen verknüpft sind, dann muß
er als Heilmittel das Kieselige bekommen. Insbesondere wenn die
Stoffablagerungen peripherisch oder im Kopfe sind, dann ist das
Kieselige ein starkes Heilmittel dagegen." {{G|213|88}}
</div>
 
== Kiesel und die Wirkungen der sonnenfernen Planeten ==
 
Während in allem [[Kiesel]]igen die sonnenfernen [[Planet]]en [[Mars]], [[Jupiter]] und [[Saturn]] wirken, nimmt alles Kalkige die Kräfte der erdnahen Himmelskörper [[Mond]], [[Merkur]] und [[Venus]] auf.
 
<div style="margin-left:20px">
"Sehen Sie, das alles, was im Kieseligen
lebt, hat Kräfte, die nicht von der Erde stammen, sondern von den
sogenannten Sonnenfernen Planeten: Mars, Jupiter, Saturn. Dasjenige,
was ausgeht von diesen Planeten, wirkt auf dem Umwege durch das
Kieselige und Verwandtes auf das Pflanzenleben. Aber von all demjenigen,
was erdennahe Planeten sind: Mond, Merkur, Venus, wirken
die Kräfte auf dem Umwege des [[Kalk]]igen auf das Pflanzliche, auch auf
das tierische Leben der Erde herein. So können wir sprechen jedem
Acker gegenüber, der bebaut ist: da drinnen wirkt Kieseliges und
wirkt Kalkiges. Im Kieseligen wirken Saturn, Jupiter, Mars, im
Kalkigen Mond, Venus, Merkur." {{Lit|{{G|327|36f}}}}
</div>
 
== Siehe auch ==
 
* {{WikipediaDE|Silicium}}
* [[Kieselsäureprozess]]
* [[Quarz]]


== Literatur ==
== Literatur ==
*Klaus Hartmann: ''Die freiheitliche Sprachauffassung des Novalis''. Bouvier, Bonn 1987, ISBN 3-416-02014-6 (besonders S. 180–194)
*Michael Ross: ''Soziale Wirklichkeitsbildung. Erkenntnistheoretische, methodologische und anthropologische Grundlagen bei [[Max Weber]] und [[Rudolf Steiner]]''. Tectum, Marburg 1996, ISBN 3-89608-628-6 (= Diss. phil., Dortmund 1996)
*Jost Schieren: ''Anschauende Urteilskraft. Methodische und philosophische Grundlagen von Goethes naturwissenschaftlichem Erkennen''. Parerga, Düsseldorf 1998, ISBN 3-930450-27-5 (= Diss. phil., Essen 1997)
*Rudolf Steiner: ''Die Philosophie der Freiheit. Grundzüge einer modernen Weltanschauung. Beobachtungs-Resultate nach naturwissenschaftlicher Methode''. Felber, Berlin 1894; Steiner, Dornach 2011, ISBN 978-3-7274-6271-9 ([http://www.anthroweb.info/179.html Online-Fassung der Ausgabe 1918])
*Rudy Vandercruysse: ''Herbert Witzenmann - Denken im Kampf mit dem Intellektualismus''. In: ''Entwicklung des Ich''. Menon, Heidelberg 1991, ISBN 3-921132-01-0, S. 39–54.
*Johannes Wagemann: ''Gehirn und menschliches Bewusstsein. Neuromythos und Strukturphänomenologie''. Shaker, Aachen 2010, ISBN 978-3-8322-9772-5 (= Diss. phil., Witten-Herdecke 2010), ''Rezension: [http://www.rosejourn.com/index.php/rose/article/download/83/110]''
*Sabine Wettig: ''Imagination im Erkenntnisprozess. Chancen und Herausforderungen im Zeitalter der Bildmedien''. Transcript, Bielefeld 2009, ISBN 978-3-8376-1080-2
*Herbert Witzenmann: ''Strukturphänomenologie. Vorbewusstes Gestaltbilden im erkennenden Wirklichkeitenthüllen. Ein neues wissenschaftstheoretisches Konzept im Anschluss an die Erkenntniswissenschaft Rudolf Steiners''. Spicker, Dornach 1983, ISBN 3-85704-172-2
*Herbert Witzenmann: ''Strukturphänomenologie. Grundgedanken zu einer wirklichkeitserfassenden Erkenntniswissenschaft''. In: ''Die Drei'', Jg. 54, Heft 5 (1984), {{ISSN|0012-6063}}


