Vitalismus und Prometheus: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Vitalismus''' ([[Latein|lat.]]: ''vita'' „Leben“) ist eine Sammelbezeichnung für Lehren, die als Grundlage alles [[Leben|Leben]]digen eine meist nicht näher definierte [[Lebenskraft|Lebenskraft]] (''vis vitalis'') als eigenständiges Prinzip oder eine [[Seele]] annehmen. Damit wird ein Wesensunterschied zwischen Organischem und Anorganischem behauptet. Die Vertreter des Vitalismus werden als ''Vitalisten'' bezeichnet. Die Bezeichnung ''Vitalismus'' ist ein gegen den sich ausbreitenden [[Mechanizismus]] gerichteter Kampfbegriff aus dem 19. Jahrhundert.
[[Datei:Prometheus, Atlas und Ethon.jpg|thumb|Prometheus mit dem Adler Ethon und Atlas (Lakonische Schale, ca. 530 v. Chr.)]]


== Geschichte des Vitalismus ==
'''Prometheus''' ({{ELSalt|Προμηθεύς}}; Betonung [[Latein|lat.]] u. [[Wikipedia:Deutsche Sprache|dt.]] Prométheus, [[Wikipedia:Genitiv|Gen.]] Προμηθέως (Promēthéōs); übers. „der Vorausdenkende“) ist in der [[Wikipedia:griechische Mythologie|griechischen Mythologie]] der Freund und Kulturstifter der Menschheit. Oft wird er auch als Schöpfer der Menschen und Tiere bezeichnet, so z. B. bei [[Platon]] und [[Wikipedia:Ovid|Ovid]]<ref>Vgl. Ovid, ''[[Wikipedia:Metamorphosen (Ovid)|Metamorphosen]]'', 1, 78ff.</ref>. Es lassen sich bei ihm, dem Feuerbringer und Lehrmeister der Menschen, vor allem Gemeinsamkeiten mit [[Hephaistos]], aber auch mit [[Apollon]] und [[Athene]] entdecken. Von seinen [[Wikipedia:Beiname|Beiname]]n sind neben ''Pyrphoros'' („Feuerbringer“), u. a. ''Iapetionides'' („Sohn des Iapetos“) und ''Desmotes'' („Gefesselter“) bekannt.


Als ein Vorläufer des Vitalismus kann [[Aristoteles]] gelten, der das Lebendige als durch ein Lebensprinzip ermöglicht betrachtete, welches er [[Wikipedia:Entelechie|Entelechie]] nannte. Allerdings kann seine Metaphysik auch funktionalistisch-materialistisch gedeutet werden. Bedeutende Vertreter des Vitalismus im engeren Sinne waren [[Wikipedia:Johan Baptista van Helmont|Jan Baptist van Helmont]] (1577–1644), [[Wikipedia:Georg Ernst Stahl|Georg Ernst Stahl]] (1659–1734), [[Wikipedia:Albrecht von Haller|Albrecht von Haller]] (1708–1777), [[Wikipedia:Théophile de Bordeu|Théophile de Bordeu]] (1722-1776) und [[Wikipedia:Johann Friedrich Blumenbach|Johann Friedrich Blumenbach]] (1752–1840). Die [[Wikipedia:Schule von Montpellier|Schule von Montpellier]] vertritt im ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhundert eine eigene Art des Vitalismus, die sich von Stahls [[Wikipedia:Animismus (Psychosomatik)|Animismus]] abhebt.
In [[Wikipedia:Athen|Athen]] befand sich ein ihm geweihter [[Altar]], der während der ihm zu Ehren abgehaltenen Festlichkeiten, der ''Promethea'', mit Fackeln geschmückt wurde. Zudem existierte in Athen ein weiteres [[Heiligtum]], in dem er und der Gott Hephaistos gemeinsam verehrt wurden.


[[Rudolf Steiner]] stand dem Vitalismus sehr kritisch gegenüber.
Die Gestalt des Prometheus fand in der Kulturgeschichte vielfältige Rezeption, so z. B. bei [[Johann Wolfgang Goethe]].


{{GZ|Die Stahlsche Medizin nimmt alle
Das 1945 entdeckte [[Chemisches Element|chemische Element]] [[Promethium]] wurde nach ihm benannt und war als Warnung an die Menschheit gedacht, die zu diesem Zeitpunkt mit dem nuklearen [[Wettrüsten]] begann.
möglichen Begriffe zu Hilfe, die rein in der Luft schweben, Begriffe
von Lebenskraft, Begriffe von Lebensgeistern. Während noch Paracelsus
und van Helmont mit einer gewissen Bewußtheit sprachen
von etwas, was zwischen dem eigentlich Geistig-Seelischen des
Menschen und der physischen Organisation liegt, reden Stahl und
seine Anhänger so, als ob das Bewußt-Seelische nur in einer
anderen Form hineinspiele in die Strukturgebung des menschlichen
Leibes. Dadurch riefen sie natürlich eine starke Reaktion hervor.
Denn wenn man in dieser Weise vorgeht und eine Art von hypothetischem
Vitalismus begründet, dann kommt man eigentlich in
rein willkürliche Aufstellungen hinein. Gegen diese willkürlichen
Aufstellungen ist namentlich das neunzehnte Jahrhundert dann
angegangen. Man kann sagen: Nur so große Geister wie zum Beispiel
Johannes Müller, der 1858 gestorben ist, der Lehrer von Ernst
Haeckel, kamen darüber hinaus, all die Schädlichkeiten einigermaßen
zu überwinden, die von dieser unklaren Sprechweise über
den menschlichen Organismus herrührten, die darin bestand, daß
man einfach wie von seelischen Kräften von Lebenskräften gesprochen
hat, die wirken sollen im menschlichen Organismus, ohne
daß man sich deutlich vorzustellen hätte, wie sie wirken sollen.|312|20f}}


== Vitalismus versus Mechanizismus ==
== Genealogie ==
In der griechischen Mythologie ist Prometheus ein [[Titan (Mythologie)|Titan]] und der Sohn des [[Iapetos]] und der [[Asia (Mythologie)|Asia]], der [[Klymene (Okeanide)|Klymene]] (nach [[Hesiod]]) oder der [[Gaia (Mythologie)|Gaia]].


Seit der gelungenen Synthese von [[Wikipedia:Harnstoff|Harnstoff]] im Jahr [[Wikipedia:1828|1828]] durch [[Wikipedia:Friedrich Wöhler|Friedrich Wöhler]] und erst recht seit der spontanen Entstehung von Aminosäuren in den Versuchen von [[Wikipedia:Stanley Miller|Stanley Miller]] und [[Wikipedia:Harold C. Urey|Harold C. Urey]] 1959, gilt der vitalistische Ansatz in der Biologie als überholt. Es wird dort geschlossen, dass Lebenskraft bzw. Lebensenergien zur Herstellung organischer Substanzen nicht notwendig sind. Von Vitalisten wird hierzu allerdings darauf hingewiesen, dass die manipulierte oder spontane  Entstehung von einzelnen Lebensbausteinen keineswegs mit der Entstehung belebter Substanz gleichzusetzen ist. Tatsächlich sind bis heute die wesentlichsten Fragen der [[Morphogenese]] lebendiger Organismen weitgehend ungeklärt, denn es entspricht nur einem weit verbreiteten modernen [[Vorurteil]], dass sich die [[Gestalt]] und [[Struktur]] eines jeglichen Lebewesens vollständig aus seiner genetischen Grundlage verstehen lasse. Zweifellos sind die [[Wikipedia:Gen|Gen]]e und die in ihnen enthaltenen [[Wikipedia:Nukleinsäuren|Nukleinsäuren]] Träger wichtiger biologisch relevanter [[Information]], doch diese allein reicht nicht aus, die [[Gestalt]] eines Lebewesens zu erklären. Tatsächlich lässt sich nicht einmal die Struktur der einfachsten lebendigen Zelle aus den Genen ableiten. Die Biologin ''Ellen Baake'' sagt daher zu Recht:
In der [[Genealogie|Abstammung]] nach Hesiod ist er ferner der Bruder des [[Atlas (Mythologie)|Atlas]], des [[Menoitios (Sohn des Iapetos)|Menoitios]] und des [[Epimetheus]] („der Nachherbedenkende“, vgl. die [[Theogonie]], Verse 507 bis 616). Ein Sohn von Prometheus mit ''Pronoia'' („Vorsorge“) ist [[Deukalion]].


