GA 266b und Gemischter König: Unterschied zwischen den Seiten

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Der '''gemischte König''' ist eine Gestalt aus [[Goethes Märchen von der grünen Schlange und der schönen Lilie]]. In ihm fließen die [[Seelenkräfte]] des [[Denken]]s, [[Fühlen]]s und [[Wollen]]s noch weitgehend ungeordnet ineinander. In [[Rudolf Steiner]]s erstem [[Mysteriendrama]] "[[Die Pforte der Einweihung]]", das auf Goethes Märchen aufbaut, entspricht ihm die Figur des [[Retardus]], die in den späteren Mysteriendramen Steiners nicht mehr auftritt.
 
== Gemischter König und Seelenleben ==
 
{{GZ|Erinnern Sie sich, daß in dem unterirdischen Tempel,
in den die Schlange durch die Kristallisierungskraft der
Erde blickt, in jeder der vier Ecken einer der Könige war.
In der ersten war der goldene, in der zweiten der silberne,
in der dritten der erzene König. In der vierten Ecke war
ein König, der aus den drei Metallen gemischt war, in dem
also diese drei Bestandteile so zusammengefügt sind, daß
man sie nicht voneinander unterscheiden kann. In diesem
vierten Könige stellt uns Goethe den Repräsentanten für
diejenige menschliche Entwickelungsstufe hin, in welcher
Wille, Vorstellungsvermögen und Empfindungsvermögen
gemischt sind. Er ist mit andern Worten derjenige Repräsentant
der menschlichen Seele, der von Wille, Vorstellung
und Gefühl beherrscht wird, weil er selbst nicht Herr
über diese drei Vermögen ist. Dagegen ist in dem Jüngling,
nachdem er die Begabung von jedem der Könige im besonderen
erlangt hat - die Begabung des Vorstellungsvermögens,
die Begabung der Gefühlserkenntnis und die Begabung
der Willenserkenntnis, so daß sie nicht mehr chaotisch gemischt sind —, diejenige Erkenntnisstufe dargestellt,
die sich nicht mehr von Vorstellung, Gefühl und Wille beherrschen
läßt, sondern über sie herrscht. Beherrscht wird
der Mensch von ihnen so lange, wie sie in ihm chaotisch
durcheinanderströmen, so lange sie sich in seiner Seele nicht
rein, jede für sich selbst wirkend, finden. Solange der Mensch
nicht zu dieser Sonderung gekommen ist, ist er auch nicht in
der Lage, durch seine drei Erkenntnisvermögen zu wirken.
Ist er aber dazu gelangt, beherrscht ihn nicht mehr das
Chaotische, sondern beherrscht er umgekehrt selber sein
Vorstellungsvermögen, ist es so rein wie der goldene König,
so daß ihm nichts anderes beigemischt ist; ist sein Gefühlsvermögen
so, daß ihm nichts anderes beigemischt ist, daß
es rein und lauter dasteht wie der silberne König, und ist
ebenso der Wille so rein wie das Erz des erzenen Königs,
so daß ihn Vorstellungen und Gefühle nicht beherrschen
und er sich frei in seiner Natur darstellen kann - mit andern
Worten, ist er fähig, wenn es sich darum handelt, durch
die Vorstellung zu erfassen, oder durch das Gefühl zu erfassen,
oder durch den Willen zu erfassen, von Wille, Gefühl
und Vorstellung einzeln Gebrauch zu machen, dann
ist er so weit über sich hinausgeschritten, daß das gesamte
reine Erkenntnisvermögen, das uns im Vorstellen, Fühlen
und Wollen entgegentritt, ihn zu einer tieferen Einsicht
führt, daß er wirklich untertaucht in den Strom des Geschehens,
untertaucht in das, was die Dinge innerlich sind.|57|64f}}
 