#Rudolf Steiner: ''Menschenfragen und Weltenantworten'', [[GA 213]] (1987), ISBN 3-7274-2130-4 {{Vorträge|213}}
== Weblinks ==
#Rudolf Steiner: ''Geisteswissenschaftliche Grundlagen zum Gedeihen der Landwirtschaft'', [[GA 327]] (1999), ISBN 3-7274-3270-5 {{Vorträge|327}}
*[http://www.studienzuranthroposophie.de Kritik an Witzenmanns Steiner-Interpretation] von Michael Muschalle
*[http://www.diss.fu-berlin.de/diss/servlets/MCRFileNodeServlet/FUDISS_derivate_000000004204/Diss-Wettig.pdf?hosts=local Dissertation] von Sabine Wettig
*Übersichtsartikel zur Dissertation von Johannes Wagemann ([http://rosejourn.com/index.php/rose/article/view/34/67 Teil 1]; [http://rosejourn.com/index.php/rose/article/viewFile/61/89, Teil 2])
*Artikel zur strukturphänomenologischen Meditationsforschung von Johannes Wagemann ([http://www.rosejourn.com/index.php/rose/article/viewFile/73/101, deutsche Version]; [http://www.rosejourn.com/index.php/rose/article/viewFile/72/100, englische Version])


{{GA}}
== Einzelnachweise ==
<references />


[[Kategorie:Chemie]] [[Kategorie:Chemisches Element]]
{{SORTIERUNG:Strukturphanomenologie}}
[[Kategorie:Anthroposophie]]
[[Kategorie:Erkenntnistheorie]]
[[Kategorie:Wissenschaftstheorie]]
[[Kategorie:Philosophie]]
[[Kategorie:Phänomenologie]]
{{wikipedia}}

Version vom 16. Mai 2015, 17:54 Uhr

Strukturphänomenologie bezeichnet die von Herbert Witzenmann (1905–1988) entwickelte und ausgeübte Methode phänomenologischer Beobachtung des Bewusstseins. Denselben Titel trägt sein „wissenschaftstheoretisches Konzept“ aus dem Jahr 1983.

Anknüpfungen

Witzenmanns Strukturphänomenologie knüpft methodisch und zum Teil auch terminologisch an Rudolf Steiners Erkenntnislehre sowie mittelbar (Goetheanismus) und unmittelbar an Goethes Naturforschung an. Im Unterschied zu Heinrich Rombachs gleichnamigen Ansatz steht sie nicht primär in der Tradition philosophischer Phänomenologie nach Husserl, ist auf diese aber in verschiedenen Aspekten beziehbar.[1]

Aus Goethes Naturforschung haben folgende methodische Elemente Eingang in die Strukturphänomenologie gefunden:

  • die Bewusstmachung und systematische Kultivierung von im wissenschaftlichen Erkenntnisprozess ausgeübten mentalen Aktivitätsformen („Trennen und Verbinden“)
  • das ursprünglich auf Empedokles zurückgehende Prinzip eines Erfassens von Gleichem durch Gleiches („Teilnahme an Produktion“)
  • die Konkretion universeller Gesetzmäßigkeit („Urphänomen“) im aktuell Beobachteten im Unterschied zu abstraktiver Theorienbildung und subjektiver Vorstellungsbildung

Im Hinblick auf Rudolf Steiners Erkenntnislehre orientiert sich die Strukturphänomenologie insbesondere an folgenden Aspekten:

