Methexis und Wasserprobe: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Methexis''' ({{ELSalt|μέθεξις}} „Teilhabe“, selten mit „Teilnahme“ übersetzt; {{LaS|participatio}}; {{EnS|participation}}) ist ein Begriff der [[Philosophie der Antike|antiken Philosophie]]. Er wird in der [[Metaphysik]] zur Beschreibung des Verhältnisses zwischen Dingen und ihren Bestimmungen oder allgemein zwischen [[Ontologie|ontologischen]] [[Entität]]en, die Gemeinsamkeiten aufweisen, verwendet. Das zugehörige Verb heißt ''metéchein'' (Anteil haben, teilnehmen, wörtlich: mit-haben). Das Wort Methexis stammt aus der Alltagssprache, seine philosophische Bedeutung hat es von [[Platon]] erhalten. Aufgrund der lateinischen Übersetzung spricht man auch von „[[Wikipedia:Partizipation|Partizipation]], doch hat dieses Wort auch andere Bedeutungen, die nichts mit Methexis im philosophischen Sinn zu tun haben.  
Die '''Wasserprobe''', von der sich das [[christlich]]e [[Sakrament]] der [[Taufe]] ableitet, geht auf die alten [[Mysterien]] zurück. Durch das Untertauchen ins [[Wasser]] wurde der [[Mysterienschüler]] dem Ertrinken nahe gebracht, wodurch sich der [[Ätherleib]] lockerte und eine Rückschau auf das [[Lebenspanorama]] des bisherigen Erdenlebens möglich wurde, wie es normalerweise nur unmittelbar nach dem [[Tod]] erlebt werden kann. Durch diese Probe muss sich beweisen, ob man sich, wenn die Stütze der äußeren sinnlichen Welt weggefallen ist, frei und sicher in der geistigen Welt bewegen kann.  


== Ontologische Voraussetzungen ==
{{LZ|Da der Mysterienschüler in dieser Phase seines Weges lernen muss, ohne jeden äußeren Halt seinen Halt allein in den Kräften zu finden, die vom wahren Selbst in seinem Innern ausgehen, wurde diese Prüfung gelegentlich die „Wasserprobe" genannt. Wasser hat keine Balken. Der Mysterienschüler steht vor der Aufgabe, in diesem „Wasser“ der Kräfte des Geistes zu schwimmen ohne sich an Autoritäten, Dogmen und Institutionen festzuklammern.|Dietzfelbringer, S. 37}}


In den hierarchisch geordneten ontologischen Systemen Platons und der [[Platonismus|Platoniker]] ist das Allgemeine generell höherrangig als das Besondere und Individuelle. Eine Beziehung zwischen einem Allgemeineren und einem Spezielleren beruht darauf, dass das Allgemeinere Urbild und erzeugende Instanz ist, das Speziellere dessen Abbild und Erzeugnis und als solches relativ unvollkommen. Zwischen ihnen besteht ein Teilhabeverhältnis. Das Teilhabeverhältnis zwischen dem teilhabenden Spezielleren und dem Allgemeineren, an dem es „Anteil hat“, ist dadurch charakterisiert, dass das Speziellere mit bestimmten Einschränkungen die Natur des Allgemeineren aufweist und dadurch gewissermaßen an seiner Natur „beteiligt“ ist. Weil es diese Natur aber nicht in ihrer Gesamtheit besitzt, sondern nur auf relativ unvollständige, unvollkommene Weise, und weil es außerdem auch noch weitere Bestimmungen hat, ist es mit dem, an dem es teilhat, nicht wesensgleich oder identisch.
Eine solche Wasserprobe hatte nach [[Spirituelles Bewusstsein|imaginativen]] Schilderung der [[Evangelien]] auch [[Petrus]] durchzumachen:


Das jeweils Höherrangige bringt das Niedrigere hervor, indem es ihm bestimmte Aspekte seines eigenen Wesens zukommen lässt, soweit die von Natur aus begrenzte Aufnahme- und Verwirklichungsfähigkeit des Niedrigeren dies gestattet. Das bedeutet, dass das Niedrigere am Höheren teilhat. Die Teilhabe bezieht sich auch darauf, dass das ontologisch Niedrigere dem Höheren seine Existenz verdankt.
{{Zitat|22 Und alsbald drängte Jesus die Jünger, in das Boot zu steigen und vor ihm ans andere Ufer zu fahren, bis er das Volk gehen ließe.
23 Und als er das Volk hatte gehen lassen, stieg er auf einen Berg, um für sich zu sein und zu beten. Und am Abend war er dort allein.
24 Das Boot aber war schon weit vom Land entfernt und kam in Not durch die Wellen; denn der Wind stand ihm entgegen.
25 Aber in der vierten Nachtwache kam Jesus zu ihnen und ging auf dem Meer.
26 Und da ihn die Jünger sahen auf dem Meer gehen, erschraken sie und riefen: Es ist ein Gespenst!, und schrien vor Furcht.
27 Aber sogleich redete Jesus mit ihnen und sprach: Seid getrost, ich bin's; fürchtet euch nicht!
28 Petrus aber antwortete ihm und sprach: Herr, bist du es, so befiehl mir, zu dir zu kommen auf dem Wasser.
29 Und er sprach: Komm her! Und Petrus stieg aus dem Boot und ging auf dem Wasser und kam auf Jesus zu.
30 Als er aber den starken Wind sah, erschrak er und begann zu sinken und schrie: Herr, rette mich!
31 Jesus aber streckte sogleich die Hand aus und ergriff ihn und sprach zu ihm: Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?
32 Und sie stiegen in das Boot und der Wind legte sich.
33 Die aber im Boot waren, fielen vor ihm nieder und sprachen: Du bist wahrhaftig Gottes Sohn!|[[Matthäusevangelium]]|{{BB|Mt|14|22-33|LUT}}}}


== Das Teilhabe-Konzept in Platons Ideenlehre ==       
Weil Petrus die Probe mit Hilfe des [[Christus]] bestanden hatte, konnte dieser auch auch bals danach sagen:


Platon benötigt zur Darstellung seiner [[Ideenlehre]] die Begriffe ''methexis'' und ''metechein'', wobei er das Verb bevorzugt. Er bezeichnet damit das Verhältnis der einzelnen Dinge der Sinneswelt zu den platonischen Ideen. „Dinge“ in diesem Sinn sind nicht nur materielle Objekte, sondern auch Ereignisse und Handlungen. Die Ideen sind nach der Ideenlehre nicht bloße Vorstellungen im menschlichen Geist, sondern bilden eine eigenständige, objektiv existierende metaphysische Wirklichkeit. Sie sind die Urbilder, nach denen die einzelnen Dinge in der sinnlich wahrnehmbaren Welt gestaltet sind. Ihnen verdanken die Dinge die Gesamtheit ihrer Eigenschaften. Beispielsweise ist ein großes Ding nicht aufgrund seiner eigenen Beschaffenheit groß, sondern durch seine Teilhabe an der Idee der Größe. Als Abbilder haben die Dinge an ihren Urbildern teil, und zwar jedes Ding an mehreren Ideen und an jeder Idee eine Vielzahl von Dingen. Jedes Ding ist durch seine verschiedenen Teilhabebeziehungen konstituiert. Es hat an so vielen Ideen teil, wie es Eigenschaften aufweist. Das Ausmaß der Teilhabe ist unterschiedlich, es hängt von der Beschaffenheit des Teilhabenden ab. Außerdem ist die Teilhabe eines Dings an einer bestimmten Idee in manchen Fällen nicht konstant, sie kann durch Veränderungen des Teilhabenden wachsen und abnehmen, beginnen und enden. Es gibt eine Art der Teilhabe, die vom Wesen eines Dings untrennbar ist (beispielsweise die Teilhabe der unsterblichen [[Seele]] am Leben), und eine nur zeitweilige Teilhabe, die entsteht oder wegfällt (beispielsweise Teilhabe eines Körpers an Ruhe oder Bewegung).<ref>Zum Ansatz und zur Zielrichtung von Platons Teilhabe-Konzept siehe Winfried Weier: ''Sinn und Teilhabe'', München 1970, S. 70–88; Knut Eming: ''Die Flucht ins Denken'', Hamburg 1993, S. 111–116.</ref>
{{Zitat|18 Und ich sage dir auch: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen.
19 Ich will dir die Schlüssel des Himmelreichs geben: Was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel gelöst sein.|[[Matthäusevangelium]]|{{BB|Mt|16|18-19|LUT}}}}


