Sprache und Entäußerung: Unterschied zwischen den Seiten

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Die '''Sprache''' des [[Mensch]]en ist ''primär'' eine [[Wikipedia:Artikulation (Linguistik)|artikulierte]], in weiten Grenzen frei gestaltbare [[Wikipedia:Lautsprache|Lautsprache]].  
'''Entäußerung''' ist ein [[Wikipedia:Philosophie|philosophischer]] Begriff, der vor allem von [[Georg Wilhelm Friedrich Hegel|Hegel]] geprägt wurde. Er ist verwandt mit dem Begriff der [[Vergegenständlichung]], besitzt aber auch Aspekte des Begriffs der [[Entfremdung]].


== Menschensprache und Tiersprache ==
== Definition ==


Die sogenannten [[Wikipedia:Tiersprache|Tiersprache]]n, etwa die [[Wikipedia:Bienensprache|Bienensprache]], die eine durch eine Art Tanz ausgedrückte Zeichensprache ist, aber auch die teilweise sehr komplexen Lautsprachen bei [[Wikipedia:Vögel|Vögel]]n, [[Wikipedia:Delfine|Delfine]]n oder [[Wikipedia:Primaten|Primaten]], unterscheiden sich grundsätzlich von denen des Menschen. Eine wichtige Voraussetzung für die [[Wikipedia:Artikulation (Linguistik)|Artikulationsfähigkeit]] des Menschen ist der abgesenkte [[Kehlkopf]]. Diese Absenkung des Kehlkopfes erfolgt beim [[Wikipedia:Säugling|Säugling]] in den ersten Lebensjahren. Nur wenige Tierarten, wie beispielsweise [[Wikipedia:Papageien|Papageien]], [[Wikipedia:Robben|Robben]] oder [[Wikipedia:Delphine|Delphine]] können den Kehlkopf in ähnlicher Weise absenken und daher die menschliche Sprache innerhalb gewisser Grenzen nachahmen.  
Das Wort ''Entäußerung'' wird von [[Wikipedia:Johann Gottlieb Fichte|Fichte]] und Hegel aus der Alltagssprache heraus als philosophischer Begriff gebraucht, also als solcher „umgemünzt“.  


Bei den Tiersprachen hat jeder Laut bzw. jedes Zeichen eine feste [[Wikipedia:Bedeutung|Bedeutung]], während der Mensch die Laute in weitgehend freier Weise zu höheren Bedeutungseinheiten gruppieren kann. Wie schon [[Wikipedia:Wilhelm von Humboldt|Wilhelm von Humboldt]] festgestellt hat, erreicht der Mensch dadurch mit begrenzten Mitteln praktisch unbegrenzten Kombinationsmöglichkeiten. Verfügt ein Tier über 30 verschiedene Sprachzeichen (das können Laute, Bewegungsformen, aber auch chemische Signale sein), so kann es damit auch nur 30 feststehende Bedeutungen ausdrücken. Kann das Tier 1000 oder mehr solcher Sprachzeichen bilden, ist seine Ausdrucksfähigkeit zwar wesentlich höher, aber immer noch grundsätzlich sehr begrenzt.
Hegel nutzt – wie schon beim Begriff „[[Dialektische Aufhebung|Aufhebung]]“ – die (von ihm sehr gelobte) [[Spekulation (Philosophie)|spekulative]] Eigenart der Sprache, mehrere unterschiedliche Bedeutungen in einem Wort zu verbinden.


== Die Entwicklung der Sprache ==
''Entäußerung'' hat verschiedene Aspekte:


Die Sprache wurde vornehmlich auf der alten [[Atlantis]] ausgebildet, wenngleich die Anfänge bereits in der [[Lemuria|spätlemurischen Zeit]] liegen. Die dafür nötige Ausbildung des [[Kehlkopf]]es setzt einerseits bereits die aufrechte Haltung voraus, hängt aber anderseits eng mit der West-Wanderung der Menschheit von der [[Lemuria]] auf die Atlantis zusammen.
* Schöpfung von etwas Neuem
* Weggeben, Ablegen von etwas Eigenem
* Selbstöffnung von Innen nach Außen.


