imported>Odyssee |
imported>Michael.heinen-anders |
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| '''Anschauung''' ist ein [[Erkenntnistheorie|erkenntnistheoretischer]] [[Begriff]], der in seiner heutigen Verwendung meist auf [[Immanuel Kant]] bezogen ist. Mit ihm wird auf den sinnlich-rezeptiven Anteil in der [[Erkenntnis]] Bezug genommen. '''Anschaulich''' ist im engeren Sinn etwas, von dem man sich eine [[visuell]]e [[Vorstellung]] machen kann. Der Begriff wurde allerdings auch schon vor Kant in der [[Philosophie]] verwendet, etwa bei [[Wikipedia:Notker III.|Notker]] ({{ahd|''anascouunga''}}) und [[Meister Eckhart]] ({{mhd|''anschauunge''}}), bei denen der Begriff primär eine religiöse Bedeutung hatte. In der heutigen Erkenntnistheorie werden jedoch meist die verwandten Begriffe „[[Wahrnehmung]]“ und „[[Erfahrung]]“ verwendet. | | [[Datei:Judith von Halle Christusbegegnung.jpg|thumb|Judith von Halle: ''Die Christus-Begegnung der Gegenwart und der Geist des Goetheanum'', Verlag für Anthroposophie, 2010]] |
| | '''Judith von Halle''' (* [[Wikipedia:1972|1972]] in [[Wikipedia:Berlin|Berlin]]) ist eine deutsche Autorin, [[Anthroposophie|Anthroposophin]] und [[Wikipedia:Architekt|Architektin]]. Sie behauptet, seit der Karwoche 2004 die [[Wundmale Christi]] zu tragen und sich ausschließlich von Wasser zu ernähren. Der Umstand der [[Nahrungslosigkeit]], welcher bei einer [[Stigmatisation]] häufig vorzukommen scheint, wird vielfach angezweifelt, scheint aber den Tatsachen zu entsprechen. |
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| == Emprische und reine Anschauungsformen == | | == Leben == |
| | Judith von Halle wurde als einziges Kind jüdischer Eltern geboren. Sie besuchte ein katholisches Gymnasium in Berlin und eine Schule in den USA. In Berlin studierte sie Architektur zunächst an der [[Wikipedia:Universität der Künste Berlin|Hochschule der Künste]], dann an der [[Wikipedia:Technische Universität Berlin|TU Berlin]]. Ihr Studium schloss sie 1998 als Diplom-Ingenieurin ab. 1997 kam sie mit der [[Anthroposophie]] [[Rudolf Steiner]]s in Kontakt. Sie arbeitete als Architektin, war Mitarbeiterin des [http://www.agberlin.de/index3.html Rudolf-Steiner-Hauses] in Berlin und hält dort und an anderen Orten seit 2001 Vorträge. 2002 heiratete Judith von Halle den Berliner Anthroposophen und Architekten Professor Carl-August von Halle, in dessen Büro sie zuvor gearbeitet hatte.<ref>[http://buch.anthro24.de/product_info.php?cPath=84&products_id=17925 Kurzbiografie bei Anthro-Buch]</ref> |
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| Die '''gewöhnliche Anschauung''' nimmt die [[Erscheinung]]en ungeschieden so hin, wie sie sind, d.h. auch mit allen [[Zufall|Zufälligkeiten]], mit denen sie behaftet ist. Die '''reine Anschauung''' hebt hingegen das [[Wesen]]tliche und mithin [[Notwendigkeit|Notwendige]] heraus, das sie erst zu dem macht, was sie ihrer inneren [[Natur]] nach ist.
| | Martin Kollewijn berichtet über das Auftreten der Wundmale bei Judith von Halle: |
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| <div style="margin-left:20px"> | | <div style="margin-left:20px"> |
| „Gewöhnliches Anschauen ist ein solches, welches die Erscheinungen aufnimmt wie sie sind, ohne Notwendiges und Zufälliges zu sondern. Reines Anschauen gibt sich dem Notwendigen hin und betrachtet das Zufällige als Unwesentliches.“ {{Lit|GA 1e, S. 364}}
| | "An einer Mitarbeiterin des Rudolf-Steiner-Hauses in Berlin sind in der Passionszeit (...) des Jahres (2004) (in ihrem 33. Lebensjahre) die Stigmata, die Wundmale Christi, aufgetreten, die sich bis zum heutigen Tage nahezu unverändert erhalten haben. Nacheinander zeigten sich diese Wundmale zunächst an den Innenflächen der Hände, dann an den Handrücken einige Tage später an den Ober- und Unterseiten der Füße sowie unterhalb der rechten Brust. Sie entsprechen den Malen auf dem bekannten Auferstehungsbild von Matthias Grünewald (Isenheimer Altar). Die Wunden bluteten besonders in der Karwoche, insbesondere am Karfreitag und an den Freitagen zwischen Ostern und Pfingsten. (...) Durch das Ereignis der Stigmatisation ergab sich auch eine Umwandlung des gesamten physischen Organismus. Diese besteht in einer radikalen Verwandlung des Blutsystems, welches als physisch-geistiger Ausdruck des Ich alle Organe durchdringt und verbindet. Dadurch bedingt, zeigten sich eine Steigerung der Sensibilität der Sinneswahrnehmung und eine tief greifende Veränderung im Bereich der Ernährung. Nicht etwa als Ergebnis irgendeiner Askese, sondern durch eben jene leibliche Umgestaltung ergab sich die vollkommene Nahrungslosigkeit, die weder zu einem Gewichtsverlust noch zu anderen Einschränkungen oder körperlichen Beschwerden geführt hat. Der verwandelte physische Leib wehrt vehement jede irdische Nahrung ab. Nur Wasser kann in beschränktem Maß aufgenommen werden." {{Lit|Kollewijn}} |
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| Kants in der [[Wikipedia:Kritik der reinen Vernunft|Kritik der reinen Vernunft]] entwickelte Erkenntnistheorie unterscheidet zwischen [[empirisch]]en Anschauungen, die uns durch [[Sinne]]sorgane gegeben werden, und '''reinen Anschauungen''', die [[a priori]] vor jeder Erfahrung gegeben sind. Die beiden von Kant angenommenen '''''reinen Anschauungsformen''''' sind [[Raum]] und [[Zeit]]. Reine Anschauungen als solche sind frei von jeglicher sinnlichen Wahrnehmung, können aber auf sinnliche Wahrnehmungen bezogen werden. Eine Anschauung im Sinne Kants ist rein, „wenn der Vorstellung keine Empfindung beigemischt ist“ ([[Wikipedia:Kritik der reinen Vernunf|KrV]] B74, [http://korpora.zim.uni-duisburg-essen.de/kant/aa03/074.html AA III, 74]).