{{LZ|Kaum jemand bestreitet, daß selbst die vollständige Kenntnis der genetischen Ausstattung eines Organismus bei weitem nicht dafür ausreichen würde, seine Eigenschaften vorauszusagen.|Baake, S. 126}}
Prometheus ist zwar göttlicher, jedoch [[Titan (Mythologie)|titanischer]] Herkunft, wobei er allerdings laut [[Aischylos]] den Olympiern in der [[Titanomachie]] zum Sieg verhilft und dennoch die von [[Zeus]] errichtete [[Oligarchie]] als anmaßende Gewaltherrschaft ansieht. Da er von [[Themis (Mythologie)|Themis]] (die Aischylos mit Gaia gleichsetzt) die [[Zukunft]] und das [[Schicksal]] aller Dinge erfahren hat, prophezeit er deren Untergang. Dieser Untergang im [[Gigantomachie|Giganten]]kampf wird allerdings durch [[Herakles]] behindert.


Marek B. Majorek schreibt:
== Prometheus-Sage ==
[[Bild:Hera Prometheus Cdm Paris 542.jpg|thumb|Hera und Prometheus (Attische Schale, ca. 500–450 v. Chr.)]]


{{LZ|Selbst wenn man aber auf der Basis der im Genom befindlichen „Information“
Prometheus wollte die Menschen auf der Erde erwecken. Also ging er auf die [[Erde]] und formte sie aus Ton. Da sie noch leblos waren, gab er ihnen von verschiedenen Tieren je eine Eigenschaft (z. B. vom Hund die Klugheit, vom Pferd den Fleiß usw.). Athene, unter den Göttern seine Freundin, gab ihnen den Verstand und die Vernunft. Da lebten die Menschen, und Prometheus war ihr Lehrmeister.
die Synthese bestimmter Proteine in bestimmten Zellarten erklären
könnte, wäre das Rätsel der Morphogenese noch nicht gelöst. Denn das
Hauptproblem des gegenwärtigen Erklärungsparadigmas liegt nicht darin,
dass es nicht imstande ist, die Differenzierung der Zygote in unterschiedliche
Zellarten befriedigend zu erklären, sondern dass es überhaupt nicht imstande
ist, die Entstehung selbst einer einzigen Zelle, geschweige denn eines
komplexen Organismus zu erklären. Im Erfolgsrausch der täglich neuen
punktuellen Entdeckungen auf immer tieferen Ebenen der subzellularen
Prozesse wird nämlich die unangenehme Tatsache völlig übersehen, dass die
moderne Molekularbiologie uns im besten Fall Teileinsichten in die Mechanismen
bietet, welche zur ''Fabrikation der Rohstoffe'' des Organismus, der
Proteine, führen, dass sie uns aber keine Einsicht darin gibt, wie aus diesen
Rohstoffen die komplexen Strukturen einer Zelle entstehen können,
geschweige denn wie es dazu kommt, dass aus Millionen oder sogar
Milliarden unterschiedlichen Zellen komplexe ''Organe'' gebildet werden
und wie diese komplexen Organe zu einem harmonischen und weisen
Zusammenwirken innerhalb eines ''Organismus'' gelangen.|Majorek, S. 555}}


Dass in den Molekülen der DNS die [[Information]] über die für ein Lebewesen wesentlichen [[Protein]]e gespeichert werden und bei Bedarf abgerufen werden kann, ist ein unbestreitbares, wissenschaftlich gut erforschtes Faktum. Das sagt aber nichts über den konkreten Inhalt der gespeicherten Information aus. Genau diesen konkreten Inhalt müssten wir aber erfassen, wenn wir verstehen wollen, wie sich das Leben in seinen einzelnen physischen Erscheinungen manifestiert.
Die Götter wurden auf die Menschen aufmerksam und verlangten von ihnen Opfer und Anbetung. Da verfiel Prometheus zu ihren Gunsten auf eine List: Er schlachtete im Namen der Menschen einen Stier und machte daraus zwei Haufen, einen größeren aus den Knochen und einen kleineren aus dem Fleisch. Dann umhüllte er beide mit Stierhaut, um den Inhalt zu verbergen. Schließlich forderte er [[Zeus]] auf, einen der Haufen zu wählen. Dieser wählte den größeren, obwohl er als Göttervater naturgemäß den Betrug durchschaute, den Menschen aber anscheinend Verderben bringen wollte (Hesiod, ''Theogonie'', V. 550–552). Seitdem werden bei Tieropfern nur die Knochen und ungenießbaren Teile verbrannt, das Fleisch aber für den menschlichen Verzehr abgezweigt. Als der Betrug offensichtlich wurde, sagte Zeus voller Zorn, dass Prometheus dafür büßen müsse.


{{LZ|Naturgesetzlich erklären läßt sich daher nur das «Dasein» biologischer Strukturen,
Als erste Strafe versagte Zeus den Sterblichen das [[Feuer]]. Um das Feuer für die Menschen wiederzuerlangen, hob Prometheus einen langen Stängel des [[Riesenfenchel]]s in den Himmel, um ihn am vorüberrollenden funkensprühenden Sonnenwagen des [[Helios]] zu entzünden. Mit dieser lodernden Fackel eilte er zur Erde zurück und setzte einen Holzstoß in Flammen.
nicht aber ihr «Sosein». Das «Sosein» spiegelt die historische Einzigartigkeit
lebender Systeme wider und entzieht sich prinzipiell einer naturgesetzlichen
Beschreibung. Dies bedeutet: Der Ursprung biologischer Information läßt sich zwar als
allgemeines Phänomen erklären, die biologische Information ist jedoch nicht in ihrem
konkreten Inhalt aus den Gesetzmäßigkeiten der Physik und Chemie ableitbar.|Küppers, S. 261}}


Dass den Genen und den an der [[Morphogenese]] beteiligten [[muster]]bildenden [[Wikipedia:Morphogen|Morphogen]]en eine wichtige Rolle zukommt, soll also keineswegs geleugnet werden, denn sie stellen das geeignet bildsame Material bereit, das von dem gestaltenden [[Licht]] und anderen verwandten Kräften durchformt werden kann, die [[Rudolf Steiner]] zusammenfassend als [[ätherisch]]e [[Bildekräfte]] bezeichnet hat. Insoweit ein lebendiges Wesen diese Kräfte auf unverwechselbare Weise in seinen Organismus aufnimmt, darf man von einem Bildekräfte- oder [[Ätherleib]] sprechen, der als eigenständige Realität im physischen Leib wirkt und diesen am Leben erhält. Mit dem [[Tod]] zieht sich dieser Ätherleib vom physischen Körper zurück und überlässt ihn dem dann unausweichlichen Zerfall. Den inhaltsleeren und wissenschaftlich unfruchtbaren Begriff einer nicht weiter spezifizierten allgemeinen „Lebenskraft“ lehnt Rudolf Steiner ab, wies aber schon seit seiner Studienzeit immer wieder auf die Bedeutung der viel konkreteren [[Metamorphosenlehre]] [[Goethe]]s hin. In «[[Goethes Weltanschauung]]» schreibt Steiner:
Als Zeus den Raub sah und erkannte, dass er den Menschen das Feuer nicht mehr nehmen konnte, sann er auf Rache: Er befahl seinem Sohn, dem Gott der [[Kunstschmied|Schmiedekunst]] Hephaistos, das Trugbild einer schönen Jungfrau zu gestalten. Hephaistos formte sie aus [[Lehm]], Athene schmückte sie mit einem Gewand aus Blumen, [[Hermes]] verlieh ihr eine bezaubernde Sprache, [[Aphrodite]] schenkte ihr holdseligen Liebreiz. Man nannte sie [[Pandora]], die Allbeschenkte. Zeus aber reichte ihr eine [[Büchse der Pandora|Büchse]], in die jeder der Göttlichen eine unheilbringende Gabe eingeschlossen hatte. Zeus stieg mit Pandora zur Erde hinab und überreichte sie als Geschenk Prometheus’ Bruder Epimetheus, der sie entgegen einer früheren Warnung Prometheus’ auch annahm. Da hob Pandora den Deckel, und alle Übel schwebten hinaus, und nur die Hoffnung blieb in der Büchse zurück, als sie diese schnell wieder schloss. Seit dieser Stunde rasen bei Tag und Nacht Fieberkrankheiten, Leiden und plötzlicher Tod über den Erdkreis.
[[Bild:Afrodi6.jpg|thumb|Herakles befreit Prometheus (Relief des Aphroditetempels in Aphrodisias)]]


