Dienstleistung und Kairos: Unterschied zwischen den Seiten

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Eine '''Dienstleistung''' (engl.: service), die durch die menschliche [[Arbeit]] erbracht wird, ist ein immaterielles [[wirtschaft]]liches [[Gut (Wirtschaft)|Gut]], das weniger durch ein hergestelltes materielles [[Produkt]], sondern durch die geleistete Arbeit selbst geeignet ist, bestimmte menschliche Bedürfnisse zu befriedigen.  
[[Datei:Kairos-Relief von Lysippos, Kopie in Trogir.jpg|mini|250px|Kairos-Relief von [[Wikipedia:Lysippos|Lysippos]], Kopie in [[Wikipedia:Trogir|Trogir]]]]
[[Datei:Lysippos_Kairos.jpg|thumb|250px|Kairos-Relief, römische  Kopie des Originals von [[Wikipedia:Lysippos|Lysippos]] (Museum von Turin)]]
'''Kairos''' ({{ELSalt|Καιρός}}), die Gunst der Stunde, der rechte [[Augenblick]] der [[Entscheidung]], das richtige Handeln zum rechten Zeitpunkt, wurde in der späteren [[Wikipedia:Griechische Mythologie|griechischen Mythologie]] als Gottheit angesehen, spielte aber, anders als [[Chronos]], keine bedeutende Rolle. Nachbildungen der Kairos-Statute von [[Wikipedia:Lysippos|Lysippos]] (siehe unten) belegen allerdings einen vom [[Wikipedia:Hellenismus]] bis in [[Wikipedia:Ostrom|oströmische Zeit]] weit verbreiteten Kairos-Kult.


Es wird zwischen gebundenen Dienstleistungen (unmittelbarer direkter Verbrauch bzw. Gebrauch der Dienstleistung, z.B. Taxifahrt, Friseur, Theateraufführung) und ungebundenen Dienstleistungen (z.B. Finanzdienstleistungen, technische Dienstleistungen) unterschieden. Die ungebundenen Dienstleistungen können wegen räumlicher und zeitlicher Entkoppelung von Produktion und Verbrauch zirkulieren. "In modernen Volkswirtschaften haben ... gebundene Dienstleistungen ... nur noch eine relativ geringe Bedeutung, vielmehr wird die Dynamik des Dienstleistungssektors insgesamt von der Entwicklung ungebundener Dienstleistungen bestimmt."<ref>http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/dienstleistungen.html</ref>
Alle Kairos-Darstellungen leiten sich von der verschollenen, von [[Wikipedia:Pausanias|Pausanias]] beschriebenen Bronzestatue des [[Wikipedia:Lysippos|Lysippos]] ab, der auch der Hofbildhauer [[Alexander der Große|Alexanders des Großen]] gewesen war. Nach Pausanias soll Kairos als eilender nackter Jüngling mit Flügeln an den Knöcheln und langen Locken an Stirn und Schläfen (daher auch das Sprichwort: „Die Gelegenheit beim Schopf packen“) dargestellt worden sein. Sein Hinterkopf war kahl (von hinten ist Kairos nicht mehr zu fassen) und in der Hand hielt er ein spitzes Messer. Auf manchen Darstellungen trägt Kairos auch Flügel auf dem Rücken und eine [[Wikipedia:Balkenwaage|Balkenwaage]] in der Linken, so etwa auf einem Turiner [[Relief]].


== Begriffliche Abgrenzung ==
Von [[Wikipedia:Pittakos|Pittakos]] von [[Wikipedia:Mytilene|Mytilene]] ([[Wikipedia:Lesbos|Lesbos]]) stammt der Ausspruch: {{polytonisch|Γίγνωσκε καιρόν.}} ({{ELSalt|Gignōske kairon.}}, „Erkenne den rechten Zeitpunkt!“).
=== Ökonomischer Aspekt ===
Will man nicht von vornherein den ökonomischen Charakter einer Dienstleistung voraussetzen, muß dieser in seiner Eigenart und hinsichtlich der Bedingungen seiner Gegebenheit näher bestimmt werden. Eine sachliche Abgrenzung zur z.B. Hausarbeit oder Kindererziehung ist nicht schon durch das Aufsuchen eines ökonomischen Aspektes, etwa Vorhandensein eines Zahlvorgangs, gegeben, schon gar nicht durch eine perspektivistische Sicht, die an allen menschlichen Leistungen einen ökonomischen Aspekt ausmacht.  