Die Vorstellung der Teilhabe soll den Zusammenhang zwischen den Ideen und den Dingen der Sinneswelt verständlich machen. Allerdings führt dieses Konzept zu einer Reihe von Problemen, die in Platons [[Wikipedia:Platonischer Dialog|Dialog]] ''[[Wikipedia:Parmenides (Platon)|Parmenides]]'' erörtert, aber nicht gelöst werden. Es gelingt dort vorerst nicht, die Frage nach der Art der Teilhabe des phänomenal Gegebenen an den Ideen widerspruchsfrei zu beantworten.<ref>Zur Auseinandersetzung mit dem Methexis-Konzept im ''Parmenides'' siehe Christoph Ziermann: ''Platons negative Dialektik'', Würzburg 2004, S. 37–66, 386–418; [[Wikipedia:Franz von Kutschera|Franz von Kutschera]]: ''Platons „Parmenides“'', New York 1995, S. 24–29, 37–44, 58–64, 137–140; Francesco Fronterotta: ''ΜΕΘΕΧΙΣ'', Pisa 2001, S. 183–314.</ref> In späten Dialogen verwendet Platon für das Verhältnis der Dinge zu den Ideen nicht mehr die Bezeichnung Teilhabe, sondern charakterisiert es als Nachahmung (''[[Mimesis|mímēsis]]'').
Bei der Wasserprobe muss der [[Geistesschüler]] im tosenden Meer der [[Astralwelt]] sich ganz auf sein eigenes [[Ich]] stützen wie auf einen Felsen in der Brandung. Dazu gehört sichere eigenständige [[Urteilskraft]] im [[Denken]], Selbstbeherrschung im Empfinden und Initiativkraft im [[Wollen]] (man nimmt freiwillig ernste Verpflichtungen auf sich, zu denen es keinen äußeren Anstoß gibt). Nur so kann man von der Sinneswelt, die einen sicher trägt, zum bewussten Erleben der unaufhaltsam strömenden [[Ätherwelt]] übertreten. Zuvor musste sich der Schüler durch die [[Katharsis]] von seinen [[irdisch]]en [[Begierde]]n reinigen und die [[Feuerprobe]] bestehen. Das geistige Feuer "verbrennt" den Schleier der [[Sinnliche Welt|sinnlichen]] Welt und die [[geist]]igen [[Urbilder]] der äußeren Welt leuchten für den [[Imagination|imaginativen Blick]] auf. Um das geistig Gesehene auch verstehen zu lernen, musste der Geistesschüler zudem das Lesen der [[Okkulte Schrift|okkulten Schrift]] erlernen, wodurch er die Stufe der [[Inspiration]] erreichte.


Während bei Sachen die Teilhabe seitens des Teilhabenden ein rein passives Aufnehmen von Eigenschaften ist, kommt beim Menschen, wenn er an den Ideen einzelner [[Tugend]]en teilhat, eine aktive Rolle des Teilhabenden ins Spiel, insoweit er sich um die Erlangung der Tugend bemüht.
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"Für den auf der genannten Stufe der Einweihung Angelangten
gibt es nun Pflichten, zu denen kein äußerer
Anstoß vorhanden ist. Er wird in diesen Dingen nicht
durch äußere Verhältnisse, sondern nur durch jene Maßregeln
veranlaßt, welche ihm in der «verborgenen» Sprache
offenbar werden. Nun muß er durch die zweite
«Probe» zeigen, daß er geführt von einer solchen Maßregel,
ebenso sicher und fest handelt, wie etwa ein Beamter
seine ihm obliegenden Pflichten vollführt. - Zu diesem
Zwecke wird durch die Geheimschulung der Kandidat
sich vor eine bestimmte Aufgabe gestellt fühlen.
Dieser soll eine Handlung ausführen infolge von Wahrnehmungen,
die er macht auf Grund dessen, was er auf
der Vorbereitungs- und Erleuchtungsstufe gelernt hat.
Und was er auszuführen hat, das muß er erkennen durch
die gekennzeichnete Schrift, die er sich angeeignet hat. Erkennt er seine Pflicht und handelt er richtig, dann hat er
die Probe bestanden. Man erkennt den Erfolg an der Veränderung,
die sich mit den als Figuren, Farben und Tönen
empfundenen Wahrnehmungen der Geistesohren und
-äugen durch die Handlung vollzieht. In den Fortschritten
der Geheimschulung wird ganz genau angegeben,
wie diese Figuren usw. nach der Handlung aussehen,
empfunden werden. Und der Kandidat muß wissen, wie
er eine solche Veränderung hervorzubringen vermag. -
Man nennt diese Probe die «Wasserprobe», weil bei der
Tätigkeit in diesen höheren Gebieten dem Menschen die
Stütze durch die äußeren Verhältnisse so fehlt, wie beim
Bewegen im Wasser, dessen Grund man nicht erreicht,
die Stütze fehlt. - Der Vorgang muß so oft wiederholt
werden, bis der Kandidat völlige Sicherheit hat." {{Lit|{{G|10|81f}}}}
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Eine andere Art von Teilhabe betrifft Übereinstimmungen zwischen Entitäten, bei denen es nicht darum geht, dass etwas ontologisch Niedrigeres am Höheren teilhat. Von solcher Art sind Gemeinsamkeiten zwischen den Ideen selbst. Solche Beziehungen betrachtet Platon ebenfalls als Teilhabeverhältnisse, wobei er auch wechselseitiges Teilhaben annimmt. In diesen Fällen ist auch von Gemeinschaft (''koinōnía'') die Rede. Dabei stellt sich die spezielle Frage der Teilhabe einer Idee an sich selbst („Selbstprädikation“). Die Selbstprädikation (beispielsweise die Aussage „Die Idee der Schönheit ist selbst schön“) führt zu Schwierigkeiten der Ideenlehre, die als Argumentation des „Dritten Menschen“ bekannt sind.<ref>Siehe dazu die Untersuchung von Béatrice Lienemann: ''Die Argumente des Dritten Menschen in Platons Dialog „Parmenides“'', Göttingen 2010.</ref>
Hat der Geistesschüler die Wasserprobe bestanden, kann er zur [[Luftprobe]] voranschreiten.