| | Judith von Halle stellt die Berichte über ihre mystischen Erlebnisse in den Dienst der Anthroposophie. Gleichwohl ist sie von anthroposophischer Seite immer wieder starken Anfeindungen ausgesetzt. Jedes Jahr hält sie einige Vorträge vor Mitgliedern der anthroposophischen Gesellschaft. Diese bilden die Grundlage für eine Reihe von Veröffentlichungen, so ''Und wäre er nicht auferstanden'' von 2006 und ''Vom Mysterium des Lazarus und der drei Johannes'' von 2009. Ihre in anthroposophischer Terminologie verfassten Bücher sind inzwischen in mehrere Sprachen übersetzt. |
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| Alle [[sinnlich]]en [[Erfahrung]]en erscheinen ''uns'' laut Kant notwendig in den Anschauungsformen von Raum und Zeit - aber nicht etwa, weil diese Notwendigkeit in den [[Ding]]en selbst begründet wäre, sondern vielmehr deshalb, weil sie aus unserem eigenen Wesen entspringen. Sie stellen damit die a priori gegebene Bedingung jeder möglichen sinnlichen Erfahrung dar.
| | == Veröffentlichungen == |
| | * [http://books.google.de/books?q=+inauthor:%22Judith+Von+Halle%22 Literaturliste] bei [[Wikipedia:Google bücher|Google bücher]] |
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| {{Zitat|Die reine Mathematik und namentlich die reine Geometrie kann nur
| | == Werke == |
| unter der Bedingung allein objective Realität haben, daß sie blos auf Gegenstände
| | * ''„Und wäre Er nicht auferstanden“... Die Christus-Stationen auf dem Weg zum geistigen Menschen'' (mit Peter Tradowsky). Verlag am Goetheanum, Dornach 2005, ISBN 3-7235-1255-0 |
| der Sinne geht, in Ansehung deren aber der Grundsatz feststeht:
| | * ''Das [[Vaterunser]]. Das lebendige Wort Gottes''. Verlag am Goetheanum, Dornach 2006, ISBN 3-7235-1274-7 |
| daß unsre sinnliche Vorstellung keinesweges eine Vorstellung der Dinge
| | * ''Von den Geheimnissen des Kreuzweges und des [[Heiliger Gral|Gral]]sblutes. Mysterium der Verwandlung''. Verlag am Goetheanum, Dornach 2006, ISBN 3-7235-1287-9 |
| an sich selbst, sondern nur der Art sei, wie sie uns erscheinen. Daraus folgt,
| | * ''Das Abendmahl. Vom christlichen Kultus zur [[Transsubstantiation]]''. Verlag am Goetheanum, Dornach 2006, ISBN 3-7235-1288-7 |
| daß die Sätze der Geometrie nicht etwa Bestimmungen eines bloßen Geschöpfs
| | * ''Das Christliche aus dem Holze herausschlagen... Rudolf Steiner, [[Edith Maryon]] und die Christus-Plastik''. Verlag am Goetheanum, Dornach 2007, ISBN 978-3-7235-1296-8 |
| unserer dichtenden Phantasie sind und also nicht mit Zuverlässigkeit
| | * ''Von Krankheiten und Heilungen und von der Mysteriensprache in den Evangelien''. Verlag am Goetheanum, Dornach 2007, ISBN 978-3-7235-1314-9 |
| auf wirkliche Gegenstände könnten bezogen werden, sondern daß sie nothwendiger
| | * ''Der Abstieg in die Erdenschichten. Auf dem anthroposophischen Schulungsweg''. Verlag am Goetheanum, Dornach 2008, ISBN 978-3-7235-1322-4 |
| Weise vom Raume und darum auch von allem, was im Raume
| | * ''Die Holzplastik des [[Goetheanum]]. „Der [[Goetheanum#Menschheitsrepräsentant|Menschheitsrepräsentant]] zwischen [[Luzifer]] und [[Ahriman]]“'' (mit A. John Wilkes). Verlag am Goetheanum, Dornach 2008, ISBN 978-3-7235-1330-9 |
| angetroffen werden mag, gelten, weil der Raum nichts anders ist, als die
| | * ''Vom Mysterium des Lazarus und der drei Johannes: [[Johannes der Täufer]], [[Johannes (Evangelist)|Johannes der Evangelist]], [[Johannes (Apostel)|Johannes Zebedäus]]''. Verlag für Anthroposophie, Dornach 2009, ISBN 978-3-03769-014-7 |
| Form aller äußeren Erscheinungen, unter der uns allein Gegenstände der
| | * ''Vom Leben in der Zeitenwende und seinen spirituellen Hintergründen''. Verlag für Anthroposophie, Dornach 2009, ISBN 978-3-03769-015-4 |
| Sinne gegeben werden können. Die Sinnlichkeit, deren Form die Geometrie
| | * ''Der Weihnachtsgedanke der [[Isis (Ägyptische Mythologie)|Isis]]-[[Horus]]-Mythe. Vom monotheistischen Urverständnis der ägyptischen Mysterien''. Verlag für Anthroposophie, Dornach 2009, ISBN 978-3-03769-016-1 |
| zum Grunde legt, ist das, worauf die Möglichkeit äußerer Erscheinungen
| | * ''Die Demenzerkrankung. Anthroposophische Gesichtspunkte''. Verlag für Anthroposophie, Dornach 2009, ISBN 978-3-03769-017-8 |
| beruht; diese also können niemals etwas anderes enthalten, als was