{{GZ|Wer ist der goldene König, und wer sind die anderen drei
Könige, der silberne, der eherne und der gemischte König? -
Der goldene König ist Manas, die Weisheit selber, die sich
bisher nur im Mysterientempel höher entwickeln konnte.
Das ist diejenige Seelenkraft, die der Mensch sich erringen
kann durch gereinigtes, sinnlichkeitsfreies Denken. Der silberne
König deutet auf ein noch höheres Element als die
Weisheit: er ist die Liebe, das schöpferische Wort der Welten-
Buddhi, der in Liebe erstrahlende Gott. Sein Reich wird
das Reich des Scheins genannt; es ist damit gemeint, was das
Christentum als Glorie bezeichnet (Gloria in excelsis). Es ist
auf einen Zeitpunkt hingedeutet, der erst später erreichbar
wird; dann wird Buddhi die Menschheit beherrschen. Der
eherne König, den die Schlange zunächst noch nicht
erschaut, der scheinbar wenig wertvoll ist, ist von gewaltiger
Gestalt, mächtig anzuschauen. Er sieht eher einem Felsen
gleich als einer Menschenform. Das ist der König, der
die willensartige Seelenkraft, die im Menschen verborgen
ruht, zum Ausdruck bringt. Er stellt dar Atma, das womit
der strebende Mensch zuletzt begabt wird, was er zuletzt
findet.
 
So hat Goethe in einem schönen Bilde die Begabung des
Menschen mit den drei höchsten Tugenden dargestellt, die
ihm dereinst verliehen werden. Ohne diese Reife erlangt zu
haben, wurde in früheren Zeiten niemand zur Initiation
zugelassen.
 
Dann ist noch ein vierter König da, schwerfällig von
Gestalt; er besteht aus einem Gemisch von Gold, Silber und
Erz, aber die Metalle schienen beim Guß nicht recht zusammengeschmolzen
zu sein, es stimmt nichts überein mit dem
anderen bei ihm. Das ist die Seele des unentwickelten Menschen,
der noch kein Höherstreben entwickelt, in dem Denken,
Fühlen und Wollen chaotisch durcheinanderwogen und
dem «Bilde ein unangenehmes Ansehen geben». Die Denkkraft,
die noch von den Sinneseindrücken getrübt ist, das
Feuer der Seele, die nicht Liebe entfaltet, sondern in Begierden
und Trieben lebt, der ungeordnete Wille des Menschen,
das stellt dieser vierte König dar.|53|345f|346}}
 
== Gemischter König und Dreigliederung des sozialen Organismus ==
{{GZ|Nun kann man aber in einer gewissen Weise schon hindeuten darauf,
wenn das auch Goethe selber noch nicht getan hat, wie der goldene
König entsprechen würde demjenigen sozialen Gliede, das wir
als das geistige Glied des sozialen Organismus bezeichnen; wie der
König des Scheines, der silberne König, entsprechen würde dem politischen
Staate; wie der König der Gewalt, der kupferne König, entsprechen
würde dem wirtschaftlichen Gliede des sozialen Organismus;
und wie der gemischte König, der in sich selber zerfällt, den [[Einheitsstaat]]
darstellt, der in sich selber eben keinen Bestand haben kann.
Das ist gewissermaßen Goethes bildhafte Hindeutung auf das, was
einmal herauskommen mußte als die [[Dreigliederung des sozialen Organismus]].|200|68}}
 
{{GZ|In vieler Beziehung ist der ganze Lebensgang der Menschheitsentwickelung ähnlich dem Lebensgange des einzelnen Menschen. Nur verschoben sind die Dinge. Was der Mensch bewußt durchmacht, wenn er in der geistigen Welt zum Schauen kommen will, das Überschreiten der Schwelle, das muß in diesem 5. nachatlantischen Zeitraum die ganze Menschheit unbewußt durchmachen. Sie hat darin keine Wahl, sie macht es unbewußt durch. Nicht der einzelne Mensch, sondern die Menschheit und der einzelne Mensch mit der Menschheit. Was heißt das? Was im Menschen zusammenwirkt im Denken, Fühlen und Wollen, das nimmt in der Zukunft einen getrennten Charakter an, macht sich auf verschiedenen Feldern geltend. Die Menschheit macht dieses Überschreiten der Schwelle so durch, daß die Gebiete des Denkens, Fühlens und Wollens auseinandergehen. Das aber legt uns die Verpflichtung auf, die Verpflichtung, das äußere Leben so zu gestalten, daß der Mensch diesen Umschwung seines Inneren auch im äußeren Leben durchmachen kann. Die Forderung der Dreigliederung hängt mit dem Geheimnis der Menschheitswerdung in diesem Zeitalter zusammen.|193|118}}
 