== Laute, Worte und Sätze ==
==Theologie==


Die menschliche Sprache hat drei Gliederungsebenen, deren erste die Laute selbst bilden. Auf der zweiten Gliederungsebene werden aus den [[Laute]]n [[Silbe]]n und [[Wort]]e gebildet, welche schließlich auf der dritten Ebene zu Phrasen (Wortgruppen) und [[Wikipedia:Satz (Grammatik)|Sätzen]] verbunden werden. Während die ersten beiden Ebenen weitgehend durch Nachahmung der Muttersprache erworben werden und daher nur wenig Raum für individuelle Variationen lassen, kann sich auf der dritten Ebene die individuelle Ausdrucksfähigkeit des Menschen weitgehend frei entfalten. Die Bildung der [[Wikipedia:Wortform|Wort-]] und [[Wikipedia:Satz (Grammatik)|Satzformen]] folgt dabei gewissen Regeln, die durch die [[Wikipedia:Grammatik|Grammatik]] beschrieben werden. Der Summe der Wörter, die ein Mensch aktiv zu bilden oder passiv zu verstehen vermag, bestimmt seinen [[Wikipedia:Wortschatz|Wortschatz]].  
Ursprünglich entstammt der Begriff der Entäußerung, hier als griech. [[Kenosis]], dem [[Christentum]]. Im [[Neues Testament|Neuen Testament]] taucht der Begriff der Kenosis unter anderem in einem [[Brief des Paulus an die Philipper]] auf. Gemeint ist dort die [[Menschwerdung Gottes]] in [[Jesus Christus]]: „Er war [[Gott]] gleich, hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein, sondern er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich.“<ref>{{B|Phi|2|5-11}}. Zitiert nach der Einheitsübersetzung [http://www.bibleserver.com/go.php?lang=de&bible=EU&ref=Phi2%2C5-11].</ref>


=== Die Laute - Vokale und Konsonanten ===
Kenose ist darauf aufbauend auch die [[Theologie|theologische]] Lehre von der Entäußerung des göttlichen [[Logos]]; im 19. Jahrhundert bildete sich eine eigene Schule der ''Kenotiker'', als deren Hauptvertreter [[Wolfgang Gess]] (1819-1891) gilt.<ref>''{{BBKL|http://www.bautz.de/bbkl/g/gess_w.shtml}}''.</ref> Der große japanische Philosoph des 20. Jahrhunderts [[Nishitani Keiji]] sieht im Begriff ''Entäußerung'' auch Aspekte des Weges zum [[Buddhismus|buddhistischen]] Konzept der [[Shunyata]] (etwa: „Leerheit“).


Die [[Vokale]] sind das klingende, musikalische Element der Sprache und werden durch die schwingenden [[Wikipedia:Stimmlippe|Stimmlippe]]n erzeugt und durch die entsprechenden [[Wikipedia:Resonanz|Resonanz]]räume des [[Körper]]s verstärkt; in ihnen drückt sich das [[seelisch]]e Innenleben des [[Mensch]]en aus. Die [[Konsonanten]] entstehen durch Verformungen und Verengungen des Stimmtrakts als durch die [[Wikipedia:Artikulationart|Artikulationart]] und den [[Wikipedia:Artikulationsort|Artikulationsort]] in typischer Weise geprägte Strömungsgeräusche in der ausgeatmeten [[Atem]]luft. In ihnen werden äußere Formen durch die entsprechende [[Wikipedia:Artikulation|Artikulation]] nachgebildet.
== Hegel ==
Bei Hegel wird ''Entäußerung''