| | * ''Die Christus-Begegnung der Gegenwart und der Geist des Goetheanum''. Verlag für Anthroposophie, Dornach 2010, ISBN 978-3-03769-026-0 |
| die Geometrie ihnen vorschreibt. Ganz anders würde es sein, wenn die | | * ''Krise und Chance. Die Freie Hochschule und ihre Bedeutung für das Karma der Anthroposophischen Gesellschaft''. Verlag für Anthroposophie, Dornach 2010, ISBN 978-3-03769-029-1 |
| Sinne die Objecte vorstellen müßten, wie sie an sich selbst sind. Denn da
| | * ''Rudolf Steiner - Meister der Weißen Loge''. Zur okkulten Biographie, Verlag für Anthroposophie, Dornach 2011, ISBN 978-3-03769-030-7 |
| würde aus der Vorstellung vom Raume, die der Geometer a priori mit
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| allerlei Eigenschaften desselben zum Grunde legt, noch gar nicht folgen,
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| daß alles dieses sammt dem, was daraus gefolgert wird, sich gerade so in
| |
| der Natur verhalten müsse. Man würde den Raum des Geometers für
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| bloße Erdichtung halten und ihm keine objective Gültigkeit zutrauen, weil
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| man gar nicht einsieht, wie Dinge nothwendig mit dem Bilde, das wir
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| uns von selbst und zum voraus von ihnen machen, übereinstimmen müßten.
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| Wenn aber dieses Bild oder vielmehr diese formale Anschauung die
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| wesentliche Eigenschaft unserer Sinnlichkeit ist, vermittelst deren uns allein
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| Gegenstände gegeben werden, diese Sinnlichkeit aber nicht Dinge an sich
| |
| selbst, sondern nur ihre Erscheinungen vorstellt, so ist ganz leicht zu begreifen
| |
| und zugleich unwidersprechlich bewiesen: daß alle äußere Gegenstände
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| unsrer Sinnenwelt nothwendig mit den Sätzen der Geometrie nach
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| aller Pünktlichkeit übereinstimmen müssen, weil die Sinnlichkeit durch ihre
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| Form äußerer Anschauung (den Raum), womit sich der Geometer beschäftigt,
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| jene Gegenstände als bloße Erscheinungen selbst allererst möglich
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| macht.|Immanuel Kant|''Kritik der reinen Vernunft'', 1. Auflage, 1781, [https://korpora.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa04/287.html AA IV, S. 287]}}
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| Damit hatte Kant nicht nur wie zuvor schon [[John Locke]] die Wirklichkeit der [[Sekundäre Sinnesqualitäten|sekundären Sinnesqualitäten]], d.h. der [[Qualia]] wie [[Farbe]], [[Ton]], [[Geruch]] usw., verneint, sondern auch den [[Primäre Sinnesqualitäten|primären Sinnesqualitäten]], d.h. allen [[Raum|räumlichen]] und [[zeit]]lichen Anschauungsformen ihren Wirklichkeitsgehalt abgesprochen. Der Mensch ist damit letztlich in seinen selbst erzeugten [[Vorstellung]]en gefangen, das „[[Ding an sich]]“ bleibt ihm für immer unzugänglich.
| | == Literatur == |
| | * {{DNB-Portal|130544132}} |
| | * Wolfgang Garvelmann: ''Sie sehen Christus. Erlebnisberichte von der Passion und der Auferstehung Christi. Anna Katharina Emmerich, Therese Neumann, Judith von Halle. Eine Konkordanz.'' Verlag am Goetheanum, Dornach 2008 |
| | * Peter Tradowsky: ''Stigmatisation - Ein Schicksal als Erkenntnisfrage'' Verlag am Goetheanum, Dornach 2009 |
| | * Michael Heinen-Anders: ''Aus anthroposophischen Zusammenhängen'', BOD, Norderstedt 2010, S. 40 - 42 |
| | * Michael Heinen-Anders: ''Aus anthroposophischen Zusammenhängen Band II'', BOD, Noderstedt 2012, S. 46 - 47 |
| | * Martin Kollewijn: ''Stigmatisation - Eine Mitteilung des Arbeitszentrums Berlin der Anthroposophischen Gesellschaft'', Dezember 2004 |
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| {{Zitat|Alles, was uns als Gegenstand gegeben werden soll, muß uns in der
| | == Weblinks == |
| Anschauung gegeben werden. Alle unsere Anschauung geschieht aber nur vermittelst
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| der Sinne; der Verstand schauet nichts an, sondern reflectirt nur.