{{GZ|Goethe nimmt zur Erklärung der Lebenserscheinungen
Nicht nur die Menschen sollten bestraft werden, sondern auch Prometheus selbst. Zeus ließ ihn fangen und in die schlimmste Einöde des [[Kaukasus]] schleppen und ließ durch [[Hephaistos]] eine schwere [[Kette]] [[schmieden]], um ihn an einen Felsen zu fesseln (z.&nbsp;B. in der [[Der gefesselte Prometheus (Aischylos)|Tragödie]] des [[Aischylos]]).
einen Weg, der gänzlich verschieden ist von denen, welche
die Naturforscher gewöhnlich gehen. Diese scheiden sich
in zwei Parteien. Es gibt Verteidiger einer in den organischen
Wesen wirkenden Lebenskraft, die gegenüber anderen Naturursachen
eine besondere, höhere Kräfteform darstellt.
Wie es Schwerkraft, chemische Anziehung und Abstoßung,
Magnetismus usw. gibt, so soll es auch eine Lebenskraft
geben, welche die Stoffe des Organismus in eine solche
Wechselwirkung bringt, daß dieser sich erhalten, wachsen,
nähren und fortpflanzen kann. Die Naturforscher, welche
dieser Meinung sind, sagen: in dem Organismus wirken
dieselben Kräfte wie in der übrigen Natur; aber sie wirken
nicht wie in einer leblosen Maschine. Sie werden von der
Lebenskraft gleichsam eingefangen und auf eine höhere
Stufe des Wirkens gehoben. Den Bekennern dieser Meinung
stehen andere Naturforscher gegenüber, welche glauben,
daß in den Organismen keine besondere Lebenskraft
wirke. Sie halten die Lebenserscheinungen für komplizierte
chemische und physikalische Vorgänge und geben sich der
Hoffnung hin, daß es einst vielleicht gelingen werde, einen
Organismus ebenso durch Zurückführung auf unorganische
Kraftwirkungen zu erklären wie eine Maschine. Die
erstere Ansicht wird als Vitalismus, die andere als Mechanismus
bezeichnet. Von beiden ist die Goethesche Auffassungsweise
durchaus verschieden. Daß in dem Organismus noch
etwas anderes wirksam ist, als die Kräfte der unorganischen
Natur, erscheint ihm selbstverständlich. Zur mechanischen
Auffassung der Lebenserscheinungen kann er sich nicht bekennen.
Ebensowenig sucht er, um die Wirkungen im Organismus
zu erklären, nach einer besonderen Lebenskraft.
Er ist überzeugt, daß zur Erfassung der Lebens Vorgänge
eine Anschauung gehört, die anderer Art ist als diejenige,
durch welche die Erscheinungen der unorganischen Natur
wahrgenommen werden. Wer zur Annahme einer Lebenskraft
sich entschließt, der sieht zwar ein, daß die organischen
Wirkungen nicht mechanisch sind, aber es fehlt
ihm zugleich die Fähigkeit, jene andere Art der Anschauung
in sich auszubilden, durch die ihm das Organische erkennbar
werden könnte. Die Vorstellung der Lebenskraft
bleibt dunkel und unbestimmt. Ein neuerer Anhänger des
Vitalismus, Gustav Bunge, meint:- «In der kleinsten Zelle -
da stecken schon alle Rätsel des Lebens drin, und bei der
Erforschung der kleinsten Zelle - da sind wir mit den bisherigen
Hilfsmitteln bereits an der Grenze angelangt» («Vitalismus
und Mechanismus», Leipzig 1886, S. 17). Es ist
durchaus im Sinne der Goetheschen Denkweise, darauf zu
antworten: Dasjenige Anschauungsvermögen, welches nur
das Wesen der unorganischen Erscheinungen erkennt, ist
mit seinen Hilfsmitteln an der Grenze angelangt, die überschritten
werden muß, um das Lebendige zu erfassen. Dieses
Anschauungsvermögen wird aber nie innerhalb seines
Bereiches Mittel finden, die zur Erklärung des Lebens auch
nur der kleinsten Zelle geeignet sein können. Wie zur Wahrnehmung
der Farbenerscheinungen das Auge gehört, so
gehört zur Auffassung des Lebens die Fähigkeit, in dem
Sinnlichen ein Übersinnliches unmittelbar anzuschauen.
Dieses Übersinnliche wird demjenigen immer entschlüpfen,
der nur die Sinne auf die organischen Formen richtet. Goethe
sucht die sinnliche Anschauung der Pflanzengestalten
auf eine höhere Art zu beleben und sich die sinnliche Form
einer übersinnlichen Urpflanze vorzustellen (vgl.« Geschichte meines botanischen Studiums» in Kürschner, Band 33,
S. 80). Der Vitalist nimmt seine Zuflucht zu dem inhaltleeren
Begriff der Lebenskraft, weil er das, was seine Sinne
im Organismus nicht wahrnehmen können, überhaupt
nicht sieht. Goethe sieht das Sinnliche von einem Übersinnlichen
so durchdrungen, wie eine gefärbte Fläche von
der Farbe.|6|121ff}}


Seit den 1940er Jahren beschäftigt sich [[Johannes W. Rohen]] mit [[Goetheanismus|goetheanistischen]] und [[Anthroposophie|anthroposophischen]] Ideen zur [[Anthropologie]]. Die Frucht dieser Studien publizierte er im Jahr 2000 in seinem Buch: ''„Morphologie des menschlichen Organismus - Versuch einer goetheanistischen Gestaltlehre des Menschen“'' und 2009 in: ''„Eine funktionelle und spirituelle Anthropologie: unter Einbeziehung der Menschenkunde Rudolf Steiners“''. Rohen stützt sich dabei auf die von [[Rudolf Steiner]] beschriebene funktionelle [[Dreigliederung des menschlichen Organismus]] und zeigt, wie die höheren [[Wesensglieder]] des [[Mensch]]en, also der [[Ätherleib]], der [[Astralleib]] und das [[Ich]], konkret an der Gestaltung des anatomisch fassbaren [[Physischer Leib|physischen Leibes]] mitwirken.
Über einem Abgrund, ohne Speise, Trank und Schlaf, musste Prometheus dort ausharren, und jeden Tag kam der Adler [[Ethon]] und fraß von seiner Leber, die sich zu seiner Qual immer wieder erneuerte, da er ein Unsterblicher war. Vergeblich flehte Prometheus um Gnade. Wind und Wolken, die Sonne und die Flüsse machte er zu Zeugen seiner Pein. Doch Zeus blieb unerbittlich. Und so sollte seine Qual viele Jahrhunderte dauern, bis der Held [[Herakles]], von Mitleid erfüllt, ihn erlöste. Aber selbst da musste er fortan einen Ring mit einem Stein aus dem Kaukasus tragen, damit sich Zeus rühmen konnte, er sei immer noch daran gefesselt.


{{Zitat|Der moderne Mensch wird natürlich an dieser Stelle sofort auf das Genom
=== Die Sage in der Deutung Rudolf Steiners ===
verweisen, in dem ja alle diese «ätherischen» Lebensprozesse, wie Vererbung,
Rhythmik und Entwicklung, als «Programm» fixiert seien. Es ist natürlich
richtig, dass die Chromosomen mit ihrer DNA ein genetisches Programm
enthalten, das vom Organismus «nur» abgerufen zu werden braucht, um
die entsprechenden Entwicklungsvorgänge in Gang zu setzen. Man hat diesen
DNA-Code berechtigterweise mit einer Schrift verglichen, die insgesamt
einen Text darstellt, der dann die «Befehle» für die notwendigen Lebensprozesse
in der jeweiligen Entwicklungsphase erteilen soll. Derjenige, der sich
mit diesen Erklärungen zufriedengibt, übersieht einen kardinalen Denkfehler.
Wer liest denn diese Schrift - und wer erteilt letztlich die «Befehle»!?
Ein chiffrierter Code hat ja keinen Inhalt - wie der Computer mit seinen
zwei Zeichen (ja und nein oder + und -) zwar alles ver- und entschlüsseln
kann, aber über die Bedeutung, d.h. den eigentlichen Inhalt, natürlich niemals
etwas aussagen kann. Im Genom haben wir zwar eine «Geheimschrift des Lebendigen», nicht aber das Lebendige selbst vor uns. Der Ätherleib ist
es der diese Schrift entziffern und in «Befehle» umsetzen kann.|Johannes W. Rohen|''Eine funktionelle und spirituelle Anthropologie: unter Einbeziehung der Menschenkunde Rudolf Steiners'' (2009), S. 21}}


