Kapitalneutralisierung: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 5. August 2020, 04:31 Uhr

Die Kapitalneutralisierung ist ein durch die Konvergenzdiskussion (Dritter Weg), als auch die Alternativbewegung gebräuchlich gewordener ökonomisch-rechtlicher Fachbegriff.

Neutralisierung des Kapitals nach Rudolf Steiner

Als erster hat Rudolf Steiner, Begründer der Anthroposophie, Überlegungen zur "Neutralisierung des Kapitals" angestellt.[1] Das durch den Einsatz individueller Fähigkeiten im Laufe der Zeit gebildete Eigentum an Produktionsmitteln, also das Kapital (im rechtlichen Sinne) soll den privaten Genußerwartungen seiner Eigentümer dadurch entzogen werden, indem es es nach einer gewissen Zeit der Nutzung durch den Eigentümer, oder einen sonstigen traditionellen dispositiven Faktor, statt vererbt zu werden, in die Verwaltung eines Gliedes des geistigen Organismus[2] übergeht, welches dieses wiederum an einen erneuten "Fähigen" zum weiteren wirtschaftlichen Gebrauche als Arbeitsleiter überträgt (=befristetes Eigentum). Auch die Unternehmensleitung durch mehrere solcher "Fähiger" soll möglich sein.[3] Voraussetzung dazu sei aber ein neues Rechtssubjekt, welches dazu führe, dass das Kapital gewissermaßen "sich selbst gehört". Dieses neue Rechtssubjekt steht in der Tradition der germanischen Allmende - und im Gegensatz zum Eigentumsbegriff des römischen Rechts. Dieses der rein privaten Verfügungsmacht entzogene Kapital stellt somit ein eigentumsrechtlich "neutralisiertes Kapital" dar. Daher spricht man hier von "Kapitalneutralisierung".

Kapitalneutralisierung in der heutigen Gesellschaft

In einem Rechtssystem, das in der Tradition des römischen Eigentumsbegriffes steht, sind die von Rudolf Steiner gewollten Reformen bzw. der Entzug von persönlichem Eigentum nur bedingt möglich, etwa durch die Übertragung des Kapitals an eine gemeinnützige Stiftung oder an eine Genossenschaft. Die "Neutralisierung des Kapitals" ist unter heutigen Bedingungen aber prinzipiell möglich.[4]

Modellhaft wurde dies bereits durch die Stiftung Aktion Dritter Weg[5] , den Scott Bader Commonwealth [6] und durch die nicht-gemeinnützige WALA-Stiftung[7] sowie neuerdings auch von Götz W. Werner durch die dm-Stiftung [8] versucht.

Auch die Neuguss GmbH und das "Modell Hoppmann" sind als kapitalneutralisierte Unternehmen anzusehen.[9][10]

Literatur

  • Rudolf Steiner: Zur Frage des Eigentums, in: Soziale Zukunft, 3. Jg., (1958), Nr. 8 / 9, S. 104 – 105
  • Hans-Georg Schweppenhäuser: Das Eigentum an den Produktionsmitteln, Berlin 1963
  • Hans-Georg Schweppenhäuser: Macht des Eigentums, Stuttgart 1970
  • Sozialwissenschaftliches Forum, Band 5: Eigentum - Die Frage nach der Sozialbindung des Eigentums an Boden und Unternehmen, Vlg. Freies Geistesleben, Stuttgart 2000
  • Christoph Strawe: Marxismus und Anthroposophie (Dissertation), Klett-Cotta, Stuttgart 1986, S. 225
  • Folkert Wilken: Die Befreiung der Arbeit, Vlg. Die Kommenden, Freiburg i.Br. 1965
  • Folkert Wilken: Das Kapital - Sein Wesen seine Geschichte und sein Wirken im 20. Jahrhundert, Novalis Vlg., Schaffhausen 1976
  • Ramon Brüll: Auf dem Wege zum neutralisierten Kapitaleigentum. In: Zeitschrift INFO3, Nr. 8, 1984, S. 19 - 21
  • Ramon Brüll: Treuhandwirtschaft und unveräußerliches Kapital - Ein Vorschlag zur Bankenkrise. In: Zeitschrift INFO3, Nr. 11, November 2008, S. 81 - 86
  • Ronald Richter: Schritte zum Verantwortungseigentum. In: Zeitschrift INFO3, Dezember 2018, S. 10 - 11
  • Benediktus Hardorp: Kapitalverwaltung - eine Aufgabe des Geisteslebens. Zeitbedeutung und Gestaltungsansätze. In: Dietz/Schmidt-Brabant/Biesantz/Kracht/Basfeld/Hardorp/Smit (Hg.): Geisteswissenschaft und Gesellschaftsgestaltung, Vlg. am Goetheanum, Dornach 1987, S. 73 - 84
  • Ota Sik: Humane Wirtschaftsdemokratie, Knaus Vlg., Hamburg 1979
  • Ota Sik: Ein Wirtschaftssystem der Zukunft, Springer Vlg., Berlin/Heidelberg/New York/Tokio 1985
  • Matthias Neuling: Rechtsformen für alternative Betriebe (Dissertation an der Universität Bremen), Hamburg 1984
  • Matthias Neuling: Auf fremden Pfaden. Ein Leitfaden der Rechtsformen für selbstverwaltete Betriebe und Projekte, Stattbuch-Vlg., Berlin 1985
  • Michael Heinen-Anders: Aus anthroposophischen Zusammenhängen, BOD, Norderstedt 2010
  • Michael Heinen-Anders: Kapitalneutralisierung als Dreigliederungsaufgabe. Eine interdisziplinäre betriebswirtschaftliche Studie, (Neuauflage), BOD, Norderstedt 2013
  • Michael Heinen-Anders: Neue Eigentumsformen. In: Jedermensch, Nr. 661 (2011), S. 15
  • Michael Heinen-Anders: Die Idee der Kapitalneutralisierung, BoD, Norderstedt 2019

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Rudolf Steiner: Zur Frage des Eigentums, in: Soziale Zukunft, 3. Jg., (1958), Nr. 8 / 9, S. 104–105
  2. Zu verstehen als organisatorischer und ideeller Zusammenschluß der Gebiete: Bildung, Kultur und Wissenschaft.
  3. Vgl. Benediktus Hardorp: Führung ohne Hierarchie? In: Der Wirtschaftsprüfer als Unternehmensberater. Festschrift für Max Horn, Ulm 1974, S. 108 - 127
  4. Vgl. Ramon Brüll: Auf dem Wege zum neutralisierten Kapitaleigentum. In: Zeitschrift INFO3, Nr. 8, 1984, S. 19–21
  5. Aktion Dritter Weg. Ein Modellversuch. Ein Bericht von Rudolf Saacke, in: Max V. Limbacher: Projekt Anthroposophie, Rowohlt Vlg., Reinbek bei Hamburg 1986, S. 97 - 106
  6. Scott Bader Celebrates 60th Commonwealth Anniversary
  7. Wala-Stiftung
  8. "Drogeriekönig verschenkt seine Konzernanteile Stiftung"
  9. Vgl. Projekt.Zeitung: 40 Jahre Neuguss - Festschrift und Glückwünsche, Berlin Dezember 2012 und http://www.neuguss.com/de/unternehmensentwicklung/aktuelle-struktur.html
  10. Vgl. Wolfgang Belitz (Hg.): HOPPMANN - Eine unternehmerische Alternative, Pabst Vlg., Lengerich 2011

Siehe auch

Weblinks


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