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| Da nun die Sinne nach dem jetzt Erwiesenen uns niemals und in keinem
| |
| einzigen Stück die Dinge an sich selbst, sondern nur ihre Erscheinungen
| |
| zu erkennen geben, diese aber bloße Vorstellungen der Sinnlichkeit sind,
| |
| "so müssen auch alle Körper mit sammt dem Raume, darin sie sich befinden,
| |
| für nichts als bloße Vorstellungen in uns gehalten werden und existiren
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| nirgend anders, als blos in unsern Gedanken." Ist dieses nun nicht
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| der offenbare Idealismus?
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| Der Idealismus besteht in der Behauptung, daß es keine andere als
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| denkende Wesen gebe, die übrige Dinge, die wir in der Anschauung wahrzunehmen
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| glauben, wären nur Vorstellungen in den denkenden Wesen,
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| denen in der That kein außerhalb diesen befindlicher Gegenstand correspondirte.
| |
| Ich dagegen sage: es sind uns Dinge als außer uns befindliche
| |
| Gegenstände unserer Sinne gegeben, allein von dem, was sie an sich
| |
| selbst sein mögen, wissen wir nichts, sondern kennen nur ihre Erscheinungen,
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| d. i. die Vorstellungen, die sie in uns wirken, indem sie unsere Sinne
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| afficiren. Demnach gestehe ich allerdings, daß es außer uns Körper gebe,
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| d. i. Dinge, die, obzwar nach dem, was sie an sich selbst sein mögen, uns gänzlich
| |
| unbekannt, wir durch die Vorstellungen kennen, welche ihr Einfluß auf
| |
| unsre Sinnlichkeit uns verschafft, und denen wir die Benennung eines
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| Körpers geben; welches Wort also blos die Erscheinung jenes uns unbekannten,
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| aber nichts desto weniger wirklichen Gegenstandes bedeutet. Kann
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| man dieses wohl Idealismus nennen? Es ist ja gerade das Gegentheil
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| davon.
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| Daß man unbeschadet der wirklichen Existenz äußerer Dinge von
| |
| einer Menge ihrer Prädicate sagen könne: sie gehörten nicht zu diesen
| |
| Dingen an sich selbst, sondern nur zu ihren Erscheinungen und hätten
| |
| außer unserer Vorstellung keine eigene Existenz, ist etwas, was schon lange
| |
| vor Lockes Zeiten, am meisten aber nach diesen allgemein angenommen
| |
| und zugestanden ist. Dahin gehören die Wärme, die Farbe, der Geschmack etc..
| |
| Daß ich aber noch über diese aus wichtigen Ursachen die übrigen
| |
| Qualitäten der Körper, die man ''primarias'' nennt, die Ausdehnung,
| |
| den Ort und überhaupt den Raum mit allem, was ihm anhängig ist (Undurchdringlichkeit
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| oder Materialität, Gestalt etc.), auch mit zu bloßen Erscheinungen
| |
| zähle, dawider kann man nicht den mindesten Grund der Unzulässigkeit
| |
| anführen; und so wenig wie der, so die Farben nicht als Eigenschaften,
| |
| die dem Object an sich selbst, sondern nur den Sinn des Sehens
| |
| als Modificationen anhängen, will gelten lassen, darum ein Idealist heißen
| |
| kann: so wenig kann mein Lehrbegriff idealistisch heißen, blos deshalb
| |
| weil ich finde, daß noch mehr, ja alle Eigenschaften, die die Anschauung
| |
| eines Körpers ausmachen, blos zu seiner Erscheinung gehören;
| |
| denn die Existenz des Dinges, was erscheint, wird dadurch nicht
| |
| wie beim wirklichen Idealism aufgehoben, sondern nur gezeigt, daß wir
| |
| es, wie es an sich selbst sei, durch Sinne gar nicht erkennen können.|Immanuel Kant|''Kritik der reinen Vernunft'', 1. Auflage, 1781, [https://korpora.zim.uni-duisburg-essen.de/Kant/aa04/288.html AA IV, S. 288f.]}}
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| Kant geht zudem davon aus, dass jede Erkenntnis auf das Zusammenspiel von Anschauungen und [[Begriff]]en angewiesen ist. „Das Mannigfaltige“, das in der Anschauung gegeben werde, brauche einer begrifflichen Ordnung, um zu Erkenntnis führen zu können. Andererseits bräuchten Begriffe Anschauungen, um nicht vollkommen leer zu sein. Begriffsverwendungen ohne Anschauungsmaterial führten zu den sinnlosen [[Spekulation]]en der traditionellen [[Metaphysik]], die Kant in der [[Wikipedia:transzendentale Dialektik|transzendentalen Dialektik]] widerlegen möchte. Dennoch ist nach Kant reine apriorische Erkenntnis im Wechselspiel von reinen Anschauungen und reinen Begriffen möglich, d.h.: „''Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind.''“:
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| {{Zitat|Wollen wir die Receptivität unseres Gemüths, Vorstellungen zu
| |
| empfangen, so fern es auf irgend eine Weise afficirt wird, Sinnlichkeit
| |
| nennen: so ist dagegen das Vermögen, Vorstellungen selbst hervorzubringen,
| |
| oder die Spontaneität des Erkenntnisses der Verstand. Unsre
| |
| Natur bringt es so mit sich, daß die Anschauung niemals anders als
| |
| sinnlich sein kann, d. i. nur die Art enthält, wie wir von Gegenständen
| |
| afficirt werden. Dagegen ist das Vermögen, den Gegenstand sinnlicher
| |
| Anschauung zu denken, der Verstand. Keine dieser Eigenschaften ist der
| |
| andern vorzuziehen. Ohne Sinnlichkeit würde uns kein Gegenstand gegeben
| |
| und ohne Verstand keiner gedacht werden. Gedanken ohne Inhalt
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| sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind. Daher ist es eben so
| |
| nothwendig, seine Begriffe sinnlich zu machen (d. i. ihnen den Gegenstand
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| in der Anschauung beizufügen), als seine Anschauungen sich verständlich
| |
| zu machen (d. i. sie unter Begriffe zu bringen). Beide Vermögen oder
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| Fähigkeiten können auch ihre Functionen nicht vertauschen. Der Verstand
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| vermag nichts anzuschauen und die Sinne nichts zu denken. Nur daraus,
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| daß sie sich vereinigen, kann Erkenntniß entspringen. Deswegen darf
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| man aber doch nicht ihren Antheil vermischen, sondern man hat große
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| Ursache, jedes von dem andern sorgfältig abzusondern und zu unterscheiden.