== Neovitalismus ==
<div style="margin-left:20px">
"Prometheus und Epimetheus
sind Söhne des Titanen Japetos. Die Titanen sind Kinder
der ältesten Göttergeneration, des Uranos (Himmel) und
der Gaa (Erde). Kronos, der jüngste der Titanen, hat seinen
Vater vom Throne gestoßen und die Weltherrschaft an sich
gerissen. Dafür wurde er nebst den übrigen Titanen von
seinem Sohne Zeus überwältigt. Und Zeus wurde der
oberste der Götter. Prometheus stand im Titanenkampfe
auf der Seite des Zeus. Auf seinen Rat hat Zeus die Titanen
in die Unterwelt verbannt. Aber in Prometheus lebte doch
die Gesinnung der Titanen fort. Er war dem Zeus nur
halber Freund. Als dieser die Menschen verderben wollte
wegen ihres Übermutes, da nahm sich Prometheus ihrer an,
lehrte sie die Kunst der Zahlen und der Schrift und anderes,
was zur Kultur führt, namentlich den Gebrauch des
Feuers. Darob zürnte Zeus dem Prometheus. Hephaistos,
der Sohn des Zeus, mußte ein Frauenbild von großer Schönheit
bilden, das die Götter mit allen nur möglichen Gaben
schmückten. Pandora hieß die Frau: die Allbegabte. Hermes,
der Götterbote, brachte sie zu Epimetheus, dem Bruder
des Prometheus. Sie brachte diesem ein Kästchen, als
Geschenk der Götter. Epimetheus nahm das Geschenk an,
trotzdem ihm Prometheus geraten hatte, auf keinen Fall
ein Geschenk von den Göttern anzunehmen. Als das Kästchen
geöffnet wurde, flogen alle möglichen menschlichen
Plagen heraus. Darinnen blieb nur die Hoffnung, und
zwar darum, weil Pandora den Deckel schnell verschloß.
Die Hoffnung ist also als zweifelhaftes Göttergeschenk geblieben.
- Prometheus wurde auf des Zeus Befehl wegen
seines Verhältnisses zu den Menschen an einen Felsen im
Kaukasus geschmiedet. Ein Adler frißt beständig an seiner
Leber, die sich immer wieder ersetzt. In quälendster Einsamkeit
muß Prometheus seine Tage verbringen, bis einer
der Götter freiwillig sich opfert, d. h. sich dem Tode
weiht. Der Gequälte ertragt sein Leid als standhafter Dulder.
Ihm ward kund, daß Zeus durch den Sohn einer Sterblichen
werde entthront werden, wenn er sich nicht mit
dieser Sterblichen vermählen werde. Dem Zeus war es
wichtig, dieses Geheimnis zu kennen; er sandte den Götterboten Hermes zu Prometheus, um darüber etwas zu erfahren.
Dieser verweigerte jede Auskunft. - Die Herakles-
Sage ist mit der Prometheus-Sage verknüpft. Herakles
kommt auf seinen Wanderungen auch an den Kaukasus.
Er erlegte den Adler, der des Prometheus Leber verzehrte.
Der Zentaur Chiron, der, obwohl an einer unheilbaren
Wunde leidend, doch nicht sterben kann, opfert sich für
Prometheus. Dieser wird dann mit den Göttern versöhnt.


Im 19.&nbsp;und frühen 20.&nbsp;Jahrhundert vertraten auch die Denker der [[Wikipedia:Lebensphilosophie|Lebensphilosophie]] Positionen des Vitalismus. Der letzte bedeutende Vertreter des '''Neovitalismus''' war [[Wikipedia:Hans Driesch|Hans Driesch]] (1867–1941), der dabei den aristotelischen Begriff der [[Entelechie]] wieder aufgriff.
Die Titanen sind die Kraft des Willens, die als Natur
(Kronos) aus dem ursprünglichen Weltgeist (Uranos) hervorgeht.
Dabei hat man nicht etwa bloß an Willenskräfte
in abstrakter Form zu denken, sondern an wirkliche Willenswesen.
Zu ihnen gehört Prometheus. Damit ist sein
Wesen charakterisiert. Aber er ist nicht ganz Titane. Er
hält es in gewissem Sinne mit Zeus, dem Geiste, der die
Weltherrschaft antritt, nachdem die ungebändigte Naturkraft
(Kronos) gebändigt ist. Prometheus ist also Repräsentant
jener Welten, welche dem Menschen das Vorwärtsdrängende,
das halb Natur-, halb Geisteskraft ist, den
Willen, gegeben haben. Der Wille weist auf der einen Seite
zum Guten, auf der andern zum Bösen. Je nachdem er
zum Geistigen neigt oder zum Vergänglichen, gestaltet sich
sein Schicksal. Dieses Schicksal ist das Schicksal des Menschen
selbst. Der Mensch ist an das Vergängliche geschmiedet.
An ihm nagt der Adler. Er muß dulden. Er kann
Höchstes nur erreichen, wenn er in der Einsamkeit sein
Schicksal sucht. Er hat ein Geheimnis. Es besteht darinnen,
daß das Göttliche (Zeus) sich mit einer Sterblichen, dem
an den physischen Leib gebundenen menschlichen Bewußtsein
selbst, vermählen muß, um einen Sohn, die Gott erlösende
menschliche Weisheit (den Logos), zu gebären.


Merkmale oder Elemente einer vitalistischen Deutung finden sich auch in den Arbeiten von [[Wikipedia:Franz Anton Mesmer|Franz Anton Mesmer]] („animalischer Magnetismus“), [[Wikipedia:Karl von Reichenbach|Karl von Reichenbach]] („Od“), [[Wikipedia:Henri Bergson|Henri Bergson]] („[[Wikipedia:élan vital|élan vital]]“), [[Wikipedia:Alfred North Whitehead|Alfred North Whitehead]] („creativity“), [[Wikipedia:Pierre Teilhard de Chardin|Pierre Teilhard de Chardin]] („Radiale Energie“), [[Wikipedia:Wilhelm Reich|Wilhelm Reich]] („[[Wikipedia:Orgon|Orgon]]“), [[Wikipedia:Adolf Portmann|Adolf Portmann]] („Selbstdarstellung“), [[Wikipedia:Arthur Koestler|Arthur Koestler]] („The Ghost in the Machine“), [[Ken Wilber]] („holon“), [[Wikipedia:Ervin Laszlo|Ervin Laszlo]] („Akashic field“) und [[Wikipedia:Rupert Sheldrake|Rupert Sheldrake]] („[[Wikipedia:Morphogenetisches Feld|Morphogenetisches Feld]]“), sowie in der fernöstlichen Vorstellung einer Lebenskraft [[Prana]] oder [[Qi]], die auch von der modernen westlichen Esoterik aufgegriffen wurde.
Dadurch ''wird'' das Bewußtsein unsterblich. Er darf dieses
Geheimnis nicht verraten, bis ein Myste (Herakles) an ihn
herantritt und die Gewalt beseitigt, die ihn fortwährend
mit dem Tode bedroht. Ein Wesen, halb Tier, halb Mensch,
ein Zentaur, muß sich opfern, um den Menschen zu erlösen.
Der Zentaur ist der Mensch selbst, der halb tierische,
halb geistige Mensch. Er muß sterben, damit der rein geistige
Mensch erlöst werde. Was Prometheus, der menschliche
Wille, verschmäht, das nimmt Epimetheus, der Verstand,
die Klugheit. Aber die Gaben, die dem Epimetheus
dargereicht werden, sind nur Leiden und Plagen. Denn der
Verstand haftet ja an dem Nichtigen, dem Vergänglichen.
Und nur eines bleibt - die Hoffnung, daß auch aus dem
Vergänglichen einmal werde das Ewige geboren werden." {{Lit|{{G|008|87ff}}}}
</div>


In neuerer Zeit griffen einige Zellbiologen diese Bezeichnung in einem übertragenen Sinn wieder auf als „molekularen Vitalismus“.<ref>Kirschner, M., Gerhart, J., Mitchison, T. (2000). Molecular vitalism. Cell 100, 79-88.</ref>
<div style="margin-left:20px">
"In dieser Sage liegt die ganze Geschichte der [[Kulturepochen|fünften Wurzelrasse]],
und es ist in ihr wirkliche Mysterienwahrheit eingeschlossen.
Diese Sage wurde in Griechenland wirklich erzählt. Aber auch in
den Mysterien wurde sie dargestellt, so daß der Mysterienschüler
das Schicksal des Prometheus wirklich vor sich sah. Und in diesem
sollte er die Vergangenheit und Zukunft der ganzen fünften Wurzelrasse sehen. Das Verständnis hierfür können Sie nur erlangen,
wenn Sie eines berücksichtigen." {{Lit|{{G|092|61f}}}}
</div>


== Literatur==
== Prometheus in der Geistesgeschichte ==
* [[Wikipedia:Otto Bütschli|Otto Bütschli]]: ''Mechanismus und Vitalismus'', Leipzig, 1901 <ref>http://www.archive.org/stream/mechanismusundvi00buts/mechanismusundvi00buts_djvu.txt</ref>
 
* [[Wikipedia:Eve-Marie Engels|Eve-Marie Engels]]: ''Die Teleologie des Lebendigen'', Berlin, 1982
=== Hesiod ===
* Ellen Baake: Buchbesprechung zu Brian Goodwins: ''Der Leopard, der seine Flecken verliert'', in Spektrum der Wissenschaft, 2/1998, S. 126
Die griechische Literatur beschäftigt sich ausführlich mit dem Prometheus-Mythos. Eine frühe Variante stammt von Hesiod (um 700 v. Chr. ) aus dessen Theogonie ( Götter- und Weltentstehung ) und Werke und Tage . Bei Hesiod steht Prometheus noch für den "Abstieg des Menschen aus der Gemeinsamkeit mit den Göttern ins gegenwärtige mühselige Leben"<ref>Dietz S. 66</ref>
* Bernd-Olaf Küppers: ''Der Ursprung biologischer Information'', Piper Verlag, München 1986, S. 261
 