== Die Auffassung des Aristoteles ==
==Literatur==


[[Aristoteles]], der die Ideenlehre seines Lehrers Platon verwirft, verzichtet auch auf die zugehörige Vorstellung der Teilhabe. Er meint, es handle sich beim Teilhaben nicht um einen philosophischen Begriff, da es keine saubere Definition dafür gebe. Der Ausdruck sei für eine philosophische Argumentation unbrauchbar, es handle sich nur um ein leeres Wort und eine poetische [[Metapher]], deren Bedeutung Platon nicht untersucht habe.<ref>Aristoteles, ''[[Wikipedia:Metaphysik (Aristoteles)|Metaphysik]]'' 987b7–14, 991a20–22, 1079b24–26. Vgl. Francesco Fronterotta: ''ΜΕΘΕΧΙΣ'', Pisa 2001, S. 397–412; Rolf Schönberger: ''Teilhabe''. In: ''Historisches Wörterbuch der Philosophie'', Band 10, Basel 1998, Sp. 961−969, hier: 961.</ref> Dennoch verwendet Aristoteles gelegentlich das Verb ''metechein'' (Anteil haben). In seiner [[Wikipedia:Topik (Aristoteles)|Topik]] definiert er es als „die Begriffsbestimmung dessen, woran teilgenommen wird, an sich nehmen“.<ref>Aristoteles, ''Topik'' 121a11–12.</ref> Gemeint ist, dass alle Merkmale, die den Begriff dessen, woran teilgenommen wird, ausmachen, auch Merkmale des Teilhabenden sind. Beispielsweise hat die Art „Mensch“ an der Gattung „Lebewesen“ Anteil, weil alle Merkmale, die den Begriff „Lebewesen“ ausmachen, auch Merkmale des Menschen sind. Umgekehrt hat jedoch die Gattung „Lebewesen“ nicht an der Art „Mensch“ Anteil, weil nicht alle Merkmale des Menschen auch ihre Merkmale sind. Nach der Lehre des Aristoteles kann immer nur etwas Niederes, mit mehr Merkmalen Ausgestattetes am Höheren, durch weniger Merkmale Bestimmten teilhaben, beispielsweise ein Individuum an seiner Art oder eine Art an einer Gattung.<ref>Aristoteles, ''Topik'' 121a12–19, 122a8–9, ''Metaphysik'' 1037b18–19. Vgl. Michael-Thomas Liske: ''methexis/Teilhabe''. In: [[Wikipedia:Otfried Höffe|Otfried Höffe]] (Hrsg.): ''Aristoteles-Lexikon'', Stuttgart 2005, S. 354–356.</ref>   
#Konrad Dietzfelbringer: ''Mysterienschulen des Abendlandes: Vom alten Ägypten bis zu den Rosenkreuzern der Neuzeit'', Königsdorfer-Verlag, Königsdorf 2010, ISBN 978-3938156162
#Rudolf Steiner: ''Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?'', [[GA 10]] (1993), ISBN 3-7274-0100-1 {{Schriften|010}}


