A priori: Unterschied zwischen den Versionen

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'''a priori''' ([[Latein|lat.]] „vom Früheren her“) ist das Gegenteil von [[a posteriori]] und bedeutet im allgemeinsten Sinn, dass sich etwas nicht aus der [[Erfahrung]], sondern nur aus [[Begriff]]en herleitet und derart ausschließlich durch das [[Denken]] bestimmt ist. In der kritischen [[Philosophie]] [[Immanuel Kant|Kants]] werden damit die ''vor'' und ''unabhängig'' von jeder Erfahrung gegebenen notwendigen und allgemein gültigen Bedingungen jeder möglichen Erfahrung bezeichnet.  
'''a priori''' ([[Latein|lat.]] „vom Früheren her“) ist das Gegenteil von [[a posteriori]] und bedeutet im allgemeinsten Sinn, dass sich etwas nicht aus der [[Erfahrung]], sondern nur aus [[Begriff]]en herleitet und derart ausschließlich durch das [[Denken]] bestimmt ist. In der ursprünglichen, auf [[Aristoteles]] zurückgehenden Bedeutung ist ''a priori'' die Erkenntnis der Dinge aus ihren Ursachen oder Gründen und  ''a posteriori'' die Erkenntnis aus den Wirkungen und Folgen. In der kritischen [[Philosophie]] [[Immanuel Kant|Kants]] werden damit die ''vor'' und ''unabhängig'' von jeder Erfahrung gegebenen notwendigen und allgemein gültigen Bedingungen jeder möglichen Erfahrung bezeichnet. Das sind primär die [[Anschauungsformen]] des [[Raum]]es und der [[Zeit]] und die [[Kategorien]].


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oder Begriffe sind a priori möglich, empirische nur a posteriori.|Immanuel Kant|[[Wikipedia:Kritik der reinen Vernunft|KrV]] [http://korpora.zim.uni-duisburg-essen.de/kant/aa03/074.html AA III, 74f]}}  
oder Begriffe sind a priori möglich, empirische nur a posteriori.|Immanuel Kant|[[Wikipedia:Kritik der reinen Vernunft|KrV]] [http://korpora.zim.uni-duisburg-essen.de/kant/aa03/074.html AA III, 74f]}}  


A priori gegeben sind für Kant vor die [[Anschauungsformen]] des [[Raum]]es und der [[Zeit]] und die [[Kategorien]].
Nach [[Rudolf Steiner]] sind aber auch die reinen Begriffe letztlich nur durch Erfahrung, also ''a posteriori'', gegeben. Allerdings liegt ihnen keine sinnliche, sondern eine rein geistige Erfahrung zugrunde, die auf frühere Erdenleben zurückverweist.


In der ursprünglichen, auf [[Aristoteles]] zurückgehenden Bedeutung ist ''a priori'' die Erkenntnis der Dinge aus ihren Ursachen oder Gründen und ''a posteriori'' die Erkenntnis aus den Wirkungen und Folgen.
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"Der abstrakte Erkenntnistheoretiker, der setzt an
die Stelle einer Tatsache ein Wort. Er sagt zum Beispiel: Mathematische
Begriffe, weil sie nicht durch Erfahrung erworben zu werden brauchen,
beziehungsweise weil ihre Gewißheit nicht aus der Erfahrung belegt zu
werden braucht, seien a priori. - Das ist ein Wort: sie sind vor der Erfahrung
gelegen, a priori. Und man kann ja dieses Wort bei Kantianern
heute immer wieder und wiederum hören. Aber dieses a priori bedeutet
eben nichts anderes, als daß wir diese Begriffe in den früheren Erdenleben
erfahren haben; aber sie sind nicht minder eben Erfahrungen,
von der Menschheit angeeignet im Laufe ihrer Entwickelung. Nur ist
die Menschheit gegenwärtig in einem Stadium ihrer Entwickelung, wo
sich eben die meisten Menschen, wenigstens die zivilisierten Menschen,
diese mathematischen Begriffe schon mitbringen und man sie nur aufzuwecken
braucht." {{Lit|{{G|206|47f}}}}
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== Literatur ==
#Rudolf Steiner: ''Menschenwerden, Weltenseele und Weltengeist – Zweiter Teil'', [[GA 206]] (1991), ISBN 3-7274-2060-X {{Vorträge|206}}
 