* Marek B. Majorek: ''Rudolf Steiners Geisteswissenschaft: Mythisches Denken oder Wissenschaft?'', 2 Bände, Verlag Narr Francke Attempto, Tübingen 2015, ISBN 978-3772085635, eBook: ASIN B0714F4N5R
=== Aischylos ===
* [[Johannes W. Rohen]]: ''Eine funktionelle und spirituelle Anthropologie: unter Einbeziehung der Menschenkunde Rudolf Steiners'', 1. Aufl., Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 2009, ISBN 978-3772520983
Eine etwas jüngere Überlieferung geht auf Aischylos zurück (ca. 525 / 524 v. Chr. - 456 v. Chr. ) der eine Dramentrilogie über Prometheus verfasste von der jedoch nur der mittlere Teil "Der gefesselte Prometheus" erhalten ist; der Anfangsteil hieß "Feuerbringer Prometheus" und der letzte Teil "Befreiung des Prometheus". Bei Aischylos steht Promtheus für den "Aufstieg der Menschheit aus primitiven Anfängen bis zur gegenwärtigen Höhe der Zivilisation"<ref> Dietz S. 66</ref>
* Johannes W. Rohen: ''Morphologie des menschlichen Organismus'', 4. Aufl., Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 2016, ISBN 978-3772519987
 
* Rudolf Steiner: ''Goethes Weltanschauung'', [[GA 6]] (1990), ISBN 3-7274-0060-9; '''Tb 625''', ISBN 978-3-7274-6250-4 {{Schriften|006}}
=== Platon ===
Prometheus wird bei [[Platon]] mehrmals thematisiert, besonders erwähnenswert ist aber die Stelle im [[Protagoras (Platon)|Protagoras]]: Epimetheus soll den Lebewesen Eigenschaften zuordnen. Er übernimmt diese Aufgabe und lässt sich dann von seinem Bruder, Prometheus, kontrollieren. Zuerst wird er einmal gelobt: Epimetheus hat den Tieren gerecht verteilt Eigenschaften gegeben: Die Schnellen sind klein, die Wehrlosen haben zahlreichen Nachwuchs, ein ausgewogenes Verhältnis aller Arten ist gewährleistet.
 
Doch dann entdeckt Prometheus ein kleines, nacktes Wesen: den Menschen. Er ist leer ausgegangen, denn keine Eigenschaft ist mehr übrig geblieben. So sieht sich Prometheus gezwungen, für den Menschen das Feuer und die Weisheit der Athene, die Kunstfertigkeit des Hephaistos und andere zum Überleben wichtige Fähigkeiten zu stehlen, wie das Weben.
 
Doch damit ist das Problem nicht gelöst: Die Menschen, die sich aus Schutz vor den Tieren in Städten („[[Polis|Poleis]]”) zusammenschließen, töten einander, weil sie [[Schamgefühl|Scham]] und [[Empathie|Mitgefühl]], die staatsbürgerliche Kunst – so Platon – nicht haben.
 
Um diese Gattung nicht zu verlieren, sieht sich Zeus gezwungen, später Hermes mit ebendiesen Fähigkeiten auf die Erde zu schicken und sie, im Gegensatz zu den anderen Fähigkeiten, gerecht unter allen zu verteilen. Platon: ''„Ja, du [Hermes] sollst in meinem Namen das Gesetz geben, dass, wer nicht imstande sei sich Scham und Recht zu eigen zu machen, dem Tod verfallen sei; denn er ist ein Geschwür am Leibe des Staates.“''
 
[[Datei:Prometheus Adam Louvre MR1745.jpg|mini|[[Nicolas-Sébastien Adam|Adam le Jeune]]: Gefesselter Prometheus, 1762 (Louvre)]][[Datei:Prometheus 1.jpg|mini|[[Reinhold Begas]]: Gefesselter Prometheus, Berlin]][[Datei:ArnoBrekerPrometheus.jpg|mini|[[Arno Breker]]: Prometheus mit dem Feuer]]
 
Der Prometheus-Mythos wird hier zur Begründung der Möglichkeit einer sophistischen Lehrtätigkeit herangezogen, d.h. dass arete und "soziale Technik" (Dietz) lehrbar seien.
Interessant ist die Unterscheidung zwischen Fähigkeiten, die zum Leben und gegen die Natur nötig sind, und jenen, die zum [[gemeinschaft]]lichen Zusammenleben notwendig sind.
 
=== Neuzeit ===
Die Figur des Prometheus ist in Literatur, Kunst und Politik vielfach aufgegriffen worden und Thema von Werken:
 
* Ein berühmtes [[Prometheus (Hymne)|Gedicht Johann Wolfgang Goethes]] aus der Zeit des „[[Sturm und Drang]]“ ist Prometheus gewidmet. Er beschreibt darin den [[Trotz]] des schöpferischen Genies gegen Zeus. Das Gedicht wurde u.&nbsp;a. von [[Franz Schubert]] vertont.
 
* Auch [[August Wilhelm Schlegel]] widmet dem Prometheus ein Gedicht: Es ist in [[Dante Alighieri|Danteschen]] [[Terzine]]n verfasst. Den größten Raum nimmt das Zwiegespräch zwischen Prometheus und dessen Mutter [[Themis (Mythologie)|Themis]] ein.<ref>Heinz Gockel: ''Mythos und Poesie.'' Klostermann, Frankfurt 1981, S. 223–224.</ref>
 
* [[Franz Schubert]] schrieb 1816 eine ''[[Prometheus-Kantate (Schubert)|Prometheus-Kantate]]'', deren Text und Musik verschollen sind. Sein Freund [[Johann Chrysostomus Senn]] galt im Schubert-Umkreis als Prometheus-Gestalt.
 
* [[Mary Shelley]] verfasste 1818 den Roman [[Frankenstein (Buch)|Frankenstein]] mit dem Untertitel ''„Der moderne Prometheus“''.
 
* [[Karl Marx]] bezeichnete Prometheus in seiner [[Dissertation]] 1841 als ''„den vornehmsten Heiligen und Märtyrer im philosophischen Kalender“'', eine Illustration des gefesselten Prometheus erscheint in der Werkausgabe auch als Allegorie auf das Verbot der ''[[Rheinische Zeitung|Rheinischen Zeitung]]''. Dagegen erscheint der entfesselte Prometheus auf dem Titelblatt der Erstausgabe von ''[[Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik]]'' (1872) von [[Friedrich Nietzsche]]. [[Karl Kerényi]] betonte indessen die Ähnlichkeit und den gleichzeitigen Gegensatz zum [[Christentum|christlichen]] [[Mythos]] der [[Passion]] Christi. In [[André Gide]]s Erzählung ''[[Der schlechtgefesselte Prometheus]]'' (''Le Promethée mal enchaîné'') tritt die Figur im zeitgenössischen [[Paris]] in [[Surrealismus|surrealem]] Zusammenhang auf.
 
* Der deutsche Philosoph [[Hans Jonas]] eröffnet das Vorwort seines Hauptwerkes ''[[Das Prinzip Verantwortung]]'' mit der Metapher vom entfesselten Prometheus. Es wird dadurch ausgedrückt wie jede neue technologische Errungenschaft auch weitere Übel in die Welt bringt (''Büchse der Pandora''). Der entfesselte Prometheus verbildlicht so die Bedrohung einer utopischen Technologieauffassung im neuzeitlichen Machthorizont des Menschen und die dringende Notwendigkeit einer neuen Ethik, wie sie Jonas in diesem Werk entwirft.
 
* Der schwedische Dichter [[Viktor Rydberg]] lässt Prometheus in seinem Ideengedicht ''Prometeus och Ahasverus'' (Prometheus und Ahasverus) als Vertreter des „westlichen“ Prinzips des idealistischen Kampfes gegen Ungerechtigkeit und für eine bessere Zukunft mit [[Ahasveros]], dem Vertreter des „orientalischen“ Prinzips der Schicksalsergebenheit, streiten.
 
* Der deutsche Philosoph [[Hans Blumenberg]] hat in ''Arbeit am Mythos'' (1979) den Prometheus-Mythos und dessen spätere Umarbeitungen als Paradigma der menschlichen Selbstbehauptung gegen den „Absolutismus der Wirklichkeit“ gedeutet.
 