Nach der Auffassung des Aristoteles pflanzen die Lebewesen sich fort, „damit sie, soweit sie es vermögen, am Ewigen und Göttlichen teilhaben“. Zu solcher Teilhabe sind die einzelnen Individuen als solche zwar nicht in der Lage, da sie vergänglich sind, doch können sie wenigstens ihrer jeweiligen Art Fortdauer ermöglichen.<ref>Aristoteles, ''[[De anima]]'' 415a25–415b7.</ref>
{{GA}}


== Neuplatonismus ==
[[Kategorie:Schulungsweg]]
 
[[Kategorie:Esoterische Schule|!041]]
Im [[Neuplatonismus]] wird Platons Konzept der Teilhabe aufgegriffen. [[Plotin]] führt alle Gemeinsamkeiten zwischen verschiedenen Dingen darauf zurück, dass sie jeweils an der gleichen Idee teilhaben. Die Teilhabe vervielfältigt das Merkmal, das ihnen gemeinsam zukommt, und ermöglicht so dessen verbreitetes Auftreten. So hat alles Seiende Anteil am Sein, das Plotin mit dem kosmischen [[Nous]] (der Weltvernunft) gleichsetzt, und alle schönen Dinge sind durch ihre Teilhabe an der Idee des Schönen schön; diese Teilhabe bewirkt, dass sie untereinander in dieser Hinsicht übereinstimmen. Im Teilhabenden ist das, woran es teilhat, gegenwärtig. Der Grundsatz, dass das Teilhabende das Wesen desjenigen, an dem es teilhat und das insofern in ihm anwesend ist, aufweisen muss, ist für Plotins [[Theodizee]] von Bedeutung. Er weist darauf hin, dass der ganze sinnlich wahrnehmbare Kosmos an der Gottheit, die in ihm gegenwärtig sei, teilhabe. Daher könne sein Wesen nicht dem Wesen der Gottheit fundamental entgegengesetzt sein. Somit könne der Kosmos nicht schlecht sein. In ihm könne kein widergöttliches Prinzip herrschen, wie die [[Gnosis|Gnostiker]] meinten, deren Lehre von einem von Natur aus schlechten Kosmos Plotin bekämpft.<ref>Rolf Schönberger: ''Teilhabe''. In: ''Historisches Wörterbuch der Philosophie'', Band 10, Basel 1998, Sp. 961−969, hier: 962.</ref>       
 
Plotins Schüler [[Wikipedia:Porphyrios|Porphyrios]], der die [[Wikipedia:Organon (Aristoteles)|aristotelische Logik]] in die neuplatonische Lehre einbaut, deutet in seiner ''[[Wikipedia:Isagoge|Isagoge]]'', einem Lehrbuch der Logik, die Zugehörigkeit von Individuen an einer Art als Teilhabe an ihr.<ref>Porphyrios, ''Isagoge'' 6.21–22 Busse.</ref>
 
Der einflussreiche [[Wikipedia:spätantike|spätantike]] Neuplatoniker [[Wikipedia:Proklos|Proklos]] stellt den Grundsatz auf, dass die Art und das Ausmaß einer Teilhabe vom jeweils Teilhabenden abhänge. Dieses Prinzip wird später von [[Wikipedia:Boethius|Boethius]] aufgegriffen und dadurch in der mittelalterlichen Philosophie geläufig. Proklos nimmt neben dem Teilhabenden und dem, an dem es teilhat, noch ein drittes, höherrangiges Element an, das Unpartizipierte (''to améthekton''). Es steht ontologisch über dem Partizipierbaren, an dem das Teilhabende teilhat. Mit diesem Modell begegnet Proklos Einwänden gegen die Methexis-Lehre. Die platonische Idee selbst hält er für unpartizipierbar, das Partizipierbare dient als Bindeglied zwischen ihr und den teilhabenden Dingen.<ref>Proklos, ''Elemente der Theologie'', Propositionen 23 und 24. Vgl. Dirk Cürsgen: ''Henologie und Ontologie'', Würzburg 2007, S. 59–74 (sowie zu weiteren Aspekten von Proklos’ Teilhabemodell S. 175–188, 193–196); Rolf Schönberger: ''Teilhabe''. In: ''Historisches Wörterbuch der Philosophie'', Band 10, Basel 1998, Sp. 961−969, hier: 962.</ref>
 