  • dem Prinzip eines urteilsoffenen, referentiellen bzw. deiktischen Sprach- und Begriffsgebrauchs („Blicklenkung“)
  • dem Gegenstandsbereich menschlicher Erkenntnisprozessualität (Bewusstsein als „Schauplatz“)
  • an der selbstreferentiellen bewusstseinsphänomenologischen Beobachtung („seelische Beobachtung“)
  • der Handhabung vorprädikativer Aktivitätsformen (Zurückhalten, Hervorbringen) sowie dem Aufweis entsprechender (vorsubjektiver, vorobjektiver) Strukturkomponenten („reine Wahrnehmung“, „reiner Begriff“)
  • an der Vorstellungslehre (Vorstellung als „individualisierter Begriff“)

Hauptmotive

Methode

Ausgangspunkt der Strukturphänomenologie ist die Frage, ob und wie vorbewusste, genuin mentale Aktivität am Zustandekommen des naiv-realistischen Alltagsbewusstseins, insbesondere der Objekt-Subjekt-Relation, beteiligt ist. Die Subjekt-Objekt-Spaltung wird nicht als Voraussetzung für den Erkenntnisakt, sondern als sein Resultat aufgefasst, das es hinsichtlich seiner Aktualgenese zu untersuchen gilt. Durch eine systematische Schulung der Beobachtungsintention wird eine Erweiterung der Ersten-Person-Perspektive in Richtung transpersonaler, gleichwohl das beobachtende Individualbewusstsein nicht auslöschender Prozessbewusstheit angestrebt. Dabei geht es zunächst um eine Unterscheidung rezeptiver und produktiver Aktivitätsanteile im regulären Bewusstseinsvollzug sowie deren Zugang zu komplementären Strukturelementen (Wahrnehmung, Begriff).

Der zentrale Befund der Strukturphänomenologie besteht darin, dass

„die vollständige Wirklichkeit in der Vielfalt ihrer Erscheinungen nicht ohne unser mitgestaltendes Zutun als unser Bewusstseinsinhalt erscheint. Vielmehr bauen wir alles, was uns als wirklich gilt, durch die Vereinigung wahrnehmlicher und begrifflicher Elemente auf. Diese Vereinigungstätigkeit vollziehen wir zuerst unterbewusst. Sie kann aber bewusst gemacht werden. Sie findet stets statt, wenn wir etwas zunächst Unbegriffenes begreifen. Sie kann daher nicht durch etwas anderes erklärt oder ersetzt werden. Denn sie erfolgt bei jedem Erklärungsversuch von neuem.“[2]
Grundstruktur

Die dynamische Synthese von Wahrnehmung und Begriff bezeichnet Witzenmann als Grundstruktur. Mit ihr wird ein einheitliches und generelles Formprinzip aufgewiesen, das für alle subjekt- und objektseitigen Strukturen maßgeblich ist – sofern uns diese bewusst werden. Die Grundstruktur nach Witzenmann unterscheidet sich insofern von jener nach Rombach, als die letztere auf einer pluralen, durch bestimmte Inhalte geprägten Konzeption beruht.[3] Die erstere ist dagegen durch vier allgemeine Formstufen gekennzeichnet, die sich im Übergang jeden begrifflichen Inhalts zum Wahrnehmlichen zeigen.

Erinnerungsschicht

Aus der Perspektive grundstruktureller Prozessualität zeigt sich das gewöhnliche Bewusstsein als ihr gegenständliches (dem Objekt) bzw. personales Resultat (dem Subjekt). Da es sich als solches auf ein ihm Vorhergehendes (die Bildung der Grundstruktur) bezieht, hat es eine erinnerungsartige Charakteristik; Witzenmann spricht von ihm auch als einer auf die primäre Grundstruktur aufgelagerten Erinnerungsschicht. Der entstandene Gegenstand verbürgt dem Gegenüberstehenden daher keine Gegenwart im Sinne eines prozessualen Gewahrseins, sondern verbirgt ihm dieses gerade. Insofern ist unser naiv-realistisches Alltagsbewusstsein im Verhältnis zu seiner originären Entstehung nicht unmittelbar wirklichkeitshaltig, kann aber hinsichtlich seiner Entstehung durch strukturphänomenologische Beobachtung bewusstseinsimmanent aufgeklärt werden.