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* als durch die [[Arbeit]] Hervorgebrachtes und
"Wie herb ist es bisher beurteilt worden, daß ich in meiner kleinen Schrift «Die
* dessen Weggabe bestimmt.
geistige Führung des Menschen und der Menschheit» den Satz ausgesprochen habe,
daß alles Vokalische früher darauf ausging, das Innere des Menschen zu bezeichnen.
''Entäußerung'' ist dabei zentral in der zweiten Phase von Hegels [[Dialektik]]: Der absolute Geist wird zur Natur und zum Menschen durch Entäußerung. Dies entspricht der zweiten Person Gottes, dem Sohn. Der Gang der Weltgeschichte verläuft nach Hegel derart, dass der [[Weltgeist]] sich mittels der bewussten Tätigkeit des Menschen als [[Vergegenständlichung]]en entäußert, die ihm gegenüber eine selbständige Existenz annehmen, in Widerspruch zu ihm geraten und damit eine neue, höhere Form des Bewusstseins provozieren.  
Alles Konsonantische darauf ausging, die äußeren Vorgänge, die man sieht,
oder sonst wahrnimmt, nachzubilden. Immer dasjenige, was der Mensch perzipiert,
drückt sich im Konsonantisieren aus, im Vokalisieren die inneren Erlebnisse, Gefühle,
Emotionen und dergleichen. Damit hängt dann die eigentümliche Art und
Weise zusammen, wie im Hebräischen der Konsonant verschieden von dem Vokal
in der Schrift behandelt wurde. Damit hängt es auch zusammen, daß in Gegenden,
in denen primitivere Völker wohnen, die kein stark entwickeltes Innenleben haben,
vorzugsweise konsonantisierte Sprachen auftreten, nicht vokalisierte. Das geht oft
sehr weit, die Art und Weise des in die Konsonanten Gehens der Sprachen, man
denke nur, was afrikanische Sprachen an Konsonanten bis zu Schnalzlauten haben." {{Lit|Beiträge 53, S 24}}
</div>


== Literatur ==
Auf diese Weise arbeitet der Weltgeist in ständiger Entäußerung, Rücknahme und neuer Entäußerung den historischen Prozess aus sich heraus. Hegel gelingt es so, eine enge Verklammerung von Subjekt und Objekt darzustellen, in [[Widerspruch]] zu setzen und [[dialektische Aufhebung|dialektisch aufzuheben]].
 
== Marx ==


# Beiträge zur Rudolf Steiner Gesamtausgabe, Heft 53: ''Sprache und Sprachgestaltung. Erste Folge'', Rudolf Steiner-Nachlaßverwaltung, Dornach 1975
Die ökonomische und gesellschaftliche Interpretation des Begriffs wird erst bei Verwendung durch [[Karl Marx]] durchgeführt, der wesentliche Begriffe Hegels übernahm. Auch wenn der Begriff der Entäußerung oft mit dem Begriff der [[Verdinglichung]] und [[Entfremdung]] in Zusammenhang steht, ist er bei Marx nicht durchweg negativ angelegt, sondern bezeichnet auch positiv die Möglichkeit, sich im entäußerten Produkt der Arbeit als Produzent wiederzuerkennen und sich so selbst zu bestätigen und zu verwirklichen.<ref>Vgl. dazu die berühmte Passage aus der Schrift ''Auszüge aus [[James Mill]]s Buch „Élémens d’economique politique“'' (1844, in: [[Marx-Engels-Werke]], Ergänzungsband I, S. 462).</ref>


{{GA}}
==Quellennachweise==
<references/>


== Siehe auch ==
== Literatur ==
* [[Sprachgestaltung]]
* [[Vittorio Hösle]], D. Wandschneider: ''Die Entäußerung der Idee zur Natur und ihre zeitliche Entfaltung als Geist bei Hegel'', in: ''Hegel-Studien'', Bd. 18 (1983), 173–199
* [[Sprache und Dichtkunst]]
* [[Keiji Nishitani]]: ''Was ist Religion?'', Frankfurt am Main 1982, deutsche Übertragung von Dora Fischer-Barnicol
* [[Karl Marx]]: ''Auszüge aus [[James Mill]]s Buch „Élémens d’economique politique“'' (1844), in: [[Marx-Engels-Werke]], Ergänzungsband I, S. 443-463)


== Weblinks ==
{{Wikipedia}}
# [http://www.zeno.org/Philosophie/M/Humboldt,+Wilhelm+von/Ueber+die+Verschiedenheiten+des+menschlichen+Sprachbaues Wilhelm von Humboldt: ''Ueber die Verschiedenheiten des menschlichen Sprachbaues''] - Online-Text bei [http://www.zeno.org zeno.org]


[[Kategorie:Sprache]]
[[Kategorie:Philosophie]] [[Kategorie:Dialektik]]

Version vom 4. Juni 2013, 10:55 Uhr

Entäußerung ist ein philosophischer Begriff, der vor allem von Hegel geprägt wurde. Er ist verwandt mit dem Begriff der Vergegenständlichung, besitzt aber auch Aspekte des Begriffs der Entfremdung.