== Christentum ==
In der christlichen Theologie knüpft insbesondere der einflussreiche spätantike Schriftsteller [[Pseudo-Dionysius Areopagita]] an das neuplatonische Konzept der Teilhabe an. Bei ihm handelt es sich um Teilhabe der Geschöpfe am Schöpfer. Diese Auffassung teilte im [[Wikipedia:9. Jahrhundert|9. Jahrhundert]] auch [[Johannes Scottus Eriugena|Johannes Scottus Eriugena]], der die Schriften des Dionysius ins [[Latein]]ische übersetzt hat.
 
{{Zitat|Auch ist zu merken, dass sich
für das lateinische „participatio“ (Theilhabung) ein bezeichnenderer,
treffenderer und leichter verständlicher
Ausdruck im griechischen Worte „metochê“ oder „metûsia“
findet, womit etwa ein Nächsthaben, ein Nächstsein oder
ein Darnachhaben und Darnachsein bezeichnet wird. Es
ist hieraus leicht zu verstehen, dass Theilhabung nichts
Anderes ist, als die Ableitung einer nächstfolgenden Wesenheit
aus der ihr vorhergehenden und die Ausspendung
des Seins von einer ersten an die zweite. Auch dies
können wir mit Beispielen aus der Natur beweisen. Aus
der Quelle geht ja der Fluss ursprünglich hervor und
das zuerst aus der Quelle dringende Wasser ergiesst sich
auch durch das längste Strombett ohne Unterbrechung abwärts.
Ebenso ergiesst sich die göttliche Güte und Wesenheit,
das Leben und die Weisheit und Alles, was sich in der
Urquelle findet, zuerst in die uranfänglichen Ursachen und
bewirkt deren Sein. Durch diese letztern strömt es sodann
auf unausprechliche Weise in deren Wirkungen nach
den ihnen entsprechenden Ordnungen des Alls, indem sich
immer das Höhere zum Niedrigern ergiesst und wiederum
durch die geheimsten Poren der Natur auf verborgenem
Wege zur Quelle zurückkehrt. Denn von hier stammt
jedes Gute, jede Wesenheit, jedes Sein, jede Vernunft,
jede Weisheit, jede Gattung, jede Art, jede Schönheit,
jede Ordnung, jede Einheit, jede Gleichheit, jeder Unterschied,
jeder Raum, jede Zeit und Alles, was ist oder
nicht ist, was gedacht oder wahrgenommen wird oder
jeden Sinn und Gedanken übersteigt. Denn die in sich
selber unveränderliche Bewegung der höchsten und wahren
dreieinigen Güte ist als einfache Vielheit und als eine
aus ihr, in ihr und zu ihr selber unerschöpflich vor sich
gehende Ergiessung die Ursache von Allem oder vielmehr
Alles selbst. Wenn sie nämlich als All-Denken
auch Alles ist und selber allein Alles denkt, so ist sie
auch nur allein selber Alles, weil sie selber die Wissens-Kraft
ist, welche Alles schon vorher kannte, ehe es noch
war, und ausser ihr selber Nichts ist, sondern die Alles
in sich trägt. Denn sie umkreist Alles, und nur in ihr
selber mag etwas wahrhaft sein, weil sie wahrhaft ist.
Das Uebrige, was als Sein gelten soll, ist nur ihre eigne
Gott-Erscheinung und besteht wahrhaft in ihr selber.
Somit ist Gott Alles, was wahrhaft ist, weil er selber
Alles macht und selber in Allem wird, wie der h. Dionysius
der Areopagite sagt.|Johannes Scottus Eriugena|''Über die Einteilung der Natur''|ref=<ref>Johannes Scotus Erigena, Ludwig Noack (Übers.): ''Über die Eintheilung der Natur'', Verlag von L. Heimann, Berlin 1870, Erste Abtheilung, S. 263f [http://www.odysseetheater.org/jump.php?url=http://www.odysseetheater.org/ftp/bibliothek/Philosophie/Johannes_Scotus_Erigena/Johannes_Scotus_Erigena_Ueber_die_Einteilung_der_Natur.pdf#page=270&view=Fit]</ref>}}
 
