Bethanien

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Bethanien am Osthang des Ölbergs, Heimatort des Lazarus.
Taufstätte al-Maghtas, April 2009
Das vermutliche Grab des Lazarus in Al-Eizariya.

Bethanien (auch Betanien; hebr. בית עניה bait 'oni „Haus der Armut“ oder auch „Haus des Todes“; von hebr. עֹנִי 'oni „Armut“) ist der Name zweier verschiedener Orte in Palästina, die im Neuen Testament erwähnt werden.

Der Ort der Jordan-Taufe

Das in den Evangelien zuerst erwähnte, am östlichen Ufer des Jordans im heutigen Jordanien am beinahe tiefsten Punkt der festen Erde gelegene[1] Bethanien ist nach Joh 1,28 LUT jener Ort gewesen, an dem die Jordan-Taufe des Jesus von Nazareth stattgefunden hat, durch die dieser den Sonnengeist des Christus in seine Leibeshülle aufgenommen hat.

19 Dies ist das Zeugnis des Johannes: Als die Juden von Jerusalem aus Priester und Leviten zu ihm sandten mit der Frage: Wer bist du?, 20 bekannte er und leugnete nicht; er bekannte: Ich bin nicht der Messias. 21 Sie fragten ihn: Was bist du dann? Bist du Elija? Und er sagte: Ich bin es nicht. Bist du der Prophet? Er antwortete: Nein. 22 Da fragten sie ihn: Wer bist du? Wir müssen denen, die uns gesandt haben, Auskunft geben. Was sagst du über dich selbst? 23 Er sagte: Ich bin die Stimme, die in der Wüste ruft: Ebnet den Weg für den Herrn!, wie der Prophet Jesaja gesagt hat. 24 Unter den Abgesandten waren auch Pharisäer. 25 Sie fragten Johannes: Warum taufst du dann, wenn du nicht der Messias bist, nicht Elija und nicht der Prophet? 26 Er antwortete ihnen: Ich taufe mit Wasser. Mitten unter euch steht der, den ihr nicht kennt 27 und der nach mir kommt; ich bin es nicht wert, ihm die Schuhe aufzuschnüren. 28 Dies geschah in Betanien, auf der anderen Seite des Jordan, wo Johannes taufte.

29 Am Tag darauf sah er Jesus auf sich zukommen und sagte: Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt. 30 Er ist es, von dem ich gesagt habe: Nach mir kommt ein Mann, der mir voraus ist, weil er vor mir war. 31 Auch ich kannte ihn nicht; aber ich bin gekommen und taufe mit Wasser, um Israel mit ihm bekanntzumachen. 32 Und Johannes bezeugte: Ich sah, dass der Geist vom Himmel herabkam wie eine Taube und auf ihm blieb. 33 Auch ich kannte ihn nicht; aber er, der mich gesandt hat, mit Wasser zu taufen, er hat mir gesagt: Auf wen du den Geist herabkommen siehst und auf wem er bleibt, der ist es, der mit dem Heiligen Geist tauft. 34 Das habe ich gesehen und ich bezeuge: Er ist der Sohn Gottes.

Johannes-Evangelium: 1,19-34 EU

An der Stelle, wo das biblische Bethanien vermutet wird, befindet sich heute die archäologische Fundstätte Al-Maghtas (arab. المغطس, DMG al-maġṭas ‚die Taufstätte‘), die 2015 in das UNESCO-Weltkulturerbe in Jordanien aufgenommen wurde.

Heimatort des Lazarus

Erweckung des Lazarus, Öl auf Kupferplatte, 1875, Carl Heinrich Bloch (Hope Gallery, Salt Lake City)
Das Grab des Lazarus um 1906

Das zweite Bethanien lag etwa 15 Stadien[2] (knapp 2,8 km) südöstlich des damaligen Jerusalems am Osthang des Ölbergs. Nach Joh 11,18 LUT war es der Heimatort der drei Geschwister Maria, Martha und Lazarus und hier fand auch die Auferweckung des Lazarus statt. In diesem Bethanien, das später Lazarion genannt wurde und vermutlich dem heutigen Al-Eizariya (arab. العيزريه; hebr. אלעיזריה) entspricht, wurde ein Lazarus-Grab, in dem die Auferweckung erfolgt sein soll, schon seit dem 4. Jahrhundert benannt, über dem nach Hieronymus schon zu dieser Zeit eine Kirche errichtet wurde. Nach Mt 26,6 LUT befand sich in Bethanien auch das Haus Simons des Aussätzigen.