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== Weblinks ==
== Weblinks ==

Version vom 10. Juni 2014, 09:53 Uhr

a priori (lat. „vom Früheren her“) ist das Gegenteil von a posteriori und bedeutet im allgemeinsten Sinn, dass sich etwas nicht aus der Erfahrung, sondern nur aus Begriffen herleitet und derart ausschließlich durch das Denken bestimmt ist. In der ursprünglichen, auf Aristoteles zurückgehenden Bedeutung ist a priori die Erkenntnis der Dinge aus ihren Ursachen oder Gründen und a posteriori die Erkenntnis aus den Wirkungen und Folgen. In der kritischen Philosophie Kants werden damit die vor und unabhängig von jeder Erfahrung gegebenen notwendigen und allgemein gültigen Bedingungen jeder möglichen Erfahrung bezeichnet. Das sind primär die Anschauungsformen des Raumes und der Zeit und die Kategorien.

„Unsre Erkenntniß entspringt aus zwei Grundquellen des Gemüths, deren die erste ist, die Vorstellungen zu empfangen (die Receptivität der Eindrücke), die zweite das Vermögen, durch diese Vorstellungen einen Gegenstand zu erkennen (Spontaneität der Begriffe); durch die erstere wird uns ein Gegenstand gegeben, durch die zweite wird dieser im Verhältniß auf jene Vorstellung (als bloße Bestimmung des Gemüths) gedacht. Anschauung und Begriffe machen also die Elemente aller unserer Erkenntniß aus, so daß weder Begriffe ohne ihnen auf einige Art correspondirende Anschauung, noch Anschauung ohne Begriffe ein Erkenntniß abgeben können. beide sind entweder rein oder empirisch. Empirisch, wenn Empfindung (die die wirkliche Gegenwart des Gegenstandes voraussetzt) darin enthalten ist; rein aber, wenn der Vorstellung keine Empfindung beigemischt ist. Man kann die letztere die Materie der sinnlichen Erkenntniß nennen. Daher enthält reine Anschauung lediglich die Form, unter welcher etwas angeschaut wird, und reiner Begriff allein die Form des Denkens eines Gegenstandes überhaupt. Nur allein reine Anschauungen oder Begriffe sind a priori möglich, empirische nur a posteriori.“

Immanuel Kant: KrV AA III, 74f

Nach Rudolf Steiner sind aber auch die reinen Begriffe letztlich nur durch Erfahrung, also a posteriori, gegeben. Allerdings liegt ihnen keine sinnliche, sondern eine rein geistige Erfahrung zugrunde, die auf frühere Erdenleben zurückverweist.

"Der abstrakte Erkenntnistheoretiker, der setzt an die Stelle einer Tatsache ein Wort. Er sagt zum Beispiel: Mathematische Begriffe, weil sie nicht durch Erfahrung erworben zu werden brauchen, beziehungsweise weil ihre Gewißheit nicht aus der Erfahrung belegt zu werden braucht, seien a priori. - Das ist ein Wort: sie sind vor der Erfahrung gelegen, a priori. Und man kann ja dieses Wort bei Kantianern heute immer wieder und wiederum hören. Aber dieses a priori bedeutet eben nichts anderes, als daß wir diese Begriffe in den früheren Erdenleben erfahren haben; aber sie sind nicht minder eben Erfahrungen, von der Menschheit angeeignet im Laufe ihrer Entwickelung. Nur ist die Menschheit gegenwärtig in einem Stadium ihrer Entwickelung, wo sich eben die meisten Menschen, wenigstens die zivilisierten Menschen, diese mathematischen Begriffe schon mitbringen und man sie nur aufzuwecken braucht." (Lit.: GA 206, S. 47f)

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Menschenwerden, Weltenseele und Weltengeist – Zweiter Teil, GA 206 (1991), ISBN 3-7274-2060-X pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Weblinks

  1. A priori - Artikel in der deutschen Wikipedia
  2. A priori - Artikel in Rudolf Eisler: Wörterbuch der philosophischen Begriffe (1904)
  3. a priori - Artikel in Meyers Großes Konversations-Lexikon (1905)