Bezüge

Herbert Witzenmann hat das Konzept der Strukturphänomenologie in seinen Forschungen und Werken auf verschiedene Fragestellungen aus der Anthroposophie, den Geistes- und Sozialwissenschaften angewendet. Wenngleich sich einige Autoren in ihren Arbeiten explizit auf die Strukturphänomenologie und ihre Konsequenzen beziehen, steht diese Forschungsrichtung noch am Anfang einer umfassenderen Rezeption und Weiterführung. Folgende Autoren sind hier exemplarisch zu nennen: Jost Schieren zeigt in einer strukturphänomenologischen Analyse von Goethes Forschungsmethode deren ausgeprägtes wissenschaftliches Ethos auf[4]. Michael Ross wendet in einer "Anthropologie der Begegnung" das Konzept der Grundstruktur auf die soziale Wirklichkeitsbildung an und zieht entsprechende sozial- und wirtschaftswissenschaftliche Konsequenzen[5]. Johannes Wagemann gelangt durch eine Systematisierung typischer Lösungsversuche zum Gehirn-Bewusstsein-Problem zu dessen Reformulierung und entwickelt, wie Witzenmanns Strukturphänomenologie eine integrative Lösungsperspektive für dieses Problem eröffnet[6].

Literatur

  • Klaus Hartmann: Die freiheitliche Sprachauffassung des Novalis. Bouvier, Bonn 1987, ISBN 3-416-02014-6 (besonders S. 180–194)
  • Michael Ross: Soziale Wirklichkeitsbildung. Erkenntnistheoretische, methodologische und anthropologische Grundlagen bei Max Weber und Rudolf Steiner. Tectum, Marburg 1996, ISBN 3-89608-628-6 (= Diss. phil., Dortmund 1996)
  • Jost Schieren: Anschauende Urteilskraft. Methodische und philosophische Grundlagen von Goethes naturwissenschaftlichem Erkennen. Parerga, Düsseldorf 1998, ISBN 3-930450-27-5 (= Diss. phil., Essen 1997)
  • Rudolf Steiner: Die Philosophie der Freiheit. Grundzüge einer modernen Weltanschauung. Beobachtungs-Resultate nach naturwissenschaftlicher Methode. Felber, Berlin 1894; Steiner, Dornach 2011, ISBN 978-3-7274-6271-9 (Online-Fassung der Ausgabe 1918)
  • Rudy Vandercruysse: Herbert Witzenmann - Denken im Kampf mit dem Intellektualismus. In: Entwicklung des Ich. Menon, Heidelberg 1991, ISBN 3-921132-01-0, S. 39–54.
  • Johannes Wagemann: Gehirn und menschliches Bewusstsein. Neuromythos und Strukturphänomenologie. Shaker, Aachen 2010, ISBN 978-3-8322-9772-5 (= Diss. phil., Witten-Herdecke 2010), Rezension: [1]
  • Sabine Wettig: Imagination im Erkenntnisprozess. Chancen und Herausforderungen im Zeitalter der Bildmedien. Transcript, Bielefeld 2009, ISBN 978-3-8376-1080-2
  • Herbert Witzenmann: Strukturphänomenologie. Vorbewusstes Gestaltbilden im erkennenden Wirklichkeitenthüllen. Ein neues wissenschaftstheoretisches Konzept im Anschluss an die Erkenntniswissenschaft Rudolf Steiners. Spicker, Dornach 1983, ISBN 3-85704-172-2
  • Herbert Witzenmann: Strukturphänomenologie. Grundgedanken zu einer wirklichkeitserfassenden Erkenntniswissenschaft. In: Die Drei, Jg. 54, Heft 5 (1984), ISSN 0012-6063

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Wagemann, Gehirn und menschliches Bewusstsein, S. 235f
  2. Witzenmann, Strukturphänomenologie, S. 101
  3. Wagemann, Gehirn und menschliches Bewusstsein, S. 244f
  4. Schieren, Anschauende Urteilskraft, S. 107
  5. Ross: Soziale Wirklichkeitsbildung, S. 182
  6. Wagemann, Gehirn und menschliches Bewusstsein, S. 230
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