{{GZ|Die Menschen gliedern sich innerlich in einen dreigliedrigen Menschen in anderer Weise, als das früher vorhanden war. Dieses Beobachten des Durchganges des Menschen durch eine gewisse Schwelle, die belehrt einen, daß aus den geistigen Untergründen des Daseins selbst heraus uns diktiert wird die Dreigliederung des sozialen Organismus. Wenn wir in Zukunft finden wollen ein Bild von uns in der Außenwelt, so daß wir damit zusammenpassen, dann müssen wir den sozialen Organismus dreigegliedert haben.|192|60}}
 
{{GZ|[Der Mensch] ist ein dreigliedriges
Wesen auch seinem physischen Organismus nach. Er hat seinen
Kopf, den er nur brauchen kann für dasjenige, was nicht irdisch ist;
er hat seine Gliedmaßen mit dem Stoffwechselsystem, die er nur brauchen
kann für dasjenige, was irdisch ist; und er hat dasjenige, was in
Atmung und Zirkulation liegt, durch das Verhältnis von Mensch zu
Mensch.
Ich kann Ihnen hier nur andeuten, was auf ein weites, weites Feld
von Menschenkenntnis führt. Was ich Ihnen angedeutet habe, das
schaut aus wie eine Theorie. Aber für unsere Zeit ist es keine Theorie,
sondern es gibt heute im Menschen etwas, was im Sinne dessen, was ich
eben gesagt habe, empfindet. Es entwickelt sich in der Gegenwart etwas,
was in diesem dreigliedrigen Sinne im Menschen empfindet. Der Mensch
hat heute im Innersten seines Wesens, ohne daß er das schon vollständig
weiß, komplizierte Empfindungen. Er weiß sich durch seinen Kopf
als Bürger eines Außerirdischen, er weiß sich durch sein Lungen-Herzsystem
in einem Verhältnis von Mensch zu Mensch. Da sagt etwas im
Inneren des Menschen: Wenn ich einem anderen Menschen begegne,
so ist diese Begegnung ein Abbild desjenigen, was in mich verpflanzt
wurde auch von Mensch zu Mensch, nämlich durch Vater und Mutter.
Durch sein Lungen-Herzsystem fühlt sich der Mensch so recht hineingestellt
unter Menschen. Durch sein Stoffwechselsystem fühlt sich der
Mensch als ein Glied der Erde, als zur Erde gehörig. Diese dreierlei
Empfindungsweisen sind heute schon im Menschen. Aber der Verstand
will nicht mit. Der Verstand möchte alles einfach haben, der
Verstand möchte, daß man alles auf irgendein Monon zurückführen
könne. Und daran kranken die Menschen der Gegenwart. Sie werden
erst dann nicht mehr daran kranken, wenn der dreigliedrigen Empfindung
im Inneren, die sich wirklich jetzt schon in den Menschen findet,
ein dreigliedriger sozialer Organismus entspricht, wenn der Mensch
außen ein Spiegelbild seines Wesens findet.|190|20}}
 