== Literatur ==
 
* Francesco Fronterotta: ''ΜΕΘΕΧΙΣ. La teoria platonica delle idee e la partecipazione delle cose empiriche. Dai dialoghi giovanili al Parmenide''. Scuola Normale Superiore, Pisa 2001, ISBN 88-7642-099-1
* Andreas Graeser: ''Platons Ideenlehre. Sprache, Logik und Metaphysik. Eine Einführung''. Haupt, Bern 1975, ISBN 3-258-01168-0, S. 79–100 (Darstellung aus der Perspektive moderner Logik) 
* Helmut Meinhardt: ''Teilhabe bei Platon. Ein Beitrag zum Verständnis platonischen Prinzipiendenkens unter besonderer Berücksichtigung des „Sophistes“.'' Karl Alber, Freiburg 1968
* Veronika Roth, Christian Schäfer: ''Teilhabe/Partizipation (metochê, methexis)''. In: Christian Schäfer (Hrsg.): ''Platon-Lexikon. Begriffswörterbuch zu Platon und der platonischen Tradition''. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2007, ISBN 978-3-534-17434-8, S. 277–282     
* [[Wikipedia:Rolf Schönberger|Rolf Schönberger]]: ''Teilhabe''. In: ''[[Wikipedia:Historisches Wörterbuch der Philosophie|Historisches Wörterbuch der Philosophie]]'', Band 10, Schwabe, Basel 1998, Sp. 961−969
 
== Einzelnachweise ==
<references />
 
[[Kategorie:Griechische Philosophie]]
[[Kategorie:Platonismus]]
[[Kategorie:Ideenlehre]]
[[Kategorie:Ontologie|L]]
[[Kategorie:Platon]]
 
{{Wikipedia}}

Version vom 25. Oktober 2017, 18:11 Uhr

Die Wasserprobe, von der sich das christliche Sakrament der Taufe ableitet, geht auf die alten Mysterien zurück. Durch das Untertauchen ins Wasser wurde der Mysterienschüler dem Ertrinken nahe gebracht, wodurch sich der Ätherleib lockerte und eine Rückschau auf das Lebenspanorama des bisherigen Erdenlebens möglich wurde, wie es normalerweise nur unmittelbar nach dem Tod erlebt werden kann. Durch diese Probe muss sich beweisen, ob man sich, wenn die Stütze der äußeren sinnlichen Welt weggefallen ist, frei und sicher in der geistigen Welt bewegen kann.

„Da der Mysterienschüler in dieser Phase seines Weges lernen muss, ohne jeden äußeren Halt seinen Halt allein in den Kräften zu finden, die vom wahren Selbst in seinem Innern ausgehen, wurde diese Prüfung gelegentlich die „Wasserprobe" genannt. Wasser hat keine Balken. Der Mysterienschüler steht vor der Aufgabe, in diesem „Wasser“ der Kräfte des Geistes zu schwimmen ohne sich an Autoritäten, Dogmen und Institutionen festzuklammern.“ (Lit.: Dietzfelbringer, S. 37)

Eine solche Wasserprobe hatte nach imaginativen Schilderung der Evangelien auch Petrus durchzumachen:

„22 Und alsbald drängte Jesus die Jünger, in das Boot zu steigen und vor ihm ans andere Ufer zu fahren, bis er das Volk gehen ließe. 23 Und als er das Volk hatte gehen lassen, stieg er auf einen Berg, um für sich zu sein und zu beten. Und am Abend war er dort allein. 24 Das Boot aber war schon weit vom Land entfernt und kam in Not durch die Wellen; denn der Wind stand ihm entgegen. 25 Aber in der vierten Nachtwache kam Jesus zu ihnen und ging auf dem Meer. 26 Und da ihn die Jünger sahen auf dem Meer gehen, erschraken sie und riefen: Es ist ein Gespenst!, und schrien vor Furcht. 27 Aber sogleich redete Jesus mit ihnen und sprach: Seid getrost, ich bin's; fürchtet euch nicht! 28 Petrus aber antwortete ihm und sprach: Herr, bist du es, so befiehl mir, zu dir zu kommen auf dem Wasser. 29 Und er sprach: Komm her! Und Petrus stieg aus dem Boot und ging auf dem Wasser und kam auf Jesus zu. 30 Als er aber den starken Wind sah, erschrak er und begann zu sinken und schrie: Herr, rette mich! 31 Jesus aber streckte sogleich die Hand aus und ergriff ihn und sprach zu ihm: Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt? 32 Und sie stiegen in das Boot und der Wind legte sich. 33 Die aber im Boot waren, fielen vor ihm nieder und sprachen: Du bist wahrhaftig Gottes Sohn!“