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| Daher unterscheiden wir die Wissenschaft der Regeln der Sinnlichkeit
| |
| überhaupt, d. i. Ästhetik, von der Wissenschaft der Verstandesregeln
| |
| überhaupt, d. i. der Logik.|Immanuel Kant|''Kritik der reinen Vernunft'', [[Wikipedia:Kritik der reinen Vernunf|KrV]] B75 ([http://korpora.zim.uni-duisburg-essen.de/kant/aa03/075.html AA III, 75])}}
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| == Intellektuelle Anschauung == | |
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| Als '''intellektuelle Anschauung''' oder auch '''intellektuale Anschauung''' wird die Fähigkeit zur unmittelbaren Erkenntnis der [[Prinzipien]] unseres [[Wissen]]s und der [[Wirklichkeit]] bezeichnet. Der [[Begriff]] wurde vor allem im [[Deutscher Idealismus|Deutschen Idealismus]], bei [[Johann Gottlieb Fichte]] und [[Friedrich Wilhelm Joseph Schelling]], zu einer zentralen Kategorie.
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| Während [[Immanuel Kant]] dem [[Mensch]]en die Fähigkeit zu einer intellektuellen Anschauung kategorisch abspricht, da für ihn die menschliche Anschauung grundsätzlich [[sinnlich]], d. h. durch einen äußeren und unabhängig vom Menschen existierenden Gegenstand hervorgerufen wird, wird der Begriff bei Fichte und Schelling zu einem wesentlichen Ausgangspunkt ihrer Philosophie. „Intellektuelle Anschauung“ bedeutet bei ihnen zunächst einmal nichts weiter als den Akt, in dem das Ich auf sich selbst reflektiert, d.h. denkend die Erfahrung seines [[Selbstbewusstsein]]s betrachtet. Für Fichte und Schelling wird im Akt der Anschauung eines Gegenstandes das Ich nicht nur auf sich aufmerksam, sondern erzeugt sich dabei auch selbst. Denkend sich selbst betrachtend bringt sich das Ich selbst hervor. Dies wird für Fichte und Schelling zum Ausgangspunkt ihrer [[transzendental]]-[[idealistisch]]en Systeme. Fichte schreibt dazu in „''Zweite Einleitung in die Wissenschaftslehre''“:
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| {{LZ|Dieses dem Philosophen angemuthete Anschauen seiner selbst im Vollziehen des Actes, wodurch ihm das Ich entsteht, nenne ich intellectuelle Anschauung. Sie ist das unmittelbare Bewusstseyn, dass ich handle, und was ich handle: sie ist das, wodurch ich etwas weiss, weil ich es thue. Dass es ein solches Vermögen der intellectuellen Anschauung gebe, lässt sich nicht durch Begriffe demonstriren, noch, was es sey, aus Begriffen entwickeln. Jeder muss es unmittelbar in sich selbst finden, oder er wird es nie kennen lernen. Die Forderung, man solle es ihm durch Raisonnement nachweisen, ist noch um vieles wunderbarer, als die Forderung eines Blindgeborenen seyn würde, dass man ihm, ohne dass er zu sehen brauche, erklären müsse, was die Farben seyen.