* ''Die Befreiung des Prometheus'' ist ein Text des Theaterstückes ''Zement'' von [[Heiner Müller]]. Hier wird der Text der Sage auf zwei Seiten in grotesker Form dargestellt. Beachtenswert ist dazu auch die gleichnamige Vertonung von [[Heiner Goebbels]], die zuerst 1985 als Hörspiel fürs Radio, später auch auf der Bühne aufgeführt wurde (1991 französisch, 1993 deutsch). Das Hörspiel wurde zudem zunächst auf einer MC und später im Rahmen einer Dreifach-CD mit dem Titel ''Hörstücke – nach Texten von Heiner Müller'' von [[Edition of Contemporary Music|ECM]] herausgebracht.<ref>Laut Goebbels’ Web-Site: [http://www.heinergoebbels.com] und der Deutschen Nationalbibliothek: [http://www.die-deutsche-bibliothek.de]</ref>
 
* Die deutsche Band [[Einstürzende Neubauten]] verarbeitete den Prometheus Mythos in ihrem Lied ''Zerstörte Zelle'' (und der früheren Version ''Adler kommt später'') in ihrem Album ''Fünf auf der nach oben offenen Richterskala''.
 
* Die Deutsche Mittelalterrockband [[Saltatio Mortis]] hat in ihrem Album ''Aus der Asche'' die Sage um Prometheus zu einem Lied verarbeitet.
 
* Im Song ''Feuer Ouvertüre/Prometheus Entfesselt'' auf dem Album ''Lemuria'' der Gruppe [[Therion]] wird die Geschichte des Prometheus dargestellt.
 
* Die Black-Metal-Band [[Emperor (Band)|Emperor]] hat mit ihrem Album ''[[Prometheus – The Discipline of Fire & Demise]]'' ein Konzeptalbum erschaffen, welches sich ausschließlich mit Prometheus befasst.
 
* In dem Buch [[Die Geheimnisse des Nicholas Flamel|Der unheimliche Geisterrufer]] des irischen Autors [[Michael Scott (irischer Autor)|Michael Scott]] nimmt Prometheus eine wichtige Rolle ein.
 
* Im Videospiel [[God of War II]] erlöst der Hauptcharakter Kratos Prometheus zunächst von seinen Leiden, lässt ihn aber im weiteren Verlauf im Feuer des Olymp verbrennen.
 
* ''[[Prometheus – Dunkle Zeichen]]'' ist der Name eines Filmes von [[Ridley Scott]] aus dem Jahr 2012.
 
* Im Film [[Interview mit einem Vampir]] von 1994 rezitiert der Vampir „Lestat de Lioncourt“ gespielt von [[Tom Cruise]] aus  dem Theaterstück ''[[Othello]]'' von [[William Shakespeare]], „… nie find ich den Prometheusfunken wieder, Dein Licht zu zünden…“
 
* Ein Werk der Musikgruppe [[Trivium (Band)|Trivium]] handelt über das Leiden mit dem sich der Titan Prometheus auseinandersetzen muss.
 
* Eine Episode der Serie [[Supernatural]] zeigt wie Prometheus versucht seinen Fluch des „Ewigen Leidens“ zu beenden und dabei sein Leben verliert.
 
* Die Mittelalterband [[Reliquiae]] veröffentlichte einen Song mit Namen ''Pandora'' auf Ihrem Album ''Pandora'', der von der Geschichte von Prometheus und Pandora handelt..<ref>Siehe Songtext: [http://www.magistrix.de/lyrics/Reliquiae/Pandora-1171437.html]</ref>
 
* Im Roman [[Solaris (Roman)|Solaris]] von [[Stanislav Lem]] dient ein Prometheus genannter [[Satellit (Raumfahrt)|Satellit]] als Transitstation für Forscher und Wissenschaftler, die den titelgebenden Planeten erforschen.
 
== Literatur ==
* Thorwald Dethlefsen: ''Prometheus, Schuld und Sünde im menschlichen Dasein.'' Hermetische Truhe München 1986, Cassette.
* Karl-Martin Dietz: ''Prometheus der Vordenker''. Metamorphosen des Geistes, Band 2: Vom göttlichen zum menschlichen Wissen. Stuttgart 2004. ISBN 3-7725-1271-2 .
* Wolfgang Storch, Burghard Damerau (Hrsg.): ''Mythos Prometheus. Texte von [[Hesiod]] bis [[René Char]].'' Reclam Bibliothek, Leipzig 1995, 3. Aufl. 2001 ISBN 3379015288 [http://lbib.de/Mythos-Prometheus-Texte-von-Hesiod-bis-Ren-Char-Wolfgang-Storch-23665 kpl. Inhaltsverzeichnis] Anthologie.
* Rudolf Steiner: ''Das Christentum als mystische Tatsache und die Mysterien des Altertums'', [[GA 8]] (1989), ISBN 3-7274-0080-3; '''Tb 619''', ISBN 978-3-7274-6190-3 {{Schriften|008}}
Rudolf Steiner: ''Die okkulten Wahrheiten alter Mythen und Sagen'', [[GA 92]] (1999), ISBN 3-7274-0920-7 {{Vorträge|092}}


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== Weblinks ==
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* [http://www.mythentor.de/griechen/prometheus.htm Prometheus bei Mythentor.de]
* [http://www.viennatouristguide.at/Allerlei/Mythologie/Prometheus/prometheus.htm Prometheus – seine Geschichte in Bildern]
* Prometheus, Tondichtung. Jean-Pierre Nouvel, Komponist [http://www.mysymphonic.com/pages/recordingspag.html]


== Einzelnachweise ==
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Version vom 29. April 2014, 12:37 Uhr

Prometheus mit dem Adler Ethon und Atlas (Lakonische Schale, ca. 530 v. Chr.)

Prometheus (griech. Προμηθεύς; Betonung lat. u. dt. Prométheus, Gen. Προμηθέως (Promēthéōs); übers. „der Vorausdenkende“) ist in der griechischen Mythologie der Freund und Kulturstifter der Menschheit. Oft wird er auch als Schöpfer der Menschen und Tiere bezeichnet, so z. B. bei Platon und Ovid[1]. Es lassen sich bei ihm, dem Feuerbringer und Lehrmeister der Menschen, vor allem Gemeinsamkeiten mit Hephaistos, aber auch mit Apollon und Athene entdecken. Von seinen Beinamen sind neben Pyrphoros („Feuerbringer“), u. a. Iapetionides („Sohn des Iapetos“) und Desmotes („Gefesselter“) bekannt.

In Athen befand sich ein ihm geweihter Altar, der während der ihm zu Ehren abgehaltenen Festlichkeiten, der Promethea, mit Fackeln geschmückt wurde. Zudem existierte in Athen ein weiteres Heiligtum, in dem er und der Gott Hephaistos gemeinsam verehrt wurden.

Die Gestalt des Prometheus fand in der Kulturgeschichte vielfältige Rezeption, so z. B. bei Johann Wolfgang Goethe.

Das 1945 entdeckte chemische Element Promethium wurde nach ihm benannt und war als Warnung an die Menschheit gedacht, die zu diesem Zeitpunkt mit dem nuklearen Wettrüsten begann.

Genealogie

In der griechischen Mythologie ist Prometheus ein Titan und der Sohn des Iapetos und der Asia, der Klymene (nach Hesiod) oder der Gaia.

In der Abstammung nach Hesiod ist er ferner der Bruder des Atlas, des Menoitios und des Epimetheus („der Nachherbedenkende“, vgl. die Theogonie, Verse 507 bis 616). Ein Sohn von Prometheus mit Pronoia („Vorsorge“) ist Deukalion.

Prometheus ist zwar göttlicher, jedoch titanischer Herkunft, wobei er allerdings laut Aischylos den Olympiern in der Titanomachie zum Sieg verhilft und dennoch die von Zeus errichtete Oligarchie als anmaßende Gewaltherrschaft ansieht. Da er von Themis (die Aischylos mit Gaia gleichsetzt) die Zukunft und das Schicksal aller Dinge erfahren hat, prophezeit er deren Untergang. Dieser Untergang im Gigantenkampf wird allerdings durch Herakles behindert.

Prometheus-Sage

Hera und Prometheus (Attische Schale, ca. 500–450 v. Chr.)

Prometheus wollte die Menschen auf der Erde erwecken. Also ging er auf die Erde und formte sie aus Ton. Da sie noch leblos waren, gab er ihnen von verschiedenen Tieren je eine Eigenschaft (z. B. vom Hund die Klugheit, vom Pferd den Fleiß usw.). Athene, unter den Göttern seine Freundin, gab ihnen den Verstand und die Vernunft. Da lebten die Menschen, und Prometheus war ihr Lehrmeister.