"Die Stelle am Jordan, wo Johannes der Täufer taufte und wo auch die Taufe Jesu durch den Täufer stattgefunden hat, heißt im Johannes- Evangelium Bethanien (Joh 1,28 LUT), so wie auch der Ort nahe bei Jerusalem, wo sich das zentrale Ereignis des Evangeliums, die Auferweckung des Lazarus, abgespielt hat. Bethanien heißt das »Haus der Armut«. Eigentlich ist ganz Judäa ein großes Bethanien, wenn man es mit der ätherisch-reichen Landschaft von Galiläa vergleicht. Das eine Bethanien liegt oben am Rande der Wüste Juda, wenn man vom Ölberg aus den Weg nach Jericho hinab antritt. Das andere Bethanien muß unten am Rande der Wüste am Jordan gelegen haben. Eingerahmt ist die ganze Wüste Juda durch den Namen »Haus der Armut«. Und das Johannes- Evangelium deutet wie mit ausgestrecktem Finger auf diese Zusammenhänge hin. Das ist vor allem da der Fall, wo Jesus vor dem letzten entscheidenden Osterfest noch einmal an die Stätte der Taufe hinabsteigt, wo Johannes der Täufer gewirkt hatte (Joh 10,40 LUT). Dort trifft ihn die Nachricht von der Krankheit des Lazarus (Joh 11,3 LUT). Und so ist der Weg Jesu, der am Anfang des 11. Kapitels beschrieben wird, der Weg von dem einen Bethanien zu dem andern Bethanien hin. Man ist so recht im Zentrum des Sinnes, den Judäa und die Menschwerdung des Christus in Judäa hat." (Lit.: Bock, S 746)

Bethphage

Das Innere der franziskanischen Kirche in Bethphage, die 1883 auf den Ruinen einer Kreuzfahrerkapelle aus dem 12. Jh. errichtet wurde.
Hauptartikel: Bethphage

Auf dem Ölberg in unmittelbarer Nähe des zweiten Bethaniens, etwa auf halbem Weg nach Jerusalem, liegt Bethphage (aramäisch בית פגי Haus der (unreifen) Feigen). Von hier holten die Jünger das Eselfüllen bzw. die Eselin, auf der der Christus am Palmsonntag unter dem Jubel der Menge in Jerusalem einzog (Mt 21,1-11 LUT, Mk 11,1-11 LUT, Lk 19,28-40 LUT, Joh 12,12-19 LUT). Der Esel ist ein Symbol für den physischen Leib des Menschen, das auch in den Märchen gerne verwendet wird (vgl. etwa Die Bremer Stadtmusikanten). In Bethphage stand auch der Feigenbaum, der am folgenden Tag auf das Wort des Christus für immer verdorrte (Mt 21,18-22 LUT, Mk 11,12-14 LUT). Die Feigen sind ein okkulter Hinweis auf die Kräfte des alten, naturhaften Hellsehens, das nun versiegen sollte, um dem Glauben Platz zu machen, mit dem der Keim eines erneuerten, nicht mehr traumbewussten, sondern ganz selbstbewussten Sehens in die Seele gepflanzt wird; dann werden die Feigenbäume wieder neu ausschlagen und davon künden, dass das Reich Gottes nahe ist (Lk 21,29-30 LUT).

Anmerkungen

  1. Der tiefste Punkt der festen Erde mit 420 m unter dem Meeresspiegel liegt dort, wo der Jordan in das Tote Meer mündet. Der Jordangraben ist Teil des Großen Afrikanischen Grabenbruchs, der die „tiefste und auffälligste Schramme im Antlitz der Erde“ ist.
  2. 1 Stadium hat eine Länge von 185,22 m und entspricht 1/8 einer römischen Meile (mille passus) bzw. 625 Fuß

Literatur

  1. Emil Bock: Das Evangelium. Betrachtungen zum Neuen Testament., Urachhaus Verlag, Stuttgart 1984