Matthäusevangelium: 14,22-33 LUT

Weil Petrus die Probe mit Hilfe des Christus bestanden hatte, konnte dieser auch auch bals danach sagen:

„18 Und ich sage dir auch: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen. 19 Ich will dir die Schlüssel des Himmelreichs geben: Was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel gelöst sein.“

Matthäusevangelium: 16,18-19 LUT

Bei der Wasserprobe muss der Geistesschüler im tosenden Meer der Astralwelt sich ganz auf sein eigenes Ich stützen wie auf einen Felsen in der Brandung. Dazu gehört sichere eigenständige Urteilskraft im Denken, Selbstbeherrschung im Empfinden und Initiativkraft im Wollen (man nimmt freiwillig ernste Verpflichtungen auf sich, zu denen es keinen äußeren Anstoß gibt). Nur so kann man von der Sinneswelt, die einen sicher trägt, zum bewussten Erleben der unaufhaltsam strömenden Ätherwelt übertreten. Zuvor musste sich der Schüler durch die Katharsis von seinen irdischen Begierden reinigen und die Feuerprobe bestehen. Das geistige Feuer "verbrennt" den Schleier der sinnlichen Welt und die geistigen Urbilder der äußeren Welt leuchten für den imaginativen Blick auf. Um das geistig Gesehene auch verstehen zu lernen, musste der Geistesschüler zudem das Lesen der okkulten Schrift erlernen, wodurch er die Stufe der Inspiration erreichte.

"Für den auf der genannten Stufe der Einweihung Angelangten gibt es nun Pflichten, zu denen kein äußerer Anstoß vorhanden ist. Er wird in diesen Dingen nicht durch äußere Verhältnisse, sondern nur durch jene Maßregeln veranlaßt, welche ihm in der «verborgenen» Sprache offenbar werden. Nun muß er durch die zweite «Probe» zeigen, daß er geführt von einer solchen Maßregel, ebenso sicher und fest handelt, wie etwa ein Beamter seine ihm obliegenden Pflichten vollführt. - Zu diesem Zwecke wird durch die Geheimschulung der Kandidat sich vor eine bestimmte Aufgabe gestellt fühlen. Dieser soll eine Handlung ausführen infolge von Wahrnehmungen, die er macht auf Grund dessen, was er auf der Vorbereitungs- und Erleuchtungsstufe gelernt hat. Und was er auszuführen hat, das muß er erkennen durch die gekennzeichnete Schrift, die er sich angeeignet hat. Erkennt er seine Pflicht und handelt er richtig, dann hat er die Probe bestanden. Man erkennt den Erfolg an der Veränderung, die sich mit den als Figuren, Farben und Tönen empfundenen Wahrnehmungen der Geistesohren und -äugen durch die Handlung vollzieht. In den Fortschritten der Geheimschulung wird ganz genau angegeben, wie diese Figuren usw. nach der Handlung aussehen, empfunden werden. Und der Kandidat muß wissen, wie er eine solche Veränderung hervorzubringen vermag. - Man nennt diese Probe die «Wasserprobe», weil bei der Tätigkeit in diesen höheren Gebieten dem Menschen die Stütze durch die äußeren Verhältnisse so fehlt, wie beim Bewegen im Wasser, dessen Grund man nicht erreicht, die Stütze fehlt. - Der Vorgang muß so oft wiederholt werden, bis der Kandidat völlige Sicherheit hat." (Lit.: GA 10, S. 81f)

Hat der Geistesschüler die Wasserprobe bestanden, kann er zur Luftprobe voranschreiten.

Literatur

  1. Konrad Dietzfelbringer: Mysterienschulen des Abendlandes: Vom alten Ägypten bis zu den Rosenkreuzern der Neuzeit, Königsdorfer-Verlag, Königsdorf 2010, ISBN 978-3938156162
  2. Rudolf Steiner: Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?, GA 10 (1993), ISBN 3-7274-0100-1 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.