== Literatur ==
 
* [[Rudolf Steiner]]: ''Ursprung und Ziel des Menschen'', [[GA 53]] (1981), ISBN 3-7274-0532-5 {{Vorträge|053}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Wo und wie findet man den Geist?'', [[GA 57]] (1984), ISBN 3-7274-0570-8 {{Vorträge|057}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Geisteswissenschaftliche Behandlung sozialer und pädagogischer Fragen'', [[GA 192]] (1991), ISBN 3-7274-1920-2 {{Vorträge|192}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Der innere Aspekt des sozialen Rätsels'', [[GA 193]] (1989), ISBN 3-7274-1930-X {{Vorträge|193}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Die neue Geistigkeit und das Christus-Erlebnis des zwanzigsten Jahrhunderts'', 4. Vortrag: Schillers «Ästhetische Briefe» und Goethes «Märchen» in ihrer Beziehung zur Anthroposophie und zur Dreigliederung, [[GA 200]] (2003), ISBN 3-7274-2000-6 {{Vorträge|200}}
* [[Karl Heyer]]: ''Von den Reichen des "goldenen", "silbernen", "ehernen" und "gemischten" Königs in der Geschichte'' , in: Karl Heyer: ''Wer ist der deutsche Volksgeist? Und andere Beiträge zur Geschichte'', 1961, Selbstverlag, S. 47 - 84, (Neuauflage Perseus Verlag 2013, ISBN 3907564030)
{{GA}}
 
[[Kategorie:Das Märchen von der grünen Schlange und der schönen Lilie]]
[[Kategorie:Soziale Dreigliederung]]
[[Kategorie:Mysteriendrama]]

Version vom 9. Oktober 2020, 01:05 Uhr

Der gemischte König ist eine Gestalt aus Goethes Märchen von der grünen Schlange und der schönen Lilie. In ihm fließen die Seelenkräfte des Denkens, Fühlens und Wollens noch weitgehend ungeordnet ineinander. In Rudolf Steiners erstem Mysteriendrama "Die Pforte der Einweihung", das auf Goethes Märchen aufbaut, entspricht ihm die Figur des Retardus, die in den späteren Mysteriendramen Steiners nicht mehr auftritt.

Gemischter König und Seelenleben

„Erinnern Sie sich, daß in dem unterirdischen Tempel, in den die Schlange durch die Kristallisierungskraft der Erde blickt, in jeder der vier Ecken einer der Könige war. In der ersten war der goldene, in der zweiten der silberne, in der dritten der erzene König. In der vierten Ecke war ein König, der aus den drei Metallen gemischt war, in dem also diese drei Bestandteile so zusammengefügt sind, daß man sie nicht voneinander unterscheiden kann. In diesem vierten Könige stellt uns Goethe den Repräsentanten für diejenige menschliche Entwickelungsstufe hin, in welcher Wille, Vorstellungsvermögen und Empfindungsvermögen gemischt sind. Er ist mit andern Worten derjenige Repräsentant der menschlichen Seele, der von Wille, Vorstellung und Gefühl beherrscht wird, weil er selbst nicht Herr über diese drei Vermögen ist. Dagegen ist in dem Jüngling, nachdem er die Begabung von jedem der Könige im besonderen erlangt hat - die Begabung des Vorstellungsvermögens, die Begabung der Gefühlserkenntnis und die Begabung der Willenserkenntnis, so daß sie nicht mehr chaotisch gemischt sind —, diejenige Erkenntnisstufe dargestellt, die sich nicht mehr von Vorstellung, Gefühl und Wille beherrschen läßt, sondern über sie herrscht. Beherrscht wird der Mensch von ihnen so lange, wie sie in ihm chaotisch durcheinanderströmen, so lange sie sich in seiner Seele nicht rein, jede für sich selbst wirkend, finden. Solange der Mensch nicht zu dieser Sonderung gekommen ist, ist er auch nicht in der Lage, durch seine drei Erkenntnisvermögen zu wirken. Ist er aber dazu gelangt, beherrscht ihn nicht mehr das Chaotische, sondern beherrscht er umgekehrt selber sein Vorstellungsvermögen, ist es so rein wie der goldene König, so daß ihm nichts anderes beigemischt ist; ist sein Gefühlsvermögen so, daß ihm nichts anderes beigemischt ist, daß es rein und lauter dasteht wie der silberne König, und ist ebenso der Wille so rein wie das Erz des erzenen Königs, so daß ihn Vorstellungen und Gefühle nicht beherrschen und er sich frei in seiner Natur darstellen kann - mit andern Worten, ist er fähig, wenn es sich darum handelt, durch die Vorstellung zu erfassen, oder durch das Gefühl zu erfassen, oder durch den Willen zu erfassen, von Wille, Gefühl und Vorstellung einzeln Gebrauch zu machen, dann ist er so weit über sich hinausgeschritten, daß das gesamte reine Erkenntnisvermögen, das uns im Vorstellen, Fühlen und Wollen entgegentritt, ihn zu einer tieferen Einsicht führt, daß er wirklich untertaucht in den Strom des Geschehens, untertaucht in das, was die Dinge innerlich sind.“ (Lit.:GA 57, S. 64f)