Bei Vorliegen einer wirtschaftlichen Integriertheit oder Vorherrschen derselben unterliegen Dienstleistungen (wie Waren) im volkswirtschaftlichen Prozeß einer gegenseitigen Bewertung. Eine Nachbarschaftshilfe wird dagegen nicht allein schon deswegen zu einer ökonomischen Dienstleistung, weil der Dienst monetär abgegolten wird. Diese Abgeltung kann dazu dienen, sich der Verpflichtung zu einer künftigen Gegenleistung zu entledigen, oder ist als Aufwandsentschädigung gemeint. Durch einen Zahlvorgang solcher Art ist eine Hilfsleistung noch nicht in den volkswirtschaftlichen Prozeß integriert und damit keine Dienstleistung im ökonomischen Sinne.  
Das Wort ''kairos'' ist über ''keiro'' („abschneiden“) verwandt mit ''krinein'' bzw. ''krisis'' (Substantiv), was soviel wie „scheiden, trennen, unterscheiden“, aber auch „entscheiden, ein Urteil fällen“ bedeutet<ref>Christoph Lange: ''Alles hat seine Zeit. Zur Geschichte des Begriffs kairos.'' [http://archiv.fridericianum-kassel.de/ausst/chronos/chronos-text1.html]</ref>


Andererseits kann festgestellt werden, daß menschliche Dienstleistungen bestimmter Art, wie z.B. Beziehungsdienstleistungen, sich durch ihren Charakter dagegen sperren, in den volkswirtschaftlichen Prozeß integriert zu werden, da eine ökonomische Bewertung eigentlich nicht möglich ist, bzw. eine solche einen Druck ausübt, der die Leistungsqualität beeinträchtigen kann. Durch eine mehr oder weniger pauschale Entgeltung, die sich an Zeitaufwand, Knappheit und Schwierigkeit u.a. orientiert, werden sie in den Wirtschaftsprozeß einbezogen, "als ob" sie Dienstleistungen wären.  
[[Wikipedia:Poseidippos|Poseidippos]] (3.&nbsp;Jahrhundert v.&nbsp;Chr.) hat ein Epigrammen auf Kairos verfasst:


Darüber hinaus sind mit einer rein wirtschaftsbezogenen Betrachtung die Dienstleistungen der öffentlichen Dienste und des Beamtentums, will man diesen den Dienstleistungscharakter nicht absprechen, nicht verstehbar. Verschiedenste Leistungen des öffentlichen Sektors sind aus dem allgemeinen Wirtschaftszusammenhang herausgezogen. Sie unterliegen nicht einer freien Preisbildung, sondern werden entweder kostenlos (finanziert über Steuern), oder gegen Gebühren (mit oft willkürlicher Höhe) erbracht.
{{Zitat|''Wer bist du?''<br />
Ich bin Kairos, der alles bezwingt!<br />
''Warum läufst du auf Zehenspitzen?''<br />
Ich, der Kairos, laufe unablässig.<br />
''Warum hast du Flügel am Fuß?<br />
Ich fliege wie der Wind.<br />
''Warum trägst du in deiner Hand ein spitzes Messer?''<br />
Um die Menschen daran zu erinnern, dass ich spitzer bin als ein Messer.<br />
''Warum fällt dir eine Haarlocke in die Stirn?''<br />
Damit mich ergreifen kann, wer mir begegnet.<br />
''Warum bist du am Hinterkopf kahl?''<br />
Wenn ich mit fliegendem Fuß erst einmal vorbeigeglitten bin,<br />
wird mich auch keiner von hinten erwischen<br />
so sehr er sich auch bemüht.<br />
''Und wozu schuf Euch der Künstler?''<br />
Euch Wanderern zur Belehrung.|Gründel 1996. Sp. 1131}}


=== Aspekt der Öffentlichkeit ===
== Anmerkungen ==


=== Aspekt der Organisiertheit ===
<references/>
 
== Zitat ==
{{LZ|Die Situation ist kurios: Die wirtschaftliche Bedeutung jener Leistungen, die wir gemeinhin als Dienstleistungen bezeichnen, hat in den letzten Jahrzehnten stetig zugenommen. Fragt man jedoch, was genau es sei, das da immer wichtiger wird, so erhält man ausgerechnet von den Wirtschaftswissenschaften keine klare Antwort; denn dort gibt es trotz zahlreicher Ansätze bis heute keine konsensfähige Definition des Begriffs Dienstleistung (...)|Rück, Hans R. G.: Dienstleistungen in der ökonomischen Theorie, 2000}}
 
{{LZ|Die Entwicklung zu einer von Dienstleistungen geprägten Wirtschaft macht zunehmend klar, dass die Unterscheidung zwischen Industrie- und Dienstleistungssektor bedeutungslos wird. Parallel hierzu verläuft ein zweiter Trend, der die Unterscheidung zwischen Gütern und Dienstleistungen verwischt. Gründe für diese Entwicklung können in einem Mangel an konzeptioneller Klarheit bei der Bestimmung von Dienstleistungen gesehen werden (...)|Lüders, Hugo „Was sind Dienstleistungen? - Zur Unterscheidung von Gütern und Arbeit“, in: ‚Das Argument‘, 256/2004, S. 369-377}}
 
