Prosagedicht

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Ein Prosagedicht ist ein Gedicht in Prosa, also ohne für Lyrik konstitutive Formelemente wie Verse oder Reime. Seine Blüte erlebte es im Frankreich des 19. und 20. Jahrhunderts.

Als erstes Prosagedicht gilt Gaspard de la nuit (1842) von Aloysius Bertrand. Bekannter wurden die daraufhin entstandenen Petits poèmes en prose (auch Spleen de Paris) von Charles Baudelaire, in denen der Verfasser sich bewusst um eine prosaische Sprache bemühte. Isidore Ducasse (Pseudonym Comte de Lautréamont) verfasste die Chants de Maldoror, die 1869 zum ersten Mal erschienen und im 20. Jahrhundert zu einer Quelle der Inspiration für die Surrealisten wurden.

Einen starken Anteil an der Entstehung des Genres hatten vermutlich Überlegungen zu der Praxis und den Ergebnissen von Gedicht-Übersetzungen in Prosaversionen.

Detlev von Liliencron, mit Baudelaires Werk gut vertraut, veröffentlichte in Adjutantenritte und andere Gedichte 1883 die ersten Prosagedichte in deutscher Sprache.

Man darf allerdings die herkömmliche Version des Ursprungs des Prosagedichts nicht kritiklos hinnehmen. Die deutsche Romantik hat eigentlich in dieser hybriden Gattung seit der Romantik vorgearbeitet: Hölderlins 'Hyperion' und Novalis' 'Hymnen an die Nacht' sind als Modelle für die spätere Entwicklung in der sog. 'Neuromantik' anzusehen. Nietzsches 'Also sprach Zarathustra' weist zeitgleich zu Lilienkron frühe Versuche in dieser Gattung auf. Noch früher dichtet Heinrich Heine in seinen einflussreichen 'Reisebildern' (Die Nordsee, Ideen.Das Buch Le Grand) einzelne Kapitel als Prosagedichte. Weiterhin dürfen wir bei Adalbert Stifter (Der Nachsommer) wiederholt Passagen von erhöhter dichterischer Qualität als Prosagedichte auffassen. Die Namen Stefan George, Rainer Maria Rilke und Hugo von Hofmannsthal dürfen bei keiner Aussage über diese Form fehlen.

Unter den zeitgenössischen deutschen Lyrikern ragen als Gattungsvertreter (des Prosagedichts) Hans Magnus Enzensberger, Erich Fried und Günter Bruno Fuchs hervor.

Auch Rudolf Steiner verfasste viele seiner Wahrspruchworte und Seelenübungen in der lyrischen Form des Prosagedichts.

Als ein anthroposophischer Verfechter des Prosagedichts ist Michael Heinen-Anders anzusehen.

Literatur

  • Erich Fried: Gedichte. Ausgewählt und herausgegeben von Klaus Wagenbach. Mit einem Nachwort des Herausgebers, dtv, 14. Auflage München 2009
  • Hans Magnus Enzensberger: Gedichte 1950 - 2005, Suhrkamp Vlg., Frankfurt a. M. 2006
  • Günter Bruno Fuchs: Nach der Haussuchung. Gedichte und Grafiken, Vlg. Eremiten-Presse, Düsseldorf 1978
  • Michael Heinen-Anders: DAS LITERARISCHE GESAMTWERK 1969 - 2017, BOD, Norderstedt 2017 (Ebendort: Nachwort)
  • Rudolf Steiner: Meditationen und Dichtungen, Edition Rudolf Steiner, Rudolf Steiner Vlg., Dornach 1996


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