„Wer ist der goldene König, und wer sind die anderen drei Könige, der silberne, der eherne und der gemischte König? - Der goldene König ist Manas, die Weisheit selber, die sich bisher nur im Mysterientempel höher entwickeln konnte. Das ist diejenige Seelenkraft, die der Mensch sich erringen kann durch gereinigtes, sinnlichkeitsfreies Denken. Der silberne König deutet auf ein noch höheres Element als die Weisheit: er ist die Liebe, das schöpferische Wort der Welten- Buddhi, der in Liebe erstrahlende Gott. Sein Reich wird das Reich des Scheins genannt; es ist damit gemeint, was das Christentum als Glorie bezeichnet (Gloria in excelsis). Es ist auf einen Zeitpunkt hingedeutet, der erst später erreichbar wird; dann wird Buddhi die Menschheit beherrschen. Der eherne König, den die Schlange zunächst noch nicht erschaut, der scheinbar wenig wertvoll ist, ist von gewaltiger Gestalt, mächtig anzuschauen. Er sieht eher einem Felsen gleich als einer Menschenform. Das ist der König, der die willensartige Seelenkraft, die im Menschen verborgen ruht, zum Ausdruck bringt. Er stellt dar Atma, das womit der strebende Mensch zuletzt begabt wird, was er zuletzt findet.

So hat Goethe in einem schönen Bilde die Begabung des Menschen mit den drei höchsten Tugenden dargestellt, die ihm dereinst verliehen werden. Ohne diese Reife erlangt zu haben, wurde in früheren Zeiten niemand zur Initiation zugelassen.

Dann ist noch ein vierter König da, schwerfällig von Gestalt; er besteht aus einem Gemisch von Gold, Silber und Erz, aber die Metalle schienen beim Guß nicht recht zusammengeschmolzen zu sein, es stimmt nichts überein mit dem anderen bei ihm. Das ist die Seele des unentwickelten Menschen, der noch kein Höherstreben entwickelt, in dem Denken, Fühlen und Wollen chaotisch durcheinanderwogen und dem «Bilde ein unangenehmes Ansehen geben». Die Denkkraft, die noch von den Sinneseindrücken getrübt ist, das Feuer der Seele, die nicht Liebe entfaltet, sondern in Begierden und Trieben lebt, der ungeordnete Wille des Menschen, das stellt dieser vierte König dar.“ (Lit.:GA 53, S. 345f)

Gemischter König und Dreigliederung des sozialen Organismus

„Nun kann man aber in einer gewissen Weise schon hindeuten darauf, wenn das auch Goethe selber noch nicht getan hat, wie der goldene König entsprechen würde demjenigen sozialen Gliede, das wir als das geistige Glied des sozialen Organismus bezeichnen; wie der König des Scheines, der silberne König, entsprechen würde dem politischen Staate; wie der König der Gewalt, der kupferne König, entsprechen würde dem wirtschaftlichen Gliede des sozialen Organismus; und wie der gemischte König, der in sich selber zerfällt, den Einheitsstaat darstellt, der in sich selber eben keinen Bestand haben kann. Das ist gewissermaßen Goethes bildhafte Hindeutung auf das, was einmal herauskommen mußte als die Dreigliederung des sozialen Organismus.“ (Lit.:GA 200, S. 68)