Die Götter wurden auf die Menschen aufmerksam und verlangten von ihnen Opfer und Anbetung. Da verfiel Prometheus zu ihren Gunsten auf eine List: Er schlachtete im Namen der Menschen einen Stier und machte daraus zwei Haufen, einen größeren aus den Knochen und einen kleineren aus dem Fleisch. Dann umhüllte er beide mit Stierhaut, um den Inhalt zu verbergen. Schließlich forderte er Zeus auf, einen der Haufen zu wählen. Dieser wählte den größeren, obwohl er als Göttervater naturgemäß den Betrug durchschaute, den Menschen aber anscheinend Verderben bringen wollte (Hesiod, Theogonie, V. 550–552). Seitdem werden bei Tieropfern nur die Knochen und ungenießbaren Teile verbrannt, das Fleisch aber für den menschlichen Verzehr abgezweigt. Als der Betrug offensichtlich wurde, sagte Zeus voller Zorn, dass Prometheus dafür büßen müsse.

Als erste Strafe versagte Zeus den Sterblichen das Feuer. Um das Feuer für die Menschen wiederzuerlangen, hob Prometheus einen langen Stängel des Riesenfenchels in den Himmel, um ihn am vorüberrollenden funkensprühenden Sonnenwagen des Helios zu entzünden. Mit dieser lodernden Fackel eilte er zur Erde zurück und setzte einen Holzstoß in Flammen.

Als Zeus den Raub sah und erkannte, dass er den Menschen das Feuer nicht mehr nehmen konnte, sann er auf Rache: Er befahl seinem Sohn, dem Gott der Schmiedekunst Hephaistos, das Trugbild einer schönen Jungfrau zu gestalten. Hephaistos formte sie aus Lehm, Athene schmückte sie mit einem Gewand aus Blumen, Hermes verlieh ihr eine bezaubernde Sprache, Aphrodite schenkte ihr holdseligen Liebreiz. Man nannte sie Pandora, die Allbeschenkte. Zeus aber reichte ihr eine Büchse, in die jeder der Göttlichen eine unheilbringende Gabe eingeschlossen hatte. Zeus stieg mit Pandora zur Erde hinab und überreichte sie als Geschenk Prometheus’ Bruder Epimetheus, der sie entgegen einer früheren Warnung Prometheus’ auch annahm. Da hob Pandora den Deckel, und alle Übel schwebten hinaus, und nur die Hoffnung blieb in der Büchse zurück, als sie diese schnell wieder schloss. Seit dieser Stunde rasen bei Tag und Nacht Fieberkrankheiten, Leiden und plötzlicher Tod über den Erdkreis.

Herakles befreit Prometheus (Relief des Aphroditetempels in Aphrodisias)

Nicht nur die Menschen sollten bestraft werden, sondern auch Prometheus selbst. Zeus ließ ihn fangen und in die schlimmste Einöde des Kaukasus schleppen und ließ durch Hephaistos eine schwere Kette schmieden, um ihn an einen Felsen zu fesseln (z. B. in der Tragödie des Aischylos).

Über einem Abgrund, ohne Speise, Trank und Schlaf, musste Prometheus dort ausharren, und jeden Tag kam der Adler Ethon und fraß von seiner Leber, die sich zu seiner Qual immer wieder erneuerte, da er ein Unsterblicher war. Vergeblich flehte Prometheus um Gnade. Wind und Wolken, die Sonne und die Flüsse machte er zu Zeugen seiner Pein. Doch Zeus blieb unerbittlich. Und so sollte seine Qual viele Jahrhunderte dauern, bis der Held Herakles, von Mitleid erfüllt, ihn erlöste. Aber selbst da musste er fortan einen Ring mit einem Stein aus dem Kaukasus tragen, damit sich Zeus rühmen konnte, er sei immer noch daran gefesselt.

Die Sage in der Deutung Rudolf Steiners

"Prometheus und Epimetheus sind Söhne des Titanen Japetos. Die Titanen sind Kinder der ältesten Göttergeneration, des Uranos (Himmel) und der Gaa (Erde). Kronos, der jüngste der Titanen, hat seinen Vater vom Throne gestoßen und die Weltherrschaft an sich gerissen. Dafür wurde er nebst den übrigen Titanen von seinem Sohne Zeus überwältigt. Und Zeus wurde der oberste der Götter. Prometheus stand im Titanenkampfe auf der Seite des Zeus. Auf seinen Rat hat Zeus die Titanen in die Unterwelt verbannt. Aber in Prometheus lebte doch die Gesinnung der Titanen fort. Er war dem Zeus nur halber Freund. Als dieser die Menschen verderben wollte wegen ihres Übermutes, da nahm sich Prometheus ihrer an, lehrte sie die Kunst der Zahlen und der Schrift und anderes, was zur Kultur führt, namentlich den Gebrauch des Feuers. Darob zürnte Zeus dem Prometheus. Hephaistos, der Sohn des Zeus, mußte ein Frauenbild von großer Schönheit bilden, das die Götter mit allen nur möglichen Gaben schmückten. Pandora hieß die Frau: die Allbegabte. Hermes, der Götterbote, brachte sie zu Epimetheus, dem Bruder des Prometheus. Sie brachte diesem ein Kästchen, als Geschenk der Götter. Epimetheus nahm das Geschenk an, trotzdem ihm Prometheus geraten hatte, auf keinen Fall ein Geschenk von den Göttern anzunehmen. Als das Kästchen geöffnet wurde, flogen alle möglichen menschlichen Plagen heraus. Darinnen blieb nur die Hoffnung, und zwar darum, weil Pandora den Deckel schnell verschloß. Die Hoffnung ist also als zweifelhaftes Göttergeschenk geblieben. - Prometheus wurde auf des Zeus Befehl wegen seines Verhältnisses zu den Menschen an einen Felsen im Kaukasus geschmiedet. Ein Adler frißt beständig an seiner Leber, die sich immer wieder ersetzt. In quälendster Einsamkeit muß Prometheus seine Tage verbringen, bis einer der Götter freiwillig sich opfert, d. h. sich dem Tode weiht. Der Gequälte ertragt sein Leid als standhafter Dulder. Ihm ward kund, daß Zeus durch den Sohn einer Sterblichen werde entthront werden, wenn er sich nicht mit dieser Sterblichen vermählen werde. Dem Zeus war es wichtig, dieses Geheimnis zu kennen; er sandte den Götterboten Hermes zu Prometheus, um darüber etwas zu erfahren. Dieser verweigerte jede Auskunft. - Die Herakles- Sage ist mit der Prometheus-Sage verknüpft. Herakles kommt auf seinen Wanderungen auch an den Kaukasus. Er erlegte den Adler, der des Prometheus Leber verzehrte. Der Zentaur Chiron, der, obwohl an einer unheilbaren Wunde leidend, doch nicht sterben kann, opfert sich für Prometheus. Dieser wird dann mit den Göttern versöhnt.

Die Titanen sind die Kraft des Willens, die als Natur (Kronos) aus dem ursprünglichen Weltgeist (Uranos) hervorgeht. Dabei hat man nicht etwa bloß an Willenskräfte in abstrakter Form zu denken, sondern an wirkliche Willenswesen. Zu ihnen gehört Prometheus. Damit ist sein Wesen charakterisiert. Aber er ist nicht ganz Titane. Er hält es in gewissem Sinne mit Zeus, dem Geiste, der die Weltherrschaft antritt, nachdem die ungebändigte Naturkraft (Kronos) gebändigt ist. Prometheus ist also Repräsentant jener Welten, welche dem Menschen das Vorwärtsdrängende, das halb Natur-, halb Geisteskraft ist, den Willen, gegeben haben. Der Wille weist auf der einen Seite zum Guten, auf der andern zum Bösen. Je nachdem er zum Geistigen neigt oder zum Vergänglichen, gestaltet sich sein Schicksal. Dieses Schicksal ist das Schicksal des Menschen selbst. Der Mensch ist an das Vergängliche geschmiedet. An ihm nagt der Adler. Er muß dulden. Er kann Höchstes nur erreichen, wenn er in der Einsamkeit sein Schicksal sucht. Er hat ein Geheimnis. Es besteht darinnen, daß das Göttliche (Zeus) sich mit einer Sterblichen, dem an den physischen Leib gebundenen menschlichen Bewußtsein selbst, vermählen muß, um einen Sohn, die Gott erlösende menschliche Weisheit (den Logos), zu gebären.