== Nachweise, Anmerkungen ==
<references />
 
== Siehe auch ==
*[[Warencharakter der menschlichen Arbeit]]


== Literatur ==
== Literatur ==
*[[Udo Herrmannstorfer]]: ''Die Arbeit am Menschen - ein Produktionsvorgang? Zur Charakteristik von Beziehungsdienstleistungen – Ein Beitrag zur Debatte über die Qualitätssicherung'', in: Der Rundbrief "Dreigliederung des sozialen Organismus", Heft 2/1999, als PDF:[http://www.sozialimpulse.de/fileadmin/sozialimpulse/pdf/Beziehungsdienstleistung.pdf]
* [[Wikipedia:Johannes Gründel|Johannes Gründel]]: ''Kairos''. In: ''Lexikon für Theologie und Kirche.'' Bd 5. Freiburg 1996, Sp. 1129–1131.
 
== Weblinks ==
*[http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/dienstleistungen.html Gabler-Wirtschaftslexikon: Dienstleistungen]


[[Kategorie:Soziales Leben]] [[Kategorie:Wirtschaft]] [[Kategorie:Arbeit]][[Kategorie:Geistesleben]]
[[Kategorie:Philosophie]] [[Kategorie:Mythologie]] [[Kategorie:Griechische Mythologie]]

Version vom 20. Mai 2013, 00:12 Uhr

Kairos-Relief von Lysippos, Kopie in Trogir
Kairos-Relief, römische Kopie des Originals von Lysippos (Museum von Turin)

Kairos (griech. Καιρός), die Gunst der Stunde, der rechte Augenblick der Entscheidung, das richtige Handeln zum rechten Zeitpunkt, wurde in der späteren griechischen Mythologie als Gottheit angesehen, spielte aber, anders als Chronos, keine bedeutende Rolle. Nachbildungen der Kairos-Statute von Lysippos (siehe unten) belegen allerdings einen vom Wikipedia:Hellenismus bis in oströmische Zeit weit verbreiteten Kairos-Kult.

Alle Kairos-Darstellungen leiten sich von der verschollenen, von Pausanias beschriebenen Bronzestatue des Lysippos ab, der auch der Hofbildhauer Alexanders des Großen gewesen war. Nach Pausanias soll Kairos als eilender nackter Jüngling mit Flügeln an den Knöcheln und langen Locken an Stirn und Schläfen (daher auch das Sprichwort: „Die Gelegenheit beim Schopf packen“) dargestellt worden sein. Sein Hinterkopf war kahl (von hinten ist Kairos nicht mehr zu fassen) und in der Hand hielt er ein spitzes Messer. Auf manchen Darstellungen trägt Kairos auch Flügel auf dem Rücken und eine Balkenwaage in der Linken, so etwa auf einem Turiner Relief.

Von Pittakos von Mytilene (Lesbos) stammt der Ausspruch: Γίγνωσκε καιρόν. (griech. Gignōske kairon., „Erkenne den rechten Zeitpunkt!“).

Das Wort kairos ist über keiro („abschneiden“) verwandt mit krinein bzw. krisis (Substantiv), was soviel wie „scheiden, trennen, unterscheiden“, aber auch „entscheiden, ein Urteil fällen“ bedeutet[1]

Poseidippos (3. Jahrhundert v. Chr.) hat ein Epigrammen auf Kairos verfasst:

Wer bist du?
Ich bin Kairos, der alles bezwingt!
Warum läufst du auf Zehenspitzen?
Ich, der Kairos, laufe unablässig.
Warum hast du Flügel am Fuß?
Ich fliege wie der Wind.
Warum trägst du in deiner Hand ein spitzes Messer?
Um die Menschen daran zu erinnern, dass ich spitzer bin als ein Messer.
Warum fällt dir eine Haarlocke in die Stirn?
Damit mich ergreifen kann, wer mir begegnet.
Warum bist du am Hinterkopf kahl?
Wenn ich mit fliegendem Fuß erst einmal vorbeigeglitten bin,
wird mich auch keiner von hinten erwischen
so sehr er sich auch bemüht.
Und wozu schuf Euch der Künstler?
Euch Wanderern zur Belehrung.“

Gründel 1996. Sp. 1131

Anmerkungen

  1. Christoph Lange: Alles hat seine Zeit. Zur Geschichte des Begriffs kairos. [1]

Literatur

  • Johannes Gründel: Kairos. In: Lexikon für Theologie und Kirche. Bd 5. Freiburg 1996, Sp. 1129–1131.