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| Wohl aber lässt sich jedem in seiner von ihm selbst zu gestandenen Erfahrung nachweisen, dass diese intellectuelle Anschauung in jedem Momente seines Bewusstseyns vorkomme. Ich kann keinen Schritt thun, weder Hand noch Fuss bewegen, ohne die intellectuelle Anschauung meines Selbstbewusstseyns in diesen Handlungen; nur durch diese Anschauung weiss ich, dass ich es thue, nur durch diese unterscheide ich mein Handeln und in demselben mich, von dem vorgefundenen Objecte des Handelns. Jeder, der sich eine Thätigkeit zuschreibt, beruft sich auf diese Anschauung. In ihr ist die Quelle des Lebens, und ohne sie ist der Tod.|Fichte, [https://archive.org/details/johanngottliebf27fichgoog/page/n503 S. 463]}}
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| In der intellektuellen Anschauung sieht sich, wie Fichte sagt, die [[Intelligenz]] selbst zu:
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| {{LZ|Die Intelligenz, als solche, ''sieht sich selbst zu''; und dieses
| | * [http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,568508,00.html SPIEGEL online zu Judith von Halle] datiert auf 28. Juli 2008 (abgerufen am 5. Januar 2010) |
| sich selbst Sehen ist mit allem, was ihr zukommt, unmittelbar
| |
| vereinigt<ref>Dieses sich selbst Sehen geht unmittelbar auf alles, was sie ist.</ref>, und in dieser ''unmittelbaren'' Vereinigung des Seyns
| |
| und des Sehens besteht die Natur der Intelligenz. Was in ihr
| |
| ist, und was sie überhaupt ist, ist sie ''für sich selbst''; und
| |
| nur, inwiefern sie es für sich selbst ist, ist sie es, als Intelligenz.|Fichte, [https://archive.org/details/johanngottliebf27fichgoog/page/n475 S. 435]}}
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| Das Ich setzt sich dabei selbst durch eine reine [[Tathandlung]]. In der „''Grundlage der gesammten Wissenschaftslehre''“ §1 heißt es:
| | * [http://www.kath.net/detail.php?id=20463 Das Nachrichtenportal der katholischen Kirche zu Judith von Halle] |
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| {{LZ|Also das Setzen des Ich durch sich selbst ist die reine Thätigkeit desselben. – Das Ich ''setzt sich selbst'', und es ist, vermöge dieses blossen Setzens durch sich selbst; und umgekehrt: das Ich ''ist'', und es ''setzt'' sein Seyn, vermöge seines blossen Seyns. – Es ist zugleich das Handelnde, und das Product der Handlung; das Thätige, und das, was durch die Thätigkeit hervorgebracht wird; Handlung und That sind Eins und ebendasselbe; und daher ist das: ''Ich bin'', Ausdruck einer Thathandlung; aber auch der einzig-möglichen, wie sich aus der ganzen Wissenschaftslehre ergeben muss.|Fichte, [https://archive.org/details/johanngottliebf27fichgoog/page/n137 S. 96]}}
| | * [http://www.rp-online.de/hps/client/opinio/public/pjsub/production_long.hbs?hxmain_object_id=PJSUB::ARTICLE::265076&hxmain_category=::pjsub::opinio::/politik___gesellschaft/deutschland/sonstiges Die "Rheinische Post"-online zu Judith von Halle] datiert auf den 5.12.2007 (abgerufen am 1. März 2011) |
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|
| In seinem ''„Versuch einer neuen Darstellung der Wissenschaftslehre“'' (1797) gibt Fichte dazu noch folgende Erläuterung:
| | * [http://www.gamamila.de/16._Februar_2009.html Ein Kommentar von Jostein Saether zu den Ereignissen um Judith von Halle und ihre Stigmatisation] |
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| {{LZ|Indem du deinen Tisch oder deine Wand dachtest, warest
| | == Einzelnachweise == |
| du, da du ja, als verständiger Leser, der Thätigkeit in deinem
| | <references/> |
| Denken dir bewusst bist, in diesem Denken dir selbst ''das Denkende'': aber ''das Gedachte'' war dir nicht du selbst, sondern
| |
| etwas von dir zu unterscheidendes. Kurz, in allen Begriffen
| |
| dieser Art soll, wie du es in deinem Bewusstseyn wohl finden
| |
| wirst, das Denkende und das Gedachte zweierlei seyn. In
| |
| dem du aber ''dich'' denkst, bist du dir nicht nur das Denkende,
| |
| sondern zugleich auch das Gedachte; Denkendes und Gedachtes sollen dann Eins seyn; dein Handeln im Denken soll auf
| |
| dich selbst, das Denkende, zurückgehen.
| |
| Also — ''der Begriff oder das Denken des Ich besteht in dem auf sich Handeln des Ich selbst; und umgekehrt, ein solches Handeln auf sich selbst giebt ein Denken des Ich, und schlechthin kein anderes Denken.'' Das erstere hast du soeben
| |
| in dir selbst gefunden und mir zugestanden: solltest du an
| |
| dem zweiten Anstoss nehmen, und über unsere Berechtigung
| |
| zur Umkehrung des Satzes Zweifel haben, so überlasse ich es
| |
| dir selbst, zu versuchen, ob durch das Zurückgehen deines
| |
| Denkens auf dich, als das Denkende, je ein anderer Begriff
| |
| herauskomme, als der deiner selbst; und ob du dir die Möglichkeit denken könnest, dass ein anderer herauskomme. —
| |
| Beides sonach, der Begriff eines in sich zurückkehrenden Denkens, und der Begriff des Ich, erschöpfen sich gegenseitig.