Definition

Das Wort Entäußerung wird von Fichte und Hegel aus der Alltagssprache heraus als philosophischer Begriff gebraucht, also als solcher „umgemünzt“.

Hegel nutzt – wie schon beim Begriff „Aufhebung“ – die (von ihm sehr gelobte) spekulative Eigenart der Sprache, mehrere unterschiedliche Bedeutungen in einem Wort zu verbinden.

Entäußerung hat verschiedene Aspekte:

  • Schöpfung von etwas Neuem
  • Weggeben, Ablegen von etwas Eigenem
  • Selbstöffnung von Innen nach Außen.

Theologie

Ursprünglich entstammt der Begriff der Entäußerung, hier als griech. Kenosis, dem Christentum. Im Neuen Testament taucht der Begriff der Kenosis unter anderem in einem Brief des Paulus an die Philipper auf. Gemeint ist dort die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus: „Er war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein, sondern er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich.“[1]

Kenose ist darauf aufbauend auch die theologische Lehre von der Entäußerung des göttlichen Logos; im 19. Jahrhundert bildete sich eine eigene Schule der Kenotiker, als deren Hauptvertreter Wolfgang Gess (1819-1891) gilt.[2] Der große japanische Philosoph des 20. Jahrhunderts Nishitani Keiji sieht im Begriff Entäußerung auch Aspekte des Weges zum buddhistischen Konzept der Shunyata (etwa: „Leerheit“).

Hegel

Bei Hegel wird Entäußerung

  • als durch die Arbeit Hervorgebrachtes und
  • dessen Weggabe bestimmt.

Entäußerung ist dabei zentral in der zweiten Phase von Hegels Dialektik: Der absolute Geist wird zur Natur und zum Menschen durch Entäußerung. Dies entspricht der zweiten Person Gottes, dem Sohn. Der Gang der Weltgeschichte verläuft nach Hegel derart, dass der Weltgeist sich mittels der bewussten Tätigkeit des Menschen als Vergegenständlichungen entäußert, die ihm gegenüber eine selbständige Existenz annehmen, in Widerspruch zu ihm geraten und damit eine neue, höhere Form des Bewusstseins provozieren.

Auf diese Weise arbeitet der Weltgeist in ständiger Entäußerung, Rücknahme und neuer Entäußerung den historischen Prozess aus sich heraus. Hegel gelingt es so, eine enge Verklammerung von Subjekt und Objekt darzustellen, in Widerspruch zu setzen und dialektisch aufzuheben.

Marx

Die ökonomische und gesellschaftliche Interpretation des Begriffs wird erst bei Verwendung durch Karl Marx durchgeführt, der wesentliche Begriffe Hegels übernahm. Auch wenn der Begriff der Entäußerung oft mit dem Begriff der Verdinglichung und Entfremdung in Zusammenhang steht, ist er bei Marx nicht durchweg negativ angelegt, sondern bezeichnet auch positiv die Möglichkeit, sich im entäußerten Produkt der Arbeit als Produzent wiederzuerkennen und sich so selbst zu bestätigen und zu verwirklichen.[3]

Quellennachweise

  1. Phi 2,5-11 EU. Zitiert nach der Einheitsübersetzung [1].
  2. 'Entäußerung In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL)..
  3. Vgl. dazu die berühmte Passage aus der Schrift Auszüge aus James Mills Buch „Élémens d’economique politique“ (1844, in: Marx-Engels-Werke, Ergänzungsband I, S. 462).

Literatur

  • Vittorio Hösle, D. Wandschneider: Die Entäußerung der Idee zur Natur und ihre zeitliche Entfaltung als Geist bei Hegel, in: Hegel-Studien, Bd. 18 (1983), 173–199
  • Keiji Nishitani: Was ist Religion?, Frankfurt am Main 1982, deutsche Übertragung von Dora Fischer-Barnicol
  • Karl Marx: Auszüge aus James Mills Buch „Élémens d’economique politique“ (1844), in: Marx-Engels-Werke, Ergänzungsband I, S. 443-463)


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