Dadurch wird das Bewußtsein unsterblich. Er darf dieses Geheimnis nicht verraten, bis ein Myste (Herakles) an ihn herantritt und die Gewalt beseitigt, die ihn fortwährend mit dem Tode bedroht. Ein Wesen, halb Tier, halb Mensch, ein Zentaur, muß sich opfern, um den Menschen zu erlösen. Der Zentaur ist der Mensch selbst, der halb tierische, halb geistige Mensch. Er muß sterben, damit der rein geistige Mensch erlöst werde. Was Prometheus, der menschliche Wille, verschmäht, das nimmt Epimetheus, der Verstand, die Klugheit. Aber die Gaben, die dem Epimetheus dargereicht werden, sind nur Leiden und Plagen. Denn der Verstand haftet ja an dem Nichtigen, dem Vergänglichen. Und nur eines bleibt - die Hoffnung, daß auch aus dem Vergänglichen einmal werde das Ewige geboren werden." (Lit.: GA 008, S. 87ff)

"In dieser Sage liegt die ganze Geschichte der fünften Wurzelrasse, und es ist in ihr wirkliche Mysterienwahrheit eingeschlossen. Diese Sage wurde in Griechenland wirklich erzählt. Aber auch in den Mysterien wurde sie dargestellt, so daß der Mysterienschüler das Schicksal des Prometheus wirklich vor sich sah. Und in diesem sollte er die Vergangenheit und Zukunft der ganzen fünften Wurzelrasse sehen. Das Verständnis hierfür können Sie nur erlangen, wenn Sie eines berücksichtigen." (Lit.: GA 092, S. 61f)

Prometheus in der Geistesgeschichte

Hesiod

Die griechische Literatur beschäftigt sich ausführlich mit dem Prometheus-Mythos. Eine frühe Variante stammt von Hesiod (um 700 v. Chr. ) aus dessen Theogonie ( Götter- und Weltentstehung ) und Werke und Tage . Bei Hesiod steht Prometheus noch für den "Abstieg des Menschen aus der Gemeinsamkeit mit den Göttern ins gegenwärtige mühselige Leben"[2]

Aischylos

Eine etwas jüngere Überlieferung geht auf Aischylos zurück (ca. 525 / 524 v. Chr. - 456 v. Chr. ) der eine Dramentrilogie über Prometheus verfasste von der jedoch nur der mittlere Teil "Der gefesselte Prometheus" erhalten ist; der Anfangsteil hieß "Feuerbringer Prometheus" und der letzte Teil "Befreiung des Prometheus". Bei Aischylos steht Promtheus für den "Aufstieg der Menschheit aus primitiven Anfängen bis zur gegenwärtigen Höhe der Zivilisation"[3]

Platon

Prometheus wird bei Platon mehrmals thematisiert, besonders erwähnenswert ist aber die Stelle im Protagoras: Epimetheus soll den Lebewesen Eigenschaften zuordnen. Er übernimmt diese Aufgabe und lässt sich dann von seinem Bruder, Prometheus, kontrollieren. Zuerst wird er einmal gelobt: Epimetheus hat den Tieren gerecht verteilt Eigenschaften gegeben: Die Schnellen sind klein, die Wehrlosen haben zahlreichen Nachwuchs, ein ausgewogenes Verhältnis aller Arten ist gewährleistet.

Doch dann entdeckt Prometheus ein kleines, nacktes Wesen: den Menschen. Er ist leer ausgegangen, denn keine Eigenschaft ist mehr übrig geblieben. So sieht sich Prometheus gezwungen, für den Menschen das Feuer und die Weisheit der Athene, die Kunstfertigkeit des Hephaistos und andere zum Überleben wichtige Fähigkeiten zu stehlen, wie das Weben.

Doch damit ist das Problem nicht gelöst: Die Menschen, die sich aus Schutz vor den Tieren in Städten („Poleis”) zusammenschließen, töten einander, weil sie Scham und Mitgefühl, die staatsbürgerliche Kunst – so Platon – nicht haben.

Um diese Gattung nicht zu verlieren, sieht sich Zeus gezwungen, später Hermes mit ebendiesen Fähigkeiten auf die Erde zu schicken und sie, im Gegensatz zu den anderen Fähigkeiten, gerecht unter allen zu verteilen. Platon: „Ja, du [Hermes] sollst in meinem Namen das Gesetz geben, dass, wer nicht imstande sei sich Scham und Recht zu eigen zu machen, dem Tod verfallen sei; denn er ist ein Geschwür am Leibe des Staates.“

Adam le Jeune: Gefesselter Prometheus, 1762 (Louvre)
Reinhold Begas: Gefesselter Prometheus, Berlin
Arno Breker: Prometheus mit dem Feuer

Der Prometheus-Mythos wird hier zur Begründung der Möglichkeit einer sophistischen Lehrtätigkeit herangezogen, d.h. dass arete und "soziale Technik" (Dietz) lehrbar seien. Interessant ist die Unterscheidung zwischen Fähigkeiten, die zum Leben und gegen die Natur nötig sind, und jenen, die zum gemeinschaftlichen Zusammenleben notwendig sind.

Neuzeit

Die Figur des Prometheus ist in Literatur, Kunst und Politik vielfach aufgegriffen worden und Thema von Werken:

  • Der deutsche Philosoph Hans Jonas eröffnet das Vorwort seines Hauptwerkes Das Prinzip Verantwortung mit der Metapher vom entfesselten Prometheus. Es wird dadurch ausgedrückt wie jede neue technologische Errungenschaft auch weitere Übel in die Welt bringt (Büchse der Pandora). Der entfesselte Prometheus verbildlicht so die Bedrohung einer utopischen Technologieauffassung im neuzeitlichen Machthorizont des Menschen und die dringende Notwendigkeit einer neuen Ethik, wie sie Jonas in diesem Werk entwirft.
  • Der schwedische Dichter Viktor Rydberg lässt Prometheus in seinem Ideengedicht Prometeus och Ahasverus (Prometheus und Ahasverus) als Vertreter des „westlichen“ Prinzips des idealistischen Kampfes gegen Ungerechtigkeit und für eine bessere Zukunft mit Ahasveros, dem Vertreter des „orientalischen“ Prinzips der Schicksalsergebenheit, streiten.
  • Der deutsche Philosoph Hans Blumenberg hat in Arbeit am Mythos (1979) den Prometheus-Mythos und dessen spätere Umarbeitungen als Paradigma der menschlichen Selbstbehauptung gegen den „Absolutismus der Wirklichkeit“ gedeutet.
  • Die Befreiung des Prometheus ist ein Text des Theaterstückes Zement von Heiner Müller. Hier wird der Text der Sage auf zwei Seiten in grotesker Form dargestellt. Beachtenswert ist dazu auch die gleichnamige Vertonung von Heiner Goebbels, die zuerst 1985 als Hörspiel fürs Radio, später auch auf der Bühne aufgeführt wurde (1991 französisch, 1993 deutsch). Das Hörspiel wurde zudem zunächst auf einer MC und später im Rahmen einer Dreifach-CD mit dem Titel Hörstücke – nach Texten von Heiner Müller von ECM herausgebracht.[5]
  • Die deutsche Band Einstürzende Neubauten verarbeitete den Prometheus Mythos in ihrem Lied Zerstörte Zelle (und der früheren Version Adler kommt später) in ihrem Album Fünf auf der nach oben offenen Richterskala.
  • Die Deutsche Mittelalterrockband Saltatio Mortis hat in ihrem Album Aus der Asche die Sage um Prometheus zu einem Lied verarbeitet.
  • Im Song Feuer Ouvertüre/Prometheus Entfesselt auf dem Album Lemuria der Gruppe Therion wird die Geschichte des Prometheus dargestellt.
  • Im Videospiel God of War II erlöst der Hauptcharakter Kratos Prometheus zunächst von seinen Leiden, lässt ihn aber im weiteren Verlauf im Feuer des Olymp verbrennen.
  • Ein Werk der Musikgruppe Trivium handelt über das Leiden mit dem sich der Titan Prometheus auseinandersetzen muss.
  • Eine Episode der Serie Supernatural zeigt wie Prometheus versucht seinen Fluch des „Ewigen Leidens“ zu beenden und dabei sein Leben verliert.
  • Die Mittelalterband Reliquiae veröffentlichte einen Song mit Namen Pandora auf Ihrem Album Pandora, der von der Geschichte von Prometheus und Pandora handelt..[6]
  • Im Roman Solaris von Stanislav Lem dient ein Prometheus genannter Satellit als Transitstation für Forscher und Wissenschaftler, die den titelgebenden Planeten erforschen.

Literatur

Rudolf Steiner: Die okkulten Wahrheiten alter Mythen und Sagen, GA 92 (1999), ISBN 3-7274-0920-7 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Weblinks

Commons: Prometheus - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema
 Wikisource: Prometheus – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Vgl. Ovid, Metamorphosen, 1, 78ff.
  2. Dietz S. 66
  3. Dietz S. 66
  4. Heinz Gockel: Mythos und Poesie. Klostermann, Frankfurt 1981, S. 223–224.
  5. Laut Goebbels’ Web-Site: [1] und der Deutschen Nationalbibliothek: [2]
  6. Siehe Songtext: [3]


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