| |
| Das Ich ist das sich selbst Setzende, und nichts weiter: das
| |
| sich selbst Setzende ist das Ich, und nichts weiter. Durch
| |
| den beschriebenen Act kommt nichts anderes heraus, als das
| |
| Ich: und das Ich kommt durch keinen möglichen anderen Act
| |
| heraus, ausser durch den beschriebenen.|Fichte, [https://archive.org/details/johanngottliebf27fichgoog/page/n563 S. 522f]}}
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| Schelling hat diese in völliger Freiheit hervorgebrachte und zugleich als unmittelbare [[Erfahrung]] erlebte intellektuelle Anschauung im achten seiner ''Philosophischen Briefe über Dogmatismus und Kritizismus'' treffend so beschrieben:
| | == Siehe auch: == |
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| {{LZ|Uns allen nämlich wohnt ein geheimes, wunderbares Vermögen bei, uns aus dem Wechsel der Zeit in unser Innerstes, von allem, was von außenher hinzukam, entkleidetes Selbst zurückzuziehen, und da unter der Form der Unwandelbarkeit das Ewige in uns anzuschauen. Diese Anschauung ist die innerste, eigenste Erfahrung, von welcher allein alles abhängt, was wir von einer [[Übersinnliche Welt|übersinnlichen Welt]] wissen
| | [[Stigmatisation]] |
| und glauben. Diese Anschauung zuerst überzeugt uns, dass irgend etwas im eigentlichen Sinne [[Sein|ist]], während alles übrige nur [[Erscheinung|erscheint]], worauf wir jenes Wort übertragen. Sie unterscheidet sich von jeder sinnlichen Anschauung dadurch, dass sie nur durch [[Freiheit]] hervorgebracht und jedem Andern fremd und unbekannt ist, dessen Freiheit, von der eindringenden Macht der Objekte überwältigt, kaum zur Hervorbringung des [[Bewusstsein]]s hinreicht.
| |
|
| |
|
| [...]
| | {{Normdaten|PND=130544132|LCCN=no/2008/152041|VIAF=56933468}} |
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| Diese intellektuelle Anschauung tritt dann ein, wo wir für uns selbt aufhören, Objekt zu sein, wo, in sich selbst zurückgezogen, das anschauende Selbst mit dem angeschauten identisch ist. In diesem·Moment der Anschauung schwindet für uns Zeit und Dauer dahin: nicht wir sind in der Zeit, sondern die Zeit - oder vielmehr nicht sie, sondern die reine absolute Ewigkeit ist in uns. Nicht wir sind in der Anschauung der objektiven Welt, sondern sie ist in unsrer Anschauung verloren.|Schelling, [https://books.google.at/books?id=6RwwAAAAYAAJ&pg=165 S. 165f]}}
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| In einem Brief vom 13. Januar 1881 an seinen Freund ''Josef Köck'' bezog sich [[Rudolf Steiner]] als junger Student auf diese Worte Schellings, die ihm zu einem bedeutsamen Erweckungserlebnis wurden:
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| {{GZ|Es war die Nacht vom 10. auf den 11. Januar, in der ich | |
| keinen Augenblick schlief. Ich hatte mich bis ½1 Uhr mitternachts
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| mit einzelnen philosophischen Problemen beschäftigt,
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| und da warf ich mich endlich auf mein Lager; mein
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| Bestreben war voriges Jahr, zu erforschen, ob es denn wahr
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| wäre, was Schelling sagt: «Uns allen wohnt ein geheimes,
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| wunderbares Vermögen bei, uns aus dem Wechsel der Zeit
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| in unser innerstes, von allem, was von außen hinzukam,
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| entkleidetes Selbst zurückzuziehen und da unter der Form
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| der Unwandelbarkeit das Ewige in uns anzuschauen.» Ich
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| glaubte und glaube nun noch, jenes innerste Vermögen ganz
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| klar an mir entdeckt zu haben - geahnt habe ich es ja schon
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| längst —; die ganze idealistische Philosophie steht nun in
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| einer wesentlich modifizierten Gestalt vor mir; was ist eine
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| schlaflose Nacht gegen solch einen Fund!|38|13}}
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| Auch [[Goethe]], dem diese intellektuelle Anschauung ebenfalls lebendig gegenwärtig und keineswegs ein bloß erklügelter Verstandesbegriff war, widersprach Kant ganz energisch:
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| {{LZ|Als ich die Kantische Lehre, wo nicht zu durchdringen, doch möglichst zu nutzen suchte, wollte mir manchmal dünken, der köstliche Mann verfahre schalkhaft ironisch, in dem er bald das Erkenntnisvermögen aufs engste einzuschränken bemüht schien, bald über die Grenzen, die er selbst gezogen hatte, mit einem Seitenwink hinausdeutete. Er mochte freilich bemerkt haben, wie anmaßend und naseweis der Mensch verfährt, wenn er behaglich, mit wenigen Erfahrungen ausgerüstet, sogleich unbesonnen abspricht und voreilig etwas festzusetzen, eine Grille, die ihm durchs Gehirn läuft, den Gegenständen aufzuheben trachtet. Deswegen beschränkt unser Meister seinen Denkenden auf eine reflektierende diskursive Urteilskraft, untersagt ihm eine bestimmende ganz und gar. Sodann aber, nachdem er uns genugsam in die Enge getrieben, ja zur Verzweiflung gebracht, entschließt er sich zu den liberalsten Äußerungen und überläßt uns, welchen Gebrauch wir von der Freiheit machen wollen, die er einigermaßen zugesteht. In diesem Sinne war mir folgende Stelle höchst bedeutend:
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| «Wir können uns einen Verstand denken, der, weil er nicht wie der unsrige diskursiv, sondern intuitiv ist, vom synthetisch Allgemeinen, der Anschauung eines Ganzen als eines solchen, zum Besondern geht, das ist, von dem Ganzen zu den Teilen: Hierbei ist gar nicht nötig zu beweisen, daß ein solcher intellectus archetypus möglich sei, sondern nur, daß wir in der Dagegenhaltung unseres diskursiven, der Bilder bedürftigen Verstandes (intellectus ectypus) und der Zufälligkeit einer solchen Beschaffenheit auf jene Idee eines intellectus archetypus geführt werden, diese auch keinen Widerspruch enthalte.» (vgl. [[Wikipedia:Kritik der Urteilskraft|KdU]] §77, [http://korpora.zim.uni-duisburg-essen.de/kant/aa05/405.html AA V, 405ff])
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| Zwar scheint der Verfasser hier auf einen göttlichen Verstand zu deuten, allein wenn wir ja im sittlichen, durch Glauben an Gott, Tugend und Unsterblichkeit uns in eine obere Region erheben und an das erste Wesen annähern sollen: so dürft' es wohl im Intellektuellen derselbe Fall sein, daß wir uns, durch das Anschauen einer immer schaffenden Natur zur geistigen Teilnahme an ihren Produktionen würdig machten. Hatte ich doch erst unbewußt und aus innerem Trieb auf jenes Urbildliche, Typische rastlos gedrungen, war es mir sogar geglückt, eine naturgemäße Darstellung aufzubauen, so konnte mich nunmehr nichts weiter verhindern, das Abenteuer der Vernunft, wie es der Alte vom Königsberge selbst nennt, mutig zu bestehen|Goethe: ''[[Anschauende Urteilskraft]]''}}
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| == Übersinnliche Anschauungsformen ==
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| Im [[geisteswissenschaft]]lichen Sinn muss man von höheren, [[übersinnlich]]en Anschauungsformen sprechen, etwa von der [[Spirituelles Bewusstsein|imaginativen Anschauung]].
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| "Es ist ja so, daß, wenn der Mensch mit seinem physischen Auge hinschaut,
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| seine andern physischen Sinne in Regsamkeit hat und aufmerksam
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| wird auf dasjenige, was in seiner Weltumgebung ist, er da
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| wahrnimmt die physische Atmosphäre der Erde, in ihr eingebettet die
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| Wesenheitender verschiedenen Reiche, innerhalb dieses ganzenMilieus
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| sich zutragend alles dasjenige, was in Wind und Wetter im Laufe der
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| Jahreserscheinungen vor sich geht. Daß also der Mensch das alles vor
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| sich hat, das ist der äußere Tatsachenbestand, wenn der Mensch seine
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| Sinne der Außenwelt exponiert.
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| Aber hinter der Atmosphäre, hinter der sonnendurchleuchteten
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| Atmosphäre liegt, wahrnehmbar für dasjenige, was man Geistorgane
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| nennen kann, eben eine andere Welt, man darf sagen eine gegenüber
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| der Sinnenwelt höhere Welt, eine Welt, in der auch in einer Art Licht,
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| in einer Art geistigen Lichtes, in einer Art [[Astrallicht]]es, geistig
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| Wesenhaftes und geistige Tatsachen erglänzen und sich abspielen, die
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| wahrhaftig für das Gesamtwerden der Welt und des Menschen nicht
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| weniger bedeutsam sind als dasjenige, was in der äußeren Atmosphäre
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| auf der äußeren Erdoberfläche geschichtlich sich abspielt." {{Lit|{{G|229|9f}}}}
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| == Literatur ==
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| *''[[Johann Gottlieb Fichte]]'s sämmtliche Werke''. Herausgegeben von J.H. Fichte, Erster Band, Verlag von Veit und Comp. Berlin 1845 [https://archive.org/details/johanngottliebf27fichgoog/page/n10 archive.org]
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| *[[Friedrich Wilhelm Joseph Schelling]]: ''Philosophische Schriften'', Erster Band, Philipp Krüll, Landshut 1809 [https://books.google.at/books?id=6RwwAAAAYAAJ&pg=165 google]
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| * Dietrich Rapp: ''TATORT Erkenntnisgrenze: Die Kritik Rudolf Steiners an Immanuel Kant'', Menon-Verlag 2012, ISBN 978-3921132487
| |
| * J. W. Goethe, Rudolf Steiner (Hrsg.): ''Naturwissenschaftliche Schriften'', [[GA 1a-e]] (1982), 5 Bände, 4. Auflage, ISBN 978-3727452109
| |
| *Rudolf Steiner: ''Briefe Band I: 1881 – 1890'', [[GA 38]] (1985), ISBN 3-7274-0380-2 {{Vorträge|038}}
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| *Rudolf Steiner: ''Das Miterleben des Jahreslaufes in vier kosmischen Imaginationen'', [[GA 229]] (1999), ISBN 3-7274-2290-4 {{Vorträge|221}}
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| {{GA}}
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| == Weblinks ==
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| *{{Eisler|Anschauung}}
| | {{SORTIERUNG:Halle, Judith Von}} |
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| [[Kategorie:Philosophie]] [[Kategorie:Erkenntnistheorie]] | | {{Personendaten |
| [[Kategorie:Kritik der reinen Vernunft]]
| | |NAME=Halle, Judith von |
| | |ALTERNATIVNAMEN= |
| | |KURZBESCHREIBUNG=deutsche Autorin, Anthroposophin und Architektin |
| | |GEBURTSDATUM=1972 |
| | |GEBURTSORT=[[Berlin]] |
| | |STERBEDATUM= |
| | |STERBEORT= |
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