„In vieler Beziehung ist der ganze Lebensgang der Menschheitsentwickelung ähnlich dem Lebensgange des einzelnen Menschen. Nur verschoben sind die Dinge. Was der Mensch bewußt durchmacht, wenn er in der geistigen Welt zum Schauen kommen will, das Überschreiten der Schwelle, das muß in diesem 5. nachatlantischen Zeitraum die ganze Menschheit unbewußt durchmachen. Sie hat darin keine Wahl, sie macht es unbewußt durch. Nicht der einzelne Mensch, sondern die Menschheit und der einzelne Mensch mit der Menschheit. Was heißt das? Was im Menschen zusammenwirkt im Denken, Fühlen und Wollen, das nimmt in der Zukunft einen getrennten Charakter an, macht sich auf verschiedenen Feldern geltend. Die Menschheit macht dieses Überschreiten der Schwelle so durch, daß die Gebiete des Denkens, Fühlens und Wollens auseinandergehen. Das aber legt uns die Verpflichtung auf, die Verpflichtung, das äußere Leben so zu gestalten, daß der Mensch diesen Umschwung seines Inneren auch im äußeren Leben durchmachen kann. Die Forderung der Dreigliederung hängt mit dem Geheimnis der Menschheitswerdung in diesem Zeitalter zusammen.“ (Lit.:GA 193, S. 118)

„Die Menschen gliedern sich innerlich in einen dreigliedrigen Menschen in anderer Weise, als das früher vorhanden war. Dieses Beobachten des Durchganges des Menschen durch eine gewisse Schwelle, die belehrt einen, daß aus den geistigen Untergründen des Daseins selbst heraus uns diktiert wird die Dreigliederung des sozialen Organismus. Wenn wir in Zukunft finden wollen ein Bild von uns in der Außenwelt, so daß wir damit zusammenpassen, dann müssen wir den sozialen Organismus dreigegliedert haben.“ (Lit.:GA 192, S. 60)

„[Der Mensch] ist ein dreigliedriges Wesen auch seinem physischen Organismus nach. Er hat seinen Kopf, den er nur brauchen kann für dasjenige, was nicht irdisch ist; er hat seine Gliedmaßen mit dem Stoffwechselsystem, die er nur brauchen kann für dasjenige, was irdisch ist; und er hat dasjenige, was in Atmung und Zirkulation liegt, durch das Verhältnis von Mensch zu Mensch. Ich kann Ihnen hier nur andeuten, was auf ein weites, weites Feld von Menschenkenntnis führt. Was ich Ihnen angedeutet habe, das schaut aus wie eine Theorie. Aber für unsere Zeit ist es keine Theorie, sondern es gibt heute im Menschen etwas, was im Sinne dessen, was ich eben gesagt habe, empfindet. Es entwickelt sich in der Gegenwart etwas, was in diesem dreigliedrigen Sinne im Menschen empfindet. Der Mensch hat heute im Innersten seines Wesens, ohne daß er das schon vollständig weiß, komplizierte Empfindungen. Er weiß sich durch seinen Kopf als Bürger eines Außerirdischen, er weiß sich durch sein Lungen-Herzsystem in einem Verhältnis von Mensch zu Mensch. Da sagt etwas im Inneren des Menschen: Wenn ich einem anderen Menschen begegne, so ist diese Begegnung ein Abbild desjenigen, was in mich verpflanzt wurde auch von Mensch zu Mensch, nämlich durch Vater und Mutter. Durch sein Lungen-Herzsystem fühlt sich der Mensch so recht hineingestellt unter Menschen. Durch sein Stoffwechselsystem fühlt sich der Mensch als ein Glied der Erde, als zur Erde gehörig. Diese dreierlei Empfindungsweisen sind heute schon im Menschen. Aber der Verstand will nicht mit. Der Verstand möchte alles einfach haben, der Verstand möchte, daß man alles auf irgendein Monon zurückführen könne. Und daran kranken die Menschen der Gegenwart. Sie werden erst dann nicht mehr daran kranken, wenn der dreigliedrigen Empfindung im Inneren, die sich wirklich jetzt schon in den Menschen findet, ein dreigliedriger sozialer Organismus entspricht, wenn der Mensch außen ein Spiegelbild seines Wesens findet.“ (Lit.:GA 190, S. 20)

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.